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Formaldehydfixierung - biomed-austria

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8 wissenschaft & praxis<strong>Formaldehydfixierung</strong>Teil 2: <strong>Formaldehydfixierung</strong> und histologische Technikenwissenschaft& praxisAnfärbungNBF (neutral buffered formaldehyd) bindetvorzugsweise an dieselben Bindungspartner,nämlich Aminogruppen, die auch von saurenFarbstoffen (bspw. Eosin) als Reaktionspartnerausgesucht werden. Das Färbeergebnis ist trotzdem gut undkann für bestimmte Färbungen (Trichromfärbung) durchUmfixierung in Bouin noch verbessert werden. Die Abnahmeder Azidophilie mit Fortdauer der Fixierung ist wohl dieser Besetzungder funktionellen Gruppen und der Weiteroxidationvon „offenen“ Methylol-Gruppen zu Säureresten zuzuordnen.Es gibt aber auch eine Abnahme der Kernfärbbarkeit nachlangjähriger Fixierung. Hier liegt der Grund wahrscheinlichin der DNA-Degradierung und dem Absinken des pH-Wertes.Bei der üblichen Fixierdauer der Routinepräparate hat daskeine Auswirkungen.EnzymhistochemieDie meisten Enzyme werden durch Formaldehydwirkungdenaturiert und können so durch ihre Aktivität nicht mehrnachgewiesen werden. Für Enzymnachweise auf Gefrierschnittenbeinhaltet das Protokoll oft eine kurze Fixierung ingekühltem 4% Formaldehyd in 9% NaCl.Ein Enzym, das die Fixierung übersteht, ist die Naphtol-AS-D-Chloracetatesterase. Auch die so genannte endogenePeroxidase, die die ImmunhistologInnen beschäftigt, bleibt erhalten.ImmunhistochemieDas Aufkommen der Immunhistochemie hat die Diskussionenum das perfekte Fixans erst wieder in Schwunggebracht. In den 80er Jahren entstanden viele Publikationen,die sich mit der Empfindlichkeit einzelner Epitope/Antigeneauf <strong>Formaldehydfixierung</strong> befassten. Man erkannte,dass die Dauer der Fixierung hier maßgeblichen Einflussnimmt und bezeichnete Fixierung, die länger als einenTag dauerte, als Überfixierung und propagierte möglichstkurze Fixierzeiten. Am Beginn der 90er Jahre kam das Zeitalterdes Antigen-Retrievals, zuerst durch enzymatischeAndauung, dann durch feuchte Hitze mit allen möglichenHitzequellen (Mikrowelle, Druckkochtopf) und Retrieval-Lösungen (13) . Das hatte unter anderem zur Folge, dass zukurz fixiertes Gewebe dieser schroffen Behandlung nichtstandhielt. Auch sah man, dass einzelne Epitope aufgrundder Unterfixierung erst recht nicht nachgewiesen werdenkonnten, was wohl auf ihre Empfindlichkeit beim Processingzurückzuführen ist. Die BefunderInnen bemerktenauch inkonsistente Ergebnisse in Abhängigkeit von der Fixierungund Randeffekte. Ein Umdenken trat ein und findetnoch immer statt. Bspw. wird nun für den Östrogenrezeptor-Nachweiszurzeit eine Mindestfixierung von sechsbis acht Stunden empfohlen, die Dauer der Fixierung bis zumehreren Wochen wird nicht mehr als kritisch angesehen(1) (7). So lautet die Parole heute: Nicht die Überfixierung,sondern die Unterfixierung ist problematisch.Dem sollte man nochanschließen, dass eine Standardisierungunbedingt anzustreben ist.Antigenretrieval: In Anbetracht derReversibilität vieler Bindungsreaktionendes Formaldehyds an die verschiedenenAminosäuren liegt die Vermutungnahe, dass eben dieses Ablösen der Methylolgruppenund Imin-Gruppen durch veränderte Milieubedingungen diemaskierten Epitope wieder in den nativen Zustand bringt.Die trotzdem vorhandene Stabilität des Gewebes ist in denMethylenbrücken zu suchen. Die primäre Empfindlichkeitvon Epitopen hängt wahrscheinlich mit dem Reichtum anreaktionsfreudigen funktionellen Gruppen zusammen(Lysinreste, Cysteinreste, Argininreste) (5) .Immunfluoreszenz als spezielle Methode der Immunhistochemiewird ungern an formalinfixiertem Gewebedurchgeführt. Der Grund liegt in der Autofluoreszenz desGewebes nach Fixierung. Diese fluorochromen Eigenschaftenergeben sich durch die Kondensation von Formaldehydan Ringstrukturen. Das Reaktionsprodukt wirkt alsfluorophore Gruppe (9) . Es gibt Methoden, die Autofluoreszenzzu unterdrücken, bspw. durch Behandlung mitSudan Black B (2) .In situ Hybridisierung(FISH, CISH, SISH, DNA-Extraktion)Die <strong>Formaldehydfixierung</strong> des Chromatins erfolgt in ersterLinie über die Histone, es bindet aber auch an dieNukleinsäure an und hier vorzugsweise an die Basen Adeninund Cytosin. Diese weisen Aminogruppen auf. Die Fixierungführt zu einer Degradierung von Nukleinsäuren. Es entstehenDNA-Bruchstücke bis zu einer maximalen Länge von 300-400bp. Dieser Effekt ist temperatur-, pH- und zeitabhängig. Deshalbwird hier eine kühle Fixierung empfohlen.Der Nachweis von DNA erfolgt über in-situ-Hybridisierung.DNA kann aber auch aus dem Zellverband extrahiertund über PCR amplifiziert werden. Der Erfolg der Amplifizierunghängt hier von der Bruchstücklänge und den entsprechendenPrimern ab. Für die Extraktion von DNA aus Gewebeist eine verzögerungsfreie, kurze Fixierung zwischendrei bis sechs Stunden in gekühltem NBF vorteilhaft. DerZusatz von EDTA soll die Funktion von Nukleasen unterdrücken.(15)Für die in-situ-Hybridisierung von DNA wird eine ziemlichrigide Vorbehandlung mit Erhitzen in chaotroper Salzlösungzur Permeabilisierung und mit Protease zur Histonlösungdurchgeführt. Eine zu kurze Fixierdauer macht sichhier durch eine zerstörte Morphologie und im Weiteren durcheine erfolglose Hybridisierung bemerkbar. Auch hier gilt: Unterfixierungist schlimmer als Überfixierung. Standardprotokollebenötigen keine Modifikation für alle Proben, diezwischen ein bis sieben Tage fixiert wurden (12) .mRNA-Hybridisierung ist auch am formalinfixierten Gewebemöglich. Auch hier ist der limitierende Faktor die Degradierung,aber auch der Verlust durch Rnasen und Ausschwemmung(4) .Die Nukleinsäuren-Gewinnung aus formalinfixiertenGewebe gewinnt immer mehr an Interesse. Genexpressionsanalysenmittels Microarray sollen auch an archiviertemParaffinmaterial möglich werden. So könnte man die gewaltigeInformationsmenge, die in den Tumorblöcken der


wissenschaft & praxis9Histoarchive steckt, zugänglich machen.Leider können bisher nur ca. 30 Prozentder RNA-Menge im Vergleich zu Gefriermaterialgewonnen werden. Eine weitereBehinderung der RNA-Gewinnungergibt sich durch die Vorliebe von Formaldehydfür den poly(A)-Schwanz dermRNA. mRNA kann durch Hybridisierenan poly(T) aus dem Extrakt isoliertwerden. Veränderungen am poly(A)-Schwanz beeinträchtigen die Hybridisierung.(15) Die ForscherInnen arbeiten ander Optimierung der Methoden.Formaldehyd in der MakroAn dieser Stelle finden Sie wieder altbewährteRichtlinien für den Umgang mitFormaldehyd (Tab. 1).Als wichtigsten Punkt möchte ich dasZuschneiden der Gewebescheiben/-stückeauf 3-5 mm Dicke herausstreichen. Eingedenkder Eindringgeschwindigkeit und derVernetzungsgeschwindigkeit sollte mansich der negativen Auswirkungen von zudicken Proben bewusst sein. Handelt essich dabei noch um fettreiches Mammagewebe,ist das Eindringen von NBF schondurch seine hydrophoben Eigenschaftenerschwert. Zu dickes Gewebe und volleEinbettungskapseln zielen dann ziemlichweit am gewünschten Erfolg vorbei.Tab. 1Umgang mit NBF (Makro)verbrauchtes NBF erneuernMengenverhältnis 1:20 (mind. 1:10)Zugang von allen SeitenGewebegröße 3-5 mm dickGewebescheiben zuschneidenOrgankapseln ein schneidenHohlorgane eröffnenTab. 2Sicherer Umgang mit NBFAbzuggut belüftete RäumeHandschuheSchutzbrille empfehlenswertEntsorgung – Recycling?Grenzwert 0,5 ppmSpitzenwert 0,6 ppm„save-level“ 0,1 ppmFormaldehyd ist giftigHeutzutage ist ein arbeitsmedizinischkontrollierter, sicherer Umgang mit giftigenSubstanzen ein gesetzlich geregeltes Grundrechtaller MitarbeiterInnen. Formalin istgiftig, reizend, sensibilisierend und verdächtigkanzerogen. Dementsprechendsollten die Sicherheitsmaßnahmen gestaltetsein (Tab. 2).Die Frage nach der Krebserregung wurdein Studien untersucht, die eine Neueinstufungder Chemikalie als kanzerogen fordernund einen so genannten Save-Levelbei 0,1 ppm ansetzen (11) . Eine andere Studiebeschäftigte sich mit den Risikopunktenin der Pathologie und suchte dabei nachTätigkeiten, bei denen die erlaubte Mengein der Luft überschritten wurde. Es zeigtesich, dass bei Anwendung der Schutzmaßnahmenkeine Grenzüberschreitungen erreichtwurden. Momentane Spitzenkonzentrationentraten aber bei den in Tab. 3aufgeführten Situationen auf (8) .Ohne FormaldehydOben genannte Giftigkeit ist einer derGründe, warum es eine ständige Suchenach einem besseren Formaldehyd-Ersatzgibt. Mittlerweile findet man auf demMarkt eine Reihe von Produkten, die alsHigh-QualityEinbettkassetten vonAuch als Biopsiekassettenund in Quickload-Stapelnerhältlich!Weitere Details zum riesigen Labware-Angebotvon Simport finden Sie unter www.simport.comSimport erhalten Sie beiSTÖLZLE-OBERGLASGesellschaft m. b. H.MEDICAL-LABORGLASTEL. (01) 41565/750-759


wissenschaft & praxis11MitarbeiterInnen die Möglichkeit, sich entsprechend zu schützen.Studienergebnisse auf FFPE*-Gewebe, FDA**-geprüfteProtokolle, die Vergleichbarkeit der Proben unter den Laborsund nicht zuletzt das gewohnte Äquivalentbild lassen dieHistotechnik am Formaldehyd festhalten.Im Sinne einer qualitativ hoch stehenden histologischenVerarbeitung der Patientenproben sollten Turn-around-Timesnicht überbewertet werden. Nutzen und Schaden einer„zu schnellen“ Histologie sollten abgewogen werden. DenEinsendern von Gewebeproben sollte man entsprechende Informationenund geeignete Einsendegefäße zukommen lassenund innerhalb und außerhalb des histologischen Labors sollteman Bewusstsein schaffen für die Wichtigkeit einer gutenFixierung.nAnmerkungen:*) FFPE: Formalin-fixiertes Paraffin-eingebettetes Gewebe**) FDA: Food and Drug Association, USA-BehördeDer erste Teil „Alte Theorie und modernePraxis“ ist in der Sommerausgabe2008 von „<strong>biomed</strong> <strong>austria</strong>“ erschienen.Gudrun LangBiomedizinische AnalytikerinAKh LinzAutorin von „Histotechnik – Praxislehrbuch für die BiomedizinischeAnalytik“ erschienen 2006, Springer-VerlagStudien und Statistiken:Fakten und FiktionenRandy Bias zerbricht sich diesmal den Kopf überstatistische Methoden, Fragen, die erst auf Antwortenfolgen und über fast perfekte Studiendesigns.wissenschaft& praxisStatistik in der Medizin:Warum überhaupt?In der Wissenschaftstheorie ist es nicht vielanders als in der Bibel. Die meisten Weltreligionenakzeptieren Verhaltensweisen, wie sieetwa in den zehn Geboten des Alten Testaments empfohlenwurden, und führen erbitterte Glaubenskriege über diverseDetails der Auslegung.Ähnlich ist die Entwicklung rund um die Statistik – undnatürlich ganz besonders ausgeprägt im Bereich der medizinischenStatistik, geht es doch um Gesundheit, Geld und Leben.Auch hier gibt es eine Grundfrage: Wie trenne ich Faktenvon Fiktionen?Und grundsätzlich sind sich alle einig, dass man nichtmehr so wie früher auf eine Hypothese zuarbeiten kann, indemman alles, was für diese Hypothese spricht, aufschreibtund publiziert, und alles, was gegen sie spricht, wegargumentiert.Zuerst die Frage, dann die Antwort?Bevor wir nun Statistik betreiben, sollten wir uns fragen,wann ist denn überhaupt der Einsatz der Statistik sinnvoll undwann nicht. Statistische Methoden sind immer dann geeignet,wenn etwas gemessen oder beobachtet werden soll. Zur Entwicklungtheoretischer Modelle in anderen Wissenschaften istdie Statistik prinzipiell ungeeignet. Damit muss aber vorersteinmal festgelegt werden, was gemessen oder beobachtet werdensoll. Und im letzten Satz ist der schlimmste, aber regelmäßigzu beobachtende statistische Fehler bereits geschehen.Wir haben uns nicht die Mühe gemacht festzulegen, welcheFrage(n) unsere Beobachtungen denn eigentlich klärensoll. Und wir glauben stets, wenn wir nur genug Beobachtungenmachen, dann finden wir am Ende schon noch einepassende Frage, auf die uns die gewonnenenDaten die Antwort geben. Ausden rund 150-jährigen erfolglosen Versuchen,dieses Verhalten in der medizinischenForschung durch den Einsatzvon statistischen Methoden zu kompensieren,erklärt sich das vielfach negativeImage der medizinischen Statistik,mit viel Aufwand zu oft sehr dürftigenErgebnissen zu gelangen.In den letzten zwanzig Jahren hatsich aber eine andere uralte Erfahrungin ihrer Umsetzung auf die medizinischeStatistik als überlegen herausgestellt: „Weniger ist oftmehr.“ Aus dieser Erfahrung weiß man heute, dass es fastimmer Erfolg versprechender ist, eine explizite und präzise formulierteFrage in einem Experiment zu beantworten. DasExperiment – möglicherweise in abgewandelter Form – häufigzu wiederholen und dann eine klare und sichere Antwortauf genau eine Frage zu haben.Und erst wenn diese eine Frage gestellt und ausformuliertist, sollte man mit dem Nachdenken beginnen, welcheMessungen oder Beobachtungen diese Frage überhaupt beantwortenkönnen.Die Dunkelziffer verkleinernMich wundert es gar nicht, dass es regelmäßig zu Konfliktenzwischen MedizinerInnen und StatistikerInnen bei derStudienplanung oder Auswertung und Ergebnisinterpretationkommt. Den StatistikerInnen ist auch von ihrer Ausbildung herklar, dass eine Kette nicht stärker als ihr schwächstes Glied seinkann. Die MedizinerInnen stehen auf der anderen Seite vordem Problem, ständig mit unvollständigen und häufig mitrecht unsicheren Daten arbeiten zu müssen. Daher sind sieganz natürlich in der medizinischen Denktradition verhaftet,dass mit dem entsprechenden medizinischen Wissen und dem„richtigen Gespür“ sie letztendlich im Regelfall ja doch einekorrekte Entscheidung getroffen haben werden. Niemandweiß jedoch genau, wie oft jeder und jede von uns – und damitauch ÄrztInnen – Irrtümer begehen. Wir können jedoch mitSicherheit annehmen, dass die Dunkelziffer positiv ist.Aus meiner Sicht liegen die Dinge jedoch ganz anders.Ich betrachte gerne zuerst die biochemische Komplexität desMenschen und seiner Umwelteinflüsse (Anzahl bekannterchemischer Verbindungen und derer paarweise und Mehrfachkombinationsmöglichkeiten)und stelle dem die Mengedes heute gesicherten medizinischen Wissens gegenüber.

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