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Kulturhauptstadt Rotterdam:

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<strong>Kulturhauptstadt</strong> <strong>Rotterdam</strong>:<br />

DIE HAFENMETROPOLE IST KULTURHAUPTSTADT EUROPAS. ZU RECHT. DIE INDUSTRIESTADT HAT


Am Anfang war das Ende<br />

HART GEKÄMPFT, UM BESUCHERN MEHR BIETEN ZU KÖNNEN, ALS DEN GRÖSSTEN HAFEN DER WELT. Text: Michael Nothnagl<br />

PHOTO: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (1)


PHOTOS: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (4)<br />

WAHRZEICHEN: DAS ALTE HOTEL NEW YORK DER HOLLAND AMERIKA LINE,<br />

EIN TRADITIONSREICHER BAU MIT ZEITGEMÄSSEM INNENLEBEN.<br />

LANDMARK: THE HOLLAND AMERIKA LINE’S HISTORIC HOTEL NEW YORK,<br />

OUTWARDLY OLD-WORLD, INWARDLY PULSING WITH MODERN LIFE.<br />

Da ist dieses Foto, auf das<br />

man in <strong>Rotterdam</strong> immer wieder<br />

stößt: Es hängt in Büros oder Museen,<br />

taucht auf Broschüren und<br />

in Reiseführern auf. Eine Stadtansicht<br />

in schwarz-weiß, datiert aus<br />

den 40er Jahren. Darauf zu sehen:<br />

eine Wüste aus Schutt und Asche.<br />

Da, wo einst das Stadtzentrum<br />

war, hinterließen deutsche Bomber<br />

im Auftrag Hitlers eine gähnende<br />

Leere. Die Gebäude, die<br />

sich davon abheben, kann man an<br />

zehn Fingern abzählen. Daneben:<br />

nichts. Bis zum Horizont.<br />

Bettina Herrlich, eine 30-jährige<br />

Architekturstudentin aus<br />

Deutschland, kennt dieses Foto.<br />

Für 36 Gulden pro Stunde führt sie<br />

Touristen durch <strong>Rotterdam</strong> und erzählt<br />

ihnen von den ehrgeizigen<br />

Architekturprojekten der diesjährigen<br />

<strong>Kulturhauptstadt</strong>. Von<br />

dem Mut zum Neuen, den die<br />

Stadtväter gleich nach dem Krieg<br />

bewiesen hatten, als sie eine der<br />

damals modernsten Städte Europas<br />

entwarfen. Wohn- und Bürozentren<br />

wurden radikal getrennt,<br />

Achsen für den immer wichtigeren<br />

Autoverkehr quer durch die Stadt<br />

gelegt. „Es gibt hier keine Zucker-<br />

bäckerarchitektur wie in Amsterdam“, sagt Bettina<br />

und zieht sich ihre Mütze tiefer ins Gesicht, um die<br />

Stirn vor Wind und Regen zu schützen.<br />

Mit dem unbeständigen Wetter hat sie sich abgefunden,<br />

das Kühle in der modernen niederländischen<br />

Architektur mag sie sogar. Die harten Kontraste,<br />

wie hier im Viertel „Kop van Zuid“, wo neben alten<br />

Fabriken neue Hochhäuser in den Himmel wachsen.<br />

5000 Wohnungen und kein Baum weit und breit.<br />

Bettina fasziniert das, daher behandelt ihre Diplomarbeit<br />

auch ein Gebäude in <strong>Rotterdam</strong>. Drei Jahre<br />

wollte sie bleiben, acht sind es geworden. Mittlerweile<br />

spricht sie besser holländisch als deutsch.<br />

Für Architekten ist <strong>Rotterdam</strong> ein idealer<br />

Boden, ein überdimensionaler Sandkasten voller<br />

Projekte, in dem Ideen und ihre Gegenbewegung<br />

konserviert wurden und nebeneinander stehen.<br />

Hier entstand in den 50er Jahren die weltweit erste<br />

autofreie Einkaufszone „Lijnbaan“, auf der heute<br />

zwischen billigen Fastfood-Lokalen sieben Tage in<br />

der Woche munter drauflosgekauft wird – der<br />

niederländischen Konjunktur sei Dank.<br />

Hier baute Piet Blom seine berühmten Würfelhäuser<br />

als Antwort auf die anonymen Betonbunker<br />

der 60er Jahre. Die Wohnzimmer haben das Flair<br />

einer Weltraumstation: schräge Wände mit Fenstern<br />

in Hüfthöhe. Bei aller Originalität sind die engen<br />

Räume, 20 Meter über Grund, längst nicht mehr der<br />

letzte Schrei, noch dazu wenn man für die maßgefertigte<br />

Einrichtung ein Vermögen ausgeben<br />

muss. Aus der Nähe wirken die 51 Häuser wie ein<br />

auf den Kopf gestellter Gemeindebau.<br />

AUSSTELLUNGEN<br />

<strong>Kulturhauptstadt</strong> <strong>Rotterdam</strong>.<br />

Buchung und Information: Mauritsweg<br />

4, 3012 JR <strong>Rotterdam</strong>, Tel.:<br />

+31/(0)10/402 20 01; P.O. Box 1320,<br />

3000 BH <strong>Rotterdam</strong><br />

HYPERLINK<br />

„http://www.rotterdam01.nl“<br />

PROGRAMMÜBERSICHT:<br />

< 13. 1.–15. 4.: „PANORAMA ROTTER-<br />

DAM“. Die Kunsthalle zeigt Stadtansichten<br />

von <strong>Rotterdam</strong>, die beispielsweise<br />

von Turner oder Kandinsky<br />

stammen.<br />

< Ab 9. 2.: „AISJA AND THE WOMEN<br />

OF MEDINA“. Musiktheater über den<br />

Propheten Mohammed und seine<br />

Frauen im „Zuidplein Theater“.<br />

< 21. und 22. 3: „THE HEAVENLY<br />

WARBLINGS OF FAIRUZ AND THE<br />

ROTTERDAM PHILHARMONIC ORCHE-<br />

STRA“. Die <strong>Rotterdam</strong>er Philharmonie<br />

gibt gemeinsam mit der Sängerin<br />

Fairuz aus dem Libanon einen Musikabend.<br />

Ein außergewöhnliches Treffen<br />

orientalischer und westlicher Kultur.<br />

Ort: De Doelen.<br />

< April bis Oktober: „AT HOME IN<br />

ROTTERDAM“. Eine internationale<br />

Ausstellung über verschiedene<br />

Lebensstile im 20. Jahrhundert.<br />

Mehrere Schauplätze.<br />

< Während der Sommermonate:<br />

„ROTTERDAM’S COAT“. Schwimmende<br />

Bühne im Leuvehaven mit<br />

Video und Laserprojektionen, Bildern<br />

und Musik.<br />

47


48<br />

TUMMELPLATZ FÜR KREATIVE: DIE BERÜHMTEN WÜRFEL-<br />

HÄUSER PIET BLOMS (GR. BILD), DIE MODERNEN<br />

HOCHHÄUSER (KL. BILDER LINKS) SOWIE DAS MUSEUM<br />

BOIJMANS VAN BEUNIGEN UND KULTURINITIATIVEN.<br />

CREATIVE FREEDOM: PIET BLOM’S FAMOUS CUBE<br />

HOUSES (LARGE PHOTO), MODERN HIGH-RISE<br />

BUILDINGS (SMALL PHOTOS LEFT), THE BOIJMANS<br />

VAN BEUNIGEN MUSEUM AND CULTURAL INITIATIVES.<br />

Mittlerweile baut man wieder senkrecht:<br />

eine Skyline, deren Dächer 150 Meter<br />

hoch über das flache Land ragen. Darauf<br />

sind die <strong>Rotterdam</strong>er stolz. Im Moment.<br />

<strong>Rotterdam</strong> ist keine Stadt, in die man<br />

sich auf den ersten Blick verliebt. Ihre<br />

höchsten Punkte sind nicht zufällig die<br />

zwei Öltürme von „Shell“ – je 213 Meter<br />

hoch. Dass sie nach Meer riecht und nicht<br />

nach ihren fünf Raffinerien, verdankt sie<br />

dem Wind, der von der Nordsee landeinwärts<br />

fegt und regelmäßig dunkle Regenwolken<br />

über den knapp 600.000 Einwohnern<br />

entleert. Jeder zehnte von ihnen arbeitet<br />

im Hafen. Dem größten der Welt, ein<br />

Prädikat, das <strong>Rotterdam</strong> bereits 20 Jahre<br />

nach Kriegsende zierte. Beim örtlichen<br />

Tourismusverband VVV gibt es nicht nur<br />

Straßenkarten, sondern auch Atlanten zu<br />

kaufen, die fein säuberlich Flusstiefen, Anlegeplätze,<br />

Meeresströmungen und Gezeiten<br />

für jeden Tag des Jahres auflisten.<br />

Kein Wunder in einer Stadt, die pro Tag von<br />

fünfhundert Schiffen angelaufen wird. Mit<br />

ihnen kamen seit jeher auch Einwanderer:<br />

160 verschiedene Nationalitäten leben<br />

heute in <strong>Rotterdam</strong>, mit- und nebeneinander,<br />

bei 192 Staaten weltweit. Ihnen verdankt<br />

die Stadt Moscheen und Reisebüros,<br />

ausgefallene Boutiquen und Hafenbars<br />

sowie die zahlreichen Restaurants, die sich<br />

nicht nur durch die Vielfalt ihrer Küchen,<br />

sondern auch den bunten Stilmix der Einrichtungen<br />

auszeichnen. Die Zuwanderer<br />

sorgen dafür, dass die Stadt in Bewegung<br />

bleibt. Mehr als die Hälfte der <strong>Rotterdam</strong>er<br />

ist jünger als 40 Jahre.<br />

Dennoch: Verkannt fühlten sich seine<br />

Bürger allemal. Der Name <strong>Rotterdam</strong><br />

stand jahrzehntelang für Business, eine<br />

Tatsache, die sich in dem freundlichen, indes<br />

leicht distanzierten Ton der Bevölkerung<br />

gegenüber Fremden bis heute widerspiegelt.<br />

Zwar pilgerten bis in die 80er<br />

Jahre Geschäftsmänner aus aller Welt zu<br />

den Konzerntoren von Unilever und Shell.<br />

Kaum jedoch hatten sie ihre Verträge ausverhandelt,<br />

saßen sie schon im Zug. Nach<br />

Amsterdam und zu ihren Grachten.<br />

Wer wusste schon, dass im Museum<br />

Boijmans van Beuningen Tizian, Rem-


PHOTOS: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (3), LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (2), CONTRAST/NIGHTINGALE (1)<br />

brandt, Monet oder Picasso zu bewundern sind? Auch die<br />

1983 eröffnete Stadtbibliothek mit ihren sechs Stockwerken,<br />

die von außen ein wenig an das Pariser Centre<br />

Pompidou erinnert, blieb – diplomatisch formuliert – ein<br />

Geheimtipp. Daran konnten auch die weltgrößte Erasmus-Kollektion<br />

und die unzähligen fremdsprachigen<br />

Bücher nichts ändern. Bekannter war der Name <strong>Rotterdam</strong><br />

bald in der Sportwelt: durch die Erfolge des Fußballclubs<br />

Feyenoord, das weltweit bestbesuchte Hallentennisturnier<br />

und die Austragung eines Stadtmarathons,<br />

auf dessen flacher Strecke sogar der Weltrekord der<br />

Frauen aufgestellt wurde.<br />

Dass die Stadt nun ein Jahr lang gemeinsam mit Porto<br />

den Titel „<strong>Kulturhauptstadt</strong> Europas“ trägt, ist der Beharrlichkeit<br />

zu verdanken, mit der sie sich im vergangenen<br />

Jahrzehnt weiterentwickelt hat. In einer unglaublichen<br />

Aufbruchsstimmung wurden ganze Viertel abgetragen<br />

und neu aufgebaut, Museen, Theater und Ausstellungsräume<br />

schossen aus dem Boden. 1992 wurde die Kunsthalle<br />

des renommierten Architekten Rem Kolhaas eröff-<br />

net – ein lichtdurchflutetes Gebäude,<br />

von dessen Rückseite man einen Blick<br />

auf den Museumspark hat, den Kolhaas<br />

mitgestaltete. An seinem anderen Ende<br />

steht das staatliche Architekturinstitut,<br />

das im selben Jahr von Amsterdam hierher<br />

übersiedelte, zwei Jahre später folgte<br />

die niederländische Fotogesellschaft.<br />

Statistiken belegen zwar, dass das<br />

Interesse der Touristen bis vor kurzem<br />

vor allem dem Spielcasino beim Hauptbahnhof<br />

galt. Doch die Organisatoren<br />

des diesjährigen Projektes haben sich einiges<br />

einfallen lassen, um das zu ändern:<br />

Im ersten Stock des ausgedienten „Calypso“-Kinos,<br />

dem Stützpunkt von „<strong>Rotterdam</strong><br />

2001“, hat Ilse Eijkmans-Hagens<br />

ihr Büro für Öffentlichkeitsarbeit. Sie<br />

sitzt hinter einem überdimensionalen<br />

Konferenztisch, unter einer zerbröseln-<br />

< 30. 6. bis 25. 8.: „WATER“.<br />

Eine interaktive Ausstellung im<br />

„Wereldmuseum“ soll den Besuchern<br />

die unterschiedliche<br />

Bedeutung des Wassers in aller<br />

Welt näher bringen.<br />

< 8. 9. bis 6. 1. 2002: „IN THE<br />

SHADOW OF THE GOLDEN<br />

AGE“. Die Ausstellung in der<br />

Kunsthalle zeigt den Einfluss<br />

der holländischen Maler auf<br />

die internationale Malerei.<br />

Werke von Manet, Matisse,<br />

Picasso u. a.<br />

< Dezember 2001: „STRANGE<br />

MELODIES“. Oper, basierend<br />

auf dem historischen Briefwechsel<br />

zwischen Erasmus von<br />

<strong>Rotterdam</strong> und einem portugiesischen<br />

Schüler. Koproduktion<br />

mit Porto in der „<strong>Rotterdam</strong><br />

Schouwburg“.<br />

49


50<br />

HOCHAUFRAGEND: DIE MASTEN DER SCHIFFE IM HAFEN<br />

SOWIE DIE WOLKENKRATZER DER STADT.<br />

REACHING FOR THE SKY: SHIPS’ MASTS IN THE PORT<br />

AND THE CITY’S SKYSCRAPERS.<br />

HOTELS<br />

< HOTEL WILGENHOF, Heemraadssingel 92–94, Tel.: +31/(0)10/425<br />

48 92. Ruhige Lage, drei Sterne, günstige Zimmer. DZ ab 175 Gulden.<br />

< HOTEL NEW YORK, Koninginnenhoofd 1, Tel.: +31/(0)10/439 05 00.<br />

Außergewöhnliches Hotel in altem Hafengebäude. DZ ab 170 Gulden.<br />

< TULIP INN ROTTERDAM, Willemsplein 1 , Tel.: +31/(0)10/413 47 90.<br />

Direkt am Maasufer, komfortabel, gute Küche. DZ ab 200 Gulden.<br />

< HOTEL INNTEL ROTTERDAM, Leuvehaven 80, Tel.: +31/(0)10/<br />

413 41 39. Kongresshotel mit Hallenbad und Sauna. Schöne Bar.<br />

DZ ab 325 Gulden.


PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (4), AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (2)<br />

den Zimmerdecke, neben kaputten<br />

Steckdosen und gerät ins Schwärmen,<br />

wenn sie über das Konzept spricht. An<br />

Ehrgeiz und Originalität mangelt es ihm<br />

nicht: „<strong>Rotterdam</strong> is many cities“, lautet<br />

das Thema, auch im Hinblick auf die<br />

unterschiedliche Herkunft der Bewohner.<br />

Da predigen beispielsweise Woche<br />

für Woche die Oberhäupter verschiedener<br />

Religionsgemeinschaften, vom Pfarrer<br />

bis zum Imam, allerdings jeweils in<br />

der Kirche, Moschee oder Synagoge einer<br />

anderen religiösen Gemeinde und<br />

vor fremden Publikum. In Zusammenarbeit<br />

mit Porto hat man sogar eine Oper<br />

komponiert, basierend auf dem Briefwechsel<br />

zwischen dem niederländischen<br />

Humanisten Erasmus und einem portugiesischen<br />

Schüler. Das Libretto stammt<br />

von einem <strong>Rotterdam</strong>er Schriftsteller, die<br />

Musik komponierte ein Portugiese.<br />

Im Sommer stellen die Organisatoren<br />

eine Bühne im Leuvehaven auf, dort können<br />

die Besucher jeden Abend mittels<br />

Laser- und Videoprojektionen die Geschichte<br />

der Stadt nachvollziehen. Die<br />

glatten Wände der Hochhäuser dienen in<br />

der Nacht als Leinwände für überdimensionale<br />

Projektionen von Kunstwerken.<br />

Ausstellungen bieten Themen, die von<br />

„Geld“ über „Wasser“ bis zu „Flüchtlingen“<br />

reichen. Letztere ist interaktiv gestaltet,<br />

die Besucher sollen in die Rolle<br />

eines Immigranten schlüpfen und den<br />

mühsamen Alltag für ein paar Stunden<br />

teilen. Das Museum Boijmans van Beuningen,<br />

im vergangenen Jahr noch schnell<br />

erweitert, wartet nicht nur mit Ausstellungen<br />

über Pieter Bruegel und Hieronymus<br />

Bosch auf, sondern macht sich mit<br />

dem viel versprechenden Projekt „Boijmans<br />

visits Feyenoord“ auch auf den Weg<br />

in einen Arbeiterbezirk <strong>Rotterdam</strong>s.<br />

Dort, an der Peripherie, gibt es noch<br />

die schmuddeligen Sexshops und Hafen-<br />

Seit 1707<br />

Bartolomeo Passarotti (1529–1592),<br />

Bildnis Michelangelo Buonarroti, Gutachten von Prof. Sestrieri,<br />

Öl auf Holz, 88 x 73 cm · Auktion am 22. März 2001<br />

Palais Dorotheum<br />

Auktionswoche<br />

19.–23. März 2001<br />

19. März: Glas & Porzellan<br />

20. März: Alte Meisterzeichnungen,<br />

Druckgrafik bis 1900, Aquarelle & Miniaturen<br />

21. März: Möbel & dekorative Kunst<br />

21. März: Juwelen & Uhren<br />

22. März: Alte Meister<br />

23. März: Skulpturen<br />

Besichtigung: eine Woche vor der Auktion<br />

Information: Tel.: (+43 1) 515 60-280<br />

Katalogbestellung: Tel.: (+43 1) 515 60-200 · Fax: -508<br />

A-1010 Wien, Dorotheergasse 17<br />

client.services@dorotheum.at<br />

www.dorotheum.com


52<br />

KULINARISCH: EIN POTPOURRI DER UNTERSCHIED-<br />

LICHSTEN KÜCHEN UND KULTUREN.<br />

CULINARY COLLAGE: A BLEND OF CUISINES AND<br />

CULTURES FROM MANY CORNERS OF THE GLOBE.<br />

cafés mit den Namen „Desire“, „Victoria“<br />

oder „Take Five“, bei denen man nicht<br />

genau weiß, ob nur das Bier oder doch<br />

auch die Kellnerin käuflich ist. Einwanderer<br />

aus Afrika oder der Karibik stehen<br />

an den Billardtischen, werfen Münzen in<br />

die Musicbox und blasen mit glasigem<br />

Blick Cannabiswölkchen an die Decke.<br />

Wenn jemand auf die Toilette geht und<br />

beim Zurückkommen die Nase rümpft,<br />

liegt das eher nicht an einer beginnenden<br />

Verkühlung, sondern am Kokain, das in<br />

den Hinterzimmern über die Tische<br />

wandert. Der Traum vom multikulturellen<br />

Miteinander ist hier an der Realität der<br />

Zuwandererghettos zerschellt. Vielleicht<br />

gab deshalb die Hälfte der <strong>Rotterdam</strong>er<br />

in einer Umfrage an, die „veränderte Bevölkerungsstruktur“<br />

sei ihrer Meinung<br />

nach „nicht gut für die Stadt“. Ein für<br />

niederländische Verhältnisse erstaunliches<br />

Ergebnis.<br />

<strong>Rotterdam</strong> bemüht sich, zwischen<br />

den Film- und Autorenfestivals, Diskussionen,<br />

Konzerten, Theater- und Tanzvorführungen<br />

in diesem Jahr auch die<br />

Probleme der Stadt anzusprechen.<br />

„Nicht nur die Hochkultur ist uns wichtig“,<br />

versichert Ilse Eijkmans Hagens.<br />

Mit wie vielen Besuchern sie rechnet?<br />

Sie lächelt verlegen. Die Frage ist ihr peinlich.<br />

„Drei Millionen“, sagt sie, und es<br />

klingt wie eine Frage. „Das wichtigste<br />

Publikum“, fügt sie schnell hinzu, „sind<br />

für uns aber die <strong>Rotterdam</strong>er.“ Sie selbst<br />

ist eine von ihnen, waschecht, die Großeltern<br />

schon hier geboren. Fährt sogar im<br />

Dezember mit dem Rad in die Arbeit. Die<br />

Beziehung zu den Deutschen: eine Hassliebe,<br />

gibt sie offen zu. <strong>Rotterdam</strong> als


PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (5)<br />

ESSEN UND TRINKEN<br />

< KERRIE AND KORIANDER Das „In“-<br />

Lokal <strong>Rotterdam</strong>s. Essen wie ein Kolonialherr<br />

– auf drei Etagen.<br />

Mauritsweg 52, Tel.: 414 33 53.<br />

< BAZAR Originelle Deko, legeres<br />

Publikum, gute Küche.<br />

Witte de Withstraat 16, Tel.: 206 51 51.<br />

< SIJF Eine Mischung aus Bar und<br />

Restaurant. Angenehme Atmosphäre.<br />

Oude Binnenweg 115, Tel.: 433 26 10.<br />

< BLAUWE VIS Nachtclub im Designerlook,<br />

Küche bis 5.00 Uhr früh.<br />

Weena-Zuid 33, Tel.: 213 42 43.<br />

< BRASSERIE HENKES Hübsches<br />

Restaurant mit historischer Einrichtung,<br />

in Delfshaven.<br />

Voorhaven 17, Tel.: 425 55 96.<br />

< HOTEL NEW YORK Wer nicht hier<br />

wohnt, sollte per Wassertaxi zum Abendessen<br />

vorbeischauen.<br />

Koninginnenhoofd 1, Tel.: 439 05 00.<br />

WIEN/VIENNA<br />

WOHNEN AUF ZEIT AN WIENS<br />

TOP-ADRESSE BEIM STEPHANSPLATZ<br />

Die SINGERSTRASSE 21/25 bietet 77 möblierte Luxusappartements<br />

von 31 m 2 bis 77 m 2 , nur drei Gehminuten vom Stephansdom<br />

entfernt. Alle Appartements verfügen über Marmorbad,<br />

Klimaanlage, vollausgestattete Kitchenette, Satelliten-TV, Stereoanlage<br />

sowie ISDN-Telefon mit Voice-Mail und zwei zusätzlichen<br />

Nebenstellen für PC- und Faxanschluss. Die Appartements<br />

können ab einer Woche angemietet werden.<br />

A HOME FROM HOME A STONE’S<br />

THROW FROM ST. STEPHAN’S CATHEDRAL<br />

The ideal solution for a temporary stay in Vienna.<br />

The apartment-house SINGERSTRASSE 21/25 offers 77<br />

fully furnished luxury apartments (from 31 m 2 to 77 m 2 ),<br />

just three minutes walk from St. Stephan’s Cathedral.<br />

All apartments with marble bath, air conditioning,<br />

fully equipped kitchenette, satellite-tv, stereo-system<br />

and ISDN-telephone with voice-mail-system plus two<br />

separate extensions for PC- and fax-connexion.<br />

Minimum tenancy is one week.<br />

Information: SINGERSTRASSE 21/25<br />

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Singerstraße 21/25<br />

1010 Wien<br />

Tel.: 0043/1/514 49, Fax: 0043/1/513 16 17<br />

E-Mail: apartments@singerstrasse2125.at<br />

www.singerstrasse2125.at


ANREISE<br />

Austrian Airlines fliegen dreimal<br />

täglich nach Amsterdam.<br />

Austrian Airlines flies three<br />

times daily to Amsterdam.<br />

54<br />

AUFREGEND UND BUNT: DAS LEBEN AM GRÖSSTEN HAFEN DER WELT.<br />

EXCITING AND COLOURFUL: LIFE AT THE WORLD’S LARGEST PORT.<br />

English Summary<br />

<strong>Rotterdam</strong> 2001<br />

<strong>Rotterdam</strong> is sharing the honours with Porto in Portugal as this year’s European<br />

Cultural Capital. It is no mean feat to portray this city as a hub of contemporary<br />

culture. <strong>Rotterdam</strong>, after all, is best known for its port. But also for its<br />

modern urban architecture: after the ravages inflicted on it by World War II, the<br />

city fathers decided not even to try reconstructing the old buildings. Instead<br />

they realised their vision of an urban environment in which contemporary<br />

architects and designers would find ample scope for creating new, unconventional<br />

structures. Nevertheless, it was many years before <strong>Rotterdam</strong> managed<br />

to shake off its reputation as no more than an industrial and commercial<br />

centre. The opening of exhibition facilities like the Boijmans van Beuningen<br />

Museum or the Art Hall complex (designed by Rem Kolhaas), the State<br />

Architecture Institute or the Netherlands Photographic Society helped<br />

<strong>Rotterdam</strong> to acquire an exciting new image. In the months to come the<br />

focus will be on the city’s vitality – which it owes not least to its colourful<br />

ethnic mix – and on breaking down every kind of cultural frontier.<br />

Stadt: „more interesting than beautiful.“<br />

Dann kommt der Nachsatz: „Es ist eben<br />

nicht leicht, die Schönheiten zu finden.“<br />

Delfshaven ist so eine Schönheit. Fünf<br />

Metrostationen westlich des Zentrums<br />

liegt der frühere Vorort der Stadt, der die<br />

Katastrophe des Weltkriegs unbeschadet<br />

überstanden hat. Eine Art unsichtbarer<br />

Glasrahmen haftet auf dem Viertel, in dem<br />

sämtliche Klischees der Niederlande eingefroren<br />

sind: Windmühlen und malerische<br />

Backsteinhäuser, altmodische<br />

Brücken und schicke Straßencafés, vor<br />

denen Fischkutter vor Anker liegen.<br />

„Zuckerbäckerarchitektur“ würde Bettina<br />

sagen. Antiquitätengeschäfte und Restaurants<br />

schmiegen sich aneinander, dazwischen<br />

tummeln sich Touristen und<br />

Volksschulklassen auf Exkursion. Die Lehrer<br />

erzählen die Geschichte von den „Pilgram<br />

Fathers“, die vor fast 400 Jahren mit<br />

der berühmten „Mayflower“ in die „Neue<br />

Welt“ aufbrachen. Hier in Delfshaven legten<br />

sie ab. Die Kirche, in der sie Gott um<br />

Segen baten, ist heute noch zu besichtigen.<br />

Gleich nebenan steht das Geburtshaus<br />

von Piet Heyn, der die spanische<br />

Flotte besiegte und seither als niederländischer<br />

Nationalheiliger gilt.<br />

Und die Matrosen von heute? Sie<br />

haben kaum mehr Zeit für einen Stadt-<br />

PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (3), CONTRAST (1)


FLACHES LAND: UND STETS<br />

EINE AHNUNG VON MEER.<br />

FLATLANDS: THE OCEAN IS EVER-<br />

PRESENT AS AN INTIMATION.<br />

NL<br />

● AMSTERDAM<br />

● ROTTERDAM<br />

B<br />

D<br />

ROTTERDAM<br />

O HAUPTBAHNHOF<br />

Zentrum<br />

O KIJKKUBUS<br />

Oude Westen<br />

Oude Haven<br />

MUSEUM<br />

BOYMANS VAN<br />

O WILLEMSBRÜCKE<br />

BEUNINGEN<br />

O<br />

Museumspark<br />

Kop<br />

O<br />

van Zuid<br />

KUNSTHALLE<br />

ROTTERDAM O ERASMUSBRÜCKE<br />

Hetpark O CRUISETERMINAL<br />

Nieuwe Maas<br />

Noordereiland<br />

besuch. Die Beladung der Schiffe erfolgt<br />

so schnell, dass ihnen in den meisten<br />

Fällen gerade noch ein paar Stunden für<br />

Einkäufe in den Duty-free-Shops bleiben.<br />

Den Red-Light-District haben sie den<br />

Fernfahrern überlassen, die Hafenbars<br />

den Einwanderern und sogar die Seemannskirchen<br />

werden mittlerweile mehr<br />

von Touristen als von Matrosen besucht.<br />

Kralingse Plas<br />

PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (3)<br />

Die Häfen für die immer größer werdenden<br />

Schiffe (4000 Container Ladegut<br />

schaffen einige bereits) wandern immer<br />

näher an die Nordsee. Pech für die Matrosen,<br />

aber ein Segen für die Stadt: Die<br />

alten Ladeterminals am südlichen Rand<br />

des Stadtkerns verloren ihre Funktion,<br />

eine einmalige Gelegenheit, um den<br />

Platz für Neues zu nutzen. Milliarden<br />

wurden dafür investiert: eine neue Metrostation,<br />

Gerichts- und Schulgebäude<br />

und jede Menge Wohnungen – teure<br />

Ateliers und weniger teure Sozialbauten<br />

nebeneinander.<br />

Die Krönung des Projekts ist die 800<br />

Meter lange Erasmusbrücke, 1995 gebaut.<br />

Bettina, die Architekturstudentin,<br />

findet sie großartig. Nicht nur, weil sie<br />

einfach gut aussieht. Nicht nur, weil sie<br />

die Fahrbahn samt Oberleitung für die<br />

Straßenbahn schnell mal hochklappt,<br />

wenn Schiffe unter ihr durchfahren. Das<br />

Faszinierende an der Brücke ist, dass sie<br />

verkehrstechnisch überflüssig ist. Ihr<br />

Wert, erklärt Bettina, liegt in der Psychologie:<br />

Sie überbrückt die ehemalige<br />

Kluft zwischen Reich und Arm, verbindet<br />

Stadtkern und Peripherie, Wohlstand<br />

und Armut. In der Nacht, wenn Scheinwerfer<br />

den Betonträger und die Stahlseile<br />

der Brücke erleuchten, schaffen sie<br />

einen Korridor aus Licht, der direkt auf<br />

die Stadt zuführt. „Wie das Tor zu einer<br />

Weltstadt“, meint Bettina, und<br />

ihre Augen leuchten.

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