Kulturhauptstadt Rotterdam:
Kulturhauptstadt Rotterdam:
Kulturhauptstadt Rotterdam:
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<strong>Kulturhauptstadt</strong> <strong>Rotterdam</strong>:<br />
DIE HAFENMETROPOLE IST KULTURHAUPTSTADT EUROPAS. ZU RECHT. DIE INDUSTRIESTADT HAT
Am Anfang war das Ende<br />
HART GEKÄMPFT, UM BESUCHERN MEHR BIETEN ZU KÖNNEN, ALS DEN GRÖSSTEN HAFEN DER WELT. Text: Michael Nothnagl<br />
PHOTO: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (1)
PHOTOS: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (4)<br />
WAHRZEICHEN: DAS ALTE HOTEL NEW YORK DER HOLLAND AMERIKA LINE,<br />
EIN TRADITIONSREICHER BAU MIT ZEITGEMÄSSEM INNENLEBEN.<br />
LANDMARK: THE HOLLAND AMERIKA LINE’S HISTORIC HOTEL NEW YORK,<br />
OUTWARDLY OLD-WORLD, INWARDLY PULSING WITH MODERN LIFE.<br />
Da ist dieses Foto, auf das<br />
man in <strong>Rotterdam</strong> immer wieder<br />
stößt: Es hängt in Büros oder Museen,<br />
taucht auf Broschüren und<br />
in Reiseführern auf. Eine Stadtansicht<br />
in schwarz-weiß, datiert aus<br />
den 40er Jahren. Darauf zu sehen:<br />
eine Wüste aus Schutt und Asche.<br />
Da, wo einst das Stadtzentrum<br />
war, hinterließen deutsche Bomber<br />
im Auftrag Hitlers eine gähnende<br />
Leere. Die Gebäude, die<br />
sich davon abheben, kann man an<br />
zehn Fingern abzählen. Daneben:<br />
nichts. Bis zum Horizont.<br />
Bettina Herrlich, eine 30-jährige<br />
Architekturstudentin aus<br />
Deutschland, kennt dieses Foto.<br />
Für 36 Gulden pro Stunde führt sie<br />
Touristen durch <strong>Rotterdam</strong> und erzählt<br />
ihnen von den ehrgeizigen<br />
Architekturprojekten der diesjährigen<br />
<strong>Kulturhauptstadt</strong>. Von<br />
dem Mut zum Neuen, den die<br />
Stadtväter gleich nach dem Krieg<br />
bewiesen hatten, als sie eine der<br />
damals modernsten Städte Europas<br />
entwarfen. Wohn- und Bürozentren<br />
wurden radikal getrennt,<br />
Achsen für den immer wichtigeren<br />
Autoverkehr quer durch die Stadt<br />
gelegt. „Es gibt hier keine Zucker-<br />
bäckerarchitektur wie in Amsterdam“, sagt Bettina<br />
und zieht sich ihre Mütze tiefer ins Gesicht, um die<br />
Stirn vor Wind und Regen zu schützen.<br />
Mit dem unbeständigen Wetter hat sie sich abgefunden,<br />
das Kühle in der modernen niederländischen<br />
Architektur mag sie sogar. Die harten Kontraste,<br />
wie hier im Viertel „Kop van Zuid“, wo neben alten<br />
Fabriken neue Hochhäuser in den Himmel wachsen.<br />
5000 Wohnungen und kein Baum weit und breit.<br />
Bettina fasziniert das, daher behandelt ihre Diplomarbeit<br />
auch ein Gebäude in <strong>Rotterdam</strong>. Drei Jahre<br />
wollte sie bleiben, acht sind es geworden. Mittlerweile<br />
spricht sie besser holländisch als deutsch.<br />
Für Architekten ist <strong>Rotterdam</strong> ein idealer<br />
Boden, ein überdimensionaler Sandkasten voller<br />
Projekte, in dem Ideen und ihre Gegenbewegung<br />
konserviert wurden und nebeneinander stehen.<br />
Hier entstand in den 50er Jahren die weltweit erste<br />
autofreie Einkaufszone „Lijnbaan“, auf der heute<br />
zwischen billigen Fastfood-Lokalen sieben Tage in<br />
der Woche munter drauflosgekauft wird – der<br />
niederländischen Konjunktur sei Dank.<br />
Hier baute Piet Blom seine berühmten Würfelhäuser<br />
als Antwort auf die anonymen Betonbunker<br />
der 60er Jahre. Die Wohnzimmer haben das Flair<br />
einer Weltraumstation: schräge Wände mit Fenstern<br />
in Hüfthöhe. Bei aller Originalität sind die engen<br />
Räume, 20 Meter über Grund, längst nicht mehr der<br />
letzte Schrei, noch dazu wenn man für die maßgefertigte<br />
Einrichtung ein Vermögen ausgeben<br />
muss. Aus der Nähe wirken die 51 Häuser wie ein<br />
auf den Kopf gestellter Gemeindebau.<br />
AUSSTELLUNGEN<br />
<strong>Kulturhauptstadt</strong> <strong>Rotterdam</strong>.<br />
Buchung und Information: Mauritsweg<br />
4, 3012 JR <strong>Rotterdam</strong>, Tel.:<br />
+31/(0)10/402 20 01; P.O. Box 1320,<br />
3000 BH <strong>Rotterdam</strong><br />
HYPERLINK<br />
„http://www.rotterdam01.nl“<br />
PROGRAMMÜBERSICHT:<br />
< 13. 1.–15. 4.: „PANORAMA ROTTER-<br />
DAM“. Die Kunsthalle zeigt Stadtansichten<br />
von <strong>Rotterdam</strong>, die beispielsweise<br />
von Turner oder Kandinsky<br />
stammen.<br />
< Ab 9. 2.: „AISJA AND THE WOMEN<br />
OF MEDINA“. Musiktheater über den<br />
Propheten Mohammed und seine<br />
Frauen im „Zuidplein Theater“.<br />
< 21. und 22. 3: „THE HEAVENLY<br />
WARBLINGS OF FAIRUZ AND THE<br />
ROTTERDAM PHILHARMONIC ORCHE-<br />
STRA“. Die <strong>Rotterdam</strong>er Philharmonie<br />
gibt gemeinsam mit der Sängerin<br />
Fairuz aus dem Libanon einen Musikabend.<br />
Ein außergewöhnliches Treffen<br />
orientalischer und westlicher Kultur.<br />
Ort: De Doelen.<br />
< April bis Oktober: „AT HOME IN<br />
ROTTERDAM“. Eine internationale<br />
Ausstellung über verschiedene<br />
Lebensstile im 20. Jahrhundert.<br />
Mehrere Schauplätze.<br />
< Während der Sommermonate:<br />
„ROTTERDAM’S COAT“. Schwimmende<br />
Bühne im Leuvehaven mit<br />
Video und Laserprojektionen, Bildern<br />
und Musik.<br />
47
48<br />
TUMMELPLATZ FÜR KREATIVE: DIE BERÜHMTEN WÜRFEL-<br />
HÄUSER PIET BLOMS (GR. BILD), DIE MODERNEN<br />
HOCHHÄUSER (KL. BILDER LINKS) SOWIE DAS MUSEUM<br />
BOIJMANS VAN BEUNIGEN UND KULTURINITIATIVEN.<br />
CREATIVE FREEDOM: PIET BLOM’S FAMOUS CUBE<br />
HOUSES (LARGE PHOTO), MODERN HIGH-RISE<br />
BUILDINGS (SMALL PHOTOS LEFT), THE BOIJMANS<br />
VAN BEUNIGEN MUSEUM AND CULTURAL INITIATIVES.<br />
Mittlerweile baut man wieder senkrecht:<br />
eine Skyline, deren Dächer 150 Meter<br />
hoch über das flache Land ragen. Darauf<br />
sind die <strong>Rotterdam</strong>er stolz. Im Moment.<br />
<strong>Rotterdam</strong> ist keine Stadt, in die man<br />
sich auf den ersten Blick verliebt. Ihre<br />
höchsten Punkte sind nicht zufällig die<br />
zwei Öltürme von „Shell“ – je 213 Meter<br />
hoch. Dass sie nach Meer riecht und nicht<br />
nach ihren fünf Raffinerien, verdankt sie<br />
dem Wind, der von der Nordsee landeinwärts<br />
fegt und regelmäßig dunkle Regenwolken<br />
über den knapp 600.000 Einwohnern<br />
entleert. Jeder zehnte von ihnen arbeitet<br />
im Hafen. Dem größten der Welt, ein<br />
Prädikat, das <strong>Rotterdam</strong> bereits 20 Jahre<br />
nach Kriegsende zierte. Beim örtlichen<br />
Tourismusverband VVV gibt es nicht nur<br />
Straßenkarten, sondern auch Atlanten zu<br />
kaufen, die fein säuberlich Flusstiefen, Anlegeplätze,<br />
Meeresströmungen und Gezeiten<br />
für jeden Tag des Jahres auflisten.<br />
Kein Wunder in einer Stadt, die pro Tag von<br />
fünfhundert Schiffen angelaufen wird. Mit<br />
ihnen kamen seit jeher auch Einwanderer:<br />
160 verschiedene Nationalitäten leben<br />
heute in <strong>Rotterdam</strong>, mit- und nebeneinander,<br />
bei 192 Staaten weltweit. Ihnen verdankt<br />
die Stadt Moscheen und Reisebüros,<br />
ausgefallene Boutiquen und Hafenbars<br />
sowie die zahlreichen Restaurants, die sich<br />
nicht nur durch die Vielfalt ihrer Küchen,<br />
sondern auch den bunten Stilmix der Einrichtungen<br />
auszeichnen. Die Zuwanderer<br />
sorgen dafür, dass die Stadt in Bewegung<br />
bleibt. Mehr als die Hälfte der <strong>Rotterdam</strong>er<br />
ist jünger als 40 Jahre.<br />
Dennoch: Verkannt fühlten sich seine<br />
Bürger allemal. Der Name <strong>Rotterdam</strong><br />
stand jahrzehntelang für Business, eine<br />
Tatsache, die sich in dem freundlichen, indes<br />
leicht distanzierten Ton der Bevölkerung<br />
gegenüber Fremden bis heute widerspiegelt.<br />
Zwar pilgerten bis in die 80er<br />
Jahre Geschäftsmänner aus aller Welt zu<br />
den Konzerntoren von Unilever und Shell.<br />
Kaum jedoch hatten sie ihre Verträge ausverhandelt,<br />
saßen sie schon im Zug. Nach<br />
Amsterdam und zu ihren Grachten.<br />
Wer wusste schon, dass im Museum<br />
Boijmans van Beuningen Tizian, Rem-
PHOTOS: AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (3), LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (2), CONTRAST/NIGHTINGALE (1)<br />
brandt, Monet oder Picasso zu bewundern sind? Auch die<br />
1983 eröffnete Stadtbibliothek mit ihren sechs Stockwerken,<br />
die von außen ein wenig an das Pariser Centre<br />
Pompidou erinnert, blieb – diplomatisch formuliert – ein<br />
Geheimtipp. Daran konnten auch die weltgrößte Erasmus-Kollektion<br />
und die unzähligen fremdsprachigen<br />
Bücher nichts ändern. Bekannter war der Name <strong>Rotterdam</strong><br />
bald in der Sportwelt: durch die Erfolge des Fußballclubs<br />
Feyenoord, das weltweit bestbesuchte Hallentennisturnier<br />
und die Austragung eines Stadtmarathons,<br />
auf dessen flacher Strecke sogar der Weltrekord der<br />
Frauen aufgestellt wurde.<br />
Dass die Stadt nun ein Jahr lang gemeinsam mit Porto<br />
den Titel „<strong>Kulturhauptstadt</strong> Europas“ trägt, ist der Beharrlichkeit<br />
zu verdanken, mit der sie sich im vergangenen<br />
Jahrzehnt weiterentwickelt hat. In einer unglaublichen<br />
Aufbruchsstimmung wurden ganze Viertel abgetragen<br />
und neu aufgebaut, Museen, Theater und Ausstellungsräume<br />
schossen aus dem Boden. 1992 wurde die Kunsthalle<br />
des renommierten Architekten Rem Kolhaas eröff-<br />
net – ein lichtdurchflutetes Gebäude,<br />
von dessen Rückseite man einen Blick<br />
auf den Museumspark hat, den Kolhaas<br />
mitgestaltete. An seinem anderen Ende<br />
steht das staatliche Architekturinstitut,<br />
das im selben Jahr von Amsterdam hierher<br />
übersiedelte, zwei Jahre später folgte<br />
die niederländische Fotogesellschaft.<br />
Statistiken belegen zwar, dass das<br />
Interesse der Touristen bis vor kurzem<br />
vor allem dem Spielcasino beim Hauptbahnhof<br />
galt. Doch die Organisatoren<br />
des diesjährigen Projektes haben sich einiges<br />
einfallen lassen, um das zu ändern:<br />
Im ersten Stock des ausgedienten „Calypso“-Kinos,<br />
dem Stützpunkt von „<strong>Rotterdam</strong><br />
2001“, hat Ilse Eijkmans-Hagens<br />
ihr Büro für Öffentlichkeitsarbeit. Sie<br />
sitzt hinter einem überdimensionalen<br />
Konferenztisch, unter einer zerbröseln-<br />
< 30. 6. bis 25. 8.: „WATER“.<br />
Eine interaktive Ausstellung im<br />
„Wereldmuseum“ soll den Besuchern<br />
die unterschiedliche<br />
Bedeutung des Wassers in aller<br />
Welt näher bringen.<br />
< 8. 9. bis 6. 1. 2002: „IN THE<br />
SHADOW OF THE GOLDEN<br />
AGE“. Die Ausstellung in der<br />
Kunsthalle zeigt den Einfluss<br />
der holländischen Maler auf<br />
die internationale Malerei.<br />
Werke von Manet, Matisse,<br />
Picasso u. a.<br />
< Dezember 2001: „STRANGE<br />
MELODIES“. Oper, basierend<br />
auf dem historischen Briefwechsel<br />
zwischen Erasmus von<br />
<strong>Rotterdam</strong> und einem portugiesischen<br />
Schüler. Koproduktion<br />
mit Porto in der „<strong>Rotterdam</strong><br />
Schouwburg“.<br />
49
50<br />
HOCHAUFRAGEND: DIE MASTEN DER SCHIFFE IM HAFEN<br />
SOWIE DIE WOLKENKRATZER DER STADT.<br />
REACHING FOR THE SKY: SHIPS’ MASTS IN THE PORT<br />
AND THE CITY’S SKYSCRAPERS.<br />
HOTELS<br />
< HOTEL WILGENHOF, Heemraadssingel 92–94, Tel.: +31/(0)10/425<br />
48 92. Ruhige Lage, drei Sterne, günstige Zimmer. DZ ab 175 Gulden.<br />
< HOTEL NEW YORK, Koninginnenhoofd 1, Tel.: +31/(0)10/439 05 00.<br />
Außergewöhnliches Hotel in altem Hafengebäude. DZ ab 170 Gulden.<br />
< TULIP INN ROTTERDAM, Willemsplein 1 , Tel.: +31/(0)10/413 47 90.<br />
Direkt am Maasufer, komfortabel, gute Küche. DZ ab 200 Gulden.<br />
< HOTEL INNTEL ROTTERDAM, Leuvehaven 80, Tel.: +31/(0)10/<br />
413 41 39. Kongresshotel mit Hallenbad und Sauna. Schöne Bar.<br />
DZ ab 325 Gulden.
PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (4), AGENTUR ANZENBERGER/GIACCONE (2)<br />
den Zimmerdecke, neben kaputten<br />
Steckdosen und gerät ins Schwärmen,<br />
wenn sie über das Konzept spricht. An<br />
Ehrgeiz und Originalität mangelt es ihm<br />
nicht: „<strong>Rotterdam</strong> is many cities“, lautet<br />
das Thema, auch im Hinblick auf die<br />
unterschiedliche Herkunft der Bewohner.<br />
Da predigen beispielsweise Woche<br />
für Woche die Oberhäupter verschiedener<br />
Religionsgemeinschaften, vom Pfarrer<br />
bis zum Imam, allerdings jeweils in<br />
der Kirche, Moschee oder Synagoge einer<br />
anderen religiösen Gemeinde und<br />
vor fremden Publikum. In Zusammenarbeit<br />
mit Porto hat man sogar eine Oper<br />
komponiert, basierend auf dem Briefwechsel<br />
zwischen dem niederländischen<br />
Humanisten Erasmus und einem portugiesischen<br />
Schüler. Das Libretto stammt<br />
von einem <strong>Rotterdam</strong>er Schriftsteller, die<br />
Musik komponierte ein Portugiese.<br />
Im Sommer stellen die Organisatoren<br />
eine Bühne im Leuvehaven auf, dort können<br />
die Besucher jeden Abend mittels<br />
Laser- und Videoprojektionen die Geschichte<br />
der Stadt nachvollziehen. Die<br />
glatten Wände der Hochhäuser dienen in<br />
der Nacht als Leinwände für überdimensionale<br />
Projektionen von Kunstwerken.<br />
Ausstellungen bieten Themen, die von<br />
„Geld“ über „Wasser“ bis zu „Flüchtlingen“<br />
reichen. Letztere ist interaktiv gestaltet,<br />
die Besucher sollen in die Rolle<br />
eines Immigranten schlüpfen und den<br />
mühsamen Alltag für ein paar Stunden<br />
teilen. Das Museum Boijmans van Beuningen,<br />
im vergangenen Jahr noch schnell<br />
erweitert, wartet nicht nur mit Ausstellungen<br />
über Pieter Bruegel und Hieronymus<br />
Bosch auf, sondern macht sich mit<br />
dem viel versprechenden Projekt „Boijmans<br />
visits Feyenoord“ auch auf den Weg<br />
in einen Arbeiterbezirk <strong>Rotterdam</strong>s.<br />
Dort, an der Peripherie, gibt es noch<br />
die schmuddeligen Sexshops und Hafen-<br />
Seit 1707<br />
Bartolomeo Passarotti (1529–1592),<br />
Bildnis Michelangelo Buonarroti, Gutachten von Prof. Sestrieri,<br />
Öl auf Holz, 88 x 73 cm · Auktion am 22. März 2001<br />
Palais Dorotheum<br />
Auktionswoche<br />
19.–23. März 2001<br />
19. März: Glas & Porzellan<br />
20. März: Alte Meisterzeichnungen,<br />
Druckgrafik bis 1900, Aquarelle & Miniaturen<br />
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21. März: Juwelen & Uhren<br />
22. März: Alte Meister<br />
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Besichtigung: eine Woche vor der Auktion<br />
Information: Tel.: (+43 1) 515 60-280<br />
Katalogbestellung: Tel.: (+43 1) 515 60-200 · Fax: -508<br />
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52<br />
KULINARISCH: EIN POTPOURRI DER UNTERSCHIED-<br />
LICHSTEN KÜCHEN UND KULTUREN.<br />
CULINARY COLLAGE: A BLEND OF CUISINES AND<br />
CULTURES FROM MANY CORNERS OF THE GLOBE.<br />
cafés mit den Namen „Desire“, „Victoria“<br />
oder „Take Five“, bei denen man nicht<br />
genau weiß, ob nur das Bier oder doch<br />
auch die Kellnerin käuflich ist. Einwanderer<br />
aus Afrika oder der Karibik stehen<br />
an den Billardtischen, werfen Münzen in<br />
die Musicbox und blasen mit glasigem<br />
Blick Cannabiswölkchen an die Decke.<br />
Wenn jemand auf die Toilette geht und<br />
beim Zurückkommen die Nase rümpft,<br />
liegt das eher nicht an einer beginnenden<br />
Verkühlung, sondern am Kokain, das in<br />
den Hinterzimmern über die Tische<br />
wandert. Der Traum vom multikulturellen<br />
Miteinander ist hier an der Realität der<br />
Zuwandererghettos zerschellt. Vielleicht<br />
gab deshalb die Hälfte der <strong>Rotterdam</strong>er<br />
in einer Umfrage an, die „veränderte Bevölkerungsstruktur“<br />
sei ihrer Meinung<br />
nach „nicht gut für die Stadt“. Ein für<br />
niederländische Verhältnisse erstaunliches<br />
Ergebnis.<br />
<strong>Rotterdam</strong> bemüht sich, zwischen<br />
den Film- und Autorenfestivals, Diskussionen,<br />
Konzerten, Theater- und Tanzvorführungen<br />
in diesem Jahr auch die<br />
Probleme der Stadt anzusprechen.<br />
„Nicht nur die Hochkultur ist uns wichtig“,<br />
versichert Ilse Eijkmans Hagens.<br />
Mit wie vielen Besuchern sie rechnet?<br />
Sie lächelt verlegen. Die Frage ist ihr peinlich.<br />
„Drei Millionen“, sagt sie, und es<br />
klingt wie eine Frage. „Das wichtigste<br />
Publikum“, fügt sie schnell hinzu, „sind<br />
für uns aber die <strong>Rotterdam</strong>er.“ Sie selbst<br />
ist eine von ihnen, waschecht, die Großeltern<br />
schon hier geboren. Fährt sogar im<br />
Dezember mit dem Rad in die Arbeit. Die<br />
Beziehung zu den Deutschen: eine Hassliebe,<br />
gibt sie offen zu. <strong>Rotterdam</strong> als
PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (5)<br />
ESSEN UND TRINKEN<br />
< KERRIE AND KORIANDER Das „In“-<br />
Lokal <strong>Rotterdam</strong>s. Essen wie ein Kolonialherr<br />
– auf drei Etagen.<br />
Mauritsweg 52, Tel.: 414 33 53.<br />
< BAZAR Originelle Deko, legeres<br />
Publikum, gute Küche.<br />
Witte de Withstraat 16, Tel.: 206 51 51.<br />
< SIJF Eine Mischung aus Bar und<br />
Restaurant. Angenehme Atmosphäre.<br />
Oude Binnenweg 115, Tel.: 433 26 10.<br />
< BLAUWE VIS Nachtclub im Designerlook,<br />
Küche bis 5.00 Uhr früh.<br />
Weena-Zuid 33, Tel.: 213 42 43.<br />
< BRASSERIE HENKES Hübsches<br />
Restaurant mit historischer Einrichtung,<br />
in Delfshaven.<br />
Voorhaven 17, Tel.: 425 55 96.<br />
< HOTEL NEW YORK Wer nicht hier<br />
wohnt, sollte per Wassertaxi zum Abendessen<br />
vorbeischauen.<br />
Koninginnenhoofd 1, Tel.: 439 05 00.<br />
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54<br />
AUFREGEND UND BUNT: DAS LEBEN AM GRÖSSTEN HAFEN DER WELT.<br />
EXCITING AND COLOURFUL: LIFE AT THE WORLD’S LARGEST PORT.<br />
English Summary<br />
<strong>Rotterdam</strong> 2001<br />
<strong>Rotterdam</strong> is sharing the honours with Porto in Portugal as this year’s European<br />
Cultural Capital. It is no mean feat to portray this city as a hub of contemporary<br />
culture. <strong>Rotterdam</strong>, after all, is best known for its port. But also for its<br />
modern urban architecture: after the ravages inflicted on it by World War II, the<br />
city fathers decided not even to try reconstructing the old buildings. Instead<br />
they realised their vision of an urban environment in which contemporary<br />
architects and designers would find ample scope for creating new, unconventional<br />
structures. Nevertheless, it was many years before <strong>Rotterdam</strong> managed<br />
to shake off its reputation as no more than an industrial and commercial<br />
centre. The opening of exhibition facilities like the Boijmans van Beuningen<br />
Museum or the Art Hall complex (designed by Rem Kolhaas), the State<br />
Architecture Institute or the Netherlands Photographic Society helped<br />
<strong>Rotterdam</strong> to acquire an exciting new image. In the months to come the<br />
focus will be on the city’s vitality – which it owes not least to its colourful<br />
ethnic mix – and on breaking down every kind of cultural frontier.<br />
Stadt: „more interesting than beautiful.“<br />
Dann kommt der Nachsatz: „Es ist eben<br />
nicht leicht, die Schönheiten zu finden.“<br />
Delfshaven ist so eine Schönheit. Fünf<br />
Metrostationen westlich des Zentrums<br />
liegt der frühere Vorort der Stadt, der die<br />
Katastrophe des Weltkriegs unbeschadet<br />
überstanden hat. Eine Art unsichtbarer<br />
Glasrahmen haftet auf dem Viertel, in dem<br />
sämtliche Klischees der Niederlande eingefroren<br />
sind: Windmühlen und malerische<br />
Backsteinhäuser, altmodische<br />
Brücken und schicke Straßencafés, vor<br />
denen Fischkutter vor Anker liegen.<br />
„Zuckerbäckerarchitektur“ würde Bettina<br />
sagen. Antiquitätengeschäfte und Restaurants<br />
schmiegen sich aneinander, dazwischen<br />
tummeln sich Touristen und<br />
Volksschulklassen auf Exkursion. Die Lehrer<br />
erzählen die Geschichte von den „Pilgram<br />
Fathers“, die vor fast 400 Jahren mit<br />
der berühmten „Mayflower“ in die „Neue<br />
Welt“ aufbrachen. Hier in Delfshaven legten<br />
sie ab. Die Kirche, in der sie Gott um<br />
Segen baten, ist heute noch zu besichtigen.<br />
Gleich nebenan steht das Geburtshaus<br />
von Piet Heyn, der die spanische<br />
Flotte besiegte und seither als niederländischer<br />
Nationalheiliger gilt.<br />
Und die Matrosen von heute? Sie<br />
haben kaum mehr Zeit für einen Stadt-<br />
PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (3), CONTRAST (1)
FLACHES LAND: UND STETS<br />
EINE AHNUNG VON MEER.<br />
FLATLANDS: THE OCEAN IS EVER-<br />
PRESENT AS AN INTIMATION.<br />
NL<br />
● AMSTERDAM<br />
● ROTTERDAM<br />
B<br />
D<br />
ROTTERDAM<br />
O HAUPTBAHNHOF<br />
Zentrum<br />
O KIJKKUBUS<br />
Oude Westen<br />
Oude Haven<br />
MUSEUM<br />
BOYMANS VAN<br />
O WILLEMSBRÜCKE<br />
BEUNINGEN<br />
O<br />
Museumspark<br />
Kop<br />
O<br />
van Zuid<br />
KUNSTHALLE<br />
ROTTERDAM O ERASMUSBRÜCKE<br />
Hetpark O CRUISETERMINAL<br />
Nieuwe Maas<br />
Noordereiland<br />
besuch. Die Beladung der Schiffe erfolgt<br />
so schnell, dass ihnen in den meisten<br />
Fällen gerade noch ein paar Stunden für<br />
Einkäufe in den Duty-free-Shops bleiben.<br />
Den Red-Light-District haben sie den<br />
Fernfahrern überlassen, die Hafenbars<br />
den Einwanderern und sogar die Seemannskirchen<br />
werden mittlerweile mehr<br />
von Touristen als von Matrosen besucht.<br />
Kralingse Plas<br />
PHOTOS: LOMOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT (3)<br />
Die Häfen für die immer größer werdenden<br />
Schiffe (4000 Container Ladegut<br />
schaffen einige bereits) wandern immer<br />
näher an die Nordsee. Pech für die Matrosen,<br />
aber ein Segen für die Stadt: Die<br />
alten Ladeterminals am südlichen Rand<br />
des Stadtkerns verloren ihre Funktion,<br />
eine einmalige Gelegenheit, um den<br />
Platz für Neues zu nutzen. Milliarden<br />
wurden dafür investiert: eine neue Metrostation,<br />
Gerichts- und Schulgebäude<br />
und jede Menge Wohnungen – teure<br />
Ateliers und weniger teure Sozialbauten<br />
nebeneinander.<br />
Die Krönung des Projekts ist die 800<br />
Meter lange Erasmusbrücke, 1995 gebaut.<br />
Bettina, die Architekturstudentin,<br />
findet sie großartig. Nicht nur, weil sie<br />
einfach gut aussieht. Nicht nur, weil sie<br />
die Fahrbahn samt Oberleitung für die<br />
Straßenbahn schnell mal hochklappt,<br />
wenn Schiffe unter ihr durchfahren. Das<br />
Faszinierende an der Brücke ist, dass sie<br />
verkehrstechnisch überflüssig ist. Ihr<br />
Wert, erklärt Bettina, liegt in der Psychologie:<br />
Sie überbrückt die ehemalige<br />
Kluft zwischen Reich und Arm, verbindet<br />
Stadtkern und Peripherie, Wohlstand<br />
und Armut. In der Nacht, wenn Scheinwerfer<br />
den Betonträger und die Stahlseile<br />
der Brücke erleuchten, schaffen sie<br />
einen Korridor aus Licht, der direkt auf<br />
die Stadt zuführt. „Wie das Tor zu einer<br />
Weltstadt“, meint Bettina, und<br />
ihre Augen leuchten.