G E S C H I C H T EEin Derwisch <strong>aus</strong> frommer, strengerSchule wanderte eines Tages dem Uferdes Van-Sees entlang. Seine Gedanken– er war vertieft in gelehrte, moralischeProbleme, wie sie seiner Schulungentsprachen – wurden unterbrochenvon einem rhythmischen Ruf. Er halltevon der kleinen Insel herüber <strong>und</strong> warunschwer als Derwischruf zu erkennen.Nur bemerkte unser Wanderer, dass dieSilben nicht in der richtigen Intonationgesprochen wurden, <strong>und</strong> er dachte beisich: «So hat das keinen Wert.» Deshalbbefand er, als besserer Kenner derÜbung sei es seine Pflicht, den Unglücklichenzu korrigieren, der wohlsein Bestes versuche, jedoch offenbarnicht richtig angeleitet worden war.Nachdem er am Ufer ein Boot entdeckthatte, ruderte er stracks zur Insel <strong>und</strong>Woraufkommt es an?fand dort einen mit einem DerwischgewandBekleideten sitzen, der sich imTakt des einweihenden Derwischrufswiegte. «Mein Fre<strong>und</strong>», sagte derDerwisch, «es ist verdienstlich, Rat zugeben <strong>und</strong> Rat zu nehmen – du sprichstdie Worte nicht richtig», <strong>und</strong> er sagteihm die Formel korrekt vor.«Ich danke dir», sagte der andere Derwischdemütig. Worauf der Besuchervoller Zufriedenheit zu seinem Bootzurückkehrte <strong>und</strong> davonruderte.Immerhin heisst es, dachte er bei sich,dass der Mensch, der die heilige Formelbeherrscht, sogar auf dem Wasserwandeln kann. Er hatte das zwar nochnie gesehen, hoffte jedoch noch immer,es einmal zuwege zu bringen.Kaum war er auf halber Distanz zumUfer angelangt, ertönte nach einemkurzen Gestammel der Ruf wieder inder alten Weise von der Insel herüber.Der Derwisch im Boot resignierte <strong>und</strong>verfiel in trübe Gedanken über dieHartnäckigkeit des Irrtums <strong>und</strong> die Unbelehrbarkeitder Menschen.Da bemerkte er plötzlich, dass der Singsangaufgehört hatte <strong>und</strong> der andereDerwisch von der Insel her zu ihmgelaufen kam: Er wandelte wahrhaftigauf dem Wasser! Verblüfft liess unserDerwisch die Ruder sinken <strong>und</strong> hörtestaunend die Worte des Ankömmlings:«Bruder, es tut mir Leid, dich zu bemühen,aber ich musste herkommen,um dich noch einmal nach dieserMethode zu fragen, damit ich dieWorte auf die richtige Weise wiederhole,habe ich doch Schwierigkeiten,sie zu behalten.»G E R I C H TTürkischerLammtopffür 4 Personengekocht von Catherine Graeser, Villeneuve VDZutaten:•500 gLammschulter•gehackteZwiebeln•Knoblauchzehen•2 EL Öl•Tomaten•2 EL Sultaninen•2 EL Pinienkerne•1 KL Salz•Pfeffer•1 KLSalbeipulver•1 KL Zimtpulver•2 Tassen Reis•1 l Fleischbrühe•10 OlivenDie Pinienkerne in Butter goldbraunanbraten <strong>und</strong> auf einem saugfähigenPapier deponieren.Die Lammschulter in Würfel schneiden.Die Fleischwürfel mit den gehacktenZwiebeln <strong>und</strong> dem gepressten Knoblauchin heissem Öl anbraten.Die Sultaninen, Pinienkerne <strong>und</strong> diekleingeschnittenen Tomaten zugeben.Mit Salz, Pfeffer, Zimt <strong>und</strong> Salbeiwürzen <strong>und</strong> zugedeckt ca. 40 Minutenauf kleinem Feuer schmoren lassen.Den Reis, die Fleischbrühe <strong>und</strong> dieOliven beigeben <strong>und</strong> während 15 –20Minuten fertig kochen.Vor dem Servieren mit den goldbraunenPinienkernen dekorieren.Man kann auch nur die Hälfte derTomaten beifügen <strong>und</strong> den Rest vordem Servieren darüber legen.So behalten die Tomaten ihre Form<strong>und</strong> Farbe.20t o r b a 02
F O K U SEine alt renommierteProvenienz: Konya LadikDie 40 km nördlich von Konya in <strong>Zentralanatolien</strong> gelegene Kleinstadt Ladik erregt kaumAufmerksamkeit. Doch ist sie eine fabelhafte Provenienz, die allen Teppichliebhabern bekannt ist.Grösse: 118 x 209 cmKette <strong>und</strong> Schuss: WolleFlor: WolleKnoten: SymmetrischAlter: um 1850Seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert geniessen die«Konya Ladik» <strong>Teppiche</strong> einen breiten<strong>und</strong> guten Ruf.Das hier abgebildete Exemplar zeigt alleMerkmale der antiken Ladik: die Bordüre,wo stilisierte Lilien <strong>und</strong> Rosetteneinander abwechseln, der rotgr<strong>und</strong>ige,mit zwei Salomonsternen verzierteMihrab ist von zwei Wasserkannen(Aftabeh) gekrönt, die den Gläubigenan seiner Pflicht erinnern, sich vor demGebet zu waschen. Unter den zahlreichenanderen Motiven, die diesenTeppich schmücken, fallen besondersdie Tulpen auf. Sie sind ein typischesOrnament der alten Ladik <strong>und</strong> wendensich merkwürdigerweise fast immer indie Gegenrichtung des Mihrabs.Aus Persien stammend wurde die Tulpein der Türkei ziemlich früh bekannt. Seitder Urzeit wurde sie in den angewandtenKünsten <strong>und</strong> auf <strong>Teppiche</strong>n dargestellt.Gegen die Mitte des 16. Jahrh<strong>und</strong>ertsbrachte der österreichisch-ungarischeBotschafter die erste Tulpe von Istanbulan die Pforte Ghislain de Bousbecque.Der berühmte Botaniker Carolus Clusiusmachte sie in Nordeuropa ansässig.Die Blume löste dann das sogenannteTulpenfieber <strong>aus</strong>, <strong>und</strong> es fand sogareine ungebremste Spekulation an derAmsterdamer Börse statt. Nachdemsie als Blume des Barocks in ganz Europaeingeführt war, kehrte sie in dieTürkei zurück, wo sie unter der Herrschaftdes grossen BlumenliebhabersSultan Ahmed III (1673 –1730) zum beliebtestenOrnament in verschiedenenGebieten der angewandten Kunstwurde. Diese Zeit war vom intensivenkulturellen Aust<strong>aus</strong>ch des Orients mitdem Westen, besonders mit Frankreich,geprägt. Sie ist unter dem Namen«Lale Devri» bekannt geworden. ZumVorteil der Teppichkunst hat sich dieserEinfluss auf die Umgebung von Istanbulbegrenzt <strong>und</strong> sich nicht nach Anatolien<strong>aus</strong>gedehnt. Im Gegenteil: Die abendländischenMaler haben die anatolischen<strong>Teppiche</strong> auf ihren Bildern nachgeahmt.Die grafisch einfach gezeichneten Tulpendieses Ladiks sind ohne Zweifel reinorientalischen Ursprungs.Text <strong>und</strong> Fotos: Jaques Ganst o r b a 0221