8 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015In Deutschland unterscheidet sich das neue Vergütungssystemkomplett von der früheren Praxis. „Wir legtengroßen Wert darauf, dass Vergleiche zwischen früher undheute nicht möglich sind.“ Enzo Pezzolla verweist auf diegeänderte Skalierung mit weniger Gruppen und neuenBegriffen. Ausdrücklich lobt er das strukturierte Vorgehen.„Das gesamte zehnköpfige Managementteam von OECbis hinauf zum CEO haben an der Bewertung teilgenommen.“Im Gegensatz zur früheren Praxis, nach der man sichFunktionsgruppen statt einzelner Funktionen anschauteund aus diesen Ergebnissen Job-Families ableitete, bewerteteOrion jede einzelne AT-Stelle. Die Kommission kamüber einen Zeitraum von sechs Monaten immer wiederzusammen, bis die neuen Strukturen standen. Der MünchnerVergütungsberater Stefan Röth moderierte die Meetings.In diesen Runden musste jeder Manager die Stellenin seinem Bereich analysieren und bewerten. Dabei ginges um die Funktionen und nicht um die Personen, die aufden Stellen saßen. Schnell klärte sich, welche Anforderungenan jede einzelne Stelle zu knüpfen waren. Der Funktionsbewertunglagen drei Kriteriengruppen zugrunde:• Wissen und Können• Probleme lösen• Beeinflussen und VerantwortenBei ihrer Arbeit änderte oder strich die Kommission vielebestehende Stellenprofile. Auch überdachte und definiertesie alle Arbeitsprozesse und Schnittstellen neu.Am Ende erhielt OEC eine komplett renovierte Organisationsstrukturmit klaren Profilen, Zuständigkeiten undProzessen. Die transparente Struktur des BewertungsundVergütungssystems machte den Verantwortlichenschnell deutlich, welche Mitarbeiter überbezahlt undwelche unterbezahlt waren. „Das resultierte für den einenKollegen in einer schnelleren Gehaltsentwicklungnach oben, für den anderen in Abstufungen nach untenüber geringere Entgelterhöhungen, was bei den betroffenenMitarbeitern nicht immer auf Verständnis stieß“,beschreibt Pezzolla die Korrekturen am Entgeltsystem.Auf die Probe gestelltOEC ließ das neue Bewertungs- und Vergütungsmodellnoch einmal extern prüfen, indem sich das Unternehmenim Vergleich mit der Chemie-, Pharma- und Biotechnologiebranchebenchmarken ließ. Dafür führteOEC verschiedene Compensation Surveys durch. DasErgebnis bestätigte, dass OEC auf einem guten Weg ist.„Unsere Entgelte sind markt- und wettbewerbsgerecht“,resümiert Enzo Pezzolla.Als Global Player zählt OEC zusammen mit weiterenWettbewerbern zu den Marktführern für Carbon Black.Seit Juli 2014 ist Orion an der New York Stock Exchangegelistet. Aufgrund des globalisierten Wettbewerbs benötigtdas Unternehmen hochqualifiziertes Fachpersonal.Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind anspruchsvollund immer an den steigenden Bedarfen der Kundenausgerichtet.Dafür erwarten Fachkräfte ein entsprechendes Entgelt.„Wenn wir gute Mitarbeiter gewinnen und haltenwollen, müssen wir ein faires und wettbewerbsfähigesVergütungssystem anbieten“, erklärt Enzo Pezzolla. Einzusätzlicher Baustein in der Entgeltarchitektur ist eineBonuszahlung als variable Vergütung. Das Bonusmodellsieht vor, dass Fach- und Führungskräfte je nach Grad derZielerreichung einen variablen Prozentsatz ihres Jahresgrundgehaltsbekommen. Der Bonus berücksichtigt sowohldas Erreichen der Unternehmensziele als auch dieErfüllung individueller Zielvereinbarungen. Beides ist imVerhältnis 60 Prozent zu 40 Prozent gewichtet. Werdendie vereinbarten Ziele nicht erfüllt, müssen die MitarbeiterAbschläge beim Bonus in Kauf nehmen.Die strukturierte Entwicklung des Bewertungs- undVergütungsmodells für Deutschland war innerhalb derOEC-Gruppe der Pilot. Die Einheiten in anderen EU-Staatensind deutlich kleiner. Deshalb fand jeweils nur eine Bewertungder regionalen Führungskräfte statt. Sie sind allein derselben Funktionsstufe eingruppiert, auch wenn sichdas Vergütungsniveau von Land zu Land unterscheidet.Einmal aufwendig entwickelt, soll das BewertungsundVergütungssystem auch in Zukunft stets aktuellbleiben. Deshalb prüfen es Enzo Pezzolla und seineKollegen jährlich auf der Basis von Marktvergleichen.Engagierte Mitarbeiter fühlen sich in der neuen Strukturwohl, eröffnet sie doch Karrierechancen und neueFreiheiten am Arbeitsplatz. „Einer Fachkraft, die sehr gutperformt und Talent zeigt, die sich aber auf ihrer derzeitigenStelle beim Entgelt nicht weiterentwickeln kann,eröffnen sich jetzt durch einen Wechsel auf eine andereFunktion schnell neue Chancen.“Dr. Guido Birkner,verantwortlicher Redakteur Human ResourcesFRANKFURT BUSINESS MEDIA – der F.A.Z.-Fachverlagguido.birkner@frankfurt-bm.comwww.compbenmagazin.de
9 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM NEUEN VERGÜTUNGSSYSTEMVon Birgit HorakElemente zur Ausgestaltung eines Vergütungssystems1Funktions-/StellenstrukturQuelle: Lurse AG.AnalytikSummarik2VergütungsstrukturGehaltstabellenGehaltsbänderDie Gestaltung von Vergütungssystemen spielt sich ineinem komplexen Spannungsfeld aus Unternehmensstrategie,betriebswirtschaftlichen Anforderungen undInteressen der Betriebsparteien ab. Welche Elementeund Merkmale kennzeichnen ein adäquat ausgestaltetesVergütungssystem?Vor der Implementierung eines Vergütungssystemsist es unverzichtbar, sich mit dessen Zielen auseinanderzusetzen.Diese sind einerseits bei der konkreten Ausarbeitunghandlungsleitend und stellen andererseits einKernelement im Kommunikationsprozess mit Mitarbeiternund Führungskräften dar. Ziele, die häufig ganzoben auf der Unternehmensagenda stehen und realisiertwerden sollen, sind:• Attraktivität und Bindung der Leistungsträger• Kostensteuerung/Kostenflexibilität• Verhaltensdifferenzierung• Leistungsdifferenzierung• Fairness und NachvollziehbarkeitDer Prozess zur konkreten Entwicklung eines Vergütungssystemsumfasst im Kern fünf Elemente, wobei fürjedes Element zahlreiche technische Ausgestaltungsvariantenbereitstehen.Das StellenbewertungssystemNach welchem Verfahren sollen Funktionswertigkeitenermittelt werden? Analytisch über einen Punktemechanismusoder in einem summarischen Verfahren? Welcheweiteren Instrumente sollen mit der Stellenbewertungverknüpft werden? Was sind die Konsequenzen für dieAusgestaltung des Systems? Die Erfahrung zeigt, dassAusgestaltungen, die in Unternehmen A sehr gut funktionieren,für Unternehmen B nicht passen. So neigen etwaingenieursgeprägte Organisationen zu analytischenStellenbewertungsverfahren, da die Grundgedanken derVerfahren kompatibel mit der Herangehensweise in derenfachlichen Belangen sind.Die VergütungsstrukturHier geht es darum, welche Regeln anzuwenden sind,um die Gehälter der Mitarbeiter zu ermitteln. In welcherAusprägung sollen der Markt und die interne Perspektiveberücksichtigt werden? Sind Gehaltsbänder geeignet?3Performance Managementund ProzesseWAS und WIEAufgabenerfüllungZielvereinbarungenKompetenzenEntwicklungsmaßnahmen4VergütungssteuerungRegelwerk undMechanismen5Variable VergütungShort Term IncentiveLong Term IncentiveFalls ja: Kann die Organisation mit dem Spielraum beider Gehaltsfestlegung umgehen, der durch ein Bändersystementsteht? Oder braucht es konkrete Aussagendarüber, was ein Mitarbeiter auf einer Stelle verdienensoll? Wie lassen sich Fairness und Nachvollziehbarkeitgewährleisten? Bei der Ausgestaltung des Systems istder Blick auf den Markt und den Wettbewerb hilfreich,für Vergütungsstrukturen sogar unverzichtbar.Nur wenn die eigenen Vergütungsniveaus marktorientiertfestgelegt werden, kann das Unternehmensicher sein, auch bei Fachkräftemangel und demographischerEntwicklung mit seinem Vergütungssystemattraktiv zu bezahlen. Gerade der Fachkräftemangel wirdüber kurz oder lang Druck auf die Einstellgehälter unddie Gehälter für Spezialistenfunktionen entstehen undsie nach oben entwickeln lassen.