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Großstadt. Und auch wieder nicht

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Nach St. Patrick ist James Joyce der zweite echte Nationalheilige der Iren./<br />

Writer James Joyce is second only to St. Patrick as the national hero of the Irish.<br />

GRAPHIK: MARIO GEGENHUBER<br />

62<br />

Christchurch<br />

Place<br />

WRITERS<br />

MUSEUM<br />

DUBLIN<br />

OLYMPIA<br />

THEATRE<br />

South Great George’s Street<br />

Parnell Square East<br />

Parnell Street<br />

Henry Street<br />

Middle Abbey Street<br />

Temple Bar<br />

Dame Street<br />

Harcourt St.<br />

Upper O’Connel St.<br />

Aston Quay<br />

Clarendon St.<br />

ANREISE: Austrian Airlines Group fliegt fünfmal pro Woche von Wien nach Dublin./<br />

Austrian Airlines Group flies five times a week from Vienna to Dublin.<br />

Westmoreland St.<br />

Grafton Street<br />

Dawson Street<br />

St. Stephen’s<br />

Green<br />

DUBLIN<br />

Nassau St.<br />

I<br />

TRINITY COLLEGE<br />

College<br />

Park<br />

NATIONAL<br />

GALLERY<br />

GB<br />

Merrion Square West<br />

FR<br />

River Liffey<br />

Merrion<br />

Square<br />

wenig anders. Die häufigen Schlagzeilen über<br />

zumeist jugendliche Verkehrsopfer haben den Charakter<br />

eines Fortsetzungsromans.<br />

Trotzdem empfiehlt es sich <strong>nicht</strong>, an einer roten<br />

Fußgängerampel auf Grün zu warten. Man verliert<br />

dabei zu viel Zeit. Die Ampel an der Ecke Westmoreland<br />

Street/Aston Quay zum Beispiel hat eine Digital-Uhr,<br />

auf die die Stadtverwaltung besonders stolz<br />

ist. Ein zweistelliges Display zählt die Sekunden, bis<br />

es grün wird, und weil es nur zweistellig ist, beginnt<br />

es bei 99 Sekunden. Das ist zu wenig, also zeigt das<br />

Display meistens gar <strong>nicht</strong>s an. Wer will, kann zwei<br />

oder drei Minuten warten, bis die Ampel beginnt, bei<br />

99 loszuzählen, weil dann weiß er, dass es nur mehr<br />

eineinhalb Minuten dauert. Wer das <strong>nicht</strong> will, wird<br />

in diesem Moment schon am Parnell Square sein,<br />

oder in der Nassau Street, oder irgendwo beim ersten<br />

Guinness. Die Dubliner selbst gönnen sich die Ampel-<br />

Uhr-Show kaum. Sie haben Wichtigeres zu tun und<br />

huschen zwischen den Autos durch, als hätten sie’s<br />

im Fernen Osten gelernt.<br />

Aber weg vom Gewusel. Zwischen Verkehrshölle<br />

und kleinstädtischem Winkelwerk sind’s in Dublin<br />

nur ein paar Meter. Rund um den Vergnügungsbezirk<br />

Temple Bar zum Beispiel, ist tagsüber das Reich<br />

der schrägen Modegeschäfte, der Läden mit Che<br />

Guevara-Postern und der Kunsthandlungen. Außerhalb<br />

der Geschäftszeiten findet man hier das Nachtleben,<br />

Abteilung „loud and crowded“. In einer kleinen<br />

Galerie in der Harry Street treffen wir Tristan<br />

Delahaye. Der junge Objektkünstler sieht aus wie<br />

ein Student und veranstaltet gerade eine Vernissage.<br />

Das Ganze hat irgendwie die Anmutung einer<br />

kleinen, intimen Maturafeier inmitten von Kunstwerken,<br />

die <strong>nicht</strong> immer auf den ersten Blick als<br />

solche erkennbar sind. Auch Tristans stolze Eltern<br />

sind da. Wer vor der Galerie stehen bleibt und länger<br />

als fünf Sekunden durch die Auslagenscheiben<br />

schaut, wird von Tristan sofort auf ein Glas Wein eingeladen.<br />

Tristan erklärt sein Prinzip: immer das<br />

machen, worauf man gerade Lust hat. Wenn es ihm<br />

Freude macht, ein rot-weiß gestreiftes Verkehrsmarkierungshütchen<br />

bunt anzupinseln, dann tut er’s<br />

einfach. Das heißt dann „Traffic“ und kostet 400<br />

Euro. <strong>Und</strong> verkauft er so was <strong>auch</strong>? „Na klar“, sagt<br />

Tristan. „Sogar schon bis nach Kanada.“ Es ist in<br />

diesem Moment, als gehörte ihm die Welt, dem kleinen<br />

Objektkünstler in der Altstadt von Dublin.<br />

Tristan ist 23, und das ist in Dublin ein durchschnittliches<br />

Alter, gewissermaßen. Die Bevölkerung<br />

der Stadt ist jünger, als die jeder anderen Stadt in<br />

Westeuropa. Das zeigt sich auf der Straße ebenso wie

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