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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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278 Karl Otmar Frhr. v. Aretin<br />

er immer wieder das Zentrum angriff und seine Auflösung forderte". Hierher gehört<br />

auch der Brief Papens an von Bergen vom 26. Mai 1933, in dem er, ganz im<br />

Gegensatz zu seinen Beteuerungen gegenüber Kaas, die heftigsten Angriffe gegen<br />

das Zentrum richtete. Ihm schien es „völlig falsch zu sein, die Zentrumspartei als<br />

solche konservieren zu wollen" 100 . Nach Abschluß des Konkordats scheint Kaas über<br />

das spätere Verhalten von Papen sehr empört gewesen zu sein, was da<strong>für</strong> spricht,<br />

daß er wenigstens nach dem 20. Juli den wahren Charakter seiner Rolle erkannt<br />

hat. 1934 allerdings, als Papen sich über Professor Eibl an Kaas wandte, um die<br />

Veröffentlichung eines vatikanischen Weißbuchs über die deutschen Konkordatsbrüche<br />

zu verhindern, hat er sich zwar dazu verwenden lassen, Papen aber doch<br />

dringend gebeten, da<strong>für</strong> zu sorgen, daß das Konkordat endlich von der deutschen<br />

Regierung eingehalten würde l00a . Später haben sich Kaas und Papen übereinander,<br />

wie Sir David Maxwell Fyfe am 19. Juni 1946 im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß<br />

ausführte, sehr harter Worte bedient 101 .<br />

Bei der Beurteilung der Haltung von Kaas muß allerdings berücksichtigt werden,<br />

daß er mit seinem Wunsch, ein Konkordat abzuschließen, auch innerhalb des<br />

Zentrums nicht allein stand. Anfang April sprachen sich mehrere Zentrumsabgeordnete,<br />

darunter auch Wirth, da<strong>für</strong> aus, und bei den letzten Verhandlungen war<br />

auch der Zentrumsabgeordnete Hackelsberger zugegen 102 . Trotzdem bleibt bestehen,<br />

daß sich Kaas in den Monaten April bis Juni 1933 ohne ersichtlichen Grund<br />

praktisch wie ein Agent Papens in Rom verhalten hat. Von den Bedenken, die<br />

gerade er gegen Hitler hegen mußte, ist nichts zu spüren. Das wird noch durch<br />

eine andere Überlegung deutlich.<br />

Die schwierige Situation, in die das Zentrum ab Ende März geriet, war nicht<br />

zuletzt auch eine Folge zu geringer Kontaktnahmen zwischen Rom, dem deutschen<br />

Episkopat und dem Zentrum.<br />

Die Rede des Heiligen Vaters im Konsistorium vom 13., die Zustimmung zum<br />

Ermächtigungsgesetz vom 23. und die Erklärung der deutschen Bischöfe vom<br />

28. März sind ohne Absprache untereinander erfolgt. Mit dem Eintreffen des Prälaten<br />

Kaas in Rom war jedoch die Möglichkeit <strong>für</strong> derartige Absprachen gegeben.<br />

Daß sie trotzdem nicht erfolgt sind, daß das Zentrum von dem Gang der Verhandlungen<br />

so wenig Kenntnis erhielt, daß die Parteiführung Ende Mai nicht einmal<br />

wußte, daß die gleichzeitig tagende Fuldaer Bischofskonferenz über den Konkor-<br />

99<br />

Besonders seine Reden auf dem deutschen Gesellentag am 10. Juni 1933 in München<br />

und am 23. Juni in Berlin, wo er von der überholten liberalen (!) Form des Zentrums sprach.<br />

Vgl. R. Morsey, Zentrumspartei, S. 392, 396. Vgl. dazu auch G. Lewy, a. a. O., S. 88.<br />

100<br />

Brief veröffentlicht bei R. Morsey, Zentrumspartei, S. 390, Anm. 44.<br />

l00a Vg\. E. Weinzierl-Fischer, Österreichs Katholiken und der Nationalsozialismus, in:<br />

Wort und Wahrheit 18 (1963), S. 502.<br />

101<br />

Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof,<br />

Bd. XVI, S. 446f.<br />

102 Vgl. R. Morsey, Zentrumspartei, S. 397. Soviel ich sehe, ist diese Reise Hackelsbergers,<br />

der ja dann auch bei den Auflösungsverhandlungen des Zentrums eine Rolle spielte, noch<br />

nicht genügend aufgeklärt.

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