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Besprechung der Bilder im Einzelnen (Achtung: sehr umfangreich

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Bild 1:<br />

Das Leben des Galilei – Bert Brecht<br />

In seiner ärmlichen Studierstube erteilt Galilei, 46 Jahre alt, während er geräuschvoll seine Morgentoilette<br />

vollführt, dem jungen, wissbegierigen Andrea Sarti eine Lehrstunde in Astronomie. Zunächst erklärt er ihm<br />

das Ptolemäische Modell mit <strong>der</strong> Erde <strong>im</strong> Zentrum und den acht Kristallschalen. Der Zuschauer erhält auf<br />

diese Weise sowohl eine Lehrstunde in Astronomie-Geschichte als auch einen Einblick in die<br />

wissenschaftliche Arbeitsweise Galileis: Erst die "Beschreibung", dann folgt - wenn auch aus kindlichem<br />

Munde - die Bewertung: "Das ist schön. Aber wir sind so eingekapselt." Diese scheinbar einfache<br />

Beobachtung trifft ins Zentrum des alten Weltbildes: Dieses folgt ästhetischen Gesichtspunkten, nämlich<br />

denen <strong>der</strong> vollendeten Form.<br />

Galilei st<strong>im</strong>mt Andreas Urteil zu und n<strong>im</strong>mt diese zum Anlass den Anbruch <strong>der</strong> neuen Zeit zu verkünden,<br />

auf welche die Menschen "seit hun<strong>der</strong>t Jahren" warten. Sie wird die Menschen aus <strong>der</strong> Enge dieses<br />

Weltbildes befreien, dann wird bezweifelt werden, "was nie bezweifelt wurde", die Gestirne werden<br />

losgebunden von ihren Kristallschalen "<strong>im</strong> Freien schweben" und je<strong>der</strong> Mensch wird sich selbst "als<br />

Mittelpunkt" in einem geräumigen Universum sehen können.<br />

Die Lehrstunde wird fortgesetzt und Galilei bringt Andrea <strong>sehr</strong> anschaulich - gleichsam am eigenen Leibe -<br />

bei, dass die Erde sich um die stillstehende Sonne dreht. Andrea begreift Galileis Demonstration spontan<br />

und intuitiv, weil er keiner Denk-Tradition verpflichtet ist, son<strong>der</strong>n nur seinem Lehrer Galilei und seinem<br />

eigenen gesunden Menschenverstand.<br />

Jedoch, Galileis Finanzen sind schlecht, seine geistigen und leiblichen Bedürfnisse übersteigen seine<br />

Einkünfte, <strong>der</strong> Milchmann kann nicht bezahlt werden. Zur Verbesserung seiner materiellen Lage sieht<br />

Galilei sich daher gezwungen, reiche, aber unbegabte Schüler anzunehmen, wie z.B. den jetzt<br />

erscheinenden jungen Adligen Ludivico, <strong>der</strong> sich - auf Geheiß seiner Mutter - etwas mit Mathematik<br />

beschäftigen will, schließlich gehört dies neuerdings zum guten Ton in den besseren Kreisen. Ludovico -<br />

ein schon in jungen Jahren weitgereister Mann - berichtet Galilei von einer neuen Erfindung aus Holland:<br />

Einem "komischen Rohr" in einer Hülse mit zwei Linsen, welches alles größer erscheinen lasse. Galilei,<br />

sofort <strong>sehr</strong> aufmerksam, lässt sich die Konstruktion beschreiben.<br />

Da erscheint Kurator Priuli, <strong>der</strong> Vermögensverwalter <strong>der</strong> Universität Padua. Galilei pumpt ihn sofort und<br />

ungeniert um Geld an, womit er dann Andrea zum Brillenmacher schickt um Linsen zu besorgen. Der<br />

Kurator teilt Galilei mit, dass die Universität ihm die gewünschte Gehaltserhöhung von 500 Skudi<br />

(jährlich) nicht genehmigt habe: "Mathematik ist eine brotlose Kunst ... nicht so nötig wie die Philosophie,<br />

noch so nützlich wie die Theologie", Galilei hingegen will seine ganze Zeit nicht nur mit unterrichten<br />

verbringen, er braucht Muße zum Forschen, denn: "Ich bin dumm. Ich verstehe rein gar nichts." Dem setzt<br />

<strong>der</strong> Kurator entgegen, dass die Universität Padua zwar schlecht bezahle, dafür aber unter keiner kirchlichen<br />

Aufsicht stehe, so wie an manchen an<strong>der</strong>en Universitäten Italiens, wo "je<strong>der</strong> beliebige, ungebildete Mönch<br />

<strong>der</strong> Inquisition Ihre Gedanken einfach verbieten kann." Die Universität Padua hingegen schätzt ihren<br />

Mathematiker und lässt ihn frei arbeiten. Und wenn dabei auch noch eine Erfindung herauskommt, die<br />

nützliche ist und sich gut verkaufen lässt, so wird sich das auch für ihn auszahlen. Galilei: "Ich verstehe:<br />

freier Handel, freie Forschung. Freier Handel mit <strong>der</strong> Forschung, wie?" Er stellt eine solche Erfindung in<br />

Aussicht, was den Kurator zufrieden von dannen eilen lässt.<br />

Andrea kehrt mit den gefor<strong>der</strong>ten Linsen zurück und während Galilei an <strong>der</strong> Konstruktion eines Fernrohres<br />

arbeitet, mahnt er seinen jungen Schüler zu Vorsicht und Verschwiegenheit, denn bislang sei alles nur eine<br />

unbewiesene "Hypothese", die "Fakten" fehlten noch.<br />

In diesem ersten Bild, das gleichsam als Exposition dient und Ort, Zeit, handelnde Personen und das<br />

weitere Konfliktpotential festlegt, erfahren wir über Galilei, dass er sich wenig Gedanken über banale<br />

Dinge, wie die Bezahlung des Milchmannes machen möchte, dass er ein Genussmensch ist und natürlich<br />

aus voller Überzeugung Wissenschaftler. Dabei geht es ihm jedoch um das große Ganze, nicht um den<br />

einzelnen Menschen. Dass Andrea Sarti seinen Rock für die Linsen opfert, ist ihm zwar eine Bemerkung<br />

wert, mehr gibt es dazu aber nicht zu sagen. Wenn er jedoch über die Verän<strong>der</strong>ungen seiner Epoche<br />

spricht, auf den Aufbruch in ein neues Zeitalter verweist, kann er gar nicht genug Worte finden.<br />

Ein wichtiges Zitat aus diesem ersten Bild: „Glotzen ist nicht sehen… Schau genau hin.“


VENEDIG: freie Handelsstadt (Bürgerschaft), freie Wissenschaft, Wissenschaft muss <strong>der</strong> Beför<strong>der</strong>ung<br />

von Handel und Handwerk dienen; Wissenschaft als Geschäft => Wissenschaft ist frei, aber materielle<br />

Abhängigkeit des Forschers besteht<br />

FLORENZ: Feudalstaat (Aristokratie und Kirche), Abhängigkeit von <strong>der</strong> Kirche, Wissenschaft zum<br />

Ruhme <strong>der</strong> höfischen Macht, Wissenschaft als Prestige-Objekt, Wissenschaft ist herrschenden Ideologien<br />

unterworfen, aber materielle Großzügigkeit<br />

Bild 2:<br />

Galileo überreicht <strong>der</strong> Republik „seine“ neue Erfindung: das Fernrohr. Seinem Freund Sagredo vertraut er<br />

an, es auf den Mond gerichtet zu haben. Die Entdeckung dabei: dieser leuchtet nicht von selbst. Ludovico<br />

ist mit Galileis Tochter Virginia anwesend, spricht kurz mit Galilei über das Fernrohr, lässt sich aber nicht<br />

anmerken, dass er von dessen Betrug weiß. Wie<strong>der</strong> ein Beweis mehr, dass Galilei für die Wissenschaft<br />

einiges tun würde.<br />

Bild 3:<br />

Im Studierz<strong>im</strong>mer des Galilei in Padua: Galilei und sein Freund Sagredo beobachten die Sterne durch das<br />

Fernrohr. Das Phänomen <strong>der</strong> unebenen Mondoberfläche führt zu dem Schluss, dass <strong>der</strong> Mond ein Stern ist<br />

wie die Erde auch, somit auch umgekehrt die Erde ein Stern wie <strong>der</strong> Mond. Sagredo erkennt die<br />

Problematik sofort: Der Wi<strong>der</strong>spruch zu den Lehrmeinungen <strong>der</strong> hergebrachten Astronomie. Erst vor zehn<br />

Jahren wurde "ein Mensch in Rom" deswegen verbrannt: Giordano Bruno. Davon unbeirrt aber erklärt<br />

Galilei den H<strong>im</strong>mel jetzt für abgeschafft? Sagredos Reaktion:"Das ist furchtbar."<br />

Der Kurator <strong>der</strong> Universität erscheint aufgebracht, um sich bei Galilei bitter über dessen Betrug zu<br />

beklagen. Ein Schiff aus Holland hat gerade 500 dieser Rohre ausgeladen, dies führt zu Preisverfall und <strong>der</strong><br />

Gewinn ist hin. Galilei rührt das wenig, ihn interessiert <strong>der</strong> Wert dieses Instruments "für den Handel" nicht,<br />

da doch sein Wert für die Philosophie "unermesslich" sei. Demgegenüber will <strong>der</strong> Kurator nur praktischen<br />

Nutzen gelten lassen: "Was hat Herr Galilei, <strong>der</strong> doch Mathematiker ist, mit <strong>der</strong> Philosophie zu schaffen?"<br />

Galilei stellt genauere Sternkarten in Aussicht, das könnte <strong>der</strong> Schiffahrt doch "Millionen von Skudi<br />

ersparen." Doch Priuli, moralisch zu entrüstet um darauf einzugehen, verlässt gekränkt das Haus.<br />

Ungerührt davon konfrontiert Galilei Sagredo mit <strong>der</strong> nächsten Beobachtung: den Jupitermonden. Gestern<br />

waren es noch vier, heute sind es nur drei, was bedeutet dies? Sie rechnen die ganze Nacht und kommen zu<br />

dem Ergebnis: Die Monde kreisen um den Jupiter, wie die Erde um den Mond, es kann also keine<br />

Kristallschalen als Stützen für die Sterne geben. Kopernikus hat recht! Wo aber, fragt Sagredo, ist dann<br />

Gott? Galilei: "In uns o<strong>der</strong> nirgends!" Sagredo mahnt: Genau dafür sei <strong>im</strong> Jahre 1600 ein gewisser<br />

Giordano Bruno verbrannt worden, doch Galilei ist sich seiner Sache sicher: Bruno hat seine Thesen nur<br />

behauptet, er, Galilei kann sie aber beweisen. Er vertraut darauf, dass die "sanfte Gewalt <strong>der</strong> Vernunft" die<br />

Menschen zur Anerkennung <strong>der</strong> neuen Wahrheit bringen wird. Früher o<strong>der</strong> später muss <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong><br />

Macht <strong>der</strong> Beweise erliegen, denn Denken ist eines seiner größtes Vergnügungen.<br />

Auf <strong>der</strong> Suche nach mehr Geld und Anerkennung plant Galilei, an den Hof von Florenz zu gehen. Seine<br />

Tochter Virginia ist darüber <strong>sehr</strong> erfreut, doch Sagredo warnt: Dort herrschen die Mönche. Galilei zeigt<br />

Sagredo den Brief, den er an den erst neunjährigen Großherzog von Florenz verfasst hat: Es ist in einem<br />

<strong>sehr</strong> unterwürfigen Ton gehalten, Galilei rechtfertigt diese Unterwürfigkeit mit Hinweis auf seine<br />

materiellen Bedürfnisse. Er will an die Fleischtöpfe! Der große Galilei, dem die Vernunft so ein Anliegen<br />

ist, wird zum unterwürfigen Briefschreiber, um sich sein leibliches Wohl zu sichern – und um sich in große<br />

Gefahr zu bringen, was ihm hätte bewusst sein müssen.<br />

Seine Tochter Virginia behandelt Galilei mit wenig Respekt. Während er danach drängt, Andrea Sarti<br />

mitten in <strong>der</strong> Nacht zu wecken um ihm die neuesten Erkenntnisse mitzuteilen, schickt er seine Tochter in<br />

die Messe.<br />

Bild 4:<br />

Im Haus des Galilei in Florenz bereitet Frau Sarti alles für den Empfang des Großherzogs von Florenz,<br />

Cosmo, vor, <strong>der</strong> durch das Fernrohr schauen soll, um die ihm gewidmeten Mediceischen Gestirne zu sehen.<br />

Der Großherzog kommt mit dem Großmarschall und zwei Hofdamen, allerdings ohne seinen Erzieher, <strong>der</strong>


erkältet sein soll. Kurze Andeutungen <strong>im</strong> Verlaufe <strong>der</strong> Szene legen den Schluss nahe, dass dessen<br />

Erkrankung etwas mit den Gerüchten von einem möglichen Pestausbruch in Florenz zu tun haben könnte.<br />

Der Großherzog geht zunächst allein in Galileis Arbeitsz<strong>im</strong>mer hoch, wo Andrea das Z<strong>im</strong>mer aufräumt.<br />

Andrea behandelt den Gast <strong>sehr</strong> herablassend, offensichtlich hat er von seinem Meister Galilei auch dessen<br />

intellektuelle Überheblichkeit übernommen. („Stolpern herum, gaffen und verstehen nicht die Bohne.“)<br />

Als Cosmo das Holzmodell des Ptolemäischen Weltsystems auf den Schoß n<strong>im</strong>mt, kann es Andrea nicht<br />

lassen, auch noch das an<strong>der</strong>e, kopernikanische, hinter Karten hervorzukramen und zu zeigen. Cosmo<br />

möchte das Ptolemäische Modell nicht mehr hergeben, darüber kommt es zu Rangelei, wobei das alte<br />

Modell zu Bruch geht.<br />

In <strong>der</strong> Zwischenzeit ist Galilei mit Gelehrten <strong>der</strong> Universität Florenz eingetroffen, man geht ins<br />

Arbeitsz<strong>im</strong>mer, wo das Rohr steht, und Galilei versucht seinen Gästen die Ungere<strong>im</strong>theiten des<br />

ptolemäischen Weltbildes zu verdeutlichen und weist demgegenüber auf seine Entdeckung <strong>der</strong><br />

Jupitermonde hin, welche nun besichtigt werden sollen. Die Herren aber weigern sich durch das Fernrohr<br />

zu schauen und zwingen Galilei stattdessen einen Disput über die Unmöglichkeit und Unnötigkeit <strong>der</strong><br />

Existenz dessen auf, was das Rohr zeigt. Begründung: Das vom "göttlichen Aristoteles" entworfene<br />

Weltbild sei von solch vollkommener "Ordnung und Schönheit", dass ein an<strong>der</strong>es Modell dem nicht<br />

nachkommen könne. Diesem philosophischen Argument versucht Galilei die Überzeugungskraft des<br />

Augenfälligen gegenüberzustellen und for<strong>der</strong>t erneut zu einem Blick durch das Fernrohr auf. Die Gelehrten<br />

aber wollen "Gründe" erfahren, die Galilei zu <strong>der</strong> Annahme bewegen, dass Sterne <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel sich frei<br />

bewegen sollen. Statt Begründungen zu geben, weist Galilei auf die Existenz des Phänomens Jupitermonde<br />

hin, <strong>der</strong>en Existenz von den Gelehrten für unmöglich erachtet wird. Selbst wenn das Fernrohr diese zeige,<br />

so könne das kein Beweis für <strong>der</strong>en Wirklichkeit sein. Andrea wendet sich ab und sagt: "Sie sind dumm."<br />

Galileis letzter, demütiger Versuch, die Gelehrten zu einem Blick durch das Rohr zu bewegen, kann<br />

folglich nichts bewirken, führt aber auf eine neue Konfrontations-Ebene: Die <strong>der</strong> Autorität! Was wäre, so<br />

fragen sich die Philosophen völlig korrekt, wenn die Autorität des Aristoteles in Frage gestellt wird?<br />

Galilei gibt die Antwort: Die Wissenschaft stünde vor dem Nichts und müsse in allem von vorne anfangen.<br />

Was aber für die Vertreter <strong>der</strong> herrschenden Weltbildes ein indiskutabler Gedanke ist ("so scheint ... mir<br />

eine Fortsetzung überflüssig") dies ist für Galilei eine unwi<strong>der</strong>stehliche Herausfor<strong>der</strong>ung, ein "Glück".<br />

Während es den Gelehrten um die Folgen dieser neuen Gedanken geht, nämlich die Gefahr von<br />

"celestialer" Unordnung und Disharmonie, so behauptet Galilei zunächst kategorisch: "... als<br />

Wissenschaftler haben wir uns nicht zu fragen, wohin die Wahrheit uns führen mag.". Im nachfolgenden<br />

Gedankengang geht es jedoch genau um diese Folgen. Denn sobald <strong>der</strong> "Mann auf <strong>der</strong> Straße" seine Augen<br />

aufmache und <strong>der</strong> neuen Fakten gewahr werde, so entstehe die Gefahr, dass nicht nur die Autorität des<br />

Aristoteles in Frage gestellt würde, son<strong>der</strong>n nach und nach <strong>im</strong>mer weitere Zweifel an bisher "für<br />

unerschütterlich angesehene(n) Lehren" aufkommen könnten. Implizite und unausgesprochene Folgerung:<br />

Es ist folglich <strong>im</strong> Interesse <strong>der</strong> Herrschenden selbst, Ungere<strong>im</strong>theiten aus dem Weg zu räumen und an<br />

"erschütterten Lehren" nicht weiter festzuhalten. Und schließlich muss die neue Wissenschaft den Mut und<br />

die "hohe Neugierde" aufbringen, sich in unbekannte, bisher ungedachte Gebiete vorzuwagen, so wie es die<br />

venezianischen Seeleute seit hun<strong>der</strong>t Jahren getan haben.<br />

Die Auseinan<strong>der</strong>setzung wird abgebrochen, <strong>der</strong> Hofmarschall drängt zum Aufbruch. Galilei wird allerdings<br />

in Aussicht gestellt, dass man noch die Meinung des päpstlichen Hauptastronomen, Pater Christopher<br />

Clavius, einholen werde.<br />

Bild 5:<br />

a) Galileis Studierz<strong>im</strong>mer in Florenz: In <strong>der</strong> Stadt wütet die Pest. Virginia überbringt Galilei und Frau<br />

Sarti die neuesten Nachrichten, man packt hastig zusammen, ein Lakai kündigt an, dass in zwei Minuten<br />

eine Kutsche des Großherzogs Galilei abholen werde. Galilei packt umständlich Fernrohr und Bücher ein,<br />

<strong>der</strong> Kutscher will nicht länger warten, er fährt mit "den Kin<strong>der</strong>n" ab, Galilei und Frau Sarti bleiben zurück,<br />

Galilei will seine Arbeit nicht <strong>im</strong> Stich lassen. Galilei: "Ich ... muss Beweise für gewisse Behauptungen<br />

sammeln." Frau Sarti: "... vernünftig ist es nicht."<br />

b) Vor Galileis Haus in Florenz: Galilei, da seine Haushälterin weg ist, macht sich auf die Suche nach<br />

einem Milchmann. Er erfährt, dass Frau Sarti am Vortage auf <strong>der</strong> Straße zusammengebrochen sei. Soldaten<br />

schieben Galilei, <strong>der</strong> nun unter Pestverdacht steht, in sein Haus zurück. Da erscheint <strong>der</strong> verheulte Andrea,<br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Kutsche abgesprungen ist und drei Tage lang zurückgelaufen ist. Zu seiner Mutter bei den


Ursulinerinnen hat man ihn auch nicht mehr gelassen. Galilei, wohl wissend, dass er am Sterben von<br />

Andreas Mutter mitschuldig ist, denkt eigentlich nur an seine "Beweise", mit denen er Andrea auch sofort<br />

belästigt. Mehr noch, er schickt ihn noch einmal aus dem Haus, um aus <strong>der</strong> Schule eine Buch mit den<br />

Umlaufzeiten des Merkurs zu beschaffen. Andrea - trotz allem - läuft los.<br />

Einmal mehr präsentiert sich Galilei hier als <strong>der</strong> Genießer, dessen Sorge nicht nur den Beweisen son<strong>der</strong>n<br />

auch <strong>der</strong> Milch gilt. Als Forscher ist er von unstillbarem Erkenntnisdrang, <strong>der</strong> bis zur Rücksichtslosigkeit<br />

und eigentlich auch völligen Weltfremdheit (siehe Verhalten während <strong>der</strong> Pestempidemie) geprägt ist,<br />

gepackt, die Wahrheit stets <strong>im</strong> Auge behaltend – doch <strong>der</strong> Genussmensch Galilei kann leicht zum<br />

Opportunisten werden in seiner Abhängigkeit von leiblichen Genüssen. (Bild 9: „Sie werden für <strong>im</strong>mer <strong>der</strong><br />

Sklave ihrer Leidenschaften sein“ – Ludovico zu Galilei)<br />

Bild 6:<br />

Im Forschungsinstitut des Vatikans werden die Entdeckungen Galileis 1616 bestätigt. Während man auf<br />

das endgültige Urteil wartet, wird über Galilei gespottet. Astronomen und Mönche empören sich darüber,<br />

dass Christopher Clavius, <strong>der</strong> Astronom <strong>der</strong> Kirche, es in Erwägung zieht, Galilei könne Recht haben.<br />

Clavius gelangt zur Erkenntnis, dass Galileis Theorie st<strong>im</strong>mt. Be<strong>im</strong> Verlassen des Forschungsinstitutes<br />

sind Galilei zum ersten Mal den Kardinal Inquisitor, <strong>der</strong> druch das Fernrohr sehen möchte.<br />

Wichtige Stelle: „Nicht ich, die Vernunft hat gesiegt““<br />

Bild 7:<br />

Am Ball <strong>im</strong> Hause des Kardinals Bellarminin in Rom. Im Gespräch mit Bellarmin und Barbarini erfährt<br />

Galilei, dass man die Lehre des Kopernikus auf den Index gesetzt hat. Sprich, als verbotene Lektüre<br />

eingestuft hat. Außerdem sagt man Galilei, dass ihm ab sofort verboten wird, sich weiterhin mit dieser<br />

Lehre zu beschäftigen. Virginia verlobt sich mit Ludovico und führt eine Unterhaltung mit dem Kardinal<br />

Inquisitor, <strong>der</strong> sie nach dem Namen ihres Beichtvaters fragt.<br />

Bild 8:<br />

Im Palast des Florentinischen Gesandten in Rom. Der "kleine Mönch" aus <strong>der</strong> päpstlichen<br />

Untersuchungskommission versucht Galilei zu erklären, warum er - obwohl selbst Astronom und<br />

Mathematiker - das päpstliche Dekret gegen die "gewisse Lehre" für weise hält.<br />

Er geht von seiner persönlichen Herkunft als Sohn von Bauern in <strong>der</strong> Campagna aus. Deren Leben ist<br />

schwer, sie leben ärmlich und arbeiten doch ihr Leben lang äußerst hart. Ihr Unglück zu ertragen ist ihnen<br />

nur möglich durch das Wissen um eine höhere Ordnung, sei es die des Naturkreislaufes von Säen und<br />

Ernten, von Zeugen und Gebären, o<strong>der</strong> die universelle Ordnung, innerhalb <strong>der</strong>er ihnen eine Rolle<br />

zugewiesen wurde, in <strong>der</strong> sie sich zu bewähren haben. Was wäre, wenn dieses tröstende, stärkende<br />

Bewusstsein einer höheren Ordnung wegfiele? Wenn die Heilige Schrift dieses Elend nicht mehr erklären<br />

und "als notwendig begründen" könnte? Die Menschen wären ohne Lebenssinn! Galilei st<strong>im</strong>mt dieser<br />

Zuspitzung <strong>der</strong> Problemstellung zu: "Sie haben recht, es handelt sich nicht um die Planeten, son<strong>der</strong>n um<br />

die Campagnabauern." Warum aber (diese Warum-Frage wird dre<strong>im</strong>al gestellt) müssen diese Bauern das<br />

Elend aushalten, warum brauchen sie diese überlebenssichernden Durchhalte-"Tugenden"? Damit "<strong>der</strong><br />

Stuhl Petri <strong>im</strong> Mittelpunkt <strong>der</strong> Erde stehen kann!" Tugenden, die aus <strong>der</strong> Not geboren sind, sind<br />

abzulehnen, wenn es die Möglichkeiten gibt, diese Not zu beseitigen. Und die neue Wissenschaft kann das.<br />

Hier appelliert Galilei an den Physiker <strong>im</strong> kleinen Mönch, an dessen Vollständigkeits-Bedürfnis und<br />

Neugierde: Die ganze Wahrheit muss studiert werden, nicht nur die Bewegungsgesetze von<br />

arbeitserleichternden Wasserpumpen, son<strong>der</strong>n auch Bewegungsgesetze <strong>der</strong> Gestirne. Das for<strong>der</strong>t schon <strong>der</strong><br />

"Schönheitssinn" des Physikers. Und schließlich: Weil die jeweils herrschende Wahrheit die Wahrheit <strong>der</strong><br />

Herrschenden ist, so stellt sich hier auch zwangsläufig die Machtfrage: "Es setzt sich nur soviel Wahrheit<br />

durch, als wir durchsetzen. (...) Zum Teufel. ich sehe die göttliche Geduld ihrer Leute, aber wo ist <strong>der</strong><br />

göttliche Zorn?"<br />

An dieser Stelle endet <strong>der</strong> Disput und Galilei wirft dem Mönch seine Abhandlung über die Gezeiten hin<br />

mit <strong>der</strong> paradoxen Auffor<strong>der</strong>ung, diese nicht zu lesen. Der Kö<strong>der</strong> wirkt, die Neugier des Physikers ist<br />

geweckt, <strong>der</strong> Mönch vertieft sich augenblicklich in die Lektüre. Galilei beobachtet und kommentiert dies


mit Worten, die auch für ihn selber gelten: "Ein Apfel vom Baum <strong>der</strong> Erkenntnis! Er stopft ihn schon<br />

hinein. Er ist verdammt, aber er muss ... "<br />

Bild 9:<br />

Galileis Schüler Fe<strong>der</strong>zoni, Fulganzio sowie Andrea Sarti haben sich <strong>im</strong> Florentiner Galilei-Haus zu einer<br />

exper<strong>im</strong>entellen Vorlesung über die aristotelische Lehre <strong>der</strong> schw<strong>im</strong>menden Körper versammelt.<br />

Mittlerweile wahrt <strong>der</strong> Wissenschaftler schon 8 Jahre stillschweigen über seine astronomischen Kenntnisse.<br />

Die Entschuldigung des Gelehrten Mucius für die Verdammung <strong>der</strong> kopernikanischen Lehre in seinem<br />

Buch, weist Galilei zurück und besch<strong>im</strong>pft ihn als Verbrecher.<br />

Insgehe<strong>im</strong> ist Galilei seinem Interesse an <strong>der</strong> Astronomie treu geblieben. Ludovico berichtet, dass <strong>der</strong> Papst<br />

<strong>im</strong> Sterben liegt und <strong>der</strong> Mathematiker Barberini dessen Nachfolge antrete, was Galilei wie<strong>der</strong>um erneut<br />

Hoffnung auf die Freiheit <strong>der</strong> Forschung schöpfen lässt.<br />

Frau Sarti dagegen stellt sich auf Virginias Seite und setzt sich für <strong>der</strong>er persönliches Glück ein, wirft<br />

Galilei egoistisches Verhalten vor, da Sie befürchtet dass <strong>der</strong> adlige Ludovico die Tochter eines Gelehrten<br />

<strong>der</strong> sich gegen die Obrigkeit stellt, nicht heiraten wird.<br />

Bild 10:<br />

In vielen Darbietungen <strong>der</strong> Fastnachtsumzüge des Jahres 1632, werden Galileis neue Ideen aufgegriffen.<br />

So verweist ein Balladensänger auf die sozialen Folgen <strong>der</strong> Galilei’schen Lehre, die durch Korrektur <strong>der</strong><br />

weit verbreiteten Annahme, dass sich die Sonne um die Erde drehe, nun auch die gesellschaftlichen<br />

Hierarchien infrage stellt. Die Menge wird durch den vielfach wie<strong>der</strong>holten Vers „Wer wär nicht auch mal<br />

gern sein eigner Herr und Meister?“ geradezu aufgepeitscht.<br />

Bild 11:<br />

Um dem Großherzog sein neues Buch, die Dialoge über die beiden größten Weltsysteme zu kommen zu<br />

lassen, begibt sich Galilei mit Virginia nach Florenz in den Palast <strong>der</strong> Medici. Noch bevor Galilei sein<br />

Werk übergeben kann, trifft er den Eisengießer Vanni, welcher ihm <strong>im</strong> Vertrauen mitteilt, dass man ihm<br />

für gegen die Bibel verfasste Pamphlete zur Rechenschaft ziehen wird. Gleichzeitig sichert er <strong>im</strong> Namen<br />

<strong>der</strong> Manufaktur und <strong>der</strong> oberitalienischen Städten seine Unterstützung zu und bietet eine Fluchtmöglichkeit<br />

an, die Galilei jedoch ablehnt. Galilei distanziert sich von je<strong>der</strong> politischen Parteinahme und ist empört<br />

darüber für die gesellschaftlichen Folgen seiner Forschung verantwortlich gemacht zu werden. Als <strong>der</strong><br />

Großherzog die Annahme des Buches verweigert, weiß Galilei, dass die Zeit <strong>der</strong> Flucht gekommen ist.<br />

Seine vorab getätigten Vorbereitungen nutzen allerdings nichts mehr – <strong>der</strong> florentinische Hof entzieht<br />

Galilei den Schutz und liefert ihn zum Verhör an die Heilige Inquisition in Rom aus.<br />

Bild 12:<br />

Im Gemach des Vatikans hat Papst Urban VIII. (vormals Kardinal Barberini) den Inquisitor empfangen.<br />

Urban wird gerade in sein päpstliches Präsentations-Gewand gekleidet, vor <strong>der</strong> Türe hasten Kirchenmänner<br />

aller Ränge und Orden geschäftig durch die Gänge, eine Versammlung höchster kirchlicher Würdenträger<br />

steht bevor. Den Papst stören die von außen eindringenden Geräusche zunehmend, gleichzeitig redet <strong>der</strong><br />

Inquisitor <strong>im</strong>mer eindringlicher auf ihn ein, so dass Urban gleichsam von zwei Seiten in die Enge getrieben<br />

wird: Von <strong>der</strong> Argumentation des Inquisitors und dem Erwartungsdruck <strong>der</strong> sich versammelnden<br />

Kirchenvertreter. In Verlaufe dieser Szene verwandelt sich <strong>der</strong> Papst vom wissenschaftlich<br />

differenzierenden Individuum zum Vertreter <strong>der</strong> kirchlichen Macht. Seine persönlichen Überzeugungen<br />

treten hinter das politische Kalkül zurück. Der Prozess <strong>der</strong> Einkleidung begleitet diesen Vorgang<br />

symbolisch: Die Einkleidung ist zugleich auch eine Verkleidung, eine Maskierung des Menschen<br />

Barberini.<br />

Der Inquisitor verlangt sofortiges und deutliches Einschreiten gegen Galilei und seinesgleichen:<br />

• Von diesen Leuten“ werde <strong>der</strong> "Geist <strong>der</strong> Auflehnung" gesät; unter dem Vorwand wissenschaftlicher<br />

Objektivität schleiche sich Zweifel an allem in alle Lebensbereiche ein.<br />

• Gerade jetzt, in einer schwierigen politischen Lage, angesichts außenpolitischer Wirren und blutiger<br />

Glaubenskriege in Deutschland müsse <strong>der</strong> Papst diese "Würmer von Mathematikern" in die Schranken<br />

weisen.


• Das verlange vor allem gegen das "böse Beispiel dieses Florentiners" vorzugehen, denn dieser<br />

"Wahnsinnige" erkläre die Vernunft für die "einzige Instanz". Was aber wäre, wenn <strong>der</strong> Mensch,<br />

"schwach <strong>im</strong> Fleisch und zu jedem Exzesse geneigt", mehr auf Maschinen bauend als auf Gott<br />

vertrauend, nicht mehr das Oben und das Unten akzeptiere?<br />

• Und schließlich: In seinem neuen Buch habe Galilei sich nicht an die 1616 getroffenen Vereinbarungen<br />

gehalten, indem er den Standpunkt <strong>der</strong> Kirche zwar zu Wort kommen ließe, jedoch aus dem Munde<br />

eines nicht ernst zu nehmenden "dummen Menschen".<br />

Die Argumentation des Inquisitors zielt direkt auf die Person Galileis. Während Papst Urban in Galilei den<br />

genialen Wissenschaftler sieht und diesem die Rechte und Privilegien zugesteht, die ein hervorragen<strong>der</strong><br />

Geist benötigt, so lässt <strong>der</strong> Inquisitor sich auf diese Argumentationsebene erst gar nicht ein, son<strong>der</strong>n stellt<br />

Galilei als moralisch gefährliches Individuum, als berechnenden Aufrührer und "schlechten Menschen"<br />

dar, <strong>der</strong> "weiß, was er tut" .<br />

Dem Zweifel an Galileis menschlicher Redlichkeit kann Urban in <strong>der</strong> Tat nicht viel entgegensetzen, hat<br />

doch Galilei mit <strong>der</strong> Figur des S<strong>im</strong>plicio in dem "Dialog" wirklich die geistlichen Autoritäten <strong>der</strong><br />

Lächerlichkeit preisgegeben. Urban versucht zwar die vorgetragenen Anwürfe als eine Charakterschwäche<br />

zu verharmlosen: "Das zeugt von schlechtem Geschmack" , muss aber letztlich anerkennen, dass Galilei<br />

ihn hintergangen und sich somit - aus seiner Sicht - des Ungehorsams schuldig gemacht hat. Galilei hat<br />

sich als Mensch, als Ehrenmann, fragwürdig gemacht und steht folglich nicht mehr als "Licht Italiens"<br />

unter seinem Schutz. Papst Urban VIII. - nun in vollem Papst-Gewand - gibt seinen Wi<strong>der</strong>stand auf: Man<br />

zeige Galilei die Folterinstrumente, was bei diesem "Mann des Fleisches" schon genügen werde.<br />

Bild 13:<br />

Galilei wi<strong>der</strong>ruft vor <strong>der</strong> Inquisition am 22. Juni 1633 seine Lehre von <strong>der</strong> Bewegung <strong>der</strong> Erde. Im Palast<br />

des florentinischen Gesandten warten Galileis Gefährten, Andrea, Fulganzio, Fe<strong>der</strong>zoni, sowie seine<br />

Tochter auf den Ausgang des Verfahrens. Virginia betet <strong>im</strong> Hintergrund, dass Galilei wi<strong>der</strong>rufen möge.<br />

Seine Schüler aber erwarten, dass Galilei nicht wi<strong>der</strong>ruft. Je länger das Läuten <strong>der</strong> Glocken, das Zeichen<br />

für Galileis Wi<strong>der</strong>ruf, ausbleibt, desto sicherer sind sie sich.<br />

Doch dann läuten die Glocken und eine St<strong>im</strong>me verkündet Galileis Wi<strong>der</strong>ruf; Virginia atmet auf, die<br />

Männer aber sind zutiefst enttäuscht und erschüttert. Insbeson<strong>der</strong>e für Andrea scheint eine Welt<br />

zusammenzubrechen, er reagiert ganz körperlich durch Übelkeit.<br />

Andrea: "Unglücklich das Land, das keine Helden hat."<br />

Galilei: "Unglücklich das Land, das Helden nötig hat."<br />

Bild 14:<br />

In einem Landhaus nahe Florenz wird <strong>der</strong> halbblinde Galilei von <strong>der</strong> jetzt 40jährigen Virginia versorgt und<br />

von einem Mönch bewacht. Ganz auf sich gestellt exper<strong>im</strong>entiert er mit Holzkugeln über die Bewegung<br />

von Körpern. Zwei Gänse von ungenannten Gönnern werden ihm überbracht. Er scheint Mühe zu haben<br />

die ihm hingehaltenen Gänse zu sehen, dann aber gibt er seiner Tochter genaue Anweisungen für <strong>der</strong>en<br />

sofortige schmackhafte Zubereitung; sein Hunger ist <strong>im</strong>mer noch groß.<br />

Er diktiert seiner Tochter einen jener wöchentlichen Briefe an den Erzbischof, in denen er durch<br />

Stellungnahmen zu Fragen <strong>der</strong> Zeit seine uneingeschränkte Kirchentreue bekundet. Virginia, ganz in ihrer<br />

Rolle als treusorgende Tochter und fromme Hüterin ihres Vaters aufgehend, hält das demonstrative<br />

Einverständnis Galileis mit den Positionen <strong>der</strong> Kirche für Beweise seiner Loyalität.<br />

Da erscheint Andrea Sarti, jetzt ein Mann in den mittleren Jahren, <strong>im</strong> Haus und wird von Virginia nur<br />

ungern zu Galilei gelassen. Im nun folgenden Gespräch dem Virginia gegen den Willen des Vaters<br />

beiwohnt, drückt Galilei mehrfach seine Zufriedenheit darüber aus, sich nunmehr in kirchlicher Obhut zu<br />

befinden und stellt sich so dem Gast als ein mit <strong>der</strong> Obrigkeit ganz und gar versöhnter Mensch dar. Dies<br />

drückt sich auch in <strong>der</strong> Art und Weise aus, wie er über seine eigenen früheren Ansichten spricht:<br />

“verurteilte Lehren, “die Bahn des Irrtums, “meine seelische Wie<strong>der</strong>genesung, wodurch er auch in <strong>der</strong><br />

Wortwahl sich die Position seiner ehemaligen Gegner zu eigen macht. Andrea Sarti, <strong>der</strong> als Physiker über<br />

Hydraulik arbeitet, reagiert von Anfang äußerst an vorsichtig und kühl: Seinen Besuch stellt er als<br />

Auftragerfüllung dar, nicht als persönlichen Wunsch. Das Gespräch gleicht einem Sich-Belauern und ist<br />

von eisiger Kälte und Vorsicht geprägt; bis Galilei seine Tochter in die Küche zu den Gänsen schickt.


Nun, unter vier Augen, eröffnet Galilei seinem ehemaligen Schüler, dass er he<strong>im</strong>lich und nächtens eine<br />

Abschrift seiner Studien über die Bewegung, die "Discorsi", hergestellt habe, eine Schrift, auf die, nach<br />

Andreas Worten, die Fachwelt Europas schon lange warte. Andrea holt das Manuskript aus dem Globus,<br />

liest ein paar Zeilen und bricht in Begeisterung aus: "Dies än<strong>der</strong>t alles. Alles." Andrea sieht plötzlich alle<br />

bisherigen Ungere<strong>im</strong>theiten und Fragwürdigkeiten in Galileis Verhalten <strong>im</strong> Lichte eines neuen<br />

strategischen Ziels: Der Rettung <strong>der</strong> Wahrheit vor dem Feind. Dieses Ziel rechtfertigt alle Mittel, vom<br />

ersten Fernrohr-Schwindel bis zum Wi<strong>der</strong>ruf vor <strong>der</strong> Inquisition: Eine neue Ethik ist geboren! Um das<br />

"eigentliche Geschäft <strong>der</strong> Wissenschaft" betreiben zu können ist jedes Mittel recht, die Frage ist nur, was<br />

das Geschäft <strong>der</strong> Wissenschaft <strong>im</strong> eigentlichen Sinne sei.<br />

Der folgende Dialog hat genau diese Frage zum Inhalt:<br />

Sartis Anwort ist kurz und bündig: Sinn und Zweck <strong>der</strong> Wissenschaft ist die Vermehrung von Wissen, das<br />

Wissen um des Wissens selbst, auf die zugespitzteste Formel gebracht: "Die Wissenschaft kennt nur ein<br />

Gebot: den wissenschaftlichen Beitrag." Andrea vertraut auf das Wissen als Selbstzweck, auf die<br />

umstürzende Wirkung <strong>der</strong> Erkenntnis von Naturzusammenhängen, die die Erde bewohnbar macht und den<br />

H<strong>im</strong>mel abträgt.<br />

Andrea wie<strong>der</strong>holt damit Positionen, die Galilei selbst mehrfach vertreten hat, als er z.B. den<br />

Wissenschaftler von <strong>der</strong> Verantwortung für die Ergebnisse seiner Forschungen pauschal freisprach.<br />

Es folgt die "große Belehrungsrede" (Brecht), in welcher Galilei dem Wissenschaftsverständnis Sartis mit<br />

erbarmungsloser Schärfe entgegentritt und damit sich selbst, seine bisherigen Anschauungen und<br />

schließlich sein Verhalten vor <strong>der</strong> Obrigkeit kritisiert. Der Wissenschaftler könne kein an<strong>der</strong>es Ziel haben,<br />

als "die Mühseligkeit <strong>der</strong> menschlichen Existenz zu erleichtern". Dies tun neue Maschinen, neue<br />

Entdeckungen an sich noch keineswegs, <strong>im</strong> Gegenteil, sie können sich zum Schrecken <strong>der</strong> Menschheit<br />

entwickeln. Galileis Schlussfolgerungen sind nun folgende:<br />

• Dass er vor <strong>der</strong> Inquisition wi<strong>der</strong>rufen hat, ist nach den Maßstäben seines neuen<br />

Wissenschaftsverständnisses moralisch verwerflich, ein Verrat an <strong>der</strong> Wissenschaft und <strong>der</strong><br />

Menschheit.<br />

• Er hätte wi<strong>der</strong>stehen müssen, allerdings nicht um <strong>der</strong> Wahrheit einiger wissenschaftlicher<br />

Behauptungen über die Bewegung von Gestirnen willen, son<strong>der</strong>n um das neue Wissen nicht allein<br />

den Machthabern auszuliefern.<br />

• Diese werden es verhe<strong>im</strong>lichen, gebrauchen o<strong>der</strong> missbrauchen, <strong>im</strong>mer werden sie es aber zu allererst<br />

zur Aufrechterhaltung ihrer Macht einsetzen und nicht zur Erleichterung <strong>der</strong> menschlichen Existenz.<br />

• Er, Galilei befand sich zum Zeitpunkt des Wi<strong>der</strong>rufes am Beginn einer neuen Zeit, in welcher die<br />

Wissenschaft am Scheideweg stand: Entwe<strong>der</strong> verhält sie sich helfend und heilend den Mühseligen und<br />

Beladenen gegenüber ("Hippokratischer Eid"), o<strong>der</strong> sie entmachtet sich zum willfährigen Instrument<br />

<strong>der</strong> Herrschenden ("Geschlecht erfin<strong>der</strong>ischer Zwerge").<br />

• Mit seinem Wi<strong>der</strong>ruf hätte er es in <strong>der</strong> Hand gehabt, zum Beginn eines "neuen Zeitalters" <strong>der</strong> Idee<br />

einer verantwortungsbewussten Wissenschaft zum Durchbruch zu verhelfen, denn die "neue Kunst<br />

des Zweifelns" hatte be<strong>im</strong> Volk Sympathien und Hoffnung auf Än<strong>der</strong>ung hervorgerufen. Sein Wi<strong>der</strong>ruf<br />

aber habe die Wissenschaft von den Märktplätzen verschwinden lassen und das Wissen in die Hände<br />

<strong>der</strong> Herrschenden gelegt.<br />

• Eine Wissenschaft ohne Veranwortungsbereitschaft für das Wohl aller Menschen wird eines<br />

Tages vom Volk mit Furcht und Entsetzen betrachtet werden.<br />

Soweit Galileis Argumentation, die Bezüge zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t werden deutlich, überdeutlich gar, wenn<br />

Galilei dem nach Holland aufbrechenden Andrea zum Geleit den Rat gibt, in Deutschland beson<strong>der</strong>s<br />

vorsichtig zu sein, wenn er es “die Wahrheit unter dem Rock“ durchreise.<br />

Entstehungsgeschichte des Galilei<br />

In <strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus beschäftigen Brecht beson<strong>der</strong>s die Begriffe Wahrheit, Mut,<br />

Unwissenheit, Vernunft und List. 1938 beginnt er <strong>im</strong> dänischen Exil konkret an dem Schauspiel „Galileo<br />

Galilei“ zu arbeiten. Unter dem Einfluss des totalitären Hitler-Reg<strong>im</strong>es in Europa arbeitet Brecht neben <strong>der</strong><br />

Bedeutung <strong>der</strong> Wissenschaft für den gesellschaftlichen Fortschritt insbeson<strong>der</strong>e die Thematik Wi<strong>der</strong>stand


in <strong>der</strong> Diktatur heraus. (1. Fassung: Dänische Fassung) Doch schon 1939 äußert Brecht seine<br />

Unzufriedenheit über dieses Stück mit <strong>der</strong> Bemerkung, es sei technisch ein großer Rückschritt, es enthalte<br />

zu viel „Atmosphäre“ und Einfühlung und man müsse es neu schreiben.<br />

1945 beginnt Brecht intensiv mit dem Schauspieler Charles Laughton an einer neuen Fassung zu arbeiten.<br />

(2. Fassung: Amerikanische Fassung) Nach den Atombombenabwürfen über Hirosh<strong>im</strong>a und Nagasaki am<br />

6.8. und 9.8.1945 än<strong>der</strong>t sich Brechts Sicht auf die Galilei-Figur: „Von heute auf morgen las sich die<br />

Biographie des Begrün<strong>der</strong>s <strong>der</strong> neuen Physik an<strong>der</strong>s. Der infernalische Effekt <strong>der</strong> großen Bombe stellte den<br />

Konflikt des Galilei mit <strong>der</strong> Obrigkeit seiner Zeit in ein neues, schärferes Licht.“ Die entscheidende<br />

Aussage des Stücks än<strong>der</strong>t Brecht daraufhin. Im Zentrum steht nun Galileis gesellschaftliche<br />

Verantwortung als Wissenschaftler. Die Bil<strong>der</strong> sind gekürzt, einige entfallen, wodurch sich<br />

Verschiebungen in <strong>der</strong> Nummerierung ergeben. Wesentlich ist aber, dass das Figurenensemble so verän<strong>der</strong>t<br />

wird, dass es das Geschehen sozial klarer und schärfer prägt. Die Figur des Handwerkers Fe<strong>der</strong>zoni, die die<br />

Abhängigkeit des Volkes und des nie<strong>der</strong>en Bürgertums von Galilei demonstriert, wird hinzugefügt.<br />

Ludovico Sitti wird zum Feudalherrn Ludovico Marsili, <strong>der</strong> die Bedrohung für den Grundbesitz, die von<br />

Galilei ausgeht, ahnt und fürchtet. Geht es ihm in <strong>der</strong> ersten Fassung noch um den guten Ruf <strong>der</strong> Familie,<br />

sind seine Interessen in <strong>der</strong> amerikanischen und Berliner Fassung auf die Bewahrung seiner Macht (durch<br />

die Ausbeutung des ungebildeten Volkes) ausgerichtet. Nach einem scharfen Disput wird Ludovico von<br />

Galilei in <strong>der</strong> Berliner Fassung aus dem Haus gewiesen. 1938/39 ist ihr Verhältnis freundschaftlich und <strong>der</strong><br />

Abschied wirkt tragisch, gibt Virginia ihm den Ring doch bewusst wie<strong>der</strong>, während Galilei diese Trennung<br />

<strong>im</strong> Eifer gar nicht wahrzunehmen scheint. In <strong>der</strong> aktuellen Fassung ist Virginia während <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung dieser Vertreter <strong>der</strong> unterschiedlichen Weltbil<strong>der</strong> nicht anwesend. Sie bleibt die<br />

passive Opferfigur ihres nunmehr bewusst handelnden Vaters, <strong>der</strong> dadurch Skrupellosigkeit und<br />

Kaltherzigkeit demonstriert. Die Absicht Brechts ist es, Galileis freundliche, positive o<strong>der</strong> auch<br />

sympathische Wirkung zu min<strong>der</strong>n und ihn stattdessen mit kritischeren Zügen auszustatten, um damit auch<br />

die Voraussetzung für seine scharfe Selbstanalyse <strong>im</strong> vorletzten Bild zu schaffen. In <strong>der</strong> Figur des Galilei<br />

arbeitet Brecht den Wissenschaftler heraus, <strong>der</strong> seine Ideale, u.a. ein neues Zeitalter einzuleiten, verrät und<br />

nicht mehr an den sozialen und politischen Zusammenhängen <strong>der</strong> Forschung interessiert ist.<br />

Bertolt Brechts Ziel war es, die Menschen über das Demonstrieren gesellschaftlicher Verhältnisse zum<br />

Nachdenken und Erkennen zu verleiten. Seine eigene Biographie veranschaulicht dabei seine<br />

Erkenntnisentwicklung. Die verschiedenen Fassungen des „Leben des Galilei“ spiegeln diese Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Sicht auf seine sozialpolitische Situation wi<strong>der</strong>. Die Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber<br />

seinen Ergebnissen ist das Hauptthema des Stücks.<br />

Galilei selbst sieht seine Hauptschuld nicht so <strong>sehr</strong> in <strong>der</strong> Tatsache, dass er <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Wahrheit abgeschworen hat und sie öffentlich eine Lüge genannt hat, son<strong>der</strong>n viel mehr in seinem<br />

gesellschaftlichen Desinteresse. Brecht war <strong>der</strong> Überzeugung, dass <strong>der</strong> Wissenschaftlicher mehr als an<strong>der</strong>e<br />

Menschen über Einsichten in zeitübergreifende politisch-historische Zusammenhänge verfügen müsse, an<br />

denen er sein Handeln auszurichten habe. Er müsse die „gesellschaftliche Kontrolle“ über sein Wissen<br />

behalten, weil nur er alleine dessen Auswirkungen beurteilen könne. Galilei verurteilt er, weil sein<br />

Verhalten diesen Anspruch nicht erfüllt habe. Durch die Unterwerfung unter die durch die Kirche<br />

repräsentierte Macht wurde, so Vorwurf Brechts, die Wissenschaft für Jahrhun<strong>der</strong>te isoliert und damit<br />

prinzipiell <strong>der</strong> Verfügungsgewalt <strong>der</strong> Herrschenden ausgeliefert.<br />

Unschwer lässt sich auch erkennen, dass Brechts ganze Argumentation darauf ausgerichtet ist, in <strong>der</strong><br />

Verurteilung des Galilei das Versagen <strong>der</strong> Wissenschaftler seiner Gegenwart vor den politischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen seiner Zeit zu treffen. (=> Entwicklung <strong>der</strong> Atombombe!!)


Personen<br />

Obwohl Brecht <strong>im</strong> Epischen Theater die Empathie (= Einfühlung) des Zuschauers durch Distanz ersetzen<br />

möchte, hat er <strong>im</strong> Galilei nicht darauf verzichtet, seine Hauptfigur als Persönlichkeit zu gestalten. Bei den<br />

an<strong>der</strong>en Figuren war es ihm jedoch wichtiger, sie als Vertreter best<strong>im</strong>mter Positionen erkennbar zu<br />

machen.<br />

Lässt man die Familie Galileis außer Acht (und hierzu zählen wir auch Frau Sarti, die Haushälterin) so<br />

finden wir zwei gegensätzliche Figurengruppen in dem Stück. Auf <strong>der</strong> einen Seite die Repräsentanten <strong>der</strong><br />

alten Zeit, die Vertreter <strong>der</strong> Kirche, die Gelehrten am Florentiner Hof und <strong>der</strong> adelige Großgrundbesitzer<br />

Ludovico. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gruppieren sich die Vertreter <strong>der</strong> neuen Zeit: Andrea Sarti, <strong>der</strong><br />

Linsenschleifer Fe<strong>der</strong>zoni, <strong>der</strong> Eisengießer Vanni, <strong>der</strong> Mönch Fulganzio.<br />

Schwierig wird die Zuordnung bei einigen Vertretern <strong>der</strong> Kirche, nämlich bei Christopher Flavius und<br />

Kardinal Barberini, <strong>der</strong> aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Bildung für Galilei eintritt. Zum Papst<br />

geworden überlässt er Galilei erst dann <strong>der</strong> Inquisition, als sein Amt ihn zur Verteidigung des Glaubens<br />

zwingt, <strong>der</strong> durch die Verbreitung <strong>der</strong> neuen Lehre unter dem Volk höchst gefährdet scheint.<br />

Der kleine Mönch hat eine beson<strong>der</strong>e Rolle in diesem Stück inne. Er stellt den Zwiespalt zwischen den<br />

Positionen <strong>der</strong> alten und <strong>der</strong> neuen Zeit dar. Ihn trifft es – nach seinem Entwicklungsprozess – umso härter,<br />

dass Galilei unter dem Druck <strong>der</strong> Inquisition wi<strong>der</strong>ruft.<br />

Andrea Sarti leidet gleichfalls am Wi<strong>der</strong>ruf seines Lehrers. Keine an<strong>der</strong>e Figur steht Galilei so nahe wie<br />

Andrea. Er bleibt während <strong>der</strong> Pest an Galileis Seite, distanziert sich aber nach dem Wi<strong>der</strong>ruf von Galilei<br />

und erst am Ende kommt es zu einer Wandlung seiner ablehnenden Haltung. Dadurch, dass es ihm gelingt<br />

die Discorsi über die Grenze zu schaffen, wird er zum Hoffnungsträger einer neuen Zeit, in <strong>der</strong> das Werk<br />

Galileis endlich zur Wirkung kommt.<br />

Die Hauptfigur, den Galilei, hat Brecht <strong>sehr</strong> wi<strong>der</strong>sprüchlich gestaltet. In Dingen <strong>der</strong> Wissenschaft ist er<br />

vernünftig und vorsichtig-prüfend, in <strong>der</strong> Einschätzung <strong>der</strong> Mächtigen aber ist er naiv und unvernünftig.<br />

Sagredo analysiert kühl: „So misstrauisch in deiner Wissenschaft, bist du leichtgläubig wie ein Kind in<br />

allem, was dir dein Betreiben zu erleichtern scheint.“ Galilei weiß um die revolutionäre Sprengkraft seiner<br />

Forschungen und för<strong>der</strong>t diese, indem er sie in <strong>der</strong> Volkssprache schreibt, leugnet aber <strong>im</strong> Angesicht<br />

drohen<strong>der</strong> Gefahr eine solche Bedeutung des Werkes. Er zeigt Mut und Unerschrockenheit gegenüber <strong>der</strong><br />

Pest, um sein wissenschaftliches Forschen nach Beweisen nicht unterbrechen zu müssen, versagt aber vor<br />

<strong>der</strong> Inquisition und gibt mit seinem Wi<strong>der</strong>ruf die Wahrheit seiner Lehren dem Angriff seiner Feinde preis.<br />

Galilei ist am Ende des Stückes als Negativ-Held gezeichnet. Er hat sich <strong>der</strong> Macht unterworfen, das<br />

angenehme Leben vorgezogen. Dies steht in einem krassen Gegensatz zum Beginn des Stückes, wo Brecht<br />

seinen Protagonisten <strong>sehr</strong> wohl positiv erscheinen lässt. Er vertritt den Glauben an ein neues Zeitalter, ein<br />

Zeitalter, „in dem zu leben eine Lust ist“. Doch <strong>der</strong> wissenschaftliche Zweifel, den Galilei als den Motor<br />

seiner Forschungsaktivitäten ansieht, bemächtigt sich zunehmend auch seiner Hoffnungen und<br />

Gewissheiten, bis er schließlich den Glauben an die selbsttätige Wirkkraft <strong>der</strong> Vernunft aufgibt: „Es setzt<br />

sich nur so viel Wahrheit durch als wir durchsetzen; <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong> Vernunft kann nur <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong><br />

Vernünftigen sein.“

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