<strong>Globaler</strong> <strong>Klimawandel</strong>:<strong>Auswirkungen</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Mittelmeerraum</strong>Elke HertigFür viele Regionen der Erde liegen inzwischenverbesserte Abschätzungen des regionalen<strong>Klimawandel</strong>s im 21. Jahrhundertvor. Hauptsächlich Regionen mit einer hohenklimatischen Sensitivität wer<strong>den</strong> vonder zu erwarten<strong>den</strong> Klimaänderung betroffensein. Hierzu zählen insbesondere auchklimatische Übergangsbereiche wie der<strong>Mittelmeerraum</strong>, welcher zwischen subtropischvollari<strong>den</strong> und außertropisch immerfeuchtenVerhältnissen gelegen ist.Zunächst stellt sich die Frage, welche Regionunter dem Begriff <strong>Mittelmeerraum</strong> überhauptzu verstehen ist. Der <strong>Mittelmeerraum</strong>lässt sich durch verschie<strong>den</strong>e Kriterien abgrenzen.Eine Möglichkeit ist durch die politischenGrenzziehungen gegeben, in demSinn, dass die Länder, die unmittelbar andas Mittelmeer angrenzen, zum <strong>Mittelmeerraum</strong>gezählt wer<strong>den</strong>. So ist das Mittelmeerdurch 21 afrikanische, asiatische und europäischeLänder umschlossen. Eine weitereAbgrenzungsmöglichkeit kann durch klimatologischeCharakteristika vorgenommenwer<strong>den</strong>. Diese bietet sich im Folgen<strong>den</strong> an,da hier die <strong>Auswirkungen</strong> des <strong>Klimawandel</strong>s<strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Mittelmeerraum</strong> von klimatologischerSeite her betrachtet wer<strong>den</strong>.Der <strong>Mittelmeerraum</strong> ist in der solaren Klimazoneder niedrigen Mittelbreiten verortet,gelegen zwischen dem nördlichenWendekreis (23.5°) und 45°N. Er zeichnetsich im Allgemeinen durch milde, feuchteWinter und heiße, trockene Sommer aus.Es wird oft von einem mediterranen Winterregenklimatgesprochen, da das jährlicheNiederschlagsmaximum im Winterhalbjahrzu liegen kommt. Wie später zu sehen seinwird, stellt diese spezifische ungleiche Verteilungder Niederschläge über das Jahr einenwesentlichen Problemkreis dar, sowohlim Rahmen der rezenten als auch unter verändertenKlimabedingungen. Doch nichtnur die ungleiche intraannuelle Verteilungder Niederschläge, sondern auch die großeklimatische Variabilität, vor allem bei <strong>den</strong>Jahr-zu-Jahr-Schwankungen des Niederschlags,spielt eine große Rolle. Danebenist noch <strong>auf</strong> ein weiteres spezifisches Charakteristikumdes <strong>Mittelmeerraum</strong>es hinzuweisen.Es handelt sich um die komplexeMorphologie in diesem Raum, <strong>auf</strong>grunddes Vorhan<strong>den</strong>seins vieler Gebirge, Golfe,Inseln und Halbinseln. Daraus ergeben sichviele kleinräumige Besonderheiten bei derregionalen Ausgestaltung des Klimas.Das besondere Interesse am <strong>Mittelmeerraum</strong>der europäischen Länder und auchdarüber hinaus kommt in verschie<strong>den</strong>enBereichen, wie dem Tourismus, der spezialisiertenLandwirtschaft, aber auch in dergeschichtlichen und kulturellen Bedeutungzum Ausdruck. Über 150 Kultur<strong>den</strong>kmälersind in der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes<strong>auf</strong>genommen. Eine Schätzung derWorld Tourism Organization geht von einemTouristen<strong>auf</strong>kommen im Jahr 2025 von 655Millionen Touristen pro Jahr aus (UNWTO2007, 193f.). Dies entspricht mindestenseiner Verdoppelung des heutigen Aufkommens.Schon heute beträgt der Wasserverbraucheines Touristen zwischen 300 und850 Liter pro Tag und Person. Auch derLandwirtschaft, vor allem dem Weinbau,dem Olivenanbau sowie dem spezialisiertenObst- und Gemüseanbau kommt einebesondere Bedeutung zu. Über 80 % desgesamten Wasserverbrauchs wird durch die45
Abb. 1: Jahresmittel der globalen Lufttemperatur. Anomalien für <strong>den</strong> Zeitraum 1856-2005 bezogen<strong>auf</strong> das Mittel 1961-1990 (nach Gerstengarbe, Werner 2007, 34).Landwirtschaft verursacht. Sowohl der Tourismusals auch die Landwirtschaft sind alsosensible Bereiche in Bezug <strong>auf</strong> die Wasserverfügbarkeit.Um die abgeschätzten zukünftigen Veränderungenbesser einordnen zu können, wirdzunächst ein Blick <strong>auf</strong> die Klimaentwicklungder jüngeren Vergangenheit geworfen. Fürdas 20. Jahrhundert lässt sich eine globaleTemperaturerhöhung von 0,6 °C (± 0,2 °C)feststellen (Houghton et al. 2001, 56). AusAbb. 1 wird deutlich, dass dieser Zeitraumdurch zwei Zeitabschnitte starker Erwärmunggekennzeichnet ist, zum einen zwischen1910 und 1940, zum anderen ungefähr abdem Jahr 1976 bis heute. Betrachtet mandie räumliche Verteilung der Erwärmung,kann man feststellen, dass in <strong>den</strong> meistenRegionen der Erde eine Erwärmung <strong>auf</strong>trat,die deutlich stärker ausfällt als die wesentlichgeringeren Temperaturabnahmen in <strong>den</strong>wenigen Abkühlungsgebieten (Gerstengarbe,Werner 2007). Zieht man die jüngstenTemperaturtrends für <strong>den</strong> <strong>Mittelmeerraum</strong>in jahreszeitlicher Auflösung zu Rate, so wirddeutlich, dass der östliche <strong>Mittelmeerraum</strong> inder zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts imWinter von einem Abkühlungstrend betroffenwar (Abb. 2). Dem steht ein winterlicherErwärmungstrend im westlichen <strong>Mittelmeerraum</strong>gegenüber. Dieses gegensätzlicheTemperaturverhalten zwischen östlichemund westlichem <strong>Mittelmeerraum</strong> wird häufigmit dem Konzept der „mediterranen Oszillation“,einer Druckschaukel zwischen westlichzentralemund östlichem Mittelmeergebiet,in Verbindung gebracht.Es stellt sich die grundlegende Frage, ob,wie hoch und in welcher Form der MenschAnteil an der beobachteten Erwärmung hat.In <strong>den</strong> letzten 1.000 Jahren sind die astronomischenRandbedingungen, welche diegroßen eiszeitlichen Klimaschwankungenmaßgeblich steuern, als relativ konstantanzusehen, so dass dies ein guter Zeitraumist, um die Klimaänderungen im 20.Jahrhundert in Bezug zur natürlichen Variabilitätzu setzen. Im Allgemeinen wer<strong>den</strong>46