Die komplette MONITOR-Ausgabe 4/2008 können Sie
Die komplette MONITOR-Ausgabe 4/2008 können Sie
Die komplette MONITOR-Ausgabe 4/2008 können Sie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
te Gabriele Kotsis, Vizerektorin für Forschung<br />
an der Universität Linz. Kotsis, die<br />
selbst Wirtschaftsinformatik an der Uni<br />
Wien studiert hatte, betonte aber auch die<br />
„spezielle gute Situation zwischen Uni und<br />
FH bei uns in Oberösterreich“, denn die FH<br />
Hagenberg sei ja eigentlich aus der Uni heraus<br />
entstanden. „Wir haben eine gute kooperative<br />
Basis und viel Austausch von Lehrenden,<br />
einige FH-Absolventen fangen jetzt<br />
auch bei mir mit ihrer Promotion an“, vermittelte<br />
sie ein sehr positives Bild.<br />
Das wurde auch von Heinz Dobler, Studiengangsleiter<br />
Software Engineering an<br />
der FH Hagenberg/OÖ, so bestätigt. Er ging<br />
sogar noch einen Schritt weiter: „Noch vor<br />
zehn Jahren gab es wirklich große Unterschiede<br />
zwischen Diplomstudien an Unis<br />
und Fachhochschulen, sowohl inhaltlich als<br />
auch organisatorisch. Mittlerweile im Zuge<br />
des Bologna-Prozesses und der Umstellung<br />
auf die Bachelor-Master-Studien beobachten<br />
wir, dass diese Unterschiede verschwimmen.<br />
Das heißt, aus meiner Sicht nähern<br />
sich beide Institutionen sehr stark an“, erklärte<br />
Dobler.<br />
Wozu dann Unis und FHs?<br />
„Ich denke, es findet eine Spezialisierung<br />
sowohl an FHs als auch Unis statt, aber ich<br />
glaube, dass es nach wie vor Unterschiede<br />
gibt“, widersprach Kotsis und brachte ein<br />
persönliches Beispiel: „Ich halte an der Uni<br />
Linz und der FH Burgenland eine Vorlesung<br />
zum Thema ‘Multimedia Systeme’ - aber<br />
obwohl der Name gleich ist, sind die Inhalte<br />
doch sehr verschieden.“<br />
„Ich möchte ein Plädoyer gegen dieses<br />
Zusammenwachsen aussprechen“, betonte<br />
Helmut Gollner. „<strong>Die</strong> Stärke der FH liegt<br />
im sehr kurzfristigen Umsetzen von Themen<br />
mit der Wirtschaft. <strong>Die</strong> Studierenden<br />
machen die Diplomarbeiten im Allgemeinen<br />
direkt im Unternehmen.“ <strong>Die</strong> Unis<br />
seien dafür da, mittel- bis langfristig Forschung<br />
zu betreiben. „Wir brauchen diese<br />
Institutionen, die sich tiefer mit einem Thema<br />
beschäftigen“, zeigte sich Gollner überzeugt<br />
vom dualen System Uni und FH. „Eine<br />
Generalisierung ist sicher gefährlich“,<br />
meinte Erich Schikuta von der Uni Wien.<br />
Er wies auf einen großen System-Unterschied<br />
beider Institutionen hin.An der Universität<br />
stehe das Pull-Prinzip im Vordergrund,<br />
das heißt, die Studierenden würden<br />
zur Selbstorganisation gezwungen, wäh-<br />
Job Training | IKT-Ausbildung in Österreich – Teil 4<br />
<strong>MONITOR</strong>-Serie IT Ausbildung in Österreich.<br />
Teil 1: Universitäten (Monitor 9/2007)<br />
Teil 2: Fachhochschulen in Wien, NÖ, Burgenland, Steiermark (Monitor 11/2007)<br />
Teil 3: Fachhochschulen in OÖ, Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg ( 02/<strong>2008</strong>)<br />
Teil 4: Monitor-Gesprächsrunde „IT-Ausbildung in Österreich - Chancen und<br />
Probleme“ (Monitor 04/<strong>2008</strong>)<br />
Alle Teile sind online unter www.monitor.co.at/itausbildung nachzulesen.<br />
rend an der FH das Push-Prinzip praktiziert<br />
würde, das mehr oder weniger ein Fortführen<br />
der Schule bedeute. Das Wissen werde<br />
an die Studierenden eben wie in der Schule<br />
herangetragen.<br />
Ja zur Durchlässigkeit<br />
Da beide Systeme jetzt das Bachelor-<br />
Master-System eingeführt haben, müsse<br />
man auch die Durchlässigkeit hinterfragen.<br />
„Inwiefern wird die Durchlässigkeit praktikabel<br />
gelebt?“, stellte Werner Fritz, Studiengangsleiter<br />
Informationsmanagement an<br />
der FH Joanneum gleich selbst die Frage an<br />
die Runde - um bedauernd fortzusetzen:<br />
„Schön zu hören, dass die Kooperation in<br />
Oberösterreich so gut klappt, ich komme<br />
aus der Steiermark, wo es weniger gut funktioniert.“<br />
Prinzipiell sei die Durchlässigkeit ein wichtiges<br />
Kriterium, waren sich alle Teilnehmer<br />
einig. „Das ist noch ein wunder Punkt, ich<br />
kenne auch Kollegen, die das nicht unbedingt<br />
schätzen“, gab Erich Schikuta zu und<br />
appellierte: „Vergesst die Schrebergartenmentalität,<br />
reißt die Mauern nieder!“ Gabriele<br />
Kotsis ergänzte: „Es ist nicht nur der<br />
Wechsel von FH zu Uni oder in die andere<br />
Richtung. Sondern vor allem der fachlicher<br />
Wechsel wird in Zukunft ein spannendes<br />
Thema werden, dass Leute z. B. einen<br />
Bachelor in der Wirtschaft machen und dann<br />
verstärkt in die Technik gehen wollen oder<br />
umgekehrt. Das wird sicher einer der künftigen<br />
Trends werden.“<br />
Praktiker am Wort<br />
„Viele FH-Absolventen kommen sofort mit<br />
dem Anspruch: Ich bin jetzt fertig. Wo ist<br />
mein Schreibtisch, wo ist mein Chefsessel?“,<br />
berichtete Walter Hanus, CEO des IT-<br />
<strong>Die</strong>nstleisters IVM, über ein oft stark überhöhtes<br />
Selbstvertrauen von Bewerbern. <strong>Die</strong><br />
„industrielle Ochsentour“ wollen sich diese<br />
Leute, die in zwei Jahren studiert haben,<br />
ersparen. „Ich finde, da muss man wieder<br />
etwas gegensteuern“, appellierte Hanus an<br />
die Ausbildungsinstitutionen. Für die interne<br />
Aus- und Weiterbildung sorgt IVM lieber<br />
selbst. Am hauseigenen IVM Campus,<br />
der übrigens seit 1999 öffentlich zugänglich<br />
ist, <strong>können</strong> Kurse aller Art belegt werden.<br />
„Ich denke, wir haben da einen Weg dazwischen<br />
gefunden“, erklärte Thomas<br />
Schöpf, Mitglied des Vorstands von Kapsch<br />
CarrierCom, denn „wir laufen Gefahr, die<br />
Mitarbeiter zu verlieren, wenn sie zwei Jahre<br />
eine externe Ausbildung machen“. <strong>Die</strong><br />
Lösung für uns war - gemeinsam mit Partnern<br />
wie der Telekom Austria und anderen<br />
Instituten - vergangenen Sommer die Gründung<br />
einer IKT-Acadmy mit einer Zertifizierung,<br />
die brancheweit akzeptiert wird.<br />
Schöpf äußerte sich dann noch zum Schlagwort<br />
Leadership: „Jeder Ausbildender muss<br />
Leadership entwickeln. Es geht aber nicht<br />
nur um den Führungsstil, sondern auch um<br />
Leadership in Themenbereichen.“<br />
Hier brach Schöpf eine klare Lanze für das<br />
duale System: „Ich sehe Leadership, was Forschung<br />
betrifft, bei den Universitäten.Wissenschaft<br />
muss es sich leisten <strong>können</strong>, sich<br />
mit Themen zu beschäftigen, die von der<br />
Wirtschaft noch nicht so gefragt und noch<br />
nicht so profitabel sind. <strong>Die</strong> Fachhochschulen<br />
hingegen sollen sehr dezidiert im Sinne<br />
der Wirtschaft Führungskräfte ausbilden.“<br />
Es sollte kein Konkurrenzkampf sein, „wir<br />
werden in der Zukunft eher das Problem haben,<br />
das wir zu wenig Arbeitskräfte haben“,<br />
prognostizierte Schöpf.<br />
Mit der IKT-Acadmy, der neuen Initiative<br />
mit Kapsch, „wollen wir die Leute wieder<br />
ans Lernen und die Weiterbildung heranführen“,<br />
unterstrich Bernd Lauer, Leiter<br />
des Human Resource Competence Centers<br />
bei der Telekom Austria. „Denn viele Mitarbeiter<br />
trauen sich einen Einstieg bei einer<br />
FH aus beruflichen und familiären Gründen<br />
gar nicht zu“, so Lauer. Bei Absolventen,<br />
egal ob HTL, FH oder Uni, kommt als<br />
erstes die „berühmte Ochsentour“ zum Ein-<br />
monitor | April <strong>2008</strong> 41