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Ernst Neufert in Weißwasser/O.L. - Stadt Weißwasser

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22. März 2013Rettungspläne für Weißwassers Gebäude-SchätzeExperten raten, Gelsdorfhütte, <strong>Neufert</strong>bau und Volkshaus zu sichern /Idee für Aufräumaktion und InszenierungWeißwasser Wenn Holger Schmidt das Wort Volkshaus hört, fällt ihm spontan e<strong>in</strong> anderes Worte<strong>in</strong>: Conta<strong>in</strong>er. G<strong>in</strong>ge es nach ihm, würde er drei davon vor das denkmalgeschützte Gebäudestellen lassen – für Bauschutt, Tapeten und Bodenbeläge.Wären die Conta<strong>in</strong>er gefüllt, ist sich der Leiter der Planungswerkstatt <strong>in</strong> Weißwasser sicher, würdedas Gebäude gleich viel aufgeräumter aussehen. Würden dann noch Dach und Fensterdichtgemacht, könnte das Haus noch lange unversehrt auf e<strong>in</strong>e Nutzung warten.Schmidt hat am Mittwoch <strong>in</strong> der Planungswerkstatt nicht nur mit diesem Vorschlag aufhorchenlassen. Denn nach dem Motto "sichern und e<strong>in</strong>motten" sollte die <strong>Stadt</strong> se<strong>in</strong>er Ansicht nach auchmit Blick auf den <strong>Neufert</strong>bau handeln. Das Geld für den Abriss dieses <strong>in</strong>dustriegeschichtlichwertvollen Baus, der Zeugnis gibt von der Zusammenarbeit der bedeutenden Bauhaus-AkteureWagenfeld und <strong>Neufert</strong> <strong>in</strong> Weißwasser, könne man besser <strong>in</strong> den Erhalt <strong>in</strong>vestieren. Die Fenster,griff Schmidt e<strong>in</strong>e Idee von Unternehmer Jan Garreis und Oberbürgermeister Torsten Pötzsch(Klartext) auf, böten sich für e<strong>in</strong>e künstlerische Gestaltung an.Auch die Gelsdorfhütte nahm der Professor für Raum- und Umweltplanung an der TechnischenUniversität <strong>in</strong> Kaiserslautern <strong>in</strong> Schutz. Er komme aus Thür<strong>in</strong>gen. Dort käme niemand auf die Idee,e<strong>in</strong>e der vielen Burgen dort zu schleifen. Schmidt sagte das, weil die Gelsdorfhütte für ihn alsZeugnis der Gründungsgeschichte Weißwassers <strong>in</strong> ihrem Wert mit e<strong>in</strong>er Burg vergleichbar sei.Thomas Müller und Henn<strong>in</strong>g Stepper vom Kaiserslauterner Büro mess, die sich <strong>in</strong> derPlanungswerkstatt mit Brachen und Leerständen <strong>in</strong> Weißwasser befasst haben, unterstrichen nochdie Bedeutung der Ru<strong>in</strong>e. Von ihrer Lage her zwischen Bahnhof und Glasmuseum und aufgrundihrer identitätsstiftenden Bedeutung für die Weißwasseraner sei die Gelsdorfhütte e<strong>in</strong> Schatz."Was wäre", fragte Müller, "wenn es sie nicht mehr geben würde?"Für Müller und Stepper ergibt sich aus diesem Wert Handlungsbedarf. Zum e<strong>in</strong>en sollte dieGelsdorfhütte mittels Inszenierung stärker <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> der Öffentlichkeit gerückt werden. Sokönnte man sie anstrahlen oder kurzzeitig begehbar machen. Weiter sollten <strong>Stadt</strong>, Denkmalschutz,Glasmuseum, Bürger, Fördermittelgeber und Unternehmen geme<strong>in</strong>sam an e<strong>in</strong>emF<strong>in</strong>anzierungsplan arbeiten. Die Kosten für Erwerb und Erhalt der Ru<strong>in</strong>e könnten nebenFördermitteln auch Stiftungsgelder und e<strong>in</strong> Fond e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen.dpr


15. März 2013Bilder sollen <strong>Neufert</strong>bau aufhübschenGestaltungsidee für Fenster auf der Vorderseite / Comic-Zeichner bereits angefragtWeißwasser Schmücken die Fenster des <strong>Neufert</strong>baus <strong>in</strong> Weißwasser bald Comic- oder andereZeichnungen? Der Eigentümer f<strong>in</strong>det die Idee e<strong>in</strong>es ortsansässigen Unternehmers gut. Nun wirdgeprüft, wie sie sich realisieren lässt.DiefensterreicheFrontseite des<strong>Neufert</strong>baus.Foto:PreikschatVon der Bahnbrücke <strong>in</strong> Weißwasser e<strong>in</strong> Hauswand-Comic lesen – geht es nach dem PotsdamerEigentümer des <strong>Neufert</strong>baus, dem Chef e<strong>in</strong>es ortsansässigen Malerfachbetriebs und demOberbürgermeister der <strong>Stadt</strong> könnte diese fantastisch anmutende Vorstellung bald Realitätwerden. E<strong>in</strong>em renommierten Comic-Zeichner, dem gebürtigen Weißwasseraner Jens Harder, seiauch schon angetragen worden, die Idee umzusetzen, so Firmenchef Jan Garreis. Harder habenoch nicht zugesagt, wolle sich den <strong>Neufert</strong>bau aber näher ansehen. Beide würden sich noch ausSchulzeiten gut kennen. Harder besuche immer mal wieder se<strong>in</strong>e Geburtsstadt.Denkbar, ergänzt Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext), sei beispielsweise auch,Persönlichkeiten der <strong>Stadt</strong>geschichte Weißwassers <strong>in</strong> den Fenstern im Porträt zu zeigen. DieÜberlegungen seien noch nicht abgeschlossen. Immerh<strong>in</strong> wären alle<strong>in</strong> auf der weith<strong>in</strong> sichtbarenVorderseite des Gebäudes 84 Fenster zu füllen.Der Potsdamer Eigentümer des <strong>Neufert</strong>baus, erzählt Jan Garreis, sei zwar nicht bereit, für dieGestaltungsidee Geld <strong>in</strong> die Hand zu nehmen. Wie auch Pötzsch sei er jedoch zuversichtlich, e<strong>in</strong>eProjektförderung zu bekommen. Garreis, der se<strong>in</strong>en Betrieb gleich neben dem <strong>Neufert</strong>bau-Arealführt, hat mittlerweile e<strong>in</strong>en guten Kontakt zu dem Eigentümer aufgebaut. Zuletzt habe er ihme<strong>in</strong>e Hebebühne zur Verfügung gestellt, damit Reparaturen am Dach durchgeführt werdenkonnten. Dabei seien auch lose Dachr<strong>in</strong>nen und Dachpappe entfernt worden. Rund um denbackste<strong>in</strong>ernen Sechsgeschosser seien überdies Bäume und Sträucher abgeholzt und e<strong>in</strong> Conta<strong>in</strong>erweggesetzt worden. Es sehe schon deutlich aufgeräumter aus als noch vor Kurzem.


Das strahle positiv auf den ganzen <strong>Stadt</strong>teil ab, so der Geschäfts<strong>in</strong>haber. Der Unternehmer istaußerdem am Erwerb des Flachbaus <strong>in</strong>teressiert, der an den <strong>Neufert</strong>bau anschließt und den erteilweise abreißen würde. Das würde die Ansicht weiter verbessern.Beabsichtigt sei nun auch, die Bäume zu entfernen, die im Dachgeschoss des <strong>Neufert</strong>baus bereitsWurzeln schlagen konnten. E<strong>in</strong>e Hebebühne reiche dafür nicht mehr aus. Möglicherweise aber, soOberbürgermeister Pötzsch, könnte man von der Feuerwehr-Drehleiter aus die Bäume absägen.Dies müsse aber noch geprüft werden.Zum Thema:Comiczeichner und Illustrator Jens Harder ist 1970 <strong>in</strong> Weißwasser geboren und lebt heut e<strong>in</strong>Berl<strong>in</strong>. Er ist bereits mehrfach für se<strong>in</strong>e Arbeiten ausgezeichnet worden. Bekanntheit erlangt hatbeispielsweise die von ihm dramatisierte Geschichte e<strong>in</strong>es Wals oder e<strong>in</strong> Comic zurEvolutionsgeschichte, das 2010 als beste deutschsprachige Comic-Illustration ausgezeichnetworden ist.15. März 2013Überzeugende Idee für <strong>Neufert</strong>bauEs sage ke<strong>in</strong>er, die <strong>Stadt</strong> Weißwasser lässt Immobilienbesitzer mit ihren Sorgen alle<strong>in</strong>. DerEigentümer des <strong>Neufert</strong>baus bekommt gleich von zwei Seiten nachbarschaftliche Unterstützung.Zum e<strong>in</strong>en von der <strong>Stadt</strong>verwaltung <strong>in</strong> Person des Oberbürgermeisters, zum anderen von e<strong>in</strong>emUnternehmer. Freilich passiert das nicht aus re<strong>in</strong>er Selbstlosigkeit. Beide Seiten engagieren sichihrer <strong>Stadt</strong> zuliebe, deren Äußeres durch den <strong>Neufert</strong>bau mit geprägt wird. Dieser Effekt würdemit der Fensterbilder-Idee noch deutlich verstärkt, die <strong>in</strong>sofern überzeugend ist. Überdies gäbe esdann e<strong>in</strong>en Grund mehr, warum Weißwasser e<strong>in</strong>e Reise wert ist. Gerade wenn es gelänge, e<strong>in</strong>enausgewiesenen Comic-Profi für den Gestaltungsauftrag zu gew<strong>in</strong>nen. Neben dem Künstler selbst,müssten nun allerd<strong>in</strong>gs noch Fördergeldgeber und Denkmalschutz den Vorschlag gut f<strong>in</strong>den.daniel.preikschat@lr-onl<strong>in</strong>e.de


Laut Garreis, der gegenüber der künftigen Parkfläche e<strong>in</strong>en Malerbetrieb führt, seien e<strong>in</strong>ige derStellflächen schon reserviert. Interessiert gezeigt hätten sich Mieter <strong>in</strong> der Muskauer Straße undMitarbeiter von Polizei und Amtsgericht. "Der Bedarf nach Parkplätzen ist groß <strong>in</strong> dieser Ecke vonWeißwasser", sagt Jan Garreis. Darauf habe er reagiert. 20 Stellflächen werden se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<strong>in</strong> Beschlag nehmen.Auf der 3500 Quadratmeter großen Fläche, die Garreis aus privater Hand erworben hat und aufder er mit Fördermitteln die alte Schmiede und e<strong>in</strong>e marode Lagerhalle hat abreißen lassen, lässter parallel zu den Bahngleisen auch e<strong>in</strong> neues Firmengebäude errichten. Es soll als Lagerstätte undWerkstatt dienen, 33 Meter breit, neun Meter tief und 4,50 Meter hoch werden. In dem Bereicherfülle es auch e<strong>in</strong>e Lärmschutzfunktion, so Garreis.Bevor Halle und Parkflächen gebaut werden lässt der Bauherr 2000 Kubikmeter Erdreich auf denvermutlich schadstoffbelasteten Boden aufbr<strong>in</strong>gen. Die Autos, so Garreis, werden auf Granitsplittstehen, damit der Niederschlag versickern kann. Gepflastert werden sollen nur die Zufahrten.Auch für etwas Grün werde gesorgt. Die 50 Meter Gehwegmauer entlang des Grundstücks, jetztnoch e<strong>in</strong>e schmucklose, verputzte Fläche, will Jan Garreis, bunt bemalen lassen und so Werbung <strong>in</strong>eigener Sache machen. Aus se<strong>in</strong>er Sicht wird durch se<strong>in</strong> Engagement dieser Innenstadtbereichbald schicker und aufgeräumter aussehen.Gern will Garreis auch die etwa 25 Meter lange Lagerhalle erwerben, die an den <strong>Neufert</strong>bauanschließt. Er verhandle darüber bereits mit dem Eigentümer.dpr14. Februar 2013<strong>Neufert</strong>bau nur noch "Schrott"Bauausschuss schreibt denkmalgeschütztes Gebäude ab / Bahnhof hat VorrangWeißwasser Die <strong>Stadt</strong> Weißwasser nimmt das Bahnhofsgebäude als wichtiges Objekt für die<strong>Stadt</strong>entwicklung mit <strong>in</strong> den Haushalt für 2013 auf. Anlass für Oberbürgermeister Torsten Pötzsch(Klartext) am Dienstag im Bauausschuss darüber zu <strong>in</strong>formieren, war e<strong>in</strong>e Diskussion überBahnhofsgebäude, Volkshaus und <strong>Neufert</strong>bau.He<strong>in</strong>z Schreiber (L<strong>in</strong>ke) hatte bereits bei e<strong>in</strong>em Bürgerforum gefordert, das im Bauhaus-Stilerbaute Volkshaus zu retten. Im Ausschuss legte er nach. Er habe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief den Direktor desBauhauses <strong>in</strong> Dessau, Philipp Oswalt, um Rat gebeten. Oswalt habe Hilfe zugesagt, sich aber nochInformationen zu dem Gebäude erbeten.


Der<strong>Neufert</strong>bauwurde erst alsGlaswaren-Lager, dannals Konsum-Hochausgenutzt undschließlichzum Denkmalerklärt.Foto: PötzschDaraufh<strong>in</strong> hakte Detlef Wolsch (Klartext) nach. Er könne sich zwar vorstellen, dass sich die <strong>Stadt</strong>des Volkshauses, das ihr ja auch gehört, annimmt. Jedoch nur, wenn klar ist, wie es genutztwerden kann. "E<strong>in</strong>e Kneipe dort e<strong>in</strong>zurichten, wird nicht funktionieren", sagte er. Was sich derBauunternehmer jedoch vorstellen könnte: Glasmuseum und Gewerkschaft dort e<strong>in</strong>ziehen zulassen. Den Volkshaussaal jedoch, so Wolsch, brauche die <strong>Stadt</strong> sicher nicht mehr.Zum <strong>Neufert</strong>bau sagte Wolsch: "Da müssen wir nur warten, bis der von selbst zusammenfällt."Hans-Jürgen Beil (Klartext) pflichtete Wolsch bei: "Der ist Schrott." Es sei völlig s<strong>in</strong>nlos, etwasanderes als den Abriss des Gebäudes anzustreben. Das sollte die <strong>Stadt</strong> durchaus auch betonen.Das alte Lagergebäude werde auch zunehmend zu e<strong>in</strong>em Sicherheitsproblem, je mehr es verfällt.Das sieht Torsten Pötzsch nicht anders. Der <strong>Neufert</strong>bau sei denkmalgeschützt. Doch dieSicherungspflicht übernehme der Denkmalschutz nicht, sondern im Zweifel die <strong>Stadt</strong>, wenn derEigentümer nichts unternimmt. Vonseiten des Denkmalschutzes kämen nur unrealistischeNutzungsvorschläge. Beispielsweise Pilzzucht oder Nobelhotel <strong>in</strong> dem Backste<strong>in</strong>bauunterzubr<strong>in</strong>gen.E<strong>in</strong>ig war man sich im Ausschuss, dass der Bahnhof Priorität hat für die <strong>Stadt</strong>, weil er schon vonse<strong>in</strong>er Funktion her regelmäßig besucht wird. Damit das Gebäude saniert und genutzt werdenkann, müsse es der Eigentümer, die Luxemburger Patron Elke S.a.r.L., die selbst offenbar ke<strong>in</strong>Interesse mehr an dem Objekt hat, zu e<strong>in</strong>em akzeptablen Preis verkaufen, so Pötzsch. Die <strong>Stadt</strong>habe den Eigentümer deshalb zu e<strong>in</strong>em Gespräch e<strong>in</strong>geladen. Hartmut Schirrock (Wir für Hier)<strong>in</strong>des vermutet, dass der Eigentümer das Haus erst dann günstig verkauft, wenn dort auch derletzte Mieter ausgezogen ist.Zum Thema:Die Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke (VLG) ließen das Gebäude 1935 erbauen. Architekt <strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong> hatte e<strong>in</strong>en re<strong>in</strong>en Zweckbau für die Lagerung von Glas mit stabilen Decken und dünnenZwischenwänden entworfen. Sich kreuzende Stahlträger bilden 3,20 mal 2,40 Meter große Räume.1955 wurde der vom Krieg beschädigte Stahlskelettbau wiederhergestellt und nach der Wendeunter Denkmalschutz gestellt.Daniel Preikschat


14. Februar 2013Weckruf im BauausschussJe mehr der <strong>Neufert</strong>bau verfällt, desto mehr verliert er an Akzeptanz bei den Weißwasseranern.Die emotionslosen Äußerungen im Bauausschuss, das Gebäude falle schon von selbst <strong>in</strong> sichzusammen und sei nur Schrott, mag Denkmalschützern und Architekten übel aufstoßen.<strong>Neufert</strong>-Fans haben den Klotz, der allmählich zur Ru<strong>in</strong>e wird, auch nicht täglich vor Augen. Siemüssen nicht damit leben, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Stadt</strong>teil e<strong>in</strong> breiter Sechsgeschosser den gepflegtenGesamte<strong>in</strong>druck stört und der Entwicklung im Weg steht. Die deutlichen Worte der <strong>Stadt</strong>rätekönnten den e<strong>in</strong>en oder anderen aufwecken. Mit der Folge, dass der Denkmalschutz vielleichtgelockert oder gar aufgehoben wird. Oder mit der Folge, dass der Eigentümer zum<strong>in</strong>dest mehrWert auf Erhalt und Sicherung des Gebäudes legt. Damit wäre auch schon etwas gewonnen.daniel.preikschat@lr-onl<strong>in</strong>e.de07. Februar 2013Alles retten geht nichtWelches leer stehende Gebäude soll man <strong>in</strong> der <strong>Stadt</strong> Weißwasser zuerst retten? Die Diskussionim Bürgerforum am Dienstag machte erneut deutlich, dass die <strong>Stadt</strong> Prioritäten setzen muss. Füralle Traditionsobjekte - Gelsdorfhütte, Glasfachschule, Bahnhofsgebäude, <strong>Neufert</strong>bau undVolkshaus - reichen personelle Kraft und f<strong>in</strong>anzielle Mittel nicht aus.Hier zeigt sich, dass der Stadion-Ersatzneubau e<strong>in</strong>en Preis hat, der sich nicht alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Höhe desEigenanteils bemisst, sondern auch <strong>in</strong> dem Grad der Vernachlässigung anderer wichtiger Objekte.Alles retten geht nun mal nicht. Es können auch nicht alle Objekte, selbst wenn sie baulich allewieder auf Vordermann gebracht werden könnten, auch belebt und bespielt werden. Das e<strong>in</strong>zigeder genannten Objekte, das schon heute frequentiert wird und <strong>in</strong> dem noch e<strong>in</strong> Funken Leben ist,ist das Bahnhofsgebäude. Der erste Platz auf e<strong>in</strong>er Prioritätenliste sollte daher vergeben se<strong>in</strong>.daniel.preikschat@lr-onl<strong>in</strong>e.de


24. Januar 2013Auf e<strong>in</strong> WortDas ist Bauhaus Weißwasser!über aussterbende Berufe und neue IdeenVon Thomas StaudtVom Aussterben bedroht, auf der Roten Liste, kaum noch zu f<strong>in</strong>den, gefährdete Arten. UnserWortschatz ist heute voll von Wendungen wie diesen. Betroffen s<strong>in</strong>d nicht nur Tiere oder Pflanzen.Es gibt auch viele Berufe, die kaum oder gar nicht mehr ausgeübt werden. Wer kennt heute nochden Seiler, die Stenotypist<strong>in</strong>, den Druckvorlagenretuscheur oder den Bader? Je mehr digitaleMedien, wie Tablet, Notebook oder Smartphone den Buchmarkt erobern, desto öfter wird der Toddes Buches und der damit zusammenhängenden Gewerke prophezeit.Das Buchb<strong>in</strong>derhandwerk verhungert durch billige Großb<strong>in</strong>dereien im In- und Ausland aber schonviel länger. Gerade deshalb ist es für Weißwasser e<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>n, wenn das Handwerk hier nochausgeübt wird. Auch touristisch ließe sich mit solchen Berufen etwas anstellen. Schon länger wirdüber den <strong>Neufert</strong>-Bau h<strong>in</strong>ter der Polizei diskutiert. Ob das Lagerhaus des Bauhaus-Schülers <strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong> zu retten wäre, ist unklar. Wenn ja, würde sich e<strong>in</strong> Museum der aussterbenden Berufedort sicher gut machen. E<strong>in</strong> solches Museum gibt es <strong>in</strong> der sehr dichten deutschenMuseumslandschaft nämlich bisher nicht. Die Verb<strong>in</strong>dung zum Bauhaus gibt es gratis obendre<strong>in</strong>.Und zum<strong>in</strong>dest dieser Name zieht ja noch immer. Wie wär’s also mit: „Besuchen Sie das BauhausWeißwasser“?


201228. Dezember 2012„Wir haben wichtige Weichen gestellt“2012 ist für Weißwasser e<strong>in</strong> Jahr der Höhen und Tiefen.Oberbürgermeister Torsten Pötzsch blickt auf bewegte Tage zurück.OB Torsten PötzschNegativ: DieEntscheidung desKreises, die Hans-Fallada-Schule vonWeißwasser nachRietschenumzusiedeln, wird <strong>in</strong>der <strong>Stadt</strong> als herberVerlust empfunden.Positiv: Die Teilnahme amWettbewerb Mission-Olympic hat<strong>in</strong> Weißwasser überallBewegungsdrang ausgelöst.Belohnt worden s<strong>in</strong>d sie mit demTitel „Aktivste <strong>Stadt</strong>“.


Weißwasser hat im Juni e<strong>in</strong> Mega-Sportfest erlebt und wurde damit aktivste <strong>Stadt</strong> Deutschlands.Nun bereitet sie sich auf die Bewerbung für die Internationale Gartenbauausstellung 2027 vor.Die <strong>Stadt</strong> hat im zu Ende gehenden Jahr viele gute Momente erlebt. Rückschläge undEnttäuschungen blieben aber nicht aus.Herr Pötzsch, rückblickend hat man den E<strong>in</strong>druck, als habe sich die <strong>Stadt</strong> 2012 vor allem mit sichselbst beschäftigt. Wie lautet Ihr Fazit?Im Jahr davor war mir wichtig, die isolierte Stellung Weißwassers aufzubrechen und den Kontaktmit den Umlandgeme<strong>in</strong>den wiederzubeleben. Dieses Jahr hat sich der Blick tatsächlich mehr nach<strong>in</strong>nen gerichtet. Wir haben mit der Neustrukturierung der Verwaltung e<strong>in</strong>en Weg gefunden, denAblauf noch reibungsloser zu gestalten und den Service für die Bürger zu verbessern. Gleichzeitigwurden Verantwortung und Arbeit auf mehr Schultern verteilt. Statt drei Fachbereichsleiternbesteht die Verwaltung nun aus sieben Referatsleitern. Ich b<strong>in</strong> sicher, dass wir damit <strong>in</strong> derVerwaltung wichtige Weichen für die Zukunft gestellt haben.Hat die Kraft, die darauf verwendet wurde, nicht wichtige Ressourcen gebunden?Das trifft noch viel mehr auf die E<strong>in</strong>führung der Doppik zu. Die Umstellung der Buchführungbedeutet für die <strong>Stadt</strong> e<strong>in</strong>e große f<strong>in</strong>anzielle und personelle Belastung. Und das wird sicherlichnoch m<strong>in</strong>destens zwei Jahre so weitergehen.Viele Vorhaben s<strong>in</strong>d im Ansatz stecken geblieben…Selbstverständlich war nicht alles auf e<strong>in</strong>mal zu schaffen. Wir haben weiterh<strong>in</strong> großenHandlungsbedarf zum Beispiel bei Brachen und Freiflächen, denken Sie nur an die ehemaligeGlasfachschule, <strong>Neufert</strong>-Lagerhaus, Bahnhofsgebäude, aber auch an die Erstellung unseres<strong>Stadt</strong>entwicklungsmodells (SEM), welches genau diese Themen mit be<strong>in</strong>halten soll. Das ist allesbekannt und wird im nächsten Jahr e<strong>in</strong>e große Rolle spielen.Hat das Jahr 2012 Weißwasser wirklich weitergebracht?Ich sage, ja. Wir, und damit me<strong>in</strong>e ich vor allem aktive Bürger, haben verh<strong>in</strong>dert, dass die <strong>Stadt</strong>ihren Status als Mittelzentrum verliert. Die vielen Stellungnahmen zum Landesentwicklungsplanaus Weißwasser und der Region haben gezeigt, dass wir nicht alles h<strong>in</strong>nehmen müssen, sonderngestaltend mitwirken können. Und dann denken Sie an die Bürgerbeteiligung beim Planverfahrenzum Neubaugebiet auf dem ehemaligen Allbau-Gelände/Alte Ziegelei. Die Entwicklungen bei derBuga, die nun e<strong>in</strong>e Internationale Gartenbauausstellung <strong>in</strong> der Region werden könnte. Die <strong>Stadt</strong>hat viele Baumaßnahmen geschafft, wie den ersten Teilabschnitt der Lutherstraße und mehrereAnliegerstraßen und Gehwegsanierungen. Andere wurden auf den Weg gebracht, wie der Neubauder Eisarena.Was würden Sie aus Ihrer Sicht als Tiefpunkt des Jahres bezeichnen?Getroffen hat mich der Wegzug der Hans-Fallada-Schule. Die Art und Weise, wie dieVerantwortlichen im Landkreis dabei vorgegangen s<strong>in</strong>d – das war nicht die fe<strong>in</strong>e englische Art. DerUmzug nach Rietschen ist e<strong>in</strong> gravierender Verlust für die <strong>Stadt</strong>.Mit Rietschen gab es schon vorher Unstimmigkeiten <strong>in</strong> Sachen Wesda. Reden Sie noch mit demBürgermeister Brehmer?


Neben dem auffallenden Sechsgeschosser <strong>in</strong> der Schmiedestraße hat <strong>Neufert</strong> auch e<strong>in</strong> WohnhausEcke Hegelpromenade/Rosa Luxemburg-Straße konzipiert, außerdem e<strong>in</strong> Wannen-Gebäude, dasheute auf dem Stölzle-Gelände <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Straße steht, sowie mehrere Holzhäuser.Längst verschwunden s<strong>in</strong>d lediglich die Holzhäuser, so Anne Petrick weiter. Wie viele es genauwaren, habe die Denkmal-Kommission noch nicht herausgefunden. Fest stehe jedoch, dass sie <strong>in</strong>den Vierziger Jahren <strong>in</strong> der He<strong>in</strong>rich-He<strong>in</strong>e-Straße <strong>in</strong> Fertigbau-Weise errichtet worden s<strong>in</strong>d.Ausgebombte Berl<strong>in</strong>er fanden dort vorübergehend e<strong>in</strong>e Bleibe.Das Wannengebäude, das <strong>Neufert</strong> für se<strong>in</strong>en damaligen Arbeitgeber, die Vere<strong>in</strong>igten LausitzerGlaswerke (VLG), geplant hat, trage deutlich se<strong>in</strong>e Handschrift: durchgehende Lichtbänder,Glasbauste<strong>in</strong>-Segmente, <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e klare L<strong>in</strong>ie.Ausgestattet mit e<strong>in</strong>igen Raff<strong>in</strong>essen <strong>in</strong>des war das Wohnhaus, das eigens für den damaligenGlaswerke-Produktionsleiter Bruno K<strong>in</strong>dt <strong>in</strong> den Dreißiger Jahren erdacht und erbaut wurde, soAnne Petrick. So ließ sich das vier Meter breite Wohnzimmer-Fenster im Boden versenken. VomObergeschoss führte e<strong>in</strong> Wäsche-Schacht <strong>in</strong> den Keller. Die waagrecht verlaufenden Gartenzaun-Bretter ließ <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> schräg setzen, damit sie neben e<strong>in</strong>er Sicht- auch e<strong>in</strong>e Lärmschutz-Funktion erfüllten, erklärt die Architekt<strong>in</strong>. VLG-Produktionsleiter Bruno K<strong>in</strong>dt erfreute sichallerd<strong>in</strong>gs nicht allzu lange se<strong>in</strong>es Heims. Nach Recherchen der Denkmal-Kommission Weißwasserstarb der Kapitän-Leutnant bereits im Oktober 1939 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutschen U-Boot. Nach demZweiten Weltkrieg bewohnten Wehrkreis-Kommandant Harry Luck und e<strong>in</strong> Krankenhaus-Arzt diebeiden Etagen. In den Sechziger Jahren zog dann e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>dergarten <strong>in</strong> das <strong>Neufert</strong>-Haus e<strong>in</strong>. Damalssoll das Gebäude auch e<strong>in</strong>en Anbau bekommen haben. Vor allem während dieser Zeit nahmen dieWeißwasseraner das Haus wahr. Heute, so Anne Petrick, werde es privat genutzt.Daniel Preikschat11. August 2012Arbeitskollegen bei den Glaswerken waren auch gute FreundeWeißwasser Der e<strong>in</strong>e war der künstlerische Leiter der Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke (VLG), derandere dortselbst Hausarchitekt. Und beide waren mite<strong>in</strong>ander befreundet.<strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong>Archiv: W. Schubert


Wie die RUNDSCHAU-Sommertour-Gäste von Anne Petrick weiter erfahren konnten, seien sichWilhelm Wagenfeld und <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> allerd<strong>in</strong>gs schon während ihres Studiums am Bauhaus <strong>in</strong>Weimar näher gekommen.Vier Jahre, von 1934 bis 1944, war <strong>Neufert</strong> bei der VLG beschäftigt. In dieser Zeit schloss sich auchFensterbauer Erich Nickel aus Weißwasser den kreativen Köpfen an, so Anne Petrick. Dabei sei dieWertschätzung Nickels so weit gegangen, dass er se<strong>in</strong>em Sohn <strong>Neufert</strong>s Vornamen gab. ImGegenzug soll der Architekt dem K<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e "Bauentwurfslehre" <strong>in</strong> die Wiege gelegt haben.<strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> hat nach se<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> Weißwasser <strong>in</strong> Darmstadt e<strong>in</strong> Architekturbüro gegründet. Inden folgenden Jahren baute er für die Industrie. Beachtung fand das von ihm entworfeneZentralgebäude des Quelle-Versandhauses <strong>in</strong> Nürnberg mit 250 Meter langer Straßen-Fassade, das1955 errichtet wurde. Wie <strong>Neufert</strong>s Wannen-Gebäude <strong>in</strong> Weißwasser charakterisierte auch dasQuelle-Haus durchlaufende vertikale Fensterbänder.85-jährig starb <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> 1986 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Privathaus nahe des Genfer Sees.WilhelmWagenfeldArchivfoto: LR dpr


11. August 2012Glaswaren-Lager, Konsum-Hochhaus, DenkmalSommertour-Gäste unternehmen spannenden Ausflug <strong>in</strong> die Geschichte des <strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong>-Gebäudes <strong>in</strong> der Schmiede-StraßeWeißwasser Mehr als 30 Interessierte zog es zum sechsstöckig aufragenden Hartbranntziegel-Bau<strong>in</strong> der Schmiedestraße. Diplom Ingenieur<strong>in</strong> Anne Petrick machte sie dort mit <strong>Neufert</strong> selbst, vorallem aber mit den von ihm entworfenen Gebäuden <strong>in</strong> Weißwasser bekannt - und das auf e<strong>in</strong>esehr unterhaltsame Weise.


E<strong>in</strong> schweres blaues Buch wird weiter gereicht. Beim Blättern sieht man den Menschenschematisch dargestellt im Raum stehen. Es wird deutlich: Er ist für den Autor das Maß der D<strong>in</strong>gebeim Konzipieren von Gebäuden. Was die RUNDSCHAU-Sommertourer zum<strong>in</strong>dest kurz mal <strong>in</strong>Händen halten, ist die "Bauentwurfslehre" <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong>s, e<strong>in</strong>es von nun schon zwölf MillionenExemplaren, das weltweit erschienen ist.Vor allem aber die Praxis, das hochhausartig vor ihnen aufragende Lagergebäude, <strong>in</strong>teressiert dieBesucher. Jeder kennt es mehr oder weniger gut. Viele waren auch schon mal dr<strong>in</strong> gewesen, umHaushaltswaren zu erwerben. Vom Kauf e<strong>in</strong>es Rasier-Apparates war zu hören und von dem e<strong>in</strong>esStaubsaugers. Soll das Gebäude nun abgerissen werden oder nicht? Kann es genutzt werden?Wannenhaus-ResteAnne Petrick, begleitet von Denkmal-Kommission-Chef Günter Segger, hielt sich mit Antwortenzurück und lieber an die Fakten: Die Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke (VLG) ließen das Gebäude1935 erbauen. <strong>Neufert</strong> hatte e<strong>in</strong>en re<strong>in</strong>en Zweckbau entworfen. Glas sollte dort schnell unde<strong>in</strong>fach untergebracht und ebenso schnell auch wieder aufzuf<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>. Es entstand e<strong>in</strong>e Artbegehbares Hoch-Regal. Horizontal und vertikal sich kreuzende Stahlträger, mite<strong>in</strong>anderverschraubt, bildeten "Regalfächer" mit den Maßen 3,20 mal 2,40 Meter. Jedes wurde mit e<strong>in</strong>erNummer versehen. Decken aus Ziegelste<strong>in</strong> und Beton konnten die schwere Last tragen. Innenwurden nur dünne Zwischenwände gesetzt, die Außenmauern waren mit 12,5 Zentimetern nure<strong>in</strong>en halben Ste<strong>in</strong> dick.Außerdem bemerkenswert war für Anne Petrick die rückseitige Längswand. Von e<strong>in</strong>em zuvorabgerissenen alten Wannen-Haus der VLG hatte man e<strong>in</strong>e Mauer drei Geschosse hoch stehengelassen, auf die dann die Lagerhaus-Rückwand aufgemauert wurde. Die Bau<strong>in</strong>genieur<strong>in</strong> machteauf Fensterbögen und Giebelsims an dieser Stelle aufmerksam, die vom alten Wannenhauszeugen. Interessant wie das Gebäude selbst war auch se<strong>in</strong>e weitere Geschichte. Obwohl imZweiten Weltkrieg beschädigt, ließ es der DDR-Staat nicht abreißen. Etwa e<strong>in</strong> Drittel desLagerhauses war, von Bränden verursacht, so schwer beschädigt, dass es teilweise abgetragenwerden musste. 1955 genehmigte die Bauaufsicht die "Wiederherstellung des durchKriegse<strong>in</strong>wirkung zerstörten Hochhauses Dimitroffstraße 12". Se<strong>in</strong>e neue Bestimmung: Konsum-Hochhaus. Die Sommertour-Gäste hatten noch gut <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, dass dort Haushaltswaren zubekommen waren. Von e<strong>in</strong>em Gemüsekontor wie bei Wikipedia zu lesen <strong>in</strong>des, war denSommertour-Teilnehmern nichts bekannt.Nach der Wende schließlich bekam das Haus den Denkmalschutz-Status verliehen. Nach wie vor,so Anne Petrick, halte das Landesamt für Denkmalpflege den <strong>Neufert</strong>bau für erhaltenswert undverbiete den Abriss. Die Bekanntheit <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong>s und der Wert des Gebäudes als Zeugnis derIndustriegeschichte Weißwassers seien maßgebend für diese E<strong>in</strong>schätzung."Frech h<strong>in</strong>gerotzt"Neben e<strong>in</strong>em eifrig fotografierenden Oberbürgermeister Torsten Pötzsch waren auch <strong>Stadt</strong>ratHartmut Schirrock und Architekt Fred Jas<strong>in</strong>ski, der derzeit für die <strong>Stadt</strong> an dem Projekt"Zusammenhalt durch Teilhabe" arbeitet, anwesend. Schirrock, Mitglied im Bauausschuss der<strong>Stadt</strong>, erhoffte sich von Jas<strong>in</strong>ski Rat: Was tun mit dem heute denkmalgeschützten Haus, das e<strong>in</strong>emPotsdamer Privatmann gehöre? E<strong>in</strong>e Antwort fiel auch Jas<strong>in</strong>ski schwer. Der extrem stabile Bau se<strong>in</strong>icht mehr nutzbar, werde aber trotz des teilweise e<strong>in</strong>gefallenen Dachs noch lange der Witterungtrotzen, so Jas<strong>in</strong>ski. Gerade die brutale E<strong>in</strong>fachheit der Konstruktion aber, die hier "frechh<strong>in</strong>gerotzt" worden ist, mache den <strong>Neufert</strong>-Bau für Besucher der <strong>Stadt</strong> attraktiv.


Anne Petrick (r.) fesselte die Sommertour-Gäste mit der Geschichte des <strong>in</strong>teressanten Gebäudes.Foto: PreikschatDaniel Preikschat


02. August 2012Architektur zum Anfassen für RUNDSCHAU-Leser<strong>Neufert</strong>-Bau steht im FokusWeißwasser Diplom Ingenieur<strong>in</strong> Anne Petrick von der Denkmal-Kommission Weißwasser machtSommertour-Teilnehmer nächste Woche mit dem <strong>Neufert</strong>-Bau <strong>in</strong> Weißwasser bekannt. DerRUNDSCHAU erklärt sie die Bedeutung von Architekt und Bauwerk.Frau Petrick, <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> wird mitunter als "Gott der Architekten" bezeichnet. Zu Recht?Er war e<strong>in</strong> herausragender Architekt, se<strong>in</strong> Hauptwerk die "Bauentwurfslehre", die Planer nochheute nutzen. Dieses Buch umfasst alle Bereiche des Entwurfs von Garagen, E<strong>in</strong>familienhäusernbis h<strong>in</strong> zu Theatern, Krankenhäusern, Sportstätten oder Schulen. Das Buch wird ständig aktualisiertund ersche<strong>in</strong>t nun schon <strong>in</strong> der 39. Auflage.In welche Schaffensperiode <strong>Neufert</strong>s fällt das Gebäude?<strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> war ab 1935 zehn Jahre <strong>in</strong> Weißwasser tätig. Als bekannter Bauhaus-Architekt undSchüler von Walter Gropius nimmt er e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle <strong>in</strong> der Architekturgeschichte e<strong>in</strong>.Mehr dazu erfahren alle <strong>in</strong>teressierten Bürger am Dienstag an dem von <strong>Neufert</strong> entworfenenGebäude <strong>in</strong> der Schmiedestraße.Es ist vonseiten der <strong>Stadt</strong> schon von Abriss gesprochen worden Sollte der Bau aus Ihrer Sichterhalten bleiben?Für die <strong>Stadt</strong> und die Denkmal-Kommission ist es äußerst wichtig, dass dieses Lagergebäude ausgeschichtlichen Gründen nicht vergessen wird. E<strong>in</strong>e Umnutzung ist nur durch den Eigentümermöglich.Was erwartet unsere Leser bei Ihrer Führung am Dienstag?Sie erwartet Architektur zum Anfassen. Episoden aus vergangenen Zeiten werden erzählt,E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die Bedeutung unbeachteter Schätze <strong>in</strong> unserer <strong>Stadt</strong> vermittelt. Leider können wirdas Gebäude nicht betreten, da es teilweise stark <strong>in</strong> Mitleidenschaft gezogen ist. Aber GünterSegger, der Leiter der Denkmal-Kommission, wird <strong>in</strong>teressante Fotos zeigen. Zudem gibt es <strong>in</strong>Weißwasser weitere <strong>Neufert</strong>-Häuser, die wir vorstellen wollen.Zum Thema:Die Anmeldung für die Tour am 7. August, 17 Uhr, erfolgt unter 0355 481595. Dort läuft e<strong>in</strong>Anrufbeantworter. Neben dem Stichwort "Denkmaltour Weißwasser" den Vor- und Zunamen unddie eigene Telefonnummer sagen. Die Teilnehmer werden benachrichtigt.Anne Petrick.Foto: Preikschat


1935 wurde der<strong>Neufert</strong>-Bau für dieGlaswerkeWeißwassererrichtet.Er diente später alsGemüsehandelskontor.Foto: Archiv FirmaKreiselFoto: dpr21. Juli 2012Wohnhaus-Idee für <strong>Neufert</strong>-BauDenkmalschutz lehnt Abriss ab und rät zu Nachnutzung / Rathaus-Chef:"unrealistisch"Weißwasser Geht es nach den Denkmalschutzbehörden, könnte im <strong>Neufert</strong>-Kl<strong>in</strong>kerbau <strong>in</strong>Weißwasser anspruchsvolles Wohnen angeboten werden. Im Rathaus hält man wenig von dieserIdee. Ohne Abriss-Option sei das Innenstadt-Grundstück nicht zu entwickeln.Aus Sicht der<strong>Stadt</strong>Weißwasser istder <strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong>-Baunicht mehrnutzbar. DerDenkmalschutzsieht dasanders.Foto:Preikschat


Es ist schon ziemlich verwittert, aber an der Fassade des <strong>Neufert</strong>-Kl<strong>in</strong>kerbaus <strong>in</strong> der Dr. Altmann-Straße ist das Schild noch immer zu sehen. "Zu verkaufen" steht darauf. Und daneben ist das Logoder Treuhand Liegenschaftsgesellschaft samt Telefon-Nummer abgebildet. Dabei sei dasdenkmalgeschützte Gebäude Baujahr 1935 bis 1937 längst im Besitz e<strong>in</strong>es Mannes aus Potsdam,der es se<strong>in</strong>erseits gern weiter verkaufen würde, so Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext).Es habe sogar schon e<strong>in</strong>en Interessenten aus Weißwasser gegeben. Doch die Aussicht, dasehemalige Lagerhaus für die Glas<strong>in</strong>dustrie nicht abreißen zu können, um das Grundstück danachanderweitig zu nutzen, habe ihn schnell wieder abgeschreckt.E<strong>in</strong>e Sprecher<strong>in</strong> des Landkreises Görlitz bestätigt, dass es im Mai e<strong>in</strong>en Vor-Ort-Term<strong>in</strong> <strong>in</strong>Weißwasser gegeben hat. Dabei hätten Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege <strong>in</strong> Dresdenden Oberbürgermeister auf den Denkmalwert des Gebäudes h<strong>in</strong>gewiesen. Die Funktionalität destragenden Stahlskeletts präge die Fassade als unwiederbr<strong>in</strong>glichen Industriebau, hieß es. DieBauentwurfslehre des Walter Gropius-Mitarbeiters <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> gehöre noch heute zu denStandardwerken im Bauwesen. Daraus ergebe sich klar der Auftrag, das Gebäude zu erhalten.Wie die Landkreis-Sprecher<strong>in</strong> weiter <strong>in</strong>formiert, liege derzeit ke<strong>in</strong>e Anfrage für e<strong>in</strong>e Nutzung vonGebäude oder Grundstück vor. Die Denkmalschutz-Fachleute des Landkreises könnten sich jedochvorstellen, im <strong>Neufert</strong>-Bau "anspruchsvolles Wohnen" anzubieten.E<strong>in</strong>e Idee, die Oberbürgermeister Pötzsch für völlig unrealistisch hält: "Wenn das Gebäude <strong>in</strong>München oder Berl<strong>in</strong> stehen würde, könnte das funktionieren. Vielleicht auch noch, wenn es <strong>in</strong>Dresden stehen würde." In Weißwasser jedoch fänden sich mit Sicherheit weder ausreichendKäufer noch Mieter für Luxus-Wohnungen. Torsten Pötzsch sieht den Bau so dem weiteren Verfallpreisgegeben. Das Dach sei bereits stark beschädigt. In der ansonsten gepflegten Innenstadt vonWeißwasser biete sich so e<strong>in</strong> immer hässlicherer Anblick.Zum Thema:<strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> wurde am Bauhaus Weimar ausgebildet und war von 1934 bis 1944 Hausarchitektder Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke. In Weißwasser, Tschernitz und Kamenz entwarf erBürohäuser und Fabriken. Zuvor hatte er mit Walter Gropius an den neuen Bauhausbauten undden Meisterhäusern für die Maler Wassily Kand<strong>in</strong>sky, Paul Klee und Georg Muche <strong>in</strong> Dessaugearbeitet. Später schuf <strong>Neufert</strong> Bauten im Westen Deutschlands.Daniel Preikschat


19. Juli 2012Der Sommertouren-Plan steht festDie RUNDSCHAU-Leser erkunden Schöpsbaustelle, <strong>Neufert</strong>bau undRekultivierungsgebietWeißwasser Der Sommer lässt noch auf sich warten, die RUNDCHAU-Sommertouren nicht mehr.In diesem Jahr bieten wir wieder Touren vor der Haustür an, die so manchen <strong>in</strong>teressanten E<strong>in</strong>oderAusblick bieten.Die Ausflüge für Daheim-Urlauber s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahren immer gut angekommen. Das werdensie hoffentlich 2012 erneut, wenn wir <strong>in</strong> den Sommerferien geme<strong>in</strong>sam mit Partnern <strong>in</strong>sgesamtfünf Touren anbieten.Los geht es bei e<strong>in</strong>er der ganz großen wasserwirtschaftlichen Baumaßnahmen im FreistaatSachsen – wir schauen uns um, wie e<strong>in</strong> Fluss umzieht. Mit der LR auf die Schöpsbaustelle geht esam Mittwoch, 25. Juli, um 10 Uhr. Wir treffen uns am Vattenfall-Baubüro <strong>in</strong> der Kirchstraße <strong>in</strong>Rietschen, wo Projektverantwortliche Cor<strong>in</strong>a Fiskal e<strong>in</strong>en kurzen theoretischen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong>s Themagibt, bevor es rausgeht auf die Baustellen. Nicht geeignet ist die Tour für Menschen mitGehbeh<strong>in</strong>derung, außerdem s<strong>in</strong>d wetterfeste Schuhe e<strong>in</strong> Muss.Mit der LR auf Denkmaltour heißt es am Dienstag, 7. August, ab 17 Uhr am <strong>Neufert</strong>bau <strong>in</strong> derSchmiedestraße <strong>in</strong> Weißwasser. Günter Segger und Anne Petrick von der Denkmalkommissionversprechen historische Fotos und <strong>in</strong>teressante Infos rund um das Gebäude des Bauhausschülers.Das Gasthaus "Zur L<strong>in</strong>de" <strong>in</strong> Krauschwitz ist am Mittwoch, 15. August, 11 Uhr, Treff für die Tourmit der LR zum Drachenberg. Geoparkführer Jürgen Siegemund vorneweg und viele Gästeh<strong>in</strong>terher werden den vom Eiszeitdorf Krauschwitz festgelegten ersten sächsischen Geopfad imMuskauer Faltenbogen zum Drachenberg wandern, der zurzeit gestaltet wird. Diese Tour istkostenpflichtig (drei Euro pro Erwachsener).


Was es braucht, um aus e<strong>in</strong>em Klumpen Ton e<strong>in</strong> ansehnliches Gefäß zu fertigen, werden dieTeilnehmer am Mittwoch, 22. August, ab 10 Uhr <strong>in</strong> der Töpferei Hirche <strong>in</strong> Sagar erfahren, wenn esheißt: Mit der LR zu Besuch beim Töpfer.Dem Hermannsdorfer See, das Moor<strong>in</strong>itial Altteicher Moor und die Spreyer Höhe kann man amMittwoch, 29. August, erleben. Um 10 Uhr am Schweren Berg <strong>in</strong> Weißwasser geht es an diesemTag los mit der LR durch das Rekultivierungsgebiet Tagebau Nochten. Bevor das Gelände erkundetwird, gibt es auch hier e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Fachvortrag.Die AnmeldungFür alle Touren s<strong>in</strong>d Anmeldungen notwendig, weil die Teilnehmerzahlen begrenzt s<strong>in</strong>d. DieAnmeldung ist bis zwei Tage vor Tourstart unter der Rufnummer 0355 481595 möglich. Achtung:Dort läuft e<strong>in</strong> Anrufbeantworter. Bitte deutlich den Namen der Tour sagen (im Texthervorgehoben), den Vor- und Zunamen und die eigene Telefonnummer angeben. Die Teilnehmerwerden von der RUNDSCHAU rechtzeitig benachrichtigt, ob sie mit auf die jeweilige Sommertourgehen können.Der <strong>Neufert</strong>bausteht am imMittelpunkt derDenkmaltour am7. August.Archivfoto: D.PreikschatReg<strong>in</strong>a Weiß


22. Mai 2012„Es befriedigt mich, dass me<strong>in</strong>e Idee lebt“Tischlermeister <strong>Ernst</strong> Nickel aus Weißwasser feiert 70. Geburtstag / Nach wie vorAufträgen auf der SpurWeißwasser Nicht nur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Zunft, sondern <strong>in</strong> Weißwasser an sich gilt er als e<strong>in</strong>e lebendeLegende: Tischlermeister <strong>Ernst</strong> Nickel. Heute feiert er se<strong>in</strong>en 70. Geburtstag. Für ihn der Tag, andem er se<strong>in</strong>en Ausstand aus dem aktiven Arbeitsleben geben will. So ist es vorgesehen.Jubilar <strong>Ernst</strong> Nickel. Foto: Gabi NitscheDoch wirklich aufhören zu arbeiten, das kann er wohlnicht, vermutet er. »Me<strong>in</strong>e Wohnung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> habe ichdef<strong>in</strong>itiv gekündigt«, unterstreicht er. Doch von demgroßen Echtholz-Schreibtisch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wohnhaus ander He<strong>in</strong>rich-He<strong>in</strong>e-Straße <strong>in</strong> Weißwassesr lässt es sichja auch engagieren. Engagieren für die Tischlerei Nickel,die er vor drei Jahren an Beate Petrick (»sie warKauffrau vorher bei uns«) und Udit Fuhrmann (»me<strong>in</strong>Tischlermeister) verkauft hat. Engagieren für dasFensterwerk wenige hundert Meter weiter an derStraße gelegen, das er 1992 eröffnete und das heutemit Gottfried Haberhausen (»er ist seit 1994 bei uns«)an der Spitze über die Landesgrenzen h<strong>in</strong>auserfolgreich dasteht. Trotz zweier Insolvenzen.Viele Produktionsplätze»Das ist Geschichte. Das Wichtigste ist doch, dass beide Betriebe gut dastehen und 'ne MengeLeute Arbeit haben.« Und <strong>Ernst</strong> Nickel fügt h<strong>in</strong>zu: »Es befriedigt mich, dass me<strong>in</strong>e Idee lebt undfortgeführt wird. Beide s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>em guten Weg. Unsere Referenzen sprechen für sich.«Se<strong>in</strong>e Idee nach der Wende war es, viele Produktionsplätze für die Menschen hier zu schaffen.»Nur durch Produktion wird Mehrwert geschaffen, das war me<strong>in</strong> Leitgedanke. Aber ich habedamals mit wenig Geld angefangen. Die Betriebe s<strong>in</strong>d dann sehr groß geworden, und deren Startsehr teuer. Ohne Geld von den Banken g<strong>in</strong>g das nicht.« Dar<strong>in</strong> bezieht der Weißwasseraner dasTürenwerk, das er 2001 <strong>in</strong> Boxberg eröffnete, e<strong>in</strong>. »Aber wie gesagt, das ist Geschichte.«Die »Nabelschnur« ist weder zur Tischlerei noch zum Fensterwerk abgeschnitten worden. Undwenn der heute 70-Jährige von beiden spricht, dann ist da immer von »wir« und »unsere« dieRede. Unbewusst, selbstverständlich. Alles andere wäre nicht <strong>Ernst</strong> Nickel. Und so hat er sich auchdie letzten Jahre - ganz selbstverständlich - für beide Firmen auf den Weg gemacht und geholfen,wie er sagt, die Auftragsbücher zu füllen, hat se<strong>in</strong>en Namen und se<strong>in</strong> Fachwissen Tischlerei undFensterwerk zur Verfügung gestellt. »Viele Kontakte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den 20 Jahren gewachsen, da wurdeVertrauen aufgebaut«, fügt er h<strong>in</strong>zu.Mit Fenstern <strong>in</strong> bester Qualität für das italienische Dorf und das Taschenbergpalais <strong>in</strong> Dresden hater <strong>in</strong> den ersten Jahren nach der Wende für Aufsehen <strong>in</strong> der Branche gesorgt. Viele Aufträge


folgten. Und immer wieder besche<strong>in</strong>igten die Auftragnehmer ihm und se<strong>in</strong>en Mitarbeitern e<strong>in</strong>etolle Leistung. »Daran hat sich nichts geändert, beide Betriebe führen das fort.«Mit se<strong>in</strong>er Akquise unterstützt Nickel, das es so bleibt. In den letzten Jahren g<strong>in</strong>g es zum Beispielum den Bau von Holzhäusern <strong>in</strong> Spanien, da hat er Holz im afrikanischen Ben<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gekauft - »ke<strong>in</strong>Raubbau wurde da betrieben, sondern es ist Nachwachsendes von riesigen Teakholz-Plantagen« -und um viele <strong>in</strong>dividuelle Aufträge. <strong>Ernst</strong> Nickel nennt e<strong>in</strong>ige Beispiele wie den Fenstere<strong>in</strong>bau imOutletcenter bei Wustermark, <strong>in</strong> der Akademie der Künste und <strong>in</strong> Siemensstadt und im BürohausBorsig-Cas<strong>in</strong>o <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und im Hotel Adlon.Für die Gesundhaltung»Mir geht's hervorragend. Wer sagt, es geht ihm besser, schw<strong>in</strong>delt«, flachst er herum und lacht.Ne<strong>in</strong>, er werde nicht die Hände <strong>in</strong> den Schoß legen, w<strong>in</strong>kt er ab. »Ich werde wohl jetzt von hiernoch Aufträge heranholen«, gibt er zu. Und dann sei da ja noch e<strong>in</strong> bisschen Tischlern - »alsHobby, zur Gesundhaltung und auch, um die F<strong>in</strong>ger gelenkig zu halten.« Ganz zu schweigen vondem großen Garten h<strong>in</strong>term Nickel-Haus. »10 000 Quadratmeter.« misst dieser und gleicht damiteher e<strong>in</strong>em Park als e<strong>in</strong>em Hausgarten.Wann immer er die Zeit f<strong>in</strong>det, liest <strong>Ernst</strong> Nickel. »Alles, ob Krimi oder russische Literatur.« Erdurfte aus politischen Gründen damals ke<strong>in</strong> Abitur machen. »Da habe ich mir me<strong>in</strong> Wissenangelesen.« Ob es auch daran lag, dass ihm vom »Vater der deutschen Industrienorm«,Bauhausprofessor <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong>, die »Bauentwurfslehre« <strong>in</strong> die Wiege gelegt wurde, lässt sichheute schwer sagen. »Ich gucke heute noch re<strong>in</strong>«, sagt's und ist mit wenigen Schritten amBücherregal. E<strong>in</strong> Griff, und schon hält <strong>Ernst</strong> Nickel die Ausgabe von 1937 <strong>in</strong> den Händen. Auf demBuchdeckel Wasserflecken. »Sie ist bei unserer Flucht 1945 von Lugknitz über die Neiße <strong>in</strong>s Wassergefallen.« <strong>Neufert</strong> hat <strong>in</strong> Weißwasser zum Beispiel das Kl<strong>in</strong>ker-Gebäude auf dem früheren GHG-Gelände neben dem Polizeirevier geschaffen.Zurückblickend vor allem auf die vergangenen zwei Jahrzehnte erklärt <strong>Ernst</strong> Nickel: »Du musstjemanden im Rücken haben, der mitzieht. Das war vor allem me<strong>in</strong>e Frau, me<strong>in</strong>e Tochter undMitarbeiter. Als Geschäftsführer mehrerer Betriebe habe ich nur für die Arbeit gelebt,notgedrungen alles andere <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund gerückt. Das geht nur e<strong>in</strong>e Zeitlang.«Heute ist das anders, und das genießen <strong>Ernst</strong> und Friedericke Nickel. Beruflich ist er viel <strong>in</strong> derWelt herumgereist. »Im Sommer machen wir Urlaub mit dem Camp<strong>in</strong>gwagen, fahren von Emdenan der Nord- und Ostseeküste entlang und dann an oder und Neiße wieder nach Hause. »Daswollte ich schon immer mal.«Ihr ganzer Stolz s<strong>in</strong>d ihre Enkelk<strong>in</strong>der. »Unsere Tochter lebt mit ihrer Familie <strong>in</strong> Dresden. UnsereEnkeltochter ist 12, wächst mehrsprachig auf, unser Enkelsohn ist 14 und auf demSportgymnasium. Beide spielen <strong>in</strong> ihrer Freizeit Eishockey.« Aber an jedem Wochenende s<strong>in</strong>d dievier <strong>in</strong> Weißwasser. »Sie wohnen <strong>in</strong> unserem Haus, es ist weiterh<strong>in</strong> ihr Zuhause.«Von Gabi Nitsche


12. Mai 2012600 Objekte erzählen GlasgeschichteSonderschau über Bauhaus-Legende Wilhelm Wagenfeld im Schloss Bad MuskaueröffnetBad Muskau Die Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke AG stellen 1935 Bauhausschüler WilhelmWagenfeld als künstlerischen Leiter e<strong>in</strong>. Unter se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>fluss entwickelte sich die <strong>Stadt</strong> zu e<strong>in</strong>emeuropäischen Glaszentrum. Daran er<strong>in</strong>nert e<strong>in</strong>e Ausstellung im Neuen Schloss.Das Teeservice aus Glas, schlicht <strong>in</strong> der Form und absolut funktional. Es wurde im Jenaer Glaswerknach dem Entwurf Wilhelm Wagenfelds von Schott & Gen. hergestellt und ist bis heute e<strong>in</strong>Renner. "Das hatten wir auch zu Hause", erzählt Jan Hufenbach. Er sowie Arielle und SiegfriedKohlschmidt von der Agentur Blendwerck haben sich im vergangenen Jahr <strong>in</strong>tensiv mit dem Lebenund Schaffen von Professor Wilhelm Wagenfeld beschäftigt. Ende 2011 stimmten sie mit derFürst-Pückler-Stiftung das Konzept zur Ausstellung ab, die am Freitag <strong>in</strong> den neuen Räumen imWestflügel eröffnet wurde. Jan Hufenbach freut sich, dass dieses Konzept <strong>in</strong> den frischausgebauten Räumen im zweiten Geschoss des Westflügels so gut aufgeht. "Wir präsentieren e<strong>in</strong>eder umfangreichsten Werkschauen über Wagenfeld", so Hufenbach. Wobei nicht nur Stücke desGlasdesigners, der 1900 geboren und 1990 verstorben ist, ausgestellt werden. So f<strong>in</strong>den sichWerke von Friedrich Buntzen dem Schüler Wagenfelds, sowie Arbeiten von Horst Gramß, He<strong>in</strong>zSchade und Manfred Schäfer, die den Produkten des Komb<strong>in</strong>ats Lausitzer Glas Weißwasser e<strong>in</strong>Gesicht gaben. Den Schlusspunkt setzen Gläser aus der aktuellen Produktion von Stölzle. Nebenden über 600 Objekten der Ausstellung s<strong>in</strong>d die Macher besonders stolz, dass Stücke gezeigtwerden können, die noch nie <strong>in</strong> der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Darunter ist e<strong>in</strong>eGlasscheibe, auf der die Fabel von Storch und Fuchs verewigt ist, und die von Charles Crodel,e<strong>in</strong>em Mitarbeiter Wagenfelds, für die K<strong>in</strong>dt-Villa <strong>in</strong> Weißwasser (heute Rosa-Luxemburg-Straße)geschaffen wurde. Erstmalig s<strong>in</strong>d Fotografien von verloren gegangenen Grafiken des DresdenerKünstlers Hans Theo Richter zu sehen, die er für Wagenfeld zeichnete, und Bilder aus e<strong>in</strong>er Mappevon <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> mit Innenansichten der Vere<strong>in</strong>igten Lausitzer Glaswerke.


Auch wenn die Ausstellung "Wilhelm Wagenfeld <strong>in</strong> Weißwasser" heißt, hat der Designer auchVerb<strong>in</strong>dungen nach Muskau gehabt, wie er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an Crodels Enkel schreibt: "Abends s<strong>in</strong>dwir öfter <strong>in</strong> den nahen Park des Fürsten Pückler gefahren und dort <strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>e Schenke auf jetztpolnischer Seite der Neiße.""Wir wollen mit der Ausstellung auch regionale Identität stiften und Lust machen auf mehrExponate, die im Glasmuseum Weißwasser zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d", so Jan Hufenbach. Mit Unterstützungdes Weißwasseraner Hauses und anderen Leihgebern wurde die Schau erst möglich. Diese ist nunbis zum 31. Oktober von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der E<strong>in</strong>tritt beträgt drei Euro und schließt denTurmaufstieg e<strong>in</strong>.Dieser wurde im Zuge der Bauarbeiten am Westflügel erneuert. Mit der Wagenfeld-Schau werdenerstmals weitere ausgebaute Räume im Westflügel des Neuen Schlosses e<strong>in</strong>er dauerhaftenNutzung übergeben.Jan Hufenbach von derAgentur Blendwerck freutsich, dass dasAusstellungskonzeptgelungen ist.Reg<strong>in</strong>a Weiß


22. März 2012Diese Schandflecke verschw<strong>in</strong>denZwei neue <strong>Stadt</strong>umbaugebiete stellen sicher, dass der Fluss von Fördermittelnnach Weißwasser nicht versiegt. Damit bekommen Volkshaus und Bahnhof neueChancen. Die Frage ist nur welche?Von Thomas StaudtAls die Lokomotive der Waldeisenbahn noch da war, hieß das Gelände an der Muskauer Straßegegenüber Netto e<strong>in</strong>fach „Grünfläche an der Lokomotive“. Bis die <strong>Stadt</strong> vor zwei Jahren e<strong>in</strong>eparkähnliche Anlage schuf, sah es dort aus wie Kraut und Rüben. 170000 Euro flossen damals ausMitteln des <strong>Stadt</strong>umbaus-Ost. Nun läuft das Förderprogramm aus. Aber nicht alle Altlasten s<strong>in</strong>dbeseitigt. Deshalb kommen jetzt zwei neue <strong>Stadt</strong>umbaugebiete–und neue Fördermittel.Volkshaus.Foto: SZ-Archiv/Sandra TietzBahnhof.Foto: SZ-Archiv/Gunnar SchulzeDas Lagerhaus vonBauhausschüler <strong>Ernst</strong><strong>Neufert</strong> neben demWeißwasseranerPolizeirevier soll weg.Foto: SZ-Archiv/Thomas Staudt


201126. November 2011Innenstadt wird zur ChefsacheOberbürgermeister Torsten Pötzsch hat die Brachen <strong>in</strong> der <strong>Stadt</strong> im Blick - und willmit mehreren AGs für Weißwasser etwas bewegen. Erste Erfolge gibt es auch.Von Sab<strong>in</strong>e LarbigDie Schnitterbrauerei ist abgerissen – e<strong>in</strong> Investor fehlt. E<strong>in</strong> Ärgernis ist auch der leere Fox-Markt<strong>in</strong> der Schmiedestraße. Die Weißwasseraner<strong>in</strong> Ingeborg Hannusch bewegt das – und viele andereWeißwasseraner auch. Was benötigt wird, ist e<strong>in</strong> Plan – und offene Diskussionen darüber, wasWeißwasser will, braucht und bezahlen kann. „Wir brauchen e<strong>in</strong> richtiges Kaufhaus und nicht nochmehr Lebensmittelgeschäfte“, so die Senior<strong>in</strong>. Ihr pflichten bei der Gesprächsrunde mitOberbürgermeister Torsten Pötzsch im Begegnungszentrum Karl-Marx-Straße viele bei.Foxmarkt als MieterhausHoffnung auf e<strong>in</strong> neues Kaufhaus macht der <strong>Stadt</strong>chef nicht. Allerd<strong>in</strong>gs hat er dieInnenstadtbelebung zur Chefsache erklärt – und will mit <strong>Stadt</strong>räten, Experten, Planern und denWeißwasseranern etwas bewegen. Mit Erfolg. Laut Pötzsch habe den Foxmarkt e<strong>in</strong>Weißwasseraner gekauft, der schrittweise im Erdgeschoss des Objektes e<strong>in</strong>e Schnellre<strong>in</strong>igung und<strong>in</strong> den oberen Geschossen fünf Mietwohnungen errichten wolle.Auch das alte Lagerhaus neben dem Foxmarkt, die ehemalige GHG Haushaltwaren, ist fürInvestoren schon von Interesse. Und die Verkaufsbereitschaft des Eigentümers derdenkmalgeschützten Immobilie liege auch schon vor. Gut D<strong>in</strong>g will Weile haben: WederVertragsunterzeichnung noch künftige Nutzung seien derzeit spruchreif.Schnitterbrauerei am EndeFür e<strong>in</strong>e zeitnahe Bebauung des Schnitterbrauerei-Areals sieht Pötzsch derzeit wenig Hoffnung,nachdem die E<strong>in</strong>kaufszentrum-Pläne e<strong>in</strong>es Investors vom Tisch s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Lebensmittelmarkt andieser Stelle ist damit auch erstmal vom Tisch. Laut OB rechne sich e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufszentrum ohneDiscounter aber nicht. Und der Versuch, das täglich mit rund 5000 Kunden frequentierte Kaufland<strong>in</strong>s Zentrum zu ziehen, scheiterte an e<strong>in</strong>em fünfjährigen Mietvertrag für die Südpassage. Daherwerde nun an e<strong>in</strong>er Rückabwicklung des Schnitterbrauerei-Verkaufs gearbeitet.Kaufland soll <strong>in</strong>s ZentrumAm Ziel des langfristigen Umzugs des Kauflandes <strong>in</strong>s Zentrum würden <strong>Stadt</strong> und <strong>Stadt</strong>ratfesthalten. Da ihm auch bekannt sei, dass das Dänische Bettenlager ebenfalls zentraler ziehen will,würden auch hier Gespräche geführt. „Die Ratiomittelhalle an der Saschowawiese wäre dafürgut.“ Leider hätte die Investorengruppe erst kürzlich bei e<strong>in</strong>em Gespräch mit der <strong>Stadt</strong>verwaltungmitgeteilt, dass der Ausbau noch nicht greifbar sei.


Brunnenstraßenru<strong>in</strong>e als ParkWas ist möglich, ohne den großen Investor? Denkbar sei zum<strong>in</strong>dest auf dem Brauereigelände e<strong>in</strong><strong>Stadt</strong>park. „Doch hier muss erst klar se<strong>in</strong>, wer ihn anlegt, pflegt und se<strong>in</strong>e Unterhaltung zahlt“, soder <strong>Stadt</strong>chef. Zur Chefsache machen will Pötzsch auch die Kaufhallenru<strong>in</strong>e an der Brunnenstraße.Das ist auch nötig, wie Anwohner<strong>in</strong> Waltraud Engmann sagt: „Wir hatten sogar schon die Idee,e<strong>in</strong>e Unterschriftensammlung zu organisieren, damit was passiert.“Laut Pötzsch will er den Eigentümer – der die Kaufhalle als Lagerhalle nutzen wollte – vom Abrissund e<strong>in</strong>er Flächenbegrünung überzeugen. Die Chancen stünden gut, da er bei der <strong>Stadt</strong>verwaltungbereits e<strong>in</strong>en Antrag auf Teilabriss gestellt habe. Zudem gäbe es Interessenten, die dort e<strong>in</strong>enebenerdigen Komplex für sechs Senioren-Wohngeme<strong>in</strong>schaften planen. „Die Lage und das Umfeldmit Käseteich und sanierten Straßen wäre ideal“, so Pötzsch.201015. April 2010Häuser aus Ste<strong>in</strong> kommen <strong>in</strong> Weißwasser <strong>in</strong> ModeArchitektur <strong>in</strong> Weißwasser (Teil 2)Weißwasser Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderte sich die wirtschaftliche Lageder ländlichen E<strong>in</strong>wohnerschaft Weißwassers positiv. Die Industrialisierung durch den Bergbauund der Glas<strong>in</strong>dustrie brachte den landarmen Häusler- und Gärtnerfamilien e<strong>in</strong> zweifachesE<strong>in</strong>kommen. E<strong>in</strong>mal waren das Erlöse aus ihrer Landwirtschaft und zum anderen arbeiteten sie <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er der neuen Fabriken im Ort.


So entwickelte sich besonders bei den jungen Menschen die Me<strong>in</strong>ung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rückständigwirkenden Holzhaus nicht mehr wohnen zu wollen und so musste e<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>haus her. Es entstandim Rahmen der um 1820 entstandenen Architekturrichtung »Historismus« e<strong>in</strong>, der Gegendangepasster Heimatstil. E<strong>in</strong>- bis zweistöckige Häuser <strong>in</strong> Sichtziegelbauweise aber auch mitschmuckreicherer Backste<strong>in</strong>fassade wurden ab um 1880 bevorzugt. Dieser Baustil, e<strong>in</strong> Element desSpäthistorismus, endete im bürgerlichen Weißwasser im Wesentlichen mit der Wende zum 20.Jahrhundert. Als Bauernhausarchitektur blieb sie aber noch viele Jahre erhalten.GründerstilDas erste größere im Stil des Späthistorismus, auch Gründerstil, errichtete Gebäude <strong>in</strong> Weißwasserwar der Bahnhof. Dieses Backste<strong>in</strong>gebäude mit Mittelrisalit und Schmuckelementen ausverschiedenen Architekturepochen, wie Rundbogenfenster und dem umlaufendenRundbogenfries aus der Zeit der frühen Romanik betont den Baustilmix der Zeit. Auch diesichtbare Etagengliederung der Neorenaissance fällt auf.Das gegenüber bef<strong>in</strong>dliche Postgebäude präsentiert sich im Stil der Neorenaissance, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>erDachform aber im Schweizerhausstil, dem Trend der Zeit folgend. Der Seitenrisalit war mit e<strong>in</strong>ernach oben bis zum Dach verlaufenden, im Alpenland gern verwendeten Loggia bekrönt und auchso verziert. Alle anderen Gebäude um den Bahnhof herum entstanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher,schmuckarmen Sichtziegelfassade, der Kosten wegen so bevorzugt. Besonders oft wurdenFassadenverzierungen, wie die horizontal verlaufenden Gesimse, die Fenster- und Giebelformender Neorenaissance entnommen. Es s<strong>in</strong>d auch Schmuckelemente der Neogotik und vere<strong>in</strong>zelt desNeobarocks vorhanden. Alle diese Gebäude entstanden um die Wende zum 20. Jahrhundert unds<strong>in</strong>d dem Späthistorismus mit se<strong>in</strong>en Stilformengemischen (Eklektizismus) zuzuordnen. Ebensodie Gebäude der Glashütten passen gut <strong>in</strong> diese Epoche, als Heimatstil aber auch als Gründerstilbezeichnet.Dieses Wohnhaus an der Mühlenstraße besitzt e<strong>in</strong>e Dachkonstruktion im Schweizer Landhausstilmit Freigespärre.HeimatschutzstilAls sich abzeichnete, dass das ländliche Weißwasser zur Industriestadt avancieren würde und vieleE<strong>in</strong>wohner aufnehmen müsse, strebte man schnellstens den Bau mehrstöckigerWohngeschäftshäuser an. Ab 1890 bis um 1900 begann die Bebauung der heutigen City im Stil desSpäthistorismus, wobei die Bauernhausarchitektur, bis auf e<strong>in</strong>zelne bereits bestehendeAusnahmen, hier gänzlich zurücktrat. Mehrstöckige Häuser zur Aufnahme vieler E<strong>in</strong>wohner warengefragt. Als Fassadenschmuck fanden überwiegend Elemente der Neorenaissance und auch immer


mehr werdende Jugendstilverzierungen Anwendung. Etwa ab 1905 begannen die Bauherren sichdem Heimatschutzstil, mit se<strong>in</strong>en gern verwendeten Dachformen mit Knickgiebeln und Zeltdachaus dem englichen Landhausstil (Cottagestyl), zuzuwenden. Beispiele f<strong>in</strong>det man um denMarktplatz, der Muskau-Bautzener Straße und anderswo. Besonders die Villenbauten s<strong>in</strong>d dafürmarkant.Nun s<strong>in</strong>d die zahlreichen hier genannten Baustile ke<strong>in</strong>e Bauweisen, wie sie <strong>in</strong> frühester Zeit, derStabilität wegen angewandt wurden, sondern nur Schmuckelemente an den Fassaden. Auch gibtes ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>en Jugendstilhäuser <strong>in</strong> Weißwasser, aber viele, die die Schmuckelemente dieserEpoche tragen (Osram Siedlung, Wohngeschäftshaus <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Straße).Obwohl die Innenstadt im Frühjahr 1945 stark zerstört wurde, lassen sich hier e<strong>in</strong>igebemerkenswert geschmückte Hausfassaden und Dachgestaltungen f<strong>in</strong>den. Die Apotheke amMarktplatz präsentiert sich im Neobarock und das anschließende Gebäude mit dem Ratskellerzeigt e<strong>in</strong>e Neorenaissancefassade mit Ornamentschmuck. Der Mittelrisalit mit e<strong>in</strong>emNeorenaissancegiebel wird von e<strong>in</strong>em Eckturm selbiger Stilrichtung flankiert.Zwei Villen <strong>in</strong> der Karl-Marx-Straße s<strong>in</strong>d erwähnenswert - e<strong>in</strong>e im Schweizer Landhausstil mitetwas Laubsägearbeiten, entlehnt der Ostseebäderarchitektur - die andere mit e<strong>in</strong>erZeltdachkonstruktion und viel Freigespärre, wobei das gesamte Gebäude im Cottagestyl(englischer Landhausstil) gekleidet ist. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressanter Hängewerkdachstuhl mit Krumstreben-Spannwerk ist auch an der Kiesewetter-Villa e<strong>in</strong> angenehmer H<strong>in</strong>gucker. Ebenso <strong>in</strong> der MühlenundGutenbergstraße s<strong>in</strong>d schöne Freigesperre an Wohnhäusern zu sehen.Die folgenden, <strong>in</strong> den zwanziger Jahren errichteten Gebäude zeigen sich im Stil desBackste<strong>in</strong>expressionismus, des Art-Deco-Stils, und auch der Bauhausprofessor <strong>Ernst</strong> <strong>Neufert</strong> hat <strong>in</strong>Weißwasser se<strong>in</strong>e Spuren h<strong>in</strong>terlassen. Zusammenfassend für diese Jahre kann bemerkt werden,dass bis Ende der dreißiger Jahre die Weißwasser Baumeister e<strong>in</strong> Gemisch verschiedenerArchitekturen anwandten, die alle unter dem Begriff ,,Heimatschutzstil'' gefasst werden können.Nach der materialsparenden Reparatur der kriegsbeschädigten Wohnhäuser, weitestgehenderVerzicht auf Schmuck, erfolgte der Wiederaufbau vollständig zerstörter Gebäude. Anfangs erfolgtedies <strong>in</strong> Ziegelbauausführung, später <strong>in</strong> Großblockbauweise, was dem Bauhausstil nahesteht.Von Lutz Stucka

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