Akupunktur bei Schmerzen, was ist evidence ... - Rheuma Schweiz
Akupunktur bei Schmerzen, was ist evidence ... - Rheuma Schweiz
Akupunktur bei Schmerzen, was ist evidence ... - Rheuma Schweiz
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EULAR Remission nach 24 Wochen<br />
Schliesslich überzeugte die subkutane Injektion mit einer<br />
um 42% höheren EULAR Remission gegenüber der oralen<br />
Form 4 .<br />
<strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> <strong>Schmerzen</strong>,<br />
<strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>evidence</strong>-based?<br />
Metoject ® wird in der <strong>Schweiz</strong> durch die Firma Gebro<br />
Pharma AG vertrieben, welche den Ärzten auch ein Service-<br />
Paket, bestehend aus Subkutannadel,Alkoholtupfer, Entsorgungsbox<br />
für Leerspritzen sowie Patientenleitfaden, zur<br />
Selbstapplikation anbietet.<br />
Literatur<br />
1 Pharma Panel ims: 11, 2005<br />
2 Jundt JW et al: Low dose MTX bioavailability. J<br />
<strong>Rheuma</strong>tol 20:11, 1993<br />
3 Arthur V et al: Parenteral use of MTX in RA. J Clin<br />
Nursing: 11, 2002<br />
4 Braun J et al: Poster–Präsentation, ACR Congress,<br />
San Diego, California, 13. bis 17. November<br />
2005<br />
Seit dem 1.7.2005 werden in der <strong>Schweiz</strong>, ausser der <strong>Akupunktur</strong>, keine anderen alternativ-medizinischen Le<strong>ist</strong>ungen mehr durch<br />
die Grundversicherung abgedeckt. Nebst der Anthroposophischen Medizin, der Homöopathie und der Phytotherapie müssen<br />
auch die anderen Elemente der Traditionell Chinesischen Medizin (TCM), wie die Tuinamassage (eine spezielle Massage entlang<br />
den Meridianen) und die Phytotherapie (innere Verabreichung von Kräutern und Naturprodukten gemäss TCM) privat bezahlt<br />
beziehungsweise in einer Zusatzversicherung abgedeckt werden. Die Nachfrage nach alternativen Therapie-Methoden <strong>ist</strong> noch<br />
immer gross. Im Folgenden wird die <strong>Akupunktur</strong> zur Behandlung von <strong>Schmerzen</strong> in Bezug auf ihre Evidenz genauer beleuchtet.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation hat eine L<strong>ist</strong>e der Indikationen<br />
für <strong>Akupunktur</strong>-Behandlungen veröffentlicht, welche<br />
auch verschiedene Erkrankungen aus dem rheumatologischen<br />
Formenkreis umfasst. Dazu gehören <strong>bei</strong>spielsweise<br />
Wirbelsäulenschmerzen, Epikondylopathien, Periarthropathien<br />
und degenerative Gelenkbeschwerden.<br />
Nach unseren Erfahrungen zeigen sich Erfolge durch <strong>Akupunktur</strong>-Behandlungen<br />
oft eher <strong>bei</strong> akuten oder subakuten<br />
Schmerzzuständen, welche aber selten primär mit <strong>Akupunktur</strong><br />
behandelt werden. Bei chronischen Beschwerden beschreiben<br />
die Patienten jedoch häufig eine Verbesserung des<br />
allgemeinen Zustandes und des Schlafes.<br />
<strong>Akupunktur</strong>-Behandlung<br />
ANDREA STÄRKLE-BÄR<br />
40–2006<br />
7<br />
SCHWERPUNKT
8<br />
Grundlagen der chinesischen Medizin<br />
Die Lehre der chinesischen Medizin besagt, dass der Mensch<br />
gesund <strong>ist</strong>, wenn Yin und Yang im Gleichgewicht zueinander<br />
stehen. Nur so kann die Lebensenergie Qi ungehindert im<br />
Körper fliessen. Überwiegt einer der <strong>bei</strong>den Anteile, so <strong>ist</strong><br />
der Energiestrom im Körper gestört und der Mensch wird<br />
krank. Je nachdem, ob ein Überschuss oder ein Mangel an<br />
Yin oder Yang besteht, wirkt sich das anders auf den Körper<br />
des Menschen aus. Die TCM versucht, durch die verschiedenen<br />
Therapien das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang<br />
wieder herzustellen und einen gleichmäßigen Qi-Fluss zu<br />
ermöglichen.<br />
Nach chinesischer Vorstellung beruhen die me<strong>ist</strong>en Erkrankungen<br />
auf Störungen des Qi-Flusses.<br />
❙ Eine Schwäche des Qi führt zu einer Mangelfunktion der<br />
entsprechenden Organe.<br />
Typische Schwäche-Symptome sind Müdigkeit, verminderte<br />
Aktivität, Blässe, kalte Hände und Füsse, übermässiges<br />
Frieren, niedriger Blutdruck bis hin zu depressiven<br />
Verstimmungen.<br />
❙ Eine Überfülle der Lebensenergie Qi bewirkt eine überschiessende<br />
Funktion der entsprechenden Organsysteme.<br />
Wichtige Symptome sind Spannungsgefühle, Rötung,<br />
akute stechende oder krampfartige <strong>Schmerzen</strong>, innere<br />
Unruhe und Nervosität.<br />
❙ Blockaden der Lebensenergie Qi treten me<strong>ist</strong> in der<br />
Peripherie des Körpers auf. Es kommt zu Stauungs- oder<br />
Füllezuständen mit Muskelverspannungen,<br />
Muskelschmerzen, Myogelosen und eingeschränkter<br />
Beweglichkeit.<br />
Fünf Wandlungsphasen – Fünf Elemente<br />
Nach chinesischer Auffassung folgt die Natur im Innern des<br />
menschlichen Körpers einem Muster, genau wie die äussere<br />
Natur einem natürlichen Prozess des Wandels unterliegt.<br />
Auch wir Menschen durchwandern einen Zyklus von Jahreszeiten,<br />
wir durchleben die Stadien der fünf Wandlungsphasen.<br />
Die fünf Wandlungsphasen Frühling, Sommer, Spätsommer,<br />
Herbst und Winter finden ihre Entsprechungen in den<br />
Naturelementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser.<br />
Jedem der fünf Elemente wird ein Yin- und ein Yang-Organ,<br />
ein Sinnesorgan, eine Emotion und ein Körpergewebe zugeordnet.<br />
Für die Therapie <strong>ist</strong> es sehr wichtig, diese Zusammenhänge<br />
zu kennen.<br />
Durch eine genaue Anamnese sowie aufgrund der Untersuchungsbefunde<br />
(allgemeine Erscheinung, Stimme, Zungenbeschaffenheit,<br />
Puls) wird ein sogenanntes Dysharmoniemuster<br />
definiert, das die Störung im Körper beschreibt, welche<br />
die Beschwerden verursacht. Entsprechend dem diagnostizierten<br />
Dysharmoniemuster wird eine individuelle<br />
Behandlung festgelegt, die das Ziel hat, das Gleichgewicht<br />
im Körper wieder herzustellen. Gerade in Bezug auf die<br />
Durchführung von Studien <strong>ist</strong> zu erwähnen, dass die gleichen<br />
Beschwerden <strong>bei</strong> verschiedenen Individuen oft verschieden<br />
behandelt werden, das heisst, dass unterschiedliche<br />
Punkte-Kombinationen ausgewählt werden. Normalerweise<br />
wird eine Kombination von 5 bis 15 Punkten mit einer<br />
jeweils genau definierten Wirkung ausgewählt und während<br />
30 bis 45 Minuten mit Nadeln stimuliert. Üblicherweise wird<br />
zyklisch behandelt, das heisst, innerhalb eines Zyklus von<br />
zehn Tagen wird täglich behandelt und vor dem nächsten<br />
Zyklus eine zwei- bis dreiwöchige Pause eingeschaltet. Dies<br />
<strong>ist</strong> in unserer Gesellschaft jedoch kaum praktikabel, sodass<br />
wir uns me<strong>ist</strong> auf eine bis zwei Behandlungen pro Woche beschränken.<br />
Neurobiologische Grundlagen<br />
Es bestehen Hinweise, dass <strong>bei</strong> der <strong>Akupunktur</strong> die Freisetzung<br />
von verschiedenen Hormonen eine Rolle spielen, und<br />
dass Einfluss auf die Gate-Control-Mechanismen genommen<br />
werden kann.<br />
Endogene Opioide<br />
Nachdem Mitte der 70er-Jahre von Pomeranz an Ratten und<br />
von Mayer an Menschen gezeigt werden konnte, dass die<br />
<strong>Akupunktur</strong>-Analgesie durch den Opiat-Antagon<strong>ist</strong>en<br />
Naloxon antagonisiert werden kann, wurde versucht, diese<br />
Ergebnisse durch direkten und indirekten Nachweis erhöhter<br />
Endorphinspiegel zu bestätigen.<br />
In tierexperimentellen Untersuchungen konnten erhöhte<br />
endogene Opioidkonzentrationen in verschiedenen Hirnarealen,<br />
<strong>bei</strong> Ratten nach Elektrostimulations-<strong>Akupunktur</strong><br />
und nach manueller <strong>Akupunktur</strong> ohne Elektrostimulation,<br />
gefunden werden. Zwei weitere Gruppen wiesen nach, dass<br />
die <strong>Akupunktur</strong>-Wirkung verstärkt wird, wenn der enzymatische<br />
Abbau der Endorphine behindert wird.<br />
Weiter konnte gezeigt werden, dass <strong>bei</strong> nieder-frequenter<br />
Elektrostimulations-<strong>Akupunktur</strong> (2 bis 15Hz) deutlich niedrigere<br />
Naloxon-Konzentrationen zur Antagonisierung der<br />
<strong>Akupunktur</strong>-Anästhesie benötigt werden, als <strong>bei</strong> einer<br />
höher frequenten Stimulation mit 100Hz. Es <strong>ist</strong> davon auszugehen,<br />
dass eine niedrig frequente Elektrostimulations-<br />
<strong>Akupunktur</strong> zu einer Ausschüttung von �-Endorphin, Enkephalin<br />
und Endomorphin führt, dass es hingegen <strong>bei</strong> höherfrequenten<br />
Stimulationen zu Veränderungen an Dynorphin<br />
und Orphanin Q-Spiegeln kommt.<br />
Nicht-opioide Neurotransmittoren<br />
Neben den endogenen Opioidpeptiden sind auch eine Reihe<br />
verschiedener nicht-opioider Neurotransmitter, unter anderem<br />
Noradrenalin und Serotonin, an der endogenen<br />
Schmerzhemmung beteiligt. Komplexe Interaktionen von
Holz<br />
Element Yin/Yang Sinnesorgan Emotion Gewebe<br />
Holz Leber/Gallenblase Augen Wut Sehnen<br />
Feuer Herz/Dünndarm Zunge Freude Blutgefässe<br />
Erde Milz/Magen Mund Meditation Muskulatur<br />
Metall Lunge/Dickdarm Nase Traurigkeit Haut/Haare<br />
Wasser Niere/Harnblase Ohr Angst/Furcht Knochen<br />
Die fünf Elemente und ihre Assoziationen<br />
Wasser<br />
serotonergen Neuronen im periaquäduktalen Grau, im<br />
Nucleus raphe magnus und im Tractus dorsolateralis, von<br />
adrenergen Neuronen des Locus coeruleus und von dopaminergen<br />
Neuronen im Diencephalon, spielen eine Rolle <strong>bei</strong><br />
der Aktivierung deszendierender Schmerzhemmsysteme.<br />
Die Beteiligung von Serotonin an der <strong>Akupunktur</strong>-Analgesie<br />
konnte dadurch gezeigt werden, dass eine supraspinale<br />
Hemmung der Serotonin-Freisetzung zu einer Reduktion<br />
oder Aufhebung der <strong>Akupunktur</strong>-Analgesie führte. Die<br />
Serotonin-Freisetzung wurde entweder durch chemische<br />
Destruktion der Serotonin-Zellen im Nucleus raphe magnus<br />
oder durch Blockade der 5-HT-Receptoren (5-Hydroxa-<br />
Tryptamin-Rezeptoren) erzielt. Weitere Studien zeigen<br />
Anstiege von Produktion und Verbrauch von 5-HT (Serotonin)<br />
unter Elektrostimulations-<strong>Akupunktur</strong>.<br />
Auch für Noradrenalin konnte eine Beteiligung an der <strong>Akupunktur</strong>-Analgesie<br />
gezeigt werden. So konnte durch systemische<br />
Gabe von Yohimbine (� 2-NA-Antagon<strong>ist</strong>) <strong>bei</strong> Mäusen<br />
die durch Elektrostimulation induzierte <strong>Akupunktur</strong>-<br />
Feuer<br />
Metall<br />
Erde<br />
Analgesie unterdrückt werden. Zum anderen führte eine<br />
intraventrikuläre Gabe von Phentolamin (� 2-NA-Antagon<strong>ist</strong>)<br />
zu einer Verstärkung der <strong>Akupunktur</strong>-Analgesie, <strong>was</strong><br />
auf die hemmende Wirkung von Noradrenalin in übergeordneten<br />
Zentren <strong>bei</strong> Vermittlung der <strong>Akupunktur</strong> hinwe<strong>ist</strong>.<br />
Ergebnisse aus der funktionellen Bildgebung<br />
Cho und Mitar<strong>bei</strong>ter konnten 1998 mittels funktioneller<br />
Magnetresonanztomographie zeigen, dass eine Stimulation<br />
von <strong>Akupunktur</strong>-Punkten im Bereich der lateralen Fusskante<br />
und des Malleolus lateralis, zum Beispiel Blasenpunkt<br />
67, ein Punkt, welcher gemäss TCM einen Bezug zum Auge<br />
besitzt, zu einer neuronalen Aktivitätssteigerung im visuellen<br />
Cortex führt. Diese Aktivitätssteigerung entsprach Veränderungen,<br />
die auch nach visueller Stimulation durch<br />
Lichtblitze erzeugt werden konnten.<br />
In einer anderen Studie konnte gezeigt werden, dass eine<br />
Stimulation der Punkte Magen 36 und Dickdarm 4 mittels<br />
40–2006<br />
9
10<br />
manueller <strong>Akupunktur</strong> zu einer Aktivitätssteigerung im<br />
Hypothalamus sowie zu einer Abnahme der Signalintensität<br />
in Teilgebieten des limbischen Systems führten, nicht aber in<br />
der Kontrollgruppe, die mittels oberflächlicher <strong>Akupunktur</strong><br />
behandelt wurde.<br />
Die Autoren folgerten, dass die <strong>Akupunktur</strong> zu einer Aktivierung<br />
deszendierender Schmerzhemmsysteme und zu<br />
einer Deaktivierung verschiedener schmerzassoziierter<br />
Bereiche des limbischen Systems führt.<br />
Klinische <strong>Akupunktur</strong>-Studien<br />
Die Durchführung von guten <strong>Akupunktur</strong>-Studien bietet<br />
einige Probleme. Eine Voraussetzung für aussagekräftige,<br />
Placebo-kontrollierte Studien in der klinischen <strong>Akupunktur</strong>-<br />
Forschung fehlt, und zwar ein echtes Placebo-Verfahren für<br />
die klassische Nadelakupunktur, da es unmöglich <strong>ist</strong>, einen<br />
Nadelakupunkteur zu verblinden.<br />
Studien, in denen die <strong>Akupunktur</strong> gegenüber Standardbehandlungen<br />
oder gar keiner Behandlung verglichen wurde,<br />
zeigten grössere Unterschiede zugunsten der <strong>Akupunktur</strong><br />
als Studien, in denen eine Kontroll-<strong>Akupunktur</strong> eingesetzt<br />
worden war.<br />
In vielen Studien wurde die Kontrollgruppe an theoretisch<br />
irrelevanten Punkten, weg von den klassischen <strong>Akupunktur</strong>-<br />
Punkten, genadelt (sogenannte Minimal-<strong>Akupunktur</strong>), in<br />
der Annahme, über ein gutes Kontrollverfahren zu verfügen.<br />
Viele Untersuchungen haben aber nun gezeigt, dass diese<br />
Technik einige ähnliche Effekte aufwe<strong>ist</strong>, wie die richtige<br />
<strong>Akupunktur</strong>.<br />
Die Gruppe um Streitberger an der Universität Heidelberg<br />
hat 1998 eine sogenannte Placebo-Nadel entwickelt, welche<br />
die Haut nicht penetriert, aber den Eindruck erweckt, dass<br />
sie es tut. Die Nadel <strong>ist</strong> abgestumpft, berührt <strong>bei</strong>m Vorschieben<br />
die Haut, dringt aber <strong>bei</strong> weiterem Druck auf das Nadelende<br />
nicht in die Haut ein, sondern schiebt sich teleskopisch<br />
in den Griff am Ende der Nadel.<br />
In der von Streitberger 1998 im Lancet publizierten Ar<strong>bei</strong>t<br />
wurden insgesamt 60 Probanden untersucht. Man sagte den<br />
Probanden, dass man eine neue <strong>Akupunktur</strong>-Nadel auf ihre<br />
Schmerzhaftigkeit untersuchen wolle. Je 30 Probanden wurden<br />
zunächst entweder mit der richtigen oder der Placebo-<br />
Nadel behandelt, nach einer Woche wurde das Verfahren<br />
gewechselt. Es konnte gezeigt werden, dass 54 der 60 Probanden<br />
mit richtiger <strong>Akupunktur</strong> eine Hautpenetration<br />
spürten, während <strong>bei</strong> der Anwendung der Placebo-Nadel 47<br />
von 60 Probanden den Eindruck hatten, die Nadel sei eingedrungen.<br />
<strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Periarthropathia humero-scapularis<br />
Die erwähnte Gruppe um Streitberger hat 1999 im Pain eine<br />
randomisierte klinische Studie mit dieser Placebo-Nadel<br />
veröffentlicht, <strong>bei</strong> der die Wirkung von <strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong><br />
Schulterperiarthropathien untersucht wurde. Eingeschlossen<br />
wurden Probanden mit mindestens vier Wochen periarthropathischen<br />
Schulterschmerzen ohne sonografischen oder<br />
konventionell-radiologischen Nachweis von Rotatoren-<br />
Manschetten-Rupturen beziehungsweise Verkalkungen.<br />
Nach Berücksichtigung der Ein- und Ausschlusskriterien<br />
wurden 52 Patienten untersucht. Die Hälfte der Patienten<br />
erhielt eine klassische <strong>Akupunktur</strong>, die andere Hälfte wurde<br />
mit der Placebo-Nadel behandelt. Behandelt wurde während<br />
vier Wochen, zweimal pro Woche für 20 Minuten. Zu Beginn<br />
und nach Abschluss der Behandlung wurde der modifizierte<br />
Constant-Murley-Score erhoben, ein Score, der optimalerweise<br />
100 Punkte ergibt, und der die Faktoren <strong>Schmerzen</strong>,<br />
Aktivitäten des täglichen Lebens, <strong>Schmerzen</strong> <strong>bei</strong> Bewegung<br />
und entsprechende Einschränkung sowie die Kraft berücksichtigt.<br />
Es zeigte sich nach vier Wochen ein signifikanter<br />
Unterschied im Constant-Murley-Score zwischen den zwei<br />
Gruppen (P = 0.014).<br />
Damit konnte gezeigt werden, dass es besser <strong>ist</strong>, die Nadel zu<br />
stechen, als die Haut nur zu berühren. Es kann aber im Grunde<br />
genommen keine Aussage über die Spezifität der <strong>Akupunktur</strong>-Punkte<br />
und die Regeln der TCM gemacht werden.<br />
Im Pain wurde 2004 eine Studie zur <strong>Akupunktur</strong>-Behandlung<br />
von Schulterschmerzen publiziert, die ebenfalls die Placebo-Nadel<br />
anwendete. Es handelt sich auch um eine randomisierte,<br />
Placebo-kontrollierte Studie, in der Elektro-<strong>Akupunktur</strong><br />
mit Placebo-<strong>Akupunktur</strong> verglichen wurde. Es wurde<br />
während sieben Wochen einmal wöchentlich behandelt,<br />
Voltaren-Tabletten 50mg waren <strong>bei</strong> Bedarf erlaubt. Speziell<br />
am Design war, dass vier fix vorgegebene Punkte behandelt<br />
wurden, zwei Lokalpunkte und zwei periphere Punkte.<br />
Der primäre Endpunkt war der Schmerz, erfasst mit der<br />
Visula analog Scale. Sekundäre Endpunkte waren funktionelle<br />
Einschränkung, Beweglichkeit, Lebensqualität, Schmerzmittelverbrauch<br />
und Patientenzufriedenheit.<br />
Die Interventionsgruppe mit Elektro-<strong>Akupunktur</strong> schnitt<br />
besser ab. Die Schmerzintensität war ab der sechsten Therapie-Woche<br />
signifikant tiefer (P < 0.001) und hielt bis zu sechs<br />
Monaten nach Therapie-Abschluss an. An sekundären Endpunkten<br />
waren in der <strong>Akupunktur</strong>-Gruppe auch die Parameter<br />
der Funktion und der Beweglichkeit signifikant besser,<br />
und der Voltaren-Verbrauch war gleichzeitig kleiner. Die<br />
Patientenzufriedenheit war nach sechs Monaten in <strong>bei</strong>den<br />
Gruppen vergleichbar.
<strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Epikondylopathien<br />
Fink und Mitar<strong>bei</strong>ter publizierten 2002 im <strong>Rheuma</strong>tology<br />
eine Studie, in welcher die Punktespezifität <strong>bei</strong> der Behandlung<br />
der Epikondylitis untersucht werden sollte. Es wurde<br />
eine korrekt durchgeführte <strong>Akupunktur</strong> verglichen mit<br />
einer <strong>Akupunktur</strong>, die im selben Segment (tiefe Stichtechnik<br />
und Stimulation) durchgeführt wurde. Gemessen wurden die<br />
Schmerzintensität (in Ruhe, <strong>bei</strong> Bewegung, <strong>bei</strong> Belastung,<br />
Dauer), die isometrische Maximalkraft und die Funktionseinschränkung<br />
(erhoben mit dem DASH, einem Fragebogen,<br />
der die Disability für Arm, Schulter und Hand erfasst).<br />
Zwei Wochen nach Therapie-Ende lag der Gesamtschmerz-<br />
Score in der Verum-Gruppe signifikant niedriger als in der<br />
Kontrollgruppe, die Maximalkraft war mit 128 N signifikant<br />
grösser, die Funktionseinschränkung signifikant geringer.<br />
Zwei Monate nach Therapie-Ende zeigten sich nur noch für<br />
die Funktionseinschränkung signifikante Unterschiede.<br />
Zwei Wochen und zwei Monate nach Therapie-Ende war in<br />
<strong>bei</strong>den Gruppen der Wert für den Gesamtschmerz-Score signifikant<br />
niedriger im Vergleich zum Ausgangswert. Gruppenunterschiede<br />
gab es, wie erwähnt, nur zwei Wochen nach<br />
Therapie-Ende.<br />
Die isometrische Maximalkraft stieg in <strong>bei</strong>den Gruppen im<br />
Zeitverlauf signifikant an. Signifikante Gruppenunterschiede<br />
zugunsten der Verum-<strong>Akupunktur</strong> zeigten sich zwei<br />
Wochen nach Therapie-Ende. Die Funktionseinschränkungen<br />
gingen in <strong>bei</strong>den Gruppen im Zeitverlauf signifikant<br />
zurück. Gruppenunterschieden zugunsten der Verum-Gruppe<br />
liessen sich zwei Wochen und zwei Monate nach Therapie-Ende<br />
zeigen.<br />
Insgesamt scheint die korrekte <strong>Akupunktur</strong> schneller einen<br />
Therapie-Erfolg zu erreichen, wenn auch die Nadelung in<br />
den Segmenten eine Wirkung zeigte.<br />
<strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Gonarthrose<br />
In einer randomisierten kontrollierten Studie von Berman<br />
(<strong>Rheuma</strong>tology, 1999) wurde <strong>bei</strong> Patienten mit Gonarthrose<br />
eine Standardtherapie mit einer durch <strong>Akupunktur</strong> ergänzten<br />
Standardtherapie verglichen. Schmerz und Funktion<br />
wurden mit dem WOMAC gemessen, und zwar nach vier<br />
und acht Wochen Therapie sowie vier Wochen nach<br />
Abschluss der Behandlung. Es wurden sowohl im Schmerz<br />
als auch in der Funktion signifikante Verbesserungen unter<br />
<strong>Akupunktur</strong> erzielt, und zwar für den gesamten WOMAC<br />
sowie für die Untergruppen «Behinderung» und «Schmerz».<br />
Nebenwirkungen traten keine auf. Der Kritikpunkt an dieser<br />
Studie <strong>ist</strong> das Fehlen einer eigentlichen Placebo-Gruppe.<br />
Eine andere ebenfalls randomisierte kontrollierte Studie <strong>bei</strong><br />
Gonarthrose (Takeda, Arthritis Care and Research, 1994)<br />
verglich klassische <strong>Akupunktur</strong> mit einer Minimalakupunk-<br />
tur, wo<strong>bei</strong> Punkte zwei Zentimter neben den klassischen<br />
Punkten oberflächlich genadelt wurden. Endpunkte waren<br />
der McGill-Pain-Fragebogen, der WOMAC und die Schmerzempfindlichkeit<br />
an bestimmten Punkten des Knies. Sowohl<br />
die Verum- als auch die Kontrollgruppe zeigten eine Verbesserung<br />
von Schmerz und Funktion. Die Akunktur-Gruppe<br />
zeigte eine leichte Tendenz besser abzuschneiden, der Unterschied<br />
war aber nicht signifikant. Interessant <strong>ist</strong>, dass die<br />
Männer sich stärker verbesserten als die Frauen. Die Autoren<br />
postulierten andere Copingstrategien, räumten aber<br />
auch ein, dass es daran liegen könnte, dass sowohl die Akupunkteure<br />
als auch die Untersucher Frauen waren.<br />
Eine gross angelegte Multizenterstudie wurde von Berman<br />
(Annals of Internal Medicine, 2004) <strong>bei</strong> Gonarthrose-<br />
Patienten durchgeführt. In drei Armen wurden klassische<br />
<strong>Akupunktur</strong>, Placebo-<strong>Akupunktur</strong> und eine Schulungsgruppe<br />
zusätzlich zur üblichen medikamentösen Therapie verglichen.<br />
Die Behandlung an den 570 Teilnehmern wurde<br />
durch sieben Akupunkteure mit mindestens zweijähriger<br />
Erfahrung durchgeführt.<br />
Nach 26 Wochen war der WOMAC, der SF-36 und der<br />
Patient global assessment-Score in der <strong>Akupunktur</strong>-Gruppe<br />
am me<strong>ist</strong>en verbessert. Die Verbesserung war für die Funktion<br />
erst nach acht Wochen und für den Schmerz erst nach 14<br />
Wochen signifikant. Limitierend war die hohe Drop-out-<br />
Rate: Nach 26 Wochen konnten 43 Prozent der Schulungs-<br />
Gruppe und je 25 Prozent der <strong>bei</strong>den <strong>Akupunktur</strong>-Gruppen<br />
nicht mehr erfasst werden. Ausserdem wurde die Begleittherapie<br />
nicht genau erfasst. Zusammenfassend scheint eine<br />
gewisse Verbesserung für Funktion und Schmerz <strong>bei</strong> Gonarthrose-Patienten<br />
eingetreten zu sein, im Vergleich zu Placebo-<strong>Akupunktur</strong><br />
und Schulungsgruppe.<br />
Eine Review-Ar<strong>bei</strong>t von Ezzo J. (Arthritis and <strong>Rheuma</strong>tism,<br />
2001) fand sieben Studien mit <strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Gonarthrose<br />
mit total 393 Patienten. Die zwei ersten Studien, die<br />
<strong>Akupunktur</strong> mit Patienten auf einer Wartel<strong>ist</strong>e verglichen,<br />
waren von schlechter Qualität. Drei qualitativ gute Studien<br />
verglichen <strong>Akupunktur</strong> mit Sham-<strong>Akupunktur</strong>. Zwei davon<br />
zeigten eine Verbesserung für den Schmerz. Die Funktion<br />
war <strong>bei</strong> keiner Studie besser. Bei der Studie, wo sich kein<br />
Unterschied für den Schmerz zeigte, wurden die Punkte <strong>bei</strong><br />
der Sham-<strong>Akupunktur</strong> sehr nahe an den klassischen <strong>Akupunktur</strong>-Punkten<br />
genadelt. Insgesamt waren die Studien gut<br />
gemacht, aber die Beobachtungszeit war kurz. Schliesslich<br />
wurden noch zwei Studien erfasst, die <strong>Akupunktur</strong> mit<br />
Physiotherapie verglichen. Es gab keine Evidenz, dass <strong>Akupunktur</strong><br />
besser war als Physiotherapie, weder für den<br />
Schmerz noch die Funktion.<br />
Zusammenfassend kann zur <strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Gonarthrose<br />
nur gesagt werden, dass sie für die Gonarthrose, vor allem in<br />
Bezug auf die Schmerzreduktion, eine Rolle spielen kann.<br />
40–2006<br />
11
12<br />
<strong>Akupunktur</strong> <strong>bei</strong> Lumbalgien<br />
Meng (<strong>Rheuma</strong>tology, 2003) führte eine Placebo-kontrollierte,<br />
randomisierte Studie <strong>bei</strong> Leuten über 60 Jahre mit<br />
chronischen Kreuzschmerzen durch. Verglichen wurde<br />
Standardtherapie (Medikamente und Physiotherapie) mit<br />
Standardtherapie plus <strong>Akupunktur</strong>. Nach sechs Wochen<br />
zeigte der Roland Disability Questionnaire eine signifikante<br />
Abnahme in der <strong>Akupunktur</strong>-Gruppe, die noch relativ gut in<br />
die neunte Woche anhielt. Die <strong>Akupunktur</strong> wurde speziell<br />
<strong>bei</strong> älteren Leuten als gute und nebenwirkungsarme Ergänzung<br />
zur Standardtherapie angesehen.<br />
In einer Ar<strong>bei</strong>t aus dem Jahr 2002, publiziert im Pain von<br />
Molsberger, wurde eine dreiarmige Studie <strong>bei</strong> 186 Patienten<br />
durchgeführt und eine Standardtherapie mit klassischer<br />
<strong>Akupunktur</strong>, eine Standardtherapie mit Sham-<strong>Akupunktur</strong><br />
und eine Standardtherapie allein verglichen. Um eine genü-<br />
Literatur<br />
1 Pomeranz B, Chiu D, Naloxone blockade of acupuncture<br />
analgesia: endorphin implicated, Life Sci, 1976,<br />
Dec 1;19(11):1757-62<br />
2 Mayer DJ, Antagonism of acupuncture analgesia in<br />
man by the narcotic antagon<strong>ist</strong> naloxone.<br />
Brain Res, 1977 Feb;121(2):368-72<br />
3 Pert A, Alterations in rat central nervous system endorphins<br />
following transauricular electroacupuncture,<br />
Brain Res. 1981 Nov 9;224(1):83-93<br />
4 Bossut DF, Peptides, Plasma cortisol and beta-endorphin<br />
in horses subjected to electro-acupuncture for<br />
cutaneous analgesia, Peptides. 1983 Jul-Aug;4(4):501-7<br />
5 Cheng RS, Monoaminergic mechanism of electroacupuncture<br />
analgesia.<br />
Brain Res. 1981 Jun 29;215(1-2):77-92<br />
6 Tsai HY, Further <strong>evidence</strong> for possible analgesic<br />
mechanism of electroacupuncture: effects on neuropeptides<br />
and serotonergic neurons in rat spinal cord,<br />
Jpn J Pharmacol. 1989 Feb;49(2):181-5<br />
7 Wenhe Z, Change in levels of monoamine neurotransmitters<br />
and their main metabolites of rat brain<br />
after electric acupuncture treatment, Int J Neurosci.<br />
1981;15(3):147-9<br />
8 Fan SG, Acupuncture analgesia. Acta Neurochir<br />
Suppl (Wien). 1987;38:82-5. Review<br />
9 Cho ZH, New findings of the correlation between<br />
acupoints and corresponding brain cortices using<br />
functional MRI. Proc Natl Acad Sci U S A. 1998 Mar<br />
3;95(5):2670-3 Wu et al., Radiology, 1999<br />
10 Kleinhenz J., Streitberger K., Randomised clinical<br />
trial comparing the effects of acupuncture and a<br />
newly designed placebo needle in rotator cuff tendinitis.<br />
Pain. 1999 Nov;83(2):235-41<br />
gende Aussagekraft zu erzielen, war geplant, 380 Patienten<br />
zu rekrutieren. Die Rehabilitationsklinik, die diese Studie<br />
durchführte, wurde aber nach 1.5 Jahren geschlossen. Bis<br />
dahin waren 186 Patienten eingeschlossen worden.<br />
Als Standardtherapie galten Physiotherapie, Rückenschule,<br />
Moorpackungen, Infrarotbehandlungen und maximal 150mg<br />
Diclofenac pro Tag. Nach vier Wochen war der Unterschied<br />
zwischen der Verum- und der Sham-Gruppe signifikant,<br />
nicht aber zwischen Verum und Physiotherapie allein. Nach<br />
drei Monaten war die Verum-Gruppe <strong>bei</strong>den anderen Gruppen<br />
überlegen. Trotz der geringeren Patientenzahl als<br />
geplant, scheint die <strong>Akupunktur</strong> als Zusatztherapie <strong>bei</strong> chronischen<br />
Lumbalgien effektiv und besser als Minimal-<strong>Akupunktur</strong><br />
zu sein. Nach drei Monaten war allerdings auch die<br />
Sham-<strong>Akupunktur</strong> besser als die Physiotherapie-Gruppe.<br />
11 Guerra de Hoyos J., Randomised trial of long term<br />
effect of acupuncture for shoulder pain, Pain 2004<br />
Dec;112(3):289-98<br />
12 Fink M, Acupuncture in chronic epicondylitis: a randomized<br />
controlled trial. <strong>Rheuma</strong>tology (Oxford).<br />
2002 Feb;41(2):205-9<br />
13 Streitberger K, Introducing a placebo needle into<br />
acupuncture research. Lancet. 1998 Aug<br />
1;352(9125):364-5<br />
14 Berman BM, A randomized trial of acupuncture as<br />
an adjunctive therapy in osteoarthritis of the knee.<br />
<strong>Rheuma</strong>tology (Oxford). 1999 Apr;38(4):346-54<br />
15 Takeda W, Wessel J, Acupuncture for the treatment of<br />
pain of osteoarthritic knees. Arthritis Care Res. 1994<br />
Sep;7(3):118-22<br />
16 Berman BM, Effectiveness of acupuncture as adjunctive<br />
therapy in osteoarthritis of the knee: a randomized,<br />
controlled trial. Ann Intern Med. 2004 Dec<br />
21;141(12):901-10<br />
17 Ezzo J, Acupuncture for osteoarthritis of the knee: a<br />
systematic review. Arthritis Rheum. 2001<br />
Apr;44(4):819-25. Review<br />
18 Meng CF, Acupuncture for chronic low back pain in<br />
older patients: a randomized, controlled trial.<br />
<strong>Rheuma</strong>tology (Oxford). 2003 Dec;42(12):1508-17.<br />
Epub 2003 Jul 30<br />
19 Molsberger AF, Does acupuncture improve the<br />
orthopedic management of chronic low back pain-a<br />
randomized, blinded, controlled trial with 3 months<br />
follow up. Pain. 2002 Oct;99(3):579-87<br />
20 Leibing E, Acupuncture treatment of chronic lowback<br />
pain – a randomized, blinded, placebo-controlled<br />
trial with 9-month follow-up. Pain. 2002 Mar;96(1-<br />
2):189-96