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Workshop zur Onlineberatung in der Suchthilfe - Bildungswerk Irsee

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3. Fachtagung für Mitarbeitende ambulanter<br />

Suchtberatungse<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> Bayern<br />

Onl<strong>in</strong>e-Beratung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Suchthilfe</strong><br />

1. Ausgangsituation:<br />

Das Internet wächst immer weiter und hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren zu e<strong>in</strong>em<br />

Alltagsmedium entwickelt. Fast 70 % aller Deutschen ab 14 Jahre s<strong>in</strong>d mittlerweile<br />

onl<strong>in</strong>e ((N) Onl<strong>in</strong>er Atlas 2009).<br />

Auch für den Beratungsbereich gew<strong>in</strong>nt das Internet aufgrund technischer<br />

Innovationen zunehmend an Bedeutung. Es wird nicht nur <strong>zur</strong> Unterhaltung o<strong>der</strong><br />

Informationsbeschaffung genutzt, son<strong>der</strong>n zunehmend auch <strong>zur</strong> Hilfesuche. Für<br />

psychosoziale Beratungsstellen ergibt sich dadurch die Möglichkeit, Klienten auch<br />

onl<strong>in</strong>e zu beraten.<br />

Die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> kann die persönliche Face-to-Face-Beratung ke<strong>in</strong>esfalls<br />

ersetzen, aber sie kann für Ratsuchende e<strong>in</strong>e wichtige, erste Anlaufstelle se<strong>in</strong> – v.a.<br />

für diejenigen, die ke<strong>in</strong>e Beratungsstelle aufsuchen wollen o<strong>der</strong> können.<br />

2. Chancen und Möglichkeiten <strong>der</strong> <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong>:<br />

Angebot ist niedrigschwellig und anonym<br />

Hemmschwelle, professionelle Beratung <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen, ist gesenkt<br />

durch Anonymität werden auch tabuisierte o<strong>der</strong> schambesetzte Themen<br />

angesprochen (sog. „Nähe durch Distanz“)<br />

unkomplizierter Zugang und ger<strong>in</strong>ger Zeitaufwand; Beratung erfolgt unabhängig<br />

von Zeit und Ort<br />

optimale Verfügbarkeit und Verbreitung übers Internet<br />

Beratung unterliegt ke<strong>in</strong>erlei Kontrolle<br />

durch Schriftlichkeit dokumentiert und nachhaltig: Problemstellung ist auch für<br />

Team-Kollegen nachvollziehbar<br />

das Formulieren und Verfassen e<strong>in</strong>er E-Mail ist e<strong>in</strong> selbstreflexiver Prozess:<br />

die eigenen Gedanken und Probleme e<strong>in</strong>mal aufgeschrieben zu haben, kann für<br />

den Klienten schon von großem Nutzen se<strong>in</strong><br />

3. Grenzen und Risiken <strong>der</strong> <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong>:<br />

Beratung im Netz bleibt unverb<strong>in</strong>dlich; Kontakt kann vom Klienten je<strong>der</strong>zeit<br />

abgebrochen werden<br />

fehlen<strong>der</strong> persönlicher Kontakt; Beratung bleibt unpersönlich<br />

fehlende Rückmeldung seitens des Klienten; Berater bleibt oft im Ungewissen<br />

Klient kann u. U. den Weg <strong>zur</strong> Face-to-Face-Beratung „verpassen“, wenn <strong>der</strong><br />

Berater nicht auf die Grenzen <strong>der</strong> <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> aufmerksam macht<br />

Schriftlichkeit kann zu Fehldeutungen o<strong>der</strong> Kommunikationsstörungen führen<br />

Reaktionen des Ratsuchenden fehlen; Berater kann Körperhaltung, Mimik und<br />

Stimmenklang nicht wahrnehmen und nicht darauf reagieren<br />

Kapazitätssteuerung ist schwierig; es ist i.d.R. nicht vorhersehbar, wie viele<br />

Beratungsanfragen e<strong>in</strong>gehen; zum Teil lange Bearbeitungszeiten (Recherche)<br />

Überfor<strong>der</strong>ung des Beraters, z.B. bei Suizid-Ankündigung<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth


Bei Chat-Beratung erfolgt Beratung <strong>in</strong> Echtzeit; stressig für den Berater, da<br />

Antworten schnell formuliert werden müssen<br />

Datenschutzprobleme bei unverschlüsselter E-Mail-Anfrage über Outlook<br />

4. Welche Personengruppen nutzen die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong>?<br />

Personen, die aus Angst e<strong>in</strong>e Distanz zum Berater benötigen<br />

Personen, die das Schreiben dem Reden vorziehen<br />

Personen, die e<strong>in</strong>e klare Fragestellung haben, aber den Aufwand scheuen<br />

Personen, die die Öffnungszeiten nicht wahrnehmen können<br />

Personen, die lokal ke<strong>in</strong>e Beratung <strong>in</strong> Anspruch nehmen können o<strong>der</strong> wollen<br />

Personen, die e<strong>in</strong>en hohen Leidensdruck haben<br />

Personen, für die das Internet bzw. computervermittelte Kommunikation<br />

alltagsvertraut ist und die viel Zeit damit verbr<strong>in</strong>gen, z.B. Jugendliche<br />

5. Vorteile gegenüber <strong>der</strong> Face-to-Face-Beratung für die<br />

Betroffenen:<br />

Niedrigschwelligkeit:<br />

Die Hemmschwelle für Ratsuchende, Beratung <strong>in</strong>s Anspruch zu nehmen, ist gesenkt.<br />

Für viele Ratsuchende ist es leichter, über gewisse, beson<strong>der</strong>s stark belastende<br />

Ereignisse zu schreiben, als sich darüber verbal e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Gegenüber zu<br />

äußern.<br />

Anonymität:<br />

Für Ratsuchende ist es möglich, unter e<strong>in</strong>em virtuellen Nicknamen e<strong>in</strong>e Beratung zu<br />

erhalten. Der Ratsuchende braucht sich nicht zu erkennen zu geben – we<strong>der</strong> durch<br />

Stimme o<strong>der</strong> Tonfall – wie es z.B. bei <strong>der</strong> Telefonberatung <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Die Anonymität gewährt e<strong>in</strong>en gewissen Schutz und hat e<strong>in</strong>en enthemmenden<br />

Effekt. Es entsteht e<strong>in</strong>e paradoxe Situation, die sog „Nähe durch Distanz“.<br />

Im Schutze <strong>der</strong> Anonymität wird die Autonomie und Entscheidungsfreiheit gewahrt.<br />

Kontrolle:<br />

Die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> bietet e<strong>in</strong>e größere Kontrolle und Sicherheit für den<br />

Ratsuchenden. Der Kontakt zum Beratenden kann je<strong>der</strong>zeit abgebrochen werden.<br />

Zeitliche Flexibilität:<br />

E<strong>in</strong>e Mail kann zu je<strong>der</strong> Tages- und Nachtzeit geschrieben und verschickt werden –<br />

unabhängig von den üblichen Öffnungszeiten. Zugang zum Internet ist ohne großen<br />

Zeitaufwand möglich.<br />

Ortsungebundenheit:<br />

Man muss ke<strong>in</strong>e weiten Wege auf sich nehmen, um e<strong>in</strong> Beratungsangebot <strong>in</strong><br />

Anspruch nehmen zu können. Zugang zum Internet ist von jedem Ort aus möglich.<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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6. Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für Betrieb e<strong>in</strong>er virtuellen Beratungsstelle:<br />

Generell gilt: <strong>der</strong> erste E<strong>in</strong>druck ist wichtig!<br />

Die Homepage muss übersichtlich und klar strukturiert se<strong>in</strong>.<br />

Homepage sollte bei diversen Suchmasch<strong>in</strong>en (Google) und Onl<strong>in</strong>e-Portalen mit<br />

entsprechenden Schlüsselwörtern bekannt gemacht werden; Optimierung des<br />

„Website-Rank<strong>in</strong>gs“.<br />

Onl<strong>in</strong>e-Beratungsangebot sollte schnell zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>, z.B. durch Platzierung<br />

e<strong>in</strong>es speziellen Werbe-Banners auf <strong>der</strong> Homepage-Startseite.<br />

Es soll sofort erkennbar se<strong>in</strong>, worum es geht: z.B. mit H<strong>in</strong>weistext: „Willkommen<br />

<strong>zur</strong> <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> von...“.<br />

Angebot sollte möglichst transparent se<strong>in</strong>, d.h. das Beraterteam sollte mit Namen,<br />

Berufsbezeichnung und evtl. mit Foto erkennbar se<strong>in</strong>.<br />

Die Zielgruppe und die Themenbereiche sollten klar def<strong>in</strong>iert se<strong>in</strong>.<br />

7. Beratungsformen:<br />

Generell gilt: Lesen statt Hören und Sehen!<br />

Webbasierte E-Mail-Beratung (Beratung zeitversetzt = asynchron)<br />

Die Beratung erfolgt bei <strong>der</strong> E-mail-Beratung zeitverzögert (asynchron).<br />

Vorteil hier: <strong>der</strong> Berater hat Zeit, sich die Antwort zu überlegen, z.B. fachlichen Rat<br />

von Kollegen mit e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Chatberatung: E<strong>in</strong>zel- und Gruppenchat (Beratung zeitgleich = synchron)<br />

Bei <strong>der</strong> Chat-Beratung erfolgt die Beratung <strong>in</strong> Echtzeit. Daher sollte <strong>der</strong> Berater mit<br />

dem „Chat-Room“ als Kommunikationsform gut vertraut und entsprechend geübt<br />

se<strong>in</strong>.<br />

8. Die Datensicherheit:<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Onl<strong>in</strong>e-Beratung spielt <strong>der</strong> Daten- und Klientenschutz.<br />

Wie auch bei <strong>der</strong> klassischen Face-to-Face-Beratung muss Vertraulichkeit und<br />

Datensicherheit unbed<strong>in</strong>gt gewährleistet se<strong>in</strong>.<br />

Das Versenden und Beantworten von E-mail-Anfragen über Outlook weist jedoch<br />

Sicherheitslücken auf und ist aus Sicht des Daten- und Klientenschutzes<br />

problematisch. Um die Datensicherheit zu gewährleisten, bietet sich die sog.<br />

webbasierte <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> an.<br />

Bei <strong>der</strong> webbasierten <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> erfolgt <strong>der</strong> Datentransfer verschlüsselt. Das<br />

bedeutet: <strong>der</strong> Ratsuchende muss sich <strong>zur</strong> e-Mail-Anfrage erst anmelden, e<strong>in</strong>en<br />

Nicknamen und e<strong>in</strong> persönliches Passwort e<strong>in</strong>geben (Log-In). Zugang zum Account<br />

hat somit nur <strong>der</strong> Ratsuchende. Niemand außer <strong>der</strong> Ratsuchende selbst (bzw. <strong>der</strong><br />

Berater) kann somit den Beratungsverlauf lesen.<br />

Es gibt verschiedene Unternehmen, die spezielle Onl<strong>in</strong>e-Beratungsprogramme mit<br />

den erfor<strong>der</strong>lichen Sicherheitsstandards anbieten, z.B. Beranet.<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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9. Was kann die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> konkret leisten?<br />

Aus Beratersicht:<br />

Erstberatung: den Ratsuchenden stärken, motivieren und entlasten. Viele<br />

Klienten haben e<strong>in</strong>en hohen Leidensdruck und wollen ihren „Ballast“ loswerden.<br />

den Ratsuchenden motivieren, professionelle Hilfe <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen, z.B.<br />

e<strong>in</strong>e Therapie zu beg<strong>in</strong>nen<br />

Kontaktanbahnung <strong>zur</strong> <strong>Suchthilfe</strong>; Weitervermittlung an Beratungsstelle<br />

Angabe von lokalen Kontaktadressen mit H<strong>in</strong>weis auf weiterführende Beratung<br />

den Klienten darüber <strong>in</strong>formieren, was ihn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beratungsstelle erwartet und<br />

welche konkreten Hilfsangebote es gibt<br />

Für Ratsuchende, die bisher ke<strong>in</strong>en Kontakt zu Suchtberatungsstellen hatten,<br />

kann die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> e<strong>in</strong>e wichtige „Andock-Stelle“ <strong>zur</strong> <strong>Suchthilfe</strong> se<strong>in</strong>.<br />

Aus Klientensicht:<br />

Das Nie<strong>der</strong>schreiben des eigenen Problems und Verfassen <strong>der</strong> Beratungsanfrage<br />

kann für Ratsuchende schon sehr hilfreich se<strong>in</strong> und wird oftmals als Entlastung<br />

empfunden.<br />

Der Ratsuchende kann beim Schreiben nachdenken, sortieren, reflektieren und setzt<br />

sich dabei i.d.R. mit <strong>der</strong> eigenen, momentanen Lebenssituation ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Die<br />

<strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> bietet daher e<strong>in</strong>e gute Grundlage <strong>zur</strong> Selbstreflexion und<br />

Selbste<strong>in</strong>schätzung.<br />

Für Menschen, die im mündlichen und persönlichen Kontakt eher <strong>zur</strong>ückhaltend s<strong>in</strong>d,<br />

kann das Schreiben e<strong>in</strong>e Brücke und e<strong>in</strong> Weg se<strong>in</strong>, sich professionelle Hilfe und<br />

Unterstützung zu suchen.<br />

10. Beispiele für virtuelle Beratungsstellen aus <strong>der</strong> Praxis:<br />

Das <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong>s-Angebot des „Café Connection“ <strong>der</strong> Suchtberatungs-<br />

und Behandlungsstelle Donauwörth über:<br />

www.cafeconnection-donauwoerth.de<br />

http://www.beratung-caritas.de<br />

Das <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong>s-Angebot des Projekts M<strong>in</strong>dzone<br />

http://m<strong>in</strong>dzone.<strong>in</strong>fo/onl<strong>in</strong>eberatung<br />

H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen z.B. zum Klientenprofil, Beratungsanlass usw., sowie<br />

Beispiele für Beratungsanfragen.<br />

11. Ausblick:<br />

In den nächsten Jahren ist zu erwarten, dass sich die Kommunikations- und<br />

Informationstechnologien und somit auch die technischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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<strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> <strong>in</strong> großem Tempo weiterentwickeln werden, z.B. mit verschiedenen<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>-Übertragung (Videokonferenzen).<br />

Die Vielfalt <strong>der</strong> virtuellen Beratungs-Angebote wird sich dementsprechend mit hoher<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit deutlich vergrößern.<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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E<strong>in</strong>richtung:<br />

Information <strong>zur</strong> E<strong>in</strong>richtung können nachgelesen werden unter:<br />

www.cafeconnection-donauwoerth.de<br />

Erfahrungen aus <strong>der</strong> praktischen Arbeit:<br />

Die Onl<strong>in</strong>e Beratung ist für uns e<strong>in</strong>e neue Arbeitsweise, die sich stark von <strong>der</strong> „Face to Face“<br />

Beratung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beratung am Telefon unterscheidet.<br />

Allgeme<strong>in</strong>:<br />

- Wen möchte man ansprechen? Wie spreche ich die Klienten an (Sie o<strong>der</strong> Du)?<br />

- Unsicherheit <strong>der</strong> Klienten wegen Schweigepflicht und Sicherheit <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung, gerade im<br />

Suchtbereich.<br />

- Die Klienten testen die Berater oft stärker als beim „Face to Face“ Gespräch. Gerade im<br />

Bezug auf Fachwissen und Reaktion <strong>in</strong> bestimmten Situationen, da sie die Sicherheit <strong>der</strong><br />

Anonymität und des „schnellen Rückzugs“ haben.<br />

- Der Berater sollte bedenken: Bei Fragen o<strong>der</strong> Feststellungen die dem Klienten unangenehm<br />

s<strong>in</strong>d kann er sich durch e<strong>in</strong>en Klick auskl<strong>in</strong>ken (ohne das Gespräch zu beenden). Der Berater<br />

hat dann ke<strong>in</strong>e Möglichkeit mehr, etwas zu erklären. Dies sollte vom Berater nicht persönlich<br />

genommen werden, da sich viele Klienten wie<strong>der</strong> melden, wenn sie darüber nachgedacht<br />

haben.<br />

- Es kommen häufig auch technische Probleme h<strong>in</strong>zu, die nichts mit dem Verlauf des<br />

Beratungschats zu tun haben.<br />

- Wie weit lasse ich mich auf e<strong>in</strong>en Beratungsprozess e<strong>in</strong>? Als Berater sollte man sich immer<br />

wie<strong>der</strong> selbst reflektieren, ab wann ich e<strong>in</strong>en therapeutischen Ansatz habe und ob ich dieses<br />

möchte?<br />

- Wie viel Zeit <strong>in</strong>vestiere ich für e<strong>in</strong>en Klienten? Die Klienten müssen nicht zwangsläufig<br />

Term<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>halten. Sie können auch per Email/Kurznachricht von zu Hause aus Kontakt<br />

aufnehmen. Inwieweit lässt sich die Berater darauf e<strong>in</strong>.<br />

- Der Berater muss sich daran gewöhnen, dass die Gruppen- o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelchats <strong>in</strong> kurzen<br />

Sätzen bis Stichwörtern geführt werden. Teilweise werden von den Usern Symbole (z.B. * lol *<br />

, * g * usw) o<strong>der</strong> Ikons (z.B. Smilie usw.) verwendet. Der Berater muss sich, bei z.B.<br />

Erklärungen möglichst kurz fassen.<br />

- Klienten und Berater können die Mimik o<strong>der</strong> Tonfall des Gesprächspartners nicht sehen o<strong>der</strong><br />

hören. Dadurch können Bemerkungen falsch aufgefasst werden.<br />

- Klienten sprechen häufiger von Suizidgedanken. Durch die Anonymität <strong>der</strong> Klient hat <strong>der</strong><br />

Berater weniger Möglichkeiten im, Ernstfall schnell e<strong>in</strong>zugreifen.<br />

Nähe und Distanz:<br />

- Die Nähe und Distanz-Ebene ist oft an<strong>der</strong>s als bei „Face to face“ Beratungsterm<strong>in</strong>en.<br />

- Chatpartner lernen sich meistens nicht persönlich kennen. Die E<strong>in</strong>schätzung des Chatpartners<br />

beruht immer auf Phantasie.<br />

- Wieviel Persönliches wollen Berater von sich preis geben? Oft erleichtert es den Zugang zum<br />

Klienten, wenn sie auch etwas Persönliches von sich <strong>in</strong> den Chat e<strong>in</strong>fließen lassen – dadurch<br />

kann sich aber die Berater/Klient Ebene verän<strong>der</strong>n. Wollen Berater das?<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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- Viele <strong>der</strong> KlientInnen haben wenig soziale Kontakte und probieren das im Internet<br />

auszugleichen (eventuell auch mit Hilfe <strong>der</strong> Berater)<br />

Zeitlicher Arbeitsaufwand:<br />

- Wie schnell komme ich auf das Thema? Beratungsterm<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d zeitlich begrenzt, die M<strong>in</strong>uten<br />

vergehen beim chatten aber recht schnell. Man sollte versuchen, immer wie<strong>der</strong> beim Thema<br />

zu bleiben, ohne die Klienten zu drängen.<br />

- Email-Beratungen nehmen mehr Zeit <strong>in</strong> Anspruch, als e<strong>in</strong> Beratungsgespräch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>richtung o<strong>der</strong> am Telefon.<br />

Beson<strong>der</strong>heiten beim Gruppenchat:<br />

- Sich im Gruppenchat mit mehreren Usern gleichzeitig zu unterhalten, ist oft sehr<br />

unübersichtlich.<br />

- Gruppenchat bedeutet, dass sich e<strong>in</strong>e Gruppe mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> austauschen kann. Es passiert oft,<br />

dass Teilnehmer die Berater als alle<strong>in</strong>igen Ansprechpartner haben wollen. Tipp: Geben sie<br />

Fragen <strong>zur</strong>ück an alle Teilnehmer<br />

- Tipp: Flüstern und Kurznachrichten im Gruppenchat unterdrücken, da sonst viele Teilnehmer<br />

im Chat s<strong>in</strong>d, aber ke<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Unterhaltung stattf<strong>in</strong>det<br />

- Tipp: Bei akuten Krisen e<strong>in</strong>es Teilnehmers im Gruppenchat ruhig kurz <strong>in</strong>s „Sprechzimmer“<br />

verlegen und die an<strong>der</strong>en Teilnehmer alle<strong>in</strong>e lassen.<br />

- Gruppenchat: Möchten sie „Gäste“ zulassen? Gäste werden manchmal von „angemeldeten<br />

Teilnehmern“ nicht gerne gesehen, da sie die Etikette nicht immer e<strong>in</strong>halten.<br />

- Viele „Gäste“ wollen nur mitlesen und sich erst mal orientieren, haben aber auch <strong>in</strong>teressante<br />

und wichtige Fragen.<br />

- Von den „Gästen“ stehen ke<strong>in</strong>e Daten <strong>zur</strong> Verfügung. Sie loggen sich oft mit e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Namen wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>. Das erschwert das Dokumentieren ist aber e<strong>in</strong> niedrigschwelligerer<br />

Zugang und für viele Internetuser für den Anfang akzeptabler.<br />

Erfahrungswerte stellen sich bei allen Beratern sehr schnell e<strong>in</strong>. Jede Berater kann selber<br />

entscheiden, wie er die Onl<strong>in</strong>e Beratung gestallten möchte.<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH)<br />

Café Connection – Kontaktladen für Drogengefährdete und Abhängige<br />

Zehenthof 3, 86609 Donauwörth, Tel.: 0906 – 1808, Fax.: 0906 - 9998352<br />

Email: dkl.donauwoerth@caritas-augsburg.de<br />

E<strong>in</strong>richtung: Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Donauwörth<br />

Träger: Caritasverband <strong>der</strong> Diözese Augsburg<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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<strong>Workshop</strong>: „<strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Suchthilfe</strong>“ am 13.05.2011<br />

Gruppenarbeit – Bearbeitung e<strong>in</strong>er Beratungsanfrage<br />

Möglichen Antworten <strong>der</strong> folgenden Leitfragen:<br />

1. Was fällt auf? Wie wirkt die Beratungsanfrage auf mich?<br />

2. Was sollte e<strong>in</strong>e Beraterantwort grundsätzlich enthalten (Textaufbau, Inhalte)?<br />

3. Welche konkrete Hilfestellung kann hier geleistet werden?<br />

Mögliche Antworten zu Frage 1:<br />

Wie werde ich angesprochen?<br />

Ist e<strong>in</strong>e Geschlechtsangabe vorhanden? O<strong>der</strong> wird es erst im Textverlauf deutlich?<br />

Wurde die momentane Lebenssituation ausführlich und detailliert beschrieben?<br />

Wurden Szenenamens wie z.B. „Pep“ (= Amphetam<strong>in</strong>) verwendet?<br />

Wie lange besteht das Problem?<br />

Besteht e<strong>in</strong>e kritische und realistische E<strong>in</strong>schätzung des eigenen Suchtverhaltens?<br />

Ist die Person selbstreflektiert?<br />

S<strong>in</strong>d klare Zukunftsperspektiven vorhanden? z.B. Ausbildung, Familie usw.<br />

Werden konkrete Fragen gestellt? z.B. „können Sie mir Tipps geben?<br />

Können eventuell Ziele des Ratsuchenden herausgelesen werden (z.B. nur den<br />

„Konsum e<strong>in</strong>schränken“, von Beendigung des Konsums ist nicht die Rede)?<br />

Werden Bed<strong>in</strong>gungen vom Ratsuchenden gestellt z.B. „ke<strong>in</strong>e stationäre Therapie“,<br />

„Familie darf nichts mitbekommen“<br />

usw.<br />

Mögliche Antworten zu Frage 2:<br />

Begrüßung, Klärung <strong>der</strong> Anrede<br />

Würdigung <strong>der</strong> Inanspruchnahme<br />

Kurze Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> Kernproblematik<br />

Information durch Fachwissen<br />

Konkrete Fragen stellen; sich Rückmeldung holen<br />

Auftragsklärung: Was möchte <strong>der</strong> Ratsuchende für sich klären? Wobei braucht er<br />

Hilfestellung?<br />

Prioritäten setzen bei komplexen Fragestellungen: z.B. was ist ihm am Wichtigsten?<br />

Auf Grenzen <strong>der</strong> <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> h<strong>in</strong>weisen bei komplexen, schwierigen<br />

Problemstellungen<br />

Eventuell weitere Hilfemaßnahmen anbieten<br />

Verabschiedung; evtl. Vere<strong>in</strong>barung zu weiterer Verabredung (längerer<br />

Beratungskontakt)<br />

Mögliche Antworten zu Frage 3:<br />

Die Ratsuchende entlasten<br />

Die eigenen Stärken und Ressourcen aktivieren; z.B. soziale Bezüge<br />

Mögliche H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse aufdecken z.B. konsumierende Freundeskreise<br />

Ziele und Perspektiven def<strong>in</strong>ieren; <strong>in</strong> die Zukunft blicken: Wo siehst du dich <strong>in</strong> 5<br />

Jahren?<br />

Evtl. Vermittlung von fachlichen Informationen (Therapiemöglichkeiten)<br />

Auf mögliche Hilfsangebote h<strong>in</strong>weisen<br />

Motivation <strong>zur</strong> Inanspruchnahme von Hilfsangeboten<br />

Weitervermittlung an regionale Suchtberatungsstellen<br />

Angebot an die Klient<strong>in</strong>, sie bei ihren Abst<strong>in</strong>enzversuchen bzw. während <strong>der</strong> Therapie<br />

weiterh<strong>in</strong> über die <strong>Onl<strong>in</strong>eberatung</strong> zu begleiten und zu unterstützen<br />

Niels Pru<strong>in</strong> (Dipl. Sozialpäd./-arbeiter FH), 13.05.2011<br />

Café Connection – Caritas Suchtberatung und Kontaktladen Donauwörth,<br />

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