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Bedeutung und Wirkweise viskoelastischer Matratzen in

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WULFF THEMEN. EINE PUBLIKATION DER WULFF MED TEC GMBH | HENNSTEDTER STRASSE 3 · 25779 FEDDERINGEN · GERMANY | WWW.WULFF-MED.DE<br />

WULFF THEMEN. VISKOELASTISCHE MATRATZEN IN DER DEKUBITUSPROPHYLAXE<br />

ENTWICKLUNG VISKOELASTISCHER<br />

MATRATZEN<br />

<strong>Matratzen</strong>, die dem heutigen Typ nahekommen,<br />

waren zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Deutschland bis <strong>in</strong> die<br />

Neuzeit purer Luxus <strong>und</strong> nur den höheren<br />

Schichten vorbehalten. Meist bestanden sie aus<br />

mehreren Kissen. Das geme<strong>in</strong>e Volk schlief auf<br />

mit Seegras, Schilf, Stroh oder Spreu gefüllten<br />

Säcken auf harter Unterlage. Erst ab Ende des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurden von Sattlern hergestellte,<br />

meist dreiteilige <strong>Matratzen</strong> auch bei der<br />

bürgerlichen Schicht populär.<br />

Jüngst haben non-energetische Systeme <strong>und</strong><br />

vor allem viskoelastische Schaumstoffe nicht<br />

nur bei den „Anti-Dekubitusmatratzen“ E<strong>in</strong>zug<br />

gehalten. Viskoelastische Schaumstoffe<br />

s<strong>in</strong>d auch als Positionierungshilfsmittel e<strong>in</strong>e<br />

zusätzliche Unterstützung sowohl <strong>in</strong> der Dekubitusprophylaxe,<br />

als auch <strong>in</strong> der W<strong>und</strong>versorgung.<br />

Der aktualisierte Expertenstandard<br />

Dekubitusprophylaxe <strong>in</strong> der Pfl ege fordert unter<br />

dem Strukturkriterium 3a „Die Pfl ege fach kraft<br />

verfügt über die Kompetenz, die Notwendigkeit<br />

<strong>und</strong> die Eignung druckverteilender Hilfsmittel<br />

zu beurteilen“. (Quelle: Expertenstandard Dekubitusprophylaxe<br />

<strong>in</strong> der Pfl ege, S.31)<br />

Für e<strong>in</strong>e Matratze wird im privaten Bereich viel<br />

Geld ausgegeben. E<strong>in</strong>er Krankenhausmatratze<br />

wird auch heute noch e<strong>in</strong>e viel zu ger<strong>in</strong>ge Be deutung<br />

zugemessen. Trotz E<strong>in</strong>satz von Hightech<br />

beim Bettgestell fragen viele nicht nach der<br />

dar<strong>in</strong> verwendeten Matratze. Der Patient/<br />

WULFF THEMEN. AUTORIN: CLAUDIA STORK<br />

BEDEUTUNG UND WIRKWEISE<br />

VISKOELASTISCHER MATRATZEN IN<br />

DER DEKUBITUSPROPHYLAXE<br />

Abbildung: Abdruck e<strong>in</strong>er Hand <strong>in</strong> viskoelastischem Schaumstoff.<br />

Betroffene liegt aber erst e<strong>in</strong>mal direkt auf der<br />

Matratze auf <strong>und</strong> nicht auf dem Bettgestell! Ihre<br />

Eigenschaften <strong>und</strong> Güte tragen letztendlich zur<br />

adäquaten Versorgung <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>em ge wissen<br />

Komfortgefühl bei.<br />

Bett <strong>und</strong> Matratze müssen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit bilden<br />

<strong>und</strong> sowohl <strong>in</strong> Größe <strong>und</strong> der Entfaltung der<br />

jeweiligen Funktion zue<strong>in</strong>ander passen.<br />

EINSATZ VISKOELASTISCHER<br />

MATRATZEN<br />

Als die ersten viskoelastischen <strong>Matratzen</strong><br />

Anfang der 1990er Jahre im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

aufkamen, gab es ke<strong>in</strong>erlei Erfahrungen<br />

be züg lich ihrer Leistungsfähigkeit. Es fehlten<br />

Wirksamkeitsstu dien. Das häufi gste Anwendungsproblem<br />

lag dar<strong>in</strong>, dass die Patienten <strong>in</strong><br />

der Matratze zu tief e<strong>in</strong>zus<strong>in</strong>ken <strong>und</strong> <strong>in</strong> der<br />

Folge ihre Körpergrenzen nicht immer vollständig<br />

wahrnehmen konnten. Störung der<br />

Orientierung <strong>und</strong> erschwerte Mobilisation der<br />

Patienten/Betroffenen waren die Probleme im<br />

Pfl egealltag. Das Material war oft zu weich, so<br />

dass es beim Transfer auf die Bettkannte wenig<br />

Halt bot. Diese Anfangsprobleme gehören längst<br />

der Vergangenheit an, haben sich nicht nur<br />

die Betten sondern auch die viskoelastischen<br />

<strong>Matratzen</strong> erheblich weiter entwickelt. Um<br />

zu verstehen welch „Hightech“-System h<strong>in</strong>ter<br />

e<strong>in</strong>er viskoelastischen Matratze steckt, müssen<br />

die Wirkpr<strong>in</strong>zipien erst e<strong>in</strong>mal bekannt se<strong>in</strong>.


Viskoelastische <strong>Matratzen</strong> bestehen <strong>in</strong> der Regel aus e<strong>in</strong>er<br />

viskoelastischen Liegefl äche <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Stützschicht aus<br />

Polyäther-Kaltschaum. Gegenüber e<strong>in</strong>er Standardmatratze<br />

aus Polyätherschaum bieten sie folgende Vorteile:<br />

—› verbesserte Komforteigenschaften – Komfort<strong>in</strong>dex > 3<br />

—› verbesserte Tragfähigkeit<br />

—› weniger dauerhafte Druckverformung<br />

—› verbesserte Elastizität.<br />

EIGENSCHAFTEN UND WIRKPRINZIPIEN<br />

Viskoelastischer Schaum wird auch als Memory-Schaum<br />

bezeichnet, da sich das Material an die Belastung er<strong>in</strong>nert<br />

<strong>und</strong> nach dem Aufstehen noch e<strong>in</strong>ige Sek<strong>und</strong>en lang die Körperabdrücke<br />

zu sehen s<strong>in</strong>d. Der Viskoschaum e<strong>in</strong>er Matratze<br />

passt sich je nach Körperwärme <strong>und</strong> Gewicht <strong>in</strong>dividuell der<br />

Körperkontur an. Der Aufl agedruck wird gleichmäßig verteilt<br />

<strong>und</strong> der Körper <strong>in</strong> jeder Lage ideal entlastet.<br />

Das ist das entscheidende Wirkpr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> der Dekubitusprophylaxe.<br />

Wirkt e<strong>in</strong>e bestimmte Kraft (z. B. die Gewichtskraft<br />

des Körpers) auf e<strong>in</strong>e Oberfl äche e<strong>in</strong>, ergibt sich hieraus<br />

e<strong>in</strong> Druck auf das darunter liegende Gewebe. Der Druck<br />

verhält sich dabei umgekehrt proportional zur Fläche, das<br />

heißt kle<strong>in</strong>e Flächen haben bei gleicher Kraft e<strong>in</strong>en höheren<br />

Druck zur Folge als große Flächen. (Quelle: Konsusdokument<br />

Dekubitusprophylaxe der NPUAP & EPUAP)<br />

Durch die oben genannten Eigenschaften wird der Auflagedruck<br />

des Körpers bei e<strong>in</strong>er vis ko elastischen Matratze<br />

maximal auf die Liege fl äche verteilt <strong>und</strong> der punktuelle<br />

Druck, der gerade bei Knochenvorsprüngen oft zum Dekubitus<br />

führt, aufgr<strong>und</strong> der umschließenden Eigenschaft des<br />

Visko-Schaumstoffes m<strong>in</strong>imiert.<br />

Die Qualität e<strong>in</strong>er viskoelastischen Matratze defi niert<br />

sich aus der perfekten Komb<strong>in</strong>ation der Komponenten<br />

Raumgewicht (RG <strong>in</strong> kg/m 3 ) <strong>und</strong> Stauchhärte (kPa). Je höher<br />

das Raumgewicht ist, umso größer s<strong>in</strong>d die Spielräume<br />

h<strong>in</strong>sichtlich der Festigkeit e<strong>in</strong>er Matratze, ohne dass e<strong>in</strong><br />

Patient schnell durchliegt. Der Patientenkomfort steigt,<br />

die Matratze hält länger.<br />

2<br />

WULFF THEMEN. VISKOELASTISCHE MATRATZEN IN DER DEKUBITUSPROPHYLAXE<br />

BEDEUTUNG FÜR DIE VERSORGUNG<br />

Der aktuelle Stand der Wissenschaft im Bereich der Dekubitus<br />

prophylaxe wurde im überarbeiteten Expertenstandard<br />

des DNQP (Deutsches Netzwerk zur Qualitätsentwicklung <strong>in</strong> der<br />

P fl e g e) im Jahr 2010 beschrieben. Er ist seit 2008 ver b<strong>in</strong>dliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage (§113a SGBXI) der pfl egefachlichen Arbeit.<br />

Unter dem Strukturkriterium 3b fi ndet sich die Aussage,<br />

dass Studien darauf verweisen, dass die Anwendung von<br />

großzelligen, dynamischen <strong>Matratzen</strong>, Aufl agesystemen<br />

oder viskoelastischen Schaumstoffmatratzen im Vergleich<br />

zu Standardmatratzen e<strong>in</strong>e Abnahme von neu auftretenden<br />

Druckgeschwüren mit sich br<strong>in</strong>gt.<br />

Nach Defl oor et al. (2005) resultierte die 4-stündliche<br />

30 °-Wech sel lagerung auf e<strong>in</strong>er viskoelastischen Matratze<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Dekubitus<strong>in</strong>zidenz Grad 2, 3 oder 4 im<br />

Vergleich zur 2- oder 3-stündlichen 30 °-Wechsellagerung<br />

auf e<strong>in</strong>er Standardmatratze.<br />

In me<strong>in</strong>er berufl ichen Praxis habe ich die Er fahrung gemacht,<br />

dass e<strong>in</strong>e ausreichende Ausstattung mit viskoelastischen<br />

<strong>Matratzen</strong> <strong>in</strong> unserer Akutkl<strong>in</strong>ik zu e<strong>in</strong>er Reduzierung des<br />

E<strong>in</strong>satzes von Spezialmatratzensystemen führte. Zudem<br />

wurden die E<strong>in</strong>satzkriterien der Praxis deutlich erweitert.<br />

Dies erfolgte aber ausschließlich auf dem Erfahrungswissen,<br />

das die Pfl egefachkräfte im Laufe der Zeit durch e<strong>in</strong>e professionelle<br />

Hautbeobachtung erwerben konnten.<br />

Der E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>er viskoelastischen Matratze ist besonders<br />

bei folgenden Patienten angezeigt:<br />

—› Patienten mit längerer Liegezeit<br />

—› Schmerz- <strong>und</strong> Traumapatienten<br />

—› neurologische Patienten<br />

—› querschnittsgelähmte <strong>und</strong> antriebsgestörte Patienten<br />

—› Adipositas.<br />

Bei schwergewichtigen Patienten sollte e<strong>in</strong>e Matratze mit<br />

m<strong>in</strong>destens 14, besser 16 cm Höhe <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em hohen Raumgewicht<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden. Denken Sie bei der Wahl Ihrer<br />

Matratze daran: Untersuchungen ergaben, dass bereits 51 %<br />

der Frauen <strong>und</strong> 66 % der Männer übergewichtig s<strong>in</strong>d. Jeder<br />

fünfte Deutsche ist adipös.


QUALITÄTSMERKMALE GUTER<br />

VISKOELASTISCHER MATRATZEN<br />

Raumgewicht <strong>und</strong> Stauchhärte<br />

Nach DIN 13014 muss das Raumgewicht e<strong>in</strong>er Matratze<br />

m<strong>in</strong>destens 40 kg/m 3 (RG 40) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Stauchhärte von<br />

4,5 kPa betragen. Bei e<strong>in</strong>er Größe von 200 x 90 x 12 cm<br />

wiegt die Matratze damit 8,64 kg.<br />

Diese Norm legt jedoch nur die M<strong>in</strong>dest anforderungen für<br />

e<strong>in</strong>e Polyäther-Standardschaummatratze fest. Heute wird<br />

diese Ma trat ze als Referenzmatratze zur Prüfung von druckverteilenden<br />

bzw. Antidekubitusmatratzen herangezogen.<br />

Die Tabelle zeigt e<strong>in</strong>en Gutachtenauszug der Berl<strong>in</strong>Cert:<br />

Komb<strong>in</strong>ation 9: 9 cm Kaltsch RG 55 / 3,7 mit 7 cm Visko RG 85 / 2,7<br />

Gesamtgewicht Komb<strong>in</strong>ation 9 Referenzmatratze Druckentlastung<br />

80 kg 19,19 34,50 44 %<br />

100 kg 22,85 39,03 41 %<br />

120 kg 26,81 43,07 38 %<br />

140 kg 31,27 45,73 31 %<br />

Tabelle 10: Maximaldruck [mmHg] <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Belastung<br />

WULFF THEMEN. VISKOELASTISCHE MATRATZEN IN DER DEKUBITUSPROPHYLAXE<br />

Die oben geprüfte Matratze mit e<strong>in</strong>er viskoelastischen Liegefl<br />

äche <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Polyäther-Kaltschaum als Stützschicht<br />

wiegt 19,6 kg. Sie weist je nach Körper- bzw. Gesamtgewicht<br />

e<strong>in</strong>e zwischen 31 <strong>und</strong> 44 % bessere Druckverteilung<br />

gegenüber der <strong>in</strong> der DIN 13014 beschriebenen Polyäther-<br />

Standardschaummatratze auf.<br />

Moderne <strong>Matratzen</strong> komb<strong>in</strong>ieren e<strong>in</strong> natürliches E<strong>in</strong>s<strong>in</strong>kverhalten<br />

mit e<strong>in</strong>er angepassten Stützwirkung. Das verb<strong>in</strong>det<br />

e<strong>in</strong>en erholsamen Schlaf- <strong>und</strong> Liegekomfort mit e<strong>in</strong>er<br />

effi zienten Dekubitusprophylaxe <strong>und</strong> -therapie. Zudem<br />

empfi nden Schmerzpatienten <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Schmerzl<strong>in</strong>derung, da ke<strong>in</strong>e unangenehmen <strong>und</strong> schlafstörenden<br />

Druckspitzen an der Aufl age fl äche des Körpers als<br />

störend wahrgenommen werden. Der Schlaf wird weniger<br />

unterbrochen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e länger andauernde Schlafphase<br />

gefördert, ohne dass die natürlichen Schlafbewegungen<br />

e<strong>in</strong>geschränkt werden.<br />

Praxis-Tipp:<br />

Prüfen Sie die Qualität <strong>viskoelastischer</strong> <strong>Matratzen</strong>!<br />

Bei der Auswahl der Matratze sollte man unbed<strong>in</strong>gt auf<br />

das Raumgewicht achten. Die <strong>in</strong> der Norm für Polyäther-<br />

Standardschaum angeführten RG 40 s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong>sbesondere<br />

für viskoelastische Schäume, nicht „up-to-date“. Je höher<br />

das Raumgewicht, umso effektiver ist die Druckverteilung<br />

<strong>und</strong> desto länger die Haltbarkeit, da die physikalischen<br />

Eigenschaften der Druckentlastung länger erhalten bleiben.<br />

Gute Hersteller bieten heute gar <strong>Matratzen</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

RG 85 an. Diese <strong>Matratzen</strong> s<strong>in</strong>d nicht nur hervorragend <strong>in</strong><br />

Druckverteilung <strong>und</strong> Haltbarkeit, sondern bieten zudem<br />

auch etwas mehr Toleranz bei Übergewicht.<br />

Erhalten Sie e<strong>in</strong>e Matratze mit e<strong>in</strong>em Raumgewicht z. B.<br />

RG 85, so können Sie dies nur nachprüfen <strong>in</strong>dem Sie die<br />

Matratze wiegen. Achten Sie auch auf die Stauchhärte des<br />

Schaumstoffs. Ist das Material zu weich, bietet es zu wenig<br />

Halt. Bei zu festem Material leidet das Komfortempfi nden.<br />

RANDZONENVERSTÄRKUNG<br />

Ganz entscheidend ist es, dass <strong>in</strong> die Matratze e<strong>in</strong>e Randzonenverstärkung<br />

von etwa 10 cm e<strong>in</strong>gearbeitet ist. Sie<br />

verh<strong>in</strong>dert das Abrutschen des Patienten bei der Mobilisation<br />

an die Bettkante <strong>und</strong> beim Aufstehen. Sie gibt sowohl der zu<br />

unterstützenden Person, als auch der betreuenden Person<br />

Sicherheit <strong>und</strong> stellt e<strong>in</strong>e wirksame Sturzprophylaxe dar.<br />

Wer schon e<strong>in</strong>mal das Erlebnis hatte, e<strong>in</strong>e abrutschende <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> ihrer Position <strong>in</strong>stabile Person davor zu bewahren auf<br />

den Boden zu fallen, weiß, wie entscheidend diese Weiterentwicklung<br />

für die Praxis ist. Dabei geht es nicht nur um<br />

den Schutz des Patienten/Betroffenen, sondern auch um den<br />

Schutz der Über- <strong>und</strong> Fehlbelastung der unterstützenden<br />

Personen, seien es Pfl egefachkräfte, Physio therapeuten, Angehörige<br />

oder andere Hilfspersonen im häuslichen Bereich.<br />

Wie E<strong>in</strong>gangs bereits geschildert, lagen hier <strong>in</strong> den Anfängen<br />

der Viskomatratzen die größten Anwendungsprobleme.<br />

Aus me<strong>in</strong>er Berufspraxis ergeben sich durch die <strong>Matratzen</strong><br />

neuer Generation auch ke<strong>in</strong>e Störungen der Orientierung<br />

oder des Körpergefühls bei den Betroffenen mehr.<br />

SCHUTZBEZÜGE<br />

Die hygienische Aufbereitung von Patientenbetten <strong>und</strong><br />

damit auch <strong>Matratzen</strong> gew<strong>in</strong>nt als Maßnahme der Infektionsprophylaxe<br />

immer stärker an <strong>Bedeutung</strong>: Das Bett wird<br />

bei pfl egerischen <strong>und</strong> therapeutischen Maßnahmen durch<br />

Detritus <strong>und</strong> Flüssigkeiten belastet. Intensive Nutzung bis<br />

zu 24 St<strong>und</strong>en täglich <strong>und</strong> längere Verweildauer begünstigen<br />

die Keimvermehrung.<br />

3


WULFF THEMEN. VISKOELASTISCHE MATRATZEN IN DER DEKUBITUSPROPHYLAXE<br />

Parasiten können sich ansiedeln. Wird ke<strong>in</strong><br />

keimdichter Schutzbezug verwendet, ge langen<br />

Keime von der Außenseite der Matrat ze <strong>in</strong><br />

das <strong>Matratzen</strong><strong>in</strong>nere. Bei Neu belegung e<strong>in</strong>es<br />

Bettes werden sie auf den nächsten Patienten<br />

übertragen. Wird ke<strong>in</strong>e Wischdes<strong>in</strong>fektion<br />

im Patientenzimmer durchgeführt, ist beim<br />

<strong>in</strong>nerbetrieblichen Transport e<strong>in</strong>e Erregerübertragung<br />

möglich. Abgesehen von diesen<br />

Anforderungen an Ma trat zenschutzbezüge aus<br />

hygienischer Sicht muss das Material des Schutzbezugs<br />

e<strong>in</strong>e ge wisse Elastizität aufweisen. Es<br />

muss den Schaumstoff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Eigenschaft den<br />

Körper zu umschließen <strong>und</strong> den Aufl agedruck<br />

optimal zu verteilen unterstützen.<br />

Qualitativ hochwertige Bezüge<br />

—› schützen bielastisch <strong>und</strong> formbeständig<br />

den Schaumstoffkern vor Flüssigkeiten <strong>und</strong><br />

Krankheitserregern, im Idealfall auch durch<br />

verschweißte Nähte<br />

—› s<strong>in</strong>d beständig gegen Blut, Ur<strong>in</strong>, Salben, Öle,<br />

Fette <strong>und</strong> chemische Des<strong>in</strong>fektionsmittel<br />

sowie gegen Bakterien, Pilze Viren <strong>und</strong><br />

Milben<br />

—› zeichnen sich durch e<strong>in</strong>e hohe Atmungsaktivität<br />

aus, die für e<strong>in</strong> angenehmes Liege- <strong>und</strong><br />

Schlafklima sorgt<br />

—› unterstützen die Wirkung des Schaum stoffkerns<br />

—› können <strong>in</strong> der täglichen Praxis mittels<br />

Wischdes<strong>in</strong>fektion hygienisch korrekt <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>fach aufbereitet werden<br />

—› eignen sich im Bedarfsfall für die chemothermische<br />

Aufbereitung <strong>in</strong> der Waschmasch<strong>in</strong>e<br />

<strong>und</strong> die thermische Aufbereitung <strong>in</strong><br />

der VDV-Kammer<br />

—› s<strong>in</strong>d stabil <strong>und</strong> lange haltbar<br />

E<strong>in</strong>e weitere Entwicklung ist die Verwendung<br />

von Silberionen als antimikrobielle Ausstattung.<br />

Sie verbessern die Hygiene <strong>und</strong> bieten besonders<br />

Allergikern mehr Sicherheit. Der Bildung<br />

von unangenehmen Gerüchen wird entgegen<br />

gewirkt. Doch achten Sie darauf, dass nur Silberionen<br />

ohne Nanopartikel e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

4<br />

KENNZEICHNUNG<br />

<strong>Matratzen</strong> fallen unter das Mediz<strong>in</strong>produktegesetz<br />

(MPG). Sowohl Schaum stoffkern als auch<br />

Bezug müssen daher deutlich <strong>in</strong> Landessprache<br />

mit Hersteller, Herstelldatum, Material <strong>und</strong><br />

Aufbereitung gekennzeichnet se<strong>in</strong>.<br />

LEBENSDAUER VISKOELASTISCHER<br />

MATRATZEN<br />

Viskoelastischer Schaumstoff verliert mit den<br />

Jahren an Elastizität <strong>und</strong> damit Effektivität.<br />

Selbst <strong>Matratzen</strong> mit RG 85 sollten deshalb<br />

nach spätestens sieben Jahren Kl<strong>in</strong>ik-Belastung<br />

ausgetauscht werden. <strong>Matratzen</strong> mit niedrigerem<br />

RG entsprechend früher.<br />

Anforderungen als Praxistipp<br />

—› Höhe der Matratze > 12 cm , denn je höher<br />

die Matratze, desto besser die Druckverteilung<br />

<strong>und</strong> desto ger<strong>in</strong>ger das „Durchliegen“<br />

—› bei schwergewichtigen Patienten m<strong>in</strong>des tens<br />

14, eher 16 cm Höhe.<br />

—› Randzonenverstärkung von ca. 10 cm<br />

—› Raumgewicht m<strong>in</strong>destens RG 50, besser<br />

RG 85<br />

—› atmungsaktiver Schutzbezug mit Silberionen<br />

ohne Nanopartikel<br />

—› vollständige <strong>und</strong> gute Kennzeichnung der<br />

Matratze <strong>und</strong> des Bezugs entsprechend<br />

MPG, also mit Herstelldatum <strong>und</strong> Chargennummer<br />

—› hygienische Aufbereitung muss möglich se<strong>in</strong>,<br />

im Idealfall mit Aufbereitungssymbolen am<br />

Produkt <strong>und</strong> Aufbereitungsplänen<br />

—› realistische Angaben des Herstellers zu<br />

Le bensdauer <strong>und</strong> E<strong>in</strong>satzspektrum<br />

WAS MUSS EINE GUTE VISKOELASTISCHE<br />

MATRATZE VON HEUTE LEISTEN?<br />

Geeignete <strong>Matratzen</strong>, Positionierungshilfen <strong>und</strong><br />

Bezüge schaffen die Voraussetzungen für Wohlbefi<br />

nden, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Erholung. Gleichzeitig<br />

ermöglichen sie e<strong>in</strong> wirtschaftliches Arbeiten<br />

<strong>in</strong> der Ges<strong>und</strong>heitse<strong>in</strong>richtung <strong>und</strong> gegenüber<br />

den Kostenträgern. Zudem danken es Ihnen<br />

Ihre Patienten.<br />

Die Autor<strong>in</strong>:<br />

CLAUDIA STORK<br />

Lehrer<strong>in</strong> für Pfl egeberufe,<br />

TÜV-Auditor<strong>in</strong>; Pa<strong>in</strong>Nurse;<br />

K<strong>in</strong>ästhetiktra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> (Jahrgang<br />

1966) ist seit 1996<br />

<strong>in</strong> der BG Unfallkl<strong>in</strong>ik<br />

Ludwigs hafen als Leitung der<br />

Innerbetrieblichen Fort- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung/Qualitätssicherung<br />

tätig. Nach<br />

Abschluss der Ausbildung<br />

zur Krankenschwester 1988<br />

arbei tete sie <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Fachbereichen, bis sie<br />

1995 die Ausbildung zur<br />

Lehrer<strong>in</strong> für Pfl egeberufe<br />

abschloss. In ihrer beruflichen<br />

Lauf bahn widmete<br />

sie sich den Schwerpunkten<br />

K<strong>in</strong>ästhetik, Positionsunterstützung<br />

<strong>und</strong> Mobi li sa tion,<br />

sowie der Dokumentation<br />

<strong>und</strong> dem Qua li täts manage -<br />

ment. 2006 folgte die Be rufung<br />

zur stellvertretenden<br />

Qua li täts ma nage ment be auftragten<br />

der Kl<strong>in</strong>ik. Seit 2006<br />

ist Sie freiberufl ich tätig als<br />

ISO 9001 Audi tor<strong>in</strong>, Dozent<strong>in</strong>,<br />

Autor<strong>in</strong> <strong>und</strong> Fachexpert<strong>in</strong><br />

im Bereich K<strong>in</strong>ästhetik,<br />

Bewegen auf Therapiesystemen,<br />

Dekubitusmanagement,<br />

Adipositas <strong>und</strong> Hilfsmittelversorgung.

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