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Zukunftsmarkt Gesundheit & Wellness - Roland Berger

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<strong>Zukunftsmarkt</strong><br />

<strong>Gesundheit</strong> & <strong>Wellness</strong><br />

Wirtschaftskammer Österreich<br />

Studie


<strong>Zukunftsmarkt</strong><br />

<strong>Gesundheit</strong> & <strong>Wellness</strong><br />

Studie im Auftrag der<br />

Wirtschaftskammer Österreich<br />

Kontakt:<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />

Dr. <strong>Roland</strong> Falb<br />

E: roland_falb@at.rolandberger.com<br />

T: +43 (0)1 536 02 - 200<br />

Wirtschaftskammer Österreich<br />

Stabsabteilung Wirtschaftspolitik<br />

Dirk M. Kauffmann<br />

E: dirk.kauffmann@wko.at<br />

T: +43 (0)5 90 900 - 42 62<br />

2


Inhalt<br />

Management Summary<br />

A. Ziele der Studie<br />

B. Der österreichische <strong>Gesundheit</strong>smarkt – Motor für Innovation und<br />

Beschäftigung<br />

C. Langfristige Wachstumstreiber – Prognose bis 2020<br />

D. Die österreichische <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft – viele Unternehmen bedienen<br />

die steigende Nachfrage<br />

E. Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen<br />

F. Resümee und Ausblick<br />

Anhang<br />

3


Management Summary<br />

Mit der vorliegenden Studie will die Wirtschaftskammer Österreich die<br />

Aufmerksamkeit auf die wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung und die<br />

Wachstumspotenziale des <strong>Gesundheit</strong>smarktes lenken. Dazu wurden sowohl der<br />

Erste <strong>Gesundheit</strong>smarkt, also die „klassische“ solidarisch finanzierte<br />

<strong>Gesundheit</strong>sversorgung, als auch der Zweite <strong>Gesundheit</strong>smarkt mit den freiwillig<br />

privat bezahlten Leistungen betrachtet. Die Bürgerinnen und Bürger in Österreich<br />

kümmern sich immer mehr selbst um ihre <strong>Gesundheit</strong> und kaufen Produkte und<br />

Dienstleistungen, aus Bereichen wie Prävention, <strong>Wellness</strong> oder Fitness. Dies schafft<br />

einen dynamisch wachsenden Markt mit ständig neuen Angeboten.<br />

Die Bedeutung dieses Marktes wird aus seiner Größe deutlich. Unsere<br />

Hochrechnungen ergaben ein Umsatzvolumen, das sich für 2008 auf insgesamt 34,7<br />

Mrd. EUR beläuft – 21,3 für den Ersten Markt, 13,4 für den Zweiten Markt, dessen<br />

Bedeutung somit erstmals sichtbar wird. Beide Märkte wachsen dynamisch mit 4,2%<br />

(Erster) bwz. 4,7% (Zweiter Markt) pro Jahr.<br />

Die Umsätze des Zweiten Marktes stammen aus so heterogenen Branchen wie<br />

Sportartikeln, <strong>Gesundheit</strong>stourismus, Gesunder Ernährung, Fitness oder privaten<br />

Zusatzversicherungen. Aktuell und in Zukunft kommen neue Branchen hinzu, ob<br />

gesunde Wohnungen, <strong>Gesundheit</strong>shandys oder gesunde Kleidung.<br />

Dies schafft Beschäftigung, neue Berufe und Studiengänge wie bspw.<br />

<strong>Gesundheit</strong>smanagement.<br />

Der <strong>Gesundheit</strong>smarkt wird weiter dynamisch wachsen. Bis 2020 erwarten wir eine<br />

Steigerung des Marktvolumens auf 50,3 Mrd. EUR zu heutigen Preisen. Treiber sind<br />

vor allem der medizinisch-technische Fortschritt, die demografische Entwicklung und<br />

der zunehmende <strong>Gesundheit</strong>skonsum auf Grund des Wertewandels. Aber auch<br />

Änderungen in der Versorgungsstruktur und das starke internationale Wachstum der<br />

<strong>Gesundheit</strong>snachfrage beeinflussen die Marktentwicklung.<br />

Die größten Potenziale stecken in den Bereichen Sport, Ernährung, Wohnung,<br />

Kleidung, Tourismus, Prävention und Betriebliches <strong>Gesundheit</strong>smanagement. Doch<br />

Unternehmen mit <strong>Gesundheit</strong>sbezug sind in immer mehr Branchen zu finden.<br />

Grundsätzlich kann jedes Unternehmen seine Potenziale im <strong>Gesundheit</strong>smakrt<br />

prüfen. Für den Erfolg sind neben einer klaren Strategie oft neue Formen der<br />

Vernetzung erforderlich. Gerade für Marketing und Vertrieb kann es bspw. hilfreich<br />

sein, mit etablierten Akteuren des <strong>Gesundheit</strong>swesens zusammenzuarbeiten.<br />

Bei aller Dynamik halten wir ein noch stärkeres Wachstum für möglich, wenn<br />

Vernetzung, Export und Forschungstransfer von institutioneller Seite entschlossen<br />

unterstützt werden. Österreich könnte so zu einem „Kompetenzzentrum für<br />

<strong>Gesundheit</strong>“ werden.<br />

4


A. Ziele der Studie<br />

Das Thema "<strong>Gesundheit</strong>" hat in den letzten Jahren sowohl in Österreich als auch<br />

international durch den technischen Fortschritt, die Alterung der Gesellschaft, das<br />

wachsende <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein und die stärkere Forcierung von<br />

Präventionsmaßnahmen seitens des <strong>Gesundheit</strong>sministeriums und der Arbeitgeber<br />

stark an Bedeutung gewonnen.<br />

Trotz alledem ist der Begriff der "<strong>Gesundheit</strong>swirtschaft" oder des<br />

"<strong>Gesundheit</strong>smarktes" ein noch eher unbekannter. Zudem kommt noch die aus der<br />

öffentlichen Diskussion entstandene negative Konnotation mit dem Thema<br />

<strong>Gesundheit</strong>ssystem. Viel zu oft ist hier nur von den gestiegenen<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben, Ineffizienzen und von Belastungen die Rede. So gut wie nie<br />

wird von den existierenden Wachstums- und Beschäftigungspotentialen gesprochen,<br />

geschweige denn von den Chancen für Unternehmer/innen.<br />

Das Ziel dieser Studie ist es deshalb, im Sinne einer Bewusstseinsbildung eine<br />

Gesamtübersicht über den österreichischen <strong>Gesundheit</strong>smarkt und seiner weiteren<br />

Entwicklung zu geben. Die Zukunftstrends sollen in einer verständlichen Form<br />

aufbereitet werden. Ein ganz wesentlicher Teil der Studie wird dabei konkreten<br />

Positionierungs- und Handlungsempfehlungen für Klein- und Mittelbetriebe gewidmet.<br />

Die Wirtschaftskammer Österreich sieht sich als ein Ansprechpartner im<br />

<strong>Zukunftsmarkt</strong> <strong>Gesundheit</strong> und möchte dies durch die Herausgabe dieser Studie<br />

unterstreichen.<br />

5


B. Der österreichische <strong>Gesundheit</strong>smarkt – Motor für Innovation<br />

und Beschäftigung<br />

Einleitung – die wachsende Bedeutung von <strong>Gesundheit</strong><br />

Trotz der beständigen Klage über die "Kostenexplosion" im <strong>Gesundheit</strong>swesen findet<br />

derzeit ein Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung des <strong>Gesundheit</strong>ssektors statt.<br />

Neben dem Kostenfaktor <strong>Gesundheit</strong>, wird zunehmend auch anerkannt, welchen<br />

Beitrag das <strong>Gesundheit</strong>swesen für Wachstum und Beschäftigung liefert. Zum einen<br />

beeinflusst der <strong>Gesundheit</strong>szustand der Bevölkerung wesentlich das Humankapital<br />

der Gesellschaft und ist so ein Inputfaktor für Wachstum. Zum anderen existiert auch<br />

ein Markt der privat finanzierten <strong>Gesundheit</strong>sleistungen mit seinen vielfältigen<br />

Produkten, Dienstleistungen und Einrichtungen als Zukunftsbranche, in der Umsätze<br />

gemacht werden und in der viele Menschen Beschäftigung finden.<br />

Bemerkenswert ist außerdem, dass in der öffentlichen Diskussion das Thema<br />

Prävention in den Vordergrund rückt. Es liegt auch im Interesse der Arbeitgeber,<br />

dass die Arbeitnehmer, angesichts der demographischen Entwicklung und des<br />

Fachkräftemangels, länger fit für den Arbeitsmarkt gehalten und Krankenstände<br />

reduziert werden. Diese Entwicklungen begünstigen die Entstehung eines eigenen<br />

Marktes zur Gesunderhaltung der Gesunden.<br />

Ob es uns bewusst ist oder nicht, der <strong>Gesundheit</strong>sbegriff weitet sich aus. Unterstützt<br />

wird dieser Trend durch den gleichzeitigen Wunsch nach Wohlbefinden, Lifestyle und<br />

Prävention. Dabei sind es nicht nur die leeren Staatskassen, die den Einzelnen zur<br />

proaktiven <strong>Gesundheit</strong>svorsorge auffordern. Aus Patienten sind mittlerweile<br />

selbstbewusste Kunden geworden, die <strong>Gesundheit</strong> lustvoll konsumieren wollen.<br />

Daraus entstehen völlig neue Bedürfnisse, die mit neuen Produkten und<br />

Dienstleistungen beantwortet werden müssen. Die Unternehmen und Institutionen<br />

der <strong>Gesundheit</strong>sbranche werden sich auf diesen fundamentalen Wandel einstellen<br />

müssen. Wer aber die Trends versteht und sie aufgreift, auf den wartet ein Markt mit<br />

immensem Zukunftspotential sowohl im Inland als auch im Ausland, wohin<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukte bzw. –dienstleistungen exportiert werden können.<br />

6


Definition<br />

Zur Definition der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft wurde im Rahmen dieser Studie das<br />

wissenschaftlich anerkannte Schichtenmodell des Instituts für Arbeit und Technik in<br />

Gelsenkirchen (vergl. Hilbert et al.,2002) herangezogen. Das Modell beschreibt drei<br />

wesentliche Bereiche:<br />

• Den Kernbereich der ambulanten und stationären <strong>Gesundheit</strong>sversorgung mit<br />

den personal- und beschäftigungsintensiven Dienstleistungsbereichen der<br />

Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, den freien<br />

Arztpraxen, den Praxen sonstiger medizinischer Berufe sowie den<br />

stationären, teilstationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen<br />

• Vorleistungs- und Zulieferindustrien wie die Pharmazeutische Industrie,<br />

Medizintechnik , Bio- und Gentechnologie, das <strong>Gesundheit</strong>shandwerk sowie<br />

den Groß- und Facheinzelhandel mit medizinischen und orthopädischen<br />

Produkten (inkl. Apotheken)<br />

• <strong>Gesundheit</strong>snahe Bereiche bzw. Branchen mit einem gewissen Bezug zum<br />

Thema <strong>Gesundheit</strong> wie Sport, <strong>Wellness</strong>, Ernährung, Tourismus und Wohnen<br />

(z. B. barrierefreies Bauen)<br />

Pharma. Industrie,<br />

<strong>Gesundheit</strong>shandwerk,<br />

Medizintechnik, Bio- und<br />

Gentechnologie<br />

Sport und Freizeit,<br />

<strong>Wellness</strong>/Schönheit,<br />

Ernährung Tourismus,<br />

Wohnen<br />

<strong>Gesundheit</strong>swesen<br />

(u.a. Krankenhäuser,Pflegeeinrichtungen,<br />

Ärzte)<br />

Großhandel mit<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukten,<br />

Fach-Einzelhandel 1)<br />

Krankenversicherung,<br />

Forschung und Entwicklung,<br />

Organisation<br />

der GW, Öffentliche Verwaltung<br />

Abb. Schichtenmodell: Eigene Darstellung in Anlehnung an das Institut für Arbeit- und Technik (Hilbert<br />

et. al, 2002)<br />

7


Erster und Zweiter <strong>Gesundheit</strong>smarkt – eine Abgrenzung und<br />

Begriffseinführung<br />

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung sowie aus der Betrachtung des<br />

Schichtenmodells ergeben sich zur Abgrenzung des <strong>Gesundheit</strong>smarktes mehrere<br />

Möglichkeiten.<br />

Eine Beschränkung wie im ersten Punkt angeführt bezieht sich auf eine klassische<br />

Betrachtung des <strong>Gesundheit</strong>swesen mit dem Vorteil einer breiten Datenbasis seitens<br />

der Statistik Austria, vernachlässigt aber wichtige Akteure in der<br />

<strong>Gesundheit</strong>swirtschaft bzw. deren Vernetzungen. Berücksichtigt man als weitere<br />

wichtige Akteure in der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft ausschließlich den Handel sowie die<br />

Vorleistungs- und Zulieferindustrie, bleiben aktuelle Konsumtrends und davon<br />

betroffene Branchen in gesundheitsnahen Bereichen ausgegrenzt.<br />

Im Sinne einer möglichst vollständigen Darstellung der Potentiale im<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt wurden für die vorliegende Studie alle im Schichtenmodell<br />

dargestellten Bereiche berücksichtigt.<br />

Bei Branchen, die in den Randbereichen des Schichtenmodells liegen, wie<br />

Sportartikelhandel, spielt die <strong>Gesundheit</strong> als zugrundeliegendes Kaufmotiv der<br />

Konsumenten eine wichtige Rolle. Daneben liegen aber auch andere Motive wie<br />

Lifestyle und die Herausforderung im Sport vor. Aus Sicht des Händlers ist dies aber<br />

von geringerer Bedeutung und soll daher kein Ausschlusskriterium darstellen.<br />

Erster vs. Zweiter <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Als Erster <strong>Gesundheit</strong>smarkt wird in dieser Studie die "klassische"<br />

<strong>Gesundheit</strong>sversorgung bezeichnet, deren Kosten durch die<br />

Sozialversicherungsträger, den Staat und zu einem gewissen Anteil auch von den<br />

Arbeitgebern (betriebsärztliche Leistungen) getragen werden.<br />

Im Gegensatz dazu umfasst der Zweite <strong>Gesundheit</strong>smarkt alle privat finanzierten<br />

Produkte und Dienstleistungen rund um die <strong>Gesundheit</strong>. Das Angebotsspektrum<br />

reicht dabei von privaten Zusatzversicherungen und frei verkäuflichen Arzneimitteln<br />

bis hin zu gesunden Lebensmitteln, Naturkosmetik und gesundheitsorientierten<br />

Reisen. Der zweite <strong>Gesundheit</strong>smarkt existierte es schon immer. Seine Bedeutung<br />

ist allerdings in den letzten Jahren deutlich gewachsen.<br />

8


Volumen des <strong>Gesundheit</strong>smarktes<br />

Der <strong>Gesundheit</strong>smarkt in Österreich umfasste im Jahr 2005 30,7 Mrd. EUR (2008e<br />

34,7 Mrd. EUR) aus öffentlicher und privater Finanzierung.<br />

Arbeitgeber 0,03<br />

Staat inkl.<br />

Sozialversicherungsträger<br />

19,0<br />

11,7<br />

Private<br />

Staat inkl.<br />

Sozialversicherungsträger<br />

Arbeitgeber 0,04<br />

21,3<br />

2005 2008e<br />

Abb. Volumen des <strong>Gesundheit</strong>smarkts in Österreich 2005 und 2008e [Mrd. EUR] Quellen: Statistik<br />

Austria, Kreutzer, Fischer und Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria, Euromonitor, KMU<br />

Forschung<br />

Seitens der Statistik Austria wurden zuletzt im Jahr 2005 Daten der<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben in Österreich veröffentlicht. Die Werte für das Jahr 2008<br />

wurden daher mit Hilfe der Wachstumsrate seit 1998 hochgerechnet.<br />

13,4<br />

Private<br />

Die öffentlichen Ausgaben im Jahr 2005 beliefen sich auf rund 19 Mrd. EUR (2008e:<br />

21,3 Mrd. EUR) und wurden vom Staat inkl. den Sozialversicherungsträgern und den<br />

Arbeitgebern (betriebsärztliche Leistungen) getragen. Das Volumen privater<br />

Finanzierung und somit der Zweite <strong>Gesundheit</strong>smarkt belief sich im Jahr 2005 auf<br />

11,7 Mrd. EUR (2008e:13,4 Mrd. EUR).<br />

9


Entwicklung des <strong>Gesundheit</strong>smarktes<br />

In den letzten Jahren ist der Erste <strong>Gesundheit</strong>smarkt um 4,2%, der Zweite<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt sogar um 4,7% gewachsen. Sowohl der Erste als auch der Zweite<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt haben sich somit dynamisch entwickelt.<br />

Marktgröße Österreich [Mrd. EUR]<br />

16,8<br />

CAGR 1) +4,2%<br />

19,0<br />

21,3<br />

2002 2005 2008e<br />

10,2<br />

2002<br />

CAGR 1) +4,7%<br />

11,7<br />

2005<br />

13,4<br />

2008e<br />

1. <strong>Gesundheit</strong>smarkt 2. <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Abb. Entwicklung des Ersten und Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarktes [Mrd. EUR] Quelle: Statistik Austria,<br />

Kreutzer, Fischer und Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria, Euromonitor, KMU Forschung<br />

1) Compound annual growth rate = jährliche Wachstumgsrate<br />

Es ist anzunehmen, dass auch in Zukunft der Zweite Markt dynamischer wachsen<br />

wird. Das zunehmende Interesse der Bevölkerung länger und gesünder zu leben<br />

(Prävention, <strong>Wellness</strong> und Anti-Ageing) und die steigende Bereitschaft, dafür selbst<br />

die Verantwortung und letztendlich auch die Finanzierung zu übernehmen, tragen<br />

dazu entscheidend bei.<br />

Bei einem weiteren Anstieg der öffentlichen <strong>Gesundheit</strong>sausgaben ist es vorstellbar,<br />

dass sich zukünftige <strong>Gesundheit</strong>sreformen auf die Hebung von Effizienzpotentialen<br />

konzentrieren und es zu einer Abflachung der Kostendynamik im Ersten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt kommt. In Folge würde der Zweite Markt formal stärker wachsen,<br />

da es zu einer Verschiebung von Leistungen aus dem Ersten in den Zweiten Markt<br />

kommt.<br />

1<br />

10


Ausgaben pro Kopf<br />

Die Ausgaben pro Kopf im Ersten <strong>Gesundheit</strong>smarkt beliefen sich im Jahr 2005 auf<br />

rund 2340 EUR (2008e:2545 EUR), im Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt auf 1440 EUR<br />

(2008e:1600 EUR).<br />

Pro Kopf Ausgaben [EUR]<br />

CAGR 1) +2,9%<br />

2.340<br />

2005<br />

2.545<br />

2008e<br />

CAGR 1) +3,8%<br />

1.440<br />

2005<br />

1.600<br />

2008e<br />

1. <strong>Gesundheit</strong>smarkt 2. <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Abb. Entwicklung der pro Kopf Ausgaben im Ersten und Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt in Österreich [EUR];<br />

Quelle:Statistik Austria, Kreutzer, Fischer und Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria,<br />

Euromonitor, KMU Forschung<br />

1) Compound annual growth rate = jährliche Wachstumsrate<br />

In den letzten Jahren stiegen die pro Kopf Ausgaben im Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

stärker als im Ersten <strong>Gesundheit</strong>smarkt. Die Bedeutung des Zweiten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkts wird auch in den nächsten Jahren zunehmen und es ist zu<br />

erwarten, dass die Pro Kopf Ausgaben sich noch dynamischer entwicklen.<br />

Auch bei Betrachtung aller in dieser Studie definierten Teilsegmente des Zweiten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarktes stiegen die pro Kopf Ausgaben in den letzen Jahren deutlich an.<br />

2<br />

11


Pro Kopf Ausgaben Zweiter <strong>Gesundheit</strong>smarkt [EUR]<br />

Sportartikel<br />

<strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

Functional food<br />

Bio Lebensmittel<br />

Mundhygiene<br />

Hautpflegemittel<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Fitness-Studio<br />

Functional drinks<br />

Funktionswäsche<br />

Naturkosmetik<br />

Bücher/Presse/Medien<br />

13<br />

14<br />

4<br />

4<br />

1<br />

1<br />

36<br />

40<br />

34<br />

40<br />

28<br />

31<br />

21<br />

25<br />

16<br />

60<br />

85<br />

104<br />

105<br />

104<br />

131<br />

154<br />

2005<br />

2008e<br />

255<br />

267<br />

Abb. Ausgaben pro Kopf im Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt 2005 und 2008e [EUR] Quelle: Statistik Austria,<br />

Kreutzer, Fischer und Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria, Euromonitor, KMU Forschung<br />

An erster Stelle bei den Pro-Kopf- Ausgaben liegen Sportartikel. Obwohl nicht alle<br />

Sportartikel zur Förderung der <strong>Gesundheit</strong> gekauft werden, sind gesunde Sportarten<br />

wie Nordic Walking oder Yoga auf dem Vormarsch.<br />

Einen Spitzenplatz bei den Ausgaben pro Kopf hält der <strong>Gesundheit</strong>stourismus inne.<br />

Der hohe Umsatz dieser Branche ist hauptsächlich auf die starke Position<br />

Österreichs als Urlaubsdestination im <strong>Gesundheit</strong>s- und <strong>Wellness</strong>tourismus in In- und<br />

Ausland zurückzuführen.<br />

Ebenfalls sehr hoch besonders im Vergleich zu anderen Ländern ist der Umsatz bei<br />

Lebensmitteln aus biologischem Anbau und Functional foods.<br />

Es sei an dieser Stelle auch bemerkt, dass der Konsum in der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft<br />

sehr stark demokratisiert ist, d.h. unabhängig vom Einkommen ist. (vergl. auch S. 35)<br />

12


Berechnungsmethodik: Umsatz vs. Bruttowertschöpfung<br />

Um die Bedeutung der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft für eine Volkswirtschaft<br />

abzuschätzen, sind zwei mögliche Berechnungsmethoden gegenüber zu stellen:<br />

Berechnung anhand des Unternehmensumsatz<br />

Wie in dieser Studie durchgeführt, wird die Marktgröße anhand der durch die<br />

Unternehmen gemeldeten Umsatzwerte im Inland aufsummiert. Diese Methode<br />

ermöglicht eine rasche Abschätzung der Marktgröße, die jedoch mit Unschärfen<br />

in der Abgrenzung zum Ausland behaftet ist. Sofern für die Produktion der Güter<br />

Vorleistungen aus dem Ausland importiert wurden, sind die Kosten für diese<br />

Vorleistungen im Umsatz und damit in der Marktgröße enthalten. Andererseits<br />

wird Umsatz, der durch Export der Endprodukte im Ausland finanziert wird, nicht<br />

in die Marktberechnung aufgenommen. Diese Methode wurde für die vorliegende<br />

Studie gewählt.<br />

Berechnung anhand der Bruttowertschöpfung<br />

Um die Bedeutung der Branche beispielsweise für die Beschäftigung im Inland<br />

genauer zu ermitteln, müsste nach den Prinzipien der volkswirtschaftlichen<br />

Gesamtkostenrechnung die Bruttowertschöpfung ermittelt werden. Diese ist die<br />

die Differenz aus Produktionswert und Vorleistungen und ist somit das<br />

Nettoergebnis der Produktionstätigkeit. Es wird für jedes Unternehmen berechnet,<br />

welche Wertschöpfung durch die Geschäftstätigkeit an seinen Standorten<br />

entsteht, unabhängig davon, ob Vorleistungen aus dem In- oder Ausland bezogen<br />

wurden und wohin der Vertrieb der Produkte stattfindet. Im zweiten Schritt kann<br />

auch für die inländische Vorleistungsindustrie ermittelt werden, welche<br />

Wertschöpfung sie durch den Absatz von Produkten in die <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft<br />

erreicht. Der Nachteil dieser Methode ist der hohe Aufwand in der Umsetzung, da<br />

eine Vielzahl von Daten erhoben werden müssen. Im Moment ist diese<br />

Berechnung in Österreich ohne aufwändige Primärdatenerhebung nicht möglich.<br />

13


Der Zweite <strong>Gesundheit</strong>smarkt – eine detaillierte Betrachtung<br />

Zur Berechnung des Marktvolumens wurden die Positionen nach einer der gesamten<br />

Studie zugrunde liegenden Definition des <strong>Gesundheit</strong>smarktes ausgewählt. Hierbei<br />

haben wir folgende methodische Unterscheidung getroffen: Branchen, bei denen ein<br />

wesentlicher Teil des Konsumverhaltens auch mit <strong>Gesundheit</strong> zu tun hat, wie bspw.<br />

gesunde Lebensmittel oder Sportartikel, wurden berücksichtigt; Branchen, die in<br />

kleineren Teilbereichen auch mit <strong>Gesundheit</strong> zu tun haben, wurden nicht<br />

berücksichtigt. Dies betrifft bspw. die Baubranche, die in Teilmärkten wie<br />

"barrierefreies Bauen" und "Baustoffe mit allergenkontrollierter Rezeptur" sehr wohl<br />

einen <strong>Gesundheit</strong>sbezug hat, der prozentual jedoch nur einen kleinen Anteil des<br />

Gesamtmarktes ausmacht. Es ergibt sich dadurch eine Unschärfe in beiden<br />

Richtungen, die aber u.E. trotzdem eine überblicksartige Einschätzung des<br />

Gesamtmarktes erlaubt. Eine genaue Abgrenzung der einzelnen Teilmärkte wird<br />

künftig nach umfangreichen branchenspezifischen Untersuchungen möglich sein. 3<br />

Für die Berechnung der Marktgrößen wurden nun folgende Positionen<br />

herangezogen:<br />

Zweiter <strong>Gesundheit</strong>smarkt, soweit von Statistik Austria erfasst<br />

• Ausgaben der privaten Versicherungen (Zusatzversicherung)<br />

• Ausgaben der privaten Haushalte für freiwillige, ärztliche Leistungen, frei<br />

verkäufliche Arzneimittel, Alternativmedizin und Prävention<br />

• Ausgaben privater Organisationen<br />

• Investitionen der privaten Haushalte<br />

CAGR 1)<br />

('98-'08) +2,9% +3,9% +4,4% +3,9%<br />

1,0<br />

1,3<br />

1,4<br />

Ausgaben der<br />

privaten<br />

Versicherungen<br />

3,3<br />

4,1<br />

4,6<br />

Ausgaben der<br />

privaten Haushalte<br />

0,2<br />

0,3<br />

0,3<br />

Ausgaben privater<br />

Organisationen<br />

0,4<br />

0,4<br />

0,4<br />

Investitionen privater<br />

Haushalte<br />

Abb. Marktvolumen des Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkts soweit von Statistik Austria erfaßt<br />

1) Compound annual growth rate = jährliche Wachstumsrate<br />

3 Initiative in Deutschland zu diesem Thema schon gestartet (BMWI); siehe auch S. 15<br />

1998<br />

2005<br />

2008e<br />

14


Zweiter <strong>Gesundheit</strong>smarkt, Vorsorge und <strong>Wellness</strong><br />

Diese <strong>Gesundheit</strong>sprodukte und Dienstleistungen werden dem äußersten Bereich<br />

des Schichtenmodells nach Hilbert et. al und den darin erwähnten Branchen<br />

zugeordnet. Unberücksichtigt blieb der Bereich Wohnen, der lediglich in<br />

Teilbereichen einen <strong>Gesundheit</strong>sbezug aufweist.<br />

Dieser zusätzliche private Konsum ergab sich aus den Umsätzen in den folgenden<br />

Märkten<br />

• Lebensmittel aus biologischem Anbau<br />

• Nahrungsergänzungsmittel<br />

• Functional drinks<br />

• Functional food<br />

• Hautpflegemittel<br />

• Mundhygiene<br />

• Naturkosmetik<br />

• Bücher/Medien/Presse<br />

• <strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

• Fitness-Studios<br />

• Sportartikel<br />

• Funktionswäsche<br />

Bereiche aus Schichten-Modell Ausgewählte Branchen<br />

Ernährung<br />

<strong>Wellness</strong>/Schönheit<br />

Tourismus<br />

Sport und Freizeit<br />

• Lebensmittel aus biologischem Anbau<br />

• Nahrungsergänzungsmittel<br />

• Functional drinks<br />

• Functional food<br />

• Hautpflegemittel<br />

• Mundhygiene<br />

• Naturkosmetik<br />

• Bücher, Medien, Presse<br />

• <strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

• Fitness-Studio<br />

• Sportartikel<br />

• Funktionswäsche<br />

Wohnen1) • Barrierefreies Bauen<br />

• Möbel aus nachhaltig/biologisch ausgebauten Holz<br />

• Wandfarben und Lacke auf biol. Basis<br />

• Heimtextilien aus Bio-Baumwolle<br />

1) Aufgrund zu kleiner, statistisch nicht erfasster Teilmärkte in dieser Studie nicht berücksichtigt<br />

Abb. Auswahl der Branchen aus dem Schichten-Modell<br />

15


CAGR 1)<br />

('98-'08)<br />

+9,5% +21,5% +8,8% +7,0% +3,1% +3,4% +4,7% +2,8% +0,0% +3,3% +0,0%<br />

+5,5%<br />

1,28<br />

1,09<br />

0,87<br />

0,87<br />

0,74<br />

0,71<br />

0,50<br />

0,43<br />

0,17 0,21<br />

0,08<br />

0,10<br />

0,13<br />

0,16<br />

0,07<br />

Fitness-<br />

Studio<br />

GesundBioheitsLebenstourismusmittel Functional Functional<br />

drinks food<br />

2,24<br />

2,07<br />

1,66<br />

Sportartikel<br />

2008e<br />

0,29 0,34 0,30<br />

0,21<br />

0,33<br />

0,23<br />

0,11<br />

0,25 0,04 0,19 0,26<br />

0,01<br />

0,08 0,12<br />

0,04 0,04 0,01 0,01<br />

Funktionswäsche<br />

Hautpfleg<br />

emittel<br />

Mundhygiene<br />

1998<br />

2005<br />

NaturNahrungs- Bücher,<br />

kosmetikergänzung Medien,<br />

Presse<br />

Abb. Marktvolumen des Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarktes "zusätzlicher privater Konsum", Quelle: Kreutzer,<br />

Fischer und Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria, Euromonitor, KMU Forschung<br />

1) Compound annual growth rate = jährliche Wachstumsrate<br />

Ernährung:<br />

Besoders stark stiegen die Umsätze im Bereich Lebensmittel aus biologischem<br />

Anbau. Die offensichtliche Bereitschaft der Österreicher für gesündere Lebensmittel<br />

tiefer in die Tasche zu greifen, wurde schon Anfang der Neunziger Jahre von den<br />

großen Handelsketten (Rewe/Spar) aufgegriffen und das Angebot sukzessive<br />

ausgeweitet und mit großem Aufwand vermarktet. Im weiteren verstärkten<br />

Lebensmittelskandale (BSE bei Rindern, "Hormon-Schweine", Pestizide im Paprika)<br />

den Trend zu Nahrung aus kontrolliertem Anbau bzw. kontrollierter Aufzucht. Die<br />

Nachfrage ist dermaßen groß, dass die heimische Produktion längst nicht mehr<br />

ausreicht. Laut dem Verband der österreichischen Biobauern (BIO Austria) würden<br />

10.000 weitere Bio-Betriebe benötigt um den Bedarf abzudecken. Besonders<br />

schwierig sei die Lage saisonal bei Gemüse und Obst sowie bei Schweinefleisch.<br />

Anbieter wie "Ja! Natürlich" etablierten Partnerschaften mit Produzenten in Spanien<br />

und Italien.<br />

0,23 Mrd EUR betrugen die Umsätze für Nahrungsergänzungsmittel im Jahr 2005<br />

(2008e: 0,26 Mrd. EUR) in Österreich laut Euromonitor. Auch in diesem Markt fällt<br />

auf, dass sich die Palette an Angeboten in den letzten Jahren stark ausgeweitet hat.<br />

Nahrungsergänzungsmittel wie Vitaminpräparate oder Präparate als Unterstützung<br />

beim Abnehmen bedienen vor allem das Bedürfnis etwas für den Körper und die<br />

<strong>Gesundheit</strong> zu tun und trotzdem nicht allzu viel am Lebensstil ändern zu müssen.<br />

Zum Beispiel, ungesund zu essen und es danach mit Vitamintabletten auszugleichen.<br />

Auch in diesem Markt steckt ein erhebliches Wachstumspotential, das Hand in Hand<br />

mit neuen Erkenntnissen aus der Forschung geht.<br />

Parallel zum Wachstum des Umsatzes mit Lebensmitteln aus biologischem Anbau<br />

entwickelte sich auch der Markt für Functional food und Functional drinks. Vöslauer<br />

16


und Römerquelle erzielen einen erheblichen Anteil ihrer Umsätze mit den Functional<br />

drinks "Römerquelle emotion" und "Vöslauer Biolimo" bzw. "Vöslauer Balance".<br />

Zusätzlich drängen auch andere Anbieter aus der Lebensmittelbranche in dieses<br />

Segment. So ging zum Beispiel die Firma Knorr mit Knorr Vie, einem Obst/Gemüse<br />

Saft angereichert mit Vitaminen und Mineralstoffen, sehr erfolgreich in den Markt.<br />

Auch die Marke "Becel" ist ein Beispiel wie man auf dem Sektor Functional Food<br />

erfolgreich sein kann. Die Margarine oder das Joghurt, das bei täglichem Verzehr<br />

nachweislich (abgesichert durch ein medizinisches Gutachten) den Chlosterinspiegel<br />

senkt, ist ein Kassenschlager. International haben Lebensmittelkonzerne diesen<br />

Trend längst erkannt. So kaufte zum Beispiel der Lebensmittel-Gigant Nestlé die<br />

Sparte "Functional food" von Novartis.<br />

<strong>Wellness</strong> und Schönheit:<br />

0,29 Mrd EUR (2008e: 0,34 Mrd. EUR) betrug das Volumen des Marktes für<br />

Hautpflegemittel im Jahr 2005. (+4,7% p.a. von 1998-2005) laut Euromonitor. Das<br />

Wachstum lässt sich zum einen darauf zurückführen, dass die Kosmetikindustrie den<br />

Mann als Zielgruppe entdeckt hat. Auch für diese ist es wichtig geworden, möglichst<br />

lange gesund und leistungsfähig zu bleiben. Gutes Aussehen wird dafür als<br />

Ausdrucksform der eigenen Vitalität verstanden. Mittlerweile bietet fast jede bekannte<br />

Kosmetikmarke eine eigene Linie für Männer an, für jede Preisklasse lässt sich ein<br />

passendes Produkt finden. Interessant ist dabei, dass Männer ein völlig anderes<br />

Kaufverhalten an den Tag legen wie Frauen. Hat sich Herr Österreicher einmal für<br />

eine Marke entschieden, dann bleibt er dabei, während der weibliche Teil der<br />

Bevölkerung gerne laufend neue Produkte ausprobiert.<br />

Außerdem reagierte die Kosmetikindustrie auf die gestiegene Lebenserwartung und<br />

das Bedürfnis der Generation 50+ so jung auszusehen, wie sie sich fühlt. In der<br />

Werbung wird zunehmend mit reiferen Frauen geworben. Die wohl bekannteste<br />

Kampagne war die Werbung zur Produktlinie "Pro-Age" von Dove. Hier wurde das<br />

erste Mal ein ganz anderes Bild der Frauen über 50 gezeigt. Aber auch andere<br />

Firmen sind auf diesen Zug aufgesprungen. So wirbt zum Beispiel der Kosmetik-<br />

Konzern L'Oreal mit Jane Fonda (70 Jahre) für seine neue Hautcreme für die reifere<br />

Frau. Auch Stars wie Sharon Stone (50 Jahre), Demi Moore (49 Jahre) und Andi<br />

Mc'Dowell (48 Jahre) leihen ihr Gesicht großen Kosmetik-Firmen. Der Aufwand ist in<br />

jedem Fall angebracht, ist diese Zielgruppe doch im allgemeinen eine sehr<br />

zahlungskräftige.<br />

Der Markt für Naturkosmetik hingegen mit einem Volumen von 0,04 Mrd. EUR ist in<br />

Österreich noch ein sehr junger. Zur Zeit gibt es nur wenige Firmen, die<br />

Naturkosmetik in Österreich produzieren. Aber auch hier zeichnet sich ein sehr<br />

positiver Trend für die Zukunft ab. So wird zum Beispiel die oberösterreichische<br />

Firma " Grüne Erde", eigentlich eher bekannt für die Herstellung von Vollholzmöbeln<br />

unter dem Verzicht von künstlichen Materialien, 2008 eine eigene Produktion für<br />

Naturkosmetik in Oberösterreich eröffnen. Diese Produkte sollen über eine eigene<br />

Naturkosmetik-Kette vertrieben werden. Die ersten Shops werden 2008 in Linz und<br />

Berlin eröffnen. In den nächsten 5 Jahren sollen weitere 20 Geschäfte in Österreich<br />

und Deutschland folgen.<br />

17


Lange Zeit fiel einem in Österreich zu Mundhygiene- Produkten nur Zahnpaste und –<br />

bürste ein. Heute ist das anders. Schöne Zähne bis ins hohe Alter sind ein Ausdruck<br />

von <strong>Gesundheit</strong> und Vitalität geworden und die Menschen sind bereit dafür mehr<br />

Geld in die Hand zu nehmen. Bekannte Firmen. wie "Oral B", weiten ihr Angebot<br />

ständig aus. Elektrische Zahnbürsten mit unterschiedlichsten Aufsätzen,<br />

Zungenreiniger, verschiedenste Sorten von Zahnseide werden geboten. Nicht zu<br />

vergessen, die unterschiedlichsten Präparate zum Bleichen der Zähne. Das<br />

Marktvolumen in Österreich lag laut Euromonitor 2005 bei 0,32 Mrd. EUR<br />

(2008e:0,33 Mrd. EUR; +2,8% p.a. von 1998-2005), weiteres Wachstum ist<br />

vorauszusehen.<br />

Mit 0,01 Mrd. EUR ist der Markt für Zeitschriften, Bücher und Medien zum Thema<br />

<strong>Gesundheit</strong> noch ein recht kleiner. Dennoch besitzt dieser Markt Potential, da sich<br />

immer mehr Menschen in Österreich für dieses Thema interessieren. Nicht umsonst<br />

begann die Fellner-Gruppe ein eigenes Magazin, nämlich "News Leben", das sich<br />

ausschließlich mit <strong>Gesundheit</strong>s- und <strong>Wellness</strong>themen beschäftigt, herauszugeben.<br />

Auch der ORF reagierte auf das Interesse der Bevölkerung, zum Beispiel mit dem<br />

Themenschwerpunkt "Gesundes Herz" dieses Frühjahr.<br />

Tourismus:<br />

Österreich ist bekannt als Tourismusdestination. Ein mittlerweile sehr starkes<br />

Segment ist dabei der <strong>Wellness</strong>tourismus. Das Marktvolumen belief sich laut Austrian<br />

Business Agency im Jahr 2005 auf 1,09 Mrd. EUR (2008e:1,28 Mrd. EUR; +5,5%<br />

p.a. von 1998-2005). Interessant dabei ist, dass besonders viele Einheimische den<br />

<strong>Gesundheit</strong>s- bzw. <strong>Wellness</strong>aspekt als ihr Motiv für den Inlandsurlaub nennen. Laut<br />

Statistik Austria gaben 2006 20% der ÖsterreicherInnen an, ihren Inlandsurlaub mit<br />

dem Motiv <strong>Wellness</strong>/Schönheit zu verbringen, weitere 27% nannten die <strong>Gesundheit</strong><br />

als wichtigstes Thema des Urlaubs. Diese Zahlen verdeutlichen einmal mehr das<br />

große Potential dieses Marktsegmentes.<br />

Die positive Entwicklung des österreichischen <strong>Gesundheit</strong>stourismus wurde auch<br />

durch eine Studie von SDI Research Wien bestätigt. Die Meinungsforscher fanden<br />

heraus, dass 2007 das Interesse an <strong>Wellness</strong> deutlich gegenüber 2005/2006<br />

zugenommen hat. 49% der Befragten äußerten für 2007 die Absicht ein<br />

<strong>Wellness</strong>angebot zu nutzen. (2005/2006 44%). Das gestiegene Interesse geht vor<br />

allem auf die Altersgruppe 30+ aus dem urbanen Raum zurück. Die Motive für<br />

<strong>Wellness</strong> hätten sich allerdings geändert. Berufs- und Alltagsstress fordern ihren<br />

Tribut. Immer wichtiger werden daher körperliche und seelische Regeneration für die<br />

Leistungsfähigkeit: 33% wollen <strong>Wellness</strong>hotel und Thermen zur Erholung vom<br />

Berufsstress nutzen (2005/2006: 22%). Nicht nur der klassische Heilthermenbegriff<br />

verliert an Bedeutung, auch <strong>Wellness</strong> als reine <strong>Gesundheit</strong>svorsorge wird<br />

differenzierter gesehen. Der traditionelle Begriff von <strong>Gesundheit</strong>svorsorge – aus<br />

Sorge vor Krankheit – weicht dem Verlangen nach stabilem und ausgeglichenem<br />

Wohlbefinden bei steigender Belastung.<br />

18


Der Thermenbesuch wird allerdings immer noch als teuer eingestuft, die<br />

Preissensibilität hat sich aber verringert. Der Gast verlangt dafür aber zunehmend<br />

nach Ambiente, Freundlichkeit und gastronomischer Qualität. Zusatzkosten werden<br />

stärker abgelehnt: das All-Inclusive Modell der Fernreiseziele mit klar kalkulierbaren<br />

Preisen dient hier offensichtlich als Vorbild. Zusätzlich werden Anbieter in Zukunft<br />

nicht mehr wegen einzelner Attraktionen oder Leistungen gewählt, sondern wegen<br />

deren Gesamtkompetenz. Die Wettbewerbsschlachten um die exotischste<br />

Massageform oder die längste Rutsche gehen damit zu Ende.<br />

Sport und Freizeit:<br />

Auffallend stark gewachsen (+9,5% p.a. von 1998-2005) ist der Umsatz der Fitness-<br />

Studios. Der Boom in dieser Branche ist ungebrochen. Neben dem Körperkult führt<br />

auch ein gesteigertes <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein immer mehr ÖsterreicherInnen in die<br />

Fitness-Tempel. Dabei ist anzumerken, dass Fitness-Studios in den letzten Jahren<br />

einen Paradigmenwechsel durchgemacht haben. Während in den 80er Jahren die<br />

Kundschaft hauptsächlich aus Männern bestand, die ohne Rücksicht auf die<br />

<strong>Gesundheit</strong> ihre Muskelmasse aufbauen wollten, so sind heutzutage die Mitglieder<br />

sowohl weiblich als auch männlich und Motive wie Wohlbefinden und <strong>Gesundheit</strong><br />

stehen neben Lifestyle und Schönheit im Vordergrund. Die Fitness-Studios haben<br />

darauf reagiert. Ein Spa-Bereich mit Sauna und Dampfbad gehört zur<br />

Grundausstattung, das Training erfolgt oft erst nach einer sportmedizinischen<br />

Untersuchung.<br />

Seit 2002 ist die Anzahl der Mitglieder um 20% gewachsen. In Wien besucht in der<br />

Altersgruppe der 20-45 Jährigen bereits jeder fünfte ein Fitness-Center (vergl.<br />

Kreutzer, Fischer & Partner). Auch für die nächsten Jahre wird weiteres Wachstum<br />

erwartet. Besonders profitieren werden Studios speziell für Frauen und Studios im<br />

Premium Segment (z. B. John Harris, Holmes Place). Vor allem die Fitness-<br />

Studiokette "John Harris" hat bereits auf das gesteigerte <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein<br />

der Bevölkerung reagiert und das Angebot in Richtung "Medical <strong>Wellness</strong>" erweitert.<br />

So wurde im Frühjahr 2006 das erste Medical Spa eröffnet. Der Schwerpunkt der<br />

Angebotspalette liegt auf Alternativmedizin (vor allem chinesischer Medizin) und Anti-<br />

Ageing Behandlungen. Angeboten werden diese Leistungen durchwegs von<br />

anerkannten Ärzten, die sich im Medical Spa eingemietet haben.<br />

Ein weiteres Beispiel für gesundheitsbewusstes Training sind die Studios der Kette<br />

"Kieser-Training". Hier wird besonders auf gelenkschonendes Training Wert gelegt,<br />

das vor allem die Rückenmuskulatur stärkt und damit den typischen Volkskrankheiten<br />

wie Haltungsschäden und Rückenschmerzen vorbeugen soll.<br />

19


Der Umsatz im Sportartikelsektor lag laut RegioPlan Consulting 2005 bei 2,07 Mrd.<br />

EUR (2008e:2,24 Mrd. EUR; +3,1% p.a. von 1998-2005). Allerdings kommt es in<br />

diesem Markt zu einer Verschiebung von Markanteilen weg vom<br />

Sportartikelfachhandel hin zu anderen Anbietern wie zum Beispiel dem<br />

Lebensmittelhandel (Hofer, Interspar, Tschibo). So sank der Umsatzanteil des<br />

Fachhandels von 68,6% 2000 auf 61,5% im Jahr 2005; das Marktvolumen des<br />

Sportartikelfachhandels stieg in der selben Zeit nur schwach von 1,2 Mrd. EUR auf<br />

1,3 Mrd. EUR. In der letzten Zeit war die Sportartikel meist mit negativen<br />

Schlagzeilen in den Medien. Der extrem milde Winter 2006/2007 führte zu<br />

erheblichen Umsatzeinbüßen im Wintersportsegment. Die Umsätze im Bereich<br />

Funktionswäsche 4 entwickelten sich ähnlich den Umsätzen im Bereich Sportartikel.<br />

Das Marktvolumen lag laut Euromonitor im Jahr 2005 bei 0,11 Mrd. EUR (2008e:0,12<br />

Mrd. EUR; +3,4% p.a. von 1998-2005).<br />

4 Definition Funktionswäsche: Kleidung aus modernen Hochleistungsfasern für Sport und Bewegung<br />

sowohl drinnen als auch draußen<br />

20


Beschäftigung im Ersten und Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Der Bereich der <strong>Gesundheit</strong>s-, Pflege- und Sozialbetreuungsberufe zählt zu den<br />

Wachstumsmärkten der Zukunft. Diese Entwicklung ist zum einen auf den steigenden<br />

Pflege- und Betreuungsbedarf einer alternden Gesellschaft zurückzuführen, zum<br />

anderen bewirkt das steigende <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein der Bevölkerung eine<br />

zunehmende Nachfrage nach Dienstleistungen im Bereich Komplementärmedizin,<br />

<strong>Wellness</strong> und nach psychosozialer <strong>Gesundheit</strong>.<br />

Beschäftigte im <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen (Erster <strong>Gesundheit</strong>smarkt)<br />

Zwischen 2004 und 2007 ist die Zahl der Beschäftigten in Österreich um 9,4%<br />

gestiegen, im <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen im gleichen Zeitraum um 7,1%. Dieser<br />

Bereich umfasst alle Dienstleistungen im Bereich der stationären und ambulanten<br />

Versorgung sowie der Pflege.<br />

Männer<br />

Frauen<br />

326<br />

23,4%<br />

76,6%<br />

2004<br />

1) 3. Quartal 2007<br />

350<br />

25,3%<br />

74,7%<br />

2005<br />

23,1%<br />

76,9%<br />

349<br />

22,8%<br />

77,2%<br />

2006 2007 1)<br />

Abb. Entwicklung der Arbeitsplätze im <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen Quelle: Statistik Austria<br />

Im Jahr 2004 waren im <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen 326.000 Menschen<br />

beschäftigt, im dritten Quartal 2007 bot dieser Bereich 349.000 Menschen einen<br />

Arbeitsplatz. Diese Entwicklung entspricht einem jährlichen Wachstum von 2,3%.<br />

Ebenfalls eine steigende Tendenz verzeichnet der Anteil der Beschäftigten im<br />

<strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen an der Gesamtbeschäftigung in Österreich. Er stieg<br />

im dritten Quartal 2007 auf 8,5%, dies bedeutet eine Steigerung um 0,4% im<br />

Vergleich zum Vorjahr.<br />

Das <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen ist vornehmlich weiblich und stellt aus diesem<br />

Grund für Frauen einen wichtigen Arbeitgeber dar. Mehr als drei Viertel der<br />

Beschäftigten im dritten Quartal 2007 waren weiblich; in der gesamten Wirtschaft<br />

sind zwei von fünf Beschäftigen Frauen<br />

348<br />

21


Selbstständig<br />

9,8%<br />

90,2%<br />

Unselbstständig<br />

39,8%<br />

Teilzeit<br />

Abb. Anteil der unselbstständig Erwerbstätigen und Teilzeit, Quelle: Statistik Austria<br />

Vollzeit<br />

Der Bereich <strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen umfasst ausschließlich Arbeitsplätze im<br />

Dienstleistungssektor. Davon sind über 90% der Beschäftigten unselbstständig<br />

Erwerbstätige. Der Anteil an Teilzeitarbeit (wöchentliche Arbeitszeit weniger als 35 h)<br />

bei den unselbständig Erwerbstätigen ist in den letzten Jahren leicht angestiegen und<br />

lag im dritten Quartal 2007 bei ca. 40%.<br />

Berücksichtigt man die Zulieferindustrie und den Handel, wo detaillierte Zahlen bis<br />

2005 aus der Leistungs- uns Strukturerhebung der Statistik Austria vorliegen, ergibt<br />

sich folgendes Bild: Insgesamt lag 2005 eine Beschäftigung von 383.000 Menschen<br />

im <strong>Gesundheit</strong>smarkt (Quelle: Statistik Austria) unter dieser erweiterten<br />

Betrachtungsweise vor. Zusätzlich zu den 350.000 Beschäftigten im <strong>Gesundheit</strong>s-<br />

und Sozialwesen (ausschließlich Dienstleistungen) bot 2005 die pharmazeutische<br />

Industrie 9.593 Menschen einen Arbeitsplatz. Der Groß- und Einzelhandel mit<br />

pharmazeutischen Erzeugnissen, medizinischen und orthopädischen Artikeln<br />

beschäftigte 15.792, die Branchen Medizintechnik und <strong>Gesundheit</strong>shandwerk 7.639<br />

Menschen.<br />

383.024<br />

Gesamt<br />

350.000<br />

15.792<br />

9.593<br />

<strong>Gesundheit</strong>s- Groß- und Pharmazeut.<br />

und Einzelhandel Industrie<br />

Sozialwesen Pharma und<br />

Orthopädie<br />

7.639<br />

Medizintechnik<br />

60,2%<br />

Abb. Beschäftigte nach Branchen 2005 (erweiterte Betrachtungsweise), Quelle: Statistik Austria<br />

22


Pharmazeutische Industrie Medizintechnik<br />

Handel<br />

4%<br />

2%<br />

3%<br />

91%<br />

<strong>Gesundheit</strong>s- und Sozialwesen<br />

Abb. Anteil der Beschäftigten nach Branchen 2005 (erweiterte Betrachtungsweise), Quelle: Statistik<br />

Austria<br />

Zur Gesamtbeschäftigung im <strong>Gesundheit</strong>smarkt zählen auch die Beschäftigten in der<br />

öffentlichen Verwaltung, in Forschung und Entwicklung sowie die Branchen, die<br />

gesundheitsnahen Bereichen zuzuordnen sind wie beispielsweise<br />

<strong>Gesundheit</strong>stourismus und der Sportartikelhandel. Da diese nur teilweise einen<br />

Bezug zur <strong>Gesundheit</strong> aufweisen bzw. statistisch als solche nicht erfasst werden,<br />

gestaltet sich eine Abschätzung der Beschäftigung in diesen Branchen schwierig.<br />

Eine Überblick über die der österreichischen <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft wird in Kapitel D<br />

gegeben.<br />

Neue Berufe und Ausbildungen im <strong>Gesundheit</strong>swesen<br />

Das bereits zuvor erwähnte Interesse der Bevölkerung an Dienstleistungen im<br />

Bereich komplementärer Medizin und <strong>Wellness</strong> zieht eine erhöhten Bedarf nach<br />

Qualifizierungsmaßnahmen in diesen Bereichen nach sich.<br />

Darüber hinaus stellt die zunehmende Bedeutung von betriebswirtschaftlichen<br />

Zusammenhängen die Erwerbstätigen im <strong>Gesundheit</strong>swesen vor völlig neue<br />

Herausforderungen und führte zu einer vermehrten Nachfrage nach<br />

Zusatzausbildungen im Management-Bereich.<br />

Management und Informationstechnologie<br />

Die <strong>Gesundheit</strong>ssysteme der industrialisierten Länder stehen weltweit vor großen<br />

Herausforderungen. Zunehmende finanzielle Engpässe erfordern wirtschaftliches<br />

Handeln mit knappen Ressourcen. Die Forschung im <strong>Gesundheit</strong>sbereich schafft<br />

aber andererseits ständig neue Erkenntnisse und damit Grundlagen für neue<br />

Therapie- und Diagnosemöglichkeiten. Ausbildungen im Bereich Management soll es<br />

MedizinerInnen und MitarbeiterInnen im <strong>Gesundheit</strong>swesen erleichtern, diese<br />

anspruchsvollen Aufgaben zu meistern.<br />

Ausbildungen im <strong>Gesundheit</strong>smanagement werden als postgraduale Ausbildungen<br />

angeboten. In Österreich haben sich unterschiedliche Anbieter am Markt etabliert<br />

(vergleiche auch: G. Polak: Medicine & Health Course Catalogue)<br />

23


• Wirtschaftsuniversität Wien:<br />

o MBA Health Care Management<br />

• Donauuniversität Krems:<br />

o MSc Universitätslehrgang für <strong>Gesundheit</strong>smanagement<br />

o Professional MBA in <strong>Gesundheit</strong>smanagement<br />

• Paracelsus Medizinische Privatuniverisität:<br />

o Lehrgang für medizinische Führungskräfte<br />

• Universität Salzburg:<br />

o Excecutive MBA Healh Care Management<br />

Auch die Bedeutung der Informationstechnologie im <strong>Gesundheit</strong>swesen wächst<br />

beständig. Dieser Trend spiegelt sich im raschen Wachstum des Aus- und<br />

Weiterbildungsangebots in diesem Bereich wider. Dabei ist es nicht nur für<br />

TechnikerInnen wichtig, sich über den neuesten Stand von Technologien im<br />

Informationsmanagement auf dem Laufenden zu halten. Auch für MedizinerInnen<br />

wird sich in Zukunft (beispielsweise durch den vermehrten Einsatz von<br />

Krankenhausinformationssystemen) die Notwendigkeit ergeben, sich dahin gehend<br />

weiterzubilden. In Österreich wurden in den letzten Jahren einige neue<br />

Ausbildungsmöglichkeiten auf diesem Sektor eingerichtet. (vergleiche auch: G.<br />

Polak: Medicine & Health Course Catalogue)<br />

• Donauuniversität Krems<br />

o MSc IT Healthcare and Life Science<br />

• FH Johanneum GmbH<br />

o MSc Tele-Medizin<br />

• Private Universität für <strong>Gesundheit</strong>swissenschaften, Med. Informatik und<br />

Technik (UMIT)<br />

o Magister-Studium Biomedzinische Informatik<br />

• SAP Healthcare Academy<br />

o Lehrgang Geschäftsprozessmanagement im <strong>Gesundheit</strong>swesen<br />

Qualitätssicherung:<br />

Die Qualitätssicherung stellt ein weiteres wichtiges Thema dar. Schulungen in<br />

diesem Fachbereich sollen sicherstellen, dass das zunehmende Angebot an<br />

diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten einem qualitativ hochwertigem<br />

Standard entspricht und gleichzeitig auch einer gewissen Qualitätskontrolle<br />

unterliegt.<br />

• Österreichisches Controller Institut:<br />

o Lehrgang zum zertifizierten EFQM-Assessor<br />

24


Komplementärmedizin und nicht gesetzlich geregelte <strong>Gesundheit</strong>sberufe:<br />

Nach der gängigen Interpretation der österreichischen Rechtslage (Ärztegesetz) ist<br />

die Behandlung kranker Menschen ÄrztInnen bzw. den gesetzlich geregelten<br />

<strong>Gesundheit</strong>sberufen vorbehalten. Darunter fallen zusätzlich zu den ÄrztInnen<br />

folgende Berufe:<br />

• <strong>Gesundheit</strong>s- und Krankenpflegeberufe<br />

• Hebammen<br />

• Medizinisch-technische Dienste<br />

• Dipl. KardiotechnikerInnen<br />

• Sanitätshilfsdienste<br />

• SanitäterInnen<br />

• Medizinische und Heil-MasseurInnen<br />

Dies führt in der Praxis zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und<br />

Definitionsproblemen in der Berufsausübung außerhalb der gesetzlich geregelten<br />

Berufe. (Vergl. auch Dornmayr und Stampfl, 2003)<br />

Das zunehmende Interesse der Bevölkerung an alternativer Medizin stellt die Politik<br />

vor die Aufgabe, die neuen Berufe und Ausbildungen in diesem Bereich auf eine<br />

rechtliche Grundlage zu stellen bzw. die Ausbildungswege im Zuge der<br />

Qualitätskontrolle zu definieren und zu zertifizieren.<br />

Folgende Ausbildungen können in Österreich nur als Zusatzausbildungen für Ärzte<br />

bzw. Physiotherapeuten und Ergotherapeuten in Anspruch genommen werden:<br />

• Akupunktur<br />

• Ayurvedische Medizin<br />

• Chirotherapie<br />

• Homöopathische Medizin<br />

• Osteopathie<br />

• Traditionelle Chinesische Medizin<br />

Das Angebot an Ausbildungen bezüglich <strong>Gesundheit</strong>sberufen außerhalb der<br />

gesetzlich geregelten wird ständig erweitert und die Nachfrage steigt kontinuierlich.<br />

Bemerkbar macht sich dieser Trend auch an der Anzahl der Mitglieder der<br />

österreichischen Wirtschaftskammer. Während die Zahl der aktiven<br />

Kammermitglieder von 1998 bis 2003 um 16% stieg, betrug beispielsweise im selben<br />

Zeitraum die Zunahme an selbständigen Lebens- und Sozialberatern 97% und an<br />

Anbietern von energetischen Dienstleistunge 184% (ohne Wien). (Vergl. auch<br />

Dornmayr und Stampfl,2003)<br />

25


Für folgende Berufe werden eigenständige Ausbildungen angeboten:<br />

• Fitness und Anleitung zu Körperübungen<br />

o OutdoortrainerIn<br />

o FitnessbetreuerIn<br />

o Tanz- und BewegungstherapeutIn<br />

o Berufsgruppe <strong>Wellness</strong>trainerIn (<strong>Wellness</strong>trainerIn,<br />

GesundhetistrainerIn, VitaltrainerIn)<br />

o Feldenkreis-TrainerIn<br />

o Yoga-TrainerIn<br />

o Tai-Ci-/Qi Gong –TrainerIn<br />

• Körperbehandlungen<br />

o MasseurIn inkl. Spezialisierungen wie Fußreflexzonenmassage und<br />

Akkupressur<br />

o Cranio-Sacral-TherapeutIn<br />

o KinesiologIn<br />

o Shiatsu-PraktikerIn<br />

• Psychologische Hilfestellung/Beratung/Entspannung<br />

o AstrologIn<br />

o Coach/GruppentherapeutIn<br />

o Lebens- und SozialberaterIn<br />

o MediatorIn<br />

o MentaltrainerIn<br />

o u.a.<br />

• Energetische Behandlungen<br />

o BachblütentherapeutIn<br />

o BiofeedbacktrainerIn<br />

o BioresonanztrainerIn<br />

o Feng-Shui-BeraterIn<br />

o AromatherapeutIn<br />

o LichttherapeutIn<br />

o u. a.<br />

26


C. Langfristige Wachstumstreiber – Prognose bis 2020<br />

Wachstumsprognose bis 2020<br />

Der gesamte <strong>Gesundheit</strong>smarkt wird in Österreich von 30,7 Mrd. EUR im Jahr 2005<br />

auf 67,8 Mrd. EUR im Jahr 2020 wachsen (+121%). Dafür sind fünf Träger des<br />

Wachstums verantwortlich, von denen die Wirkung der ersten drei konkret zu<br />

beziffern ist.<br />

Prognose des <strong>Gesundheit</strong>smarktes [Mrd. EUR] Relevante Träger des Wachstums<br />

30,7 121%<br />

30,7<br />

11,7<br />

19,0<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben<br />

2005<br />

11,6<br />

Med.technischer<br />

Fortschritt<br />

64%<br />

1,9<br />

Demographie<br />

6,1<br />

Wertewandel<br />

50,3<br />

17,8<br />

32,5<br />

Öffentliche Finanzierung Private Finanzierung<br />

17,5<br />

6,2<br />

11,3<br />

67,8<br />

24,0<br />

43,8<br />

PreisGesundsteigerungheitsausgaben 2020<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Medizin-technischer Fortschritt<br />

Demographische Entwicklung<br />

Wertewandel<br />

Entwicklung der Versorgungsstruktur/gesetzliche<br />

Reformen<br />

Internationalisierung<br />

Abb. Wachstumsprognose <strong>Gesundheit</strong>smarkt bis 2020, Quellen: Statistik Austria und<br />

Wirtschaftsforschungsinstitut; eigene Berechnungen<br />

Das Wachstum des <strong>Gesundheit</strong>smarktes wird von unterschiedlichen Trägern bzw.<br />

Faktoren beeinflusst. Zum einen tragen Innovationen auf dem Sektor der<br />

Medizintechnik zu einem erheblichen Ansteigen der <strong>Gesundheit</strong>sausgaben bei.<br />

Zum anderen führt der demographische Wandel und der damit verbundene häufigere<br />

Pflege- und Betreuungsbedarf zu steigenden Kosten. Dieser Effekt hält sich<br />

allerdings bis 2020 noch in Grenzen, wird aber in der Zeit danach aufgrund des<br />

Ausbleibens von geburtenstarken Jahrgängen mit einer gleichzeitigen Zunahme der<br />

Lebenserwartung, immer größer zum Tragen kommen.<br />

27


Darüber hinaus trägt das zunehmende <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein der Bevölkerung<br />

(proaktive <strong>Gesundheit</strong>svorsorge und <strong>Wellness</strong> beispielsweise) noch zusätzlich zur<br />

dynamischen Entwicklung auf dem <strong>Gesundheit</strong>smarkt bei. Aus diesen Entwicklungen<br />

lassen sich für die Unternehmen fünf konkrete Wachstumsträger ableiten, die<br />

Aufschluss darüber geben, in welchen Geschäftsfeldern zukünftig<br />

Wachstumspotential liegt. In Kapitel E wird im Detail darauf eingegangen.<br />

Allein durch die drei oben erwähnten Einflussfaktoren würde sich das Volumen des<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarktes im Jahr 2005 auf 50,3 Mrd. EUR belaufen. Hinzu kommt aber<br />

noch die Preissteigerung der Jahre 2005 bis 2020, die schließlich zu einer<br />

Marktgröße von 67,8 Mrd. EUR führt.<br />

Inflationsrate<br />

2,7<br />

1,8<br />

1,3<br />

2,1<br />

2,3<br />

1,5<br />

2,2<br />

2,6<br />

2,1<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Ø 2,0 %<br />

= Prognosewert<br />

Effekt Preissteigerung auf <strong>Gesundheit</strong>sausgaben<br />

[Mrd. EUR]<br />

50,3<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

2020 zu<br />

Preisen 2005<br />

17,5<br />

Preissteigerung<br />

2% p.a.<br />

Öffentliche Finanzierung Private Finanzierung<br />

Abb. Inflationsrate in Österreich, Quelle: Statistik Austria, Wirtschaftsforschungsinstitut; eigene<br />

Berechnungen<br />

67,8<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

2020 zu<br />

Preisen 2020<br />

Weitere Einflüsse auf die Entwicklung des Ersten als auch des Zweiten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarktes haben künftige <strong>Gesundheit</strong>sreformen, insbesondere im Bereich<br />

der Versorgungsstruktur sowie spezielle Förderprogramme (z.B. Bildung weiterer<br />

Cluster im Bereich <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft).<br />

Nicht zu vernachlässigen ist auch die Auswirkung der Internationalisierung.<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukte und -dienstleistungen werden künftig verstärkt exportiert<br />

werden, beispielsweise nach Osteuropa, Indien, China und die Golfregion.<br />

28


Wachstumstreiber 1: Medizin-technischer Fortschritt:<br />

Der medizin-technische Fortschritt führt zu einer Steigerung des Umsatzes des<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarktes um einen Prozentpunkt über der BIP- Steigerung. (vergl.<br />

Breyer, F. / Ulrich, V; 2000)<br />

1,8%<br />

1992-<br />

1995<br />

2,9%<br />

1995-<br />

2000<br />

1,4%<br />

2000-<br />

2005<br />

2,7%<br />

2005-<br />

2009e<br />

Jährliche Steigerung:<br />

2,2 % +1% = 3,2%<br />

19,0<br />

2005<br />

+11,6<br />

Abb. Steigerung der <strong>Gesundheit</strong>sausgaben durch den medizin-technischen Fortschritt Quellen:<br />

Wirtschaftsforschungsinstitut, TU Berlin, Universität Konstanz, eigene Berechnungen<br />

Grundsätzlich gelten im <strong>Gesundheit</strong>swesen dieselben Lern- und Skaleneffekte wie in<br />

anderen Branchen. Sie sorgen dafür, dass vergleichbare Maßnahmen mit der Zeit<br />

effizienter und in der Regel damit auch kostengünstiger werden. So hat sich bspw.<br />

die Verweildauer in Krankenhäusern in den letzten Jahren deutlich verkürzt. Dass im<br />

<strong>Gesundheit</strong>swesen der Fortschritt trotzdem zu einen Kostensteigerung führt, hat mit<br />

drei Faktoren zu tun:<br />

• Es kommen laufend neue Behandlungsmethoden dazu, die alte Methoden oft<br />

nicht ersetzen, sondern ergänzen.<br />

• Etablierte Methoden können gerade durch den Fortschritt einem größeren<br />

Personenkreis zur Verfügung gestellt werden. Bestimmte Operationen können<br />

bspw. an immer älteren und kränkeren Patienten durchgeführt werden. Die<br />

Anzahl der erbrachten Leistungen erhöht sich demzufolge.<br />

• Der Erfolg der Medizin führt zu höheren Überlebensraten bei<br />

schwerwiegenden Krankheiten. Diese begrüßenswerte Entwicklung hat zur<br />

Folge, dass in einem längeren Leben auch weitere Behandlungskosten<br />

anfallen.<br />

Gerade der letzte Punkt ist in der Forschung umstritten. Diskutiert wird zum einen die<br />

Medikalisierungsthese, wonach eine immer höhere Lebenserwartung auch in Summe<br />

30,6<br />

2020<br />

29


höhere <strong>Gesundheit</strong>skosten verursacht, und die Kompressionsthese, wonach die<br />

höchsten Kosten am Ende des Lebens auftreten, unabhängig davon, wann dieses<br />

stattfindet. Eine empirische Rückschau zeigt jedoch in Österreich wie in allen<br />

Industrienationen, dass die <strong>Gesundheit</strong>skosten tatsächlich stärker steigen als das<br />

BIP oder die Arbeitslöhne – selbst wenn man demografische Einflüsse<br />

herausrechnet. In der Literatur gibt es hierzu unterschiedliche Abschätzungen, die<br />

meist jedoch davon ausgehen, dass die <strong>Gesundheit</strong>sausgaben jährlich um 0,5% bis<br />

1% stärker wachsen als das BIP. (vergl. Breyer, F. / Ulrich, V. (2000):<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben, Alter und medizinischer Fortschritt – Eine<br />

Regressionsanalyse, in: Jahrbücher für Nationalökonomie u. Statistik, Bd. 220, S. 1-<br />

17)<br />

Für die vorliegende Studie haben wir uns auf die u.E. stärker belegte Zahl von 1%<br />

konzentriert, auch weil wir diese schon vor einigen Jahren in einer<br />

Prognoserechnung für das Bundesministerium für <strong>Gesundheit</strong> hinterlegt hatten.<br />

Wachstumstreiber 2: Demographischer Wandel:<br />

Die Diskussion, dass durch die steigende Lebenserwartung und durch die sich<br />

wandelnde Alterstruktur immense Kosten auf unser <strong>Gesundheit</strong>ssystem zukommen,<br />

ist aus der aktuellen politischen Debatten nicht mehr wegzudenken.<br />

Bevölkerungspyramide 2005,<br />

2040 und 2075<br />

Lebensjahre<br />

männlich weiblich<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

Personen ['000] Personen ['000]<br />

2006 2040 2075<br />

Kostensteigerung durch Alterung<br />

der Bevölkerung [Mrd. EUR]<br />

19,0<br />

2005<br />

20,9<br />

2020<br />

+40%<br />

24,9<br />

2040<br />

26,6<br />

2075<br />

Öffentl. <strong>Gesundheit</strong>sausgaben/<br />

Kopf nach Altersgruppe [EUR]<br />

Durchschnittliche<br />

Kosten/Kopf und<br />

Altersgruppe<br />

['000]<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0-4<br />

10-14<br />

20-24<br />

30-34<br />

40-44<br />

50-54<br />

Abb. Bevölkerungsstruktur und Kosten; Quelle: Statistik Austria; eigene Berechnungen<br />

Tatsache ist, dass durch die gestiegene Lebenserwartung und die geringen<br />

Geburtenraten ein Wandel der Bevölkerungsstruktur vorauszusehen ist und auch<br />

kurzfristige Maßnahmen seitens der Regierung diesen Trend nicht aufhalten können.<br />

So lag die Lebenserwartung laut Statistik Austria bei Geburt im Jahr 2006 in<br />

Österreich für Männer bei 77,1 Jahren (+ 13,1% im Vergleich zu 1976), für Frauen<br />

sogar bei 82,7 Jahren (+10,2% im Vergleich zu 1976). Das Fehlen der<br />

geburtenstarken Jahrgänge wird vor allem nach 2020 spürbar. Liegt der Anteil der<br />

60-64<br />

70-74<br />

80-84<br />

90+<br />

30


Personen über 60 Jahre in Österreich 2020 noch bei 26,5%, wird der Anteil 2075 bei<br />

beachtlichen 34,15% liegen.<br />

Die Ausgaben des Staates inkl. der Sozialversicherungen steigen mit dem Alter. In<br />

den ersten Lebensjahren liegen die Kosten bei knapp über 1000 EUR. Danach<br />

sinken sie leicht und bleiben über längere Zeit stabil. Fast exponentiell steigt der<br />

durchschnittliche finanzielle jährliche Aufwand ab einem Alter von 55 Jahren und<br />

erreicht in der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen einen Spitzenwert von über 6000<br />

EUR pro Jahr.<br />

Für die Kosten im Ersten <strong>Gesundheit</strong>smarkt bedeutet dies eine Steigerung von 1,9<br />

Mrd. EUR von 19,0 Mrd. EUR auf 20,9 Mrd. EUR im Zeitraum von 2005 bis 2020.<br />

Richtig zum Tragen kommt der Effekt der sich ändernden Demographie ab dem Jahr<br />

2020.<br />

Die sich ändernde Alterstruktur hat aber nicht alleine Auswirkungen auf die<br />

zukünftigen <strong>Gesundheit</strong>sausgaben der öffentlichen Hand. Es entstehen dadurch<br />

auch völlig neue Bedürfnisse und Zielgruppen in der Bevölkerung. Für Unternehmen<br />

eröffnet dieser Trend Chancen in neuen Geschäftsfeldern. Im folgenden sollen<br />

unterschiedliche Geschäftsideen, die von einer Kombination zwischen<br />

Demographieeffekt und dem im nächsten Kapitel behandelten Wertewandel<br />

profitieren, vorgestellt werden.<br />

Exkurs Geschäftsideen für eine alternde Bevölkerung:<br />

• Trend Ambient assisted living und Telemedizin:<br />

Eine ganze Reihe an neuen Technologien sind unter diesem etwas sperrigen<br />

Namen zusammengefasst. Es geht dabei um Technik, die es gebrechlichen<br />

und kranken Menschen ermöglichen soll, möglichst lange ein selbstständiges<br />

Leben in den eigenen vier Wänden zu führen. Eine Matratze, die Atmung und<br />

Herzfrequenz misst und an den Hausarzt übermittelt, ein in den Fernseher<br />

integrierter virtueller Butler, der Korrespondenz und Bankgeschäfte erledigt<br />

und auf Zuruf eine Videoverbindung zu Pflegepersonal oder Verwandten<br />

herstellt, eine Toilette, die den Blutzucker misst und drahtlos eine implantierte<br />

Insulinpumpe steuert, ein Teppich, der Alarm auslöst, wenn ein Mensch auf<br />

ihm nicht mehr steht, sondern liegt- an Ideen mangelt es den AAL-<br />

Entwicklern nicht. Auch am wachsenden Bedarf gibt es keinen Zweifel. Heute<br />

kommen auf 100 Erwerbstätige sieben Pflegefälle, im Jahr 2050 sollen es 26<br />

sein. Ohne den massiven Einsatz von Technik wird sich die Betreuung nicht<br />

mehr bewältigen lassen.<br />

Elektronische Helfer sollen also in Zukunft alten Menschen ein<br />

selbstständiges Leben ermöglichen und stellen für die Elektro- und<br />

Elektronikindustrie einen interessanten <strong>Zukunftsmarkt</strong> dar. Telemedizinische<br />

Anwendungen wie z.B. ein digitales Blutzuckertagebuch füllten heuer das<br />

31


erste Mal eine ganze Halle bei der größten Computermesse der Welt, der<br />

Cebit, in Hannover. Dem Thema "ambient assisted living" (AAL) ist ein<br />

eigenes Begleitsymposium gewidmet. Die österreichische Firma Emporia<br />

präsentierte dort ein Mobiltelefon, das mit vier übergroßen Knöpfen so einfach<br />

zu bedienen sein soll, das keine Bedienungsanleitung mehr notwendig ist. Mit<br />

einem einzigen Tastendruck lassen sich fünf SMS-Notrufmeldungen<br />

gleichzeitig verschicken.<br />

• Trend Alpen richtig verkaufen – Große Chancen für alpine <strong>Wellness</strong>projekte<br />

für die sogenannten Best Ager<br />

Zu diesem Ergebnis kam ein von der EU gefördertes, länderübergreifendes<br />

Projekt mit dem Namen "Alpshealthcomp", das drei Jahre lang die<br />

Wettbewerbsfähigkeit des Alpenraumes mit Blick auf <strong>Gesundheit</strong>s- und<br />

<strong>Wellness</strong>angebote erforscht hat. Die Menschen ab 50 stellen sich dabei als<br />

die Zielgruppe schlechthin dar für professionell betriebene alpine <strong>Wellness</strong>.<br />

Damit ist die generelle Erkenntnis aus dem <strong>Gesundheit</strong>s- und<br />

<strong>Wellness</strong>bereich jetzt auch für <strong>Gesundheit</strong>s- und <strong>Wellness</strong>konzepte im<br />

Alpenraum wissenschaftlich untermauert. Ältere Kunden, finanziell gut<br />

gestellt, sind demnach Schlüsselkunden, besonders bei Medical <strong>Wellness</strong>.<br />

Der Grund: Sie haben großes Interesse an der Erhaltung ihrer <strong>Gesundheit</strong><br />

und Lebensqualität und investieren auch in diese. Die Kombination aus<br />

medizinischem Check-up, entsprechender Betreuung und Alpinurlaub kann<br />

ein Zukunftsmodell sein<br />

Bayern Tourismus Marketing hat auf diesen Trend schon reagiert und unter<br />

der Marke "Alpine <strong>Wellness</strong>" rund 50 Hotels und Orte eingetragen, die das<br />

Wissen um die Wirkung von Höhenlagen, alpiner Kulinarik und Heilmitteln<br />

professionell umsetzen.<br />

Aufschlussreich waren auch die Betrachtungen zu den Erwartungen<br />

österreichischer, deutscher und italienischer Konsumenten. Grundsätzlich<br />

verbindet man in diesem Ländern zwar unterschiedliche Werte mit dem<br />

Begriff "Alpen", dessen ungeachtet jedoch möchten alle dasselbe:<br />

"Ausgeglichenheit und innere Harmonie". Dieses Ergebnis ist vor allem für die<br />

Kommunikations- und Produktpolitik wichtig. Letztlich verlieren dadurch<br />

Produkteigenschaften an Bedeutung, während die Schaffung von Bildwelten<br />

immer wichtiger wird.<br />

• Trend: Assistance Leistungen von Versicherungen im Bereich <strong>Gesundheit</strong>:<br />

Das Assistance- Barometer, eine Studie im Auftrag von Europ Assistance<br />

Österreich erscheint 2008 zum zweiten Mal. In der Studie sollen Bewusstsein,<br />

Akzeptanz, Nutzung und Planung von Assistance- Leistungen unter anderem im<br />

Bereich <strong>Gesundheit</strong> erfasst werden.<br />

32


Im <strong>Gesundheit</strong>sbereich wünschen sich 69 % der Befragten eine persönliche<br />

Beratung und Unterstützung im Umgang mit Krankenhäusern, Krankenkassen<br />

und Behörden. Ebenso bevorzugen zwei Drittel der befragten Österreicher/innen<br />

das Angebot eines altersspezifischen Vorsorgeprogramms. Organisatorische<br />

Hilfe wird damit gerne akzeptiert. Die Österreicher/innen sind dafür allerdings nur<br />

in eingeschränktem Maße bereit in die eigene Tasche zu greifen. Laut Studie<br />

wären zwei Drittel zu einer Gebühr von 5 Euro pro Jahr für diese<br />

<strong>Gesundheit</strong>sdienstleistung bereit. Im Pflegebereich würden mehr als drei Viertel<br />

aller Bürger eine persönliche Pflegeberatung (Pflegeeinstufung, Pflegesätze,<br />

Kostenübernahme) als wichtig oder sehr wichtig einstufen. Selbst der<br />

persönliche Pflegemanager wäre von knapp zwei Dritteln der Bevölkerung<br />

erwünscht. In diesem Bereich liegt die Zahlungsbereitschaft auch signifikant<br />

höher. 31% der Befragten wären bereit 15 EUR im Jahr für diese Dienstleistung<br />

zu bezahlen, wobei diese Leistung nicht unbedingt von den Versicherungen<br />

selbst erbracht werden muss.<br />

Die Versicherungen haben schon begonnen auf diese Bedürfnisse einzugehen.<br />

Diese sehen vor allem in der Pflegeberatung das größte Zukunftspotential. Im<br />

<strong>Gesundheit</strong>sbereich werden medizinische Hotlines, ein medizinisches<br />

Personenschadensmanagement sowie eine zweite ärztliche Meinung von allen<br />

Befragten mit hohem Zukunftspotential bewertet. Mit ähnlichen hohen Voten<br />

werden auch "Hilfe und Begleitung bei Krankheit" (88%), "Unterstützung im<br />

Umgang mit Krankenhäusern und Behörden" (96%), ein "persönlicher<br />

<strong>Gesundheit</strong>smanager" (84%), ein "Reha-Management" (92%) sowie ein<br />

"Vorsorgeprogramm für verschiedene Altersgruppen" eingestuft.<br />

Im Moment ist der Bekanntheitsgrad der Assisteure nur bei Namensgleichheit<br />

mit den großen Versicherungsgesellschaften gegeben. So erzielen z.B. die<br />

Assitance-Anbieter Uniqa und Generali-Gruppe einen Bekanntheitsgrad von<br />

88%. Reine Assisteure kommen nur schwer über einen Bekanntheitsgrad von<br />

über 20% hinaus. Sobald allerdings Erfahrungen mit Assistanceleistungen<br />

gemacht wurden, werden diese von der überragenden Mehrheit der Befragten<br />

auch als nützlich und sinnvoll eingestuft.<br />

33


Wachstumstreiber 3: Wertewandel – <strong>Gesundheit</strong> heißt mehr, als von Krankheit<br />

frei zu sein<br />

Die Themen <strong>Gesundheit</strong>, <strong>Wellness</strong> und vor allem Prävention sind in der heutigen Zeit<br />

in den Medien allgegenwärtig. "Gesund sein" heißt längst nicht mehr "frei sein von<br />

Krankheiten und Symptomen", sondern Wohlbefinden auf körperlicher und geistiger<br />

Ebene. Dabei ist zu beobachten, dass sich die Menschen mit zunehmender<br />

Eigenverantwortlichkeit um ihre <strong>Gesundheit</strong> kümmern und auch bereit sind, dafür<br />

aktiv zu werden. Parallel zu dieser Entwicklung stieg im letzten Jahrzehnt der Anteil<br />

der <strong>Gesundheit</strong>sausgaben am Warenkorb (und damit am Verbraucherpreisindex)<br />

stetig an. Belief sich der Anteil 1996 noch auf 2,8%, betrug er 2005 schon 4,6%.<br />

2,8<br />

1996 2000 2005<br />

Abb. Anteil der Ausgaben für <strong>Gesundheit</strong> am Warenkorb [%], Quelle: Statistik Austria<br />

Hand in Hand mit dieser Entwicklung ging auch die enorme Umsatzsteigerung im<br />

Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt.<br />

9,3<br />

5,4<br />

Ergänzung zur Ersten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

x 1,6<br />

3,5<br />

3,9 4,2 4,4<br />

2002<br />

9,9<br />

5,7<br />

10,3<br />

5,9<br />

2003 2004<br />

6,0<br />

5,6<br />

4,6<br />

7,7<br />

10,1<br />

Vorsorge und <strong>Wellness</strong><br />

Abb. Umsatzentwicklung und Prognose [Mrd. EUR]; Quellen: Statistik Austria, Kreutzer, Fischer und<br />

Partner, Austrian Business Agency, Bio Austria, Euromonitor, KMU Forschung; eigene Berechnungen<br />

11,6<br />

2005<br />

+5,9<br />

17,8 1)<br />

2020e<br />

34


Das Umsatzwachstum in den Jahren 2002 bis 2005 bei den Ergänzungen zum<br />

Ersten <strong>Gesundheit</strong>smarkt („soweit von Statistik Austria erfasst“) betrug 3,7%, im<br />

anderem Segment („Vorsorge und <strong>Wellness</strong>“) betrug es sogar 6,0%. Zum Vergleich:<br />

der Erste <strong>Gesundheit</strong>smarkt wuchs im selben Zeitraum um 4,2%.<br />

Da das Leistungsspektum der gesetzlichen Krankenversicherungen praktisch nur<br />

wenig verändert wurde, betrifft die Steigerung im Segment " Ergänzungen zum 1.<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt " hauptsächlich Dienstleistungen und Produkte aus dem Bereich<br />

Komplementärmedizin und psychosozialer <strong>Gesundheit</strong>. Der noch viel stärkere<br />

Anstieg im Bereich „Vorsorge und <strong>Wellness</strong>“ kann vor allem auf das gesteigerte<br />

<strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein der Österreicher als auch auf neue Lebenskonzepte und -<br />

stile wie z.B. das etablierte Bio-Segment oder LOHAS (Lifestyle of health and<br />

sustainability = ein neuer Lebenstil, der eine Kombination von <strong>Gesundheit</strong>,<br />

Nachhaltigkeit und Genuss ist) zurückgeführt werden.<br />

Diese Hypothesen werden auch durch die Ergebnisse empirischer Tests in<br />

Österreich unterstützt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2007 von Yakult Österrech<br />

(Internationaler Hersteller von probiotischen Joghurtdrinks) schätzen 28% der<br />

Österreicher ihr <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein sehr hoch ein, 43% als hoch und nur 1%<br />

als gar nicht hoch. <strong>Gesundheit</strong> ist ein Thema für alle, selbst sehr junge<br />

ÖsterreicherInnen (14-19 Jahre) interessieren sich dafür. Vergleicht man<br />

Einkommens- und Bildungsniveaus, findet man kaum Auswirkungen auf das<br />

<strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein. (vergl. Yakult 2007: Das <strong>Gesundheit</strong>sverständnis der<br />

Österreicher)<br />

Eine weitere Studie, die diesen Trend bestätigt, ist die jährlich erscheinende "Geld-<br />

Studie" der Generali Versicherung. Auch dieses Jahr wurde wieder einer<br />

repräsentativen Gruppe von ÖsterreicherInnen die Frage gestellt: "Wofür werden Sie<br />

nächstes Jahr mehr Geld ausgeben?"<br />

35


Urlaub<br />

<strong>Wellness</strong>/Sport<br />

Priv. <strong>Gesundheit</strong>svorsorge<br />

Wohnen<br />

Sparen für später<br />

Aus-/Weiterbildung<br />

Ernährung<br />

Freizeit/Hobby<br />

Auto/Mobilität<br />

Geschenke<br />

Abb. Geldausgaben 2008: Geplante Mehrausgaben, Anteil der Befragten [%], Quelle: Generali-Gruppe<br />

Urlaub, <strong>Wellness</strong>/Sport und private <strong>Gesundheit</strong>svorsorge stellen die wichtigsten<br />

Lebensbereiche dar, für die im Jahr 2008 mehr Geld ausgegeben wird. Die<br />

Kategorien <strong>Wellness</strong>/Sport belegen seit der ersten Studie 2005 einen Spitzenplatz.<br />

Der Trend ist besonders geprägt von Männern und Menschen unter 30 Jahren.<br />

Sehr interessant ist dabei auch, dass der Konsum von <strong>Gesundheit</strong> stark<br />

demokratisiert ist. Auf dem Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt finden sich nicht nur Angebote<br />

für "Besserverdienende", sondern für alle Einkommensklassen – von den<br />

Bioprodukten bei Lebensmitteldiscountern bis hin zu Discount-Fitness-Studios.<br />

Selbstverständlich können die Bezieher höherer Einkommen noch mehr für privaten<br />

Konsum ausgeben. Nach einer von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants im Jahr<br />

2007 veröffentlichten Studie ist das Ausgabenverhältnis bei <strong>Gesundheit</strong> jedoch eher<br />

vom Bedürfnisprofil eines Menschen abhängig, als von seinem Einkommen. Selbst<br />

bei einem Bruttoeinkommen von unter 1000 Euro im Monat belaufen sich die privaten<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben noch auf rund 60% dessen, was durchschnittlich dafür<br />

ausgegeben wird. Bei allen übrigen Gruppen gibt es keinen relevanten<br />

Zusammenhang mehr zwischen Einkommen und privaten <strong>Gesundheit</strong>sausgaben.<br />

12<br />

13<br />

14<br />

14<br />

15<br />

16<br />

16<br />

17<br />

19<br />

20<br />

36


Lifestyle of Health and Sustainability (LOHAS)<br />

LOHAS markiert einen Lebensstil bzw. Konsumententyp, der sich in seinem<br />

Konsumverhalten an <strong>Gesundheit</strong>, Nachhaltigkeit und Genuss orientiert. Kontrolliert<br />

biologischer Anbau alleine reicht dabei aber nicht. Zusätzlich achten die Anhänger<br />

von LOHAS auf "fair trade" und Artenschutz und energiesparende Erzeugung. In den<br />

USA sollen etwa 30% der Einwohner diesem Konsumententyp zuordenbar sein, in<br />

Deutschland bisher 15%, Österreich dürfte einen ähnlichen Wert haben.<br />

Folgende Themen bzw. Produkte, sind speziell für Anhänger von LOHAS interessant:<br />

• Persönliche <strong>Gesundheit</strong> und Wohlbefinden<br />

o Lebensmittel aus kontrolliert biologischem und nachhaltigem Anbau<br />

(Fair trade)<br />

o Nahrungsergänzungsmittel<br />

o Alternative Medizin<br />

• Natürliches Umfeld zu Hause<br />

o Möbel aus natürlichen Materialen und nachhaltiger Produktion (Fair<br />

trade)<br />

o Biologisch abbaubare Reinigungsmittel<br />

• "Grünes" Bauen<br />

o Bauen mit natürlichen Materialien<br />

o Passiv-Haus<br />

• Alternative Transportmittel<br />

o Hybridfahrzeuge<br />

o Verwendung von Biodiesel<br />

o Car sharing Modelle<br />

• Alternative Energien<br />

• Öko-Tourismus<br />

o "Öko-<strong>Wellness</strong>"-Tourismus<br />

o "Öko-Abenteurer"-Urlaub<br />

Die Anhänger von LOHAS umfassen eine sehr heterogene Gruppe an Menschen.<br />

Ein Charakteristikum ist die hohe Bereitschaft Produkte aus biologischem Anbau zu<br />

kaufen. 75% der Konsumenten gaben an grundsätzlich lieber zur Bio-Alternative zu<br />

greifen und sogar 77,6% sind bereit dafür einen Aufpreis zu bezahlen. Allerdings darf<br />

der Aufpreis nicht zu hoch sein. Für 39% der Befragten ist bei einer Preissteigerung<br />

von 10% die Schmerzgrenze erreicht, für weitere 29% wäre eine Steigerung um 20%<br />

akzeptabel. Nur 9% der Verbraucher würden auch bei einem höheren Preisaufschlag<br />

noch immer zum Bio-Produkt greifen. Ähnliches gilt für Fair trade Produkte. (vergl.<br />

Ernst&Young: LOHAS)<br />

Sehr stark ausgeprägt ist in der Gruppe der LOHAS die Wechselbereitschaft. Mehr<br />

als die Hälfte würden zugunsten eines besseren Bio-Angebots den Händler<br />

wechseln. Noch höher ist die Bereitschaft (zwischen 88,4% und 94,5%) die Marke<br />

37


zw. den Händler zu wechseln, wenn folgende Skandale über den Produzenten<br />

bekannt würden:<br />

• Kinderarbeit<br />

• Arbeitsbedingungen, die die <strong>Gesundheit</strong> schädigen,<br />

• Diskriminierung der Mitarbeiter<br />

• Verschwendung natürlicher Ressourcen<br />

• Vergiftung der Umwelt<br />

Bei einer so hohen Wechselbereitschaft stellt sich natürlich die Frage nach dem<br />

konkreten Nutzen für ein Unternehmen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass bei<br />

LOHAS - zumindest soweit es Bio für alle Formate von Händlern (vom Supermarkt<br />

bis zum Hofladen) eine Chance besteht. Ein sehr wichtiges Kriterium bei der Auswahl<br />

der Händler ist die Entfernung zum Kunden. Ein Händler mit einem guten Bio-<br />

Angebot kommt für mehr als die Hälfte der Verbraucher nur dann als Alternative in<br />

Frage, wenn er nicht weiter als 5 km entfernt ist. Eine Entfernung von 10 km sind nur<br />

noch 16% der Befragten bereit zu akzeptieren. (vergl. Ernst&Young: "LOHAS") Dies<br />

könnte breit aufgestellte Supermarktketten begünstigen.<br />

Generation 50 Plus:<br />

In keiner Altersgruppe kann man den Wertewandel deutlicher wahrnehmen als bei<br />

den über 50-Jährigen. Während Frauen und Männer sich noch vor gar nicht langer<br />

Zeit in diesem Alter langsam aus der Öffentlichkeit zurückzogen, steht heute die<br />

Generation der Best Ager voll aktiv und selbstbewusst im Leben. Besonders deutlich<br />

wurde dies durch die Werbekampagne der Marke "Dove", die als erste Frauen über<br />

50 für die Werbeplakate fotografierte, die Produktlinie "ProAging" vorstellte und damit<br />

klar auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe einging.<br />

Durch die demographische Entwicklung verzeichnet diese Zielgruppe ein sehr<br />

starkes Wachstum. Für die Unternehmen wird es eine Herausforderung sein, den<br />

Bedürfnisse mit geeigneten Angeboten zu begegnen.<br />

Eine detaillierte Analyse der Nachfrageseite anhand von Markttrends und<br />

Konsumententypen sowie Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen für<br />

UnternehmerInnen befindet sich in Kap. E, 1a dieser Studie.<br />

38


Einflussfaktor 4: Änderungen in der Versorgungsstruktur /gesetzliche<br />

Reformen:<br />

Regierungen auf der ganzen Welt stehen vor der Herausforderung der zukünftigen<br />

Sicherstellung der Qualität sowie der Finanzierung des <strong>Gesundheit</strong>swesens.<br />

Angesichts des zunehmenden Kostendrucks aufgrund unterschiedlicher Faktoren<br />

kamen in den letzten Jahren Veränderungen bzw. neue Trends in der<br />

Versorgungsstruktur vermehrt zum Tragen.<br />

Fusionen und Privatisierung der stationären Versorgung<br />

• Private-Public-Partnership (PPP):<br />

Während es in einigen EU-Ländern schon fast alltäglich ist, dass die<br />

öffentliche Hand und Privatfirmen bei Infrastrukturinvestitionen über Private-<br />

Public-Partnerships (PPP) Hand in Hand arbeiten, steckt dieses System in<br />

Österreich noch eher in den Kinderschuhen. Im <strong>Gesundheit</strong>swesen wurden<br />

aber bereits verschiedene PPP- Projekte realisiert. So beispielsweise<br />

übernahm für den Neubau des Linzer Unfallkrankenhaus das PPP-<br />

Konsortium (Alpine, Raiffeisenlandesbank OÖ und Vamed) die Finanzierung,<br />

die Einrichtung, das Facility Management und die Logistik.<br />

In Zukunft sollen noch viel mehr solcher Investitionen durch diese Modelle<br />

finanziert werden. (vergl. Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu PPP und<br />

Privatisierungen in der universitätsmedizinischen Versorgung.) Für die im<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt tätigen Unternehmen bedeutet das neue<br />

Geschäftschancen, sofern sie die entsprechenden Finanzierungsmodelle<br />

erstellen und ihren Kunden anbieten können.<br />

• Bündelung der Einkaufsmacht:<br />

Der Zusammenschluss der Kliniken in Österreich auf Landesebene begünstigt<br />

die Bildung von Käufergemeinschaften. Die Umsetzung von sogenannten<br />

Leader-Buyer- Konzepten steht aber noch am Anfang.<br />

• Outsourcing:<br />

Der zunehmende Kostendruck begünstigt den Trend zum Outsourcing von<br />

Dienstleistungen in Spitälern. So werden beispielsweise zunehmend die<br />

Wäscherei und die Küche ausgelagert bzw. von externen Firmen betrieben.<br />

Dieser Trend betrifft mittlerweile aber auch schon Schlüsselbereiche eines<br />

Krankenhauses wie Labordienstleistungen. Der österreichische Anbieter<br />

Futurelab betreibt beispielsweise erfolgreich medizinische Labors für<br />

39


Krankenhäuser.<br />

Dieser Trend eröffnet einen wachsenden Markt für privatwirtschaftlich tätige<br />

Unternehmen.<br />

Verschuldung der Krankenkassen- Kostendämpfungsmaßnahmen der Politik<br />

• Die österreichischen Sozialpartner haben im Auftrag der Bundesregierung am<br />

7. April 2008 ein Sanierungskonzept für die defizitären<br />

Krankenversicherungsträger vorgelegt. Die Finanzierbarkeit der<br />

Krankenkassen soll damit vorerst gesichert werden, ohne die Versicherten zu<br />

belasten. Das Reformpaket sieht vor, dass alle Systempartner einen Beitrag<br />

leisten: Ärzte, Sozialpartner, Krankenkassen und natürlich auch die öffentliche<br />

Hand. Das festlegte Einsparungspotenzial soll schrittweise bis zum Jahr 2012<br />

durch eine Dämpfung der zu erwartenden Kostensteigerungen realisiert<br />

werden. Ziel ist es, die vorhandenen Geldmittel möglichst effizient<br />

einzusetzen.<br />

Hierzu gehören insbesondere eine Neuregelung im Bereich der Abgabe von<br />

Arzneimitteln durch die Apotheken und Änderungen im Bereich des<br />

Vertragspartnerrechtes. Als staatliche finanzielle Maßnahmen sind sowohl<br />

dauerhafte Ersatzleistungen als auch temporärer Überbrückungsbeiträge<br />

vorgesehen. Darüber hinaus wird die Sozialversicherung strukturell auf neue<br />

Beine gestellt.<br />

• Stärkerer Generikaabsatz: In Österreich traten in den vergangenen Jahren<br />

gleich mehrere <strong>Gesundheit</strong>sministerinnen dafür ein, die Verschreibungen von<br />

Generika anstelle der teuren Originalpräparate voranzutreiben. Um die<br />

Akzeptanz bei den Patienten zu erhöhen, hat die Bundesregierung im<br />

Regierungsprogramm 2007 eine verringerte Rezeptgebühr für Generika<br />

festgeschrieben. In der aktuellen Debatte um die Finanzmisere der Wiener<br />

Gebietskrankenkasse sind Vorschläge zur Eindämmung der<br />

Kostensteigerungen auf dem Arzneimittelsektor auf der Tagesordnung.<br />

Tatsache ist, dass der Einsatz von Generika ein Einsparungspotential ist. Laut<br />

Hauptverband der Sozialversicherungen hätten im Jahr 2006 bei Ersatz von<br />

Originalpräparaten durch Generika, wo medizinisch vertretbar, 117 Mio. EUR<br />

eingespart werden können. Der Marktanteil der Generika ist in den letzten<br />

Jahren in Österreich signifikant gestiegen. Lag er im Jahr 2004 noch bei<br />

7,8%, so betrug er im Jahr 2007 schon 14,5%. (Quelle: Österreichischer<br />

Generika Verband) Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren noch<br />

fortsetzen und bietet Chancen für heimische Generikaproduzenten.<br />

• Keine oder nur sehr langsame Aufnahme neuester Behandlungen sowie<br />

Methoden der Komplementärmedizin in die Leistungskataloge der staatlichen<br />

Krankenkassen: Auf den medizinischen Fortschritt muss man in Österreich<br />

nicht warten, auch wenn die Krankenkassen neue Verfahren nicht sofort in<br />

40


ihren Leistungskatalog aufnehmen. Aber private Zusatzversicherungen haben<br />

zunehmend Angebote entwickelt, die diese Leistungen (z.B. Akkupunktur)<br />

früher abdecken. Darüber hinaus sind immer mehr ÖsterreicherInnen bereit<br />

diese Leistungen vollkommen privat in Anspruch zu nehmen, d.h. aus eigener<br />

Hand zahlen.<br />

Sektorenübergreifende Versorgung wird gestützt<br />

• Förderung von <strong>Gesundheit</strong>scluster/-regionen: In Deutschland planen mehrere<br />

Länder/Regionen wie zum Beispiel Nordrhein Westfahlen oder Berlin eine<br />

stärkere Positionierung als <strong>Gesundheit</strong>sregion und erstellten dazu detaillierte<br />

Masterpläne. In Österreich zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab. So hat sich<br />

zum Beispiel der "Wellbeing Cluster" in Niederösterreich langfristig die<br />

verstärkte Positionierung der Region am gesundheitstouristischen Markt<br />

vorgenommen und schlussendlich die Etablierung Niederösterreichs als die<br />

<strong>Gesundheit</strong>sdestination in Mitteleuropa. Als Zielgruppe sind Unternehmen,<br />

Institutionen und AkteurInnen aus den folgenden Bereichen von Interesse:<br />

o <strong>Gesundheit</strong>stourismus (<strong>Gesundheit</strong>s- und <strong>Wellness</strong>hotels, Kurzentren,<br />

Thermen, Day Spas)<br />

o Präventivmedizin (Präventiv- und Komplementärmedizin,<br />

<strong>Gesundheit</strong>szentren, Rehabilitationszentren)<br />

o Naturprodukte (insbesondere Bio-Lebensmittel, Naturkosmetik,<br />

Arzneimittel)<br />

o Ergänzende <strong>Gesundheit</strong>sdienstleistungen (gesunde Ernährung,<br />

Bewegung/Sport, psychosoziale <strong>Gesundheit</strong>)<br />

o Forschungs- und Bildungseinrichtungen<br />

o Zulieferer (insbesondere regionale Anbieter)<br />

Der "Wellbeing Cluster" wurde im Herbst 2002 ins Leben gerufen als erster<br />

Dienstleistungscluster Mitteleuropas im <strong>Gesundheit</strong>sbereich. Ecoplus, die<br />

Trägerorganisation der niederösterreichischen Clusterinitiativen (neben dem<br />

Wellbeing Cluster bestehen noch ein Kunststoff- Cluster, ein Automotive<br />

Cluster, ein Bau. Energie. Umwelt Cluster und eine Lebensmittelinitiative)<br />

wurde von der Landesregierung beauftragt, Potentiale von Clustern zu<br />

analysieren und danach aufzubauen. Niederösterreich setzt dabei auf eine<br />

moderne Form der Wirtschaftsförderung. Potentiale der<br />

niederösterreichischen Wirtschaft sollen ausgebaut und zur klaren<br />

wirtschaftlichen Positionierung beitragen. Kernstück der Arbeit der Cluster ist<br />

die Unterstützung von Kooperationsprojekten von Clusterpartnern. Von 2001<br />

bis 2006 wurden 54 Kooperationsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 11<br />

Mio. EUR gefördert. Neben der finanziellen Unterstützung werden den<br />

Mitgliedern folgende Leistungen angeboten:<br />

o Initiierung, Begleitung und Management von Kooperations- F&E-<br />

sowie weiteren innovativen Projekten<br />

o Beratung im Zuge der niederösterreichischen Kooperationsförderung<br />

41


o Schnittstelle zu anderen Förderstellen<br />

o Vermittlung von Kooperationspartnern, etwa im Zuge von<br />

Kooperationsbörsen<br />

o Setzen von Innovationsimpulsen für Produktentwicklung und<br />

Forschungsprojekte<br />

o Herstellen von Kontakt zu Forschungseinrichtungen<br />

Weiters wurde in Niederösterreich mit der Lebensmittelinitiative eine<br />

Projektplattform geschaffen, die die heimische Lebensmittelbranche von der<br />

Landwirtschaft über die Verarbeiter bis hin zum Lebensmittelhandel<br />

unterstützt. Mit konkreten Projekten wird die Wettbewerbsfähigkeit und<br />

Innovationskraft der niederösterreichischen Lebensmittelbranche erhöht. Die<br />

Leistungen der Lebensmittelinitiative Niederösterreich für die Unternehmen ist<br />

vergleichbar mit Förderungen des oben erwähnten "Wellbeing Cluster".<br />

Auch in Oberösterreich wird im Rahmen der clusterorientierten Wirtschafts-<br />

und Technologieförderung ein <strong>Gesundheit</strong>scluster betrieben. Im Rahmen<br />

dieser Initiative sollen innovative Kooperationsprojekte zwischen<br />

Unternehmen untereinander und mit Forschungs- und Entwicklungs- bzw.<br />

Qualifizierungseinrichtungen gefördert werden, die zur Stärkung der<br />

Innovationskraft und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des<br />

<strong>Gesundheit</strong>ssektors beitragen. Im Mittelpunkt der Cluster-Aktivitäten stehen<br />

dabei die Stärkung der Sparte Medizintechnik sowie Kooperationen mit dem<br />

Bund und anderen Bundesländern.<br />

Neben dem <strong>Gesundheit</strong>scluster wurde in Oberösterreich auch ein<br />

Lebensmittelcluster gegründet. Das vorrangige Ziel dieser Initiative ist es als<br />

Kommunikationsplattform für Unternehmen aus der Branche zu dienen und<br />

innovative Projekte in allen Bereichen also von der Herstellung bis hin zur<br />

Vermarktung von Lebensmitteln zu fördern. Einige Projekte unterstützen<br />

gezielt Initiativen zum Thema Vermarktung von Produkten aus biologischer<br />

Landwirtschaft. .<br />

Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Initiative ist der Cluster für<br />

Humantechnologie (human. technology. styria) in der Steiermark. Ziel des<br />

Clusters ist die effektive Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik<br />

im Bereich Humantechnologie. Durch das Nützen von Synergien zwischen<br />

den beteiligten Unternehmen und Institutionen werden Kooperationen und<br />

Betriebsansiedelungen gefördert. Der Cluster setzt bei der Förderung von<br />

Projekten auf folgende Themen:<br />

o Forschung zu Diabetes und Stoffwechselerkrankungen, Notfall- und<br />

Intensivmedizin, Schwerhörigkeit, Hörminderung und Prävention<br />

o Biosensorik und Signalverarbeitung<br />

o Pharmazeutische Technik und Prozesstechnik<br />

o Logistik<br />

42


o Biometrische Identifikation und Security<br />

o Zell- und Gewebetechnologie<br />

o Bioinformatik und Telemedizin<br />

o Materialwissenschaften und Nanotechnologie<br />

Der Cluster vernetzt zur Zeit fünf Universitäten, zwei Fachhochschulen, zwei<br />

außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie 120 Firmen und<br />

Institutionen der Branche.<br />

Bundesländerübergreifend wurde der Cluster <strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

eingerichtet eingerichtet. Die Clusterinitiative "Austria Wellbeing Destination of<br />

Europe" ist ein Cluster-Entwicklungsprojekt, das die wichtigsten<br />

Entscheidungsträger aus dem Sektor <strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

branchenübergreifend mit jenen aus den Kompetenzbereichen Medizin und<br />

<strong>Gesundheit</strong>sförderung verbindet. Die Clusterinitiative wurde 2001 von der<br />

Sektion Tourismus und Freizeitwirtschaft des Bundesministerium für<br />

Wirtschaft und Arbeit initiiert. Ziel der Clusterinitiative ist es, die Entwicklung<br />

des österreichischen <strong>Gesundheit</strong>stourismus zu forcieren. Der österreichische<br />

<strong>Gesundheit</strong>stourismus soll dabei zu einer international bekannten Marke<br />

werden.<br />

Weitere Beispiele für Clusterbildungen im Bereich <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft in<br />

Österreich sind die Life Science Cluster in Wien und Tirol , der Cluster<br />

"<strong>Wellness</strong>" in Tirol und der Cluster "<strong>Gesundheit</strong>" in Osttirol.<br />

Im allgemeinen bieten Clusterinitiativen den Mitgliedunternehmen eine Möglichkeit<br />

einer gemeinsamen Vermarktung im In- und Ausland und erleichtern den Zugang zu<br />

Fördergeldern. Dazu kommt noch, dass durch den branchenübergreifenden<br />

Austausch neue, innovative Geschäftsideen entstehen und weiterentwickelt werden<br />

können.<br />

Es sei hier bemerkt, dass Clusterbildung nicht von der staatlichen<br />

Wirtschaftsförderung alleine abhängt, sondern durchaus auch von den Unternehmen<br />

selbst ausgehen und erfolgreich sein kann.<br />

43


Wachstumstreiber 5: <strong>Gesundheit</strong> wird international – Chancen für das Inland<br />

sowie den Export<br />

Die Globalisierung macht auch vor der <strong>Gesundheit</strong> nicht halt. Längst ist daraus ein<br />

handelbares und damit auch exportierbares Gut geworden. Selten waren sich<br />

unterschiedliche Völker so einig über dessen Wichtigkeit dieses Gutes. Schwellen-<br />

und Entwicklungsländer stehen vor der Herausforderung, eine qualitativ hochwertige<br />

<strong>Gesundheit</strong>sversorgung für die gesamte Bevölkerung aufzubauen. Für alle Länder<br />

wiederum gleich ist die Frage nach der Nachhaltigkeit und der zukünftigen<br />

Finanzierung und zur Lösung dieses Problems wird längst über die Grenzen des<br />

eigenen Landes geblickt. Diese Situation lässt eine Reihe von neuen Chancen für<br />

Unternehmen entstehen.<br />

Groß sind die Chancen für den Export von Know- How insbesondere für den Aufbau<br />

eines <strong>Gesundheit</strong>ssystems mit hohem Standard vor Ort in den Schwellenländern.<br />

Besonders interessant ist neben der Golfregion auch Asien. So bauten zum Beispiel<br />

die Medizinische Universität Wien gemeinsam mit dem Spitalsdienstleister Vamed in<br />

Asien für den staatlichen Ölkonzern Petronas ein Großkrankenhaus und betreiben<br />

und managen dieses. Die technische Ausstattung und das medizinische Angebot<br />

befinden sich auf einem internationalen Top-Level. Das Prince Court Medical Center<br />

in Kuala Lumpur gilt als Vorzeigeprojekt von Petronas. Es gibt dort nur Einzelzimmer<br />

und Suiten. Die medizinische Universität Wien, die zeitlich befristet Ärzte nach<br />

Malaysia schickt, will schlussendlich für das Haus die besten Ärzte des gesamten<br />

südostasiatischen Großraums verpflichten.<br />

Im folgenden sollen zukunftsversprechende Regionen für den Export von Produkten<br />

aus dem Ersten und Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt vorgestellt werden:<br />

• CEE: Durch das starke Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren hat sich im<br />

osteuropäischen Raum neben einer sehr reichen Elite auch eine<br />

finanzkräftige Mittelschicht entwickelt, die bereit ist für <strong>Gesundheit</strong> Geld<br />

auszugeben. Die <strong>Gesundheit</strong>sversorgung entspricht noch nicht in allen<br />

Regionen westlichen Standards.<br />

Chancen für Unternehmen in CEE:<br />

o Private Zusatzversicherungen am Beispiel Ungarn: Bisher war die<br />

Vorsorge fast ausschließlich durch die gesetzlichen Krankenkassen<br />

abgedeckt. In der neuen <strong>Gesundheit</strong>sreform will der Staat die<br />

Erhöhung des Anteils privater Vorsorge unter Beibehaltung der<br />

Versicherungspflicht erreichen. Dies bietet Chancen für private<br />

Versicherungsunternehmen in den Markt einzusteigen.<br />

44


o Aufbau bzw. Verbesserung einer <strong>Gesundheit</strong>sversorgung nach<br />

westlichem Standard: Für den Aufbau werden sowohl<br />

medizintechnische Geräte als auch Know-how (Spitalsmanagement<br />

und medizinischen Know-how) benötigt. Nebenbei befindet sich ein<br />

privater Markt für <strong>Gesundheit</strong> im Aufbau. Dies bietet eine Reihe von<br />

Chancen für den Einstieg in diesen Markt.<br />

o Produkte aus dem Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt: Das Interesse der<br />

Gesellschaft für eine gesündere Lebensweise steigt in Osteuropa und<br />

somit ergibt sich ein Potential für heimische Produzenten. Als Beispiel<br />

sei hier das Waldviertler Unternehmen Sonnentor erwähnt. Dieses<br />

beschäftigt sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Kräutern,<br />

Gewürzen, Tees und weiteren Produkten aus biologischem Anbau.<br />

80,5 % der Produktion gehen in den Export. In Tschechien, Rumänien<br />

und Albanien bestehen Kooperationen mit heimischen Biobauern für<br />

Produktion und Vertrieb.<br />

• Golfregion: Durch den anhaltenden Wohlstand und die Übernahme von<br />

westlichen Essgewohnheiten (vor allem Fast Food) ist der Anteil der<br />

übergewichtigen Menschen auf 40% und die damit verbundenen<br />

Zivilisationskrankheiten (Diabetes und koronare Herzkrankheiten) stark<br />

angestiegen. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren zu einem<br />

Ausgabenanstieg von bis zu 500% führen.<br />

Chancen für Unternehmen in der Golfregion:<br />

o Aufbau einer privaten <strong>Gesundheit</strong>sversorgung: Das staatliche<br />

<strong>Gesundheit</strong>ssystem kann die Versorgung nicht in zufriedenstellender<br />

Weise sicherstellen. Dies bietet Chancen für den Export von Knowhow<br />

für den Aufbau und das Management von modernen Kliniken<br />

sowie ambulanten Versorgungszentren.<br />

• Indien: In den letzten Jahren bildete sich eine einkommensstarke<br />

Mittelschicht heraus, die ca. 200 bis 300 Mio. Menschen umfasst. Diese hat<br />

nun das Geld für qualitativ hochwertige <strong>Gesundheit</strong>sdienstleistungen zu<br />

bezahlen. Die mangelhafte staatliche <strong>Gesundheit</strong>sversorgung ist ein Grund<br />

dafür, dass in den letzten Jahren in Indien ein privater <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

entstanden ist.<br />

Chancen für Unternehmen in Indien:<br />

o Stationäre <strong>Gesundheit</strong>sversorgung:<br />

Der Staat übergibt stationäre Behandlung mehr und mehr privaten<br />

Anbietern. Es bestehen Chancen für private Krankenanstalten und<br />

Versorgungszentren (PPP Modelle) sowie für Medizinprodukte für die<br />

neu entstehende stationäre Versorgung.<br />

45


o Private Krankenversicherungen: Dieser Sektor hat in Indien die Chance<br />

die existierenden staatlichen Programme zu ergänzen. Die wenigen<br />

Versicherungsprogramme werden nur selten in Anspruch genommen,<br />

die Kosten im akuten Krankheitsfall führen oft dazu, dass sich die<br />

betroffenen Haushalte hoch verschulden. Die private<br />

Versicherungswirtschaft trifft somit auf großen Bedarf an neuen<br />

Produkten, die insbesondere die Risiken von Krankheiten und<br />

Erwerbsunfähigkeit absichern. Vor allem die im informellen<br />

Beschäftigungssektor tätigen signalisieren großes Interesse und<br />

finanzielle Bereitschaft, Versicherungen abzuschließen.<br />

• China: Die Volksrepublik China hatte im Jahr 2000, zum Zeitpunkt der letzten<br />

offiziellen Erhebung, 1,3 Mrd. Einwohner, das sind 20% der Weltbevölkerung.<br />

Der chinesische <strong>Gesundheit</strong>smarkt hat enormes Wachstumspotential; die<br />

<strong>Gesundheit</strong>sversorgung für den überwiegenden Teil der Bevölkerung ist noch<br />

beschränkt. Seit 1995 sind die <strong>Gesundheit</strong>sausgaben in China jährlich<br />

zwischen 12% und 18% gestiegen. Das starke Wirtschaftswachstum hat vor<br />

allem in den Städten die Nachfrage nach hochwertiger<br />

<strong>Gesundheit</strong>sversorgung erhöht und gleichzeitig auch die nötige Kaufkraft für<br />

Medikation und medizinische Ausrüstung aus dem Westen gestärkt.<br />

Chancen für Unternehmen in China:<br />

o Medizintechnik: Das Land ist nach Japan der zweitgrößte Markt für<br />

medizinische Geräte in Asien. Die Ausrüstungskosten werden weiter<br />

ansteigen, da die Krankenhäuser auch zunehmend komplizierte<br />

Operationen durchführen. Ferner gewinnt Intensivmedizin zunehmend<br />

an Bedeutung.<br />

o Westliche Behandlungsmethoden: Die Nachfrage der Stadtbevölkerung<br />

nach einer qualitativ hochwertigen Versorgung steigt stark an.<br />

Während Traditionell Chinesische Medizin (TCM) eher präventiv<br />

eingesetzt wird, dominieren westliche Behandlungsmethoden. Dies<br />

führt letztendlich zu einer erhöhten Nachfrage nach hochwertigen<br />

Pharmaprodukten und Heilbehelfen.<br />

Aber auch können ausländische Patienten im Inland therapiert werden oder zum Kur-<br />

und <strong>Wellness</strong>aufenthalt ins Land gelockt werden. Der Behandlung von<br />

wohlhabenden ausländischen Patienten aus Schwellenländern wie der Golfregion<br />

oder Russland wurde lange Zeit ein sehr großes Potential zugesprochen. Dieser<br />

Markt ist aber ein Nischenmarkt geblieben. Um hier wirklich gute Geschäfte<br />

aufzubauen, sind große Investitionen in Marketing und Service, vor allem aber in<br />

langfristige Planung sowie – wegen der unterschiedlichen Mentalitäten - ein<br />

langwieriger Aufbau von Kontakten notwendig. Wohlhabende Patienten suchen oft<br />

46


neben einer optimalen medizinischen Betreuung auch eine touristisch ansprechende<br />

Urlaubsdestination. In diesem Bereich gibt es in Österreich noch zu wenig Angebote.<br />

Als Beispiele im Bereich der Schönheitschirurgie sollen hier die Tiroler Privatklinik Dr.<br />

Öhler im <strong>Wellness</strong>hotel Alpenressort Schwarz sowie das Zentrum für ästhetische<br />

plastische Chirurgie im Schloss Seefeld in Pörtschach am Wörthersee geleitet von<br />

der Wiener Schönheitschirurgin Dr. Dagmar Millesi erwähnt werden.<br />

Experten sehen hier aber auch noch eine neue Entwicklung. Die USA zählen zu den<br />

westlichen Ländern mit den meisten Patienten, die zur Behandlung ins Ausland<br />

gehen und zwar nach Indien, Großbritannien, Costa Rica und Argentinien. Dies liegt<br />

vor allem daran, dass die Behandlungskosten in Amerika extrem teuer sind. In Indien<br />

zum Beispiel kostet dieselbe Behandlung oft nur einen Bruchteil, für die hohe Zahl<br />

der nichtversicherten US-Bürger spielt das die entscheidende Rolle. Hierzulande<br />

reisen viele Österreicher zur Zahnbehandlung nach Ungarn oder Tschechien. In<br />

diesen Ländern hat sich ein speziell auf deren Bedürfnisse abgestimmtes Angebot<br />

entwickelt. Die ungarischen Zahnärzte holen ihre Patienten selbstverständlich mit<br />

dem PKW aus Österreich ab.<br />

47


D. Die österreichische <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft - viele Unternehmen<br />

bedienen die steigende Nachfrage<br />

<strong>Gesundheit</strong>swirtschaft und WKÖ-Systematik<br />

Während in Deutschland der Begriff <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft schon länger etabliert ist<br />

und eine Reihe von branchenübergreifenden Netzwerken bestehen und gefördert<br />

werden, steckt man in Österreich bezüglich dieses Trends noch in den<br />

Kinderschuhen. Anhand der WKÖ-Systematik (Zuordnung der Unternehmen zu<br />

Bundessparten und Fachverbänden, Bundesinnungen bzw. -gremien) soll nun im<br />

folgenden die Bedeutung der wachsenden <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft für die<br />

Mitgliedsunternehmen der Wirtschaftskammer aufgezeigt und mit konkreten<br />

Beispielen hinterlegt werden. Gleichzeitig sollen die sieben Sparten und die<br />

ausgewählten Fachverbände, Bundesinnungen und -gremien mit Bezug zum Thema<br />

<strong>Gesundheit</strong> kurz vorgestellt werden. Abschließend stellen wir im Kapitel die Branchen<br />

mit dem größten Wachstumspotenzial dar.<br />

Die österreichische <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft<br />

BS Gewerbe<br />

und<br />

Handwerk<br />

BI der Augenoptiker,Orthopädietechniker,Hörgeräteakustiker<br />

BI der Schuhmacher<br />

und<br />

Orthopädieschuhmacher<br />

BI der Fußpf leger,<br />

Kosmetiker,<br />

Masseure<br />

BI der Nahrungsu.Genussmittelgewerbe(Functional<br />

Food)<br />

BI der<br />

Zahntechniker<br />

BI der Chemischen<br />

Gewerbe<br />

(Arzneimittelherstellung)<br />

Allg. FV des Gewerbes(Ernährungsberater,<br />

Lebens- und<br />

Sozialberatungsleistungen)<br />

BI Bau<br />

BI Bauhilf sgewerbe<br />

BS Industrie BS Handel BS Bank und<br />

Versicherung<br />

FV der Nahrungsu.Genussmittelindustrie<br />

(Nov el<br />

Food, Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Allergene uv m.)<br />

FV der chemischen<br />

Industrie (u.a.<br />

Pharmaindustrie)<br />

FV der ElektroundElektronikindustrie<br />

(u.a.<br />

e-Health)<br />

FV der Bauindustrie<br />

FV der Bekleidungsindustrie<br />

BG des Lebensmittelhandels<br />

(Hy giene,<br />

Gentechnik)<br />

BG des Handels<br />

mit Arzneimitteln,<br />

Drogerie- und<br />

Parf umeriewaren<br />

(z.B. Arzneimittelgroßhandel)<br />

BG des Foto-,<br />

Optik- und<br />

Medizinproduktehandels<br />

BG des Agrarhandels<br />

BG des Textilhandels<br />

BG des Schuhhandels<br />

BG des Lederwaren-,Spielwaren-<br />

und Sportartikelhandels<br />

BG des Radio- und<br />

Elektrohandels<br />

BG des Holz- und<br />

Baustof f handels<br />

FV der Versicherungsunternehmungen<br />

(u.a.<br />

priv ate Krankenv<br />

ersicherungen)<br />

BS Transport<br />

und Verkehr<br />

FV f ür die Bef örderungsgewerbe<br />

mit Personenkraf<br />

twagen (Rettungstransporte)<br />

FV der Luf tf ahrtunternehmungen(Rettungshubschrauber)<br />

BS Tourismus<br />

und<br />

Freizeitwirtschaft<br />

FV der priv aten<br />

Krankenanstalten<br />

und Kurbetriebe<br />

FV der Hotellerie<br />

(Erholung, <strong>Wellness</strong>)<br />

FV der Freizeitbetriebe<br />

(Fitness- und<br />

Sportbetriebe)<br />

FV der Bäder<br />

(Hy gienev orschrif<br />

ten, Thermen,<strong>Wellness</strong>betriebe,Naturheilv<br />

ereine, Erholungszentren)<br />

FV der Reisebüros<br />

BS Information<br />

und<br />

Consulting<br />

FV Abf all- und<br />

Abwasserwirtschaft(Umweltstandards,Wasserreinigungsarbeit)<br />

FV Unternehmensberatung<br />

und Inf ormationstechnologie(Unternehmenskulturberatung,<br />

betriebliche <strong>Gesundheit</strong>sförderung)<br />

FV der Versicherungsmakler<br />

und Berater in<br />

Versicherungsangelegenheiten<br />

FV der Buch- und<br />

Medienwirtschaf t<br />

FV f ür Werbung<br />

und Marktkommunikation<br />

Abb. Ausgewählte Fachverbände, Bundesinnungen und -gremien mit Bezug zur <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft<br />

auf Basis der Systematik der WKÖ<br />

48


Zur Beschreibung wurde das Zahlenmaterial aus der Leistungs- und Strukturstatistik<br />

in der Sonderauswertung nach Kammersystematik als Grundlage verwendet. Die<br />

Leistungs- und Strukturstatistik liefert statistische Daten für den Großteil der auf<br />

Ertragserzielung ausgerichteten Wirtschaft mit Ausnahme der Land- und<br />

Forstwirtschaft. Sie bezieht sich auf die Abschnitte C bis K der ÖNACE 2003,<br />

umfasst also den Produzierenden Bereich und große Teile des<br />

Dienstleistungsbereichs. Nicht erfasst werden die Abschnitte M bis O<br />

(Unterrichtswesen, <strong>Gesundheit</strong>s- Veterinär- und Sozialwesen, Erbringung sonstiger<br />

Dienstleistungen). Die Methodik wurde das letzte mal 2003 angepasst; eine 100%ige<br />

Vergleichbarkeit der Zahlen ist ab diesem Jahr gegeben.<br />

Da die Statistik Austria alle Ergebnisse der Erhebung nur nach der in der<br />

Europäischen Union verbindlichen ÖNACE publiziert, ist eine Auswertung nach<br />

Kammersystematik nur über eine Sonderauswertung durch die Statistikabteilung der<br />

österreichischen Wirtschaftskammer zugänglich.<br />

Erhebungseinheit für die Sonderauswertung nach Kammersystematik ist das<br />

Unternehmen. Das Unternehmen entspricht einer rechtlichen Einheit, welche eine<br />

organisatorische Einheit zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen bildet. Ein<br />

Unternehmen übt eine Tätigkeit oder mehrere Tätigkeiten an einem Standort oder an<br />

mehreren Standorten aus. In der vorliegenden Sonderauswertung erfolgt eine<br />

ökonomische Schwerpunktzuweisung nach Kammersystematik. Jedes Unternehmen<br />

wird genau einer Fachorganisation (= Fachverband) zugeordnet, unabhängig von der<br />

Anzahl seiner Fachorganisationsmitgliedschaften.<br />

Folgende Fachverbände, die in mehr oder weniger großem Ausmaß vom<br />

Wachstumstrend der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft profitieren, werden in dieser<br />

Sonderauswertung nicht berücksichtigt.<br />

• Abwasser- und Abfallbeseitigung und sonstige Entsorgung<br />

• Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure<br />

• Private Krankenanstalten und Kurbetriebe<br />

• Freizeitbetriebe<br />

• Bäder, Saunas, Solarien<br />

Sie gehören nach der Definition der ÖNACE dem Abschnitt O (Erbringung von<br />

sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen) an und werden im Rahmen<br />

der Leistungs- und Strukturstatistik nicht betrachtet.<br />

Um zumindest eine Größenordung für diese Fachverbände anzugeben, wurde im<br />

Rahmen dieser Studie auf die aktuelle Mitgliederstatistik der österreichischen<br />

Wirtschaftskammer zurückgegriffen. Eine Vergleichbarkeit ist nicht zur Gänze<br />

gegeben, da in der Mitgliederstatistik auch Unternehmen mit einer<br />

Gewerbeberechtigung in einem Fachverband gezählt werden, wenn ihr Schwerpunkt<br />

in einem anderen Fachverband liegt.<br />

49


Im folgenden werden die sieben Sparten kurz charakterisiert und konkrete<br />

Marktpotentiale für die einzelnen Fachverbände, Bundesinnungen und -gremien<br />

aufgezeigt werden:<br />

Bundessparte Gewerbe und Handwerk<br />

Sparte Gewerbe und Handwerk<br />

Bundesinnung<br />

• Bau<br />

• Bauhilfsgewerbe<br />

• Augenoptiker, Orthopädietechniker<br />

und<br />

Hörgeräteakustiker<br />

• Schuhmacher und Orthopädieschuhmacher<br />

• Fußpflege, Kosmetiker,<br />

Masseure1) • Nahrungs- und Genussmittelgewerbe<br />

• Zahntechniker<br />

• Chemisches Gewerbe<br />

• Allg. Fachverband des<br />

Gewerbes<br />

2005<br />

6.922<br />

2.050<br />

703<br />

428<br />

7.253<br />

517<br />

568<br />

1.967<br />

7.421<br />

Mitglieder Beschäftigte Umsatz [Mio.]<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

5,45<br />

9,83<br />

3,99<br />

-7,36<br />

–<br />

0,78<br />

4,03<br />

26,25<br />

0,19<br />

2005<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%] 2005<br />

83.536 0,41 10.621<br />

20.705 -0,49 2.704<br />

5.026 5,72 0,48<br />

1.588<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

1) Keine Erhebung in der Leistungs- und Strukturstatistik, Zahlenwert aus Mitgliederstatistik nur bedingt vergleichbar<br />

–<br />

6.037<br />

3.273<br />

47.137<br />

83.900<br />

2,52<br />

–<br />

3,25<br />

-1,65<br />

9,64<br />

22,43<br />

0,91<br />

–<br />

1,33<br />

0,14<br />

1.725<br />

5.109<br />

12,90<br />

8,37<br />

9,66<br />

9,49<br />

–<br />

8,27<br />

0,30<br />

-2,04<br />

10,04<br />

Anteil der Unternehmen 2005<br />


Die Mitgliedsunternehmen im allgemeinen Fachverband der Gewerbe sind stark<br />

angestiegen. Darunter fallen auch die Gewerbe für Ernährungsberatung und Lebens-<br />

und Sozialberatung. Diese Berufsgruppe profitiert vom höheren Stellenwert der<br />

psychosozialen <strong>Gesundheit</strong>.<br />

Ein kleiner Teil des Bau- und des Bauhilfsgewerbes kann die Potentiale des<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarktes für sich nutzen. Dies betrifft vor allem das Segment "ambiant<br />

assisted living" also unterstütztes Wohnen im Alter und die dafür notwendigen<br />

baulichen Maßnahmen. 5<br />

Bundessparte Industrie<br />

Sparte Industrie<br />

Fachverband<br />

• Bauindustrie<br />

• Bekleidungsindustrie<br />

• Nahrungs- und Genussmittelindustrie<br />

• Chemische Industrie<br />

• Elektro- und Elektronikindustrie<br />

2005<br />

91<br />

106<br />

260<br />

321<br />

194<br />

Mitglieder Beschäftigte Umsatz [Mio.]<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

-27<br />

-17<br />

-3<br />

-5<br />

-5<br />

2005<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%] 2005<br />

26.564 -2 5.088<br />

6.591 -2 0,93<br />

27.614 -6 7.616<br />

43.739<br />

50.446<br />

1<br />

-5<br />

12.636<br />

12.812<br />

Abb. Leistungs- und Strukturstatistik nach Branchen; Quelle: WKÖ<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

-1<br />

10<br />

-4<br />

10<br />

12<br />

Anteil der Unternehmen 2005<br />


Die chemische bzw. pharmazeutische Industrie sieht sich traditionsgemäß als einen<br />

Teil der <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft. Hier gilt es auf aktuelle Trends zu reagieren wie z.B.<br />

der von der Politik stark geförderten Einsatz von Generika bzw. das verstärkte<br />

Interesse der Bevölkerung an rezeptfreien Präparaten, die das Wohlbefinden positiv<br />

beeinflussen.<br />

Bundessparte Handel<br />

Sparte Handel<br />

Bundesgremium<br />

• Lebensmittelhandel<br />

• Handel mit Arzneimitteln,<br />

Drogerie- und<br />

Parfümeriewaren<br />

• Agrarhandel<br />

• Textilhandel<br />

• Schuhhandel<br />

• Lederwaren-, Spielwaren-<br />

und Sportartikelhandel<br />

• Foto-, Optik- und<br />

Medizinproduktehandel<br />

• Radio- und Elektrohandel<br />

• Holz- und Baustoffhandel<br />

2005<br />

6.643<br />

2.209<br />

2.180<br />

5.750<br />

882<br />

3.633<br />

1.207<br />

3.439<br />

3.112<br />

Mitglieder Beschäftigte Umsatz [Mio.]<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

-1,53<br />

1,01<br />

1,96<br />

-3,56<br />

-3,71<br />

3,06<br />

1,00<br />

4,18<br />

1,70<br />

2005<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%] 2005<br />

122.997 6,35 26.763<br />

32.003 -1,09 10.272<br />

23.866<br />

47.309<br />

9.328<br />

18.656<br />

11.564<br />

24.890<br />

27.291<br />

4,12<br />

-0,66<br />

-6,27<br />

0,91<br />

-2,53<br />

1,28<br />

-0,89<br />

9.037<br />

5.821<br />

1.227<br />

3.163<br />

3.387<br />

8.030<br />

8.225<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

110,60<br />

10,63<br />

8,68<br />

4,10<br />

4,66<br />

2,42<br />

16,62<br />

12,66<br />

12,75<br />

Anteil der Unternehmen 2005<br />


Im Holz- und Baustoffhandel können Produkte unter dem <strong>Gesundheit</strong>saspekt<br />

verkauft werden, die ohne giftige Zusatzstoffe erzeugt wurden (z.B. Lacke ohne<br />

Lösungsmittel) oder Produkte spezielle geeignet für Allergiker (z.B. Raumfarben).<br />

Bundessparte Banken und Versicherung<br />

Sparte Bank und Versicherung<br />

Fachverband<br />

• Versicherungsunternehmen<br />

2005<br />

58<br />

Mitglieder Beschäftigte Umsatz [Mio.]<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

3,57<br />

Abb. Leistungs- und Strukturstatistik nach Branchen; Quelle: WKÖ<br />

Anteil der Unternehmen 2005<br />

Wachstum<br />

Wachstum


Bundessparte Tourismus<br />

Sparte Tourismus<br />

Fachverband<br />

• Private Krankenanstalten<br />

und Kurbetriebe1) • Hotellerie<br />

• Bäder1) • Reisebüros<br />

• Freizeitbetriebe1) 2005<br />

847<br />

14.210<br />

1.983<br />

955<br />

10.502<br />

Mitglieder Beschäftigte Umsatz [Mio.]<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

–<br />

-2,83<br />

–<br />

-3,44<br />

–<br />

2005<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%] 2005<br />

– –<br />

–<br />

96.923<br />

–<br />

11.406<br />

–<br />

1,89<br />

–<br />

1,45<br />

–<br />

5.928<br />

–<br />

3.791<br />

–<br />

Wachstum<br />

seit 2003 [%]<br />

1) Keine Erhebung in der Leistungs- und Strukturstatistik, Zahlenwert aus Mitgliederstatistik nur bedingt vergleichbar<br />

Abb. Leistungs- und Strukturstatistik nach Branchen; Quelle: WKÖ<br />

–<br />

5,03<br />

–<br />

8,17<br />

–<br />

Anteil der Unternehmen 2005<br />


<strong>Gesundheit</strong>swesen sollen durch den vermehrten Einsatz von Informationstechnologie<br />

erzielt werden. Dies eröffnet ebenfalls ein großes Feld für Beratungs- und<br />

Implementierungsdienstleistungen in diesem Bereich.<br />

Versicherungsmakler profitieren durch das verstärkte Interesse der Bevölkerung an<br />

privaten Zusatzversicherungen.<br />

Das Thema <strong>Gesundheit</strong> verkauft sich in den Medien bestens. Neue Erkenntnisse<br />

oder Skandale aus diesem Bereich lassen den Absatz nach oben schnellen. Hier gilt<br />

es das große Bedürfnis der Bevölkerung nach Information zum Thema <strong>Gesundheit</strong><br />

aufzugreifen und seriös zu bedienen.<br />

Im Bereich Werbung können Produkte und Dienstleistungen über <strong>Gesundheit</strong><br />

vermarktet werden, die vordergründig nichts damit zu tun haben. Die Begriffe<br />

<strong>Wellness</strong> oder Vitalität sind im Bewusstsein der Bevölkerung dermaßen gut besetzt,<br />

dass sie sich hervorragend für eine Vermarktungsstrategie eignen. So zum Beispiel<br />

lockte der deutsche Hersteller Audi im vergangenen Jahr mit dem Slogan "<strong>Wellness</strong><br />

Wochen bei Audi" die Besucher in seinen Showroom.<br />

55


Exportanteile ausgewählter <strong>Gesundheit</strong>sprodukte:<br />

Für einige ausgewählte Produkte aus dem <strong>Gesundheit</strong>smarkt liegen gesondert<br />

ausgewiesene Zahlen zu Import- und Exportvolumina aus der österreichischen<br />

Außenhandelsstatistik vor.<br />

Produkt<br />

Medizinische und pharmazeutische<br />

Erzeugnisse<br />

Medizinische und<br />

chirurgische Apparate<br />

Medizinische<br />

Elektrodiagnosegeräte<br />

Import 2006<br />

[Mrd. EUR]<br />

3,904<br />

0,519<br />

0,194<br />

Veränderung<br />

geg. 2005<br />

+16%<br />

+4,6%<br />

+5%<br />

Export 2006<br />

[Mrd. EUR]<br />

3,366<br />

0,327<br />

0,225<br />

Abb. Import und Export ausgewählter Produkte; Quelle: Statistik Austria<br />

Veränderung<br />

geg. 2005<br />

+17,4%<br />

+11%<br />

+2,9%<br />

Die Exporte für medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse stiegen im Jahr<br />

2006 um 17,4 % auf 3,4 Mrd. EUR. Die Importe lagen im selben Zeitraum bei 3,9<br />

Mrd. EUR, stiegen aber mit +16% weniger stark.<br />

Medizinische und chirurgische Apparate wurden 2006 im Wert von 0,3 Mrd. EUR ins<br />

Ausland verkauft. Gleichzeitig wurden Apparate im Wert von 0,5 Mrd. EUR<br />

eingeführt. Dabei stiegen die Exporte mit +11% gegenüber 2005 signifikant stärker<br />

als die Importe (+4,6%).<br />

Die Exporte für medizinische Elektrodiagnosegeräte lagen im Jahr 2006 mit 0,2 Mrd.<br />

EUR deutlich über den Importen, die sich auf 0,9 Mrd. EUR beliefen. Allerdings<br />

wuchsen die Importe mit +5% stärker an als die Exporte mit +2,9%.<br />

56


Wichtigste Zukunftsbranchen<br />

Wie die Darstellung der Sparten gezeigt hat, dringt <strong>Gesundheit</strong> allmählich in alle<br />

Lebens- und Wirtschaftsbereiche vor. Ihr Anteil und ihre Bedeutung innerhalb<br />

einzelner Branchen ist dennoch unterschiedlich groß. Nachfolgend geben wir eine<br />

qualitative Einschätzung, in welchen Teilbranchen das größte Wachstum zu erwarten<br />

ist. Diese Einschätzung speist sich aus den in Kap. B dargestellten quantitativen<br />

Daten, zum anderen aus unserer aktuellen Markteinschätzung. 6 Demnach sehen wir<br />

folgende Branchen als besonders interessant an:<br />

• Sport: Bisher größte Ausgaben (s.o.Kap.B). Die Branche stellt sich auf den<br />

<strong>Gesundheit</strong>strend ein und erweitert ihr Angebot in diese Richtung<br />

• Ernährung: mehrere Teilbereiche mit hohen Ausgaben (s.o. Kap. B). Kein Ende<br />

des Wachstums bei Bio-Lebensmitteln und Functional Food/Functional Drinks.<br />

• Wohnung: Europäischer und nationaler Trend zum Ausbau der Wohnung zum<br />

<strong>Gesundheit</strong>sstandort. Davon können alle Branchen profitieren, die mit der<br />

Errichung (Architektur, Bau) der Ausstattung der Wohnung (Elektrogeräte,<br />

Telekommunikation, Bad) oder mit wohnungsbezogenen Dienstleistungen<br />

(Pflege, Facility Management) zu tun haben<br />

• Kleidung: Gesunde Kleidung (Functional Clothing, Bio-Baumwolle, Antiallergen,<br />

etc.) hat bisher noch sehr kleine Anteile am Bekleidungsmarkt, jedoch sehr hohe<br />

Wachstumsraten. Bereits von Versandhäusern und Modeketten als<br />

Verkaufsargument entdeckt.<br />

• Tourismus: Hohe Wachstumsraten und hohe Pro-Kopf-Ausgaben bei den<br />

Kunden, die <strong>Gesundheit</strong>stourismus nutzen. Bisher jedoch noch relativ geringe<br />

Durchdringung der Bevölkerung, so dass weiterhin ein großes Potenzial<br />

vorhanden ist.<br />

• Prävention/Vorsorgeuntersuchungen: Bisher eher ein kleinerer Bereich. In<br />

allen Marktforschungen jedoch höchstes Interesse an mehr Prävention sowie<br />

hohe Kaufbereitschaft. 7 Auch staatliche Institutionen, Krankenversicherungen und<br />

Unternehmen haben verstärktes Interesse an erfolgreicher Prävention. Dies<br />

schafft ganz neue Arten der Dienstleistung, wie z.B. das nach Europa<br />

vordringende „<strong>Gesundheit</strong>scoaching“ 8<br />

• Betriebliches <strong>Gesundheit</strong>smanagement: Wichtigste Branche im „B2B“-Bereich,<br />

d.h. mit Unternehmen als Endkunden. Höchstes Interesse bei allen größeren<br />

Unternehmen auf Grund der Alterung der Belegschaft.<br />

Über diese Branchen hinaus sind Geschäftschancen und auch schon<br />

Geschäftsaktivitäten in praktisch allen Wirtschaftsbereichen vorhanden.<br />

6<br />

Vgl. die <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong>-Studie „Der <strong>Gesundheit</strong>smarkt – Sicht der Bürger, Strategien der<br />

Anbieter“ (2008)<br />

7<br />

Vgl. bspw. ebenda.<br />

8<br />

Gemeint ist die telefonische Betreuung von Risikopatienten, mit dem Ziel, den langfristigen<br />

Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Dies wird momentan vor allem von USamerikanischen<br />

Unternehmen auf dem europäischen Markt angeboten.<br />

57


E. Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen<br />

Empfehlungen, um von den Chancen und Potenzialen des <strong>Zukunftsmarkt</strong>es<br />

<strong>Gesundheit</strong> & <strong>Wellness</strong> zu profitieren<br />

Der <strong>Gesundheit</strong>smarkt eröffnet auch kleinen und mittleren Unternehmen<br />

Wachstumspotenziale, dies es zu erschließen gilt. Wir möchten uns in dieser Studie<br />

nicht darauf beschränken, die Attraktivität des <strong>Gesundheit</strong>smarktes darzustellen. Wir<br />

haben Handlungsempfehlungen entwickelt, die Unternehmen konkrete Hilfestellung<br />

geben sollen, in den <strong>Gesundheit</strong>smarkt einzutreten oder bereits aktiven<br />

Marktteilnehmern Ansätze für eine noch bessere Erschließung des Marktes liefern.<br />

Die Handlungsempfehlungen gliedern sich entlang der wichtigsten<br />

Unternehmensbereiche wie folgt:<br />

4<br />

F&E<br />

Innovative<br />

<strong>Gesundheit</strong>sangebote<br />

2<br />

Finanzierung<br />

1<br />

5<br />

Produktion<br />

Strategie<br />

6<br />

Marketing,<br />

Sales,<br />

Logistik<br />

3<br />

Organisation<br />

1. Entwicklung einer <strong>Gesundheit</strong>sstrategie<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

<strong>Gesundheit</strong>sstrategie entwickeln<br />

• Trends analysieren und Zielmärkte identifizieren<br />

• Kompetenzen zur Generierung von Produktideen bewerten<br />

Externe Finanzierung beim Geschäftsaufbau nutzen<br />

• Neben der internen Finanzierung können wie Private Equity<br />

und öffentliche Organisationen genutzt werden<br />

Neue Organisationsformen schaffen<br />

• Innovation unterstützen durch Vernetzung und eventuell<br />

Aufbau ausgegliederter Organisationsstrukturen<br />

Neue Produkte mit zusätzlichem Know-how entwickeln<br />

• Bestehende Kompetenzen und zusätzliches Know-how für<br />

die Befriedigung der <strong>Gesundheit</strong>sbedürfnisse nutzen<br />

Erfolgsfaktoren bei der Produktionsgestaltung beachten<br />

• Skaleneffekte nutzen, Qualität prüfen und Flexibilität sichern<br />

Marketing und Vertrieb mit etablierten Partnern<br />

• Nutzung der bestehenden Player im <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Um im <strong>Gesundheit</strong>smarkt nachhaltig erfolgreich zu sein, sollte als Grundlage eine<br />

<strong>Gesundheit</strong>sstrategie entwickelt werden. Die Vielzahl von Ausbaumöglichkeiten<br />

lassen sich anhand der Ansoff-Matrix umfassen, die als Strukturierung zwischen dem<br />

Eintritt in alte bzw. neue Märkte mit alten bzw. neuen Produkten unterscheidet (siehe<br />

Abbildung).<br />

58


Für jede dieser möglichen Strategien gibt es Beispiele:<br />

• Bessere Marktdurchdringung. Der österreichische Hersteller für Tabs von<br />

Geschirrspülmaschinen Claro lancierte noch vor seinen Wettbewerbern<br />

Somat und Calgonit ein Produkt ohne Phosphate und Chlor, das aufgrund<br />

dieser Eigenschaften Umwelt und <strong>Gesundheit</strong> schont. Das Unternehmen will<br />

mit diesem Angebot in einem angestammten Markt den Absatz fördern.<br />

Ähnliches soll bei den Körperpflegemarken Nivea und Dove erreicht werden,<br />

indem die Marketingausrichtung sich dem Thema "Natürliche und gesunde<br />

Schönheit" widmet und so vor allem gesundheitsbewusste Kunden<br />

ansprechen möchte. Durch das Anreichern ihrer Produkte mit<br />

<strong>Gesundheit</strong>seigenschaften ist es beiden Unternehmen gelungen, im<br />

bestehenden Markt zusätzliche Kunden anzusprechen und so die<br />

Durchdringung zu erhöhen.<br />

• Wachstum durch Produktentwicklung. Zwei prominente Beispiele für diese<br />

Strategie sind Actimel von Danone und die neue Lebensmittellinie der Weight<br />

watchers. In beiden Fällen werden die bestehenden Zielgruppen und Märkte<br />

mit neuen Produkten bearbeitet. Weight watchers geht hierbei ein höheres<br />

Risiko ein als Danone, da es neue Produkte herstellt (Lebensmittel), die in der<br />

Produktion keine Schnittmenge mit dem etablierten Produkt<br />

(Ernährungsberatung und Fitness-Training) haben. Anders als in der<br />

Marktdurchdringung werden hier neue Produkte genutzt, die bisher<br />

unbefriedigte Bedürfnisse in den alten Märkten ansprechen. Es werden neue<br />

Kunden in diesen Märkten gewonnen oder der Umsatz mit bestehenden<br />

Kunden erhöht.<br />

• Wachstum durch Markt-Erweiterung. Diesen Weg hat Apple für den iPod<br />

gewählt, indem gemeinsam mit Nike gezielt die Gruppe der Sportler<br />

angesprochen wird. Ergebnis der Kooperation ist eine Produktkombination<br />

aus intelligentem Sportschuh und portablem Medium, dass nicht nur Musik<br />

abspielt, sondern auch Sportdaten wie die Schrittfrequenz aufzeichnet. Eine<br />

ähnliche Kombination haben auch Adidas und Polar entwickelt – hier ist der<br />

59


Pulsmesser direkt in das Sportshirt integriert. Wieder sind<br />

gesundheitsbewusste Menschen das Ziel der Produktstrategie, durch die<br />

Kombination mit einem anderen Produkt werden jedoch neue Märkte<br />

erschlossen.<br />

• Ein Beispiel für Diversifikation im <strong>Gesundheit</strong>ssektor lässt sich in den USA<br />

beobachten. Die Supermarktkette Wal Mart betritt den neuen Markt der<br />

ärztlichen Betreuung mit einem für das Unternehmen völlig neuen Angebot:<br />

der medizinische Basisdienstleistung in Wal-Mart Filialen. Neben dem<br />

zusätzlichen Umsatz, der mit diesem Produkt bei der bestehenden<br />

Kundschaft erzielt werden soll, strebt Wal Mart durch das Anziehen von<br />

<strong>Gesundheit</strong>skunden auch eine Ausweitung der Kundengruppe im<br />

Kerngeschäft an. Wal Mart nutzt mit diesem Angebot den Trend zum<br />

regelmäßigen <strong>Gesundheit</strong>skonsum, erobert sich mit dieser Innovation jedoch<br />

auch neue Märkte.<br />

Jedes der beschriebenen Beispiele steht für eine in der Ansoff-Matrix abgebildete<br />

Wachstumsstrategie. Die Auswahl der passenden Strategie kann auf Basis einer<br />

Analyse der Markttrends und der im Unternehmen gegenwärtig vorhandenen<br />

Kompetenzen geleistet werden. Hierbei lässt die Trendanalyse Rückschlüsse auf die<br />

Auswahl der zukünftigen Märkte zu, wohingegen die Kompetenzanalyse die<br />

Definition der zukünftigen Produkte unterstützt.<br />

1a) Analyse der Nachfrageseite anhand von Markttrends und<br />

Konsumententypen<br />

Die Trends im <strong>Gesundheit</strong>smarkt können Aufschluss darüber geben, welche<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukte zukünftig hohe Absatzchancen haben werden, d.h. ob eine<br />

Investition in etablierten oder neuen Märkten sich lohnt. Basierend auf der<br />

umfangreichen Literatur zu diesem Thema haben wir fünf sogenannte Trendgruppen<br />

identifiziert, die für kleine und mittlere Unternehmen zusätzliches Absatzpotenzial<br />

aufweisen:<br />

• Trendgruppe 1: Steigender <strong>Gesundheit</strong>sbedarf. Aufgrund der Überalterung<br />

der Gesellschaft und der steigenden Zahl von übergewichtigen Menschen und<br />

Menschen mit hoher Stressbelastung lässt sich für Krankheitsbilder wie Diabetes,<br />

kornorare Herzkrankheit und psychische Erkrankungen ein Nachfrageanstieg<br />

prognostizieren. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt werden<br />

für diese Krankheitsbilder Dienstleistungen und Produkte in der Primär-,<br />

Sekundär- und Tertiärprävention benötigt. Dies umfasst neben den klassischen<br />

Bereichen Ernährung, Bewegung, Entspannung bspw. auch innovative<br />

Therapiemethoden und spezielle Krankenhausinfrastruktur für stark fettleibige<br />

Patienten.<br />

• Trendgruppe 2: Wachsendes <strong>Gesundheit</strong>sinteresse. Wie in Kapitel C<br />

beschrieben erleben wir derzeit einen Wertewandel in der Bevölkerung.<br />

<strong>Gesundheit</strong> ist chic und wird ein Lifestyle-Element - die Patienten werden zu<br />

anspruchsvollen <strong>Gesundheit</strong>skunden, die eigenverantwortlich über ihre Therapie<br />

60


entscheiden. Sie verlangen nach Qualitätsinformationen zu<br />

<strong>Gesundheit</strong>sangeboten und attraktiven Services bei den Leistungserbringern.<br />

Damit öffnet sich ein Markt für <strong>Gesundheit</strong>sberater, <strong>Gesundheit</strong>smedien und<br />

Qualitätssicherungsinstitute im <strong>Gesundheit</strong>smarkt. Auch viele Konsumprodukte<br />

werden einen zusätzlichen Marketingwert gewinnen, wenn sie einen<br />

gesundheitsbezogenen Zusatznutzen aufweisen können.<br />

• Trendgruppe 3: Mobilisierung der Behandlung. Die Diagnose und Therapie<br />

von <strong>Gesundheit</strong>seinschränkungen ist längst nicht mehr auf Krankenhäuser und<br />

Arztpraxen beschränkt. Durch Vernetzung und mobile Diagnoseinstrumente für<br />

Körperwerte kann in der Wohnung oder unterwegs der <strong>Gesundheit</strong>szustand<br />

überwacht werden, so dass Warnsignale frühzeitig erkannt werden und eine<br />

selbstständige Behandlung möglich ist. Auch in der Pflege zeigt sich ein<br />

Rückgang der stationären Dienstleistung zu Gunsten von mobilen Pflegediensten.<br />

Dieser Trend wird Angebote begünstigen, die eine flexible Behandlung<br />

ermöglichen. Dies können beispielsweise Dienstleistungen wie<br />

Versandapotheken, Teleärzte oder der barrierefreie Um- und Neubau von<br />

Wohnung sein. Zu den begünstigten Produkten zählen Körpersensoriksysteme<br />

oder mobile Massagesessel.<br />

• Trendgruppe 4: Wandlung der <strong>Gesundheit</strong>ssysteme. Die etablierten<br />

<strong>Gesundheit</strong>ssysteme stehen unter hohem Kostendruck. Aufgrund der Alterung<br />

der Gesellschaft müssen durch jeden Beitragszahler höhere<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben bewältigt werden, was zu einem Anstieg der Beitragssätze<br />

und dem Ruf nach Effizienzsteigerung im <strong>Gesundheit</strong>ssystem führt. Der Bedarf<br />

an Dienstleistungen zur Effizienzsteigerung wie Outsourcing der periphären<br />

Klinikbereiche und zur privaten Finanzierung von <strong>Gesundheit</strong>sinvestitionen<br />

(Private Public Partnership) ist ungebrochen.<br />

• Trendgruppe 5: <strong>Gesundheit</strong> im Business to Business-Markt. Auch<br />

Unternehmen sind Kunden von <strong>Gesundheit</strong>sdienstleistungen. Da das Angebot<br />

von <strong>Gesundheit</strong>smehrwerten sowohl für Arbeitgeber als auch für<br />

Produkthersteller zunehmend notwendig wird, entsteht ein Markt für<br />

<strong>Gesundheit</strong>sdienstleistungen in Unternehmen. Ein Beispiel hierfür sind die in<br />

Europa immer populärer werdenden Mitarbeiterunterstützungsprogramme, die für<br />

Arbeitnehmer im Rahmen des betrieblichen <strong>Gesundheit</strong>smanagement ein<br />

umfassender Ansprechpartner bei psychosozialen Problemen sind und durch den<br />

Arbeitgeber finanziert werden.<br />

Die hier in Kürze beschriebenen Trends geben einen Hinweis, in welchen<br />

Geschäftsfeldern der <strong>Gesundheit</strong>smarkt profitables Wachstum ermöglichen wird. Im<br />

nächsten Schritt sollten interessierte Unternehmen die Trends im Detail analysieren,<br />

um speziell auf ihre Produkt- und Kompetenzpalette zugeschnittene<br />

Handlungsempfehlungen abzuleiten.<br />

Typisierung der Konsumenten<br />

Neben den allgemeinen Trends und Wachstumsfeldern im Markt ist auch die Analyse<br />

der Kundenstruktur im Markt hilfreich, um noch nicht erschlossene<br />

Konsumentenfelder zu bearbeiten. Im ersten Schritt ist auf Kundenseite zwischen<br />

61


Privatpersonen, Leistungserbringern wie Krankenhäuser oder Ärzte, Arbeitgeber oder<br />

auch Kostenträger, die Dienstleistungen für ihre Versicherten zu unterscheiden.<br />

Im zweiten Schritt können für jede dieser Kundenarten Subgruppen differenziert<br />

werden, die sich durch gemeinsame Bedürfnisse auszeichnen und mit spezifischen<br />

Produkten oder Dienstleistungen angesprochen werden können. Auf Basis von<br />

Marktforschungsdaten haben wir diese Analyse für privaten <strong>Gesundheit</strong>skunden<br />

vorgenommen und fünf abgrenzbare <strong>Gesundheit</strong>stypen identifiziert (siehe<br />

Abbildung).<br />

Diese Typisierung kann für interessierte Unternehmen eine Grundlage sein, um in<br />

einer weiteren Marktforschung die eigene Kundenstruktur zu analysieren und noch<br />

nicht angesprochene Konsumentenfelder zu identifizieren. Im nächsten Schritt wären<br />

anhand der Bedürfnisse dieser Konsumenten neue Angebote und<br />

Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln.<br />

1 b) Analyse der eigenen Kompetenzen<br />

Ein weiterer wichtiger Indikator für die Auswahl der zukünftigen <strong>Gesundheit</strong>sstrategie<br />

ist die Analyse der eigenen Kompetenzstruktur. Im Vergleich zu Wettbewerbern<br />

können die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens in verschiedenen<br />

Bereichen abgeschätzt werden, wie in der Abbildung dargestellt ist.<br />

62


Dies umfasst zum einen eine Einschätzung der Stärken und Schwächen in der<br />

eigenen Unternehmensorganisation. Beispielsweise ist ein ausgeprägtes Filialnetz<br />

ein Vorteil für Produkte mit häufigem Kundenkontakt. Die vorhandenen Kompetenzen<br />

und im Unternehmen sollten bewertet werden, genauso wie die Stärken in der<br />

internen Wertschöpfungskette. Produkte, die mit überdurchschnittlichen Margen<br />

produziert werden, bieten eine gute Basis für die Weiterentwicklung zu<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukten. Auch können in einer Analyse des Produktportfolios attraktive<br />

Ergänzungen durch <strong>Gesundheit</strong>sprodukte entdeckt werden. Diese wiederum sollten<br />

zur <strong>Gesundheit</strong>saffinität der bestehenden oder angestrebten Kundenstruktur passen.<br />

Um die beschriebenen Empfehlungen noch einmal praktisch zu verdeutlichen,<br />

möchten wir an dieser Stelle ein praktisches Beispiel einführen:<br />

Stellen wir uns einen Zeitungskiosk an einer belebten Strassenkreuzung einer<br />

Großstadt vor. Der Betreiber des florierenden Kiosks mit zwei Mitarbeitern hat vom<br />

<strong>Gesundheit</strong>sboom gelesen und möchte sein Geschäft ausbauen. Auf Basis der<br />

Trendbeschreibungen hat er beschlossen, das wachsende <strong>Gesundheit</strong>sinteresse zu<br />

nutzen. Viele seiner Kunden sind junge und Lifestyle-orientierte Berufstätige, die zu<br />

<strong>Gesundheit</strong>sthemen positiv eingestellt sind. Da er bisher seine Produkte noch nicht<br />

nach <strong>Gesundheit</strong>saspekten ausgewählt hat, ist dies ein neuer Markt für ihn.<br />

Bei der genaueren Analyse seiner Kompetenzen stellt er fest, dass er durch seine<br />

gute Lage mit viel Laufkundschaft gegenüber vielen Einzelhändlern im Vorteil ist –<br />

jedoch nur wenn sich das Kaufinteresse der Kunden auf wenige Produkte<br />

beschränkt. Vor allem bei den Getränken erkennt er hohe Margen und möchte diese<br />

gern durch <strong>Gesundheit</strong>sgetränke wie Bionade und verschiedene gesunde Tees zum<br />

Mitnehmen ergänzen. Daneben schweben ihm weitere Take-away-Produkte wie<br />

Zeitschriften mit <strong>Gesundheit</strong>sinformationen oder abgepackte und mit Löffeln<br />

versehene Obstsalate vor. Die Idee, <strong>Gesundheit</strong>saktivitäten wie die Nutzung des<br />

alten Trimm-dich-Fahrrads seines Onkels anzubieten, lässt er fallen als er erkennt,<br />

63


dass dies nicht zu seinem Angebotsportfolio passt und das nahegelegene<br />

Fitnessstudio in diesem Markt deutliche Effizienzvorteile aufweist. Um jedoch Kunden<br />

zum Verweilen an seinem Kiosk zu motivieren, plant er eine <strong>Gesundheit</strong>s-<br />

Informationstafel aufzuhängen, an der sich lokale <strong>Gesundheit</strong>sanbieter wie<br />

beispielsweise Zahnärzte oder Physiotherapeuten vermarkten können.<br />

Die Definition der <strong>Gesundheit</strong>sstrategie ist der erste und wichtigste Schritt hin zur<br />

effizienten Nutzung des <strong>Gesundheit</strong>smarktes. Im folgenden Abschnitt möchten wir<br />

das Kapitel der Finanzierung behandeln und Hinweise für mögliche externe<br />

Finanzierungsquellen geben.<br />

2. Finanzierung des Engagements im <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Bei der Finanzierung eines neuen Engagements im <strong>Gesundheit</strong>smarkt sollte<br />

zunächst die Eigenkapitalquote berücksichtigt werden. Um diese nicht weiter zu<br />

senken, ist die Reinvestition des Jahresüberschusses, eine Aufstockung des<br />

gezeichneten Kapitals oder die Nutzung von Gewinnrücklagen zu prüfen.<br />

Daneben stehen für den innovativen Aufbau oder die Ausweitung von<br />

Geschäftstätigkeiten durch die öffentliche Hand in Österreich verschiedene<br />

Förderungsinstrumente zur Verfügung. Gerade die Finanzierung von Innovationen im<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt bietet für die österreichische Volkswirtschaft hohe Chancen, da<br />

die Nachfrage nach den geförderten <strong>Gesundheit</strong>sangeboten die Entstehung von<br />

Dienstleistungsberufen unterstützt. Sofern es sich Angebote im Zweiten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt handelt werden weiterhin die staatlichen <strong>Gesundheit</strong>ssysteme<br />

entlastet, da diese vom Konsumenten privat finanzierte <strong>Gesundheit</strong>svorsorge die<br />

auftretenden Krankheiten reduziert.<br />

Unterstützungsmöglichkeiten bieten zum einen die neun Landesförderstellen, die<br />

Gelder zur Wirtschaftsförderung ausschütten. Weitere Informationen können Sie<br />

direkt bei der Wirtschaftskammer Österreich oder auf den entsprechenden<br />

Internetseiten erhalten:<br />

Wien: www.wwff.gv.at<br />

Steiermark: www.sfg.at<br />

Burgenland: www.wibag.at<br />

Oberösterreich: http://www.land-oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xchg/SID-<br />

3DCFCFC3-7176BF86/ooe/hs.xsl/13144_DEU_HTML.htm<br />

Tirol: http://www.tirol.gv.at/themen/wirtschaft-undtourismus/wirtschaftsfoerderung/wirtschaftsfoerderungsprogramm/<br />

Vorarlberg: http://www.wisto.at/<br />

Niederösterreich: http://www.wirtschaftsfoerderung.at/<br />

Salzburg: http://www.salzburg.gv.at/themen/wt/wirtschaftsfoerderung.htm<br />

Kärnten: http://www.kwf.at/<br />

Weiterhin sind die AWS Förderbank (http://www.awsg.at/portal/), die ffg<br />

forschungsföderung (http://www.ffg.at/content.php), sowie die AMA,<br />

landwirtschaft (http://www.ama.at/) zu nennen.<br />

64


Neben diesen öffentlichen Finanzierungsmöglichkeiten sind auch in der Private<br />

Equity-Branche starke Finanzierungspartner zu finden. Im Jahr 2006 wurden in<br />

Österreich rd. ein Fünftel des Ventura Capital-Volumens oder 30 Mio. EUR in<br />

<strong>Gesundheit</strong>sunternehmen investiert. Einige Beispiele für Investments in den letzten<br />

Jahren sind:<br />

Investitionsobjekt Auswahl Investoren<br />

Intercell (Biotech) Global Life Science Ventures, TVM, MPM<br />

Bio Ventures, Apax<br />

A.M.I GmbH (Medizintechnik) IPO Beteiligungs Management AG<br />

FutureLab (Laborbetreiber) Invest und Global Equity Partners<br />

CNSystems (Medizintechnik) gamma capital partners<br />

Pro-Med AG (Infusionstechnik) gamma capital partners<br />

the siesta group (Schlaflabore) gamma capital partners<br />

Tissuegnostics (Analyse von Zell- und<br />

Gewebepräparaten)<br />

Athena Wien<br />

Eucodis (Biotech) Pontis Venture, gamma capital partners<br />

oridis biomed (Biotech) Pontis, gamma capital partners<br />

MFT (Trainingsgeräte) Bank Austria Creditanstalt<br />

Ambrosia & Arnica Handelsges.m.b.H<br />

(Trainingsgeräte)<br />

Bank Austria Creditanstalt<br />

Für den beschriebenen Kioskbetreiber ist aufgrund der geringen Größe seines<br />

Unternehmens wahrscheinlich keine Investition mit Kapital der Private Equity<br />

Branche möglich zu erwarten. Er muss den Ausbau seines Geschäfts zum<br />

<strong>Gesundheit</strong>skiosk aus eigenen Mitteln oder mit einem klassischen Bankkredit<br />

bewältigen. Bei Unternehmen ab einem Jahresumsatz von rd. 2 Mio. EUR wird<br />

jedoch eine Finanzierung durch Unternehmen der Private Equity-Branche (vgl. Bank<br />

Austria Private Equity GmbH, www.privateequity.at) geprüft und kann somit eine<br />

attraktive Geldquelle sein.<br />

Nachdem der Aufbau von <strong>Gesundheit</strong>sstrategie und mögliche Finanzierungsformern<br />

besprochen wurden, werden im nächsten Abschnitt Empfehlungen zu attraktiven<br />

Organisationsformen für das Engagement im <strong>Gesundheit</strong>smarkt dargestellt.<br />

3. Neue Organisationsformen im <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

Um neue Geschäftsideen entstehen zu lassen, ist eine Umgebung notwendig, die<br />

Innovationen fördert. Dies ist der Fall, wenn sich Partner mit unterschiedlichem<br />

Hintergrund mit ihren spezifischen Kompetenzen und Perspektiven gegenseitig<br />

unterstützen. In der Konsumgüterindustrie hat sich ein Netzwerkgedanke etabliert,<br />

der Sichtweisen ganz unterschiedlicher Akteure einbezieht (siehe Abbildung).<br />

65


Aus der Kombination der Expertisen entstehen neue Produkte, die sich inhaltlich von<br />

den Wettbewerbern absetzen und auch im Marketing Vorteile bieten:<br />

• Die gesundheitsorientierte Frauenzeitschrift Brigitte hat gemeinsam mit dem<br />

Tiefkühlkosthersteller Frosta eine gesunde Tiefkühldiät entwickelt, die auf den<br />

Prinzipien der Brigitte-Diät beruht<br />

• Der Mineralwasserproduzent Gerolsteiner entwickelte gemeinsam mit der<br />

Sporthochschule Köln ein isotonisches <strong>Gesundheit</strong>swasser, das die<br />

körperliche Leistungsfähigkeit verbessert<br />

• Siemens nutzt die Expertise der Universität Heidelberg und des start-up-<br />

Unternehmens MRC-Systems für neue Lasersysteme in der Medizintechnik<br />

• Merian kooperiert mit Herstellern von mobilen Navigationsgeräten und bringt<br />

den ersten elektronischen Reiseführer mit GPS-Ortung auf den Markt<br />

3 a) Externe Organisation mit Kooperationspartnern<br />

Der Aufbau solcher Vernetzungsansätze beginnt häufig im Kleinen und entwickelt<br />

sich hin zu Unternehmensclustern. Ein Cluster bezeichnet regionale Kooperationen<br />

von Unternehmen aus der gleichen Branche, jedoch teilweise aus verschiedenen<br />

Stufen der Wertschöpfungskette und inhaltlichen verwandten wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen. Ein Beispiel ist das Wellbeing-Cluster in Niederösterreich. Es hat sich<br />

zum Ziel gesetzt, Niederösterreich am gesundheitstouristischen Markt so weit zu<br />

positionieren dass die Region herausragende <strong>Gesundheit</strong>sregion in Mitteleuropa<br />

wird. Hierzu vernetzt das Cluster Unternehmen aus dem <strong>Gesundheit</strong>stourismus, der<br />

Präventivmedizin, <strong>Gesundheit</strong>sdienstleister, Forschungs- und Bildungseinrichtungen<br />

sowie Hersteller von Naturprodukten. Von 2001 bis 2006 konnten<br />

Kooperationsprojekte der Partner in einem Volumen von 11 Mio. EUR gefördert<br />

werden. Ein weiteres Beispiel ist das Biovalley in Südbaden. Durch einen Verein<br />

getragen umfasst dieses Netzwerk unter anderem Mitglieder aus Forschung,<br />

Wirtschaftsförderung, Bio-Tech-Unternehmen, Pharmaunternehmen und lokalen<br />

66


Banken. Ziel ist die Förderung der lokalen <strong>Gesundheit</strong>swirtschaft durch<br />

Informationsaustausch und regelmäßige Treffen, Initiativen für Know-How-Transfer<br />

zwischen Hochschulen und Industrie, Finanzierungsmaßnahmen für Start up-<br />

Unternehmen. Die ersten Treffen wurden Mitte der 90er Jahre mit rund 10 bis 15<br />

Teilnehmern durchgeführt – die Tradition hat sich bis heute gehalten bei einer<br />

sechsfachen Teilnehmerzahl. Ein <strong>Gesundheit</strong>scluster der Superlative entsteht derzeit<br />

in Dubai. Die Dubai Healthcare City wird bis Ende 2008 rd. 780 stationäre Betten für<br />

medizinische Eingriffe aller Art, <strong>Wellness</strong>- und Rehaangebote, mit der Universität<br />

Harvard assoziierte Forschungs- und Lehreinrichtungen sowie Vertriebs- und<br />

Forschungsdependancen der Pharmaunternehmen umfassen. Neben der<br />

Behandlung lokaler Patienten zielt dieses Projekt vor allem auf <strong>Gesundheit</strong>stouristen,<br />

die durch günstigere Preise als in USA oder Europa und dank einer erstklassigen<br />

Fluganbindung angezogen werden sollen.<br />

Innovationen entwickeln sich schneller in Clustern, da diese die folgenden Vorteile<br />

bieten:<br />

• Regionale Netzwerkbildung. Die kooperierenden Akteure im Cluster sind<br />

räumlich nah beieinander angesiedelt – kurze Wege und häufige, auch<br />

informelle Kontakte werden gefördert<br />

• Tragfähige Wertschöpfungsstrukturen. Im Cluster besteht die kritische<br />

Masse für die Entstehung aller Wertschöpfungsstufen. Sowohl Forschung,<br />

Produktion als auch Vermarktung der Produkte kann geleistet werden.<br />

• Verfügbarkeit hochqualifizierter Arbeit. Neben den Dienstleistungen<br />

werden auch spezialisierte und hoch qualifizierte Arbeitnehmer von dem für<br />

sie interessanten Cluster angezogen. Die angesiedelten Unternehmen<br />

können daher auf einen deutlich breiteren Erfahrungs- und Qualifikationspool<br />

zugreifen.<br />

• Verfügbarkeit branchennaher Dienstleistungen. Da der Cluster ähnliche<br />

Aktivitäten geographisch bündelt, existiert an diesem Ort ein größerer Markt<br />

für notwendige Dienstleistungen. So kann sich beispielsweise eine<br />

spezialisierte Anwaltskanzlei oder Unternehmensberatung leichter im<br />

inhaltlichen verwandten Cluster etablieren als am Standort eines einzelnen<br />

Marktteilnehmers<br />

Der Aufbau eines Clusters beginnt häufig mit der Kooperation zweier oder mehrerer<br />

regionaler Marktteilnehmer und baut sich sukzessive aus. Gerade für entstehende<br />

<strong>Gesundheit</strong>scluster ist auch die Einbindung von Universitätsklinika attraktiv, da sie in<br />

Forschung und Vermarktung der Clusterprodukte genutzt werden kann.<br />

67


Um zu dem Beispielunternehmer am Strassenkiosk zurückzukommen. Auch für ihn<br />

ist der Vernetzungsgedanke interessant. Denkbar wäre im ersten Schritt die<br />

Kooperation mit einem Bio-Bauernhof, die dem Landwirt einen zusätzlichen<br />

Absatzkanal eröffnen würde und dem Kiosk den Imageeffekt bringt. Im zweiten<br />

Schritt könnte der niedergelassene Arzt mit Spezialisierung in Ernährungsthemen<br />

aus dem Nachbarhaus einbezogen werden. Gemeinsam würde eine gesunde<br />

Speisekarte für das Kiosk entwickelt, in der die Produkte des Landwirts als Zutaten<br />

einfließen und das Wissen des Arztes als Informationsbeilage ausgelegt werden. Die<br />

so angestoßene Vernetzung kann Schritt für Schritt um neue Partner erweitert<br />

werden.<br />

3 b) Interne Organisation<br />

Neben der Entstehung von innovativen Netzen mit externen Partnern sollte auch<br />

innerhalb von etablierten Organisationen die Innovationsfähigkeit sichergestellt<br />

werden. Häufig bilden sich in Unternehmen erfolgreiche Einstellungen und Prozesse<br />

heraus. Diese sind ideal auf die bestehenden Märke und Produkte angepasst. So<br />

erfolgreich diese etablierten Routinen sind, so problematisch können sie in der<br />

Entstehung von Innovation sein. Neue Märkte und Produkte können Prozesse und<br />

Ansichten erfordern, die im Aufbauprozess nicht mit den bestehenden Routinen<br />

übereinstimmen. Abhilfe kann hier eine personelle und organisatorische Trennung<br />

vom etablierten Kerngeschäft bringen, die den erforderlichen Raum für Kreativität,<br />

Risikofreude und ein "über den Tellerrand blicken"-Denken schafft. Natürlich ist diese<br />

Option erst möglich, wenn das Gesamtunternehmen eine Größe erreicht hat, in der<br />

das Kerngeschäft durch die Ausgliederung nicht gefährdet wird.<br />

Nachdem in diesem Abschnitt Empfehlungen zur Organisationsform dargestellt<br />

wurden, werden auch in den folgenden Abschnitten zu Produktentwicklung,<br />

Produktion und Marketing / Vertrieb die Vorteile von Vernetzung regelmäßig wieder<br />

ersichtlich sein.<br />

4. Die Entwicklung von neuen Produkten<br />

Aufbauend auf den in der <strong>Gesundheit</strong>sstrategie definierten neuen Produktideen ist<br />

eine konkrete Produktentwicklung durchzuführen. Sowohl bei der Entwicklung<br />

vollständig neuer <strong>Gesundheit</strong>sprodukte oder -dienstleistungen als auch bei der<br />

Anreicherung etablierter Angebote mit <strong>Gesundheit</strong>saspekten sind zusätzliche<br />

Kompetenzen erforderlich. Dies umfasst Mitarbeiter mit spezialisiertem Know-How,<br />

möglicherweise Infrastruktur wie spezielle Räume oder Apparate für die Entwicklung<br />

der neuen Produkte und ein neues Netzwerk an Zulieferen und Partnern im<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt. Als Unternehmer stellt sich hier die Frage, wie diese<br />

Kompetenzen aufgebaut werden können.<br />

68


Prinzipiell kann dies durch je zwei interne und externe Vorgehensweisen realisiert<br />

werden (vgl. Abbildung):<br />

• Kompetenzen selbst aufbauen. Die Kompetenzen können aus der<br />

bestehenden Organisation aufgebaut werden. Dies umfasst die Weiterbildung<br />

der Mitarbeiter, Beschaffung einzelner Infrastrukturelemente und den<br />

Netzwerkaufbau. Vorteil dieses Vorgehens ist die gute Anpassung an die<br />

bestehenden Strukturen und eine geringe Investitionsbelastung durch<br />

schrittweise Finanzierung. Andererseits kommt ist die Geschwindigkeit dieses<br />

Vorgehens gering.<br />

• Ressourcen einkaufen. Deutlich schneller wird die Produktentwicklung voran<br />

schreiten, wenn externe Ressourcen eingekauft werden. Dies kann den Kauf<br />

ganzer Unternehmenseinheiten umfassen, wie bei der Akquisition von<br />

Novartis Medical Nutrition durch Nestlé, mit der Nestlé sich im Markt für<br />

medizinische Ernährung etabliert. Im kleinen kann dies in der Einstellung<br />

eines spezialisierten Mitarbeiters geschehen. In beiden Fällen werden<br />

Vorwissen, Kontakte und möglicherweise Infrastrukturelemente in die<br />

Organisation eingebracht. Diesem Geschwindigkeitsvorteil steht der hohe<br />

Finanzierungsaufwand und die Anstrengungen der Integration in das<br />

bestehende System gegenüber. Voraussetzung ist die freie Verfügbarkeit der<br />

Kompetenz am Markt.<br />

• Fremdvergabe. Alternativ zu den beschriebenen Möglichkeiten des internen<br />

Kompetenzaufbaus kann es attraktiv sein, ein spezialisiertes Unternehmen<br />

mit der Produktentwicklung ganz oder teilweise zu beauftragen. Gerade startup-Unternehmen<br />

können häufig günstig entwickeln und verkaufen<br />

Innovationen an große Player. Sofern die Produktidee am Markt bereits<br />

entwickelt wurde, ist ein Kauf anzustreben, um Wettbewerber zu verhindern.<br />

Jedoch ist auch hier der Investitionsaufwand hoch.<br />

• Kooperationen eingehen. Wie oben beschrieben bieten Kooperationen eine<br />

attraktive Möglichkeit für den Erwerb neuer Kompetenzen. Wichtig ist es,<br />

69


neben dem eigenen gewünschten Mehrwert die Vorteile des Partners zu<br />

definieren, damit eine Kooperation initiiert werden kann. Häufig scheitern<br />

Kooperationen im Anfangsstadium daran, dass potenzielle Partner die<br />

eigenen Stärken für den anderen nicht einsetzen wollen. Eine etablierte<br />

Kooperation bietet große Chancen für günstigen Know-How-Transfer und<br />

Entwicklungsunterstützung – der Steuerungsaufwand ist in der Umsetzung<br />

allerdings höher als bei einer eindeutigen Weisungsbefugnis bzw.<br />

Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung.<br />

Ein erfolgreiches Beispiel für Kooperationen in der Produktentwicklung stammt aus<br />

Wien. Hier haben das Massageinstitut Wadiasch, die Schlosserei Meyer und die<br />

Tischlerei Köck einen Aufsatz für Massagetische entwickelt, der die Auflagefläche<br />

verbreitert und damit einen höheren Liegekomfort des Kunden und besseres Arbeiten<br />

für die Masseure ermöglicht. Keiner der Beteiligten hätte dieses Produkt allein<br />

entwickeln können – durch die Kooperation war es ohne hohen Investitionsaufwand<br />

jedoch möglich.<br />

Auf den Beispielfall bezogen bedeutet dies folgendes: Der Betreiber des Kiosks wird<br />

seine eigenen Kompetenzen durch Selbststudium ausbauen. Für Einkauf von<br />

Ressourcen oder Fremdvergabe fehlen ihm die finanziellen Mittel. Daneben wird er<br />

die beschriebene Kooperation mit einem Bio-Bauernhof und einem niedergelassenen<br />

Arzt so ausgestalten, dass ihm zusätzliche Kompetenzen zur Verfügung stehen und<br />

für alle drei Partner eine Umsatzsteigerung erreicht werden kann.<br />

Neben dem Aufbau von Kompetenzen in der Produktentwicklung sind bei der<br />

Ausgestaltung der Produktion neuer Produkte verschiedene Faktoren zu beachten,<br />

wie im nächsten Abschnitt beschrieben wird.<br />

5. Erfolgsfaktoren bei der Produktionsgestaltung beachten<br />

Die Herstellung neuer Produkte oder die Erbringung neuartiger Dienstleistungen ist<br />

zunächst mit Risiken verbunden, da die Erfahrung im Herstellungsprozess fehlt und<br />

die Absatzmenge nicht sicher eingeschätzt werden kann. Insbesondere im<br />

<strong>Gesundheit</strong>ssektor können auch bisher unbekannte Anforderungen hinsichtlich<br />

Qualitätssicherung sowie der Erwerb von Zertifikaten eine Rolle spielen. Um die<br />

Risiken zu minimieren, haben wir vier Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung<br />

des Herstellungsprozesses entwickelt (siehe Abbildung), die nachstehend erläutert<br />

werden.<br />

70


• Skaleneffekte nutzen. Wie im Abschnitt zur <strong>Gesundheit</strong>sstrategie<br />

beschrieben, orientieren sich Unternehmen bei der Definition und Entwicklung<br />

neuer Produkte häufig am bestehenden Angebot. So werden bestehende<br />

Erfahrungen genutzt, was einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern darstellt.<br />

Das gleiche Prinzip gilt auch im Produktionsprozess. Die Herstellung neuer<br />

Produkte oder Dienstleistungen kann Bestandteile umfassen, die bereits bei<br />

den bewährten Produkten genutzt werden. Diese Bestandteile können dann<br />

mit höherer Routine und zu günstigeren Kosten produziert werden, wodurch<br />

das neue Produkt einen Kostenvorteil erfährt. Zur Erläuterung ein Beispiel aus<br />

der <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Projekthistorie: Ein Hersteller von Zellulosefasern hat<br />

gemeinsam mit <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> eine <strong>Gesundheit</strong>sstrategie entwickelt und den<br />

Markt für Zellulose in der Medicalprodukteherstellung als Zukunftsfeld<br />

identifiziert. Um diesen Markt zu bedienen mussten die bestehenden Fasern<br />

in der Produktion nur marginal modifiziert werden, was die Kosten wenig<br />

beeinflusst hat. Am Markt hingegen ist ein deutlich höherer Preis für die Faser<br />

realisierbar. Somit konnten bei der Erschließung neuer Märkte Skaleneffekte<br />

in der Produktion umgesetzt werden.<br />

• Flexibilität in der Produktion sichern. Da der Absatz der neuen Produkte<br />

noch nicht sicher eingestuft werden kann, sollte die Produktion flexibel<br />

gestaltet sein. Im Beispiel des Zelluloseherstellers konnten durch die<br />

weitgehende Identität der Produkte die Nachfrageschwankungen bei der<br />

neuen Faser durch den Produktionsprozess der alten Faser aufgefangen<br />

werden. Rohstoffe, die nur für den neuen Produktionsprozess benötigt<br />

werden, sollten in kleinen Mengen und kurzfristig bestell- und lieferbar sein,<br />

damit unnötige Lagerhaltung vermieden wird. Auch eine deutliche<br />

Volumenausweitung im Rohstoffbezug muss mit den Zulieferen abgestimmt<br />

sein, damit ein plötzlicher Erfolg des neuen Produkts nicht durch<br />

Produktionsengpässe behindert wird.<br />

• Externe Unterstützung nutzen. Der Aufbau der neuen Produktionsprozesse<br />

erfordert Kompetenzen, die häufig intern nicht vorgehalten wurden. Externes<br />

71


Know-How kann in Person von Unternehmensberatern (wie im Beispiel des<br />

Zelluloseherstellers) oder beispielsweise durch Unterstützung der neuen<br />

Kunden genutzt werden. Dies ist eine wichtige Ergänzung zum langfristigen<br />

internen Kompetenzaufbau durch Weiterbildung und Einstellung neuer<br />

Mitarbeiter. Neben den erforderlichen Kompetenzen können insbesondere<br />

beim Aufbau der Produktionsprozesse Investitionen notwendig werden, die<br />

durch interne Finanzressourcen nicht zu decken sind. Hier stellen wie oben<br />

beschrieben Private Equity-Unternehmen eine attraktive Möglichkeit zur<br />

Finanzierung dar.<br />

• Qualität sichern und zertifizieren. Beim Eintritt in neue Märkte werden<br />

marktspezifische Regeln relevant – insbesondere im Bereich der<br />

Qualitätssicherung. Auch der oben beschriebene Zellulosehersteller musste<br />

für den <strong>Gesundheit</strong>smarkt spezifische Qualitätsprüfungen seiner Fasern<br />

bestehen, um diese für die Produktion von Medicalprodukten vertreiben zu<br />

können. Neben diesen Pflichtzertifikaten kann auch die freiwillige<br />

Qualitätssicherung und Zertifizierung den Absatz der Produkte beflügeln. So<br />

entstehen in Deutschland derzeit zertifizierte Qualitätsnetzwerke, die über die<br />

Landesgrenzen hinaus wirksam sind. Das Prinzip ist einfach: Durch das<br />

Bestehen eine Qualitätsprüfung wird ein Unternehmen im <strong>Gesundheit</strong>smarkt<br />

(bspw. <strong>Gesundheit</strong>shotel, Fitness-Studio, Reformhaus, Apotheke in ein<br />

Verweisnetzwerk aufgenommen. Die Teilnehmer des Netzwerkes<br />

signalisieren dem Kunden durch Zertifikate ihre gute Qualität und werden<br />

durch die anderen Netzwerkteilnehmer bei deren Kunden beworben. In einer<br />

weiteres Ausbaustufe ist es möglich, dass Kunden bei allen<br />

Netzwerkteilnehmern Rabatte in Form von Bonuspunkte sammeln, die nur im<br />

Netzwerk einzulösen sind. Im Ergebnis führt dazu, dass der Kunde eines<br />

Reformhauses in Hamburg durch das Netzwerk auf ein <strong>Gesundheit</strong>shotel in<br />

der Steiermark aufmerksam wird und seinen Sommerurlaub dort verbringt.<br />

Für die Bonuspunkte, die er in der Steiermark sammelt, kann er im<br />

Reformhaus oder seinem Fitness-Studio in Hamburg kostenlos Produkte bzw.<br />

Dienstleistungen beziehen. Zwar werden durch diese Form der<br />

Qualitätssicherung zunächst Kosten verursacht. Langfristig kann sie aber ein<br />

entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, die durch eigenverantwortlich<br />

handelnde <strong>Gesundheit</strong>skonsumenten eingefordert wird.<br />

72


Im konkreten Beispiel des Kioskbetreibers unterscheidet sich der Prozess zur<br />

Erbringung seiner neuen Dienstleistungen kaum von seiner gegenwärtigen Aufgabe.<br />

Insofern kann er seine Kompetenzen wie die Erfahrung im Umgang mit Kunden, die<br />

persönlichen Kontakte, den sicheren Umgang mit der Infrastruktur seines Kiosks bei<br />

der Vermarktung des neuen Angebots gewinnbringend einsetzen. Eine<br />

Herausforderung stellt für ihn jedoch die Kompetenz in den neuen Inhalten der<br />

gesunden Ernährung dar. Um seiner Kundschaft neben dem gesunden Produkt auch<br />

die passenden <strong>Gesundheit</strong>sinformationen liefern zu können, sollte er sich von seinen<br />

neuen Kooperationspartnern (dem Bio-Landwirt und dem Arzt) ausführlich<br />

vorbereiten lassen, bspw. zu den Anbaumethoden der neuen Produkte und ihrem<br />

Einsatz in einer optimalen Ernährung. Daneben ist es für ihn wichtig, wie oben<br />

beschrieben mit seinen Zulieferern flexible Bestellmodalitäten vereinbaren, um auch<br />

bei Nachfrageschwankungen stets ein ausreichendes Angebot bereit zu halten.<br />

Vielleicht ist in seiner Stadt sogar bereits ein Qualitätsnetzwerk etabliert, an dem er<br />

teilnehmen kann. Er müsste mit den Betreibern des Netzwerks Konditionen<br />

verhandeln, die ihm als Kleinunternehmer das Zertifikat testweise zu einem günstigen<br />

Preis überlassen.<br />

Im nächsten Abschnitt geht es um die Vermarktung und den Vertrieb der neuen<br />

Produkte, in dem wie in allen Abschnitten Kooperationen eine wichtige Rolle spielen.<br />

6. Vermarktung und Vertrieb der <strong>Gesundheit</strong>sprodukte<br />

Die eigene <strong>Gesundheit</strong> ist für die meisten Menschen ein sensibles und emotional<br />

belegtes Thema. Sie ist für jeden von uns von existenzieller Bedeutung und 60<br />

Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, sie müssten eigentlich mehr für ihre<br />

<strong>Gesundheit</strong> tun. Damit spielen Qualitätsaspekte bei der Entscheidung zum Kauf von<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukten und der Nutzung von <strong>Gesundheit</strong>sdienstleistungen eine große<br />

Rolle. Vor diesem Hintergrund hat <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> untersucht, wem die Konsumenten<br />

in <strong>Gesundheit</strong>sfragen vertrauen. Wie erwartet besteht das größte Vertrauen vor allem<br />

gegenüber Ärzten, Apotheken, unabhängigen Instituten für Qualitätssicherung und<br />

Krankenkassen, wenn es um Empfehlungen für <strong>Gesundheit</strong>sprodukte geht.<br />

Dieser Vertrauensvorschuss bietet große Chancen für die Vermarktung von<br />

<strong>Gesundheit</strong>sprodukten, wie die folgenden Beispiele zeigen.<br />

• Gerolsteiner nutzt wie oben beschrieben die Kompetenz und das Image der<br />

Sporthochschule Köln in der Entwicklung und Vermarktung eines isotonischen<br />

<strong>Gesundheit</strong>sgetränks. Das Unternehmen Orthomol hat für ein<br />

Vitaminpräparat, dass ursprünglich für den Aufbau des Immunsystems nach<br />

einer Chemotherapie entwickelt wurde, eine Marketing und Vertriebsstrategie<br />

für einen breiten Konsumentenkreis entwickelt. Wie bei anderen<br />

Immununterstützungspräparaten mit Echinacea wendet sich die Kampagne<br />

an Menschen, die sich im Anfangsstadium einer Erkältung befinden. Darüber<br />

wird das Produkt auch als Nahrungsmittelergänzung bei Menschen mit<br />

73


0häufigen Stressituationen vermarktet. Das Produkt ist in Apotheken<br />

prominent ausgestellt und wird durch Apotheker beworben. Das jährliche<br />

Umsatzwachstum von 8,5 Prozent bei Orthomol zeugt vom Erfolg dieser<br />

Strategie.<br />

• Auch Krankenversicherungen setzen ihren Vertrauensvorschuss zu<br />

Vertriebszwecken ein. So hat die größte private Krankenversicherung in<br />

Österreich Uniqa mit der Vertriebsplattform VitalClub eine Möglichkeit<br />

geschaffen, Angebote wie <strong>Gesundheit</strong>sreisen direkt an ihre Versicherten zu<br />

vermarkten und damit auch den Versicherten einen Mehrwert zu bieten.<br />

Ähnlich setzen es in Deutschland große gesetzliche Krankenversicherungen<br />

wie die Deutsche BKK mit der <strong>Gesundheit</strong>swelt oder die BARMER mit dem<br />

gesund & aktiv Club um.<br />

In Niederösterreich hat sich eine Marketing- und Vertriebskooperation aus dem<br />

Naturkosmetikhersteller Styx, dem Produzenten von Bio-Tee und Gewürzen<br />

Sonnentor und dem Hotel Steintaler Hof gebildet. Das Hotel positioniert sich bei den<br />

Kunden mit den gesunden Produkten der Partner im Restaurant, bei Kochkursen und<br />

in der Kosmetik. Styx und Sonnentor nutzen das Hotel als Referenzkunde, um<br />

weitere Marktanteile in der Hotellerie zu gewinnen. Gegenseitig positionieren sich die<br />

Partner auf Messen und anderen Kommunikationskanälen, wodurch eine erhebliche<br />

höhere Breitenwirkung erzielt wird.<br />

Neben diesen Kooperationen im deutschsprachigen Raum können Marketing und<br />

Vertrieb auch auf globaler Ebene eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere in den<br />

Schwellenländern in Osteuropa, Asien und auf der arabischen Halbinsel wird die<br />

Nachfrage nach <strong>Gesundheit</strong>sleistungen in den nächsten Jahren stark ansteigen. Für<br />

Osteuropa erwartet die OECD in den nächsten Jahren ein Wachstum im Ersten<br />

<strong>Gesundheit</strong>smarkt von 5 bis 7 Prozent jährlich. Grund ist der deutliche<br />

Nachholbedarf: Der Anteil der <strong>Gesundheit</strong>sausgaben am BIP liegt heute mit noch rd.<br />

7,5 Prozent um zwei Prozentpunkte unter den Vergleichswerten in Westeuropa. Das<br />

74


Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) bei Hamburg nutzt den neuen Absatzmarkt mit<br />

völlig neuen Dienstleistungen. Für ein Volumen von rd. 5 Mio. EUR beraten<br />

Spezialisten des Klinikums das jemenitische Innenministerium beim Management<br />

einer Klinik mit rund 400 Betten. Mit diesen Einnahmen wird die Patientenversorgung<br />

im Inland unterstützt und der Prozess der wirtschaftlichen Gesundung im<br />

angeschlagenen UKE beschleunigt.<br />

Ein wichtiger Kontaktpunkt für Marketing und Vertrieb in Schwellenländer sind<br />

Auslandsmessen. So wurde der erste Kontakt zwischen dem UKE und der<br />

jemenitischen Regierung auf der Arab Health Messe geknüpft, die jährlich mit rund<br />

40.000 Besuchern stattfindet. Weitere wichtige Messen sind China Med mit rd.<br />

30.000 Besuchern, die KIHE in Kasachstan (10.000 Besucher) und die Hospimedica<br />

in Mumbai (3.600 Besucher)<br />

Im letzten Schritt unserer Vorstellung der wichtigsten Unternehmensbereiche folgt<br />

auf die Vermarktung die Distribution der neuen Produkte. Auch bei diesem Punkt<br />

können Kooperationen die Wachstumsgeschwindigkeit erhöhen, wie das Beispiel des<br />

Getränkeherstellers Bionade zeigt.<br />

Das mittlerweile sehr erfolgreiche Produkt Bionade stammt aus einer kleinen<br />

Brauerei in der Rhön, die kurz vor dem Bankrott stand. Die Bierbrauer entwickelten<br />

eine alkoholfreie Limonade, die, wie Bier nach dem Reinheitsgebot hergestellt, ohne<br />

Zucker und chemische Zusatzstoffe auskommt. Rückenwind bekam das neue<br />

Produkt mit dem Aufkommen der Bio-Ernährung, als es in Szene-Clubs in Hamburg<br />

entdeckt wurde. Artikel in Wirtschaftsmedien machten das Produkt weiter bekannt<br />

und schließlich war es eine Kooperation mit Coca Cola, die das Produkt durch die<br />

etablierten Vertriebswege des Getränkekonzerns in Deutschland zu den<br />

Konsumenten brachte. Daneben wurde eine Kooperation mit McDonalds<br />

eingegangen, mit der die Fast-Food-Kette ihr Streben nach einem gesundes Image<br />

unterstützt und Bionade einen weiteren Vertriebskanal erhält.<br />

Um noch einmal zu unserem Beispielfall zurück zu kommen: Auch Bionade ist eines<br />

der Produkte, die in dem <strong>Gesundheit</strong>skiosk angeboten werden. Der Betreiber wird in<br />

der Vermarktung seines Kiosks sicherlich auf die Unterstützung seiner<br />

Kooperationspartner zählen. So kann er Werbeflyer in der benachbarten Arztpraxis<br />

auslegen und sich durch die Sprechstundenhilfe empfehlen lassen. Eine zusätzliche<br />

Kooperationsvereinbarung mit der nächsten Apotheke würde seinen<br />

<strong>Gesundheit</strong>sumsatz noch weiter steigern. Sein Ziel sollte sein, sich als erstes<br />

<strong>Gesundheit</strong>skiosk der Stadt zu etablieren und beispielsweise durch einen Artikel in<br />

der Lokalzeitung stadtweite Bekanntheit zu erreichen. Ausländische Märkte werden<br />

für ihn keine Rolle spielen, doch spätestens wenn andere Kioskbetreiber sein<br />

Konzept nachahmen, sollte er mit Filialen im Franchise-System sein Konzept im<br />

Original weiter vertrieben.<br />

75


F. Resümee und Ausblick<br />

Wachstum wird und wurde im Bereich <strong>Gesundheit</strong> immer anders beurteilt als in<br />

anderen Bereichen der Wirtschaft. Im solidarisch finanzierten <strong>Gesundheit</strong>swesen<br />

geschieht dies mit einem gewissen Recht. Denn jeder Euro, der dort ausgegeben<br />

wird, schafft zwar Nachfrage und Arbeitsplätze. Durch die Herkunft dieses Euro aus<br />

Steuern und Abgaben werden aber andererseits Wirtschaft, Wachstum und<br />

Arbeitsplätze belastet. Diese Herausforderung ist in der Finanzierung der<br />

Krankenversorgung zu lösen, die nicht im Fokus dieser Studie liegt. Wir haben den<br />

Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt betrachtet, für den dieses Dilemma nicht gilt. Hier ist das<br />

Wachstum uneingeschränkt positiv zu beurteilen. Der Wertewandel sorgt für<br />

zusätzliche Konsumnachfrage. Er bietet bestehenden Unternehmen neue<br />

Geschäftschancen und lässt neue Unternehmen entstehen. Er schafft Wachstum und<br />

Arbeitsplätze.<br />

Hierzu trägt die Inlandsnachfrage alleine schon bei. Daneben existiert ein großer und<br />

wachsender ausländischer Markt. Wenn also der Export von Produkten und<br />

Dienstleistungen angekurbelt werden kann, besteht die Chance auf weitere<br />

Wachstumspotenziale, die in der oben entwickelten Prognose (Kap. C) noch gar nicht<br />

enthalten sind.<br />

Ein Teil dieses Wachstums entsteht schon heute aus dem Markt heraus, d.h. aus der<br />

Initiative der österreichischen Unternehmen. Daneben sind jedoch Maßnahmen von<br />

staatlicher oder institutioneller Seite denkbar, welche dieses Wachstum noch weiter<br />

befördern:<br />

• Wie wir gesehen haben, entstehen im <strong>Gesundheit</strong>smarkt neue Formen der<br />

Zusammenarbeit und Vernetzung. Diese sollte weiter gefördert werden, bspw.<br />

durch eine Plattforminitiative von Bundesregierung oder Landesregierungen.<br />

Auch alle Instrumente der klassischen Politik der Clusterförderung kommen<br />

infrage. Durch Wettbewerbe kann die Herausbildung von <strong>Gesundheit</strong>sregionen<br />

weiter gefördert werden.<br />

• <strong>Gesundheit</strong> ist als eines der Handlungsfelder der Wirtschaftspolitik zu verstehen.<br />

Viele mittelständische Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich besser<br />

zu organisieren, zu vernetzen und verstärkt zu investieren. Die<br />

Informationsmöglichkeiten der Unternehmen über alternative<br />

Finanzierungsformen (bspw. Venture Capital) sind zu verbessern. Sowohl die<br />

Förderung des Mittelstands (z.B. über die Austrian Wirtschaftservice<br />

Gesellschaft) als auch die Förderung der Außenwirtschaft sollten ihre Instrumente<br />

auch auf Unternehmen aus diesem Bereich anwenden. Ziel ist, das Wachstum<br />

und die Exporte in diesem Wirtschaftsbereich zu steigern.<br />

• Schließlich sind Forschung und Ausbildung im <strong>Gesundheit</strong>smarkt zu fördern. In<br />

der Forschung geht es um die Vernetzung von Forschungseinrichtungen – wie<br />

bspw. Universitätsklinika – mit der Industrie. Technologietransfer und<br />

Patentverwertung sind zu fördern. Hierzu sollte z.B. ein eigenes Institut zum<br />

76


„Zweiten <strong>Gesundheit</strong>smarkt – Vorsorge und <strong>Wellness</strong>“ bei der Ludwig Bolzmann<br />

Gesellschaft eingerichtet werden. In der Ausbildung sind die<br />

Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sich neue Berufe und Studiengänge<br />

entwickeln können, bspw. <strong>Gesundheit</strong>smanager oder Präventionsberater.<br />

Die fortwährende Beschäftigung mit Kostendruck und anderen Themen in der<br />

„klassischen“ <strong>Gesundheit</strong>sversorgung, dem ersten Markt, ist wichtig und unerlässlich.<br />

Sie sollte aber Platz lassen, um gleichzeitig aktiv an den Chancen des Zweiten<br />

Marktes zu arbeiten. Österreich hat so die Chance, sich zu einem<br />

„Kompetenzzentrum für <strong>Gesundheit</strong>“ zu entwickeln.<br />

77


Anhang<br />

78


1. Übersicht der Quellen zur Abschätzung des <strong>Gesundheit</strong>smarkts<br />

Umsatz 2005 CAGR<br />

Branche [Mrd. EUR]<br />

1998-2005<br />

Quelle<br />

Bio-Lebensmittel<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Functional drinks<br />

Functional food<br />

Hautpflegemittel<br />

Mundhygiene<br />

Naturkosmetik<br />

Bücher, Medien, Presse<br />

Fitness-Studios<br />

Sportartikel<br />

Funktionswäsche<br />

<strong>Gesundheit</strong>stourismus<br />

0,50<br />

0,23<br />

0,13<br />

071<br />

0,71<br />

0,30<br />

0,04<br />

0,01<br />

0,17<br />

2,07<br />

0,11<br />

1,09<br />

+21,5%<br />

+3,3%<br />

+8,8%<br />

+7,0%<br />

+4,7%<br />

+2,8%<br />

+0,0%<br />

+0,0%<br />

+9,5%<br />

+3,1%<br />

+3,4%<br />

+5,5%<br />

Bio Austria<br />

Datamonitor<br />

Euromonitor<br />

Euromonitor<br />

Datamonitor<br />

Datamonitor<br />

Datamonitor<br />

Datamonitor<br />

Kreutzer, Fischer und Partner<br />

RegioPlan, KMU Forschung Austria<br />

Datamonitor<br />

Austrian Business Agency<br />

79


Kurze Darstellung des <strong>Gesundheit</strong>swesen in Österreich<br />

Das österreichische <strong>Gesundheit</strong>ssystem ist geprägt durch eine föderalistische<br />

Struktur. Festgelegt in der Bundesverfassung fallen dem gegenüber jedoch fast alle<br />

Bereiche des <strong>Gesundheit</strong>swesens primär in Bundeskompetenz. Die wichtigste<br />

Ausnahme betrifft das Krankenanstaltenwesen, wo der Bund (beraten durch die<br />

Agentur für <strong>Gesundheit</strong> und Ernährungssicherheit AGES und das Bundesinstitut für<br />

Qualität) nur Grundsatzgesetzgebungskompetenz besitzt. Die<br />

Ausführungsgesetzgebung bzw. die Vollziehung obliegt den Bundesländern.<br />

Zusätzlich wurde 2005 die Bundesgesundheitsagentur eingesetzt mit der Aufgabe die<br />

leistungsorientierten Vergütungssysteme weiterzuentwickeln und Planungs- und<br />

Qualitätsvorgaben vorzubereiten.<br />

Im ambulanten Sektor sowie im Rehabilitationssektor und im Arzneimittelbereich wird<br />

die <strong>Gesundheit</strong>sversorgung durch Verhandlungen zwischen den<br />

Krankenversicherungsträgern bzw. dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />

und den Kammern der ÄrztInnen und ApothekerInnen sowie der Berufsvertretungen<br />

anderer <strong>Gesundheit</strong>sberufe organisiert.<br />

Die Finanzierung des <strong>Gesundheit</strong>ssystems ist ebenfalls pluralistisch. Die<br />

Sozialversicherungsträger finanzierten im Jahr 2004 rund 45% der<br />

<strong>Gesundheit</strong>sausgaben. 25% entfielen auf Bund, Länder und Gemeinden; den Rest<br />

trugen private Haushalte, private Zusatzversicherungen, private nichterwerbsorientierte<br />

Organisationen und Dienstgeber für betriebsärztliche Leistungen<br />

bei.<br />

Die Leistungserbringung bzw. der öffentliche <strong>Gesundheit</strong>sdienst fällt in den<br />

Kompetenzbereich der Länder.<br />

Abb. Skzizzenhafte Darstellung des österreichischen <strong>Gesundheit</strong>ssystem; Quelle: Bundesministerium<br />

für <strong>Gesundheit</strong> und Familie<br />

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