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Ihr Zeichen: 224 – 44715 ; Psychotherapeutengesetz - BDP ...

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An dasBundesministerium für Gesundheit53108 Bonn1. Vorsitzende der GNPDr. K. Schoof-Tamsc/o Neurologische Klinik WestendDr.-Born-Straße 934537 Bad WildungenTel.: 05621 / 794-173 (-174)Fax: 05621 / 794-17729.12.2000<strong>Ihr</strong> <strong>Zeichen</strong>: <strong>224</strong> – <strong>44715</strong> ; <strong>Psychotherapeutengesetz</strong>Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP)zur Anfrage des Bundesministeriums für GesundheitGeschäftszeichen <strong>224</strong> - <strong>44715</strong>Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim<strong>Psychotherapeutengesetz</strong> (PsychThG)Einbeziehung des Berufsbildes des Klinischen NeuropsychologenDie Tätigkeit Klinischer Neuropsychologen ist heilkundliche Tätigkeit mit Patienten mitorganisch bedingten psychischen Störungen und dem Wortlaut des<strong>Psychotherapeutengesetz</strong>es zuzuordnen. Es handelt sich dabei um die wissenschaftlichanerkannte psychotherapeutische Tätigkeit an einer Patientengruppe, für die bislang keineanerkannten psychologischen Untersuchungs- und Therapieverfahren existierten, derenVersorgungsrelevanz aber unbestritten ist. Die gesetzlichen Regelungen für psychologischePsychotherapeuten wurden im Vorfeld in Unkenntnis der besonderen Bedingungen dieserPatientengruppe und ihrer speziellen Anforderung an Diagnostik, interdisziplinäreKooperation und Ausbildung erstellt.


Gesellschaft für Neuropsychologie GNP: Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim PsychThG 2Aufgrund dessen und aufgrund der vom wissenschaftlichen Beirat ungefragtvorgeschlagenen Vorraussetzungen bzgl. der vertieften Ausbildung greift die bisherigegesetzliche Regelung und ihre praktische Umsetzungsmöglichkeit in diesem Bereich nurunbefriedigend. Es besteht die Gefahr einer Qualitätsminderung der Ausbildung durchAnpassung an patienten- und praxisferne Ausbildungsgänge. Dieses wurde von allenbeteiligten Fachverbänden immer wieder betont.Die Eigengesetzlichkeit der Neuropsychologie ergibt sich daraus, daß die Patientenorganisch geschädigt sind. Daraus ergeben sich sehr spezifische Anforderungen an dieerforderlichen medizinischen, insbesondere neurologischen Kenntnisse der Therapeuten.Hinzu kommen die erforderlichen Kenntnisse insbesondere auch einzelner komplexerKrankheitsbilder wie der Multiplen Sklerose, der Parkinsonkrankheit sowie der breiten Paletteder durch Hirn-Schädeltraumata und Schlaganfälle verursachten Ausfallerscheinungen undderen psychischen Folgeprobleme.Aufgrund dieser qualitativen und quantitativen Besonderheiten und der Anforderungen derPraxis kommt der Berufsgruppe der Neuropsychologen eine eigenständige Bedeutung zu,deren Erfordernisse im Rahmen er derzeit bestehenden Eingliederung in die allgemeinePsychologische Psychotherapie nur schwer genügt werden kann.Wegen der vielfältigen Besonderheiten der Neuropsychologie hinsichtlich Tätigkeitsprofil,Ausbildungsanforderungen und Bedeutung für die hirnorganisch geschädigten Patientenschlagen wir vor,die Neuropsychologie als dritte Qualifizierung neben der PsychologischenPsychotherapie und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapiezu regeln.Begründung:Die im folgenden beschriebenen Probleme hinsichtlich der von den Neuropsychologengeforderten vertieften Ausbildung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 PsychThG zeigen, mit welchemUnverständnis für die Eigengesetzlichkeiten der Neuropsychologie die in den Gremiendominierenden Vertreter der sog. Richtlinienverfahren schon den elementarenAusbildungsbedürfnissen der Neuropsychologie begegnen.Der wissenschaftliche Beirat Psychotherapie hat in seinem Gutachten vom 08.06.2000zusammenfassend festgestellt, daß „die Neuropsychologische Therapie für denAnwendungsbereich „Hirnorganische Störungen bei Erwachsenen“ als ein theoretisch undempirisch hinreichend fundiertes und damit wissenschaftlich anerkanntes Therapieverfahrenanzusehen ist“. Weiterhin führt der Beirat jedoch aus, daß die NeuropsychologischeTherapie „jedoch nicht als Verfahren für die vertiefte Ausbildung entsprechend §1 (1) der


Gesellschaft für Neuropsychologie GNP: Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim PsychThG 3PsychThG-AprV als wissenschaftlich anerkannt gelten“ kann, „da es keine Belege für ihreWirksamkeit bei mindestens fünf der 12 Anwendungsbereiche der Psychotherapie beiErwachsenen gibt“.Die Gesellschaft für Neuropsychologie ist der Auffassung, daß die Aussage deswissenschaftlichen Beirates Psychotherapie zur vertieften Ausbildung keinewissenschaftliche Aussage darstellt, auch wenn die Formulierung, dieNeuropsychologische Therapie könne nicht als Verfahren für die vertiefte Ausbildung alswissenschaftlich anerkannt gelten, da es keine Belege für ihre Wirksamkeit bei mindestens 5der 12 Anwendungsbereiche der Psychotherapie gebe, dies nahelegt. Es handelt sichschlicht um eine Wertung dahingehend, daß die als wissenschaftlich anerkannteNeuropsychologie nicht das breite therapeutische Spektrum abdeckt, das derwissenschaftliche Beirat als selbst entwickeltes Kriterium für eine vertiefte Ausbildungfordert. Als Grund für diese Forderung wird angegeben, daß es keine eingeschränkteApprobation gibt und daß die Approbation zur Behandlung aller psychischen Störungenberechtigt.Dieses Argument kann auch für die bereits anerkannten Verfahren, die sich an denhochgesteckten Kriterien bisher nicht messen mußten, keine Gültigkeit haben. Insgesamtgreift im Bereich Psychologischer Psychotherapie die Systematik anderer Heilberufe nicht,da Psychologische Psychotherapeuten bei ihrer zur Approbation führenden Ausbildungimmer auch schon eine spezialisierte Fachkunde durch eine vertiefte Ausbildung in einerMethode mit erwerben. Auch die bisher anerkannten Psychotherapiemethodenumfassen nur einen Teilbereich der zu behandelnden Störungen und Krankheiten. Sieumfassen sogar nur einen Teilbereich des Teilbereichs der psychogenen Störungen, die diehirnorganischen Störungen noch nicht einmal umfassen. Eine Ausbildung beispielsweise, diedie psychoanalytische und die verhaltenstherapeutische Methode umfaßt, ist, soweit wirinformiert sind, insbesondere den Psychoananlytikern nicht vorstellbar. Eine entsprechendetherapeutische Unvereinbarkeit der verschiedenen Schulen ist in denPsychotherapierichtlinien verankert.Kein Mitglied des wissenschaftlichen Beirats in seiner derzeitigen Zusammensetzungvertritt ein für die Behandlung Hirngeschädigter anerkanntes Verfahren. Die Neuskalierungder ICD-10 durch den wissenschaftlichen Beirat wurde ohne Einbeziehung derklinischen Neuropsychologen und ohne deren Sachkenntnis für den Bereich derhirnorganischen psychischen Störungen vorgenommen und ist den tatsächlichen sachlichenGegebenheiten nicht angemessen. Beispielsweise ist der Bereich der hirnorganischenStörungen deutlich umfassender als der Bereich der Angststörungen.Einzig die Klinische Neuropsychologie bietet umfassende Diagnostik- undBehandlungsstrategien und -methoden zur Behandlung hirnorganisch bedingterpsychischer Störungen. Die zur vertieften Ausbildung angebotenen klassischen Verfahrender analytischen Psychotherapie, der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sowieder Verhaltenstherapie sind dazu nicht in der Lage. Es bedarf einer umfangreichen auch


Gesellschaft für Neuropsychologie GNP: Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim PsychThG 4praktischen Ausbildung im angrenzenden medizinischen Bereich z.B. der Neurologie sowiein spezieller Diagnostik und Therapie, die das Ausmaß einer vertieften Ausbildung zumindesterreicht, z.T. was die praktische Tätigkeit betrifft auch überschreitet, und die für die bisheranerkannten Verfahren nicht erforderlich sind.Die Argumentation des wissenschaftlichen Beirats ist insofern auch äußerst fragwürdig, alsdie Neuropsychologie immer nur das Spektrum der hirnorganischen psychischen Störungentherapeutisch abdecken wird, andererseits die Anforderungen an den Umfang derAusbildung und die Nachfrage nach neuropsychologischer Therapie enorm sind.Der Bedarf an neuropsychologisch qualifizierten Psychotherapeuten wird insbesondereseitens der Neurologen betont. Hierzu fügen wir das Schreiben der Deutschen Gesellschaftfür Neurologie vom 20.04.1998, Schreiben der Mitglieder der KommissionVerhaltensneurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Prof. von Cramon vom07.07.1998 und Prof. Wallesch vom 28.01.1998, Schreiben des Ersten Vorsitzenden derArbeitsgemeinschaft ambulante neurologische Rehabilitation, Prof. Fries vom 14.05.1998sowie Schreiben des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte vom 03.08.1999 bei.Die Neuropsychologie ist für eine sehr große Patientengruppe mit massiven Störungenerforderlich. Wir erlauben uns, Ihnen hierzu exemplarisch das Schreiben des KuratoriumsZNS vom 26.10.2000 mitsamt einer kurzen Zusammenfassung der Studie „ZurEpidemiologie der Hirnverletzungen und Hirngefäßerkrankungen“ beizufügen. DasKuratorium ZNS kooperiert alleine mit 268 Einrichtungen zur Neuro-Reha mit 23.863 Betten!Wie auch aus dem Schreiben hervorgeht, sind damit nicht alle Einrichtungen erfaßt, da dasKuratorium ZNS nicht die anderen wichtigen Krankheitsbilder wie Parkinson, MultipleSklerose und Alzheimer abdeckt.Obwohl die Äußerung des Beirates lediglich Empfehlungscharakter aufweist und der Beiratzur Frage der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer vertieften Ausbildung keineEmpfehlungskompetenz besitzt, besteht die Gefahr, daß die Länder der Empfehlung desBeirates folgen. Die damit vorgezeichnete Verlagerung der neuropsychologischenAusbildung in eine dreijährige Weiterbildung im Rahmen der Heilberufegesetze der Ländersind in ihrer Folge brisant und führten, würden sie durchgesetzt, zu erheblichenQualitätsverlusten und verschärften Versorgungsproblemen in der Behandlung undRehabilitation Hirngeschädigter.Sollten die Kenntnisse in Klinischer Neuropsychologie als wissenschaftlich anerkanntemVerfahren nicht in der vertieften Ausbildung, sondern erst im Rahmen der Weiterbildungerworben werden können, wird das für die betroffenen Diplom-Psychologen, die in derRegel in einer Klinik der neurologischen Versorgung oder Rehabilitation arbeiten,Konsequenzen haben:1. Sie erwerben Kenntnisse und Fähigkeiten für die Behandlung von Hirngeschädigten vorder Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, da sie für ihre konkrete Arbeit


Gesellschaft für Neuropsychologie GNP: Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim PsychThG 5wichtig sind und von Klinikbetreibern und Kostenträgern gefordert werden, mit derAussicht, alle diese Ausbildungsanteile nach einer nachgeschobenen Ausbildung zumPsychologischen Psychotherapeuten und der Approbation als Weiterbildung noch einmalmachen zu müssen!2. Eine mögliche Alternative wird sein, sich in dem nicht benötigten Verfahren ausbilden zulassen, um eine Approbation zu erhalten. Es wird vermutlich nicht mehr viel Interesse fürdie weitere Investition von Kosten und Zeit bei ihnen vorhanden sein.3. Sie lassen sich in einem von ihnen nicht benötigten Verfahren für erhebliche Kostenausbilden und eignen sich parallel dazu die Kenntnisse und Fertigkeiten an, die sie fürihre spezielle neuropsychologische Arbeit brauchen. Sowohl zeitlich als auch finanziellwird dies kaum möglich sein.Schon jetzt ist es für neurologische Rehabilitationskliniken schwierig, eine ausreichendeAnzahl von gut ausgebildeten Klinischen Neuropsychologen zu finden.In Zukunft haben sie die Möglichkeit,entweder nur fertig ausgebildete approbierte psychologische Psychotherapeuteneinzustellen, die für ihre Tätigkeit keine spezielle Befähigung mitbringen und sich diesedann im Zuge der vorgesehenen dreijährigen Weiterbildung aneignen müssen mit dendazugehörigen Kosten für Theorie und Supervision.oder nicht approbierte Kollegen einzustellen, die sich in Klinischer Neuropsychologieausbilden lassen, damit aber keine Möglichkeiten zu einer Approbation erhalten.Kollegen zu finden, die dazu bereit sind, dürfte schwer werden.Ein Verzicht sowohl auf das Rechtsinstitut der vertieften Ausbildung in Neuropsychologie imRahmen der Grundausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und auf eineWeiterbildungsregelung würde wegen der dadurch bedingten zeit- und geldraubendenÜberqualifizierung Diplom-Psychologen, die eine Spezialisierung in Neuropsychologieanstreben, mit Sicherheit zu einem empfindlichen Rückgang neuropsychologischkompetenter Therapeuten und damit zwangsläufig zu einer sich verschärfendenUnterversorgung der großen Gruppe der Schädel- und Hirnverletzten sowie vonSchlaganfallpatienten, Parkinsonkranken usw. führen, die der grundlegendenGesundheitssicherstellungsverpflichtung des Staates diametral entgegenstünde undgleichzeitig auch allgemeinpolitisch nicht zu verantworten wäre.Zudem würde der dringend erforderliche Aufbau auch einer ambulantenneuropsychologischen Versorgung unmöglich. Hier würden in Zukunft wahrscheinlich dievon den Fachverbänden nicht akzeptierten „weitergebildeten“ Verhaltenstherapeuten oderPsychoanalytiker die Patienten eigenverantwortlich betreuen.Das Bundesministerium des Inneren hat gerade entschieden, daß übergangsweiseambulante neuropsychologische Behandlung beihilfeberechtigt ist, soweit sie von


Gesellschaft für Neuropsychologie GNP: Gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf beim PsychThG 6Ärzten oder Psychologen mit dem Zertifikat „Klinischer Neuropsychologe GNP“ durchgeführtwird. Die Beihilfe wird also eine Therapie bezahlen, deren Ausbildung erschwert werden soll,wenn man dem Votum des wissenschaftlichen Beirates folgt.Haftungsfolgen für den Staat wegen unterlassener Regelung dieser Qualifikation im Rahmender vorgegebenen Rechtsordnung wären absehbar, zumal, wenn fachlicherseits ein Handelndes Staates nachweislich stets mit Nachdruck gefordert wurde. Die GNP wird jedenfalls nichtruhen, auf diese Handlungsverpflichtung des Staates auch anderweit aufmerksam zumachen.Die vorbezeichneten negativen Folgen der derzeitigen Interpretationspraxis des<strong>Psychotherapeutengesetz</strong>es im Sinne einer Verhinderung einer vertieften Ausbildung inKlinischer Neuropsychologie wären durch die von uns vorgeschlagene Gesetzesänderung imSinne hirngeschädigter Patienten zu vermeiden.Über Einzelheiten bei der Umsetzung würden wir gerne mit Ihnen ins Gespräch kommen.Bad Wildungen, den 29.12.00Dr. Karin Schoof-Tams1. Vorsitzende

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