27.11.2012 Aufrufe

Thomas Mann und die bildende Kunst - Thomas–Mann–Archiv ...

Thomas Mann und die bildende Kunst - Thomas–Mann–Archiv ...

Thomas Mann und die bildende Kunst - Thomas–Mann–Archiv ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Gr<strong>und</strong>, der ihn in <strong>die</strong> Bildhauer-Ateliers El sie Attenhofer<br />

<strong>und</strong> Alfons Magg führte, <strong>die</strong> an einem<br />

Joseph bzw. einer Jakobsgruppe arbeiteten (Tb,<br />

18. 8.1934; Tb, 31.12.1936; Tb, 15. 3.1937).<br />

Der erste Schweizer Maler, den <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Mann</strong> lieben- <strong>und</strong> vielleicht überhaupt erst<br />

kennengelernt hatte, war der Basler Arnold<br />

Böcklin (1827-1901). Neben seinem Schreibtisch,<br />

schrieb er 1913, «hängt eine schöne grosse Reproduktion<br />

von Böcklins , <strong>und</strong><br />

oft, auch wenn ich um niedrige bürgerliche Gegenstände<br />

bemüht zu sein hatte, hat ein Blick in<br />

seinen mich zum Dienste gestärkt»<br />

(XI, 740). Neben Böcklins weihevoller<br />

Komposition, dem aus der Bildtiefe durchscheinenden,<br />

durch eine dunkle Baumgruppe verdeckten<br />

Heiligtum, den ätherischen Priestergestalten<br />

in langen weissen Gewändern, <strong>die</strong> ehrfurchtsvollen<br />

Abstand zu einem Altarfeuer halten<br />

oder zu der schlanken Flamme auf den Knien<br />

Sorge tragen, ist der - über «niedrige bürgerliche<br />

Gegenstände» zweifellos erhabene - Tod in Venedig<br />

entstanden.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong> war nicht der einzige Verehrer.<br />

Sein Bekenntnis gibt vielmehr genaue Auskunft<br />

über <strong>die</strong> Seelen- <strong>und</strong> Bewusstseinslage der<br />

Zeit. Nach Gottfried Keller haben auch Hofmannsthal,<br />

Rilke, George den Maler mit zunehmender<br />

Gläubigkeit gefeiert, sich der Faszination,<br />

dem Stimmungszauber, dem schönen Schein<br />

seiner Bildwelten hingegeben. Faune <strong>und</strong> Pane,<br />

nackte Nymphen, Najaden <strong>und</strong> Nereiden, Naturdämonen,<br />

Tritonen <strong>und</strong> muskulöse Kentauren<br />

bevölkern seine dekorativ-kulissenhaften Bilder,<br />

<strong>die</strong> in zeitlos-zeitenthobener Sphäre schweben<br />

wollen <strong>und</strong> doch zutiefst <strong>die</strong> zweite Hälfte des<br />

neunzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts atmen.<br />

1933 ging es <strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong> mit Böcklin ein<br />

wenig wie mit Wagner. Die nicht ganz zufällige<br />

Neigung des Nationalsozialismus zur pompösen<br />

Dramatik <strong>und</strong> idealischen Theatralik von Böcklins<br />

<strong>Kunst</strong> musste ihn irritieren. Wie von Wagner,<br />

scheint er sich auch von Böcklin etwas distanziert<br />

zu haben; seine Bilder aber vergass er nicht.<br />

34<br />

Als zweiter zu nennen ist Ferdinand Hodler<br />

(1853-1918). Im Februar 1921 stand <strong>Thomas</strong><br />

<strong>Mann</strong> vor dessen 1908 gemaltem Monumental-<br />

Wandgemälde Auszug der Jenenser Studenten im<br />

Jahre 1813 in der Universität Jena. <strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong><br />

fand den «Aufbruch der Studenten, <strong>die</strong>ser Monumentalisierung<br />

junger, idealistisch-kriegerischer<br />

Maskulinität» «herrlich» (Tb, 23. 2.1921). Hodler<br />

war der einzige Name, der fiel, als <strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong><br />

1923 von den «Erlebnissen» handelte, <strong>die</strong> er<br />

schweizerischer <strong>Kunst</strong> verdanke (XIII, 50).<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg sprachen ihn<br />

Zeichnungen des Luzerner Künstlers Hans Erni<br />

an. Erni übrigens war es auch, der eine Briefmarken-Serie<br />

entwarf, <strong>die</strong> Dichter im Konterfei zeigte<br />

<strong>und</strong> 1979 von der Schweizer Post ausgegeben<br />

wurde. Für 20 Rappen konnte man ein Porträt<br />

von Rainer Maria Rilke erwerben, für 70 Rappen<br />

eines von Hermann Hesse, <strong>und</strong> wer 80 Rappen,<br />

den Höchstwert, hinzulegen bereit war, bekam<br />

ein Bildnis <strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong>s. (Es war <strong>die</strong>s nicht das<br />

erste Mal. dass sein Antlitz eine Briefmarke zierte.<br />

1956 schon hatten sowohl <strong>die</strong> westdeutsche<br />

B<strong>und</strong>espost wie <strong>die</strong> Sowjetzonenpost <strong>Thomas</strong>-<br />

<strong>Mann</strong>-Briefmarken herausgegeben. Auf den<br />

Marken der B<strong>und</strong>espost trug <strong>Mann</strong> den Scheitel<br />

links, auf den Marken der Sowjetzone dagegen<br />

rechts; was letzteres mithelfen mochte, Marken<br />

<strong>und</strong> Staaten auseinanderzuhalten, aber doch<br />

nicht richtig war.)<br />

4. Dass <strong>Thomas</strong> <strong>Mann</strong> der <strong>bildende</strong>n <strong>Kunst</strong><br />

bloss <strong>die</strong> halbe Bedeutung des eigenen Metiers<br />

zumass, geht, wenn man durchaus will, auch aus<br />

der Formulierung hervor, mit der er seine spätere<br />

Frau Katia Pringsheim vor dem Bruder preist (27.<br />

2.1904 an Heinrich <strong>Mann</strong>): Sie sei «ein Geschöpf,<br />

das durch sein blosses Dasein <strong>die</strong> kulturelle<br />

Thätigkeit von 15 Schriftstellern oder 30 Malern<br />

aufwiegt». (Architekten hätten sich, grob geschätzt,<br />

gar ihrer 60 auf <strong>die</strong> Waagschale drängen<br />

müssen.) Wie im Leben, so im Werk: Bildender<br />

<strong>Kunst</strong> wird eine Nebenrolle zugewiesen, sie muss<br />

sich - immer gemessen an Dichtung <strong>und</strong> Musik -<br />

mit dem Rang einer minderen <strong>Kunst</strong> abfinden.<br />

E<br />

\<br />

F.<br />

b<br />

si<br />

S<br />

d<br />

o<br />

S<br />

d<br />

g<br />

e<br />

Si<br />

S<br />

a<br />

\<br />

k<br />

i;<br />

1:<br />

i>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!