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GÜnter prinZ – ein HerZ FÜr Leser Seiten aus dem Buch Pages from the book<br />
„Die Sprache muss sinnlich sein.<br />
Die Leser müssen fühlen, frieren, lachen,<br />
betroffen oder ergriffen sein von dem,<br />
was sie in BILD lesen.“<br />
Günter <strong>Prinz</strong>, 1972<br />
14 15<br />
BamS-Volontär Kai Diekmann trifft Günter <strong>Prinz</strong>, damals Redaktionsdirektor BILD-Gruppe.<br />
Kai DieKmann wenn ich an günter prinz DenKe…<br />
er Tag eines BILD-Chefre- der Schreibmaschine leise Storys hämmerte?<br />
dakteurs beginnt mit einer Er stellte die Maschine auf ein Kissen, damit<br />
ungeheuren Freiheit. Der Tag das Baby schlafen konnte. Das Leben und die<br />
ist neu, das Blatt ist neu und Karriere von Günter <strong>Prinz</strong> sind so faszinierend<br />
unschuldig und du hast keine und unglaublich, dass Franz Josef Wagner viel-<br />
Schlagzeile. BILD ist schön und leicht doch ein Buch daraus machen sollte.<br />
schrecklich.<br />
Wenn ich an Günter <strong>Prinz</strong> denke, sehe<br />
Als ich vor neun Jahren den Job des BILD- ich immer Szenen eines rastlosen Newspa-<br />
Chefs übernahm, zeigte mir Claus Jacobi zwei perman. Als wir mit Claus Larass die BILD<br />
Fotos von Günter <strong>Prinz</strong>. Es gab keinen großen mal wieder neu erfinden sollten – alles ganz<br />
Unterschied. Beide Bilder zeigten einen gut geheim – hasteten wir über 100 Stufen in<br />
aussehenden, sportlichen, energischen, ele- das idyllische Privatbüro von Günter <strong>Prinz</strong> im<br />
ganten Gentleman. Nur seine Haare waren auf Dachstuhl über den Alster-Akaden: Wir keuch-<br />
dem 1. Foto schwarz und auf dem 2. Foto weiß. ten, er lachte. Wir konzipierten und sein Geist<br />
Jacobi: „Das sind 10 Jahre BILD. BILD-Jahre schwebte über Allem. Auch damals blickte er<br />
zählen doppelt.“<br />
oft aus dem Fenster über die Terrasse hinaus<br />
Wenn ich heute Günter <strong>Prinz</strong> treffe, bin ich zur Alsterfontäne oder zum Rathaus.<br />
immer noch baff. Wie gut er aussieht, wie<br />
Wenn Günter <strong>Prinz</strong> an BILD dachte, war er<br />
strahlend, voller Energie und mit diesen durch- eine Ein-Mann-Redaktion. Der Chefredakteur<br />
dringenden, neugierigen, leuchtenden, blauen und der Polizei-Reporter. Der Politiker, der sich<br />
Augen. Ich glaube, dass Günter <strong>Prinz</strong> vom von Politik fern hielt. Der Fußball-Fan, der<br />
heiligen Gral der Neugier getrunken hat. lieber Tennis spielte.<br />
Wenn Günter <strong>Prinz</strong> über BILD nachdachte, Er war der ewige Gärtner dieser riesigen<br />
trat er oft ans Fenster und spähte mit seinem BILD-Zeitung (800 Redakteure, 35 Ausgaben),<br />
Adlerblick über die Stadt: „Da draußen leben die alles gleichzeitig ist: Dschungel und Rosen-<br />
Millionen Menschen, Millionen Geschichten.“ beet, Unkraut und Golfplatz, FKK-Strand und<br />
Günter <strong>Prinz</strong> erfand die BILD-Zeitung neu Südkurve, Bellevue und St. Pauli, Kunstgalerie<br />
und führte BILD zu einsamen, eisigen Aufla- und Roter Teppich. Und immer wenn ich an<br />
genhöhen.<br />
Günter <strong>Prinz</strong> denke, höre ich seinen ewigen<br />
Immer wenn ich Günter <strong>Prinz</strong> traf, war er kategorischen Imperativ: „Nur wer an seinen<br />
oben. Ich war „Bild am Sonntag“-Volontär, als Leser denkt, kann eine gute Zeitung machen!“<br />
er BILD-Herausgeber war. Ich ging zur „Bun- Günter <strong>Prinz</strong> wird 80 – wirklich? Er sieht<br />
ten“ und er saß schon im Penthouse. Ich ging aus wie 59, lacht wie 39 und spielt jeden Tag<br />
zur „BZ“ und er kehrte zurück zu Springer und Tennis wie Boris Becker. Man ist nur so alt, wie<br />
krönte sein ewiges Reporter-Leben als Vor- man sich fühlt.<br />
standsvorsitzender.<br />
An seinem 80. Geburtstag wird Günter<br />
Ob er davon geträumt hat als er als Polizei- <strong>Prinz</strong> voller Neugier erwachen. Und hoffentlich<br />
Reporter für die „BZ“ in seiner Wohnung auf haben wir eine gute BILD gemacht!<br />
24 25<br />
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BILD-Interview mit Bundeskanzler Schmidt am Brahmsee. Loki Schmidt serviert Kaffee. 1974<br />
Horst Keiser: „Das Wohl der Blätter stand bei <strong>Prinz</strong> im Vordergrund.”<br />
„Günter <strong>Prinz</strong> knüpfte wieder an die Tradition<br />
und das Selbstverständnis des Hauses Springer an und<br />
rückte die Priorität des Verlegerischen nach vorn.”<br />
Helmut ScHmidt ein SympatHiScHer zeitgenoSSe<br />
Horst Keiser Heute sucHe icH den wein aus<br />
ass Günter <strong>Prinz</strong> demnächst<br />
achtzig Jahre alt<br />
sein wird, kommt mir<br />
einigermaßen erstaunlich<br />
vor. Denn ich habe<br />
ihn als jungen Mann in<br />
Erinnerung. Damals war er<br />
Chefredakteur der Bild-Zeitung. Die Bild-<br />
Zeitung war eindeutig gegen die Nazis und<br />
gegen die Neo-Nazis, ansonsten hatte sie<br />
einen kleinen Drall nach rechts von der Mitte,<br />
so wie auch heute noch. Aber der Chefredakteur<br />
war mir in Hamburg ein sympathischer<br />
Zeitgenosse und Gesprächspartner.<br />
Einmal hat er mich auf eine aufstrebende,<br />
aber noch sehr jungenhafte Band aufmerksam<br />
gemacht, die später weltberühmt geworden<br />
ist. Er hat mich in den Star-Club auf<br />
St. Pauli geschleppt. Dort haben wir dann mit<br />
Vergnügen die Beatles gehört. Wenngleich<br />
das inzwischen fast ein halbes Jahrhundert<br />
zurückliegt, so ist es gleichwohl Grund genug,<br />
dem Geburtstagskind zuzurufen: Herzlichen<br />
Glückwunsch für Günter <strong>Prinz</strong>.<br />
ünter <strong>Prinz</strong> hatte ich noch nie für weitere große Erfolge blieben natürlich<br />
getroffen, nicht einmal gesehen. erhalten oder wurden geschaffen. In dieser<br />
Und doch war er von Anfang Phase lernten wir uns in einem fairen und<br />
an präsent. Die spektakulären offenen Austausch immer intensiver kennen<br />
Erfolge der Zeitschriftenmacher und bildeten gegenseitiges Vertrauen. Und<br />
von Kindler & Schiermeyer das erwies sich als gut so.<br />
ließen Lichtgestalten wachsen In den späteren Jahren gab es leider an<br />
und Legenden wuchern. Eine fast exotische überraschenden, sehr speziellen Konstella-<br />
Faszination. Aber dann erlebte ich den Wuntionen in der Branche und im Verlag keinen<br />
dermann doch eigentlich ganz umgänglich. Mangel. In schwierigen und problematischen<br />
Umweht vom Charme des Erfolgs zeigte er Zeiten kam Günter <strong>Prinz</strong> an die Spitze des Un-<br />
sich konsequent und aufgeschlossen.<br />
ternehmens. Er knüpfte wieder an die Tradition<br />
Der absurde Verkauf der Kreativschmie- und das Selbstverständnis des Hauses an und<br />
de im damaligen politischen Umfeld war ein rückte die Priorität des Verlegerischen wieder<br />
tiefer strategischer Einschnitt für den Verlag. nach vorn. So ergab sich die Chance, dabei<br />
Er eröffnete aber 1971 die Chance, den brilli- noch einen späten <strong>Prinz</strong> kennenzulernen. Er<br />
anten journalistischen Kopf im Zentrum der wirkte noch souveräner, toleranter und aus-<br />
Probleme wirken zu lassen: BILD schwächelte gleichender, noch vielfältiger und liebenswür-<br />
erheblich und benötigte dringend eine Reanidiger. Dies war eine glückliche Konstellation<br />
mierung. Und wieder löste Günter <strong>Prinz</strong> die für den Verlag. Dieser Günter <strong>Prinz</strong> mit seinem<br />
massive Herausforderung mit Bravour. Sein unglaublichen Erfahrungsschatz und seiner<br />
überzeugendes Konzept und kompromiss- emotionalen Bindung hätte dem Haus auch<br />
lose Energie brachten das Blatt wieder auf über eine längere Wegstrecke gutgetan.<br />
Erfolgskurs und später weiter zu beachtlichen Inzwischen beschäftigen wir uns schon<br />
Auflagenhöhen.<br />
sehr lange mit anderen Dingen. Die Erinne-<br />
In dieser Zeit fügte es die Verlagsstruktur, rung an die Jahrzehnte bei Springer schim-<br />
dass ich unmittelbarer als bisher mit unsemert aber immer mal wieder durch. Und dann<br />
rem Star zusammenarbeiten musste. Mir war denkt man vor allem an besondere Menschen,<br />
natürlich vollkommen klar, dass Stars Unab- an die Arbeit für wunderbare Objekte. Aber<br />
hängigkeit und Freiheiten brauchen und auch auch an pralles Leben bis hin zu Bedrohungen<br />
verteidigen. So lernte ich nun zwangsläufig und Lebensgefahr.<br />
den gefürchteten <strong>Prinz</strong> kennen: „Am besten Die exzeptionellen Momente tauchen<br />
werden wir uns verstehen, wenn Sie uns ein- jedoch alles in weicheres Licht, vieles wird von<br />
fach machen lassen und nicht stören.“<br />
einer gewissen Altersmilde überstrahlt. Und so<br />
Es entwickelte sich trotzdem eine solide bewährt sich unser Vertrauensverhältnis im-<br />
an den Fakten orientierte Basis. Das Wohl mer noch. Das geht heute sogar so weit, dass<br />
der Blätter stand immer im Vordergrund und ich bei unseren Essen den Wein aussuchen<br />
bildete das gemeinsame Ziel. Und Spielräume d a r f – h o f f e n t l i c h n o c h v i e l e J a h r e …<br />
<strong>Behnken</strong> & <strong>Prinz</strong> 68 | 69<br />
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