<strong>Natur</strong> <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>Perspektiven <strong>und</strong> ImpulseKlimawandel <strong>in</strong><strong>Vorarlberg</strong>Helga Kromp-KolbLeiter<strong>in</strong> des Institutsfür Meteorologie ander Universität fürBodenkultur WienDen natürlichen Klimaänderungen überlagertist der durch den Menschen verursachteKlimawandel. Die erheblichen E<strong>in</strong>griffedes Menschen <strong>in</strong> die natürlichen Strahlungsprozesseführen zu e<strong>in</strong>er klimatischen Reaktion<strong>in</strong>nerhalb sehr kurzer Zeiträume verglichenmit den natürlichen Klimaänderungen<strong>und</strong> -schwankungen. Seit über h<strong>und</strong>ert Jahrenvon der Wissenschaft beschrieben, istder anthropogene Klimawandel jetzt weltweitso deutlich geworden, dass auch die Öffentlichkeit<strong>und</strong> die Politik ihn zur Kenntnisnehmen müssen. Maßnahmen zum Klimaschutz– eigentlich Maßnahmen zum Selbstschutzder Menschen – s<strong>in</strong>d überfällig. Mitjedem Jahr Verzögerung, werden sie aufwendiger,teurer <strong>und</strong> schmerzlicher werden [1].Was kann man <strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> bereitsbeobachten?Weltweit ist die Temperatur im Mittel <strong>in</strong> denletzten etwa 150 Jahren um 0,8°C gestiegen,<strong>in</strong> Österreich um bis zu 2°C. Die Tatsache,dass der Klimawandel <strong>in</strong> Österreich raschervor sich geht als auf globaler Ebeneliegt an der ger<strong>in</strong>geren Dämpfung durchgroße Wassermassen auf der Nordhemi -sphäre <strong>und</strong> den Kont<strong>in</strong>enten. In <strong>Vorarlberg</strong>wurde e<strong>in</strong> Anstieg von etwa 1,7°C imJahres mittel seit Beg<strong>in</strong>n der Messungen Mittebis Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts gemessen.Die W<strong>in</strong>tertemperatur ist um etwa 2°C, dieSommertemperatur um etwa 1,5°C gestiegen.Der Anstieg ist für die beiden <strong>in</strong> Vorarl -berg verfügbaren langen Reihen – Bregenz<strong>und</strong> Feldkirch – sehr ähnlich, wenn auch dieTemperatur <strong>in</strong> Bregenz vor allem im W<strong>in</strong>terdurch den Bodensee bee<strong>in</strong>flusst, deutlichhöher liegt als jene <strong>in</strong> Feldkirch. Aufgr<strong>und</strong>e<strong>in</strong>es Vergleiches mit den Temperaturreihenvon Obergurgel (1938 m) <strong>und</strong> dem HohenSonnblick (3105 m) ist davon auszugehen,dass der Temperaturanstieg <strong>in</strong> höherenLagen <strong>Vorarlberg</strong>s ähnliche Werte aufweist.46
<strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong>47Dieser Temperaturanstieg geht mit e<strong>in</strong>erZunahme der Häufigkeit von Tagen mitTemperaturen über 30°C e<strong>in</strong>her – seit demVergleichszeitraum 1960-1990 hat sich dieseZahl fast verdoppelt [2].Im W<strong>in</strong>ter ist <strong>in</strong> Feldkirch die Zahl derSonnensche<strong>in</strong>st<strong>und</strong>en deutlich gestiegen:von ca. 150 St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> den 1950er Jahrenauf über 250 St<strong>und</strong>en. Allerd<strong>in</strong>gs liegenStrahlungsdaten erst seit etwa 60 Jahrenvor, sodass dieser Trend nur <strong>in</strong> Zusammenhangmit der Temperaturreihe <strong>in</strong>terpretierbarist. Auch der Herbst ist sonnenreichergeworden. Frühl<strong>in</strong>g <strong>und</strong> Sommer zeigen ke<strong>in</strong>evergleichbar e<strong>in</strong>deutige Tendenz.Der Temperaturanstieg bedeutet, dassdie Andauer der Schneedecke zurück geht,die Schneefallgrenze häufiger <strong>in</strong> höheren Lagenauftritt, Permafrost auftaut <strong>und</strong> Gletscherzunehmend an Masse verlieren. Alle<strong>in</strong>der Anstieg der Schneefallgrenze kann bedeutendeAuswirkungen haben, da e<strong>in</strong> Teildes Niederschlags, der früher als Schnee fiel<strong>und</strong> daher im Gebirge abgelagert <strong>und</strong> vor -übergehend gespeichert wurde, unter denwärmeren Verhältnissen als Regen fällt <strong>und</strong>rasch <strong>in</strong>s Tal abfließt. Dies erhöht das Überschwemmungsrisikobeträchtlich, wennnicht geeignete Hochwasserschutzmaßnahmen<strong>in</strong> den E<strong>in</strong>zugsgebieten getroffen werden.Zum Zeitpunkt der zwar ergiebigen,ke<strong>in</strong>eswegs aber sehr dramatischen Niederschläge,durch welche die Überschwemmungendes Jahres 2005 ausgelöst wurden, lagdie Nullgradgrenze zum Beispiel oberhalbvon 3000 m Höhe [3]. Der Rückgang derGletscher <strong>und</strong> das Auftauen des Permafrostesstellen wegen der freiwerdenden, nichtgefestigten Geste<strong>in</strong>smassen e<strong>in</strong> erhöhtes Risikofür Mensch <strong>und</strong> Infrastruktur <strong>in</strong> den alp<strong>in</strong>enTälern dar.Die bisherigen Änderungen der Niederschlagsmengen<strong>in</strong> <strong>Vorarlberg</strong> s<strong>in</strong>d wenigere<strong>in</strong>deutig. Das ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, fälltdoch der Großteil des Niederschlages imSommer, an konvektive Ereignisse, d.h. anSchauer <strong>und</strong> Gewitter geb<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> weisengroße Variabilität von Jahr zu Jahr auf.Die eher an großräumigere, synoptischeProzesse, wie Fronten, geb<strong>und</strong>enen W<strong>in</strong>terniederschlägeliefern nur e<strong>in</strong>en etwa halb sogroßen Beitrag, wie die Sommerniederschläge.In Feldkirch, Bregenz <strong>und</strong> Langen habendie Niederschläge <strong>in</strong> den letzten Jahrzehntenim W<strong>in</strong>ter <strong>und</strong> Sommer etwas abgenommen,<strong>in</strong> den Übergangsjahreszeiten ist ke<strong>in</strong>e klareTendenz zu verzeichnen. Doch sollte diesenTrends ke<strong>in</strong>e zu große Bedeutung beigemessenwerden, da sie noch nicht lange anhalten.Deutlicher ist das Bild h<strong>in</strong>sichtlich derZahl der Tage mit starken Niederschlägen:Niederschlagsmengen über 25 mm tretenstatt wie zu Beg<strong>in</strong>n der Messreihe <strong>in</strong> Feldkirchan 6 Tagen, nun schon an 8 Tagen proJahr auf; die Zahl der Tage mit Niederschlägenüber 20 mm ist von r<strong>und</strong> 11 auf 14 Tageangestiegen. Diese Zunahme geht vor allemauf <strong>in</strong>tensivere Niederschläge im W<strong>in</strong>terhalbjahrzurück; die Änderungen im Sommers<strong>in</strong>d weniger ausgeprägt.Wie schaut die Zukunft aus?Die Klimaentwicklung der Zukunft hängtmittel- <strong>und</strong> langfristig wesentlich von denTreibhausgasemissionen der Menschen ab.Kurzfristig ist jedoch die Entwicklung weitgehendvorgegeben, zum e<strong>in</strong>en, weil e<strong>in</strong>plötzliches sehr rasches Abs<strong>in</strong>ken der Emissionenwegen der Trägheit des politischenSystems unwahrsche<strong>in</strong>lich ist <strong>und</strong> dahernicht <strong>in</strong> Betracht gezogen werden muss,zum anderen weil das Klimasystem selbstträge ist, <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>e Stabilisierung desKlimas auf dem derzeitigen Treibhausgaskonzentrationsniveaunoch m<strong>in</strong>destens zwei