„Es muss doch mehr als alles geben“ - infag
„Es muss doch mehr als alles geben“ - infag
„Es muss doch mehr als alles geben“ - infag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Liturgie live…“<br />
Seite 8 Ausgabe 2 2011<br />
Noviziatsschulung der Föderation „Caritas Pirckheimer“ der deutschsprachigen Klarissen vom<br />
23. bis 28. Mai 2011 in Haus Ohrbeck<br />
„Liturgie live…“ - das geht uns alle etwas an! Nicht nur die vier Novizinnen, zwei Juniorinnen, sieben Noviziatsleiterinnen<br />
(darunter zwei Äbtissinnen) <strong>als</strong> auch den Mitbruder (der treue Ordensassistent der Föderation<br />
P. Klaus-Josef Färber OFM), welche sich zur diesjährigen Noviziatsschulung im Haus Ohrbeck eingefunden<br />
hatten. Wir alle, die wir einen geistlichen Weg beschreiten, leben <strong>doch</strong> mit, in und vor allem aus der Liturgie.<br />
Zwar unterschiedlich gestaltet und zum Teil unterschiedlich gewichtet; <strong>doch</strong> ist die tägliche Liturgie in ihren<br />
unterschiedlichen Formen nicht aus unserem Leben wegzudenken – und das <strong>muss</strong> sie auch gar nicht!<br />
„Liturgie live“ – jede/r von uns hat damit<br />
schon ganz persönliche und vielfältige Erfahrungen<br />
gesammelt. Diese in unserer<br />
Gruppe zu artikulieren und miteinander<br />
vergleichen zu können, sie aber vor allem<br />
auf der theologischen Grundlage einer<br />
Liturgie-Wissenschaft zu reflektieren, dazu<br />
hat uns der Liturgiker Pfarrer Dr. Stefan<br />
Rau aus Münster verholfen. In seinen lebhaften<br />
Vorträgen, die immer wieder auch<br />
genügend Raum zu Fragen und zum Austausch<br />
boten, vermochte er uns viel fundiertes<br />
Hintergrundwissen rund um das<br />
Thema Liturgie, insbesondere die Eucharistiefeier<br />
zu vermitteln.<br />
Liturgie-Theologie – ein möglichst zu umgehender<br />
Stolperstein (weil eben theoretisch)?!?<br />
Oder wertvolle Praxis-Hilfe für<br />
eine ergreifende und bewegende „Liturgie<br />
live“?!?<br />
Darin waren wir uns jedenfalls alle einig: Liturgie <strong>muss</strong> unbedingt eine lebendige Liturgie sein, in der wir <strong>als</strong><br />
Person ganz präsent sein können und dürfen und so gemeinschaftlich vor Gott stehen. Dass dies in den vergangenen<br />
2000 Jahren in unserer Kirche ganz unterschiedlich gesehen und vor allem auch gehandhabt wurde,<br />
hat uns der von Dr. Rau geschärfte, intensive Blick in die Kirchengeschichte gezeigt. Wie selbstverständlich<br />
scheint uns heutzutage <strong>doch</strong> die Möglichkeit und der Freiraum, Gottesdienste (mit-) zu gestalten im Bemühen,<br />
Raum für Lebendigkeit und personale Präsenz zu schaffen; oder um mit den Worten des II. Vatikanischen<br />
Konzils zu sprechen: damit „alle Gläubigen (…) zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an<br />
den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie verlangt“ (SC 14).<br />
Dass dies Jahrhunderte lang, vor allem im Mittelalter, vollkommen anders praktiziert worden war und erst<br />
vor knapp 50 Jahren durch das II. Vatikanische Konzil völlig neu definiert worden ist, wussten wir natürlich<br />
alle. Doch wirklich begriffen haben wir es eigentlich erst anhand eines „Aha-Erlebnisses“ am Rande, dem wir<br />
uns erstaunlicherweise freiwillig während unserer kostbaren Rekreationszeit ausgesetzt haben: an einem<br />
Abend gab es die Möglichkeit, in einen Film hineinzuschauen, in welchem der Ablauf der Tridentinischen Messe<br />
in allen Einzelheiten gezeigt und erläutert (je<strong>doch</strong> nicht wirklich erklärt!!!) wurde. Aus dem anfänglich<br />
geplanten „Hineinschnuppern“ ergab sich ein zweieinhalbstündiges tapferes Ausharren vor dem Fernsehgerät,<br />
begleitet von vielem Kopfschütteln, fragenden Gesichtsausdrücken oder spontanen Kommentareinwürfen.<br />
Wie weit entfernt von dem Gesehenen sind wir <strong>doch</strong> heute in unserer Zeit – Gott sei Dank! Welch ein so<br />
völlig anders Liturgieverständnis stand uns da vor Augen, welch ein anderes Gottesbild, welch eine völlig<br />
andere Rolle des Priesters und vor allem der Gemeinde!<br />
Auf diesem Hintergrund hört es sich ganz anders an, was laut der Liturgiekonstitution die Kirche <strong>als</strong> ihre Liturgie<br />
versteht: nämlich <strong>als</strong> Dialog zwischen Gott und Menschen, <strong>als</strong> Vergegenwärtigung des Heilshandelns<br />
Jesu Christi, <strong>als</strong> gemeinschaftsbezogenes, öffentliches Tun der Kirche und <strong>als</strong> kommunikative Zeichenhandlung<br />
Genau dies gilt es nun, in unseren Gemeinschaften zu feiern und zu gestalten, und zwar in der Verknüpfung<br />
der objektiven und subjektiven Vorgaben – und da sind wir tatsächlich gefragt, jede/r einzelne! So<br />
ist es gut, hilfreich und erforderlich, dass wir uns mit der Liturgie-Theorie, näherhin mit der Liturgie-<br />
Theologie beschäftigt und sehr viel notwendiges „Know-how“ mit auf den Weg bekommen haben. Wollen wir<br />
<strong>doch</strong> auch verstehen, was wir vollziehen, damit wir nicht äußerlich bei einer bloßen Form stehen bleiben anstatt<br />
sie mit Lebendigkeit zu füllen.<br />
Dies kam dann auch bei unseren täglichen, gut vorbereiteten Eucharistiefeiern in der kleinen, völlig neuartig<br />
gestalteten Hauskapelle ganz offensichtlich zum Tragen, denn hier war immer wieder eine aktive Innerlich-