Die Renaturierung der Emscher – eine Chance für den - Detlef Münch
Die Renaturierung der Emscher – eine Chance für den - Detlef Münch
Die Renaturierung der Emscher – eine Chance für den - Detlef Münch
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Natur- und Artenschutz<br />
da<strong>für</strong> geeignet, als Leitart dieser gefährdeten<br />
Biotoptypen und ihren Biozönosen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erhalt<br />
und die ökologische Entwicklung bei <strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong><br />
des <strong>Emscher</strong>systems zu dienen.<br />
SINSCH (1998) faßt sehr treffend und kurz die<br />
<strong>Chance</strong>n und Risiken <strong>für</strong> das Überleben <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />
zusammen: „Je<strong>der</strong> Eingriff, <strong>der</strong> lockere<br />
Bö<strong>den</strong> freilegt, die Vegetation großflächig beseitigt<br />
und flache Gewässer entstehen läßt, schafft<br />
Lebensraum <strong>für</strong> die Kreuzkröte. Sowohl die natürliche<br />
Sukzession als auch das menschliche<br />
Bestreben, ästhetisch schöne Landschaften mit<br />
<strong>eine</strong>m hohen Ordnungsgrad zu schaffen, entziehen<br />
<strong>der</strong> Kreuzkröte die Lebensgrundlage.“ <strong>Die</strong>s<br />
sollte auch bei <strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong> des <strong>Emscher</strong>systems<br />
berücksichtigt wer<strong>den</strong>, damit diese sinnvolle<br />
Naturschutzmaßnahme nicht sogar zum<br />
Aussterben von bedrohten Amphibienarten wie<br />
<strong>der</strong> Kreuzkröte beiträgt. Aus <strong>den</strong> Erfahrungen<br />
bisheriger Fliessgewässer-<strong>Renaturierung</strong>en lassen<br />
sich <strong>für</strong> die ökologische Umgestaltung des<br />
<strong>Emscher</strong>systems folgende Artenschutzfor<strong>der</strong>ungen<br />
ableiten:<br />
Abb. 8. Schaffung <strong>eine</strong>s künstlichen Kreuzkröten-Lebensraumes<br />
durch Aufschüttung<br />
von Sand.<br />
1. <strong>Die</strong> Besiedlungsschwerpunkte <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />
entlang <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> sollten krötenfreundlicher<br />
als bisher gestaltet wer<strong>den</strong>. Dazu zählen<br />
vor allem Maßnahmen wie die Schaffung <strong>eine</strong>s<br />
nährstoffarmen Bachumfeldes durch Abtragung<br />
von Mutterbo<strong>den</strong> und Aufschüttung von Sandund<br />
Kiesbereichen (Abb. 8). Eine Bepflanzung<br />
mit Büschen und Bäumen sollte unterbleiben.<br />
Ausreichend Überschwemmungszonen zur Ausbildung<br />
neuer Auenbereiche und die Schaffung<br />
vegetationsarmer temporärer Tümpel und Pfützen,<br />
aber auch von perennieren<strong>den</strong> Stillgewässern<br />
ohne Kontakt zum Bachlauf sind notwendig.<br />
2. Übriggebliebene Auenwaldreste sollten wie<strong>der</strong><br />
entwickelt und vermehrt wer<strong>den</strong>, und die<br />
vom MURL (1995) vorgeschlagenen Leitbil<strong>der</strong><br />
<strong>für</strong> Tierlandbäche in Nordrhein-Westfalen verwirklicht<br />
wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong> Biotopgestaltung <strong>der</strong><br />
Regenüberlaufbecken sollte unter stärkerer Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Habitatansprüche <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />
in Anlehnung an LWA (1992) und LUA<br />
(1999) erfolgen und viel mehr in ganz NRW<br />
gefährdete Biotoptypen erhalten und wie<strong>der</strong> vermehren<br />
(LÖBF 1999).<br />
3. <strong>Die</strong> Zuflüsse zur <strong>Emscher</strong>, die im wesentlichen<br />
die einzigen Laichgewässer des Feuersalaman<strong>der</strong>s<br />
darstellen, sollten von Hochwasserspitzen<br />
weitgehend verschont wer<strong>den</strong>. So wür<strong>den</strong><br />
zahlreiche neue Ausbreitungsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />
diese Art geschaffen. Nur in Kreuzkrötenhabitaten<br />
sind Überschwemmungen essentiell sinnvoll und<br />
auch notwendig, um die typische Gewässer-Dynamik<br />
von Auen wie<strong>der</strong>herzustellen. Als stärker<br />
gefährdete Art sollte im Zweifelsfall eher <strong>den</strong><br />
Bedürfnissen <strong>der</strong> Kreuzkröte und dem hohen<br />
gesamtökologischen Wert von Auenbereichen<br />
Rechnung getragen wer<strong>den</strong>.<br />
War die Kanalisierung <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> das Meisterwerk<br />
<strong>der</strong> Ingenieurkunst des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
im Ruhrgebiet, so ist die unterirdische Verrohrung<br />
und die oberirdische <strong>Renaturierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong><br />
das bedeutendste Naturschutzprojekt im Ruhrgebiet<br />
des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts und auch das Symbol<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> ökologischen Strukturwandel dieser Region.<br />
Literatur<br />
<strong>Emscher</strong>genossenschaft (2000): Entstehung und Umbau<br />
des <strong>Emscher</strong>systems. <strong>–</strong> Essen<br />
LÖBF (Hrsg. 1999): Rote Liste <strong>der</strong> gefährdeten Pflanzen<br />
und Tiere in Nordrhein-Westfalen. <strong>–</strong> Recklinghausen<br />
LUA (Hrsg. 1999): ökologische Durchgängigkeit von<br />
Hochwasserrückhaltebecken. <strong>–</strong> LUA-Merkblätter 18,<br />
Düsseldorf<br />
LWA (Hrsg. 1992): Biotopgestaltung an Talsperren,<br />
Hochwasserrückhaltebecken und Flussstauseen. <strong>–</strong><br />
LWA-Merkblätter 9, Düsseldorf<br />
MURL (Hrsg. 1995): Leitbil<strong>der</strong> <strong>für</strong> Tieflandbäche in Nordrhein-Westfalen.<br />
<strong>–</strong> Düsseldorf<br />
SCHLÜPMANN, M. & A. G EIGER (1999): Rote Liste <strong>der</strong> in<br />
Nordhein-Westfalen gefährdeten Kriechtiere (Reptilia)<br />
und Lurche (Amphibia). <strong>–</strong> Schriftreihe <strong>der</strong> LÖBF,<br />
Recklinghausen, 17: 375-404.<br />
SINSCH, U. (1998): Biologie und Ökologie <strong>der</strong> Kreuzkröte.<br />
<strong>–</strong> Bochum.<br />
VDI (1994): VDI-Umweltlexikon. <strong>–</strong> Düsseldorf<br />
Autor<br />
DETLEF MÜNCH<br />
Landesverband DGHT-NRW,<br />
Menglinghauser Str. 99a, D-44227 Dortmund<br />
76 9 (2001) Heft 1