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Die Renaturierung der Emscher – eine Chance für den - Detlef Münch

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DETLEF MÜNCH<br />

9 (2001) Heft 1<br />

Natur- und Artenschutz<br />

<strong>Die</strong> <strong>Renaturierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> <strong>–</strong> <strong>eine</strong> <strong>Chance</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Amphibienschutz im Ruhrgebiet<br />

Fünfundachtzig Prozent <strong>der</strong> 13 im Ruhrgebiet noch leben<strong>den</strong> Amphibienarten<br />

sind nach <strong>der</strong> aktuellen Roten Liste NRW in ihrem Bestand gefährdet<br />

o<strong>der</strong> sogar vom Aussterben bedroht. <strong>Die</strong> Kreuzkröte (Bufo calamita,<br />

Abb. 1) ist dabei sogar in ganz Nordrhein-Westfalen gefährdet und <strong>der</strong> Feuersalaman<strong>der</strong><br />

(Salamandra salamandra) im Ruhrgebiet schon stark gefährdet<br />

(SCHLÜPMANN & GEIGER 1999), da ihre Landlebensräume zerstört o<strong>der</strong> ihre<br />

Laichgewässer verän<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Schaffung neuer Laich- und Landhabitate bei<br />

<strong>der</strong> ökologischen Umgestaltung <strong>der</strong> Anfang des<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts in <strong>eine</strong> betonierte Abwasserkloake<br />

umgestalteten <strong>Emscher</strong> kann deshalb <strong>eine</strong><br />

<strong>Chance</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Amphibienschutz und speziell<br />

<strong>für</strong> die Charakterart des <strong>Emscher</strong>bruches und <strong>der</strong><br />

ehemaligen <strong>Emscher</strong>auen, die Kreuzkröte und an<br />

<strong>den</strong> <strong>Emscher</strong>zuflüssen auch <strong>für</strong> <strong>den</strong> Feuersalaman<strong>der</strong><br />

sein.<br />

<strong>Renaturierung</strong> des <strong>Emscher</strong>systems<br />

Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts legte die <strong>Emscher</strong><br />

von <strong>der</strong> Quelle in Holzwickede in <strong>der</strong> Nähe von<br />

Dortmund bis zur Mündung in <strong>den</strong> Rhein bei<br />

Duisburg <strong>eine</strong> Strecke von 109 km zurück. Bei<br />

<strong>eine</strong>m Höhenunterschied von nur 122 m und<br />

dementsprechend geringem Gefälle konnte kein<br />

tiefes Flussbett entstehen und es kam immer<br />

wie<strong>der</strong> zu großflächigen Überschwemmungen<br />

(<strong>Emscher</strong>genossenschaft 1999).<br />

Abb. 1. <strong>Die</strong> Kreuzkröte <strong>–</strong> <strong>eine</strong> synanthrope<br />

Leitart des urban-industriellen Ballungsraumes<br />

In <strong>den</strong> damaligen Auen- und Bruchwäl<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> <strong>Emscher</strong>nie<strong>der</strong>ung war <strong>der</strong> Feuersalaman<strong>der</strong><br />

heimisch und in <strong>den</strong> feuchten Hei<strong>den</strong> und offenen<br />

Auenbereichen mit Sicherheit auch die Kreuzkröte,<br />

die als typischer Auenbewohner bekannt<br />

ist (SINSCH 1998).<br />

1906 begann aus hygienischen und Hochwasserschutzgrün<strong>den</strong><br />

die Begradigung, Vertiefung,<br />

Auskleidung mit Betonschalen und Eindeichung<br />

<strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> und <strong>der</strong> abwasserführen<strong>den</strong> Zuflüsse<br />

durch die <strong>Emscher</strong>genossenschaft, wobei <strong>der</strong><br />

alte <strong>Emscher</strong>verlauf auf 81 km verkürzt wor<strong>den</strong><br />

ist. Zu Beginn des Jahres 2000 stellt sich <strong>der</strong><br />

hässlichste Fluß Deutschlands mit s<strong>eine</strong>n ebenso<br />

hässlichen betonierten Zuflüssen neben <strong>den</strong> Straßen<br />

als wesentliches Zerschneidungselement <strong>für</strong><br />

die Amphibienlebensräume im Ruhrgebiet und<br />

auch als <strong>eine</strong> Todesfalle <strong>für</strong> Mensch und Tier dar<br />

(Abb. 2).<br />

Durch die Nordwan<strong>der</strong>ung des Bergbaues ist<br />

es heute möglich, unterirdische Abwasserkanäle<br />

ohne die ständige Gefahr <strong>eine</strong>r Beschädigung bei<br />

Bergsenkungen zu bauen und damit die jetzige<br />

<strong>Emscher</strong> und ihre betonierten Zuflüsse als Abwasservorfluter<br />

zu verrohren. <strong>Die</strong> oberirdischen,<br />

nur durch Quell-, Regen- und Oberflächenwasser<br />

gespeisten Bereiche können dann durch die Entfernung<br />

<strong>der</strong> Betonsohlschalen ökologisch umgebaut<br />

und verbessert wer<strong>den</strong>.<br />

Bereits 1991 ist im Rahmen <strong>der</strong> Bundesgartenschau<br />

zu Demonstrationszwecken ein Teil <strong>der</strong><br />

<strong>Emscher</strong> in Höhe des Dortmun<strong>der</strong> Westfalenparks<br />

ökologisch umgebaut wor<strong>den</strong> (Abb. 3).<br />

<strong>Renaturierung</strong> im engeren Sinn bedeutet die<br />

Zurückführung <strong>eine</strong>s Ökosystems in s<strong>eine</strong>n ursprünglichen<br />

natürlichen Zustand (VDI 1994).<br />

Da dies aufgrund <strong>der</strong> dichten Bebauung und<br />

zahlreichen Altlastflächen im Ruhrgebiet jedoch<br />

73


Natur- und Artenschutz<br />

<strong>für</strong> die <strong>Emscher</strong> kaum möglich ist, spricht die<br />

<strong>Emscher</strong>genossenschaft (1999) eher von <strong>eine</strong>m<br />

ökologischen Umbau o<strong>der</strong> <strong>eine</strong>r ökologischen<br />

Verbesserung. Nicht zuletzt auch deshalb, weil<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit oft von Naturschützern <strong>der</strong><br />

Begriff <strong>Renaturierung</strong> von Fliessgewässern als<br />

naturnaher Gewässerausbau nicht korrekt und als<br />

Euphemismus kritisiert wor<strong>den</strong> ist. Zu Unrecht,<br />

da bei <strong>der</strong> Zurückführung in <strong>eine</strong>n ursprünglichen<br />

natürlichen Zustand auch immer die zeitliche<br />

Komponente berücksichtigt wer<strong>den</strong> sollte.<br />

Soll das Fliessgewässer in <strong>den</strong> Zustand von vor<br />

100 Jahren o<strong>der</strong> gar vor 1000 Jahren zurückgeführt<br />

wer<strong>den</strong>?<br />

<strong>Die</strong>s ist schlechterdings nicht nur in <strong>eine</strong>r<br />

Kulturlandschaft völlig unmöglich, so daß <strong>der</strong><br />

Begriff <strong>Renaturierung</strong> in s<strong>eine</strong>r engeren Bedeu-<br />

Abb. 2. Noch fließt die <strong>Emscher</strong> in Betonschalen<br />

und stellt <strong>eine</strong> Ausbreitungsbarriere<br />

<strong>für</strong> Amphibien und an<strong>der</strong>e Tiere dar.<br />

Abb. 3. Knapp zehn Jahre nach <strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong><br />

ist das <strong>Emscher</strong>teilstück am Westfalenpark<br />

stark eutrophiert und <strong>für</strong> die<br />

meisten Amphibienarten als Laichgewässer<br />

nicht mehr geeignet.<br />

tung eigentlich überflüssig ist. <strong>Renaturierung</strong> als<br />

Qualitätsziel <strong>der</strong> Landschaftsplanung und Gewässerumgestaltung<br />

sollte vielmehr als Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

<strong>eine</strong>s naturnahen Zustandes <strong>eine</strong>s sich<br />

wie<strong>der</strong> selbst organisieren<strong>den</strong> Ökosystems verstan<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong>. Und dieses wird bei <strong>der</strong> ökologischen<br />

Umgestaltung des <strong>Emscher</strong>systems mit<br />

Sicherheit erreicht, so daß durchaus von <strong>eine</strong>r<br />

<strong>Renaturierung</strong> gesprochen wer<strong>den</strong> kann<br />

<strong>Chance</strong>n und Risiken <strong>für</strong> <strong>den</strong> Amphibienschutz<br />

<strong>Die</strong> große <strong>Chance</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Amphibienschutz ist<br />

die Umwandlung <strong>eine</strong>r gewaltigen Zerschneidungs-<br />

und Trennlinie in ein knapp 100 km<br />

langes Vernetzungselement als Rückgrat <strong>für</strong> ein<br />

Biotopverbundsystem des Ruhrgebietes sowie die<br />

Schaffung zahlreicher neuer Laichmöglichkeiten.<br />

Davon wer<strong>den</strong> beson<strong>der</strong>s die im Ruhrgebiet<br />

noch nicht ganz so seltenen Arten wie Erdkröte,<br />

Grasfrosch, Teichfrosch, Berg- und Teichmolch<br />

sowie <strong>der</strong> Feuersalaman<strong>der</strong> profitieren. Für die<br />

in ganz Nordrhein-Westfalen teilweise stark gefährdeten<br />

o<strong>der</strong> sogar vom Aussterben bedrohten<br />

Rote-Liste-Arten wie Geburtshelferkröte, Knoblauchkröte,<br />

Laubfrosch und Gelbbauchunke, <strong>für</strong><br />

die die Kreuzkröte als Leitart dienen kann, muß<br />

jedoch schon erheblich mehr ökologisches Fingerspitzengefühl<br />

aufgewendet wer<strong>den</strong>.<br />

Alle seltenen Amphibienarten in NRW benötigen<br />

sonnenexponierte, vegetationsarme und<br />

nicht eutrophierte Laichgewässer und Landlebensräume.<br />

Eine „grüne Verrohrung“ mit Büschen<br />

Abb. 4. <strong>Die</strong> „Grüne Verrohrung“ bei <strong>der</strong><br />

<strong>Renaturierung</strong> des Dellwiger Bachs in<br />

Dortmund ist positiv <strong>für</strong> waldbewohnende<br />

Arten wie <strong>den</strong> Feuersalaman<strong>der</strong>, bietet<br />

jedoch seltenen und sonnenlieben<strong>den</strong><br />

Amphibien und Wirbellosen k<strong>eine</strong> <strong>Chance</strong>.<br />

74 9 (2001) Heft 1


und Bäumen wie bei dem NRW-Pilotprojekt<br />

„<strong>Renaturierung</strong> des Dellwiger Bachs in Dortmund“<br />

würde diesen Arten k<strong>eine</strong> Überlebensmöglichkeiten<br />

bieten und zu ihrem Aussterben beitragen<br />

(Abb. 4). Und in <strong>der</strong> Tat kommt die<br />

Kreuzkröte im Bereich des Dellwiger Baches nur<br />

noch an zwei vegetationsarmen Bereichen vor<br />

und ist durch zunehmende Verschattung ihres<br />

Lebensraumes stark gefährdet.<br />

<strong>Die</strong> Ansprüche sonnenlieben<strong>der</strong> und nährstoffarme<br />

Bö<strong>den</strong> bevorzugen<strong>der</strong> Wirbeltierarten und<br />

auch zahlreicher seltener Wirbelloser wur<strong>den</strong> bei<br />

<strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong> des Rahmkebachs an <strong>der</strong> Universität<br />

Dortmund stärker berücksichtigt. Zwar<br />

überwiegen auch hier am Bachrand nährstoffreiche<br />

und artenarme Fettwiesen sowie Gebüschund<br />

Baumformationen, doch wer<strong>den</strong> die durch<br />

Trittschä<strong>den</strong> vegetationsarm o<strong>der</strong> frei gehaltenen<br />

Bachbereiche auch von <strong>der</strong> Kreuzkröte besiedelt<br />

(Abb. 5).<br />

<strong>Die</strong> stark eutrophierten Regenüberlaufbecken<br />

sind dagegen völlig amphibienfrei (Abb. 6).<br />

Ökologisch, weil vegetationsärmer gestaltet und<br />

einfach <strong>der</strong> Spontanvegetation überlassen, ist ein<br />

Regenrückhaltebecken in <strong>der</strong> Nähe <strong>eine</strong>s Zuflusses<br />

zum Rahmkebach (Abb. 7).<br />

<strong>Die</strong> Kreuzkröte ist ein typisches Faunenelement<br />

natürlicher Pionierstandorte. Da diese in<br />

<strong>der</strong> mitteleuropäischen Kulturlandschart zu <strong>den</strong><br />

gefährdetesten Biotoptypen gehören, sollte es<br />

primäres Ziel des Naturschutzes sein, diese Pionierstandorte<br />

zu erhalten und zu entwickeln. <strong>Die</strong><br />

Kreuzkröte könnte deshalb sinnvollerweise als<br />

biozönotische Leitart <strong>für</strong> die in <strong>der</strong> Roten Liste<br />

NRW aufgeführten beson<strong>der</strong>s gefährdeten und<br />

Abb. 5. Trittschä<strong>den</strong> und Vegetationsarmut<br />

för<strong>der</strong>n die sonnenliebende Kreuzkröte und<br />

die Geburtshelferkröte am renaturierten<br />

Rahmkebach in Dortmund.<br />

9 (2001) Heft 1<br />

Natur- und Artenschutz<br />

sogar stark gefährdeten Biotoptypen temporäre<br />

Kleingewässer, unbeschattete Gräben, vegetationsarme<br />

Sand-, Kies-, Schotter- und Lehmflächen,<br />

Halbtrockenrasen, Schwermetallrasen,<br />

Industrie- und Bahnbrachen mit ihrer teilweise<br />

endemischen Flora fungieren. Von <strong>den</strong> 108 noch<br />

im Ruhrgebiet existieren<strong>den</strong> Pflanzengesellschaften<br />

sind lediglich sechs aktuell ungefährdet und<br />

knapp 50 % von <strong>der</strong> Auslöschung o<strong>der</strong> Vernichtung<br />

bedroht, darunter die Pflanzengesellschaften<br />

halbnatürlicher Magerbiotope wie Halbtrocken-<br />

und Magerrasen sowie Feuchtwiesen<br />

(LÖBF, 1999), die allesamt auch die Lebensgrundlage<br />

<strong>für</strong> die Kreuzkröte bedeuten. <strong>Die</strong><br />

Kreuzkröte ist deshalb in hervorragen<strong>der</strong> Weise<br />

Abb. 6. Das stark eutrophierte Regenrückhaltebecken<br />

am Rahmkebach ist fast<br />

völlig amphibienfrei, selbst <strong>der</strong> Grasfrosch<br />

laicht dann lieber im Bachlauf.<br />

Abb. 7. <strong>Die</strong>ses vegetationsarme Regenrückhaltebecken<br />

ist zwar optimal <strong>für</strong> die<br />

Kreuzkröte angelegt wor<strong>den</strong>, doch kommt es<br />

durch die nie<strong>der</strong>schlagsarmen Sommer seit<br />

zehn Jahren zu k<strong>eine</strong>r Metamorphosierung<br />

<strong>der</strong> Larven.<br />

75


Natur- und Artenschutz<br />

da<strong>für</strong> geeignet, als Leitart dieser gefährdeten<br />

Biotoptypen und ihren Biozönosen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erhalt<br />

und die ökologische Entwicklung bei <strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong><br />

des <strong>Emscher</strong>systems zu dienen.<br />

SINSCH (1998) faßt sehr treffend und kurz die<br />

<strong>Chance</strong>n und Risiken <strong>für</strong> das Überleben <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />

zusammen: „Je<strong>der</strong> Eingriff, <strong>der</strong> lockere<br />

Bö<strong>den</strong> freilegt, die Vegetation großflächig beseitigt<br />

und flache Gewässer entstehen läßt, schafft<br />

Lebensraum <strong>für</strong> die Kreuzkröte. Sowohl die natürliche<br />

Sukzession als auch das menschliche<br />

Bestreben, ästhetisch schöne Landschaften mit<br />

<strong>eine</strong>m hohen Ordnungsgrad zu schaffen, entziehen<br />

<strong>der</strong> Kreuzkröte die Lebensgrundlage.“ <strong>Die</strong>s<br />

sollte auch bei <strong>der</strong> <strong>Renaturierung</strong> des <strong>Emscher</strong>systems<br />

berücksichtigt wer<strong>den</strong>, damit diese sinnvolle<br />

Naturschutzmaßnahme nicht sogar zum<br />

Aussterben von bedrohten Amphibienarten wie<br />

<strong>der</strong> Kreuzkröte beiträgt. Aus <strong>den</strong> Erfahrungen<br />

bisheriger Fliessgewässer-<strong>Renaturierung</strong>en lassen<br />

sich <strong>für</strong> die ökologische Umgestaltung des<br />

<strong>Emscher</strong>systems folgende Artenschutzfor<strong>der</strong>ungen<br />

ableiten:<br />

Abb. 8. Schaffung <strong>eine</strong>s künstlichen Kreuzkröten-Lebensraumes<br />

durch Aufschüttung<br />

von Sand.<br />

1. <strong>Die</strong> Besiedlungsschwerpunkte <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />

entlang <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> sollten krötenfreundlicher<br />

als bisher gestaltet wer<strong>den</strong>. Dazu zählen<br />

vor allem Maßnahmen wie die Schaffung <strong>eine</strong>s<br />

nährstoffarmen Bachumfeldes durch Abtragung<br />

von Mutterbo<strong>den</strong> und Aufschüttung von Sandund<br />

Kiesbereichen (Abb. 8). Eine Bepflanzung<br />

mit Büschen und Bäumen sollte unterbleiben.<br />

Ausreichend Überschwemmungszonen zur Ausbildung<br />

neuer Auenbereiche und die Schaffung<br />

vegetationsarmer temporärer Tümpel und Pfützen,<br />

aber auch von perennieren<strong>den</strong> Stillgewässern<br />

ohne Kontakt zum Bachlauf sind notwendig.<br />

2. Übriggebliebene Auenwaldreste sollten wie<strong>der</strong><br />

entwickelt und vermehrt wer<strong>den</strong>, und die<br />

vom MURL (1995) vorgeschlagenen Leitbil<strong>der</strong><br />

<strong>für</strong> Tierlandbäche in Nordrhein-Westfalen verwirklicht<br />

wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong> Biotopgestaltung <strong>der</strong><br />

Regenüberlaufbecken sollte unter stärkerer Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> Habitatansprüche <strong>der</strong> Kreuzkröte<br />

in Anlehnung an LWA (1992) und LUA<br />

(1999) erfolgen und viel mehr in ganz NRW<br />

gefährdete Biotoptypen erhalten und wie<strong>der</strong> vermehren<br />

(LÖBF 1999).<br />

3. <strong>Die</strong> Zuflüsse zur <strong>Emscher</strong>, die im wesentlichen<br />

die einzigen Laichgewässer des Feuersalaman<strong>der</strong>s<br />

darstellen, sollten von Hochwasserspitzen<br />

weitgehend verschont wer<strong>den</strong>. So wür<strong>den</strong><br />

zahlreiche neue Ausbreitungsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

diese Art geschaffen. Nur in Kreuzkrötenhabitaten<br />

sind Überschwemmungen essentiell sinnvoll und<br />

auch notwendig, um die typische Gewässer-Dynamik<br />

von Auen wie<strong>der</strong>herzustellen. Als stärker<br />

gefährdete Art sollte im Zweifelsfall eher <strong>den</strong><br />

Bedürfnissen <strong>der</strong> Kreuzkröte und dem hohen<br />

gesamtökologischen Wert von Auenbereichen<br />

Rechnung getragen wer<strong>den</strong>.<br />

War die Kanalisierung <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong> das Meisterwerk<br />

<strong>der</strong> Ingenieurkunst des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

im Ruhrgebiet, so ist die unterirdische Verrohrung<br />

und die oberirdische <strong>Renaturierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Emscher</strong><br />

das bedeutendste Naturschutzprojekt im Ruhrgebiet<br />

des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts und auch das Symbol<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> ökologischen Strukturwandel dieser Region.<br />

Literatur<br />

<strong>Emscher</strong>genossenschaft (2000): Entstehung und Umbau<br />

des <strong>Emscher</strong>systems. <strong>–</strong> Essen<br />

LÖBF (Hrsg. 1999): Rote Liste <strong>der</strong> gefährdeten Pflanzen<br />

und Tiere in Nordrhein-Westfalen. <strong>–</strong> Recklinghausen<br />

LUA (Hrsg. 1999): ökologische Durchgängigkeit von<br />

Hochwasserrückhaltebecken. <strong>–</strong> LUA-Merkblätter 18,<br />

Düsseldorf<br />

LWA (Hrsg. 1992): Biotopgestaltung an Talsperren,<br />

Hochwasserrückhaltebecken und Flussstauseen. <strong>–</strong><br />

LWA-Merkblätter 9, Düsseldorf<br />

MURL (Hrsg. 1995): Leitbil<strong>der</strong> <strong>für</strong> Tieflandbäche in Nordrhein-Westfalen.<br />

<strong>–</strong> Düsseldorf<br />

SCHLÜPMANN, M. & A. G EIGER (1999): Rote Liste <strong>der</strong> in<br />

Nordhein-Westfalen gefährdeten Kriechtiere (Reptilia)<br />

und Lurche (Amphibia). <strong>–</strong> Schriftreihe <strong>der</strong> LÖBF,<br />

Recklinghausen, 17: 375-404.<br />

SINSCH, U. (1998): Biologie und Ökologie <strong>der</strong> Kreuzkröte.<br />

<strong>–</strong> Bochum.<br />

VDI (1994): VDI-Umweltlexikon. <strong>–</strong> Düsseldorf<br />

Autor<br />

DETLEF MÜNCH<br />

Landesverband DGHT-NRW,<br />

Menglinghauser Str. 99a, D-44227 Dortmund<br />

76 9 (2001) Heft 1

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