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■ REPORTAGE<br />

Im Fjord <strong>de</strong>r Wikinger<br />

Die Suche nach <strong>de</strong>n schönsten Fleckchen in Schleswig-Holstein<br />

geht weiter: Der zweite Teil <strong>de</strong>r fünfteiligen SH-Serie führte die<br />

segeln-Crew mit <strong>de</strong>m Kleinkreuzer Jeanneau Sun Fast 2500 an<br />

die Schlei. Schon die Wikinger befuhren <strong>de</strong>n geschützten Fjord<br />

zwischen Schwansen und Angeln<br />

Text: Lina Nagel Fotos: Hinnerk Weiler, Klaus Niermann (Luftaufnahmen)<br />

46 segeln 8/2008<br />

Die segeln-Tour entlang <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Küste wird unterstützt von:<br />

www.pantaenius.<strong>de</strong><br />

Auf 42 Kilometern<br />

schlängelt sich die<br />

Schlei von Schleswig<br />

bis Schleimün<strong>de</strong><br />

8/2008 segeln 47


■ REPORTAGE<br />

Die wil<strong>de</strong>n Männer kamen im Mittelalter<br />

an die Schlei. Sie bauten<br />

sich eine Siedlung, am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Fjor<strong>de</strong>s, mit mächtigem Schutzwall und einem<br />

Hafen, in <strong>de</strong>m sie mit <strong>de</strong>r Beute ihrer<br />

Raubzüge sicher waren. Die zweifelhafte<br />

Wasserqualität schien sie nicht zu stören:<br />

Slæ, „Gewässer mit schleimigen Wasserpflanzen“,<br />

tauften die Wikinger ihre neue<br />

Heimat, Haithabu hieß ihre Siedlung.<br />

Aus Wikingersicht ist unser Starthafen an<br />

<strong>de</strong>r Schleimündung also riskant gewählt –<br />

viel zu dicht am offenen Meer und feindlichen<br />

Schiffen. Wir haben im kleinen Naturhafen<br />

von Schleimün<strong>de</strong> festgemacht und<br />

genießen es, aus <strong>de</strong>m Cockpit unserer Jeanneau<br />

Sun Fast 2500 <strong>de</strong>n rauschen<strong>de</strong>n Wellen<br />

zuzuhören. Plätze gibt es genug an diesem<br />

Mittwochabend – Glück, <strong>de</strong>nn am Wochenen<strong>de</strong><br />

platzt <strong>de</strong>r Hafen aus allen Nähten.<br />

Schleimün<strong>de</strong> ist Kult: Viele Segler<br />

kommen nur für einen Tagesbesuch, um bei<br />

<strong>de</strong>r legendären Imbissbu<strong>de</strong> „Giftbu<strong>de</strong>“ Currywurst-Pommes<br />

zu essen und zu klönen.<br />

Auch Ortia Paschen kommt nach Schleimün<strong>de</strong>,<br />

seit sie <strong>de</strong>nken kann. Die Schleswigerin<br />

ist mit ihren Kin<strong>de</strong>rn Blanca und<br />

Nicolas auf <strong>de</strong>m Weg nach Dänemark und<br />

48 segeln 8/2008<br />

lädt uns abends auf ihr H-Boot ein. „In <strong>de</strong>n<br />

Ferien schaffen wir auch längere Törns.<br />

Aber fürs Wochenen<strong>de</strong> bleiben wir meistens<br />

hier in <strong>de</strong>r Schlei.“ Wird das Revier<br />

nicht irgendwann langweilig? „Naja…“,<br />

meint Nicolas, „irgendwann kennt man natürlich<br />

alles“. Aber, fügt er grinsend hinzu,<br />

„Schleimün<strong>de</strong> ist doch immer wie<strong>de</strong>r nett“.<br />

Doch die Idylle scheint bedroht: Am an<strong>de</strong>ren<br />

Ufer entsteht auf einem ehemaligen<br />

Bun<strong>de</strong>swehr-Stützpunkt die Ferienanlage<br />

„Port Olpenitz“. Was dann mit <strong>de</strong>m Kleinod<br />

Schleimün<strong>de</strong> passiert, steht noch in <strong>de</strong>n<br />

Sternen.<br />

Am nächsten Morgen liegt die Schlei glatt<br />

da; ab und an dampft ein Fischerboot vorbei.<br />

Nach <strong>de</strong>m Frühstück legen wir ab und<br />

fä<strong>de</strong>ln uns in <strong>de</strong>r schmalen Fahrrinne ein.<br />

An unserem Bug weht ein leuchtend rotes<br />

Bändchen, handgeknüpft von <strong>de</strong>r Schleimün<strong>de</strong>r<br />

Hafenmeisterin und ihrer Familie.<br />

Der Hafen von Maasholm zieht an <strong>de</strong>r Steuerbordseite<br />

vorbei; für das nächste Mal nehmen<br />

wir uns vor, unbedingt dort vorbeizuschauen.<br />

Denn am Fähranleger serviert Udo<br />

Petersen eine sensationell gute Currywurst,<br />

mit selbst gemachter Currycreme. Die<br />

Mündung <strong>de</strong>r Schlei scheint ein wahres<br />

Schleimün<strong>de</strong> hält <strong>de</strong>n Rekord: Kein an<strong>de</strong>rer<br />

Leuchtturm wur<strong>de</strong> so oft umgemalt<br />

Currywurst-Eldorado zu sein; doch auch<br />

Liebhaber fangfrischen Ostseefisches<br />

kommen direkt im Hafen auf ihre Kosten.<br />

In Kappeln begrüßen uns auf <strong>de</strong>r Steuerbordseite<br />

drei Backstein-Schornscheine mit<br />

weißer Spitze und <strong>de</strong>r Aufschrift AAL. Das<br />

muss die Räucherei <strong>de</strong>r Familie Föh sein –<br />

Schlei-Kenner meinen: „Alleine für ein<br />

Fischbrötchen von Föh lohnt sich eine Tour<br />

nach Kappeln!“ Spätestens als Ute Föh uns<br />

im Dehnthof zwei knusprige, frisch zubereitete<br />

Brötchen über <strong>de</strong>n Tresen reicht, wissen<br />

wir: Sie haben nicht übertrieben. Seit 96<br />

Jahren wird in Kappeln Aal geräuchert, und<br />

noch heute hält die inzwischen dritte Generation<br />

<strong>de</strong>r Familie Föh an <strong>de</strong>n alten Räucheröfen<br />

fest. „Der Fisch schmeckt einfach<br />

intensiver als <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Automatenöfen“,<br />

ist Ute Föh überzeugt. Mit etwas<br />

geräuchertem Butterfisch und <strong>de</strong>m obligatorischen<br />

Aal begeben wir uns wie<strong>de</strong>r<br />

zur jüngst erweiterten Ancker Marina, wo<br />

wir mit unserer Sun einen Platz gefun<strong>de</strong>n<br />

haben. Schnell kommen wir mit unserem<br />

Stegnachbarn Folkert Jaarsma ins Ge-<br />

Schlei-Impressionen: Schmale Gassen in<br />

Deutschlands kleinster Stadt Bad Arnis<br />

(li.), familiäre Atmosphäre im Hafen von<br />

Schleimün<strong>de</strong> (o.re.); an <strong>de</strong>r Klappbrücke<br />

in Kappeln gibt es auch mal Stau (u.re.)<br />

spräch. Der Hollän<strong>de</strong>r war mit seiner Blue<br />

Swan gera<strong>de</strong> in Norwegen und segelt nun<br />

Richtung Kiel, um per Nordostseekanal<br />

wie<strong>de</strong>r ins IJsselmeer zu fahren. Vor einigen<br />

Jahren, erzählt Jaarsma, ist er einmal in<br />

<strong>de</strong>r Schlei eingeweht. Seither kommt er immer<br />

wie<strong>de</strong>r. „Vor allem die Ankerplätze haben<br />

mich beeindruckt.“ Nur die Brücken-<br />

zeiten, sagt Jaarsma, seien gewöhnungsbedürftig;<br />

die Brücke in Lindaunis schaffe nur,<br />

wer sich nach <strong>de</strong>r Brücke in Kappeln richtig<br />

beeile. Während <strong>de</strong>r Kappelner Heringstage,<br />

wenn unzählige Fischerboote und Angelkähne<br />

die Schlei befahren, spitzt sich die<br />

Situation noch zu.<br />

Wir lassen uns nach <strong>de</strong>r Kappelner Brücke<br />

Zeit für einen Zwischenstopp in Arnis.<br />

Durch schmale Gassen, über krumm getretenes<br />

Kopfsteinpflaster bummeln wir in<br />

Richtung Innenstadt, was in <strong>de</strong>r offiziell<br />

kleinsten Stadt Deutschlands keinen langen<br />

Fußmarsch be<strong>de</strong>utet. Auf <strong>de</strong>r Terrasse <strong>de</strong>s<br />

„Auch wenn es uns in <strong>de</strong>n Ferien nach Dänemark<br />

o<strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>n zieht; die Schlei ist unser Segel-<br />

Zuhause und unser liebstes Revier. Beson<strong>de</strong>rs gerne<br />

fahren wir nach Schleimün<strong>de</strong>.“<br />

Ortia, Nicolas und Blanca Paschen aus Schleswig und Hamburg auf<br />

ihrem H-Boot; von Schleimün<strong>de</strong> wollen sie nach Dänemark segeln.<br />

Traditions-Fischrestaurants „Zur Schleiperle"<br />

bestellen wir einen Kaffee, blinzeln<br />

in die Sonne und genießen <strong>de</strong>n Logen-<br />

Blick; näher am Wasser sitzt man wohl nirgendwo<br />

an <strong>de</strong>r Schlei. Segelboote ziehen<br />

vorbei, eine kleine Fähre setzt in gemächlichem<br />

Takt zwischen Sundsacker und Arnis<br />

hin und her. Kommt es an dieser schmalen<br />

Stelle <strong>de</strong>s Ostseefjor<strong>de</strong>s auch mal zu<br />

Schwierigkeiten zwischen Fährmann und<br />

Seglern? Fährmeister Frank Münsterberg<br />

zumin<strong>de</strong>st fällt zu Seglern „nicht viel Gutes“<br />

ein; oft hat er Probleme, weil seine Fähre<br />

an das Führungsseil gebun<strong>de</strong>n ist. ➣<br />

8/2008 segeln 49


Geht in <strong>de</strong>r Hauptsaison abends die Brücke<br />

in Kappeln auf, dann kommt es schon mal<br />

vor, dass er 20 Minuten nicht übersetzen<br />

kann. Je<strong>de</strong>s Auto, das aufgrund von Wartezeit<br />

doch umdreht und die Brücke in Kappeln<br />

nimmt, be<strong>de</strong>utet für Münsterberg weniger<br />

Umsatz.<br />

Der Wind kommt aus Südwest, als wir Arnis<br />

verlassen; auf <strong>de</strong>r Strecke nach Lindaunis<br />

ist die Schlei zum Kreuzen breit genug,<br />

wir kommen flott voran. Schon tauchen<br />

die Strohdächer von Sieseby vor unserem<br />

Bug auf. Sieseby hat mehrfach <strong>de</strong>n<br />

Titel „Schleswig-Holsteins schönstes<br />

50 segeln 8/2008<br />

Dorf“ errungen; als wir am kleinen Bootssteg<br />

festgemacht haben, verstehen wir, warum:<br />

Liebevoll renovierte Bauernhäuser ducken<br />

sich am Straßenrand, mitten in <strong>de</strong>m<br />

uralten Dorf steht eine romantische Kapelle,<br />

in <strong>de</strong>n Bauerngärten blüht es bunt. Auf<br />

<strong>de</strong>r Terrasse <strong>de</strong>s Schlie-Krog ist gera<strong>de</strong><br />

noch ein freier Platz zu ergattern an diesem<br />

mil<strong>de</strong>n Abend. Hier wird frisch und regional<br />

gekocht, die Menükarte wechselt täglich.<br />

Wir or<strong>de</strong>rn Siesebyer Fischsuppe, dazu<br />

Weißwein, und genießen <strong>de</strong>n Sonnenuntergang.<br />

Nur zu gerne werfen wir die fünf<br />

Euro Hafengebühr in <strong>de</strong>n Briefkasten am<br />

In Bro<strong>de</strong>rsby fällt man vom Boot direkt<br />

ins Restaurant „Missun<strong>de</strong>r Fährhaus“ (li.);<br />

die Brücke in Lindaunis öffnet stündlich<br />

(o.re.); in <strong>de</strong>n Schlei-Dörfern fin<strong>de</strong>t man<br />

liebevoll erhaltene Reetdach-Katen (u.re.)<br />

Steg und können uns am nächsten Morgen<br />

nur schwer vom Siesebyer Idyll trennen. Etwas<br />

weiter schleiabwärts wartet in Lindaunis<br />

die nächste Brücke. Wer hier wartet,<br />

sollte entwe<strong>de</strong>r im Hafen o<strong>de</strong>r an einer <strong>de</strong>r<br />

mit „Fest“ markierten Tonnen festmachen;<br />

zeitweise können sich an dieser schmalen<br />

Stelle <strong>de</strong>r Schlei über zwei Knoten Strom<br />

„Natürlich könnten wir mit mo<strong>de</strong>rnen Automatenöfen<br />

viel Zeit sparen. Aber das wollen wir nicht: Denn<br />

<strong>de</strong>r Fisch aus <strong>de</strong>m traditionellen Räucherofen<br />

schmeckt einfach intensiver und besser.“<br />

Ute Föh betreibt zusammen mit ihrem Mann Friedrich und ihrem Sohn<br />

Matthias die Fischräucherei Föh im Dehnthof in Kappeln.<br />

Von <strong>de</strong>n höher gelegenen Löchern <strong>de</strong>s<br />

Golfclubs Güby überblickt man die Große<br />

Breite (u.li.); einen Hafenmeister sucht<br />

man in Sieseby vergeblich: Für das Hafengeld<br />

gibt es einen Briefkasten (u.re.)<br />

entwickeln. Kurz hinter <strong>de</strong>r Brücke, auf <strong>de</strong>r<br />

Steuerbordseite, bietet sich ein idyllischer<br />

Anblick: Tief schnei<strong>de</strong>t die Schlei in das<br />

Land und formt das Lindauer Noor. Für<br />

kleine Jollen und Schiffe mit Schwenkkiel<br />

ist dieser „Naturhafen" das Paradies; Kin<strong>de</strong>r<br />

können gefahrlos ba<strong>de</strong>n und mit <strong>de</strong>m<br />

Gummiboot umherru<strong>de</strong>rn; ihre Eltern ha-<br />

ben sie immer im Blick, und das Wasser ist<br />

nur an wenigen Stellen tiefer als eineinhalb<br />

Meter.<br />

Missun<strong>de</strong> heißt unser nächstes Ziel. Im<br />

Missun<strong>de</strong>r Fährhaus ist Spargelzeit, und wir<br />

essen köstliches Fischfilet mit zartem Spargel<br />

aus <strong>de</strong>r Region. Nur wenige Meter entfernt<br />

schaukelt unser Schiff am Anleger, wir<br />

sitzen im Garten und schauen <strong>de</strong>n Seglern<br />

zu – traumhaft. Angeblich ist das Missun<strong>de</strong>r<br />

Fährhaus auch die Lieblingsadresse von<br />

Wilfried Erdmann. Mit <strong>de</strong>r Fähre und unseren<br />

Bordfahrrä<strong>de</strong>rn setzen wir auf die an<strong>de</strong>re<br />

Seite, die Halbinsel Schwansen über.<br />

„Es ist sehr schön hier an <strong>de</strong>r Schlei, <strong>de</strong>swegen bin<br />

ich auch sehr glücklich, hier arbeiten zu können –<br />

klar, bei <strong>de</strong>m Ausblick. Beson<strong>de</strong>rs am Wochenen<strong>de</strong><br />

kommen viele Segler hierher.“<br />

Der Schotte Stephen Kennedy aus Glasgow ist Profi und arbeitet<br />

auf <strong>de</strong>m Golfplatz von Güby als Golflehrer.<br />

Hier verkehrt, an<strong>de</strong>rs als in Arnis, eine echte<br />

Seilfähre, die an einer Trosse durchs Wasser<br />

gezogen wird. Vor <strong>de</strong>r Fähre ist diese<br />

Trosse immer knapp unter Wasser straff gespannt.<br />

Dieses kleine Detail wird offenbar<br />

wöchentlich von einem Skipper vergessen,<br />

erzählt <strong>de</strong>r Missun<strong>de</strong>r Fährmann mit einem<br />

Zwinkern. Nach einem Ausflugstipp gefragt,<br />

empfiehlt er das Ornumer Noor:<br />

„Folgt einfach <strong>de</strong>n Schil<strong>de</strong>rn Richtung Ornum!"<br />

Im Ortskern von Missun<strong>de</strong> ra<strong>de</strong>ln<br />

wir an uralten, reetge<strong>de</strong>ckten Bauernhäusern<br />

vorbei. Ein hügeliger Weg führt am Ornumer<br />

Noor entlang. Immer wie<strong>de</strong>r er- ➣<br />

8/2008 segeln 51


■ REPORTAGE<br />

öffnen sich beeindrucken<strong>de</strong> Ausblicke auf<br />

das schilfbestan<strong>de</strong>ne Noor; dahinter blitzt<br />

die Schlei im Sonnenlicht. Über Kosel fahren<br />

wir zurück nach Missun<strong>de</strong> und lassen<br />

uns vom Fährmann übersetzen.<br />

An dieser schmalen Stelle <strong>de</strong>r Schlei kann<br />

sich kräftiger Strom entwickeln; die Springleine<br />

leistet gute Dienste, als wir uns aus <strong>de</strong>r<br />

Box hinausmanövrieren und in Richtung<br />

Borgwe<strong>de</strong>l weiterfahren. Dort machen wir<br />

in <strong>de</strong>r Schra<strong>de</strong>r Marina fest. Etwa einen Kilometer<br />

im Lan<strong>de</strong>sinneren treffen wir einen<br />

waschechten Schotten: Stephen Kennedy<br />

ist Golflehrer im Golfclub von Güby. „Ich<br />

52 segeln 8/2008<br />

genieße je<strong>de</strong>n Tag die Aussicht“, sagt er, als<br />

er uns über <strong>de</strong>n Golfplatz führt. Tatsächlich<br />

– einen schöneren Blick gibt es so schnell<br />

auf keinem Golfplatz. „Am Wochenen<strong>de</strong><br />

kommen sehr viele Segler zum Golfen hierher“,<br />

meint Kennedy. Praktisch: Ihr Schiff<br />

haben sie von <strong>de</strong>r schönen Anlage aus immer<br />

im Blick.<br />

Vom gepflegten Grün <strong>de</strong>s Golfplatzes<br />

zieht es uns ins wildromantische Hinterland:<br />

Nordwestlich von Borgwe<strong>de</strong>l stand<br />

einst eine alte Ziegelei, die heute vollkommen<br />

verfallen ist. Die Natur hat sich das Gebiet<br />

zurückerobert, nur die Straßen sind<br />

Der Schlie-Krog in Sieseby lockt mit frischer,<br />

regionaler Küche und <strong>de</strong>m passen<strong>de</strong>n<br />

Tropfen (li.); im kleinen Hafen von<br />

Stexwig liegt man geschützt (o.re.): im<br />

Had<strong>de</strong>byer Noor wei<strong>de</strong>n Skud<strong>de</strong>n, eine<br />

fast ausgestorbene Haustierrasse (u.re.)<br />

noch erhalten. So spazieren wir auf Asphalt<br />

durch einen dichten Urwald. Zurück an<br />

Bord legen wir ab Richtung Stexwig. Das<br />

futuristisch anmuten<strong>de</strong> rote Clubhaus dient<br />

uns als Landmarke zur Ansteuerung. Die in<br />

die Schlei gebaute Stexwiger Steganlage<br />

bietet wenig Schutz. Unser Tipp: <strong>de</strong>r östlich<br />

„Ich habe gute Erinnerungen an <strong>de</strong>n Holm:<br />

Einmal hat mich ein Fischer zu sich nach Hause<br />

eingela<strong>de</strong>n, und wir hatten einen sehr schönen<br />

Abend mit <strong>de</strong>r Familie.“<br />

Folkert Jarre aus Lelystad: Seit er vor einigen Jahren mit seinem<br />

Schiff hier einwehte, ist <strong>de</strong>r Hollän<strong>de</strong>r begeisterter Schlei-Urlauber<br />

Auf <strong>de</strong>n Königswiesen vor <strong>de</strong>m Petridom<br />

fin<strong>de</strong>t bis Oktober die Gartenschau statt<br />

gelegene, gegrabene Seitenarm. Hier ist es<br />

recht eng und voll, aber dafür liegt man vollkommen<br />

geschützt gegen je<strong>de</strong>s Wetter.<br />

Landschaftlich schöner und etwas geräumiger<br />

fan<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Hafen von Fahrdorf.<br />

Der kleine Hafen wird vom Fahrdorfer Segelverein<br />

betreut und ist ein guter Ausgangspunkt<br />

für Wan<strong>de</strong>rungen rund ums<br />

Had<strong>de</strong>byer Noor.<br />

Abends machen wir im gemütlichen Hafen<br />

von Had<strong>de</strong>by fest. Von hier aus fährt<br />

etwa im 20 Minuten-Takt eine Fähre hinüber<br />

zur Lan<strong>de</strong>sgartenschau. Mehr als Blütenträume<br />

interessiert uns jedoch die Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Region: Im frühen Mittelalter<br />

entstand am Had<strong>de</strong>byer Noor einer <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendsten<br />

Siedlungsplätze Nor<strong>de</strong>uropas:<br />

Haithabu. Heute noch umschließt ein mächtiger<br />

Halbkreiswall die einstige Wikingersiedlung.<br />

Für Archäologen eine wahre<br />

Fundgrube: In <strong>de</strong>r ehemaligen Hafenanlage<br />

wur<strong>de</strong> 1980 ein Wikingerschiff geborgen,<br />

das heute im Museum von Schloss<br />

Gottorf zu sehen ist. Von Had<strong>de</strong>by führt ein<br />

Wald- und Wiesenpfad nach Haithabu. Hin-<br />

ter <strong>de</strong>n nachgebauten Wikingerhäusern grasen<br />

Skud<strong>de</strong>n, eine Art mittelalterliches<br />

Schaf. Im Museum selbst gibt es allerlei Wikingerschätze<br />

zu bestaunen; ob Schmuck<br />

o<strong>de</strong>r Waffen, das Noor hat sie auf wun<strong>de</strong>rsame<br />

Weise konserviert. Wer <strong>de</strong>n Tag stilecht<br />

abrun<strong>de</strong>n will, sollte nach einem Besuch<br />

in Haithabu in die „Wikingerschänke<br />

am Runenstein“ einkehren. Hier, direkt am<br />

Hafen von Had<strong>de</strong>by, gibt es Wikingerkost<br />

und Met aus <strong>de</strong>m Trinkhorn, dazu regelmäßig<br />

Livemusik in Wikingerlautstärke.<br />

Wer Ruhe und Abgeschie<strong>de</strong>nheit sucht, ist<br />

in Had<strong>de</strong>by also nicht unbedingt richtig –<br />

zumal <strong>de</strong>r Hafen fast unmittelbar an einen<br />

Campingplatz grenzt und die nahe B 76<br />

nicht zu überhören ist.<br />

Auch das Wahrzeichen von Schleswig<br />

lehnt sich an das Erbe <strong>de</strong>r Nordmänner an.<br />

Was <strong>de</strong>r Wiking-Turm mit <strong>de</strong>n Namensgebern<br />

zu tun hat, erschließt sich uns allerdings<br />

nicht: Groß, weiß und kantig ragt das<br />

Gebäu<strong>de</strong> über <strong>de</strong>r kleinen Stadt auf. Der<br />

Hafen direkt an <strong>de</strong>m Turm ist ziemlich weit<br />

von <strong>de</strong>r Innenstadt entfernt. Wir entschei<strong>de</strong>n<br />

uns für <strong>de</strong>n Clubhafen am Luisenbad.<br />

Wenn die Gartenschau vorüber ist, können<br />

<strong>de</strong>r Park und die schöne Ba<strong>de</strong>stelle hof-<br />

fentlich wie<strong>de</strong>r ohne 15 Euro Eintritt besucht<br />

wer<strong>de</strong>n. Durch diesen Park geht es<br />

normalerweise direkt in die Altstadt. Jetzt<br />

müssen wir an einer stark befahrenen Straße<br />

quer durch die Stadt zum Holm laufen,<br />

<strong>de</strong>r ehemaligen Fischersiedlung und <strong>de</strong>m<br />

historischen Herzen Schleswigs. Wir setzen<br />

uns vor das Holm-Café in die Sonne, genießen<br />

<strong>de</strong>n Blick über <strong>de</strong>n kopfsteingepflasterten<br />

Lin<strong>de</strong>nplatz – und ein Stück <strong>de</strong>s<br />

sensationellen Käsekuchens, <strong>de</strong>r sogar<br />

„Feinschmecker“-prämiert ist. Bis 1933<br />

war <strong>de</strong>r Holm eine Insel, noch immer bil<strong>de</strong>n<br />

die Holmer Fischer eine Gemeinschaft<br />

für sich. Wer mehr über ihre Geschichte erfahren<br />

will, <strong>de</strong>m sei das Holm-Museum in<br />

<strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>rholmstraße empfohlen.<br />

Im Biergarten <strong>de</strong>r Asgaard-Brauerei lassen<br />

wir unseren Schlei-Törn Revue passieren<br />

und sinnieren bei einem original Schleswiger<br />

Lagerbier ein letztes Mal über die Wikinger.<br />

Als die Schlei für die aufkommen<strong>de</strong>n<br />

Hansekoggen zu flach wur<strong>de</strong>, versank<br />

Haithabu in <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utungslosigkeit, und<br />

die Wikinger zogen an einen an<strong>de</strong>ren Ort.<br />

Seither ist es friedlich im Ostseefjord. Und<br />

auch schleimige Wasserpflanzen sucht man<br />

heute vergebens.<br />

■<br />

8/2008 segeln 53

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