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Kanapee

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Die Spuren dieses italienischen carnevale führen offensichtlich ins Lateinische<br />

zurück. Aber hier wird das Wort zu einem doppeldeutigen, uns<br />

fröhlich narrenden Vexierbild. Die einen drehen es so herum, dass ihnen<br />

aus diesem carnevale das lateinische Substantiv caro mit dem Genitiv carnis,<br />

„Fleisch“, samt dem Verb levare, „aufheben, wegnehmen“, in die Augen<br />

springt. So verstanden bezeichnete das Wort, wortwörtlich verdolmetscht,<br />

das „Fleisch-Wegnehmen“ vom Speisezettel am Aschermittwoch, und nach<br />

dieser Deutung hätte es sich von Anfang an auf die vierzigtägige vorösterliche<br />

Fastenzeit bezogen.<br />

Die anderen drehen das Vexierbild dieses „Karnevals“ so herum, dass<br />

daraus ein lateinischer carrus, ein „Karren“, samt dem Adjektiv navalis,<br />

„zum Schiff gehörig“, herauszuschauen scheint; diese Deutung bezieht das<br />

Wort auf die volkstümlichen Umzüge, mit denen man in Italien nach dem Abklingen<br />

der Winterstürme die Wiederaufnahme der Schifffahrt feierte. So<br />

verstanden bezöge sich das Wort ursprünglich auf die bei diesen Umzügen<br />

mitgeführten beräderten „Schiffskarren“, und dann wäre es irgendwann,<br />

irgendwo in einer volksetymologischen Umdeutung vom Beginn des<br />

Schifffahrtsjahres im Frühjahr auf den Beginn der Fastenzeit vor Ostern<br />

übertragen worden.<br />

Gemeinhin gilt ist die erste, näherliegende Erklärung als die wahrscheinlichere;<br />

aber vielleicht haben sich die Wege der Wörter auch irgendwie<br />

gekreuzt. Das Nebeneinander der zwei Deutungen verrät, wie sehr wir da<br />

im Dunkeln tappen. Eines aber ist gewiss: dass die große Menge der<br />

Karnevals narren, denen die sprachliche Herkunft ihres „Karnevals“ vom<br />

„Fleisch“ oder vom „Schiff“ Jacke wie Hose oder Hans wie Heiri war, sich<br />

bald ihren eigenen Reim auf das Wort gemacht hat. Die hörte aus diesem<br />

carnevale ganz einfach vorn ein carne und hinten ein vale! heraus und verstand<br />

das Wort als einen Aschermittwochs-Abschiedsgruß an das üppige<br />

Leben, als ein „Fleisch Ade!“ Aber das ist natürlich eine närrische Jux-Etymologie,<br />

die eher zu einer launigen Büttenrede als zu einer ernsthaften<br />

Wortgeschichte taugt, so närrisch wie jene Jux-Heiratstermine. Dazu sei<br />

nur noch angemerkt, dass dieser „Jux“ auch selbst ein Jux-Wort ist: eine<br />

– doch wohl studentische – Verhohnepipelung des lateinischen iocus,<br />

„Scherz, Spaß“.<br />

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