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Block H1, bzw. VW3* - Lehrstuhl Metallische Werkstoffe - Universität ...

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Werkstofftechnologie und<br />

Halbzeuge, Teil Metalle<br />

<strong>Block</strong> <strong>H1</strong>, <strong>bzw</strong>. VW3 *<br />

<strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

<strong>Universität</strong> Bayreuth<br />

WS 08/09<br />

* Modul Verfahrenstechnik und Werkstofftechnologie im Masterstudiengang Materials Science and Engineering<br />

1<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Der Dozent:<br />

Prof. Dr.-Ing. habil. Uwe Glatzel<br />

• Jahrgang 1960<br />

• Studium der Physik in Tübingen (Auslandsjahr in<br />

Corvallis, Oregon, USA)<br />

• Promotion am Institut für Metallforschung, TU-Berlin,<br />

Prof. Monika Feller-Kniepmeier<br />

• post-doc (1 Jahr) an der Stanford University<br />

• Habilitation an der TU-Berlin<br />

• Gerhard-Hess Preis der DFG für junge<br />

Nachwuchswissenschaftler<br />

• 1996-2003 Prof. für "<strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>" in Jena<br />

• seit 01.04.2003 in Bayreuth (Lst. <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>)<br />

Kontakt: Raum 1.04.1, Tel.: (0921) 55-5555<br />

Ludwig-Thoma-Str. 36b (IMA) e-mail: uwe.glatzel@uni-bayreuth.de<br />

2<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Empfohlene Literatur<br />

• W. Bergmann, Werkstofftechnik 1 und 2, Hanser Verlag<br />

• F. Vollertsen, S. Vogler, <strong>Werkstoffe</strong>igenschaften und Mikrostruktur, Hauser Verlag,<br />

München<br />

• Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, Springer<br />

• M.Peters, C. Leyens, J. Kumpfert, Titan und Titanlegierungen, DGM Inf.ges. Verlag<br />

• H. Schumann, Metallographie, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig<br />

• H.-J. Bargel, G. Schulze, Werkstoffkunde, VDI-Verlag, Düsseldorf<br />

• DIN-Taschenbuch 19, Materialprüfnormen für metallische <strong>Werkstoffe</strong> (Band 1<br />

und 2), Beuth-Verlag, Berlin<br />

• E. Hornbogen, H. Warlimont, Metallkunde, Springer-Verlag, Berlin<br />

• G. E. R. Schulze, Metallphysik, Springer-Verlag, Wien<br />

• Folien der Vorlesung unter: http://www.uni-bayreuth.de/departments/metalle/Lehre/WTuHZ/<br />

3<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Inhalt<br />

0. Grundsätzliches Metalle (Wiederholung)<br />

1. Leichtmetalle<br />

• Aluminium<br />

• Magnesium<br />

• Titan<br />

2. Eisenwerkstoffe<br />

3. Hochtemperaturlegierungen<br />

4. Vom Halbzeug zum Bauteil - Umformen<br />

(Urformen wurde in der Einführungsvorlesung behandelt)<br />

4<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Grundsätzliches<br />

• Preisentstehung<br />

• Verfügbarkeit<br />

• Werkstoff-Kreisläufe<br />

• Lieferformen von Metallen<br />

- Bleche, Profile und Blöcke<br />

- Pulver, Formkörper<br />

5<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Verfügbarkeit<br />

(≠ Vorkommen)<br />

Kosten für<br />

Darstellung<br />

Preisentstehung<br />

Kosten für<br />

Weiterverarbeitung<br />

Preis des<br />

Werkstoffs<br />

Nachfrage<br />

Preis in DM/kg<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

6DM/kg<br />

Kupfer Titan<br />

6<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

0,01%<br />

60DM/kg<br />

0,63%<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

Vorkommen in %


Faktoren für die<br />

Standortentwicklung:<br />

Rohstoffe<br />

Verfügbarkeit und Preisentwicklung<br />

z.B. Aluminium<br />

Energiepreise<br />

Standort<br />

Transportwege<br />

7<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumerzeugung<br />

und -verbrauch<br />

Aluminiumverbrauch und -produktion in Deutschland<br />

Hüttenaluminiumerzeugung nach<br />

Regionen<br />

Verbrauch an Hüttenaluminium hat<br />

sich von 1970 - 1990 nahezu<br />

verdoppelt<br />

8<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Rohstoffe<br />

Energie<br />

Sekundäre Rohstoffe<br />

Werkstoffkreisläufe<br />

Metall-<br />

Gewinnung<br />

Raffination<br />

Urform-<br />

gebung<br />

Formgebung<br />

Spanlose<br />

Spanende<br />

9<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

Wärmebe-<br />

handlung<br />

Recycling<br />

Oberflächen-<br />

technik-<br />

Montage<br />

Einsatz<br />

Demontage<br />

Deponien<br />

Abwärme<br />

Emission


Bleche<br />

Profile<br />

Lieferformen von Metallen<br />

Unterschiedlichen <strong>Werkstoffe</strong>:<br />

(Baustahl, verzinkter Stahl, Cu,<br />

Messing, Al)<br />

Bleche mit strukturierter Oberfläche<br />

10<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

Blöcke<br />

Coils<br />

Strangpressprofile Vergüteter Kunststoffformenstahl


Halbzeuge<br />

Lieferformen von Metallen<br />

Walzwerkserzeugnisse<br />

Pulver<br />

Formkörper<br />

Gesenkschmiedeteile<br />

Ölpumpe aus Sinterstahl<br />

11<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Gefüge:<br />

Anordnung von Phasen<br />

und Körnern in einem<br />

Aggregat, Verteilung<br />

der Defekte<br />

Orientierung:<br />

Anordnung der das<br />

Kristallgitter aufspannenden<br />

Vektoren<br />

relativ zu einem äußeren<br />

Vektorensystem<br />

Definitionen metallkundlicher Begriffe<br />

Primäre Cu 2O-Kristalle im Cu+ Cu 2O-Eutektikum<br />

Seigerung:<br />

Bereiche mit unterschiedlicher<br />

chemischer Zusammen-setzung<br />

12<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Mechanismen der Entfestigung<br />

Rekristallisation<br />

Rekristallisationsschaubild von Messing<br />

Festigkeitsverlauf<br />

Temperatur<br />

13<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

Zugfestigkeit<br />

Erholung<br />

Rekristallisation<br />

Kornvergrößerung<br />

Erholung: Entspannung des Materials<br />

ohne Kornneubildung<br />

Kornvergrößerung: Wachstum<br />

energetisch günstigerer Körner


Vorgänge bei der Rekristallisation<br />

(schematisch)<br />

Keimbildung und Kornwachstum<br />

a) b)<br />

c) d)<br />

a) Rekristallisationskeime im<br />

kaltumgeformten Gefüge<br />

b) Wachsen vorhandener Keime<br />

(⇒ rekristallisierte Körner)<br />

c) Zusammenwachsen<br />

rekristallisierter Körner<br />

d) Neues Gefüge aus unverformten<br />

Körnern (Rekristallisation<br />

abgeschlossen)<br />

14<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Verformungsmechanismuskarten<br />

(Ashby)<br />

15<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Verformungsmechanismuskarten<br />

(Ashby)<br />

Metalle<br />

Aus den Verformungsmechanismuskarten<br />

läßt sich entnehmen, welcher Verformungsmechanismus<br />

bei einer gegebenen<br />

Temperatur und Spannung in einem<br />

Werkstoff vorherrschen wird.<br />

Der angegebene Mechanismus ist im<br />

Allgemeinen nicht der einzige, der in dem<br />

jeweiligen Temperatur- und<br />

Spannungsbereich abläuft.<br />

Es ist der Mechanismus, der die größte<br />

Verformungsgeschwindigkeit bei den<br />

Voraussetzungen:<br />

angegebenen Bedingungen verursacht.<br />

• Es wird nur stationäres Kriechen berücksichtigt<br />

• Verformung durch Zwillingsbildung wird vernachlässigt<br />

• Wo die Verformungsgeschwindigkeit unmessbar klein wird, wird ein elastischer Bereich angegeben<br />

• Es wird stets von einer konstanten Struktur, also einer bestimmten Korngröße, ausgegangen<br />

• Bruch tritt nicht auf<br />

16<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Leichtmetalle<br />

Definition: Dichte ρ≤4,5 g/cm 3<br />

17<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Al-, Mg-, Ti-<strong>Werkstoffe</strong><br />

• Magnesium (1,74 g/cm 3 )<br />

• Beryllium (1,85 g/cm 3 )<br />

• Aluminium (2,70 g/cm 3 )<br />

• Titan (4,51 g/cm 3 )<br />

18<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminium und<br />

seine Legierungen<br />

19<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminium<br />

Ordnungszahl 13<br />

Atomgewicht 26,98 u<br />

Gitteraufbau kfz<br />

Dichte 2,7 g/cm 3<br />

Schmelztemperatur 659 °C<br />

Volumenabnahme (flüssig-fest) 6,5 %<br />

Linearer Ausdehnungskoeffizient (20-100°C) 23,6*10 -6 1/k<br />

Elastizitätsmodul 67 GPa<br />

Schubmodul 25,0 GPa<br />

Zugfestigkeit R m 80-100 MPa<br />

Bruchdehnung ~ 40 %<br />

Schmelzwärme 390 kJ/kg<br />

Siedetemperatur 2500 °C<br />

Verdampfungswärme 11,4 MJ/kg<br />

Elektrische Leitfähigkeit 37,67 m/Ω*mm 2<br />

Spezifischer elektrischer Widerstand 26,55 nΩ*m<br />

Wärmeleitfähigkeit 235 W/m*K<br />

Oberflächenspannung bei 660°C 0,86 N/m<br />

Standardpotential -1,67 V<br />

20<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumgewinnung nach dem Bayer-Verfahren<br />

u. Aluminiumelektrolyse<br />

Aluminium –<br />

Bayer-Verfahren<br />

Schematischer Ablauf der Aluminiumgewinnung<br />

aus Bauxit<br />

AlO(OH)<br />

Na 3 AlF 6<br />

21<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Zweischichtelektrolyse<br />

Dreischichtelektrolyse<br />

Aluminium –<br />

Schmelzflußelektrolyse u. Raffination<br />

Schmelzflußelektrolyse,<br />

Vorgänge<br />

Rohstoff- und<br />

Energieaufwand<br />

22<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Al-Schmelzflusselektrolyse<br />

(werden verbraucht)<br />

(Kohle)<br />

1852: 1000 €/kg 1895: 1,1 €/kg<br />

1964: 0,5 €/kg heute: 2 €/kg<br />

Elektrolyt als niedrig-schmelzendes<br />

Eutektikum (T m = 935°C, ρ = 2,15<br />

g/cm 3 ) mit 20% Al 2 O 3 und 80%<br />

Kryolith (Na 3 AlF 6 ). Kryolith wirkt<br />

als Katalysator, wird also kaum<br />

verbraucht. Al mit höherer Dichte<br />

(2,35 g/cm3 bei 900°C) sinkt nach<br />

unten und wird alle 1-2 Tage<br />

abgestochen. Al 2 O 3 wird<br />

kontinuierlich nachgefüllt.<br />

Al 2 O 3 + 3 C � 2 Al + 3 CO<br />

Nur 5% der Energie wird für die<br />

Neudarstellung verwendet.<br />

23<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumlegierungen<br />

Wirkung von Legierungselementen<br />

Kornfeinungsmittel für Aluminiumguß: Titan, Bor (Vorlegierung mit 5% Ti + 1% B)<br />

Veredelung der Schmelze: Phosphor, Natrium, Strontium<br />

Wichtigsten Legierungselemente:<br />

Magnesium, Silizium, Kupfer, Zink, Lithium Ausscheidungshärtung<br />

Mangan Erhöhung der Rekristallisationstemperatur<br />

Titan Kornfeinungsmittel, Korrosionsbeständigkeit<br />

Chrom Korrosionsbeständigkeit<br />

Eisen „Keimbildner für Mg2Si“ 24<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Einteilung von<br />

Aluminiumwerkstoffen<br />

Aluminiumknetlegierungen (DIN 1725/T1) Aluminiumgußlegierungen (DIN 1725/T2)<br />

aushärtbare<br />

<strong>bzw</strong>.<br />

naturharte<br />

Legierungen<br />

Knetwerkstoffe: AlMgSi, AlCuMg, AlCuSiMg, AlZnMg, AlZnMgCu, AlLi<br />

Gußwerkstoffe: AlMgSi, AlCuTi, AlCuTiMg, AlLi<br />

25<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Einteilung von<br />

Aluminiumwerkstoffen<br />

Aushärtbare Aluminiumlegierungen<br />

Knetwerkstoffe: AlMgSi, AlCuMg<br />

AlCuSiMg, AlZnMg<br />

AlZnMgCu, AlLi<br />

Gußwerkstoffe: AlMgSi, AlCuTi<br />

AlCuTiMg, AlLi<br />

Nicht aushärtbare Aluminiumlegierungen<br />

Wichtigsten Vertreter dieser Werkstoffgruppe:<br />

AlMn, AlMg, AlMgMn, AlSi,<br />

Neben den Werkstoffnummern (3.0000 - 3.4999 für Al-Legierungen, z.B. 3.3549)<br />

ist die "AA-Liste" (z.B. AA 5182) der Aluminium Association (USA) das<br />

gebräuchlichste Legierungsregister. Daneben AC-Legierungen, Handelsnahme der<br />

Firma ALCAN.<br />

26<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumlegierungen<br />

nach DIN EN 573<br />

Quelle: Rieg, Taschenbuch der Maschinenelemente<br />

27<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aushärtungevorgang bei<br />

Aluminiumlegierungen (schematisch)<br />

meist der<br />

entscheidende<br />

Schritt<br />

28<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Bezeichnungen ausgehärteter<br />

Aluminiumlegierungen<br />

29<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Phasendiagramm Al-Cu<br />

(2.000-Serie)<br />

30<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Ausscheidungssequenzen im System<br />

Aluminium-Kupfer (2.000-Serie)<br />

Schnitt durch Guinier-Preston-Zone I (links)<br />

und GPZ II (rechts)<br />

(parallel zur (200)-Ebene)<br />

Reihenfolge:<br />

1. GPZ I<br />

2. GPZ II oder Θ''<br />

3. Θ'<br />

4. Θ (Al 2Cu)<br />

Kristallstrukturen:<br />

31<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

Cu<br />

Al


Nicht aushärtbare<br />

Aluminiumlegierungen<br />

Die Festigkeit dieser Legierungen wird im wesentlichen durch eine<br />

Mischkristallverfestigung bestimmt.<br />

Bei Knetlegierungen ist eine Veränderung der mechanisch-technologischen<br />

Eigenschaften durch Kaltverformen üblich.<br />

Grad der Verfestigung wird in älteren Normen beschrieben durch die Bezeichnungen<br />

weich (1,0 x R m ) halbhart (1,2 x R m ) hart (1,4 x R m )<br />

(heute teilweise ersetzt durch die „F-Zahl“, d.h. F30 entspricht Zugfestigkeit > 300 MPa )<br />

32<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Bruchzähigkeit verschiedener<br />

Aluminiumlegierungen<br />

Ziel der <strong>Werkstoffe</strong>ntwicklung:<br />

Legierungen mit hoher<br />

Festigkeit und gleichzeitig<br />

hoher Bruchzähigkeit<br />

Merke:<br />

Anteil an unlöslichen<br />

Bestandteilen beeinflussen<br />

wesentlich die Rißeinleitung<br />

und Rißwachstum<br />

33<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Zustandsdiagramm von<br />

Aluminium-Silizium (4.000-Serie)<br />

G-AlSi12 ist eine eutektische Gußlegierung<br />

• ausgezeichnetes Formfüllungsvermögen<br />

• hohe Warmrißbeständigkeit<br />

• ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit<br />

(Ausbildung einer SiO 2 -Oberflächenschicht)<br />

Gestrichelte Linien deuten die Unterkühlbarkeit<br />

an (für veredelte Legierungen)<br />

Veredelung bedeuted die Beeinflussung<br />

des Keimzustandes <strong>bzw</strong>. der Unterkühlung<br />

durch Zugabe von Natrium oder Strontium<br />

34<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Zustandsdiagramm<br />

Aluminium-Magnesium (5.000-Serie)<br />

AlMg- Legierungen sind „naturhart“ (d.h.<br />

nicht aushärtbar)<br />

• gute Eloxierbarkeit (Einsatz für<br />

Dekorationszwecke)<br />

• ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit an<br />

Luft und Seewasser<br />

Gefüge von AlMg 3<br />

35<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />

Herstellungsweg von Al-Karosserieblechen<br />

BDLO = Banddurchlaufofen<br />

Quelle: Alcan<br />

36<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


AlMgSi (aushärtbar)<br />

Keine<br />

�<br />

++<br />

++<br />

BDLO<br />

+++<br />

+++<br />

+++<br />

+++<br />

++<br />

+++<br />

+++<br />

Aluminiumwerkstoffe zum<br />

Tiefziehen<br />

Kriterium<br />

Lüderslinien<br />

Festigkeitsänderung KTL<br />

Umformvermögen<br />

Bördeleigenschaften<br />

Equipment Glühen<br />

Korrosionsverhalten<br />

Warmbeständigkeit ≥ 65 °C<br />

Crashverhalten<br />

Sichtansprüche<br />

Max. Umformvermögen<br />

Potenzial Dickenreduktion<br />

Sortenreine Bauweise Recycling<br />

AlMgMn (naturhart)<br />

(A), B<br />

BDLO oder Batch<br />

Fallweise prüfen<br />

37<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

�<br />

+++<br />

+++<br />

+++<br />

+++<br />

(+)<br />

+++<br />

+<br />

++


Umformen – Tiefziehen<br />

Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />

Verwendung von Fließfigurenfreien (fff) – Legierungen für Außenhautanwendungen<br />

6xxx = fff 5xxx = Fließfiguren<br />

38<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />

Tiefziehteil für den Kfz-Bereich<br />

Grobkornbildung im Bereich<br />

schwacher Umformung<br />

39<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminiumlegierungssysteme zum<br />

Tiefziehen<br />

Quelle: Alcan<br />

40<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Zugfestigkeit Normprobe [MPa]<br />

Festigkeitsvergleich<br />

Stahl- ↔ Aluminium-Karrosserieblech<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

DX56D+Z<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

AC120PX<br />

T6<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

AC120PX<br />

0<br />

T4<br />

maximale Kraft [kN] / Weg bis F max [mm]<br />

Stahlblech mit 0,9 mm Stärke<br />

im Vergleich zum<br />

Aluminiumblech mit 1,1 mm Stärke<br />

in den Zuständen T4 und T6.<br />

(Skalen auf Blechdicke bezogen)<br />

41<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Verformungsanalyse einer gefügten<br />

Probe im Scherzugversuch<br />

DC04+ZE75/75 (0,9 mm) DC04+ZE75/75 (0,9 mm)<br />

Stahl Stahl<br />

Aluminium Aluminium<br />

AC120PX (T4) (1,1 mm) AC120PX (T6) (1,1 mm)<br />

→ Starke Deformation und Spannung im Randbereich<br />

Zugscherversuch<br />

42<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Verwendungsbereiche von<br />

Aluminiumblechen<br />

43<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Magnesium und<br />

seine Legierungen<br />

44<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Magnesium - Eigenschaften<br />

Kristallstruktur: hdp, mit c:a = 1,627 (im Vergleich zu 1,633)<br />

Schmelztemperatur: 649°C<br />

Siedetemperatur: 1120°C<br />

Dichte: 1,74 g/cm³ (leichtestes von den in größeren<br />

Mengen genutzten Metallen)<br />

E-Modul: 45 GPa<br />

Härte: ca. 40 HB<br />

Zugfestigkeit: ca. 150 MPa<br />

Wärmeleitfähigkeit: 156 W/m . K<br />

spez. el. Widerstand: 4,38 µW . cm<br />

therm. Ausdehnungskoeffizient: 26,1 . 10 -6 K -1<br />

Bruchdehnung: 1 - 12%<br />

45<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Magnesium<br />

Produktion,Verwendung<br />

Weltjahresproduktion: ca. 250.000 t<br />

Recyclingquote: ca. 40 %<br />

Preis: ca. 3 €/kg<br />

50 % des Magnesium wird als Legierungszusatz für Aluminiumlegierungen<br />

verwendet<br />

25 % als Mg-Legierung<br />

15 % in der chemische Industrie und zur Metalldarstellung (z. B.<br />

Kroll-Prozeß)<br />

10 % Zur Entschwefelung und Desoxodation von Stahl und zur<br />

Erzeugung von GGG<br />

46<br />

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Magnesium<br />

Rohstoffe, Lagerstätten, Darstellung<br />

Wichtigste Erze sind:<br />

• Carnallit (KCl . MgCl 2 . 6H2O) mit 8 % Mg<br />

• Magnesit (MgCO 3 ) mit 27 % Mg<br />

• Dolomit (CaCO 3 . MgCO3) mit 13 % Mg<br />

Magnesium ist zu etwa 2,3 % in der<br />

Erdrinde enthalten und kommt fast überall<br />

vor. (Auch in Meerwasser ca. 1,3 kg Mg /m³<br />

enthalten, Totes Meer deutlich mehr!!!)<br />

Größte Erzeuger: USA, Rußland, Norwegen<br />

Aufgrund des hohen Energiebedarfs zur Herstellung von Mg erfolgt die Erzeugung vorrangig<br />

in Ländern, die über billige Energiequellen verfügen.<br />

Wichtigste Herstellungsroute ist die Schmelzflußelektrolyse (vergleichbar mit der<br />

Aluminiumdarstellung) aus Magnesiumchlorid (etwa 70 %). Etwa 30 % werden durch<br />

thermische Reduktion mit Ferrosilizium aus Magnesiumoxid gewonnen. Die thermische<br />

Reduktion basiert hauptsächlich auf gebranntem Dolomit.<br />

Das elektrolytisch und thermisch erzeugte Rohmagnesium enthält noch Verunreinigungen und<br />

wird flüssig mit Flußmittel-Salzen und Chlorgas oder Stickstoff raffiniert.<br />

Reinst-Magnesium (99,99 %) erzeugt man durch Destillation im Hochvakuum.<br />

47<br />

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Magnesium<br />

Schmelzflußelektrolyse<br />

Elektrolysezelle zur Gewinnung von<br />

Magnesium aus MgCl 2<br />

Temperatur: 700 - 750 °C<br />

Anfangsgehalt: 15 % MgCl2 Zusätze: Na2O, K2O, CaO zur<br />

Schmelzpunkterniedrigung<br />

Das Mg scheidet sich flüssig an der<br />

Fe-Kathode ab und schwimmt auf<br />

dem Elektrolyten. Wegen der<br />

Sauerstoffaffinität wird das Mg zum<br />

Abschöpfen mit Schwefel-pulver<br />

abgedeckt und somit eine SO 2-<br />

Atmosphäre geschaffen.<br />

Die keramischen Trennwände<br />

verhindern den Kontakt des<br />

Magnesiums mit dem Chlorgas und<br />

damit eine Rückchlorierung<br />

48<br />

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Magnesiumlegierungen<br />

• Brennbarkeit (Pulver selbstentzündlich und nicht löschbar).<br />

• reines Magnesium: Problem der Verarbeitbarkeit (praktisch nicht<br />

kaltumformbar), da hexagonale Kristallstruktur.<br />

• reines Magnesium schlecht<br />

gießbar, aber in dieser<br />

Beziehung wurden in den<br />

letzten Jahren enorme<br />

Fortschritte erzielt (die sog.<br />

AJ-Legierungen mit sehr<br />

guten Druckgußeigenschaften).<br />

Z.B.: AJ52 (Mg Al 5 Sr 2,0)<br />

AJ62 (Mg Al 6 Sr 2,3)<br />

• Kriechen und Sublimation<br />

BMW 6-Zylinderreihenmotor,<br />

in Serie ab 2004, 24% Gewichtsersparnis<br />

49<br />

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Magnesium - Gußlegierungen<br />

Die große Erstarrungsschwindung von 4 % macht Mg-Legierungen anfällig für Poren<br />

und Lunker. Zudem zeichnet sich Mg durch eine niedrige Wärmekapazität<br />

(ermöglicht kurze Zykluszeiten) und schlechtes Formfüllungsvermögen aus. Deshalb<br />

wird der größte Teil der Magnesiumlegierungen im Druckguß (90%) verarbeitet. Als<br />

Tiegelmaterial wird Eisen und als Werkzeugmaterial wird Stahl eingesetzt, da Eisen<br />

von flüssigem Magnesium nicht angegriffen wird.<br />

Auswahl einiger genormter Mg-Gußlegierungen<br />

Kurzzeichen Werkstoffnummer R P 0,2 R m A Härte Handelsübliche<br />

MPa MPa % HB 5/250 Bezeichnung<br />

G-MgAl18Zn1 3.5812.05 140-160 200-240 1-3 60-85 AZ 81<br />

G-MgAl19Zn1 3.5912.05 150-170 200-250 0,5-3 65-85 AZ 91<br />

G-MgAl6 3.5662.05 120-150 190-230 4-8 55-70 A 6<br />

G-MgAl6Zn1 3.5612.05 130-160 200-240 3-6 55-70 AZ 61<br />

G-MGAl4Si1 3.5470.05 120-150 200-250 3-6 60-90 AS 41<br />

G-MGAl6Sr2 ? 130-150 200-250 7-9 55-65 AJ 62<br />

50<br />

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Magnesium<br />

Verarbeitung<br />

Magnesiumschmelze wird zum Schutz vor<br />

Selbstentzündung mit Schwefel abgedeckt.<br />

Bei Raumtemperatur ist Magnesium schlecht<br />

umformbar (Gleiten nur auf Basisebene), bei<br />

ca. 200°C sprunghafter Übergang zu höherer<br />

Duktilität (Aktivierung neuer Gleitsysteme).<br />

Aufgrund aus-geprägter Anisotropie und<br />

durch Glühen nicht ausgleichbarer Textur<br />

wird Magnesium nur in geringem Maß als<br />

Knetlegierung eingesetzt. Mg-Legierungen<br />

sind jedoch hervorragend spanend zu<br />

bearbeiten. Wegen der Gefahr der<br />

Selbstentzündung der Späne wird dabei<br />

trocken oder unter Öl gearbeitet.<br />

51<br />

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Phasendiagramm Mg - Al<br />

Zulegieren mit<br />

leichten Elementen<br />

(Al, Sr).<br />

Die Al 12 Mg 17<br />

intermetallische<br />

Phase bildet mit der<br />

Mg-Matrix ein<br />

Lamellengefüge<br />

52<br />

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Instrumententafel PKW<br />

Sitzschale PKW<br />

Magnesium<br />

Anwendungsbeispiele<br />

Werksmaschine Ralf Waldmann<br />

1993 mit Mg-Gußfelgen<br />

Flugzeugmotor mit Kurbelgehäuse<br />

aus Mg-Gußlegierung<br />

Allradgetriebegehäuse<br />

VW-Käfer (ca. 1940) Motor und Getriebegehäuse<br />

PKW-Lenkrad<br />

53<br />

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Titan und seine<br />

Legierungen<br />

54<br />

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Titan - Eigenschaften<br />

Kristallstruktur: α: hdp, mit c:a = 1,60<br />

β: krz (>882 °C)<br />

Schmelztemperatur: 1668 °C<br />

Dichte: 4,5 g/cm³ (Leichtmetall)<br />

E-Modul: 105 GPa<br />

Härte: ca. 120 HB<br />

Zugfestigkeit: ca. 350 MPa<br />

Wärmeleitfähigkeit: 15 W/m . K<br />

spez. el. Widerstand: 42 µW . cm<br />

therm. Ausdehnungskoeffizient: 8,35 . 10 -6 K -1<br />

55<br />

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Titan<br />

Rohstoffe, Lagerstätten, Darstellung<br />

Wichtigste Erze sind:<br />

• Rutil mit bis zu 98 % TiO 2<br />

• Ilmenit (FeTiO 3) mit bis zu 65 % TiO 2<br />

Haupterzeuger von TiO 2:<br />

• USA (ca. 33 %)<br />

• Westeuropa (ca. 50 %)<br />

• ehem. UdSSR<br />

Nur ca. 10 % des TiO 2 wird zu Metall verarbeitet. Der größte Teil wird als weißes Pigment in<br />

der Farbenindustrie verwendet.<br />

Die direkte Reduktion zu metallischem Titan ist aufgrund der hohen Bildungswärme des<br />

Titandioxids (954,5 kJ/mol) und der großen Löslichkeit von Sauerstoff in Titan bisher nicht<br />

möglich. Großtechnische Herstellung durch Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium<br />

(Kroll-Prozeß, erst seit 1946).<br />

Die Herstellung des TiCl 4 erfolgt überwiegend nach dem kontinuierlichen<br />

Wirbelschichtverfahren. Dabei wird Ilmenit oder Rutil unter Zugabe von Koks chloriert<br />

TiO 2 + 2C + 2Cl 2 ↔ TiCl 4 +2CO<br />

56<br />

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Elektolytischer Prozeß<br />

Titan<br />

Verfahren zur Herstellung<br />

Kroll-Prozeß, über<br />

Mg-Reduktion<br />

� erst ab 1949<br />

größere Mengen<br />

Titan zur Verfügung<br />

57<br />

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H 2 O,<br />

HCl,<br />

HNO 3<br />

Titan<br />

Darstellung (Kroll-Verfahren)<br />

Mg<br />

(flüssig)<br />

Laugen<br />

TiCl 4<br />

Reduktionsreaktor<br />

Roh-Titanschwamm<br />

Zerkleinern<br />

Titanschwamm<br />

MgCl 2<br />

Vakuumdestillation<br />

Elektrolyse<br />

MgCl 2 ,<br />

Mg/Ti-Chloride<br />

58<br />

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Mg<br />

Cl 2


Titan<br />

Rohblockherstellung<br />

Unlegierter<br />

Titanblock<br />

Vakuumlichtbogenofen mit<br />

abschmelzender Elektrode<br />

Titanblock<br />

nach dem<br />

Ziehen des<br />

Tiegels<br />

Vakuumlichtbogenofen mit<br />

Fremdelektrode<br />

Vakuumlichtbogenofen<br />

max. <strong>Block</strong>gewicht<br />

13 t<br />

Elektronenstrahlofen<br />

59<br />

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Tigelloses Umschmelzen<br />

Da Titan extrem reaktiv ist, kann es nur<br />

tigellos oder mit Kaltwandtigeln<br />

umgeschmolzen und gereinigt<br />

(Sauerstoff-anteil reduziert) werden.<br />

60<br />

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Titan - Eigenschaften<br />

+ ausgezeichnete<br />

Korrosionsbeständigkeit<br />

gegenüber oxidierenden<br />

wässrigen Medien und in vivo �<br />

Implantatmaterial<br />

+ hohe Festigkeiten 1.000 - 1.400<br />

MPa (vergleichbar Stahl),<br />

einsetzbar bis 500°C � füllen<br />

Lücke zwischen Al und<br />

warmfesten Stählen.<br />

+ gute Bruchfestigkeit/Dichte<br />

Verhältnis<br />

- Preis<br />

- Kerbschlagempfindlichkeit Pourbaix-Diagramm von Titan<br />

61<br />

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Titan<br />

Verarbeitung, Formgebung<br />

Gießen Umformen<br />

• hoher Schmelzpunkt und Reaktionsfreudigkeit<br />

(Ti reagiert mit allen Tiegel-materialien) und<br />

Sauerstoff-affinität � Elektronenstrahlschmelzen<br />

in Ti-Tiegeln, Guß in gekühlte Cu-<br />

Formen oder Graphit.<br />

• hohe Oberflächenspannung schlechtes<br />

Formfüllungs-vermögen � Vakuumdruck-guß.<br />

Gebräuchlich ist z.B. das<br />

Warmwalzen „im Hemd“,<br />

d.h. der Titanblock wird in<br />

Stahlmantel eingeschweißt<br />

und gemeinsam gewalzt,<br />

um Verzunderung zu<br />

vermeiden<br />

Rein-Titan und α-Titan-Legierungen sind schweißbar (Ar- oder He-<br />

Schutzgas), β- und (α + β)-Legierungen verspröden.<br />

62<br />

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Titan<br />

Verarbeitung<br />

Vakuum-Lichtbogenofen zum Umschmelzen,<br />

Raffinieren, Legieren paketierter Titanschwammblöcke,<br />

max. Kapazität: 13 t Titan<br />

Beladen eines Schmiedeofens<br />

63<br />

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Festigkeit in N/mm²<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Titan<br />

Sauerstoffeinfluss<br />

Titan technischer Reinheit wird aufgrund seiner Festigkeit und<br />

Korrosionsbeständigkeit im chemischen Apparatebau eingesetzt, z.B. für<br />

Wärmetauscher, Heizschlangen, Behälterauskleidungen<br />

0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35<br />

Sauerstoffgehalt in %<br />

Zugfestigkeit Streckgrenze Bruchdehnung<br />

64<br />

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40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Bruchdehnung in %<br />

Einfluß des Sauerstoffgehalts auf<br />

die Festigkeit unlegierten Titans


Titan und seine Legierungen<br />

Festigkeitsbereich von Rein-Titan: 290 bis 740 N/mm 2<br />

Merke:<br />

Eigenschaften werden dabei hauptsächlich durch Abstufung des<br />

Sauerstoffgehaltes erzielt. Mit<br />

zunehmendem Sauerstoffgehalt<br />

nehmen Festigkeit und Härte zu,<br />

während die Zähigkeitabnimmt.<br />

Palladium- und Nickel-Molybdänlegiertes<br />

Titan zeichnet sich<br />

gegenüber unlegiertem Titan durch<br />

nochmals verbesserte<br />

Korrosionsbeständigkeit aus.<br />

Deutsche Titan (ThyssenKrupp Stainless)<br />

1% Pd<br />

TiAl6V4<br />

65<br />

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Titanlegierungen<br />

Festigkeitswerte<br />

Festigkeitswerte typischer Ti-Legierungen (weichgeglüht)<br />

Legierung R P 0,2 R m A<br />

[N/mm²] [N/mm²] [%]<br />

TiAl5Sn2,5 840 880 18<br />

TiAl6V4 1050 1200 18<br />

TiV13Cr11Al3 1200 1270 15<br />

66<br />

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Titan - Legierungselemente<br />

Die Hauptlegierungselemente für Titan teilt man nach ihrer Wirkung auf die<br />

Gitterstruktur ein:<br />

α-stabilisierend (hcp): Al, Sn, O, N, C<br />

β-stabilisierend (bcc): V, Mo, Cr, Cu, Zr, H<br />

Dementsprechend unterscheidet man je nach Kristalltyp drei Legierungsgruppen:<br />

hexagonale α-Legierungen<br />

• mäßig kaltverformbar<br />

• Diffusionsgeschwindigkeit der<br />

versprödenden Elemente O, N, C<br />

geringer als in β-Legierungen �<br />

geeignet für Anwendungen bei<br />

höheren Temperaturen (z.B.<br />

Strahltriebwerke)<br />

Beispiel: TiAl5Sn2,5<br />

Zweiphasige (α + β)-Leg.<br />

• guter Kompromiß zwischen<br />

Festigkeit und Dichte<br />

• aushärtbar<br />

Beispiel: TiAl6V4<br />

krz- β-Legierungen<br />

• hohe Festigkeit<br />

• gut kaltverformbar<br />

• höhere Dichte wegen der<br />

zugesetzten Schwermetalle<br />

Beispiel : TiV13Cr11Al3<br />

67<br />

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Phasendiagramm Ti - Al<br />

(Al stabilisiert α-Phase)<br />

68<br />

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Phasendiagramm Ti - V<br />

(V stabilisiert β-Phase)<br />

69<br />

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Ausschnitt aus dem ternären<br />

Phasendiagramm Al-Ti-V<br />

70<br />

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TiAl6V4 Mikrostruktur<br />

verschiedener Anwendungen<br />

Ausgangsmaterial vor dem Schmieden für Pleuelstangen (Automobil)<br />

71<br />

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TiAl6V4 Mikrostruktur<br />

verschiedener Anwendungen<br />

gefertigtes Pleuel<br />

72<br />

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TiAl6V4 Mikrostruktur<br />

verschiedener Anwendungen<br />

Verdichterschaufel für Flugturbine (Flugzeug)<br />

73<br />

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TiAl6V4 Mikrostruktur<br />

verschiedener Anwendungen<br />

Schienbeinnagel (ca. 35 cm lang) zur Knochenstabilisierung (Mensch)<br />

74<br />

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Titan - Anwendungen<br />

links: Rennmotor: Ti Al 6 V 4, 420 g<br />

rechts: Serienmotor: 25 Cr Mo 4 V, 650 g<br />

� Gewichtsersparnis um 35%<br />

trotz größerem Volumen<br />

75<br />

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Titan - Anwendungsmerkmale<br />

Die Anwendungen von Titanlegierungen können grob in drei Kategorien unterteilt<br />

werden:<br />

• Anwendungen, bei denen gute Struktur- und/oder Temperatureigenschaften von Titanlegierungen<br />

im Verhältnis zu ihrer geringen Dichte erforderlich sind. Tatsächlich ist das<br />

Verhältnis zwischen den Festigkeitseigenschaften und der Dichte das höchste bei den<br />

metallischen Bauteilen.<br />

• Anwendungen, bei denen ein sehr hoher Korrosionswiderstand gegen bestimmte<br />

aggressive Medien, wie in der chemischen Industrie, verlangt wird.<br />

• Spezielle Anwendungen, die auf den einzigartigen Eigenschaften von Reintitan und<br />

Titanlegierungen basieren.<br />

76<br />

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Titan -<br />

Einsatz im Automobilbau<br />

Einsatzgebiete: z. B. Abgasanlagen, Bremssysteme, Pleuel, Ventile, Federn<br />

Werkstoffauswahl: Reintitanwerkstoff 12 (3.7025) und RT 15 (3.7035)<br />

Auswahl entsprechend dem Umformgrad zur Herstellung<br />

des jeweiligen Bauteils.<br />

Als Verformungsverfahren dünner Bleche oder<br />

dünnwandiger Rohre aus TiAl6V4 wird in der Luftund<br />

Raumfahrt in vielen Fällen die superplastische<br />

Umformung, auch häufig in Verbindung mit dem<br />

Diffusionsschweißen, angewendet.<br />

77<br />

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Titan<br />

Einsatz in der Medizintechnik<br />

Einsatzgebiete: Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie, Wirbelsäule, Ellbogen und Hand<br />

Fixiermaterialien für Knochen, wie Nägel, Schrauben, Muttern/Platten<br />

Zahnimplantate und Teile für die kieferorthopädische Chirurgie<br />

Herzschrittmachergehäuse und künstliche Herzklappen<br />

chirurgische Instrumente für die Herz- und Augenchirurgie<br />

Bauteile in schnell laufenden Blutzentrifugen<br />

Anforderungen: Die als Dauerimplantate in den menschlichen Körper einzubringenden<br />

Implantatwerkstoffe müssen u.a. biokompatibel, korrosionsbeständig,<br />

gewebeverträglich, vital und elastisch sein.<br />

<strong>Werkstoffe</strong>: Für Implantate/sonstige Teile, die keiner großen Belastung im menschlichen<br />

Körper unterworfen sind, kommen überwiegend die unlegierten<br />

Titansorten und für Endoprothesen und Instrumente überwiegend<br />

Titanlegierungen zum Einsatz.<br />

Im Dentalbereich werden sowohl die Reintitanwerkstoffe (3.7025) und<br />

3.7035 als auch die Titanlegierungen wie z.B. TiAl6V4 (3.7165) als<br />

Implantatmaterial/zahntechnischen Prothetik eingesetzt.<br />

78<br />

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Titan<br />

Einsatz in der Medizintechnik<br />

Vorteil der Titanwerkstoffe im Dentalbereich<br />

Völlige Geschmacksneutralität und für Patienten, die mit Allergien oder toxischen<br />

Reaktionen auf die verschiedenen Dentallegierungen reagieren, ist Titan eine ausgezeichnete<br />

Alternative.<br />

Legierungsentwicklung: TiAl5Fe2.5 - speziell für Dauerimplantate (Ergänzung zu<br />

TiAl6V4)<br />

• hervorragende Gewebeverträglichkeit<br />

• ausgezeichnete mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig geringem Gewicht<br />

• Dauerfestigkeiten von über 700 N/mm 2<br />

Entwicklungsziel:Ersatz des im elementaren Zustand toxische Element Vanadium durch<br />

geeignete körperverträgliche Elemente!<br />

Bei der Legierung TiAl5Fe2.5 ist dies durch Substitution mit Eisen<br />

erreicht worden, ohne die guten statischen und dynamischen Eigenschaften<br />

negativ zu beeinflussen.<br />

79<br />

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VW-Projekt<br />

(1999 - 2001)<br />

Problem: Versagen (meist am Ende) einer Tieflochbohrung an<br />

Versuchspleuel für hochwertige Ottomotoren<br />

Drill Rotation<br />

Cross section of the<br />

connecting rod<br />

Drill Depth: 0 mm<br />

Drill Depth: 50 mm<br />

Drill Depth: 90 mm<br />

80<br />

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10 µm


Pseudo<br />

temperature<br />

versus radial<br />

distance of the<br />

drill hole surface<br />

Calibration curve<br />

VW-Projekt<br />

(1999 - 2001)<br />

Pseudo temperature vs.<br />

drill depth<br />

Sample for<br />

carrier gas hot<br />

extraction.<br />

Dependence of<br />

oxygen<br />

concentration on<br />

drill depth.<br />

81<br />

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Gleitrichtung <br />

{1101}-<br />

Pyramidalebene<br />

Verformung im hexagonalen Kristallsystem<br />

(Be, Mg, Ti, Co, ... )<br />

{0001}<br />

Basisebene<br />

{1010}-<br />

Prismenebene<br />

Abhängig vom c:a-Verhältnis werden<br />

verschiedene Gleitsysteme bei der<br />

Verformung wirksam. Aus der Forderung<br />

nach dichtester Packung läßt sich ein c:a-<br />

Verhältnis von 1,633 ableiten. Je näher der<br />

tatsächliche Wert liegt, desto eher werden<br />

alle unabhängigen Gleitsysteme aktiviert.<br />

Darüberhinaus erfolgt bei entsprechend<br />

niedriger Stapelfehlerenergie auch eine<br />

Verformung über Zwillingsbildung, <strong>bzw</strong>.<br />

setzt Zwillingsbildung ein, um neue<br />

Gleitsysteme in eine für die Verformung<br />

günstige Lage zu drehen.<br />

82<br />

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Grundsätzliches<br />

Titan<br />

Umformeigenschaften<br />

α- und α/β-Titanlegierungen lassen sich bei RT nur bedingt umformen<br />

Grund: hohes Streckgrenzenverhältnis von meist über 90 %.<br />

Geringe Gleichmaßdehnung, d. h. die plastische Verformungsfähigkeit ist auf<br />

einen sehr engen und technisch kaum nutzbaren Bereich eingeschränkt<br />

Lösung: Bei Temperaturen über 500°C verbessert sich sowohl das Streckgrenzenverhältnis<br />

als auch das Verhältnis von Elastizitätsmodul zu Streckgrenze, so daß<br />

Bleche aus legiertem Titan überwiegend warm umgeformt werden<br />

Merke: Bei Wärmebehandlung ist grundsätzlich zu beachten, daß eine hohe Reaktionsfreudigkeit<br />

zu Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff besteht.<br />

� Möglichst kurze Erwärmungsdauer in neutraler oder leicht oxidierender<br />

Atmosphäre.<br />

Eine Wasserstoffaufnahme tritt bereits bei Temperaturen ab 500 °C auf<br />

83<br />

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Wissenswertes zur Warmumformung<br />

Titan<br />

Umformeigenschaften<br />

Merke: Warmumformung findet oberhalb der Rekristallisationstemperatur statt<br />

Einzuhaltende Temperaturbereich wird durch die Gefügeanforderungen, den<br />

Umformwiderstand und die Neigung zur Rißbildung begrenzt<br />

Schmiermittel sind Glasmischungen mit ausgewählten Erweichungsbereichen<br />

oder Fett-Graphit-MoS 2 -Schmiermittel<br />

Üblicherweise erfolgt nach dem Umformen ein Weichglühen (T= 650-805°C)<br />

Glühzeiten sind abhängig vom Umformgrad/Bauteildicke<br />

Faustformel: Haltezeit etwa 2 Minuten pro mm Wandstärke<br />

Mindesthaltezeitzeit bei den meisten Legierungen etwa 30 min<br />

(bei Schmiedestücken größeren Querschnitts ca. 2 Stunden)<br />

84<br />

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Wissenswertes zur Wärmebehandlung<br />

Titan<br />

Wärmebehandlung<br />

Oberhalb 700°C führen Sauerstoff + Stickstoff verstärkt zur Bildung von Zunderschichten,<br />

unter gleichzeitiger Diffusion von Sauerstoff in die Werkstückoberfläche (α-case)<br />

Merke: α-case hat eine Verringerung der Zähigkeitseigenschaften und der<br />

thermischen Stabilität des Titanwerkstoffes zur Folge<br />

Im Gegensatz zu Sauerstoff und Stickstoff kann der eindiffundierte Wasserstoff<br />

durch eine Vakuumglühung wieder weitgehend entfernt werden<br />

Wärmebehandlung mit Schutzgas- (nur Edelgase) und Vakuumöfen (elektrisch<br />

oder gasbeheizte Luftöfen.<br />

Wichtig: Bei gasbeheizten Öfen ist ein Luftüberschuß von etwa 10 - 15% einzustellen.<br />

Aufgrund der Gefahr einer Wasserstoffaufnahme und einer örtlichen Überhitzung<br />

des Materials ist eine unmittelbare Berührung des Wärmebehandlungsgutes<br />

mit der Gasflamme zu vermeiden.<br />

85<br />

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Titan<br />

Wärmebehandlung<br />

Darüber hinaus bildet Titan mit bestimmten Metallen, wie z. B. Nickel und<br />

Kupfer, niedrigschmelzende Phasen, die bei den Wärmebehandlungen<br />

üblichen Temperaturen zu lokalen Aufschmelzungen führen können.<br />

� Immer den Kontakt mit diesen Metallen durch z. B. Chargiergestelle<br />

vermeiden!<br />

Spannungsarmglühung: - unlegiertes Titan zwischen 500 und 600 °C<br />

- alpha+beta-Legierungen zwischen 600 und 675°C<br />

- beta-Legierungen zwischen 700 und 750°C<br />

86<br />

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Titan-Feinguß<br />

Vorteil des Feinguß:<br />

Gießtechnische Fertigung komplizierter Innenkonturen, Hinterschnitte oder gekrümmte<br />

Flächen, die mit anderen Fertigungsverfahren nur aufwendig realisierbar sind. Gießtechnik<br />

mit „Endmaß“, d. h. Reduzierung des Nachbearbeitungsaufwandes (z. B. Spanen)<br />

Werkzeugbau Wachsmodell Modellmontage<br />

Keramikbeschichtung der „Trauben“ Entwachsen und Brennen der „Trauben“<br />

87<br />

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Literaturhinweise<br />

Titan<br />

Literaturhinweise<br />

H. Bühler "Umformeigenschaften von Titan und Titanlegierungen" Bänder, Bleche, Rohre 6 (1965) Teil 1: H. 11,<br />

S. 625/30 und 667 Teil 2: H. 12, S. 677/84<br />

U. Zwicker "Titan und Titanlegierungen" Kap. 16.1 - Warmumformung Springer-Verlag 1974, S. 469/80<br />

H. Wilhelm "Das Umformverhalten von Blechen aus Titan und Titanlegierungen im einachsigen Zugversuch und<br />

beim Tiefziehen" Bänder, Bleche, Rohre 16 (1975), S. 421/26 und S. 473/76<br />

H. Wilhelm "Das Verhalten von Blechen aus Titan und Titanlegierungen beim Biegen im V-Gesenk" Bänder, Bleche,<br />

Rohre 7 (1976), S. 284/88<br />

A. Hegazy "Untersuchungen zur Warmumformbarkeit der Titanlegierung TiAl6V4" Aluminium 59 (1983), H. 6, S.<br />

451/55<br />

R. Kopp "Einfluß des mehrmaligen Erwärmens beim partiellen Schmieden von Werkstücken aus TiAl6V4" Metall<br />

37 (1983), H. 4, S. 345/49<br />

H. Wagner "Beitrag zum Kaltfließpressen von Titan" VDI-Fortschr.-Ber. VDI-Reihe 2, Nr. 101, (1985)<br />

D. Ward "Superplastic forming of titanium alloys" Metals and Materials, September 1986, S. 560/63<br />

K. Kutzsche "Umformfestigkeit von Titan" Neue Hütte 35 (1990), S. 149/51<br />

D. Dunst "Analysis of Experimental and Theoretical Rolling Textures of Two-phase Titanium Alloys" Zeitschrift<br />

für Metallkunde (1996), H. 6, S. 498/507<br />

M. Peters, C. Leyens und J. Kumpfert "Titan und Titanlegierungen", DGM-Verlag (1996)<br />

G. Lütjering, J. Albrecht (eds.) "Proc. 10. World Conf. Titanium", Wiley VCH (2004)<br />

88<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Beryllium<br />

Be kann bei 1% der Männer und 4% der Frauen Immunreaktionen<br />

hervorrufen, deren lungenschädigende Wirkung erst nach vielen<br />

Jahren (25-35) auftritt (Staub und Aufnahme über die Haut).<br />

� extreme Sicherheitsmaßnahmen.<br />

Be sehr gutes Festigkeit/Dichte Verhältnis und hohe Wärmekapazität<br />

(� Bremsscheiben für Sondereinsätze)<br />

Nachteile: spröde, toxisch<br />

89<br />

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Dichte<br />

E-Modul<br />

Zugfestigkeit<br />

Bruchdehnung<br />

(bezogen auf Stahl)<br />

therm.<br />

Exp.koeff.<br />

Vergleich der Leichtmetalle<br />

mit Stahl<br />

Faserverstärkte<br />

Kunststoffe<br />

19%<br />

10%<br />

54%<br />

13%<br />

2-250%<br />

Be<br />

24%<br />

135%<br />

44%<br />

0-26%<br />

107%<br />

22%<br />

21%<br />

32%<br />

35%<br />

226%<br />

35%<br />

34%<br />

26%<br />

150%<br />

208%<br />

58%<br />

55%<br />

100%<br />

190%<br />

73%<br />

Stahl<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

100%<br />

Gewicht einer Feder m ~ G⋅ρ � Titan-Feder nur 35% des Gewichts einer Stahl-Feder<br />

90<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

Mg<br />

Al<br />

Ti


Federstahl<br />

Quelle: Prof. Christ, Siegen<br />

low-cost-β-Titan<br />

Achsschraubenfedern aus Titan<br />

Titan<br />

Serieneinsatz im Lupo FSI, 40% Gewichtsreduzierung.<br />

Geringeres Elastizitätsmodul günstig da (G für und die Masse ρ jeweils ca.<br />

einer Feder gilt:<br />

55% der Stahl-Werte)<br />

m<br />

~<br />

G ⋅ρ<br />

91<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Al (7075-T6)<br />

Ti 6Al 4V<br />

Werkstoffgerechte Konstruktion<br />

Material<br />

Stahl (40 NiCrMo 8-4)<br />

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe<br />

(auf Festigkeit optimiert)<br />

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe<br />

(auf E-Modul optimiert)<br />

E-Modul/Dichte<br />

[MPa·m3 /kg]<br />

134<br />

780<br />

460<br />

92<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

27<br />

26<br />

25<br />

92<br />

Zugfestigkeit/Dichte<br />

[kPa·m3 /kg]<br />

230<br />

180<br />

250


T 2<br />

M 2<br />

F 1<br />

Beispiel Fahrradrahmen<br />

T 1<br />

M 1<br />

F 2<br />

Anforderungen an Fahrradrahmen:<br />

•Gewicht<br />

• Steifigkeit<br />

Starke Verwindungen des<br />

Fahrradrahmens benötigen zusätzliche<br />

Energie, die dann dem Vortrieb nicht<br />

mehr zur Verfügung steht.<br />

Aluminium-Fahrradrahmen gelten als<br />

steifer, Stahlrahmen als komfortabler,<br />

obwohl<br />

E St = 210 GPa ≈ 3·E Al = 70 GPa<br />

93<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Aluminium ↔ Stahl<br />

Fahrradrahmen<br />

Biegespannung eines Rohres mit Radius r<br />

und Stärke t:<br />

I ... Trägheitsmoment<br />

M ... Biegemoment (~ Gewicht des Radfahrers)<br />

mit der Dauerfestigkeit σD und dem Trägheitsmmoment<br />

für ein dünnwandiges Rohr I = π·r3 M r<br />

σ =<br />

I<br />

·t, ergibt sich:<br />

aus Festigkeitsüberlegungen gilt:<br />

Konstruktion<br />

m<br />

L<br />

=<br />

2<br />

94<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

π<br />

r<br />

t<br />

ρ<br />

=<br />

M<br />

max<br />

2 M<br />

r<br />

max<br />

=<br />

π<br />

ρ<br />

σ<br />

σ<br />

D<br />

D<br />

r<br />

2<br />

t<br />

Material


Aluminium ↔ Stahl<br />

Fahrradrahmen<br />

Der Krümmungsradius k eines Stabes unter Biegebeanspruchung<br />

ist gegeben durch die Bernoulli-Euler<br />

Gleichung, Verschiebung u und E-Modul:<br />

1<br />

k<br />

=<br />

2<br />

d u<br />

2<br />

dx<br />

=<br />

M<br />

E I<br />

=<br />

M<br />

π E r<br />

3<br />

t<br />

oder<br />

dann gilt aus Überlegungen zur elastischen Verbiegung<br />

des Rohres<br />

Konstruktion<br />

m<br />

L<br />

=<br />

2<br />

π<br />

r<br />

t<br />

2 M<br />

r<br />

95<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

ρ<br />

=<br />

max<br />

2<br />

k<br />

k<br />

~<br />

ρ<br />

E<br />

E<br />

r<br />

3<br />

t<br />

Material


Aluminium ↔ Stahl<br />

Fahrradrahmen<br />

Ähnliche Gleichungen lassen sich für die<br />

Torsionsbeanspruchung herleiten. Das Gewicht des<br />

Fahrers (und damit M) wird als konstant angenommen.<br />

Ebenso wird eine Obergrenze der maximal zugelassenen<br />

Krümmung festgelegt. Die Größe m/L soll unter<br />

Berücksichtigung der Festigkeits- und Steifigkeitskriterien<br />

optimiert werden.<br />

� Ashby Plots σ D /ρ und E/ρ<br />

96<br />

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1<br />

r<br />

ρ<br />

σ<br />

D<br />

k<br />

2<br />

r<br />

ρ<br />

E


Auf Dichte bezogene<br />

Dauerfestigkeit σ e und Steifigkeit<br />

CFRP ist somit der beste<br />

Werkstoff.<br />

Kommt der Rohrradius als<br />

freier Parameter hinzu, ändert<br />

sich das Bild. Die Festigkeit<br />

skaliert mit r, die Steifigkeit<br />

mit r 2 .<br />

Wichtig: die Kombination<br />

verschiedener Materialeigenschaften<br />

bestimmt das<br />

optimale Material.<br />

97<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


AA 7075 T6, 3.4365<br />

AlZnMgCu1,5<br />

Stahl, 1.6562<br />

(40 NiCrMo 8-4)<br />

Ti 6Al 4V, 3.7165<br />

Beispiel Fahrradrahmen<br />

σ B<br />

[MPa]<br />

500<br />

1 350<br />

1 000<br />

σ D<br />

[MPa]<br />

220<br />

600<br />

600<br />

ρ<br />

[g/cm 3 ]<br />

98<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

2,7<br />

7,8<br />

4,5<br />

E<br />

[GPa]<br />

70<br />

210<br />

120<br />

G<br />

[GPa]<br />

Ausgangspunkt: Stahlrahmen mit Radius r = 12,5 mm, Wandstärke t = 1,25 mm<br />

Alternativ: Aluminiumrahmen (Ausscheidungsgehärtet AA 7075-T6)<br />

27<br />

83<br />

45


Beispiel Fahrradrahmen<br />

Variante A:<br />

Bedingung gleicher Radius<br />

rAl = rSt = 12,5 mm<br />

gleiche Festigkeit<br />

ρ/σ D [10 -6 s 2 /m 2 ]<br />

ρ/E [10 -9 s 2 /m 2 ]<br />

Das Masse zu Längenverhältnis ist dann<br />

Wandstärke tAl ist dann<br />

tSt<br />

ρSt<br />

t Al =<br />

= 2,<br />

73 tSt<br />

= 3,<br />

41<br />

1,<br />

06 ρ<br />

Das Verhältnis der Krümmungsradien ist:<br />

Al<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

=<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

13,0<br />

37,1<br />

12,3<br />

38,6<br />

� Der Stahlrahmen ist circa um das gleiche Verhältnis schwerer und steifer.<br />

99<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

k<br />

k<br />

mm<br />

St<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

Al<br />

2 M ⎛ ρ ⎞<br />

r ⎜<br />

⎟<br />

St ⎝ σD<br />

⎠<br />

2 M ⎛ ρ ⎞<br />

r ⎜<br />

⎟<br />

Al ⎝ σD<br />

⎠<br />

Al<br />

13,<br />

0<br />

=<br />

12,<br />

3<br />

St St<br />

=<br />

=<br />

Al<br />

⎛ ρ ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ E ⎠<br />

⎛ ρ ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ E ⎠<br />

Al<br />

38,<br />

6<br />

= 1,<br />

06<br />

37,<br />

1<br />

St St Al<br />

=<br />

Al<br />

Al<br />

1,<br />

10<br />

Ti<br />

7,50<br />

37,5<br />

1,<br />

06


Beispiel Fahrradrahmen<br />

Variante B: Erhöhung der Steifigkeit beim Aluminiumrahmen � Verdopplung des<br />

Rohrdurchmessers des Aluminiumrahmens:<br />

r Al = 25 mm, bei gleichem Gewicht, d.h. die Wandstärke t Al wird halbiert. Die<br />

Wandstärke ist dann immer noch t Al = 1,7 mm = 1,4·t St größer als die des<br />

Stahlrahmens mit r St =12,5 mm und t St =1,25 mm.<br />

� Der Rahmen wird 33% steifer, da das Verhältnis der Krümmungsradien:<br />

3<br />

k Al EAl<br />

rAl<br />

t Al 70<br />

=<br />

= 4 =<br />

3<br />

k E r t 210<br />

St<br />

St<br />

St<br />

St<br />

1,<br />

33<br />

Dieselbe Vorgehensweise beim Stahl- und Titanrahmen ist begrenzt, da die<br />

Wandstärke des Stahlrahmens bei r St = 25 mm mit t St = 0,63 mm in den Bereich<br />

weniger 1/10 mm kommt. Beulen können schon durch Druck der Finger entstehen.<br />

100<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>


Beispiel Fahrradrahmen<br />

Variante C: Verdopplung des Rohrdurchmessers des Aluminiumrahmens im<br />

Vergleich zum Stahlrahmen (rAl = 25 mm) unter weiterer Reduktion des Gewichts,<br />

durch Verringern der Wandstärke.<br />

Welche Gewichtsverringerung lässt sich durch einen Aluminiumrahmen mit<br />

doppelten Rohrradius erzielen? Bedingung: gleiche Festigkeit wie Stahlrahmen.<br />

Festigkeitskriterium:<br />

Der Al-Rahmen wiegt nur 47% des Stahlrahmens!<br />

0,<br />

47 rSt<br />

tSt<br />

ρSt<br />

0,<br />

47 tSt<br />

ρSt<br />

t Al =<br />

= = 0,<br />

68 tSt<br />

r ρ 2 ρ<br />

Steifigkeit:<br />

Al<br />

3<br />

k Al EAl<br />

rAl<br />

t Al 70<br />

= = ⋅8<br />

⋅0,<br />

68 =<br />

3<br />

k E r t 210<br />

St<br />

Al<br />

St<br />

St<br />

St<br />

Al<br />

=<br />

0.<br />

85<br />

1,<br />

81<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

⎛ m ⎞<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ L ⎠<br />

2 M ⎛ ρ ⎞<br />

r ⎜<br />

⎟<br />

Al ⎝ σD<br />

=<br />

⎠<br />

2 M ⎛ ρ ⎞<br />

r ⎜<br />

⎟<br />

St ⎝ σD<br />

⎠<br />

12,<br />

3<br />

2⋅13,<br />

0<br />

101<br />

Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />

mm<br />

x =<br />

Al Al = =<br />

St<br />

St<br />

0,<br />

47<br />

� Der Al-Rahmen ist halb so<br />

schwer und fast doppelt so steif!


Weitere Kriterien Fahrradrahmen<br />

• Schweißbarkeit !!<br />

(z.B. Sc-haltige Al-Legierungen)<br />

• Verarbeitungsmöglichkeit !!<br />

(z.B. Innen-Hochdruck-Umformung (IHU), Strangpressen<br />

• Preis (im Hochleistungssportbereich kein Kriterium)<br />

102<br />

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Beispiel variable Wandstärke<br />

Aussendurchmesser 50,8 mm<br />

Wandstärke 0,89 mm ± 0,08 mm<br />

Durch die größere Fertigungsfreiheit<br />

(biegen, ziehen, IHU) und bessere<br />

Schweißbarkeit sind Aluminium-Rahmen<br />

zur Zeit leichter als Titan-Rahmen.<br />

Außerdem ist das Problem der zu dünnen<br />

Rohrwandstärken beim Ti ähnlich wie<br />

beim Stahl.<br />

103<br />

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