Block H1, bzw. VW3* - Lehrstuhl Metallische Werkstoffe - Universität ...
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Werkstofftechnologie und<br />
Halbzeuge, Teil Metalle<br />
<strong>Block</strong> <strong>H1</strong>, <strong>bzw</strong>. VW3 *<br />
<strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
<strong>Universität</strong> Bayreuth<br />
WS 08/09<br />
* Modul Verfahrenstechnik und Werkstofftechnologie im Masterstudiengang Materials Science and Engineering<br />
1<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Der Dozent:<br />
Prof. Dr.-Ing. habil. Uwe Glatzel<br />
• Jahrgang 1960<br />
• Studium der Physik in Tübingen (Auslandsjahr in<br />
Corvallis, Oregon, USA)<br />
• Promotion am Institut für Metallforschung, TU-Berlin,<br />
Prof. Monika Feller-Kniepmeier<br />
• post-doc (1 Jahr) an der Stanford University<br />
• Habilitation an der TU-Berlin<br />
• Gerhard-Hess Preis der DFG für junge<br />
Nachwuchswissenschaftler<br />
• 1996-2003 Prof. für "<strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>" in Jena<br />
• seit 01.04.2003 in Bayreuth (Lst. <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>)<br />
Kontakt: Raum 1.04.1, Tel.: (0921) 55-5555<br />
Ludwig-Thoma-Str. 36b (IMA) e-mail: uwe.glatzel@uni-bayreuth.de<br />
2<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Empfohlene Literatur<br />
• W. Bergmann, Werkstofftechnik 1 und 2, Hanser Verlag<br />
• F. Vollertsen, S. Vogler, <strong>Werkstoffe</strong>igenschaften und Mikrostruktur, Hauser Verlag,<br />
München<br />
• Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, Springer<br />
• M.Peters, C. Leyens, J. Kumpfert, Titan und Titanlegierungen, DGM Inf.ges. Verlag<br />
• H. Schumann, Metallographie, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig<br />
• H.-J. Bargel, G. Schulze, Werkstoffkunde, VDI-Verlag, Düsseldorf<br />
• DIN-Taschenbuch 19, Materialprüfnormen für metallische <strong>Werkstoffe</strong> (Band 1<br />
und 2), Beuth-Verlag, Berlin<br />
• E. Hornbogen, H. Warlimont, Metallkunde, Springer-Verlag, Berlin<br />
• G. E. R. Schulze, Metallphysik, Springer-Verlag, Wien<br />
• Folien der Vorlesung unter: http://www.uni-bayreuth.de/departments/metalle/Lehre/WTuHZ/<br />
3<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Inhalt<br />
0. Grundsätzliches Metalle (Wiederholung)<br />
1. Leichtmetalle<br />
• Aluminium<br />
• Magnesium<br />
• Titan<br />
2. Eisenwerkstoffe<br />
3. Hochtemperaturlegierungen<br />
4. Vom Halbzeug zum Bauteil - Umformen<br />
(Urformen wurde in der Einführungsvorlesung behandelt)<br />
4<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Grundsätzliches<br />
• Preisentstehung<br />
• Verfügbarkeit<br />
• Werkstoff-Kreisläufe<br />
• Lieferformen von Metallen<br />
- Bleche, Profile und Blöcke<br />
- Pulver, Formkörper<br />
5<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Verfügbarkeit<br />
(≠ Vorkommen)<br />
Kosten für<br />
Darstellung<br />
Preisentstehung<br />
Kosten für<br />
Weiterverarbeitung<br />
Preis des<br />
Werkstoffs<br />
Nachfrage<br />
Preis in DM/kg<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
6DM/kg<br />
Kupfer Titan<br />
6<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
0,01%<br />
60DM/kg<br />
0,63%<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
Vorkommen in %
Faktoren für die<br />
Standortentwicklung:<br />
Rohstoffe<br />
Verfügbarkeit und Preisentwicklung<br />
z.B. Aluminium<br />
Energiepreise<br />
Standort<br />
Transportwege<br />
7<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumerzeugung<br />
und -verbrauch<br />
Aluminiumverbrauch und -produktion in Deutschland<br />
Hüttenaluminiumerzeugung nach<br />
Regionen<br />
Verbrauch an Hüttenaluminium hat<br />
sich von 1970 - 1990 nahezu<br />
verdoppelt<br />
8<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Rohstoffe<br />
Energie<br />
Sekundäre Rohstoffe<br />
Werkstoffkreisläufe<br />
Metall-<br />
Gewinnung<br />
Raffination<br />
Urform-<br />
gebung<br />
Formgebung<br />
Spanlose<br />
Spanende<br />
9<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Wärmebe-<br />
handlung<br />
Recycling<br />
Oberflächen-<br />
technik-<br />
Montage<br />
Einsatz<br />
Demontage<br />
Deponien<br />
Abwärme<br />
Emission
Bleche<br />
Profile<br />
Lieferformen von Metallen<br />
Unterschiedlichen <strong>Werkstoffe</strong>:<br />
(Baustahl, verzinkter Stahl, Cu,<br />
Messing, Al)<br />
Bleche mit strukturierter Oberfläche<br />
10<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Blöcke<br />
Coils<br />
Strangpressprofile Vergüteter Kunststoffformenstahl
Halbzeuge<br />
Lieferformen von Metallen<br />
Walzwerkserzeugnisse<br />
Pulver<br />
Formkörper<br />
Gesenkschmiedeteile<br />
Ölpumpe aus Sinterstahl<br />
11<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Gefüge:<br />
Anordnung von Phasen<br />
und Körnern in einem<br />
Aggregat, Verteilung<br />
der Defekte<br />
Orientierung:<br />
Anordnung der das<br />
Kristallgitter aufspannenden<br />
Vektoren<br />
relativ zu einem äußeren<br />
Vektorensystem<br />
Definitionen metallkundlicher Begriffe<br />
Primäre Cu 2O-Kristalle im Cu+ Cu 2O-Eutektikum<br />
Seigerung:<br />
Bereiche mit unterschiedlicher<br />
chemischer Zusammen-setzung<br />
12<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Mechanismen der Entfestigung<br />
Rekristallisation<br />
Rekristallisationsschaubild von Messing<br />
Festigkeitsverlauf<br />
Temperatur<br />
13<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Zugfestigkeit<br />
Erholung<br />
Rekristallisation<br />
Kornvergrößerung<br />
Erholung: Entspannung des Materials<br />
ohne Kornneubildung<br />
Kornvergrößerung: Wachstum<br />
energetisch günstigerer Körner
Vorgänge bei der Rekristallisation<br />
(schematisch)<br />
Keimbildung und Kornwachstum<br />
a) b)<br />
c) d)<br />
a) Rekristallisationskeime im<br />
kaltumgeformten Gefüge<br />
b) Wachsen vorhandener Keime<br />
(⇒ rekristallisierte Körner)<br />
c) Zusammenwachsen<br />
rekristallisierter Körner<br />
d) Neues Gefüge aus unverformten<br />
Körnern (Rekristallisation<br />
abgeschlossen)<br />
14<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Verformungsmechanismuskarten<br />
(Ashby)<br />
15<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Verformungsmechanismuskarten<br />
(Ashby)<br />
Metalle<br />
Aus den Verformungsmechanismuskarten<br />
läßt sich entnehmen, welcher Verformungsmechanismus<br />
bei einer gegebenen<br />
Temperatur und Spannung in einem<br />
Werkstoff vorherrschen wird.<br />
Der angegebene Mechanismus ist im<br />
Allgemeinen nicht der einzige, der in dem<br />
jeweiligen Temperatur- und<br />
Spannungsbereich abläuft.<br />
Es ist der Mechanismus, der die größte<br />
Verformungsgeschwindigkeit bei den<br />
Voraussetzungen:<br />
angegebenen Bedingungen verursacht.<br />
• Es wird nur stationäres Kriechen berücksichtigt<br />
• Verformung durch Zwillingsbildung wird vernachlässigt<br />
• Wo die Verformungsgeschwindigkeit unmessbar klein wird, wird ein elastischer Bereich angegeben<br />
• Es wird stets von einer konstanten Struktur, also einer bestimmten Korngröße, ausgegangen<br />
• Bruch tritt nicht auf<br />
16<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Leichtmetalle<br />
Definition: Dichte ρ≤4,5 g/cm 3<br />
17<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Al-, Mg-, Ti-<strong>Werkstoffe</strong><br />
• Magnesium (1,74 g/cm 3 )<br />
• Beryllium (1,85 g/cm 3 )<br />
• Aluminium (2,70 g/cm 3 )<br />
• Titan (4,51 g/cm 3 )<br />
18<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminium und<br />
seine Legierungen<br />
19<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminium<br />
Ordnungszahl 13<br />
Atomgewicht 26,98 u<br />
Gitteraufbau kfz<br />
Dichte 2,7 g/cm 3<br />
Schmelztemperatur 659 °C<br />
Volumenabnahme (flüssig-fest) 6,5 %<br />
Linearer Ausdehnungskoeffizient (20-100°C) 23,6*10 -6 1/k<br />
Elastizitätsmodul 67 GPa<br />
Schubmodul 25,0 GPa<br />
Zugfestigkeit R m 80-100 MPa<br />
Bruchdehnung ~ 40 %<br />
Schmelzwärme 390 kJ/kg<br />
Siedetemperatur 2500 °C<br />
Verdampfungswärme 11,4 MJ/kg<br />
Elektrische Leitfähigkeit 37,67 m/Ω*mm 2<br />
Spezifischer elektrischer Widerstand 26,55 nΩ*m<br />
Wärmeleitfähigkeit 235 W/m*K<br />
Oberflächenspannung bei 660°C 0,86 N/m<br />
Standardpotential -1,67 V<br />
20<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumgewinnung nach dem Bayer-Verfahren<br />
u. Aluminiumelektrolyse<br />
Aluminium –<br />
Bayer-Verfahren<br />
Schematischer Ablauf der Aluminiumgewinnung<br />
aus Bauxit<br />
AlO(OH)<br />
Na 3 AlF 6<br />
21<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Zweischichtelektrolyse<br />
Dreischichtelektrolyse<br />
Aluminium –<br />
Schmelzflußelektrolyse u. Raffination<br />
Schmelzflußelektrolyse,<br />
Vorgänge<br />
Rohstoff- und<br />
Energieaufwand<br />
22<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Al-Schmelzflusselektrolyse<br />
(werden verbraucht)<br />
(Kohle)<br />
1852: 1000 €/kg 1895: 1,1 €/kg<br />
1964: 0,5 €/kg heute: 2 €/kg<br />
Elektrolyt als niedrig-schmelzendes<br />
Eutektikum (T m = 935°C, ρ = 2,15<br />
g/cm 3 ) mit 20% Al 2 O 3 und 80%<br />
Kryolith (Na 3 AlF 6 ). Kryolith wirkt<br />
als Katalysator, wird also kaum<br />
verbraucht. Al mit höherer Dichte<br />
(2,35 g/cm3 bei 900°C) sinkt nach<br />
unten und wird alle 1-2 Tage<br />
abgestochen. Al 2 O 3 wird<br />
kontinuierlich nachgefüllt.<br />
Al 2 O 3 + 3 C � 2 Al + 3 CO<br />
Nur 5% der Energie wird für die<br />
Neudarstellung verwendet.<br />
23<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumlegierungen<br />
Wirkung von Legierungselementen<br />
Kornfeinungsmittel für Aluminiumguß: Titan, Bor (Vorlegierung mit 5% Ti + 1% B)<br />
Veredelung der Schmelze: Phosphor, Natrium, Strontium<br />
Wichtigsten Legierungselemente:<br />
Magnesium, Silizium, Kupfer, Zink, Lithium Ausscheidungshärtung<br />
Mangan Erhöhung der Rekristallisationstemperatur<br />
Titan Kornfeinungsmittel, Korrosionsbeständigkeit<br />
Chrom Korrosionsbeständigkeit<br />
Eisen „Keimbildner für Mg2Si“ 24<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Einteilung von<br />
Aluminiumwerkstoffen<br />
Aluminiumknetlegierungen (DIN 1725/T1) Aluminiumgußlegierungen (DIN 1725/T2)<br />
aushärtbare<br />
<strong>bzw</strong>.<br />
naturharte<br />
Legierungen<br />
Knetwerkstoffe: AlMgSi, AlCuMg, AlCuSiMg, AlZnMg, AlZnMgCu, AlLi<br />
Gußwerkstoffe: AlMgSi, AlCuTi, AlCuTiMg, AlLi<br />
25<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Einteilung von<br />
Aluminiumwerkstoffen<br />
Aushärtbare Aluminiumlegierungen<br />
Knetwerkstoffe: AlMgSi, AlCuMg<br />
AlCuSiMg, AlZnMg<br />
AlZnMgCu, AlLi<br />
Gußwerkstoffe: AlMgSi, AlCuTi<br />
AlCuTiMg, AlLi<br />
Nicht aushärtbare Aluminiumlegierungen<br />
Wichtigsten Vertreter dieser Werkstoffgruppe:<br />
AlMn, AlMg, AlMgMn, AlSi,<br />
Neben den Werkstoffnummern (3.0000 - 3.4999 für Al-Legierungen, z.B. 3.3549)<br />
ist die "AA-Liste" (z.B. AA 5182) der Aluminium Association (USA) das<br />
gebräuchlichste Legierungsregister. Daneben AC-Legierungen, Handelsnahme der<br />
Firma ALCAN.<br />
26<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumlegierungen<br />
nach DIN EN 573<br />
Quelle: Rieg, Taschenbuch der Maschinenelemente<br />
27<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aushärtungevorgang bei<br />
Aluminiumlegierungen (schematisch)<br />
meist der<br />
entscheidende<br />
Schritt<br />
28<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Bezeichnungen ausgehärteter<br />
Aluminiumlegierungen<br />
29<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Phasendiagramm Al-Cu<br />
(2.000-Serie)<br />
30<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Ausscheidungssequenzen im System<br />
Aluminium-Kupfer (2.000-Serie)<br />
Schnitt durch Guinier-Preston-Zone I (links)<br />
und GPZ II (rechts)<br />
(parallel zur (200)-Ebene)<br />
Reihenfolge:<br />
1. GPZ I<br />
2. GPZ II oder Θ''<br />
3. Θ'<br />
4. Θ (Al 2Cu)<br />
Kristallstrukturen:<br />
31<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Cu<br />
Al
Nicht aushärtbare<br />
Aluminiumlegierungen<br />
Die Festigkeit dieser Legierungen wird im wesentlichen durch eine<br />
Mischkristallverfestigung bestimmt.<br />
Bei Knetlegierungen ist eine Veränderung der mechanisch-technologischen<br />
Eigenschaften durch Kaltverformen üblich.<br />
Grad der Verfestigung wird in älteren Normen beschrieben durch die Bezeichnungen<br />
weich (1,0 x R m ) halbhart (1,2 x R m ) hart (1,4 x R m )<br />
(heute teilweise ersetzt durch die „F-Zahl“, d.h. F30 entspricht Zugfestigkeit > 300 MPa )<br />
32<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Bruchzähigkeit verschiedener<br />
Aluminiumlegierungen<br />
Ziel der <strong>Werkstoffe</strong>ntwicklung:<br />
Legierungen mit hoher<br />
Festigkeit und gleichzeitig<br />
hoher Bruchzähigkeit<br />
Merke:<br />
Anteil an unlöslichen<br />
Bestandteilen beeinflussen<br />
wesentlich die Rißeinleitung<br />
und Rißwachstum<br />
33<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Zustandsdiagramm von<br />
Aluminium-Silizium (4.000-Serie)<br />
G-AlSi12 ist eine eutektische Gußlegierung<br />
• ausgezeichnetes Formfüllungsvermögen<br />
• hohe Warmrißbeständigkeit<br />
• ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit<br />
(Ausbildung einer SiO 2 -Oberflächenschicht)<br />
Gestrichelte Linien deuten die Unterkühlbarkeit<br />
an (für veredelte Legierungen)<br />
Veredelung bedeuted die Beeinflussung<br />
des Keimzustandes <strong>bzw</strong>. der Unterkühlung<br />
durch Zugabe von Natrium oder Strontium<br />
34<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Zustandsdiagramm<br />
Aluminium-Magnesium (5.000-Serie)<br />
AlMg- Legierungen sind „naturhart“ (d.h.<br />
nicht aushärtbar)<br />
• gute Eloxierbarkeit (Einsatz für<br />
Dekorationszwecke)<br />
• ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit an<br />
Luft und Seewasser<br />
Gefüge von AlMg 3<br />
35<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />
Herstellungsweg von Al-Karosserieblechen<br />
BDLO = Banddurchlaufofen<br />
Quelle: Alcan<br />
36<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
AlMgSi (aushärtbar)<br />
Keine<br />
�<br />
++<br />
++<br />
BDLO<br />
+++<br />
+++<br />
+++<br />
+++<br />
++<br />
+++<br />
+++<br />
Aluminiumwerkstoffe zum<br />
Tiefziehen<br />
Kriterium<br />
Lüderslinien<br />
Festigkeitsänderung KTL<br />
Umformvermögen<br />
Bördeleigenschaften<br />
Equipment Glühen<br />
Korrosionsverhalten<br />
Warmbeständigkeit ≥ 65 °C<br />
Crashverhalten<br />
Sichtansprüche<br />
Max. Umformvermögen<br />
Potenzial Dickenreduktion<br />
Sortenreine Bauweise Recycling<br />
AlMgMn (naturhart)<br />
(A), B<br />
BDLO oder Batch<br />
Fallweise prüfen<br />
37<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
�<br />
+++<br />
+++<br />
+++<br />
+++<br />
(+)<br />
+++<br />
+<br />
++
Umformen – Tiefziehen<br />
Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />
Verwendung von Fließfigurenfreien (fff) – Legierungen für Außenhautanwendungen<br />
6xxx = fff 5xxx = Fließfiguren<br />
38<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumwerkstoffe zum Tiefziehen<br />
Tiefziehteil für den Kfz-Bereich<br />
Grobkornbildung im Bereich<br />
schwacher Umformung<br />
39<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminiumlegierungssysteme zum<br />
Tiefziehen<br />
Quelle: Alcan<br />
40<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Zugfestigkeit Normprobe [MPa]<br />
Festigkeitsvergleich<br />
Stahl- ↔ Aluminium-Karrosserieblech<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
DX56D+Z<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
AC120PX<br />
T6<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
AC120PX<br />
0<br />
T4<br />
maximale Kraft [kN] / Weg bis F max [mm]<br />
Stahlblech mit 0,9 mm Stärke<br />
im Vergleich zum<br />
Aluminiumblech mit 1,1 mm Stärke<br />
in den Zuständen T4 und T6.<br />
(Skalen auf Blechdicke bezogen)<br />
41<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Verformungsanalyse einer gefügten<br />
Probe im Scherzugversuch<br />
DC04+ZE75/75 (0,9 mm) DC04+ZE75/75 (0,9 mm)<br />
Stahl Stahl<br />
Aluminium Aluminium<br />
AC120PX (T4) (1,1 mm) AC120PX (T6) (1,1 mm)<br />
→ Starke Deformation und Spannung im Randbereich<br />
Zugscherversuch<br />
42<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Verwendungsbereiche von<br />
Aluminiumblechen<br />
43<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium und<br />
seine Legierungen<br />
44<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium - Eigenschaften<br />
Kristallstruktur: hdp, mit c:a = 1,627 (im Vergleich zu 1,633)<br />
Schmelztemperatur: 649°C<br />
Siedetemperatur: 1120°C<br />
Dichte: 1,74 g/cm³ (leichtestes von den in größeren<br />
Mengen genutzten Metallen)<br />
E-Modul: 45 GPa<br />
Härte: ca. 40 HB<br />
Zugfestigkeit: ca. 150 MPa<br />
Wärmeleitfähigkeit: 156 W/m . K<br />
spez. el. Widerstand: 4,38 µW . cm<br />
therm. Ausdehnungskoeffizient: 26,1 . 10 -6 K -1<br />
Bruchdehnung: 1 - 12%<br />
45<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium<br />
Produktion,Verwendung<br />
Weltjahresproduktion: ca. 250.000 t<br />
Recyclingquote: ca. 40 %<br />
Preis: ca. 3 €/kg<br />
50 % des Magnesium wird als Legierungszusatz für Aluminiumlegierungen<br />
verwendet<br />
25 % als Mg-Legierung<br />
15 % in der chemische Industrie und zur Metalldarstellung (z. B.<br />
Kroll-Prozeß)<br />
10 % Zur Entschwefelung und Desoxodation von Stahl und zur<br />
Erzeugung von GGG<br />
46<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium<br />
Rohstoffe, Lagerstätten, Darstellung<br />
Wichtigste Erze sind:<br />
• Carnallit (KCl . MgCl 2 . 6H2O) mit 8 % Mg<br />
• Magnesit (MgCO 3 ) mit 27 % Mg<br />
• Dolomit (CaCO 3 . MgCO3) mit 13 % Mg<br />
Magnesium ist zu etwa 2,3 % in der<br />
Erdrinde enthalten und kommt fast überall<br />
vor. (Auch in Meerwasser ca. 1,3 kg Mg /m³<br />
enthalten, Totes Meer deutlich mehr!!!)<br />
Größte Erzeuger: USA, Rußland, Norwegen<br />
Aufgrund des hohen Energiebedarfs zur Herstellung von Mg erfolgt die Erzeugung vorrangig<br />
in Ländern, die über billige Energiequellen verfügen.<br />
Wichtigste Herstellungsroute ist die Schmelzflußelektrolyse (vergleichbar mit der<br />
Aluminiumdarstellung) aus Magnesiumchlorid (etwa 70 %). Etwa 30 % werden durch<br />
thermische Reduktion mit Ferrosilizium aus Magnesiumoxid gewonnen. Die thermische<br />
Reduktion basiert hauptsächlich auf gebranntem Dolomit.<br />
Das elektrolytisch und thermisch erzeugte Rohmagnesium enthält noch Verunreinigungen und<br />
wird flüssig mit Flußmittel-Salzen und Chlorgas oder Stickstoff raffiniert.<br />
Reinst-Magnesium (99,99 %) erzeugt man durch Destillation im Hochvakuum.<br />
47<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium<br />
Schmelzflußelektrolyse<br />
Elektrolysezelle zur Gewinnung von<br />
Magnesium aus MgCl 2<br />
Temperatur: 700 - 750 °C<br />
Anfangsgehalt: 15 % MgCl2 Zusätze: Na2O, K2O, CaO zur<br />
Schmelzpunkterniedrigung<br />
Das Mg scheidet sich flüssig an der<br />
Fe-Kathode ab und schwimmt auf<br />
dem Elektrolyten. Wegen der<br />
Sauerstoffaffinität wird das Mg zum<br />
Abschöpfen mit Schwefel-pulver<br />
abgedeckt und somit eine SO 2-<br />
Atmosphäre geschaffen.<br />
Die keramischen Trennwände<br />
verhindern den Kontakt des<br />
Magnesiums mit dem Chlorgas und<br />
damit eine Rückchlorierung<br />
48<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesiumlegierungen<br />
• Brennbarkeit (Pulver selbstentzündlich und nicht löschbar).<br />
• reines Magnesium: Problem der Verarbeitbarkeit (praktisch nicht<br />
kaltumformbar), da hexagonale Kristallstruktur.<br />
• reines Magnesium schlecht<br />
gießbar, aber in dieser<br />
Beziehung wurden in den<br />
letzten Jahren enorme<br />
Fortschritte erzielt (die sog.<br />
AJ-Legierungen mit sehr<br />
guten Druckgußeigenschaften).<br />
Z.B.: AJ52 (Mg Al 5 Sr 2,0)<br />
AJ62 (Mg Al 6 Sr 2,3)<br />
• Kriechen und Sublimation<br />
BMW 6-Zylinderreihenmotor,<br />
in Serie ab 2004, 24% Gewichtsersparnis<br />
49<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium - Gußlegierungen<br />
Die große Erstarrungsschwindung von 4 % macht Mg-Legierungen anfällig für Poren<br />
und Lunker. Zudem zeichnet sich Mg durch eine niedrige Wärmekapazität<br />
(ermöglicht kurze Zykluszeiten) und schlechtes Formfüllungsvermögen aus. Deshalb<br />
wird der größte Teil der Magnesiumlegierungen im Druckguß (90%) verarbeitet. Als<br />
Tiegelmaterial wird Eisen und als Werkzeugmaterial wird Stahl eingesetzt, da Eisen<br />
von flüssigem Magnesium nicht angegriffen wird.<br />
Auswahl einiger genormter Mg-Gußlegierungen<br />
Kurzzeichen Werkstoffnummer R P 0,2 R m A Härte Handelsübliche<br />
MPa MPa % HB 5/250 Bezeichnung<br />
G-MgAl18Zn1 3.5812.05 140-160 200-240 1-3 60-85 AZ 81<br />
G-MgAl19Zn1 3.5912.05 150-170 200-250 0,5-3 65-85 AZ 91<br />
G-MgAl6 3.5662.05 120-150 190-230 4-8 55-70 A 6<br />
G-MgAl6Zn1 3.5612.05 130-160 200-240 3-6 55-70 AZ 61<br />
G-MGAl4Si1 3.5470.05 120-150 200-250 3-6 60-90 AS 41<br />
G-MGAl6Sr2 ? 130-150 200-250 7-9 55-65 AJ 62<br />
50<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Magnesium<br />
Verarbeitung<br />
Magnesiumschmelze wird zum Schutz vor<br />
Selbstentzündung mit Schwefel abgedeckt.<br />
Bei Raumtemperatur ist Magnesium schlecht<br />
umformbar (Gleiten nur auf Basisebene), bei<br />
ca. 200°C sprunghafter Übergang zu höherer<br />
Duktilität (Aktivierung neuer Gleitsysteme).<br />
Aufgrund aus-geprägter Anisotropie und<br />
durch Glühen nicht ausgleichbarer Textur<br />
wird Magnesium nur in geringem Maß als<br />
Knetlegierung eingesetzt. Mg-Legierungen<br />
sind jedoch hervorragend spanend zu<br />
bearbeiten. Wegen der Gefahr der<br />
Selbstentzündung der Späne wird dabei<br />
trocken oder unter Öl gearbeitet.<br />
51<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Phasendiagramm Mg - Al<br />
Zulegieren mit<br />
leichten Elementen<br />
(Al, Sr).<br />
Die Al 12 Mg 17<br />
intermetallische<br />
Phase bildet mit der<br />
Mg-Matrix ein<br />
Lamellengefüge<br />
52<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Instrumententafel PKW<br />
Sitzschale PKW<br />
Magnesium<br />
Anwendungsbeispiele<br />
Werksmaschine Ralf Waldmann<br />
1993 mit Mg-Gußfelgen<br />
Flugzeugmotor mit Kurbelgehäuse<br />
aus Mg-Gußlegierung<br />
Allradgetriebegehäuse<br />
VW-Käfer (ca. 1940) Motor und Getriebegehäuse<br />
PKW-Lenkrad<br />
53<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan und seine<br />
Legierungen<br />
54<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan - Eigenschaften<br />
Kristallstruktur: α: hdp, mit c:a = 1,60<br />
β: krz (>882 °C)<br />
Schmelztemperatur: 1668 °C<br />
Dichte: 4,5 g/cm³ (Leichtmetall)<br />
E-Modul: 105 GPa<br />
Härte: ca. 120 HB<br />
Zugfestigkeit: ca. 350 MPa<br />
Wärmeleitfähigkeit: 15 W/m . K<br />
spez. el. Widerstand: 42 µW . cm<br />
therm. Ausdehnungskoeffizient: 8,35 . 10 -6 K -1<br />
55<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Rohstoffe, Lagerstätten, Darstellung<br />
Wichtigste Erze sind:<br />
• Rutil mit bis zu 98 % TiO 2<br />
• Ilmenit (FeTiO 3) mit bis zu 65 % TiO 2<br />
Haupterzeuger von TiO 2:<br />
• USA (ca. 33 %)<br />
• Westeuropa (ca. 50 %)<br />
• ehem. UdSSR<br />
Nur ca. 10 % des TiO 2 wird zu Metall verarbeitet. Der größte Teil wird als weißes Pigment in<br />
der Farbenindustrie verwendet.<br />
Die direkte Reduktion zu metallischem Titan ist aufgrund der hohen Bildungswärme des<br />
Titandioxids (954,5 kJ/mol) und der großen Löslichkeit von Sauerstoff in Titan bisher nicht<br />
möglich. Großtechnische Herstellung durch Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium<br />
(Kroll-Prozeß, erst seit 1946).<br />
Die Herstellung des TiCl 4 erfolgt überwiegend nach dem kontinuierlichen<br />
Wirbelschichtverfahren. Dabei wird Ilmenit oder Rutil unter Zugabe von Koks chloriert<br />
TiO 2 + 2C + 2Cl 2 ↔ TiCl 4 +2CO<br />
56<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Elektolytischer Prozeß<br />
Titan<br />
Verfahren zur Herstellung<br />
Kroll-Prozeß, über<br />
Mg-Reduktion<br />
� erst ab 1949<br />
größere Mengen<br />
Titan zur Verfügung<br />
57<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
H 2 O,<br />
HCl,<br />
HNO 3<br />
Titan<br />
Darstellung (Kroll-Verfahren)<br />
Mg<br />
(flüssig)<br />
Laugen<br />
TiCl 4<br />
Reduktionsreaktor<br />
Roh-Titanschwamm<br />
Zerkleinern<br />
Titanschwamm<br />
MgCl 2<br />
Vakuumdestillation<br />
Elektrolyse<br />
MgCl 2 ,<br />
Mg/Ti-Chloride<br />
58<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Mg<br />
Cl 2
Titan<br />
Rohblockherstellung<br />
Unlegierter<br />
Titanblock<br />
Vakuumlichtbogenofen mit<br />
abschmelzender Elektrode<br />
Titanblock<br />
nach dem<br />
Ziehen des<br />
Tiegels<br />
Vakuumlichtbogenofen mit<br />
Fremdelektrode<br />
Vakuumlichtbogenofen<br />
max. <strong>Block</strong>gewicht<br />
13 t<br />
Elektronenstrahlofen<br />
59<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Tigelloses Umschmelzen<br />
Da Titan extrem reaktiv ist, kann es nur<br />
tigellos oder mit Kaltwandtigeln<br />
umgeschmolzen und gereinigt<br />
(Sauerstoff-anteil reduziert) werden.<br />
60<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan - Eigenschaften<br />
+ ausgezeichnete<br />
Korrosionsbeständigkeit<br />
gegenüber oxidierenden<br />
wässrigen Medien und in vivo �<br />
Implantatmaterial<br />
+ hohe Festigkeiten 1.000 - 1.400<br />
MPa (vergleichbar Stahl),<br />
einsetzbar bis 500°C � füllen<br />
Lücke zwischen Al und<br />
warmfesten Stählen.<br />
+ gute Bruchfestigkeit/Dichte<br />
Verhältnis<br />
- Preis<br />
- Kerbschlagempfindlichkeit Pourbaix-Diagramm von Titan<br />
61<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Verarbeitung, Formgebung<br />
Gießen Umformen<br />
• hoher Schmelzpunkt und Reaktionsfreudigkeit<br />
(Ti reagiert mit allen Tiegel-materialien) und<br />
Sauerstoff-affinität � Elektronenstrahlschmelzen<br />
in Ti-Tiegeln, Guß in gekühlte Cu-<br />
Formen oder Graphit.<br />
• hohe Oberflächenspannung schlechtes<br />
Formfüllungs-vermögen � Vakuumdruck-guß.<br />
Gebräuchlich ist z.B. das<br />
Warmwalzen „im Hemd“,<br />
d.h. der Titanblock wird in<br />
Stahlmantel eingeschweißt<br />
und gemeinsam gewalzt,<br />
um Verzunderung zu<br />
vermeiden<br />
Rein-Titan und α-Titan-Legierungen sind schweißbar (Ar- oder He-<br />
Schutzgas), β- und (α + β)-Legierungen verspröden.<br />
62<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Verarbeitung<br />
Vakuum-Lichtbogenofen zum Umschmelzen,<br />
Raffinieren, Legieren paketierter Titanschwammblöcke,<br />
max. Kapazität: 13 t Titan<br />
Beladen eines Schmiedeofens<br />
63<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Festigkeit in N/mm²<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Titan<br />
Sauerstoffeinfluss<br />
Titan technischer Reinheit wird aufgrund seiner Festigkeit und<br />
Korrosionsbeständigkeit im chemischen Apparatebau eingesetzt, z.B. für<br />
Wärmetauscher, Heizschlangen, Behälterauskleidungen<br />
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35<br />
Sauerstoffgehalt in %<br />
Zugfestigkeit Streckgrenze Bruchdehnung<br />
64<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Bruchdehnung in %<br />
Einfluß des Sauerstoffgehalts auf<br />
die Festigkeit unlegierten Titans
Titan und seine Legierungen<br />
Festigkeitsbereich von Rein-Titan: 290 bis 740 N/mm 2<br />
Merke:<br />
Eigenschaften werden dabei hauptsächlich durch Abstufung des<br />
Sauerstoffgehaltes erzielt. Mit<br />
zunehmendem Sauerstoffgehalt<br />
nehmen Festigkeit und Härte zu,<br />
während die Zähigkeitabnimmt.<br />
Palladium- und Nickel-Molybdänlegiertes<br />
Titan zeichnet sich<br />
gegenüber unlegiertem Titan durch<br />
nochmals verbesserte<br />
Korrosionsbeständigkeit aus.<br />
Deutsche Titan (ThyssenKrupp Stainless)<br />
1% Pd<br />
TiAl6V4<br />
65<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titanlegierungen<br />
Festigkeitswerte<br />
Festigkeitswerte typischer Ti-Legierungen (weichgeglüht)<br />
Legierung R P 0,2 R m A<br />
[N/mm²] [N/mm²] [%]<br />
TiAl5Sn2,5 840 880 18<br />
TiAl6V4 1050 1200 18<br />
TiV13Cr11Al3 1200 1270 15<br />
66<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan - Legierungselemente<br />
Die Hauptlegierungselemente für Titan teilt man nach ihrer Wirkung auf die<br />
Gitterstruktur ein:<br />
α-stabilisierend (hcp): Al, Sn, O, N, C<br />
β-stabilisierend (bcc): V, Mo, Cr, Cu, Zr, H<br />
Dementsprechend unterscheidet man je nach Kristalltyp drei Legierungsgruppen:<br />
hexagonale α-Legierungen<br />
• mäßig kaltverformbar<br />
• Diffusionsgeschwindigkeit der<br />
versprödenden Elemente O, N, C<br />
geringer als in β-Legierungen �<br />
geeignet für Anwendungen bei<br />
höheren Temperaturen (z.B.<br />
Strahltriebwerke)<br />
Beispiel: TiAl5Sn2,5<br />
Zweiphasige (α + β)-Leg.<br />
• guter Kompromiß zwischen<br />
Festigkeit und Dichte<br />
• aushärtbar<br />
Beispiel: TiAl6V4<br />
krz- β-Legierungen<br />
• hohe Festigkeit<br />
• gut kaltverformbar<br />
• höhere Dichte wegen der<br />
zugesetzten Schwermetalle<br />
Beispiel : TiV13Cr11Al3<br />
67<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Phasendiagramm Ti - Al<br />
(Al stabilisiert α-Phase)<br />
68<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Phasendiagramm Ti - V<br />
(V stabilisiert β-Phase)<br />
69<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Ausschnitt aus dem ternären<br />
Phasendiagramm Al-Ti-V<br />
70<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
TiAl6V4 Mikrostruktur<br />
verschiedener Anwendungen<br />
Ausgangsmaterial vor dem Schmieden für Pleuelstangen (Automobil)<br />
71<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
TiAl6V4 Mikrostruktur<br />
verschiedener Anwendungen<br />
gefertigtes Pleuel<br />
72<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
TiAl6V4 Mikrostruktur<br />
verschiedener Anwendungen<br />
Verdichterschaufel für Flugturbine (Flugzeug)<br />
73<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
TiAl6V4 Mikrostruktur<br />
verschiedener Anwendungen<br />
Schienbeinnagel (ca. 35 cm lang) zur Knochenstabilisierung (Mensch)<br />
74<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan - Anwendungen<br />
links: Rennmotor: Ti Al 6 V 4, 420 g<br />
rechts: Serienmotor: 25 Cr Mo 4 V, 650 g<br />
� Gewichtsersparnis um 35%<br />
trotz größerem Volumen<br />
75<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan - Anwendungsmerkmale<br />
Die Anwendungen von Titanlegierungen können grob in drei Kategorien unterteilt<br />
werden:<br />
• Anwendungen, bei denen gute Struktur- und/oder Temperatureigenschaften von Titanlegierungen<br />
im Verhältnis zu ihrer geringen Dichte erforderlich sind. Tatsächlich ist das<br />
Verhältnis zwischen den Festigkeitseigenschaften und der Dichte das höchste bei den<br />
metallischen Bauteilen.<br />
• Anwendungen, bei denen ein sehr hoher Korrosionswiderstand gegen bestimmte<br />
aggressive Medien, wie in der chemischen Industrie, verlangt wird.<br />
• Spezielle Anwendungen, die auf den einzigartigen Eigenschaften von Reintitan und<br />
Titanlegierungen basieren.<br />
76<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan -<br />
Einsatz im Automobilbau<br />
Einsatzgebiete: z. B. Abgasanlagen, Bremssysteme, Pleuel, Ventile, Federn<br />
Werkstoffauswahl: Reintitanwerkstoff 12 (3.7025) und RT 15 (3.7035)<br />
Auswahl entsprechend dem Umformgrad zur Herstellung<br />
des jeweiligen Bauteils.<br />
Als Verformungsverfahren dünner Bleche oder<br />
dünnwandiger Rohre aus TiAl6V4 wird in der Luftund<br />
Raumfahrt in vielen Fällen die superplastische<br />
Umformung, auch häufig in Verbindung mit dem<br />
Diffusionsschweißen, angewendet.<br />
77<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Einsatz in der Medizintechnik<br />
Einsatzgebiete: Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie, Wirbelsäule, Ellbogen und Hand<br />
Fixiermaterialien für Knochen, wie Nägel, Schrauben, Muttern/Platten<br />
Zahnimplantate und Teile für die kieferorthopädische Chirurgie<br />
Herzschrittmachergehäuse und künstliche Herzklappen<br />
chirurgische Instrumente für die Herz- und Augenchirurgie<br />
Bauteile in schnell laufenden Blutzentrifugen<br />
Anforderungen: Die als Dauerimplantate in den menschlichen Körper einzubringenden<br />
Implantatwerkstoffe müssen u.a. biokompatibel, korrosionsbeständig,<br />
gewebeverträglich, vital und elastisch sein.<br />
<strong>Werkstoffe</strong>: Für Implantate/sonstige Teile, die keiner großen Belastung im menschlichen<br />
Körper unterworfen sind, kommen überwiegend die unlegierten<br />
Titansorten und für Endoprothesen und Instrumente überwiegend<br />
Titanlegierungen zum Einsatz.<br />
Im Dentalbereich werden sowohl die Reintitanwerkstoffe (3.7025) und<br />
3.7035 als auch die Titanlegierungen wie z.B. TiAl6V4 (3.7165) als<br />
Implantatmaterial/zahntechnischen Prothetik eingesetzt.<br />
78<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Einsatz in der Medizintechnik<br />
Vorteil der Titanwerkstoffe im Dentalbereich<br />
Völlige Geschmacksneutralität und für Patienten, die mit Allergien oder toxischen<br />
Reaktionen auf die verschiedenen Dentallegierungen reagieren, ist Titan eine ausgezeichnete<br />
Alternative.<br />
Legierungsentwicklung: TiAl5Fe2.5 - speziell für Dauerimplantate (Ergänzung zu<br />
TiAl6V4)<br />
• hervorragende Gewebeverträglichkeit<br />
• ausgezeichnete mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig geringem Gewicht<br />
• Dauerfestigkeiten von über 700 N/mm 2<br />
Entwicklungsziel:Ersatz des im elementaren Zustand toxische Element Vanadium durch<br />
geeignete körperverträgliche Elemente!<br />
Bei der Legierung TiAl5Fe2.5 ist dies durch Substitution mit Eisen<br />
erreicht worden, ohne die guten statischen und dynamischen Eigenschaften<br />
negativ zu beeinflussen.<br />
79<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
VW-Projekt<br />
(1999 - 2001)<br />
Problem: Versagen (meist am Ende) einer Tieflochbohrung an<br />
Versuchspleuel für hochwertige Ottomotoren<br />
Drill Rotation<br />
Cross section of the<br />
connecting rod<br />
Drill Depth: 0 mm<br />
Drill Depth: 50 mm<br />
Drill Depth: 90 mm<br />
80<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
10 µm
Pseudo<br />
temperature<br />
versus radial<br />
distance of the<br />
drill hole surface<br />
Calibration curve<br />
VW-Projekt<br />
(1999 - 2001)<br />
Pseudo temperature vs.<br />
drill depth<br />
Sample for<br />
carrier gas hot<br />
extraction.<br />
Dependence of<br />
oxygen<br />
concentration on<br />
drill depth.<br />
81<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Gleitrichtung <br />
{1101}-<br />
Pyramidalebene<br />
Verformung im hexagonalen Kristallsystem<br />
(Be, Mg, Ti, Co, ... )<br />
{0001}<br />
Basisebene<br />
{1010}-<br />
Prismenebene<br />
Abhängig vom c:a-Verhältnis werden<br />
verschiedene Gleitsysteme bei der<br />
Verformung wirksam. Aus der Forderung<br />
nach dichtester Packung läßt sich ein c:a-<br />
Verhältnis von 1,633 ableiten. Je näher der<br />
tatsächliche Wert liegt, desto eher werden<br />
alle unabhängigen Gleitsysteme aktiviert.<br />
Darüberhinaus erfolgt bei entsprechend<br />
niedriger Stapelfehlerenergie auch eine<br />
Verformung über Zwillingsbildung, <strong>bzw</strong>.<br />
setzt Zwillingsbildung ein, um neue<br />
Gleitsysteme in eine für die Verformung<br />
günstige Lage zu drehen.<br />
82<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Grundsätzliches<br />
Titan<br />
Umformeigenschaften<br />
α- und α/β-Titanlegierungen lassen sich bei RT nur bedingt umformen<br />
Grund: hohes Streckgrenzenverhältnis von meist über 90 %.<br />
Geringe Gleichmaßdehnung, d. h. die plastische Verformungsfähigkeit ist auf<br />
einen sehr engen und technisch kaum nutzbaren Bereich eingeschränkt<br />
Lösung: Bei Temperaturen über 500°C verbessert sich sowohl das Streckgrenzenverhältnis<br />
als auch das Verhältnis von Elastizitätsmodul zu Streckgrenze, so daß<br />
Bleche aus legiertem Titan überwiegend warm umgeformt werden<br />
Merke: Bei Wärmebehandlung ist grundsätzlich zu beachten, daß eine hohe Reaktionsfreudigkeit<br />
zu Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff besteht.<br />
� Möglichst kurze Erwärmungsdauer in neutraler oder leicht oxidierender<br />
Atmosphäre.<br />
Eine Wasserstoffaufnahme tritt bereits bei Temperaturen ab 500 °C auf<br />
83<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Wissenswertes zur Warmumformung<br />
Titan<br />
Umformeigenschaften<br />
Merke: Warmumformung findet oberhalb der Rekristallisationstemperatur statt<br />
Einzuhaltende Temperaturbereich wird durch die Gefügeanforderungen, den<br />
Umformwiderstand und die Neigung zur Rißbildung begrenzt<br />
Schmiermittel sind Glasmischungen mit ausgewählten Erweichungsbereichen<br />
oder Fett-Graphit-MoS 2 -Schmiermittel<br />
Üblicherweise erfolgt nach dem Umformen ein Weichglühen (T= 650-805°C)<br />
Glühzeiten sind abhängig vom Umformgrad/Bauteildicke<br />
Faustformel: Haltezeit etwa 2 Minuten pro mm Wandstärke<br />
Mindesthaltezeitzeit bei den meisten Legierungen etwa 30 min<br />
(bei Schmiedestücken größeren Querschnitts ca. 2 Stunden)<br />
84<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Wissenswertes zur Wärmebehandlung<br />
Titan<br />
Wärmebehandlung<br />
Oberhalb 700°C führen Sauerstoff + Stickstoff verstärkt zur Bildung von Zunderschichten,<br />
unter gleichzeitiger Diffusion von Sauerstoff in die Werkstückoberfläche (α-case)<br />
Merke: α-case hat eine Verringerung der Zähigkeitseigenschaften und der<br />
thermischen Stabilität des Titanwerkstoffes zur Folge<br />
Im Gegensatz zu Sauerstoff und Stickstoff kann der eindiffundierte Wasserstoff<br />
durch eine Vakuumglühung wieder weitgehend entfernt werden<br />
Wärmebehandlung mit Schutzgas- (nur Edelgase) und Vakuumöfen (elektrisch<br />
oder gasbeheizte Luftöfen.<br />
Wichtig: Bei gasbeheizten Öfen ist ein Luftüberschuß von etwa 10 - 15% einzustellen.<br />
Aufgrund der Gefahr einer Wasserstoffaufnahme und einer örtlichen Überhitzung<br />
des Materials ist eine unmittelbare Berührung des Wärmebehandlungsgutes<br />
mit der Gasflamme zu vermeiden.<br />
85<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan<br />
Wärmebehandlung<br />
Darüber hinaus bildet Titan mit bestimmten Metallen, wie z. B. Nickel und<br />
Kupfer, niedrigschmelzende Phasen, die bei den Wärmebehandlungen<br />
üblichen Temperaturen zu lokalen Aufschmelzungen führen können.<br />
� Immer den Kontakt mit diesen Metallen durch z. B. Chargiergestelle<br />
vermeiden!<br />
Spannungsarmglühung: - unlegiertes Titan zwischen 500 und 600 °C<br />
- alpha+beta-Legierungen zwischen 600 und 675°C<br />
- beta-Legierungen zwischen 700 und 750°C<br />
86<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Titan-Feinguß<br />
Vorteil des Feinguß:<br />
Gießtechnische Fertigung komplizierter Innenkonturen, Hinterschnitte oder gekrümmte<br />
Flächen, die mit anderen Fertigungsverfahren nur aufwendig realisierbar sind. Gießtechnik<br />
mit „Endmaß“, d. h. Reduzierung des Nachbearbeitungsaufwandes (z. B. Spanen)<br />
Werkzeugbau Wachsmodell Modellmontage<br />
Keramikbeschichtung der „Trauben“ Entwachsen und Brennen der „Trauben“<br />
87<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Literaturhinweise<br />
Titan<br />
Literaturhinweise<br />
H. Bühler "Umformeigenschaften von Titan und Titanlegierungen" Bänder, Bleche, Rohre 6 (1965) Teil 1: H. 11,<br />
S. 625/30 und 667 Teil 2: H. 12, S. 677/84<br />
U. Zwicker "Titan und Titanlegierungen" Kap. 16.1 - Warmumformung Springer-Verlag 1974, S. 469/80<br />
H. Wilhelm "Das Umformverhalten von Blechen aus Titan und Titanlegierungen im einachsigen Zugversuch und<br />
beim Tiefziehen" Bänder, Bleche, Rohre 16 (1975), S. 421/26 und S. 473/76<br />
H. Wilhelm "Das Verhalten von Blechen aus Titan und Titanlegierungen beim Biegen im V-Gesenk" Bänder, Bleche,<br />
Rohre 7 (1976), S. 284/88<br />
A. Hegazy "Untersuchungen zur Warmumformbarkeit der Titanlegierung TiAl6V4" Aluminium 59 (1983), H. 6, S.<br />
451/55<br />
R. Kopp "Einfluß des mehrmaligen Erwärmens beim partiellen Schmieden von Werkstücken aus TiAl6V4" Metall<br />
37 (1983), H. 4, S. 345/49<br />
H. Wagner "Beitrag zum Kaltfließpressen von Titan" VDI-Fortschr.-Ber. VDI-Reihe 2, Nr. 101, (1985)<br />
D. Ward "Superplastic forming of titanium alloys" Metals and Materials, September 1986, S. 560/63<br />
K. Kutzsche "Umformfestigkeit von Titan" Neue Hütte 35 (1990), S. 149/51<br />
D. Dunst "Analysis of Experimental and Theoretical Rolling Textures of Two-phase Titanium Alloys" Zeitschrift<br />
für Metallkunde (1996), H. 6, S. 498/507<br />
M. Peters, C. Leyens und J. Kumpfert "Titan und Titanlegierungen", DGM-Verlag (1996)<br />
G. Lütjering, J. Albrecht (eds.) "Proc. 10. World Conf. Titanium", Wiley VCH (2004)<br />
88<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Beryllium<br />
Be kann bei 1% der Männer und 4% der Frauen Immunreaktionen<br />
hervorrufen, deren lungenschädigende Wirkung erst nach vielen<br />
Jahren (25-35) auftritt (Staub und Aufnahme über die Haut).<br />
� extreme Sicherheitsmaßnahmen.<br />
Be sehr gutes Festigkeit/Dichte Verhältnis und hohe Wärmekapazität<br />
(� Bremsscheiben für Sondereinsätze)<br />
Nachteile: spröde, toxisch<br />
89<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Dichte<br />
E-Modul<br />
Zugfestigkeit<br />
Bruchdehnung<br />
(bezogen auf Stahl)<br />
therm.<br />
Exp.koeff.<br />
Vergleich der Leichtmetalle<br />
mit Stahl<br />
Faserverstärkte<br />
Kunststoffe<br />
19%<br />
10%<br />
54%<br />
13%<br />
2-250%<br />
Be<br />
24%<br />
135%<br />
44%<br />
0-26%<br />
107%<br />
22%<br />
21%<br />
32%<br />
35%<br />
226%<br />
35%<br />
34%<br />
26%<br />
150%<br />
208%<br />
58%<br />
55%<br />
100%<br />
190%<br />
73%<br />
Stahl<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
100%<br />
Gewicht einer Feder m ~ G⋅ρ � Titan-Feder nur 35% des Gewichts einer Stahl-Feder<br />
90<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
Mg<br />
Al<br />
Ti
Federstahl<br />
Quelle: Prof. Christ, Siegen<br />
low-cost-β-Titan<br />
Achsschraubenfedern aus Titan<br />
Titan<br />
Serieneinsatz im Lupo FSI, 40% Gewichtsreduzierung.<br />
Geringeres Elastizitätsmodul günstig da (G für und die Masse ρ jeweils ca.<br />
einer Feder gilt:<br />
55% der Stahl-Werte)<br />
m<br />
~<br />
G ⋅ρ<br />
91<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Al (7075-T6)<br />
Ti 6Al 4V<br />
Werkstoffgerechte Konstruktion<br />
Material<br />
Stahl (40 NiCrMo 8-4)<br />
Kohlefaserverstärkte Kunststoffe<br />
(auf Festigkeit optimiert)<br />
Kohlefaserverstärkte Kunststoffe<br />
(auf E-Modul optimiert)<br />
E-Modul/Dichte<br />
[MPa·m3 /kg]<br />
134<br />
780<br />
460<br />
92<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
27<br />
26<br />
25<br />
92<br />
Zugfestigkeit/Dichte<br />
[kPa·m3 /kg]<br />
230<br />
180<br />
250
T 2<br />
M 2<br />
F 1<br />
Beispiel Fahrradrahmen<br />
T 1<br />
M 1<br />
F 2<br />
Anforderungen an Fahrradrahmen:<br />
•Gewicht<br />
• Steifigkeit<br />
Starke Verwindungen des<br />
Fahrradrahmens benötigen zusätzliche<br />
Energie, die dann dem Vortrieb nicht<br />
mehr zur Verfügung steht.<br />
Aluminium-Fahrradrahmen gelten als<br />
steifer, Stahlrahmen als komfortabler,<br />
obwohl<br />
E St = 210 GPa ≈ 3·E Al = 70 GPa<br />
93<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Aluminium ↔ Stahl<br />
Fahrradrahmen<br />
Biegespannung eines Rohres mit Radius r<br />
und Stärke t:<br />
I ... Trägheitsmoment<br />
M ... Biegemoment (~ Gewicht des Radfahrers)<br />
mit der Dauerfestigkeit σD und dem Trägheitsmmoment<br />
für ein dünnwandiges Rohr I = π·r3 M r<br />
σ =<br />
I<br />
·t, ergibt sich:<br />
aus Festigkeitsüberlegungen gilt:<br />
Konstruktion<br />
m<br />
L<br />
=<br />
2<br />
94<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
π<br />
r<br />
t<br />
ρ<br />
=<br />
M<br />
max<br />
2 M<br />
r<br />
max<br />
=<br />
π<br />
ρ<br />
σ<br />
σ<br />
D<br />
D<br />
r<br />
2<br />
t<br />
Material
Aluminium ↔ Stahl<br />
Fahrradrahmen<br />
Der Krümmungsradius k eines Stabes unter Biegebeanspruchung<br />
ist gegeben durch die Bernoulli-Euler<br />
Gleichung, Verschiebung u und E-Modul:<br />
1<br />
k<br />
=<br />
2<br />
d u<br />
2<br />
dx<br />
=<br />
M<br />
E I<br />
=<br />
M<br />
π E r<br />
3<br />
t<br />
oder<br />
dann gilt aus Überlegungen zur elastischen Verbiegung<br />
des Rohres<br />
Konstruktion<br />
m<br />
L<br />
=<br />
2<br />
π<br />
r<br />
t<br />
2 M<br />
r<br />
95<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
ρ<br />
=<br />
max<br />
2<br />
k<br />
k<br />
~<br />
ρ<br />
E<br />
E<br />
r<br />
3<br />
t<br />
Material
Aluminium ↔ Stahl<br />
Fahrradrahmen<br />
Ähnliche Gleichungen lassen sich für die<br />
Torsionsbeanspruchung herleiten. Das Gewicht des<br />
Fahrers (und damit M) wird als konstant angenommen.<br />
Ebenso wird eine Obergrenze der maximal zugelassenen<br />
Krümmung festgelegt. Die Größe m/L soll unter<br />
Berücksichtigung der Festigkeits- und Steifigkeitskriterien<br />
optimiert werden.<br />
� Ashby Plots σ D /ρ und E/ρ<br />
96<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
1<br />
r<br />
ρ<br />
σ<br />
D<br />
k<br />
2<br />
r<br />
ρ<br />
E
Auf Dichte bezogene<br />
Dauerfestigkeit σ e und Steifigkeit<br />
CFRP ist somit der beste<br />
Werkstoff.<br />
Kommt der Rohrradius als<br />
freier Parameter hinzu, ändert<br />
sich das Bild. Die Festigkeit<br />
skaliert mit r, die Steifigkeit<br />
mit r 2 .<br />
Wichtig: die Kombination<br />
verschiedener Materialeigenschaften<br />
bestimmt das<br />
optimale Material.<br />
97<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
AA 7075 T6, 3.4365<br />
AlZnMgCu1,5<br />
Stahl, 1.6562<br />
(40 NiCrMo 8-4)<br />
Ti 6Al 4V, 3.7165<br />
Beispiel Fahrradrahmen<br />
σ B<br />
[MPa]<br />
500<br />
1 350<br />
1 000<br />
σ D<br />
[MPa]<br />
220<br />
600<br />
600<br />
ρ<br />
[g/cm 3 ]<br />
98<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
2,7<br />
7,8<br />
4,5<br />
E<br />
[GPa]<br />
70<br />
210<br />
120<br />
G<br />
[GPa]<br />
Ausgangspunkt: Stahlrahmen mit Radius r = 12,5 mm, Wandstärke t = 1,25 mm<br />
Alternativ: Aluminiumrahmen (Ausscheidungsgehärtet AA 7075-T6)<br />
27<br />
83<br />
45
Beispiel Fahrradrahmen<br />
Variante A:<br />
Bedingung gleicher Radius<br />
rAl = rSt = 12,5 mm<br />
gleiche Festigkeit<br />
ρ/σ D [10 -6 s 2 /m 2 ]<br />
ρ/E [10 -9 s 2 /m 2 ]<br />
Das Masse zu Längenverhältnis ist dann<br />
Wandstärke tAl ist dann<br />
tSt<br />
ρSt<br />
t Al =<br />
= 2,<br />
73 tSt<br />
= 3,<br />
41<br />
1,<br />
06 ρ<br />
Das Verhältnis der Krümmungsradien ist:<br />
Al<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
=<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
13,0<br />
37,1<br />
12,3<br />
38,6<br />
� Der Stahlrahmen ist circa um das gleiche Verhältnis schwerer und steifer.<br />
99<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
k<br />
k<br />
mm<br />
St<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
Al<br />
2 M ⎛ ρ ⎞<br />
r ⎜<br />
⎟<br />
St ⎝ σD<br />
⎠<br />
2 M ⎛ ρ ⎞<br />
r ⎜<br />
⎟<br />
Al ⎝ σD<br />
⎠<br />
Al<br />
13,<br />
0<br />
=<br />
12,<br />
3<br />
St St<br />
=<br />
=<br />
Al<br />
⎛ ρ ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ E ⎠<br />
⎛ ρ ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ E ⎠<br />
Al<br />
38,<br />
6<br />
= 1,<br />
06<br />
37,<br />
1<br />
St St Al<br />
=<br />
Al<br />
Al<br />
1,<br />
10<br />
Ti<br />
7,50<br />
37,5<br />
1,<br />
06
Beispiel Fahrradrahmen<br />
Variante B: Erhöhung der Steifigkeit beim Aluminiumrahmen � Verdopplung des<br />
Rohrdurchmessers des Aluminiumrahmens:<br />
r Al = 25 mm, bei gleichem Gewicht, d.h. die Wandstärke t Al wird halbiert. Die<br />
Wandstärke ist dann immer noch t Al = 1,7 mm = 1,4·t St größer als die des<br />
Stahlrahmens mit r St =12,5 mm und t St =1,25 mm.<br />
� Der Rahmen wird 33% steifer, da das Verhältnis der Krümmungsradien:<br />
3<br />
k Al EAl<br />
rAl<br />
t Al 70<br />
=<br />
= 4 =<br />
3<br />
k E r t 210<br />
St<br />
St<br />
St<br />
St<br />
1,<br />
33<br />
Dieselbe Vorgehensweise beim Stahl- und Titanrahmen ist begrenzt, da die<br />
Wandstärke des Stahlrahmens bei r St = 25 mm mit t St = 0,63 mm in den Bereich<br />
weniger 1/10 mm kommt. Beulen können schon durch Druck der Finger entstehen.<br />
100<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Beispiel Fahrradrahmen<br />
Variante C: Verdopplung des Rohrdurchmessers des Aluminiumrahmens im<br />
Vergleich zum Stahlrahmen (rAl = 25 mm) unter weiterer Reduktion des Gewichts,<br />
durch Verringern der Wandstärke.<br />
Welche Gewichtsverringerung lässt sich durch einen Aluminiumrahmen mit<br />
doppelten Rohrradius erzielen? Bedingung: gleiche Festigkeit wie Stahlrahmen.<br />
Festigkeitskriterium:<br />
Der Al-Rahmen wiegt nur 47% des Stahlrahmens!<br />
0,<br />
47 rSt<br />
tSt<br />
ρSt<br />
0,<br />
47 tSt<br />
ρSt<br />
t Al =<br />
= = 0,<br />
68 tSt<br />
r ρ 2 ρ<br />
Steifigkeit:<br />
Al<br />
3<br />
k Al EAl<br />
rAl<br />
t Al 70<br />
= = ⋅8<br />
⋅0,<br />
68 =<br />
3<br />
k E r t 210<br />
St<br />
Al<br />
St<br />
St<br />
St<br />
Al<br />
=<br />
0.<br />
85<br />
1,<br />
81<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
⎛ m ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ L ⎠<br />
2 M ⎛ ρ ⎞<br />
r ⎜<br />
⎟<br />
Al ⎝ σD<br />
=<br />
⎠<br />
2 M ⎛ ρ ⎞<br />
r ⎜<br />
⎟<br />
St ⎝ σD<br />
⎠<br />
12,<br />
3<br />
2⋅13,<br />
0<br />
101<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong><br />
mm<br />
x =<br />
Al Al = =<br />
St<br />
St<br />
0,<br />
47<br />
� Der Al-Rahmen ist halb so<br />
schwer und fast doppelt so steif!
Weitere Kriterien Fahrradrahmen<br />
• Schweißbarkeit !!<br />
(z.B. Sc-haltige Al-Legierungen)<br />
• Verarbeitungsmöglichkeit !!<br />
(z.B. Innen-Hochdruck-Umformung (IHU), Strangpressen<br />
• Preis (im Hochleistungssportbereich kein Kriterium)<br />
102<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>
Beispiel variable Wandstärke<br />
Aussendurchmesser 50,8 mm<br />
Wandstärke 0,89 mm ± 0,08 mm<br />
Durch die größere Fertigungsfreiheit<br />
(biegen, ziehen, IHU) und bessere<br />
Schweißbarkeit sind Aluminium-Rahmen<br />
zur Zeit leichter als Titan-Rahmen.<br />
Außerdem ist das Problem der zu dünnen<br />
Rohrwandstärken beim Ti ähnlich wie<br />
beim Stahl.<br />
103<br />
Uni Bayreuth, Werkstofftechn. + Halbzeuge, Metalle, <strong>H1</strong> Uwe Glatzel, <strong>Metallische</strong> <strong>Werkstoffe</strong>