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EINRICHTEBLATTVERWALTUNG

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<strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong><br />

Ein multimediales, erfahrungsgeleitetes<br />

Facharbeiter-Informations-System<br />

für die Rüstoptimierung an CNC-Maschinen<br />

Diplomarbeit<br />

cand. mach. Holger Reck


<strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong><br />

Ein multimediales, erfahrungsgeleitetes<br />

Facharbeiter-Informations-System<br />

für die Rüstoptimierung an CNC-Maschinen<br />

Diplomarbeit von<br />

cand. mach. Holger Reck<br />

durchgeführt am<br />

Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement<br />

Betreuung:<br />

Dipl.-Inform. Franz Koller<br />

Fraunhofer-Institut<br />

für Arbeitswirtschaft und Organisation<br />

der Universität Stuttgart<br />

Lehrstuhl Arbeitswissenschaft<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. e. h. Dr. h. c. Bullinger


VORWORT 3<br />

Vorwort<br />

Diese Diplomarbeit wurde am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa-<br />

tion durchgeführt. Sie ist Bestandteil weiterer Studienarbeiten und Diplomarbeiten,<br />

die im Rahmen der Projekte Computergestützte erfahrungsgeleitete Arbeit (CeA 1<br />

und CeA 2) im CIM-Umfeld vergeben worden sind.<br />

In der Abteilung Informationssysteme, dem das WOP-Zentrum angeschlossen ist<br />

beschäftigt man sich mit der Gestaltung, Entwicklung und prototypischen Erprobung<br />

interaktiver Informations-, Kommunikations- und Multimediasysteme. Die Einrichte-<br />

blattverwaltung ist eine dieser prototypischen, multimedialen Entwicklungen, mit der<br />

man eine flexible und kundenorientierte Fertigung im Produktionsbereich realisieren<br />

will, welche auch den humanzentrierten Ansätzen der Arbeitswissenschaft genügt.<br />

Sehr eng war die Zusammenarbeit mit den beteiligten Unternehmen und Instituten<br />

des CeA-Verbundes. Ohne die hilfreiche Unterstützung aller Beteiligten wäre ein Ge-<br />

lingen dieser Diplomarbeit nicht möglich gewesen. Speziell sei den Mitarbeitern der<br />

Firma Rich. Seifert & Co. GmbH & Co. KG gedankt, die ihr Fachwissen, Engagement<br />

und die benutzergerechten Anforderungen an das CeA-Facharbeiter-Informations-<br />

System (CeAFIS) eingebracht haben.<br />

Dank gilt auch den Mitarbeitern des IAO mit ihrem reichhaltigen Erfahrungswissen<br />

auf dem Gebiet Multimedia, sowie der Autorensystem-Programmierung und darüber<br />

hinaus der uneingeschränkten Nutzung der Hard- und Softwareaustattung des Insti-<br />

tuts.<br />

Von Seiten der Universität Stuttgart hat diese Studienarbeit der Lehrstuhl Arbeitswis-<br />

senschaft und Technologiemanagement unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. habil. Prof.<br />

e. h. Dr. h. c. Bullinger betreut.


INHALTSVERZEICHNIS 4<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung................................................................................................................9<br />

2 Erfahrungswissen im CIM-Umfeld......................................................................12<br />

2.1 CNC-Entwicklung im CIM-Umfeld .............................................................12<br />

2.2 Erfahrungszyklen bei erfahrungsgeleiteter Arbeit in der spanenden<br />

Fertigung...................................................................................................14<br />

2.2.1 Erfahrungsgeleitete Arbeit im Werkstattbereich ..........................14<br />

2.2.2 Erfahrungsgeleitete Arbeit im dispositiven Umfeld ......................14<br />

2.3 Rolle der Informationstechnik bei erfahrungsgeleiteter Arbeit ..................19<br />

2.4 CeA- Anforderungen an Technik und Organisation ..................................20<br />

2.5 Aufgabe und Zielsetzung des CeA-Konzeptes .........................................22<br />

2.5.1 Einrichteblattverwaltung als Kommunikationsmittel.....................23<br />

2.5.2 Einrichteblattverwaltung als Arbeitsmittel ....................................24<br />

3 Modellvorhaben CeAFIS.......................................................................................26<br />

3.1 Betriebliche Rahmenbedingungen............................................................26<br />

3.1.1 Produktspektrum .........................................................................26<br />

3.1.2 Stärken und Schwächen des Gesamtunternehmens ..................28<br />

3.1.3 Organisatorischer Rahmen der spanenden Fertigung.................29<br />

3.1.3.1 Beteiligungsmodell der Mitarbeiter.................................29<br />

3.1.3.2 Aufbauorganisation........................................................31<br />

3.1.3.3 Ablauforganisation .........................................................32<br />

3.2 CeAFIS: Das Konzept für die Auftragsdisposition und Arbeitsplanung.....33<br />

3.2.1 Rolle der Mitarbeiter bei der Auftragsdisposition und<br />

Arbeitsplanung.............................................................................33<br />

3.2.2 Anforderungen an die DV-Unterstützung der<br />

Auftragsdisposition.......................................................................34<br />

3.2.3 Anforderungen an die DV-Unterstützung der Arbeitsplanung .....37<br />

3.2.4 Die Einrichteblattverwaltung als Modul im Facharbeiter-<br />

Informations-System CeAFIS.......................................................38<br />

3.2.5 Einrichten als Tätigkeit der Auftragsdisposition und<br />

Arbeitsplanung.............................................................................42<br />

3.2.5.1 Der Stellenwert des Einrichtens.....................................42<br />

3.2.5.2 Einzelaufgaben des Einrichtens.....................................43


INHALTSVERZEICHNIS 5<br />

4 Gestaltung technischer Unterstützungskomponenten.....................................44<br />

4.1 Das technische Basiskonzept ...................................................................44<br />

4.2 Technische Gestaltungsanforderungen an offene Systemumgebungen ..48<br />

4.2.1 Benutzerschnittstelle ...................................................................48<br />

4.2.2 Datenorganisation .......................................................................50<br />

4.2.3 Offene CNC-Systemkonzepte .....................................................53<br />

5 Die Einrichteblattverwaltung...............................................................................55<br />

5.1 Analysephase ...........................................................................................55<br />

5.2 Konzeptionsphase ....................................................................................65<br />

5.2.1 Design .........................................................................................67<br />

5.3 Implementationsphase..............................................................................74<br />

5.3.1 Produktion ...................................................................................74<br />

5.3.2 Programmierung..........................................................................76<br />

5.3.3 Dokumentation ............................................................................77<br />

6 Bewertung.............................................................................................................94<br />

6.1 Wirtschaftlichkeit .......................................................................................95<br />

6.2 Erfahrungswissen......................................................................................96<br />

6.3 Mitarbeiterpartizipation..............................................................................97<br />

7 Zusammenfassung und Ausblick........................................................................99


ABBILDUNGSVERZEICHNIS 6<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Erfahrungsbereiche in der Werkstatt ....................................................15<br />

Abbildung 2: Erfahrungszyklus der spanenden Fertigung.........................................17<br />

Abbildung 3: Layout der spanenden Fertigung..........................................................30<br />

Abbildung 4: Das dreistufige Auftragssteuerungskonzept.........................................35<br />

Abbildung 5: CeAFIS bei DV-technischer Realisierung.............................................39<br />

Abbildung 6: Anwendung des Dispositionsmoduls im CeAFIS..................................40<br />

Abbildung 7: Technische Hilfsmittel und Werkzeuge ................................................44<br />

Abbildung 8: Datenstruktur CeAFIS und Zugriffsrechte für den Facharbeiter ...........46<br />

Abbildung 9: Forderungen an die Benutzungsoberfläche..........................................49<br />

Abbildung 10: Datenhaltung und Datenzugriffe für den Facharbeiter........................51<br />

Abbildung 11: Offenheit und Schnittstellen zu anderen Techniksystemen<br />

am Beispiel der Steuerung2000.........................................................53<br />

Abbildung 12: Vorgehensweise zur Erstellung eines multimedialen Informations-<br />

systems ..............................................................................................55<br />

Abbildung 13: Ziele bei der Gestaltung und Einführung neuer Formen der Arbeits-<br />

organisation........................................................................................57<br />

Abbildung 14: Arbeitsgestaltung mit sozio-technischem Ansatz................................58<br />

Abbildung 15: Abstimmung mit dem Meister .............................................................60<br />

Abbildung 16: Abstimmung mit Kollegen...................................................................61<br />

Abbildung 17: Beispiel eines konventionell erstellten Einrichteblattes.......................62<br />

Abbildung 18: Die Module der Steuerung2000..........................................................64<br />

Abbildung 19: Integration der Einrichteblattverwaltung in ein Insel-<br />

informationssystem ............................................................................65<br />

Abbildung 20: Mögliche Technikunterstützung bei Gruppenarbeit in der Werkstatt ..66<br />

Abbildung 21: Lösungskonzept der Programmstruktur..............................................72<br />

Abbildung 22: Die Navigation durch die vier Hierarchieebenen.................................73<br />

Abbildung 23: Benutzergeführtes Installationsprogramm..........................................80<br />

Abbildung 24: Der Eröffnungsbildschirm der Einrichteblattverwaltung ......................82<br />

Abbildung 25: Die Maschinenauswahl der Einrichteblattverwaltung..........................83<br />

Abbildung 26: Liste der verfügbaren Einrichteblätter an einer Maschine...................84<br />

Abbildung 27: Karteikarte Allgemeines......................................................................85<br />

Abbildung 28: Karteikarte Aufspannung....................................................................86


ABBILDUNGSVERZEICHNIS 7<br />

Abbildung 29: Karteikarte Arbeitsplan .......................................................................86<br />

Abbildung 30: Die angehängte Unterprogrammverwaltung.......................................87<br />

Abbildung 31: Nachbearbeitung von Bildern über Paintbrush...................................89<br />

Abbildung 32: Fotografieren oder Filmen der Aufspannsituation...............................90<br />

Abbildung 33: Das Videomodul der Einrichteblattverwaltung....................................90<br />

Abbildung 34: Aufnahme von sprachlichen Annotationen .........................................91<br />

Abbildung 35: Auszug aus einem Einrichteblatt ........................................................92<br />

Abbildung 36: Kooperatives Organisationskonzept.................................................100<br />

Abbildung 37: Einrichteblätter für das Schleifen bei der Firma Jung .......................102<br />

Abbildung 38: Einrichteblätter für das Biegen bei der Firma Kodak ........................102


TABELLENVERZEICHNIS 8<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Stärken und Schwächen des Unternehmens............................................28<br />

Tabelle 2: Eingesetzte Werkzeugmaschinen in der spanenden Fertigung................31<br />

Tabelle 3: Kenntnisse und Erfahrungen verschiedener Beschäftigtengruppen in<br />

der Beurteilung von Dispositionsaspekten................................................34<br />

Tabelle 4: Plattform für die Produktion ......................................................................75<br />

Tabelle 5: Kosten und Nutzen der Einrichteblattverwaltung......................................95


EINLEITUNG 9<br />

1 Einleitung<br />

Lange Zeit wurde die technische Integration der verschiedenen betrieblichen Funkti-<br />

onsbereiche der Produktion als der Königsweg der Rationalisierung angesehen. In<br />

den Köpfen einiger Planer spukten die Perspektiven der menschlosen Fabrik umher,<br />

für die nur noch Schnittstellenprobleme zu lösen seien. Spätestens bei der Diskussi-<br />

on um die CIM-Ruinen wurde klar, daß die Integration der Funktionsbereiche nicht<br />

lediglich ein technisches Problem ist. Die Verlagerung aller wichtigen Planungs-,<br />

Programmier- und Kontrollaufgaben in die der Fertigung vor- und nachgelagerten<br />

Bereiche führen vielfach zu Flexibilitätseinbußen sowie zu zeitlichen und kostenmä-<br />

ßigen Mehraufwendungen.<br />

Diese Probleme sind keine vorübergehenden Phänomene, die durch eine immer<br />

weiter voranschreitende Technisierung aufgefangen werden können. Kurze Durch-<br />

laufzeiten für Aufträge, hohe Maschinenauslastung, präzise Termineinhaltung und<br />

gleichbleibende Produktqualität sind trotz Vorplanungen und Programmvorgaben nur<br />

durch Zusatzleistungen der Facharbeiterinnen und Facharbeiter zu erreichen. Die<br />

neue Perspektive der Dezentralisierung hat somit den Blick auf die Kompetenz der in<br />

den verschiedenen Funktionsbereichen Arbeitenden wieder geöffnet.<br />

Die Bestrebungen hin zu einer rechnerintegrierten Produktion scheinen jedoch mit<br />

Gefahren für den Aufbau und Erhalt von Erfahrungswissen verbunden zu sein, be-<br />

trachtet man wie gegenwärtig die Technik- und Organisationstrends verlaufen. Je<br />

nach CNC-Einsatzbereich, technischer Ausstattung und Organisationskonzept regu-<br />

lieren die in CNC-Arbeitsstrukturen tätigen Mitarbeiter ihr Arbeitshandeln auf ganz<br />

unterschiedlicher informatorischer Grundlage. Generell gilt, daß nur dann, wenn si-<br />

chergestellt ist, daß Technik und Organisation es ermöglichen die Wirkungen eige-<br />

ner Entscheidungen zu erfahren, der Aufbau und Erhalt von Erfahrungswissen ge-<br />

fördert wird. Vor diesem Hintergrund sind technisch-organisatorische Strukturen, die<br />

planerisch-dispositive Tätigkeiten von ausführend-kontrollierenden trennen, weder<br />

geeignet bei dem, der die Entscheidungen trifft Erfahrungen zu erzeugen, noch bei<br />

dem, der nur ausführt.<br />

Aus der nun ca. zehn Jahre dauernden Phase der Aneignung der CIM-Technologien<br />

durch Anwenderunternehmen wird immer deutlicher, daß nur qualifizierte Arbeits-


EINLEITUNG 10<br />

kräfte unter Einsatz spezifischen Erfahrungswissens in der Lage sind, die komplexe<br />

CIM-Produktionstechnik zu beherrschen und das ihr zugeschriebene Potential an<br />

flexibler Automatisierung auszuschöpfen.<br />

Es wird ebenfalls immer deutlicher, daß wegen der Veränderungen des Käufer-<br />

marktes hin zur Nachfrage kundenspezifischer Produkte weniger das Rationalisie-<br />

rungs- bzw. Automatisierungspotential von CIM, sondern eher dessen Flexibilisie-<br />

rungspotential im Vordergrund steht. Für die deutsche Industrie stellt sich somit die<br />

Aufgabe, sowohl die Chancen von CIM hinsichtlich einer flexiblen Automatisierung<br />

zu nutzen als auch attraktive Werkzeugmaschinenarbeitsplätze für hochqualifizierte<br />

Facharbeiterinnen und Facharbeiter bereitzustellen. Es gibt hinweise, daß beide<br />

Ziele durchaus vereinbar sind. Es gibt aber auch Hinweise, daß die Aspekte Organi-<br />

sation und Arbeitsgestaltung zu Beginn der Einführung von CIM häufig zugunsten<br />

der Technikgestaltung zu wenig beachtet werden.<br />

Für den Bereich der spanenden Fertigung wurde deshalb in den Projekten Compu-<br />

tergestützte erfahrungsgeleitete Arbeit (CeA) untersucht, was die von betrieblichen<br />

Praktikern immer so benannte unbezahlbare Erfahrung der Facharbeiterinnen und<br />

Facharbeiter ausmacht /8/. Erfahrung ist ebenso handlungsleitend wie theoretisches<br />

Wissen. Allerdings ist das Erfahrungswissen ein Wissen, das eng mit praktischem<br />

Handeln verbunden ist. Erfahrungswissen steht damit im Zusammenhang mit einer<br />

bestimmten Ausformung des Arbeitshandelns, die mit dem Begriff erfahrungsgelei-<br />

tete Arbeit bezeichnet wird /13/.<br />

Der Forschungsverbund Erfahrungsgeleitete Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen<br />

(CeA 1) hat dabei die Nutzung und Unterstützung von Erfahrungswissen beim Dre-<br />

hen und Fräsen untersucht, während der Forschungsverbund Erfahrungswissen im<br />

CIM-Umfeld (CeA 2) sich mit der Sicherung und Förderung des Erfahrungswissens<br />

von CNC-Maschinenbedienern insbesondere im Hinblick auf die Fertigungssteue-<br />

rung (u.a. Auftragsreihenfolgebildung) und Fertigungsplanung (u.a. NC-<br />

Programmierung, Arbeitsplanung, Rüstoptimierung, usw.) befaßt hat /5/.<br />

Ziel dieser Diplomarbeit ist letztendlich die Realisierung modellhafter Arbeitsstruktu-<br />

ren und deren informationstechnischer Unterstützungskomponenten im Produktions-<br />

bereich des Unternehmens Rich. Seifert & Co. GmbH & Co. KG, die demonstrieren<br />

sollen, daß sich CIM-Technologien und erfahrungsgeleitete Arbeit in der Praxis nicht<br />

ausschließen.<br />

Bei der Durchführung der Diplomarbeit wurde deshalb eine partizipative Vorgehens-<br />

weise für besonders wichtig gehalten, d.h. auf die Beteiligung der Facharbeiterinnen


EINLEITUNG 11<br />

und Facharbeiter und weiteren von den Gestaltungsmaßnahmen betroffenen Be-<br />

schäftigten von Anfang an, wurde größter Wert gelegt. Die Partizipation durch die<br />

Facharbeiter führte zu einer bottom up Entwicklung des CeAFIS-Gesamtkonzeptes,<br />

das durch eine top down Entwicklung nicht möglich gewesen wäre. Ausgangspunkt<br />

war ihr spezifisches Arbeitshandeln in ihrem betrieblichen Umfeld. Sie orientierten<br />

sich hierbei nicht an den CIM-Funktionsketten, die den arbeitenden Menschen nicht<br />

ausreichend berücksichtigen. Statt der CIM-Fragestellung Was muß gemacht wer-<br />

den? stand der CeA-Gedanke Wer macht was? im Vordergrund.<br />

So konnte mit der Methode des Rapid Prototyping das Softwaremodul Einrichteblatt-<br />

verwaltung den Benutzeranforderungen genauestens angepaßt werden und geht<br />

weit über die Laborphase hinaus. Es wird bereits prototypisch in der spanenden Fer-<br />

tigung eingesetzt, wo es sich täglich dem rauhen Industriealltag stellen muß.


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 12<br />

2 Erfahrungswissen im CIM-Umfeld<br />

2.1 CNC-Entwicklung im CIM-Umfeld<br />

Die CNC-Technik ist eine Schlüsseltechnologie für rechnergestützte Fertigung.<br />

Durch ihren Einsatz können die Leistungen in der Werkstatt verbessert und erweitert<br />

werden. Die CNC-Technik läßt höhere Geschwindigkeiten und Präzision bei Bear-<br />

beitungsvorgängen der Werkzeugmaschine zu, gestattet die Bearbeitung kompli-<br />

zierter Konturen und erlaubt durch Anfertigen von Programmen in erheblichem Um-<br />

fang besonders flexible Fertigung auch bei hohen Stückzahlen. CNC-<br />

Werkzeugmaschinen weisen ein anderes Leistungsspektrum als die konventionellen<br />

Werkzeugmaschinen auf. Sie sind Grundbaustein für rechnerintegrierte CIM-<br />

Strukturen.<br />

In der Geschichte der Entwicklung und Anwendungen von CNC-Werkzeugmasch-<br />

inen lassen sich drei Etappen voneinander abgrenzen, bei denen neben den grund-<br />

legenden Ingenieurwissenschaften auch die Arbeits- bzw. Sozialwissenschaften in<br />

unterschiedlicher Bedeutung Einfluß genommen haben.<br />

In der ersten Etappe bis Anfang der 70er Jahre ging es vor allem darum, eine funkti-<br />

onsfähige CNC-Werkzeugmaschine zu entwickeln. Diese Aufgabe sahen die Inge-<br />

nieurwissenschaften als ihre Domäne an, so daß sie auch keine Impulse von den<br />

Arbeits- und Sozialwissenschaften erwarteten und suchten. Aus der Sicht der Inge-<br />

nieurwissenschaften fiel ihnen lediglich die Aufgabe zu, die Auswirkungen des Ein-<br />

satzes von CNC-Technik zu untersuchen oder organisatorische Fragen der Einglie-<br />

derung von CNC-Maschinen in Arbeitsstrukturen zu klären.<br />

Die zweite Etappe der technischen Entwicklung erfolgte in den 80er Jahren. Insbe-<br />

sondere Anwenderprobleme - wie die schwierige Handhabbarkeit - der ersten CNC-<br />

Werkzeugmaschinen und einer damit im Zusammenhang stehenden als zu gering<br />

eingeschätzten Diffusion - vor allem Barrieren in kleineren und mittleren Betrieben -<br />

führten zu einer stärkeren Beachtung des praktischen Umgangs mit CNC-Werkzeug-<br />

maschinen. Arbeits- und sozialwissenschaftliche Untersuchungen machten insbe-<br />

sondere auf verschiedene Schwächen beim Programmieren und bei der Maschinen-<br />

bedienung aufmerksam. Entsprechend diesen Erkenntnissen lag der Schwerpunkt


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 13<br />

der technischen Entwicklung in der Erweiterung der Funktionalität von CNC-Werk-<br />

zeugmaschinen und in der Verbesserung der Handhabbarkeit von Programmeinga-<br />

ben. Aus der Vielzahl technischer Neuerungen in den 80er Jahren soll hier nur kurz<br />

das WOP-Konzept (werkstattorientiertes Programmieren) erwähnt werden, bei dem<br />

durch Klartext- und Grafikeingabe im Dialog Programme erstellt werden können, oh-<br />

ne daß der DIN-Satz verwendet werden muß. Dialog- sowie Ein- und Ausgabe-<br />

schnittstellen werden dabei nach software-ergonomischen Gesichtspunkten gestal-<br />

tet.<br />

Die dritte Etappe der technischen Entwicklung kommt in den 90er Jahren in Gang.<br />

Sie beginnt mit der empirisch begründeten Kritik sozialwissenschaftlicher Untersu-<br />

chungen an dem verengten Ansatz, die Arbeit mit Werkzeugmaschinen ausschließ-<br />

lich unter dem Gesichtspunkt der Mensch-Maschine-Schnittstelle zu betrachten. Sie<br />

betont demgegenüber den ganzheitlichen Zusammenhang des Arbeitshandelns mit<br />

CNC-Werkzeugmaschinen. Dieses Handeln wird nicht nur von kognitiv-rationalen<br />

Aspekten geprägt, sondern ebenso von intuitiv-assoziativen Aspekten, wie sie insbe-<br />

sondere bei aus der Erfahrung gewonnen Orientierungen und Vorstellungen für Zu-<br />

standsbewertungen zum Bearbeitungsfortschritt und Situationsbewertung für Bear-<br />

beitungsstrategien bedeutend sind. Um diese Zusammenhänge zu klären, wurde<br />

z.B. Anfang der 90er Jahre der Forschungsverbund CeA gebildet, dem neben inge-<br />

nieurwissenschaftlichen, arbeits- und sozialwissenschaftliche Instituten, ebenso Her-<br />

steller und Anwender angehören. In diesem Verbund sind gemeinsam neue Anforde-<br />

rungsprofile für erfahrungsgeleitete Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen entwickelt<br />

worden.<br />

Ausgangspunkt der Entwicklungen sind die Facharbeiter in ihrem Arbeitshandeln an<br />

CNC-Werkzeugmaschinen. Es ging um die Erfassung der Arbeitsfunktionen beim<br />

Drehen und Fräsen, welche Entscheidungen vor Ort durch den Facharbeiter zu tref-<br />

fen sind und woran er sich bei der Entscheidungsfindung orientiert. Hervorzuheben<br />

ist, daß die Arbeits- und Sozialwissenschaften im CeA-Verbund nicht erst im Nach-<br />

hinein, wenn technische Konzepte entwickelt worden sind, hinsichtlich Akzeptan-<br />

zuntersuchungen oder Vorschlägen für Korrekturen beteiligt worden sind, sondern<br />

bereits bei der Festlegung der Anforderungsprofile. Im Rahmen der vielfältigen Dis-<br />

kussionen zwischen den verschiedenen Fachdisziplinen haben sich sowohl grundle-<br />

gende Konzepte zum Arbeitshandeln und zur Erfahrungsbildung, wie auch über An-<br />

satzpunkte für neue technische Komponenten herausgeschält. Forschung und Ent-<br />

wicklung verliefen im Rahmen eines interaktiven Innovationsprozesses.


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 14<br />

2.2 Erfahrungsbereiche bei erfahrungsgeleiteter Arbeit in der<br />

spanenden Fertigung<br />

2.2.1 Erfahrungsgeleitete Arbeit im Werkstattbereich<br />

In der Werkstatt werden Fertigung und Montage vorgenommen. Zumindest produkti-<br />

onsnah organisiert sind Auftragsvorbereitung, NC-Programmierung und Fertigungs-<br />

steuerung. Produktionsbezogen sind auch Auftragsannahme, Konstruktion und Ma-<br />

terialwirtschaft ausgerichtet. Diese Betriebsbereiche erfordern unterschiedliche<br />

Kenntnisse und Erfahrungen, um eine Arbeitsaufgabe zu bearbeiten und ein typi-<br />

sches Leistungsergebnis zu erzielen. Unter den Aspekten der Gesamteffektivität und<br />

Qualitätssicherung ist jeder Betriebsbereich darauf angewiesen, daß vor-, neben-<br />

und nachgelagerte Bereiche termin- und qualitätsgerecht ihr Aufgabenspektrum be-<br />

arbeiten bzw. produzieren. Jeder Funktionsbereich hat hierfür eine spezifisches Ar-<br />

beitshandeln und Leistungsvermögen entwickelt.<br />

Bei der Arbeit in der Werkstatt lassen sich generell zwei Erfahrungsbereiche unter-<br />

scheiden, die im konkreten Arbeitshandeln aber eng miteinander verflochten sind<br />

und zwar:<br />

1. den der spanenden Teilefertigung (Werkstattbereich) mit der Maschine, gemeint<br />

sind hier z.B. die Bearbeitungsstrategie und die Prozessbeherrschung.<br />

2. den der Auftragsabwicklung (dispositives Umfeld), gemeint sind hier Fragen z.B.<br />

der Auftrags- und Ressourcendisposition<br />

2.2.2 Erfahrungsgeleitete Arbeit im dispositiven Umfeld<br />

Durch die Nutzung von Erfahrung aus beiden Bereichen in Form einer engen Ver-<br />

schränkung und eines Aufeinanderbezogen-Seins von Erfahrungen aus Zerspanung<br />

und aus Auftragsabwicklung können Facharbeiter eine flexible, ökonomische, zeit-<br />

und material- sowie qualitätsgerechte Teilefertigung gewährleisten. Dies zeigt sich<br />

z.B., wenn bei der Disposition der Auftragsreihenfolge durch Facharbeiter in die Ab-<br />

schätzung der Bearbeitungszeiten erfahrungsbasierte Erwartungen über eventuell<br />

auftretende Schwierigkeiten in der Zerspanung mit eingehen. Umgekehrt fließen in<br />

die Tätigkeiten zur Steuerung der Zerspanung auch immer Erfahrungen mit der Auf-<br />

tragsabwicklung ein. Dies wird u.a. deutlich, wenn Facharbeiter einen Werkzeug-<br />

wechsel abhängig machen von dem Aufwand der Zeit(ersparnis), sowie den erwar-<br />

teten Auswirkungen bezüglich der Qualität. So entscheidet sich ein Facharbeiter u.U.<br />

bei nur einem verbleibenden Werkstück, es mit verminderter Drehzahl und stumpfe-


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 15<br />

rem Werkzeug fertigzubearbeiten, während er es bei weiteren verbleibenden Werk-<br />

stücken wechselt.<br />

Die folgende Grafik veranschaulicht die Zusammenwirkung der beiden Erfahrungs-<br />

bereiche, wobei die Pfeile die jeweiligen Beeinflussungsrichtungen symbolisieren:<br />

Werkzeugverfügbarkeit<br />

Auftragspapiere<br />

Einrichteblatt<br />

Aufspannmittel<br />

Bereich der<br />

Auftragsabwicklung<br />

Bereich der<br />

Teilefertigung<br />

Abbildung 1: Erfahrungsbereiche in der Werkstatt<br />

Teilebündelung nach Materialart<br />

Terminierung<br />

Zeichnung<br />

Prüfung auf Machbarkeit<br />

Der Fokus für das Arbeitshandeln von Facharbeitern mit Dreh- und Fräßmaschinen<br />

liegt auf dem inneren Erfahrungsbereich der spanenden Teilefertigung, in den hier<br />

- wie gezeigt - der äußere Erfahrungsbereich der Auftragsabwicklung mit hineinwirkt.<br />

Bei der Beschreibung der Tätigigkeitsinhalte an CNC-Werkzeugmaschinen, die den<br />

inneren Erfahrungsbereich ausmachen, finden sich in der Literatur verschiedene<br />

Versuche einer analytischen Unterscheidung der einzelnen Aufgaben und Tätig-<br />

keitsinhalte. Es werden folgende Arbeitsfunktionskomplexe unterschieden:<br />

a. Arbeitsplanung<br />

- Fertigungsablauf ermitteln<br />

- Arbeitsplan erstellen<br />

b. NC-Programmierung<br />

- Bearbeitungsstrategie bilden<br />

- Programmdaten ermitteln bzw. aus CAD übernehmen<br />

- NC-Programm erstellen<br />

- Programmverwaltung<br />

c. Fertigungssteuerung und -überwachung<br />

- Kapazitätsplanung<br />

- Bereichsbezogene Auftragsanordnung bzw. -verteilung<br />

- Auftragsreihenfolgebestimmung<br />

- Betriebsmittelbereitstellung<br />

- Beteiligung an der Fertigungsgrobplanung


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 16<br />

d. Betriebsmittelwesen<br />

e. Maschineneinrichtung und -rüstung<br />

- Einrichtevorgänge festlegen<br />

- Spannmittelaufbau<br />

- Werkzeugvoreinstellung<br />

- Bearbeitungswerkzeuge einsetzen und auswechseln<br />

f. Programm testen und korrigieren<br />

- Programm einfahren<br />

- Programmtestlauf<br />

- Programm korrigieren und optimieren<br />

g. Prozeßüberwachung<br />

- Maschinen- und Anlagebedienung<br />

- Fertigungsablauf überwachen und korrigieren<br />

h. Qualitätssicherung<br />

- Meßmittel vorbereiten<br />

- Prüf- und Meßvorgänge durchführen<br />

i. Instandhaltung<br />

- Beteiligung an der Instandhaltungsplanung<br />

- Störungsdiagnose<br />

- Wartung<br />

j. Fertigungsgerechte Konstruktion<br />

- Kommunikation mit Konstruktion<br />

k. Partizipation an Innovationsprozessen<br />

Bei solchen Erfassungen und Zusammenfassungen von Einzeltätigkeiten oder<br />

-aufgaben zu größeren Arbeitskomplexen bestehen Probleme neben der ange-<br />

strebten vollständigen Erfassung vor allem in der Zuordnung und Gewichtung der<br />

einzelnen Tätigkeiten zu übergeordneten Komplexen. Die Festlegung des Zeitpunk-<br />

tes, wann im Arbeitsablauf welche Tätigkeit ausgeführt wird spricht eines dieser Pro-<br />

blemfelder an. Hier unterscheiden sich Facharbeiterinnen und Facharbeiter sowohl<br />

individuell als auch situationsbezogen.<br />

Ein weiterer Kritikpunkt an solchen schematisch und damit starr anmutenden Be-<br />

schreibungen von Aufgabeninhalten besteht in ihrem Auflistungscharakter, der pro-<br />

zeßhaften Dynamik der Arbeitshandlungen nur unvollkommen gerecht werden kann.<br />

D.h. sowohl Entscheidungspunkte (Denkvorgänge, Bewertungen) für die Ausführung<br />

bestimmter einzelner Arbeitshandlungen in Abhängigkeit vom Fertigungsfortschritt<br />

oder -rückschritt, als auch die entsprechenden Orientierungsgrundlagen sind nur


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 17<br />

schwer in solche Auflistungen integrierbar. Im Wesentlichen werden auf diese Art<br />

und Weise eher die äußerlich beobachtbaren Handlungsabläufe abgebildet.<br />

Die Dynamik des Arbeitsablaufes und auch wesentliche Tätigkeitsabschnitte sowie<br />

zugrundeliegende Entscheidungs- und Orientierungspunkte lassen sich angemesse-<br />

ner in einem kreisförmigen Erfahrungszyklus der spanenden Teilefertigung abbilden:<br />

Abbildung 2: Erfahrungszyklus der spanenden Fertigung<br />

Das Schaubild beschreibt die Leitaufgabe des Facharbeiters an CNC-Werkzeugma-<br />

schinen in der Fertigung, nämlich aus einem Rohling bzw. aus einem vorgefertigten<br />

Teil ein Fertigteil bzw. ein weiter zu bearbeitendes Zwischenteil herzustellen. Der<br />

äußere Kreis bezeichnet die verschiedenen Entscheidungspunkte, die im Laufe der<br />

Bearbeitung auftreten sowie wesentliche, konkrete Tätigkeitskomplexe (Ecktätigkei-<br />

ten). Mit Erhalt von Rohteil, Zeichnung, Einrichteblatt und vorgefertigten Program-<br />

men als einem Maximum von vorgegebenen Materialien in der Produktion stellt sich<br />

für die Facharbeiterinn oder den Facharbeiter zunächst die Frage, ob eine Bearbei-<br />

tung wie vorgesehen möglich ist. Diese Entscheidung ist noch komplexer und um-<br />

fangreicher, wenn kein Programm oder Einrichteblatt vorliegt und auch die Aufspan-<br />

nung selbst festgelegt werden muß. Es stellt sich also weiterhin die Frage nach einer<br />

den gegebenen und in der Zeichnung bzw. Einrichteblatt aufgeschriebenen ad-<br />

äquaten Bearbeitungsstrategie. Diese Überlegungen führen weiterhin zur Program-<br />

meingabe bzw. -korrektur sowie zum Einrichten der Maschine, worunter sowohl die<br />

Aufspannung des Werkstücks, die Bestückung mit geeigneten Werkzeugen wie auch


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 18<br />

die Festlegung der Werkstücknullpunkte zählen. Programmeingabe und Einrichten<br />

der Maschine stellen in der betrieblichen Praxis eng miteinander verschränkte Tätig-<br />

keitsinhalte dar, so müssen beispielsweise die ausgewählten und vermessenen<br />

Werkzeuge in den Programmwerkzeugspeicher eingegeben werden.<br />

Im nächsten Tätigkeitsabschnitt (Verfahrwege und Schnittgeschwindigkeiten vorge-<br />

ben/korrigieren) erfolgt in erster Linie ein Einfahren des selbst erstellten oder vorge-<br />

gebenen Programms. Wesentliche Entscheidungen betreffen hier zum einen die<br />

grundsätzliche Lauffähigkeit des Programms oder genauer der kodierten Verfahrwe-<br />

ge der Werkzeugspindel sowie die endgültige Festlegung und Anpassung der Tech-<br />

nologiewerte (Schnittiefe, Drehzahl, Vorschub) an die konkreten Werkstück-<br />

Werkzeug-Charakteristiken und -Eigenarten.<br />

Weitere Entscheidungspunkte im Laufe der Teilebearbeitung stellen Fragen nach<br />

Zustand bzw. Abnutzung von Werkzeugen und nach der Einhaltung von Maßhaltig-<br />

keit und Oberflächengüte dar. Diese Fragen betreffen das Einfahren und die Pro-<br />

zeßüberwachung, wenn bei Folgeteilen die Maschine im Automatikbetrieb läuft. Än-<br />

derungen des Programms werden in der Regel am Ende der Bearbeitung fixiert.<br />

Wesentlich ist, daß sich Facharbeiterinnen und Facharbeiter an diesen Maschinen<br />

bei jedem Tätigkeitsabschnitt und jedem Entscheidungspunkt auf die im inneren<br />

Kreis angeführten und der Wahrnehmung zugänglichen Orientierungsgrundlagen<br />

beziehen. So wird entsprechend dem Bearbeitungsfortschritt der jeweils sich verän-<br />

dernde Bearbeitungskontext über die der Wahrnehmung zugänglichen Daten erfaßt.<br />

Dies können z.B. vor Beginn der Bearbeitung die vorliegenden Materialien, v.a.<br />

Zeichnung, Einrichteblatt und evtl. Programm und während der Bearbeitung die aku-<br />

stische, optische und taktil-kinästethische Verfolgung der Bearbeitung sein. Deutlich<br />

wird, daß eine Orientierung, wann und wie eine bestimmte Bearbeitung von der Ma-<br />

schine ausgeführt wird, eine Art komplexen Hintergrund für die Steuerung der Bear-<br />

beitung angeben. Zusätzlich zu den über die Wahrnehmung zugänglichen aktuellen<br />

Daten geben hier die kurz- und längerfristig zurückliegenden und ihren Bedeutungen<br />

für den aktuellen Bearbeitungskontext erfahrenen Daten eine wichtige Orientierung.<br />

Weiterhin veranschaulicht die Skizze, daß von jedem Entscheidungpunkt ein Weg<br />

nur über die Mitte zu zurückliegenden Tätigkeitsabschnitten möglich ist. Wenn z.B.<br />

eine Oberflächengüte oder die Toleranz einer Passung nicht eingehalten werden<br />

konnte, muß entschieden werden, wie weiter verfahren werden kann. Ein zu klein<br />

geratenes Maß kann z.B. korrigiert werden, indem der äußere Kreis betreffend einer<br />

solchen Korrektur nochmals durchlaufen und ein entsprechender Span abgenom-<br />

men wird.


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 19<br />

2.3 Rolle der Informationstechnik bei erfahrungsgeleiteter Arbeit<br />

In der kognitiv-rational ausgerichteten Psychologie wird die Arbeitskraft (in Analogie<br />

zu Computersystemen) als ein informationsverarbeitendes System angesehen. Sie<br />

nimmt Informationen auf, verarbeitet diese und gibt sie in irgendeiner Form aus bzw.<br />

weiter. Ein Vorteil dieser Betrachtungsweise wird darin gesehen, daß sich dadurch<br />

menschliche Informationsprozesse datentechnisch nachbilden und simulieren las-<br />

sen, und sie deshalb wiederum leichter objektiv (nachmeßbar und rechnerisch) un-<br />

tersucht werden können. Bei dieser Analogiebildung ergeben sich allerdings Be-<br />

schränkungen für das dahinterstehende Konzept. Bei der Informationsaufnahme<br />

werden insbesondere nur eindeutig und datentechnisch erfaßbare Informationsquel-<br />

len berücksichtigt (wie z.B. Reize, Signale, Zeichen und Muster). Bei der Informati-<br />

onsverarbeitung werden ebenso lediglich generalisierbare, d.h. von Personen und<br />

Situationen unabhängige Prinzipien und Steuerungselemente kognitiver Kontrolle<br />

betrachtet. Dazu gehören Fertigkeiten aus der sog. Gewohnheitsebene, Regeln auf<br />

der sog. Regelebene und mentale Modelle auf der sog. Wissensebene. Die Hand-<br />

lungsregulationstheorie spricht auch von Fertigkeiten, Plänen und variablen Grund-<br />

mustern. Bei der Informationsausgabe handelt es sich zum einen um Operationen,<br />

die durchgeführt werden, genauso wie um externe Speicherung verdichteter und<br />

aufbereiteter Daten und Informationen oder deren Weitergabe. Einstellungen, Emo-<br />

tionen und Spannungen aus dem sozialen Kontext begleiten allenfalls die kognitiven<br />

Informationsverarbeitungsprozesse, haben für diese aber, wenn überhaupt, nur mit-<br />

telbar eine Funktion, z.B. die der Selektion und Filterung.<br />

Das Konzept computergestützter erfahrungsgeleiteter Arbeit (CeA) geht davon aus,<br />

daß kognitiv-rationale Informationsverarbeitungsprozesse bei Arbeitskräften vor al-<br />

lem in wiederkehrenden, standardisierbaren und berechenbaren Arbeitssituationen<br />

vorkommen, und hierfür das Konzept der Arbeitskraft als informationsverarbeitendes<br />

System tragfähig ist. Bei der Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen zählen zu solchen<br />

Arbeitssituationen vereinfachte Formen der Programmeingabe, die Prüfung der An-<br />

fahrbedingungen beim Einrichten und Rüsten (z.B. Spannsituation, Werkzeuglänge<br />

und Nullpunkte) mit Hilfsmitteln und die Prüfung der Produktqualität mittels Meßge-<br />

räten.<br />

Bei der Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen treten gleichwohl eine Vielzahl von Ar-<br />

beitssituationen auf, bei denen aber der Modus subjektivierenden Handelns von vor-<br />

rangiger Bedeutung ist. Dazu gehören die weiter oben beschriebene Arbeitsfunkti-<br />

onskomplexe (a. - k.), vor allem dann, wenn es sich nicht um Standardsituationen<br />

(z.B. schwer einsehbare Aufspannungen, vorgefertigte Teile) handelt.


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 20<br />

Der Modus subjektivierenden Handelns besteht aus einer Einheit der Komponenten<br />

der komplexen Wahrnehmung, des assoziativen Denkens, des iterativen Vorgehens<br />

und der erlebten Bezugnahme zu Maschinen und Personen. Die besondere Lei-<br />

stungsfähigkeit entsteht dadurch, daß durch Aktivierung einer Komponente im<br />

Handlungsmodus die anderen ebenfalls verfügbar sind. Wahrgenommene Informati-<br />

onsquellen, Vorstellungsbilder, durchgeführte oder vorgestellte Bewegungsfolgen<br />

und Erlebnisse im Umgang mit Maschinen und Personen sind miteinander gedächt-<br />

nismäßig assoziativ verknüpft. Im Einklang mit diesem Befund steht die Theorie des<br />

multimodalen Gedächtnisses. Danach kann mit der Umwelt über verschiedene Ge-<br />

dächtnissysteme interagiert werden, über sensomotorische Empfindungen genauso<br />

wie über visuelle bildhafte Eindrücke und körperliche Bewegungen (Grafik und Vi-<br />

deo), wie natürlich auch über Begriffe und Kategorien (Text und Sprache). Wahr-<br />

nehmung steht im Dienste des Tuns. Im Umgang mit der Umwelt bildet eine Person<br />

Markierungen aus (z.B. Bildmarken, Bewegungsmarken, Wortmarken), bei deren<br />

Auftreten in einer Arbeitssituation ein besonders leichter Zugang zum entsprechen-<br />

den Gedächtnissystem gegeben ist und über dieses wiederum andere angesprochen<br />

werden können. Eine Person führt unbewußt den Zugang durch, mit dem sie den für<br />

sie am wenigsten psychischen Energieaufwand aufbringen muß. Wahrnehmung<br />

kann somit als dissipativer Vorgang aufgefaßt werden, der den Prinzipien der<br />

Selbstorganisation unterliegt.<br />

2.4 CeA-Anforderungen an Technik und Organisation<br />

Aus der Sicht des Konzeptes erfahrungsgeleiteter Arbeit mit CNC-Werkzeugma-<br />

schinen ergeben sich drei Ansatzpunkte, wie erfahrungsgeleitete Arbeit in der Werk-<br />

statt technisch unterstützt werden kann. Sie beziehen sich auf technische Optionen<br />

zur<br />

1. Erhöhung der Prozeßtransparenz<br />

2. Verbesserung und Vereinfachung des Prozeßeingriffs<br />

3. maschinennahen Erstellung von Programmen bzw. deren Korrektur.<br />

Bei der Erhöhung der Prozeßtransparenz geht es um sinnvolle Maschinenkonstruk-<br />

tionen, die es mehr als bisher erlauben, unmittelbare Prozeßäußerungen wahrneh-<br />

men zu können. Zum anderen geht es darum, Sensoren so zu nutzen, daß transfor-<br />

mierte Information über Prozeßzustände Arbeitskräften in einer analogen Darstel-<br />

lungsform so zur Verfügung gestellt werden (z.B. akustische Sensoren oder Be-<br />

dienelemente mit taktiler Rückkopplung), daß die Facharbeiter zutreffende mentale<br />

Vorstellungen über die Charakteristiken des ablaufenden Prozesses bilden können.


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 21<br />

Zur Verbesserung bei Prozeßeingriffen an der sind Arbeitskräfte beim Einrichten und<br />

Rüsten zu unterstützen, Verfahrbewegungen direkt manuell zu steuern, Fingerspit-<br />

zengefühl bei der Regulation von Schnittgeschwindigkeiten zu nutzen und die Hand-<br />

habung der Maschine z.B. für das Wiederanfahren nach einem Stillstand zu erleich-<br />

tern. Optionen für die Maschinenprogrammerstellung und -korrektur beziehen sich<br />

auf einfache Programmeingaben und auf eine einfache und komfortable Verände-<br />

rung von CNC-Programmen. Dies gilt insbesondere auch für sehr umfangreiche Pro-<br />

gramme, die in der Arbeitsvorbereitung programmiert worden sind, bei denen einzel-<br />

ne Abschnitte zu fahren sind oder die sich als korrekturbedürftig erweisen.<br />

Organisatorische Optionen beziehen sich auf den Aufgabenzuschnitt, wie auch auf<br />

die Arbeitsorganisation in der Werkstatt und auf die Beziehungen zu vor- und nach-<br />

gelagerten Bereichen. Erfahrungsgeleitete Arbeit wird unterstützt, wenn Facharbeiter<br />

in der Werkstatt Erfahrungszyklen aufbauen und laufend anpassen können. Dazu<br />

gehört, daß sie Aufgaben wie Programmeingabe, Einrichten und Rüsten der Maschi-<br />

ne, Einfahren von Programmen, Prozeßüberwachung und Produktkontrolle gesamt-<br />

heitlich oder zumindest - in Zusammenarbeit mit anderen - anteilig übernehmen.<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit wird weiter erleichtert, wenn bei Vorhandensein von inte-<br />

grierten Produktionssystemen (CIM-Komponenten wie CAD/CAM und PPS mit<br />

Werkstattsteuerung WSS, usw.) ein laufender Austausch von Erfahrungen zwischen<br />

der Werkstatt und vor- bzw. nachgelagerten Bereichen stattfindet. Anlaß dazu kann<br />

die Über- bzw. kommentierte Rückgabe von Fertigungsunterlagen sein, ebenso aber<br />

das Gespräch über die Simulation von Programmen für CNC-Maschinen oder Plä-<br />

nen für Werkstattsteuerung am anderen Ort oder Rückfragen aus vorgelagerten Be-<br />

reichen über Fertigungsnotwendigkeiten. Auf diese Weise kommt ein Erfahrungs-<br />

austausch entlang von Prozeßketten (Produkterstellung und Auftragsabwicklung) in<br />

Gang. Ebenso bedeutsam ist auch ein Erfahrungsaustausch innerhalb der Werkstatt<br />

zwischen Arbeitskräften, die ähnliche Maschinen mit ähnlichen Steuerungen bedie-<br />

nen bzw. vergleichbare oder gleiche Teile herstellen. Die Segmentierung von Werk-<br />

stätten in verschiedene Produktionsbereiche und qualifizierte Gruppenarbeit für die<br />

Arbeit in Fertigungsinseln können hier die notwendigen organisatorischen Voraus-<br />

setzungen schaffen.<br />

Die Diskussion über Gruppenarbeit bis hin zur umfassenden Reorganisation von<br />

Unternehmen sind Reaktionen auf veränderte gesellschaftliche Rahmendaten der<br />

Produktion, insbesondere auf die Veränderungen und teils turbulenten Entwicklun-<br />

gen auf den Absatzmärkten. Damit gewinnt auch die Frage, wie zukünftig Produkti-<br />

onsarbeit aussieht und welcher Typ von Arbeitskraft benötigt wird, eine neue Wen-


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 22<br />

dung. Es reicht nicht aus, die Arbeitsorganisation und Qualifikation von Arbeitskräf-<br />

ten an eine bestimmte Technik anzupassen, in den Mittelpunkt rückt vielmehr die<br />

Frage, ob die Technik den neuen Anforderungen an die industrielle Produktion und<br />

den Veränderungen in der Arbeits- und Betriebsorganisation entspricht. Zu fragen ist<br />

somit nicht, welche Arbeitskräfte und welche Arbeitsorganisation die Technik erfor-<br />

dert, sondern umgekehrt: Ermöglicht es die Technik, das Potential qualifizierter<br />

Fachkräfte effektiv zu nutzen und weiterzuentwickeln?<br />

2.5 Aufgabe und Zielsetzung des CeA-Konzeptes<br />

Gemessen an der Zielsetzung einer möglichst vollständigen Automatisierung zur Er-<br />

reichung einer integrierten CIM-Struktur mag das technische Konzept zur Unterstüt-<br />

zung erfahrungsgeleiteter Arbeit als Beschränkung oder gar Rückschritt in der tech-<br />

nischen Entwicklung erscheinen. Doch es fragt sich, ob die Automatisierung ein hin-<br />

reichendes Kriterium für die Beurteilung des technischen Fortschritts darstellt. Be-<br />

trachtet man die technische Entwicklung als einen Prozeß, der vom einfachen Werk-<br />

zeug über die Maschine bis hin zum sich selbst steuernden Automaten führt, sind<br />

technische Systeme, die - einmal in Gang gesetzt - von menschlichen Eingriffen un-<br />

abhängig sind, das ausgereifteste Stadium technischer Entwicklung, an dem der Er-<br />

folg technischer Innovation zu messen ist. Doch die Praxis ist weit differenzierter und<br />

vielfältiger. Es gibt zahlreiche Beispiele für technische Innovationen, die nicht auf das<br />

Ziel der Automatisierung gerichtet sind, aber dennoch einen technischen Fortschritt<br />

darstellen.<br />

Mit flexibel einsetzbarer Informationstechnik soll eine flexible Produktion und Be-<br />

triebsorganisation gewährleistet werden. Die Anforderungen, die heute an die Tech-<br />

nik gestellt werden beziehen sich nicht mehr nur auf unterschiedliche Einsatzberei-<br />

che, sondern ebenso auf unterschiedliche Formen der Interaktion zwischen Mensch<br />

und Technik. Der Mensch ist mitentscheidender Produktionsfaktor und muß mit in<br />

neue Technikkonzepte einbezogen werden. Die menschenleere Fabrik kann nicht<br />

Ziel dieser Bemühungen sein, sondern die Forderung nach neuen menschenge-<br />

rechten Arbeitsorganisationen und Arbeitsinhalten muß gestellt werden. Dabei sind<br />

neue Medien und neue Technologien mitzuberücksichtigen. Bei dieser Gestaltung<br />

von Arbeitsorganisationen müssen technisches und organisatorisches System ge-<br />

meinsam und partizipativ mit den Mitarbeitern gestaltet werden, um ein möglichst<br />

optimales Gesamtsystem zu erzielen.<br />

Der Abbau zentralistischer Betriebsstrukturen - wie er heute durch Lean Production<br />

gefordert wird - setzt eine neue Technik voraus, die anstelle der bisher verfolgten


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 23<br />

CIM-Konzepte nach den Grundsätzen einer computergestützten erfahrungsgeleite-<br />

ten Arbeit gestaltet ist. Die Technisierung von Informations- und Kommunikations-<br />

prozessen und die Vernetzung betrieblicher Teilprozesse darf deshalb nicht auf Ko-<br />

sten des direkten Informationsaustausches z.B. zwischen Werkstatt und Konstrukti-<br />

on oder dem Werker an den Maschinen und der Produktionsplanung gehen. Techni-<br />

sche Medien sind so zu gestalten, daß Erfahrungswissen erhalten, gestützt, erleich-<br />

tert und effektiviert wird.<br />

Weitere Rahmenbedingungen sind für die Entwicklung technischer Unterstützungs-<br />

systeme im Werkstattbereich von Bedeutung und müssen in den Umstrukturierungs-<br />

prozeß mit einfließen. Es ist ersichtlich, daß Rechnerintegration, Informations- und<br />

bereichsübergreifende Kommunikationssysteme einen mitentscheidenden Faktor<br />

auch in der Werkstattumgebung darstellen. Heutige Computersysteme sind so kom-<br />

pakt und leistungsfähig, daß sie als Maschinensteuerungen auf CNC-Werkzeugma-<br />

schinen eingesetzt werden. Die Integration von OnLine-Information, Aus- und Wei-<br />

terbildung (Schulung durch CBT) zusätzlich zu Steuerungsfunktionen stellen keine<br />

technischen Probleme mehr dar. Neue Technologien, wie Multimedia, Informations-<br />

und Kommunikationssysteme können in entsprechenden Netzwerkumgebungen ein-<br />

gebunden werden und können ihre Tätigkeit direkt dort aufnehmen, wo sie am drin-<br />

gendsten benötigt werden: Am Ort der Wertschöpfung.<br />

Im Verlauf des Projektes CeA wurde mit der Firma Rich. Seifert & Co. GmbH & Co.<br />

KG ein Facharbeiter-Informations-System (CeAFIS) entwickelt, daß den weiter oben<br />

genannten Anforderungen genügen soll. Als ein modularer Bestandteil dieses Auf-<br />

tragsdispositionssystems CeAFIS, das weiter unten noch näher erläutert werden soll,<br />

ist die Einrichteblattverwaltung anzusehen, die letztendlich zwei wesentliche Zielset-<br />

zungen verfolgte:<br />

1. Die Einrichteblattverwaltung soll als Kommunikationsmittel dienen<br />

2. Die Einrichteblattverwaltung soll als Arbeitsmittel dienen<br />

Beide Zielsetzungen sollen in den beiden nächsten Kapiteln erläutert werden.<br />

2.5.1 Einrichteblattverwaltung als Kommunikationsmittel<br />

Einrichten und Rüsten ist für die Facharbeiterinnen und Facharbeiter nicht der ei-<br />

gentliche Arbeitsinhalt. Ziel und Aufgabe ist es, Werkstücke zu fertigen. Dement-<br />

sprechend machen sie sich Gedanken über die Fertigung von Werkstücken, über-<br />

prüfen diese bei der Aufspannung, revidieren ihre Planung und passen sie gegebe-<br />

nenfalls an die reale Bearbeitungssituation an. Dieser Prozeß des Planens, Ausfüh-


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 24<br />

rens und Kontrollierens kann bisher im Einrichteblatt nicht dokumentiert werden. Es<br />

gibt keine Auskunft darüber, warum andere mögliche Bearbeitungsstrategien oder<br />

Aufspannungen verworfen oder warum bestimmte Nullpunkte gewählt wurden. Sol-<br />

che Informationen sind aber wichtig, wenn nach dieser Rüstsituation später Wieder-<br />

holteile gefertigt werden sollen.<br />

Um sich und anderen Kolleginnen und Kollegen das Hineindenken in die Rüstsituati-<br />

on bei einer späteren Fertigung von Wiederholteilen zu erleichtern, versuchen viele<br />

Facharbeiterinnen und Facharbeiter, die von ihnen erstellten Aufspannungen gut zu<br />

dokumentieren. Sie schreiben Kommentare auf lose DIN-A4-Zettel um kritische<br />

Stellen kenntlich zu machen; sie weisen mit Skizzen auf die Werkzeugwechsel- oder<br />

Nullpunkte hin; sie dokumentieren die Aufspannungen in Zeichnungen. All das ge-<br />

schieht, damit sie und andere Kollegen einen bildlichen Eindruck von der Rüstsitua-<br />

tion bekommen, sich in ihr schneller orientieren und erkennen zu können, worauf es<br />

ankommt.<br />

Dieser Aneignungsprozeß soll durch die Einrichteblattverwaltung technisch besser<br />

unterstützt werden. So erlaubt die Einrichteblattverwaltung mittels multimedialer Un-<br />

terstützung Videobilder der Aufspannungen zusätzlich zu textuellen Informationen<br />

abzuspeichern, um einen visuellen Eindruck der Rüstsituation zu erhalten. Verbale<br />

und visuelle Beschreibungen der Rüstsituation und des Fertigungsprozesses er-<br />

leichtern im übrigen nicht nur die Arbeitssituation der einzelnen Facharbeiterin oder<br />

des einzelnen Facharbeiters, sie fördern auch die Zusammenarbeit in Gruppen, weil<br />

so die Kommunikation über die Rüstsituationen und die herzustellenden Werkstücke<br />

erleichtert wird.<br />

2.5.2 Einrichteblattverwaltung als Arbeitsmittel<br />

Für die Produktion von Werkstücken in der Einzelteil- und Kleinserienfertigung stel-<br />

len Planen, Ausführen und Kontrollieren für die dort beschäftigten Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeiter inhaltlich keine voneinander unabhängigen Arbeitsinhalte dar.<br />

Wenn Facharbeiterinnen und Facharbeiter diese Tätigkeiten ausführen, verbinden<br />

sie diese zu einem Ganzen. Planung ist dann kein von der Ausführung losgelöster<br />

Prozeß. Diesem Arbeitshandeln müssen neue Steuerungskonzepte Rechnung tra-<br />

gen. So können auch Einrichteblätter für spezifische Rüstsituationen zu einem bes-<br />

seren Arbeitsmittel werden, wenn sie die Facharbeiterinnen und Facharbeiter in ih-<br />

rem Arbeitshandeln unterstützen. Der Firma Rich. Seifert & Co. GmbH. & Co. KG<br />

bietet sich dadurch die Chance, die vielfältigen Erfahrungen ihrer Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeiter zu nutzen und ihnen zu ermöglichen, neue Produktionserfahrungen


ERFAHRUNGSWISSEN IM CIM-UMFELD 25<br />

zu machen und einzusetzen. Damit erschließen sie sich auch neue Möglichkeiten für<br />

eine flexible Produktion.


MODELLVORHABEN CEAFIS 26<br />

3 Modellvorhaben CeAFIS<br />

Zielsetzung des Modellvorhabens bei der Firma Rich. Seifert & Co. Gmbh & Co. KG<br />

war die Sicherung und Förderung erfahrungsgeleiteter Arbeit an CNC-Werkzeugma-<br />

schinenarbeitsplätzen im CIM-Umfeld. Hierfür sind entsprechende organisatorische-<br />

technische Sollkonzepte und Pflichtenhefte entworfen und umgesetzt worden. Ein<br />

zentrales Element bei der Entwicklung und Realisierung von erfahrungsförderlichen<br />

Arbeitsstrukturen war hierbei die Mitarbeiterbeteiligung. Die Einführung der partizipa-<br />

tiv entwickelten organisatorisch-technischen Sollkonzepte wurde von entsprechen-<br />

den Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter begleitet. Die nachfolgenden<br />

Ausführungen stellen die Einrichteblattverwaltung als Bestandteil der computerge-<br />

stützten erfahrungsgeleiteten Auftragsdisposition und Arbeitsplanung im Facharbei-<br />

ter-Informations-System (CeAFIS) dar und beschreiben die Ergebnisse des Modell-<br />

vorhabens in seiner Gesamtheit.<br />

3.1 Betriebliche Rahmenbedingungen<br />

3.1.1 Produktspektrum<br />

Die Firma Rich. Seifert & Co. Gmbh & Co. KG ist ein traditionelles Unternehmen und<br />

wurde bereits 1892 gegründet. Dieses mittelständische Unternehmen hat seinen<br />

Stammsitz in Ahrensburg bei Hamburg. Es unterhält, neben den inländischen Ge-<br />

schäftsstellen Berlin, Düsseldorf, Ludwigshafen und München, Tochterunternehmen<br />

in den USA und England sowie Handelsvertretungen in allen wichtigen Industrielän-<br />

dern der Welt.<br />

Derzeit sind 270 Mitarbeiter beschäftigt, wobei es sich in allen Bereichen um hoch-<br />

qualifiziertes Personal handelt. Die Firma entwickelt, produziert und vertreibt Rönt-<br />

gengeräte für die zerstörungsfreie Materialuntersuchung. Hierbei handelt es sich um<br />

sehr anspruchsvolle Geräte, die ständig für einen individuellen Markt auf den neue-<br />

sten technischen Stand gebracht werden müssen. Die Qualität der Geräte und Anla-<br />

gen muß auf höchstem Stand gehalten werden.


MODELLVORHABEN CEAFIS 27<br />

Die Anforderungen der Kunden aus den verschiedenen Branchen sind höchst unter-<br />

schiedlich. Daraus folgt der äußerst hohe Entwicklungs-, Konstruktions- und Ferti-<br />

gungsaufwand für die Geräte und Anlagen.<br />

Die Stärke der Firma Rich. Seifert & Co. Gmbh & Co. KG liegt in der Flexibilität. Sie<br />

sind stets bemüht, Sonderwünsche des Kunden schnell und gut zu erfüllen, denn der<br />

Markt erfordert ein schnelles Reagieren.<br />

Die Fertigungsbereiche sind vielseitig, sie reichen von Elektronik über Feinmechanik<br />

bis zum Maschinenbau. Bei der Fertigungsstruktur handelt es sich um auftragsbezo-<br />

gene Einzelfertigung mit sehr hohem Konstruktionsanteil sowie Kleinserienfertigung<br />

mit einer Durchschnittslosgröße von 10-20 Stück. Einige Komponenten werden zu-<br />

gekauft oder auswärts gefertigt. Die Fertigungstiefe ist bei Seriengeräten hoch, bei<br />

kundenspezifischen Anlagen ist sie aufgrund spezieller Zukaufteile (wie Schalt-<br />

schränke, Fördertechnik, usw.) deutlich geringer. Die Produktpalette ist sehr vielsei-<br />

tig und wird in die zwei Hauptgruppen, der Grob- und Feinstruktur unterteilt.<br />

Für die Grobstruktur gibt es die Produktlinien Eresco und Isovolt. Die Eresco Rönt-<br />

gengeräte sind transportable Eintankgeräte. Hierbei handelt es sich um ein typisches<br />

Baustellengerät. Typische Anwendungen sind z.B. Schweißnahtprüfungen in Werf-<br />

ten, im Flugzeugbau, im Rohrleitungsbau, usw. Die Isovolt Röntgengeräte sind orts-<br />

veränderliche Gleichspannungsgeräte. Diese Geräte bestehen aus mehreren Kom-<br />

ponenten wie: Hochspannungserzeuger, Röntgenröhre und Strahlenschutzhaube,<br />

Steuergeräte, Kühlpumpe und Kabel. Typische Anwendungen sind Kesselbau,<br />

Schwermaschinenbau aber auch Gußteile aller Art. Der wichtigste Zweig der<br />

Grobstruktur ist die Systemtechnik mit ihren Durchleuchtungsarbeitsplätzen. Hier<br />

werden individuelle Maschinen für bestimmte Anwendungsfälle wie z.B. ein Röntgen-<br />

Durchleuchtungssystem für gegossene KFZ-Räder entwickelt.<br />

In der Feinstruktur heißt die Produktlinie Iso-Debyflex. Hier werden nicht nur die<br />

Röntgengeräte ID 3000, sondern auch alle feinmechanischen Komponenten z.B. für<br />

ein komplettes Diffraktometer-System XRD 3000 gefertigt. Die Feinstrukturröntgen-<br />

geräte dienen der analytischen Materialuntersuchung und werden hauptsächlich von<br />

Universitäten und Instituten gekauft. Diese Geräte finden aber auch immer mehr<br />

Anwendungen in der Industrie. Außerdem betreibt die Firma Rich. Seifert & Co.<br />

Gmbh & Co. KG einen Handel mit Röntgenzubehör.


MODELLVORHABEN CEAFIS 28<br />

3.1.2 Stärken und Schwächen des Gesamtunternehmens<br />

Die Ziele der spanenden Fertigung bei der Firma Rich. Seifert & Co. Gmbh & Co. KG<br />

müssen sich an den gesamtbetrieblichen Rahmenbedingungen orientieren. Die<br />

strategischen Ziele und Vorhaben des Unternehmens müssen letztendlich durch je-<br />

den einzelnen Mitarbeiter umgesetzt werden. Dabei ist es wichtig, sich über den<br />

Stellenwert der spanenden Fertigung als Gestaltungsbereich bewußt zu sein.<br />

Vor diesem Hintergrund sind die wichtigsten Stärken und Schwächen, sowie die<br />

strategischen Unternehmensziele in Tabelle 1 aufgeführt und bewertet. Daraus wird<br />

deutlich, daß der spanenden Fertigung ein hoher Stellenwert für die Leistungs- und<br />

Wettbewerbsfähigkeit zugemessen wird.<br />

Tabelle 1: Stärken und Schwächen des Unternehmens<br />

Der hohe Stellenwert wird durch die gewünschte hohe Fertigungstiefe und die hohe<br />

Produktflexibiltät deutlich, die von der Werkstatt die technische und qualifikatorische<br />

Bewältigung eines breiten Fertigungsspektrums verlangt. Auch der Vorteil speziellen<br />

Know-hows in den Produkten und deren Herstellung gründet sich wesentlich auf das<br />

Mitdenken der Facharbeiterinnen und Facharbeiter, wenn sie beispielsweise Ferti-


MODELLVORHABEN CEAFIS 29<br />

gungserfahrung mit der Konstruktionsabteilung austauschen. Vor diesem Hinter-<br />

grund erklärt sich auch, daß kooperative Unternehmenskultur und attraktive Arbeits-<br />

plätze gerade in Zusammenhang mit der Fertigung als Stärke angesehen werden.<br />

3.1.3 Organisatorischer Rahmen der spanenden Fertigung<br />

3.1.3.1 Beteiligungsmodell der Mitarbeiter<br />

Ein wesentliches Kennzeichen des Modellvorhabens CeAFIS bestand in der Reali-<br />

sierung der Unternehmensziele unter Beteiligung der Mitarbeiter. Sie waren an der<br />

Gestaltung ihres eigenen erfahrungsförderlichen Umfeldes beteiligt. Die Beteiligung<br />

bezog sich auf die<br />

− die Reorganisation ihrer Arbeitsstrukturen (wie die Umgestaltung des Layouts für<br />

die spanende Fertigung)<br />

− die Anpassung der technisch-organisatorischen Lösungen (wie das Einbringen<br />

und<br />

von Benutzeranforderungen in den Rapid Prototyping Prozeß der Einrichteblatt-<br />

verwaltung)<br />

− die Schaffung der qualifikatorischen Voraussetzungen<br />

Die Einbeziehung der Facharbeiterinnen und Facharbeiter fand in allen Phasen statt,<br />

von der ersten Analyse, Pflichtenhefterstellung, Entwicklung und Realisierung von<br />

Modellösungen bis hin zur Bewertung der Maßnahmen und Evaluation des entstan-<br />

den Facharbeiter-Informations-Systems. Praktisch bedeutete dies, daß die Phasen<br />

in Form eines fließenden Übergangs miteinander verknüpft waren. Vorschläge aus<br />

der Analysephase flossen beispielsweise in den Gestaltungsprozeß des Informati-<br />

onssystems ein.<br />

Wesentliche Ergebnisse des Beteiligungsprozesses sind:<br />

1. die Übernahmen der Fertigungsfeinsteuerung durch die Facharbeiter im Rahmen<br />

der Reorganisation der Arbeitsstrukturen<br />

2. die beteiligungsorientierte Entwicklung des rechnergestützten Facharbeiter-<br />

Informations-Systems CeAFIS<br />

3. die in Arbeit integrierte, prozeßorientierte Qualifizierung.<br />

Ein Beispiel für eine sich selbst auf der Facharbeiterebene getragene Beteiligung<br />

stellt die Gestaltung des neuen Layouts der spanenden Fertigung dar (siehe Abbil-


MODELLVORHABEN CEAFIS 30<br />

dung 3). Durch den Umzug der Feinmechanik-Montage steht für die spanende Ferti-<br />

gung mehr Fläche zur Verfügung. Die Facharbeiter konnten die Anordnung ihrer Ma-<br />

schinen bzw. Arbeitsplätze eigenständig neu festlegen. Leitend war für sie dabei die<br />

räumliche Zuordnung ihrer Fertigungsaufgaben und der erforderlichen Informations-<br />

quellen.<br />

Abbildung 3: Layout der spanenden Fertigung


MODELLVORHABEN CEAFIS 31<br />

Die Umgestaltung führte zu einer Intensivierung der Kooperation innerhalb der Ferti-<br />

gungsgruppen. In diesen erfolgt der Aufbau und die Weitergabe von Erfahrungswis-<br />

sen sehr intensiv. Für den Transfer des personalisierten Erfahrungswissens an an-<br />

dere Gruppen werden jetzt an die Kommunikation und Kooperation durch die räumli-<br />

chen Bedingungen besondere Anforderungen gestellt.<br />

3.1.3.2 Aufbauorganisation<br />

In der spanenden Fertigung werden Werkstücke sowohl auf konventionellen als auch<br />

auf CNC-Dreh- und Fräsmaschinen und auch gemischt, d.h. sowohl auf einer kon-<br />

ventionellen als auch auf einer CNC-Maschine gefertigt. Die spanende Fertigung<br />

umfaßt innerhalb des Meisterbereichs Feinwerktechnik die Bearbeitungsverfahren<br />

Drehen und Fräsen. Zu diesem Meisterbereich gehören ebenfalls noch die Mecha-<br />

nik-Bohrplätze und die Feinmechanik-Montage. Insgesamt arbeiten hier 20 Mitar-<br />

beiter, davon 12 in der spanenden Fertigung. Die qualifizierten Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeiter haben alle eine Ausbildung in einem metallverarbeitenden Beruf,<br />

z.T. verfügen sie auch über weiterführende Schulabschlüsse, wie Fachhochschul-<br />

reife-Technik. Im angesprochenen Funktionsbereich kommen zur spanenden Ferti-<br />

gung 15 Werkzeugmaschinen zum Einsatz (siehe Tabelle 2).<br />

Maschinentyp Hersteller Steuerung Anzahl aktiver<br />

Programme<br />

Bearbeitungs-<br />

verfahren<br />

V3 VDF Drehen<br />

18 RO VDF Drehen<br />

21 RO VDF Drehen<br />

LZ 140 Präwena Drehen<br />

SV 18 RA TOS Trencin Drehen<br />

MLZ 4 DTG Boleyleinen Drehen<br />

NEF CT 20 Gildemeister EPL 2 20 Drehen<br />

NEF CT 40 Gildemeister EPL 2 30 Drehen<br />

FP 1 Deckel Fräsen<br />

FP 2 NC Deckel Dialog 4 40 Fräsen<br />

FP 3 A Deckel CNC 2101 40 Fräsen<br />

FP 3 CC Deckel Dialog 11 30 Fräsen<br />

FP 5 NC Deckel Dialog 4 40 Fräsen<br />

Tabelle 2: Eingesetzte Werkzeugmaschinen in der spanenden Fertigung


MODELLVORHABEN CEAFIS 32<br />

In der Fräserei sind jeweils eine FP 3 A, FP 5 NC, FP 2 NC, FP 3 CC sowie zwei<br />

konventionelle FP 1 Fräsbänke vorhanden. Diese Maschinen sind zu einer Ferti-<br />

gungsinsel zusammengefaßt (siehe Abbildung 3).<br />

Die Dreherei liegt direkt neben der Fräserei. Sie besteht aus den CNC-<br />

Drehmaschinen NEF CT 40 und NEF CT 20 sowie drei konventionellen großen<br />

Drehmaschinen und zwei kleinen Drehmaschinen. Die Aufstellung der Werkzeugma-<br />

schinen zeigt Abbildung 3.<br />

3.1.3.3 Ablauforganisation<br />

Die technischen und dispositiven Anforderungen an die zwölf Mitarbeiter der spa-<br />

nenden Fertigung resultieren aus dem unternehmensspezifischen Werkstück- und<br />

Auftragsspektrum. Der Anteil kundenspezifischer Fertigungsaufträge beträgt unge-<br />

fähr 50%. Im Hinblick auf die in der spanenden Fertigung zu bearbeitenden Losgrö-<br />

ßen ist eine ausgeprägte Einzelteil- und Kleinserienfertigung zu verzeichnen.<br />

Die bearbeitungsgeometrische Komplexität der Werkstücke ist eher gering, da einfa-<br />

che geometrische Konturen dominieren. Lediglich 15% der zu bearbeitenden Dreh-<br />

bzw. Frästeile werden als schwierig eingeschätzt. In fertigungstechnologischer Hin-<br />

sicht werden dagegen hohe Anforderungen an die Bearbeitung gestellt. Oft sind<br />

mehrere Aufspannungen und hohe Oberflächengüten sowie hohe Lage- und Form-<br />

toleranzen gefordert. Hinsichtlich der Werkstückgröße dominiert sowohl beim Bear-<br />

beitungsverfahren Drehen als auch beim Fräsen die Bearbeitung kleiner und mittel-<br />

großer Werkstücke.<br />

In der mechanischen Konstruktion werden die Zeichnungen und Stücklisten für die in<br />

der spanenden Fertigung zu bearbeitenden Einzelteile und Baugruppen erstellt. Auf-<br />

bauend auf den Stücklisten, den Zeichnungsausdrucken bzw. -kopien und den Rah-<br />

mendaten des jeweiligen Werkstattauftrags (z.B. Identnummer, zu fertigende Stück-<br />

zahl, Fertigungsendtermin) werden in der Arbeitsvorbereitung die Fertigungsaufträge<br />

erstellt. Diese setzen sich aus Teilefertigungs- und Montageaufträgen zusammen.<br />

Erstere dienen in der spanenden Fertigung zur Herstellung von Dreh- und Frästeilen,<br />

letztere in der Feinmechanik-Montage zum Zusammenbau der Anlagen.<br />

Die Grobplanung und die bereichsbezogene Auftragsverarbeitung erfolgt also durch<br />

die Arbeitsvorbereitung. Die Fertigungsfeinsteuerung und die technische Planung der<br />

Fertigungsaufträge geschieht überwiegend durch die Facharbeiter. Der Meister wird<br />

aufgrund technischer Probleme (z.B. Rüstzustand der Maschine), die zu einer Ände-<br />

rung der vorgegebenen Auftragsreihenfolge führen, hinzugezogen.


MODELLVORHABEN CEAFIS 33<br />

Die fertigungstechnischen Aufgaben führen die Facharbeiter weitgehend selbständig<br />

durch, d.h. sie übernehmen u.a. die CNC-Programmierung, das Einrichten, die<br />

Werkzeugvoreinstellungen, die Prozeßüberwachung sowie die Einrichteblatterstel-<br />

lung und -verwaltung.<br />

3.2 CeAFIS: Das Konzept für die Auftragsdisposition und<br />

Arbeitsplanung<br />

Zur Unterstützung der Arbeit von Werkzeugmaschinen-Facharbeiterinnen und<br />

-Facharbeitern im CIM-Umfeld wurde das Konzept CeAFIS entworfen. Das Konzept<br />

und die Grundsätze werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt. Am Beispiel<br />

der Auftragsdisposition und Arbeitsplanung wird erläutert, in welchem Umfeld sich<br />

die Einrichteblattverwaltung als Informationssystem etabliert hat und wie sie unter<br />

Nutzung des Erfahrungswissens der Beschäftigten zur Verbesserung von Termin-<br />

treue und Kapazitätsnutzung beigetragen hat.<br />

3.2.1 Rolle der Mitarbeiter bei der Auftragsdisposition und Arbeitsplanung<br />

Die Planung und Steuerung von Fertigungsaufträgen stellt in einer Fertigung, die<br />

durch kleine Lösgrößen und hohe Flexibiltätsanforderungen gekennzeichnet ist, eine<br />

Aufgabe mit außerordentlichen hohen Kooperationsanforderungen dar. Dem Inter-<br />

esse des Vertriebsbereichs nach hoher Termintreue und kurzen Lieferzeiten steht<br />

das Interesse der Fertigung nach hoher und gleichmäßiger Kapazitätsausnutzung<br />

gegenüber. Als Mittler zwischen diesen Interessen ist die Produktionsvorbereitung<br />

für die Koordination und den Gesamtdurchlauf der zu einem Kundenauftrag gehöri-<br />

gen Fertigungsaufträge verantwortlich. Der Interessensausgleich erfordert die Ko-<br />

operation aller an der Auftragsabwicklung Beteiligten. Innerhalb des Fertigungsbe-<br />

reichs ergeben sich zusätzliche Kooperationsanforderungen aus der Notwendigkeit,<br />

das Auftragsvolumen auf die verfügbaren Arbeitsplätze zu verteilen und in eine Rei-<br />

henfolge zu bringen, die einen möglichst reibungslosen Fertigungsablauf ergeben.<br />

Zudem ist auf die vielfältigen Störungen des Produktionsgeschehens zu reagieren,<br />

die in der Praxis mit ökonomisch vertretbarem Aufwand nicht vermeidbar sind.<br />

Die in konventionellen Betriebsabläufen gegebene Beteiligung der Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeiter an dieser Dispositionsaufgabe hat nach Aussage von Meistern und<br />

Disponenten hohe Bedeutung für eine gute Kapazitätsausnutzung. Die geschickte<br />

Nutzung eines von der zentralen Grobplanung vorgegebenen Dispositionsspielraums<br />

in der Fertigung beeinflußt den Nutzungsgrad der Werkzeugmaschinen nach Schät-


MODELLVORHABEN CEAFIS 34<br />

zung der Disponenten in einer Größenordnung von ca. 30%. Bei der Verteilung und<br />

Reihenfolgebildung der Fertigungsaufträge werden neben der Terminsituation vor<br />

allem Rüstzustand, Materialart und Verfügbarkeit von Betriebsmitteln berücksichtigt.<br />

Durch Werkzeug- oder Materialwechsel notwendige Umrüst- und Reinigungszeiten<br />

werden durch gezielte Verteilung ebenso reduziert wie z.B. Wartezeiten wegen feh-<br />

lender oder anderweitig gebundener Materialien und Werkzeuge. Die Facharbeite-<br />

rinnen und Facharbeiter können zu diesem Optimierungsgeschehen wesentliche In-<br />

formationen beitragen, die aus den bei der Arbeit an der Maschine und aus der ge-<br />

samten Arbeitssituation gewonnenen Erfahrungen entstehen. Tabelle 3 verdeutlicht,<br />

zu welchen Aspekten die Facharbeiterinnen und Facharbeiter aufgrund Ihres Erfah-<br />

rungswissens Informationen in die Dispositionsentscheidungen mit einbringen kön-<br />

nen.<br />

Tabelle 3: Kenntnisse und Erfahrungen verschiedener Beschäftigtengruppen in<br />

der Beurteilung von Dispositionsaspekten<br />

Die Relevanz der Beteiligung von Facharbeiterinnen und Facharbeitern an der ko-<br />

operativen Aufgabe Auftragsdisposition bilden die Grundlage der Anforderungen, die<br />

im folgenden für das DV-System Einrichteblattverwaltung als Bestandteil des CeA-<br />

FIS-Systems näher erläutert werden.<br />

3.2.2 Anforderungen an die DV-Unterstützung der Auftragsdisposition<br />

Die Auftragsdisposition umfaßt als gesamtbetriebliche Aufgabe drei Planungsebenen<br />

(siehe Abbildung 4):


MODELLVORHABEN CEAFIS 35<br />

Planungsebene 1: In der Vorausplanung erfolgt die Abstimmung mit dem Markt-<br />

bedarf. Festgelegt werden Produktmengen für die kommenden<br />

Betriebskalendermonate und Liefertermine für angefragte Auf-<br />

träge.<br />

Planungsebene 2: In dieser Ebene erfolgt die Überwachung des Kundenauftrags<br />

und die Koordination der Fertigungsaufträge durch Erstellung<br />

von Arbeitsplänen und Soll-Terminen.<br />

Planungsebene 3: In dieser Ebene erfolgt die Feinplanung und die Festlegung der<br />

verfügbaren Dispositionsspielräume durch Prüfung der Verfüg-<br />

barkeit von Ressourcen, Personal, Material und Betriebsmitteln.<br />

Abbildung 4: Das dreistufige Auftragssteuerungskonzept<br />

Der Widerspruch zwischen dem Ziel einer möglichst exakten Vorausplanung<br />

(Planungsebene 1) des Gesamtablaufs eines Auftrages und dem Erfordernis von<br />

Dispositionsspielräumen vor Ort (Planungsebene 3) kann durch gemeinsame Ab-<br />

sprachen und Abstimmungen aufgelöst werden.


MODELLVORHABEN CEAFIS 36<br />

Als grundsätzliche Anforderungen an ein Konzept der DV-Unterstützung für die Dis-<br />

position mit den zugrundeliegenden Planungsebenen ergeben sich deshalb:<br />

1. Die gleichgewichtige Interessenabstimmung zwischen den Planungsebenen muß<br />

erhalten bleiben. Dies kann nur durch ein bottom up Design erreicht werden, d.h.<br />

der DV-Bedarf wurde direkt an den einzelnen Arbeitsplätzen (dritte Planungsebe-<br />

ne), dann derjenige der zugehörigen Arbeitsgruppe berücksichtigt. Die Auswahl<br />

der DV-Funktionen, der Datenbasen und die Ausgestaltung der Benutzerschnitt-<br />

stelle ist damit schrittweise von den Facharbeiterinnen und Facharbeitern, in Ab-<br />

stimmung mit den Disponenten der zweiten Planungsebene, vorzunehmen.<br />

2. Es ist zu berücksichtigen, daß viele für die Dispositionsentscheidung wichtige In-<br />

formationen zeitlich sehr eng mit der Fertigungssituation verknüpft sind und einen<br />

individuellen an die Person gebundenen Charakter haben. Dadurch kommen sie<br />

für eine DV-Verarbeitung in der Praxis kaum in Frage. Solche Informationen kön-<br />

nen nur dann adäquat berücksichtigt werden, wenn die Facharbeiterinnen und<br />

Facharbeiter direkt und verantwortlich an Dispositionsentscheidungen beteiligt<br />

werden und ihnen dazu ein ausreichender Dispositionsspielraum und ausrei-<br />

chende Möglichkeiten zur Abstimmung mit Kolleginnen, Kollegen und dem Dis-<br />

ponenten gegeben sind.<br />

3. Die Informationsunterstützung ist räumlich dort zu Verfügung zu stellen, wo sie im<br />

Arbeitszusammenhang gebraucht wird. Diese Forderung steht im Widerspruch<br />

zur gegensätzlichen Forderung nach einer ruhigen Arbeitsumgebung bei Pla-<br />

nungs- und Dispositionstätigkeiten. Die Auflösung dieses Widerspruchs konnte<br />

nur im Prozeß der Planung und des Aufbaus einer DV-Unterstützung durch die<br />

Facharbeiterinnen und Facharbeiter selbst erfolgen, indem eine bewußte Ausein-<br />

andersetzung der Betroffenen mit solchen widersprüchlichen Gestaltungszielen<br />

stattfand.<br />

4. Die Art und der Umfang der DV-Unterstützung muß auf verfügbare Informations-<br />

quellen abgestimmt sein. Als Informationsquellen werden hier die nicht DV-<br />

technischen Gegebenheiten der unmittelbaren Arbeitsumgebungen betrachtet<br />

(z.B. Regal in dem anstehende Aufträge und Einrichteblätter gelagert sind), die<br />

vermittelt über direkte sinnliche Wahrnehmung handlungsrelevant sind.<br />

5. Informelle und direkte Gesprächsmöglichkeiten auf horizontaler Fertigungsebene<br />

zwischen Kolleginnen und Kollegen gleichartiger und im Arbeitsablauf aufeinan-<br />

derfolgender Arbeitsplätze dürfen durch die DV keinesfalls ersetzt werden. Die<br />

DV-Unterstützung sollte so konzipiert sein, daß sie solche Kontakte im Gegenteil


MODELLVORHABEN CEAFIS 37<br />

sogar fördert. Auch direkte Kontakte zu Beschäftigten in zentralen und entfernten<br />

Bereichen (z.B. Konstruktion) sind durch die DV tendenziell eher zu unterstützen<br />

als zu ersetzen. Allerdings eröffnet die DV gerade hier, durch die meist enge Bin-<br />

dung der Facharbeiter an den Maschinenbereich, durchaus neue Möglichkeiten<br />

zur Kooperation über das Medium Computer. Die Gestaltung dieser computer-<br />

unterstützten Kooperationen darf sich jedoch nicht nur an der CIM-Philosophie<br />

(durchgängige Datenflüsse, gemeinsame Datenbasen) orientieren, sondern muß<br />

- neben den organisatorischen Möglichkeiten der Gestaltung von Fertigungsin-<br />

seln - die derzeit in der Entwicklung begriffenen Ideen eines computer supported<br />

cooperative work (CSCW) aufgreifen.<br />

3.2.3 Anforderungen an die DV-Unterstützung der Arbeitsplanung<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit an CNC-Werkzeugmaschinen beinhaltet neben der Auf-<br />

tragsdisposition die technische Arbeitsplanung. Diese setzt sich zusammen aus:<br />

− Bearbeitungsplanung: Es wird eine Fertigungsstrategie gewählt, das prinzipielle<br />

Vorgehen wird geplant.<br />

− NC-Programmierung: Sofern noch kein NC-Programm existiert, wird ein NC-<br />

Programm erstellt, beim Einfahren wird das Programm getestet und gegebenen-<br />

falls korrigiert und optimiert und für eine Wiederverwendung gespeichert und ver-<br />

waltet (siehe auch /4/).<br />

− Einrichten: Die Maschine wird für den Folgeauftrag vorbereitet, Späne werden be-<br />

seitigt, Aufspannvorrichtungen werden eingebaut, Werkzeuge bei Bedarf gewech-<br />

selt, Zusatzgeräte angebracht.<br />

− Qualitätssicherung: Die produzierten Teile müssen kontrolliert werden, dazu muß<br />

bestimmt werden, welche Anzahl von Teilen vermessen werden muß und welche<br />

Maße kritisch sind (siehe auch /7/)<br />

− Wartung und Fehler/Diagnose: Die Maschinen müssen in regelmäßigen Abstän-<br />

den gewartet werden, diese Wartungsintervalle müssen bei der Bearbeitung der<br />

Werkstattaufträge mit berücksichtigt werden. Maschinenausfälle mit einfachen Ur-<br />

sachen können vom Maschinenführer gegebenenfalls selbst behoben werden<br />

(siehe auch /12/ und /10/).<br />

Die technische Arbeitsplanung ist mit der Auftragsdisposition am Arbeitsplatz, also<br />

an der Maschine, eng verknüpft. Beide Aspekte sind in der direkten operativen Um-<br />

setzung nicht voneinander zu trennen. Je größer dabei der Entscheidungs- und<br />

Handlungsspielraum durch die Facharbeiterinnen und Facharbeiter an der Maschine<br />

ist, desto besser können die notwendigen Aufgaben optimal aufeinander abgestimmt


MODELLVORHABEN CEAFIS 38<br />

werden, um schneller auf Störeinflüsse reagieren zu können. Dabei setzt der Fach-<br />

arbeiter neben seinem Anwendungs- und Übungswissen auch sein Erfahrungswis-<br />

sen ein und kann durch die ständig variierenden Bedingungen und Einflußgrößen<br />

neue Erfahrungen bilden.<br />

Deshalb sollen die genannten Aufgaben der technischen Arbeitsplanung grundsätz-<br />

lich durch die Facharbeiterinnen und Facharbeiter erfüllt werden. Wenn dies auf-<br />

grund des Aufgabenumfangs nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, sollte der<br />

Facharbeiter in die Aufgabenerfüllung fest integriert werden, d.h., sie ist in kooperati-<br />

ver Form durch mehrere Personen gemeinsam oder nach gemeinsamer Absprache<br />

zu erfüllen. In jedem Fall ist eine technische Unterstützung möglich. Deshalb soll<br />

CeAFIS auch Module beinhalten, die den Facharbeiter bei der technischen Arbeits-<br />

planung unterstützen. Diese kann er dann kompetent ausfüllen, wenn er alle not-<br />

wendigen Arbeitsmittel und Informationen am Arbeitsplatz zur Verfügung hat, wenn<br />

er sich gezielt mit Kollegen aus nach-, neben- und vorgelagerten Bereichen abstim-<br />

men kann und wenn ihn informationstechnische Arbeitsmittel mit angepaßten Funk-<br />

tionen, wie CeAFIS, unterstützen.<br />

3.2.4 Die Einrichteblattverwaltung als Modul im Facharbeiter-Informations-<br />

System CeAFIS<br />

Aus den oben formulierten grundsätzlichen Anforderungen an computergestützte<br />

erfahrungsgeleitete Arbeit in der Auftragsdisposition und Arbeitsplanung ergibt sich<br />

folgende Beschreibung der für CeAFIS zu fordernden technisch-organisatorischen<br />

Funktionalitäten. Aus Sicht der Anwender muß ein DV-Informationssystem einem<br />

jeweils individuellen Bedarf angepaßt sein. Die Beschreibung der DV-technischen<br />

Funktionalitäten von CeAFIS ähnelt nur auf den ersten Blick einem klassischen Leit-<br />

standskonzept. Es unterscheidet sich in seiner technisch-organisatorischen von die-<br />

sem, durch Berücksichtigung der oben genannten Anforderungen, jedoch deutlich.<br />

CeAFIS ist somit ein DV-technisches System und gleichzeitig als organisatorisch-<br />

technisches Konzept zu begreifen.<br />

CeAFIS enthält mehrere Module und Funktionalitäten. Sie unterstützen sämtliche am<br />

Arbeitsplatz auftretenden Tätigkeiten, die außer dem unmittelbaren Produzieren an<br />

der Maschine anfallen (siehe auch /6/). Im einzelnen stehen zur Verfügung:<br />

− Ein Dispositionsmodul bestehend aus zwei Teilmodulen (Auftragsliste und Plan-<br />

tafel)<br />

− Ein Wartungsmodul


MODELLVORHABEN CEAFIS 39<br />

− Ein Einrichteblattmodul<br />

− Ein NC-Programm-Modul<br />

− Ein Prüfplanmodul<br />

Um die Funktionen dieser Module zu verwenden, sind Zugriffe auf Informationen aus<br />

Zeichnungen, Arbeitspl‰nen, Stücklisten, Einrichteblättern etc. notwendig (siehe<br />

Abbildung 5).<br />

Abbildung 5: CeAFIS bei DV-technischer Realisierung<br />

In Abbildung 6 ist die Dispositionsanwendung von CeAFIS dargestellt. Ein Zugriff<br />

direkt vom Dispositionsmodul auf die jeweils anderen Module führt gezielt zu denje-<br />

nigen Funktionen dieser Module, die als dispositionsrelevant erachtet werden. In<br />

Abbildung 6 sind außerdem einige der oben entwickelten grundsätzlichen Anforde-<br />

rungen an ein Facharbeiter-Informations-System nochmals in kurzer Form (schwarz<br />

hinterlegt) benannt.


MODELLVORHABEN CEAFIS 40<br />

Abbildung 6: Anwendung des Dispositionsmoduls im CeAFIS<br />

Der Aufruf des direkt am Maschinenarbeitsplatz verfügbaren Dispositionsmoduls zur<br />

tagesaktuellen Auftragsplanung erfolgt durch Eingabe der Maschinennummer oder<br />

eines Passwortschutzes. Ebenfalls anzustreben ist die Nutzung des Moduls in Grup-<br />

pensituationen, z.B. bei einer zusammen mit dem Grobplaner vorzunehmenden<br />

Verteilung des für die kommende Woche anstehenden Auftragspools einer Produkti-<br />

onsinsel (siehe /9/).<br />

Im Dispositionsmodul Auftragsliste ist eine Liste aller Werkstattaufträge und Arbeits-<br />

vorgänge (AVO) für jeden Arbeitsplatz und -bereich enthalten. Zur Reihenfolgebe-<br />

stimmung stehen folgende Funktionen zur Verfügung: Einzelne oder alle nach Ar-<br />

beitsplan für den AVO benötigte Betriebsmittel können reserviert werden. In einer<br />

Reservierungsdatei wird eingetragen, ob, wann und von wem das Betriebsmittel für<br />

die Bearbeitung bereits vorgesehen ist. Die Entscheidung, ob und wie dieses Modul<br />

genutzt wird, muß gemeinsam erfolgen und gegen die Möglichkeit der informellen<br />

Abstimmung abgewogen werden. Es sind die Erfahrungen zum Aufwand, der aus


MODELLVORHABEN CEAFIS 41<br />

Störungen wegen nicht verfügbarer Betriebsmittel resultiert, dem absehbaren Auf-<br />

wand zur Vermeidung solcher Störungen gegenüberzustellen. Gleiches gilt für das<br />

Wartungsmodul /12/ und das Fehler-/Diagnosemodul /10/, die für die verwendeten<br />

Betriebsmittel Hinweise geben soll, wie Schäden zu vermeiden bzw. zu beheben<br />

sind. Da neben Hinweisen der Hersteller auch eigene Erfahrungen genutzt werden<br />

sollen, müssen Eingaben möglich sein. Es wird somit das Erstellen und Modifizieren<br />

der Informationsbasen, im Rahmen gemeinsam getroffener Vereinbarungen, unter-<br />

stützt. Dem heutigen Stand der Technik entsprechend sind dazu Multimedia-<br />

Werkzeuge eingesetzt worden, die neben Text- auch Bild-, Video- und Spracheinga-<br />

be erlauben. Erste Erfahrungen in der Praxis mit dem Modul Einrichteblattverwaltung<br />

zeigen hohes Interesse und Akzeptanz bei den Facharbeiterinnen und Facharbei-<br />

tern.<br />

Zu den in der Plantafel gezeigten AVO können somit auch technische Informationen<br />

als Objekte der realen Welt (Bild des zu fertigenden Werkstücks oder der Aufspann-<br />

situation) abgerufen werden. Insbesondere im Feinplanungsbereich sind viele für die<br />

Auftragsdisposition benötigte Informationen aus diesen multimedialen Informationen<br />

abzuleiten. Die informelle bzw. per DV unterstützte Prüfung, ob alle benötigten Res-<br />

sourcen wie z.B. Maschinen- und Rüstzeiten zum vorgesehenen Termin verfügbar<br />

sind, setzt die aus den bauteil- und bearbeitungstechnologischen Anforderungen<br />

abzuleitende Kenntnis des entsprechenden Ressourcenbedarfs voraus. Grundlage<br />

ist in jedem Fall die technische Zeichnung des Bauteils und der mehr oder weniger<br />

detaillierte Arbeitsplan. Im Falle von Wiederholaufträgen kann meist auf vorhandene<br />

NC-Programme und Einrichteblätter zurückgegriffen werden. Aus dem Dispositions-<br />

modul, kann wie bereits erwähnt, direkt in die anderen Module (NC-Programmierung,<br />

Einrichteblattverwaltung, Zeichnungen, Prüfpläne usw.) gesprungen werden, so daß<br />

man sich eventuell vorhandene dispositionsrelevante Unterlagen ansehen kann.<br />

An dieser Beschreibung wird deutlich, wie der bottom up Ansatz des CeAFIS-<br />

Konzeptes von der DV-Unterstützung einzelner Arbeitsplätze ausgeht und auf die<br />

DV-Unterstützung größerer Betriebsbereiche hin konzipiert ist. Ausgehend von die-<br />

sem Ansatz ist auch die Einrichteblattverwaltung als Modul konzipiert und in das<br />

CeAFIS-Gesamtkonzept integriert worden. Das Einrichten und Rüsten an CNC-<br />

Werkzeugmaschinen nimmt also für die Feinplanung und die Dispositionstätigkeit<br />

des Maschinenbedieners einen hohen Stellenwert ein.


MODELLVORHABEN CEAFIS 42<br />

3.2.5 Einrichten als Tätigkeit der Auftragsdisposition und Arbeitsplanung<br />

Bei der Auftragseinplanung in der CNC-Fertigung scheint in vielfacher Hinsicht das<br />

Erfahrungswissen der Facharbeiterinnen und Facharbeiter zum Tragen zu kommen.<br />

Bei der Feinplanung der Auftragsreihenfolge und der Maschinenbelegung werden<br />

von den Facharbeiterinnen und Facharbeitern folgende Gesichtspunkte berücksich-<br />

tigt:<br />

− Aktuelle Aufspannvorrichtung (Schraubstock, Platte, Vorrichtung, usw.)<br />

− Aktuelle Spannart (Stahl, Messing, Aluminium, usw.)<br />

− Geschätzte und aktuelle Durchlaufzeiten an den Maschinen (Was kann wo am<br />

schnellsten gefertigt werden?)<br />

− Termindruck<br />

− Maschinenmerkmale (Maximale Größe eines bearbeitbaren Werkstücks, Auf-<br />

spannmöglichkeiten, technische Begrenzungen in der erreichbaren Maßhaltigkeit)<br />

− Persönliche Vorlieben und subjektive Empfindungen für zu fertigende Teile<br />

− Vorerfahrungen mit bestimmten Teilen<br />

Darüber hinaus haben Absprachen eine hohe Bedeutung bei der Auftragsplanung.<br />

Sie finden mündlich, aber auch stillschweigend in der Form statt, daß der eine die<br />

spezifischen Maschinencharakteristiken, aber auch die persönliche Vorlieben des<br />

Kollegen in die eigene Auftragsplanung miteinbezieht.<br />

Diese Form der informellen Feinsteuerungsstruktur im Bereich Drehen und Fräsen<br />

bei der Firma Rich. Seifert & Co. GmbH & Co. KG ist in wirtschaftlicher Hinsicht von<br />

nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Rüstzeiten betragen zum Teil bis zu 50%<br />

der Bearbeitungszeit und sind auch im Verhältnis zu den Programmierzeiten relativ<br />

lang (2/3 der Programmierzeiten liegen unter, während 85% der Rüstzeiten über<br />

zehn Minuten liegen).<br />

3.2.5.1 Der Stellenwert des Einrichtens<br />

Durchweg besteht Konsens darüber, daß für qualifizierte Einrichtetätigkeiten ein<br />

Hochmaß konventioneller Erfahrung notwendig ist und diese zumeist von qualifizier-<br />

ten Facharbeiterinnen und Facharbeitern mitgebracht werden muß. Entsprechende<br />

Tätigkeiten sind in erster Linie an Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren vorzufin-<br />

den, halten dar¸ber hinaus jedoch auch mehr und mehr Einzug in den Bereich der<br />

Drehbearbeitung, wenn man hier an den Einsatz von angetriebenen Werkzeugen in<br />

Verbindung mit einer vollgesteuerten C-Achse sowie an andere Zusatzeinrichtungen<br />

denkt.


MODELLVORHABEN CEAFIS 43<br />

Auch bei sehr stark arbeitsteilig organisierter NC-Fertigung, bei der die zu verrich-<br />

tenden Aufgaben mit der CNC-Maschine und in ihrem Umfeld auf verschiedene Per-<br />

sonen verteilt sind, ist zumeist der sogenannte Einrichter sehr hoch qualifiziert.<br />

Letzteres bezieht sich nicht nur auf die Erfahrungen im Umgang mit der jeweiligen<br />

CNC-Maschine, sondern insbesondere auf konventionelle Vorerfahrungen, bei-<br />

spielsweise im Bereich von realisierbaren Aufspannmöglichkeiten.<br />

Der Aufgabenbereich des Einrichtens ist deutlich prozeßorientiert geprägt und damit<br />

hinsichtlich der Gestaltung und dem Umfeld von Einzelaufgaben von der jeweiligen<br />

Betriebs- bzw. Fertigungsorganisation abhängig. Dies hat zur Folge, daß der Ge-<br />

samtumfang von Einrichteaufgaben von Betrieb zu Betrieb (vergleiche Abbildung 37<br />

mit Abbildung 38 und Abbildung 27), ja von Abteilung zu Abteilung sehr unterschied-<br />

lich angelegt sein kann. Dennoch lassen sich einige typische und wiederkehrende<br />

Einzelaufgaben benennen, die in der Regel dem Einrichten zuzuordnen sind.<br />

Wie durch alle anderen Aufgabenfelder ziehen sich auch durch das Einrichten dis-<br />

positive Aufgabenanteile und sind an vielen Stellen von Bedeutung. Insbesondere<br />

geht es dabei um die Verfügbarkeit notwendiger Werkzeuge, einzusetzender<br />

Spannmittel oder Vorrichtungen und ähnlichem.<br />

3.2.5.2 Einzelaufgaben des Einrichtens<br />

Bei den Einzelaufgaben des Einrichtens geht es nicht in erster Linie um eine voll-<br />

ständige Auflistung, sondern um die Benennung derjenigen Aufgaben, die im Zu-<br />

sammenhang mit der Verwendung von Erfahrungswissen von Bedeutung sind.<br />

− Aktivieren des NC-Programms<br />

− Zusammenstellung und -bauen des Werkzeuges<br />

− Vermessen des Werkzeuges<br />

− Bestücken der Maschine mit Werkzeugen<br />

− Aufspannen des Werkstückes<br />

− Verrichten sonstiger Aufgaben (Eingriff in Maschinenvorrichtung, Umrüsten von<br />

Bearbeitungszentren)


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 44<br />

4 Gestaltung technischer Unterstützungskomponenten<br />

4.1 Das technische Basiskonzept<br />

Das CeAFIS-Konzept will die organisatorische Gestaltung von Aufbau- und Ab-<br />

laufstrukturen mit der Entwicklung und Nutzung konventioneller und DV-technischer<br />

Hilfsmittel integrieren. Die Anforderungen an Aufgaben- und Arbeitsverteilung,<br />

Kommunikation und Kooperation, Zuständigkeit und Verantwortung, räumliche<br />

Aspekte und personelle Zuordnungen sind in einem Sollkonzept festgesetzt<br />

(vergleiche Abbildung 6). Die technische Unterstützung des Facharbeiters bei der<br />

Erfüllung seiner Aufgaben schließt ausdrücklich konventionelle und DV-Instrumente<br />

ein. Konventionelle Informationsmittel können also durch die DV-Technik ergänzt<br />

werden (siehe Abbildung 7).<br />

Abbildung 7: Technische Hilfsmittel und Werkzeuge


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 45<br />

Obwohl die Bedeutung der konventionellen Informationsmittel für erfahrungsgeleite-<br />

tes Arbeiten immer wieder betont wird, nimmt die Beschreibung der DV-technischen<br />

Informationsmittel von CeAFIS einen breiten Raum ein. Dies hat folgende Gründe:<br />

− Bislang gibt es keine DV-technischen Unterstützungsinstrumente, die hier ge-<br />

stellten Anforderungen erfüllen.<br />

− Klassische top down Ansätze für rechnerintegrierte Produktionsstrukturen dringen<br />

zunehmend in den Entscheidungs- und Handlungsbereich des Facharbeiters ein.<br />

Ein DV-Konzept mit bottom up Ansatz muß entgegengestellt werden, das sich mit<br />

dem klassischen CIM-Bausteinen auch technisch verbinden läßt.<br />

− Kooperatives Arbeiten ist nur möglich, wenn Informationen allen Beteiligten im<br />

Team in gleicher Form und konsistent vorliegen. Es muß eine gemeinsam nutzba-<br />

re Informationsbasis geben, die teilweise mit DV-Unterstützung am effektivsten zu<br />

realisieren ist.<br />

− Im turbolenten Umfeld der Produktion kommt den Informationen und dem Infor-<br />

mationsaustausch eine enorme Bedeutung zu. Dabei müssen räumliche und zeit-<br />

liche Beschränkungen überwunden werden. Dies ist teilweise nur durch einen ge-<br />

zielten Einsatz der DV-Technik möglich.<br />

Das CeAFIS-Konzept beinhaltet in seiner DV-technischen Ausprägung einzelne Mo-<br />

dule, die wiederum einzelne Funktionen und Funktionalitäten, sowie eine individuelle<br />

und eine gemeinsame Datenbasis (siehe Abbildung 8) beinhalten und die Möglich-<br />

keit, klassische CIM-Bausteine anzubinden.<br />

Letztlich muß die Facharbeiterin oder der Facharbeiter, selbst bestimmen, welche<br />

der folgenden Module, Funktionen und Datenzugriffsmöglichkeiten am Arbeitsplatz<br />

genutzt werden möchten:<br />

− Anwendungsmodule sollen den Facharbeiter unmittelbar bei der Erfüllung der<br />

oben beschriebenen Aufgaben unterstützen. Sie sind handlungsorientiert. Die<br />

Funktionen und Funktionalitäten, die sie beinhalten, sind auf die jeweiligen Aufga-<br />

ben abgestimmt. Im einzelnen sind dies: Das Dispositionsmodul, das Program-<br />

miermodul, das Einrichteblattmodul, das Prüfmodul, das Wartungsmodul und das<br />

Instandsetzungsmodul. Diese Module greifen auf unterschiedliche Datenbestände<br />

zurück. Die meisten Daten werden als Gruppendaten auf dem Werkstattserver<br />

verwaltet. Dort sind einzelne Bereiche mit individuellen Daten dem einzelnen<br />

Facharbeiter vorbehalten, worauf nur er Zugriff hat. Wenn er einen eigenen Ar-<br />

beitsplatzrechner mit lokalem Speichermedium hat, kann er individuelle Daten mit<br />

Unternehmensdaten verbinden.


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 46<br />

Abbildung 8: Datenstruktur CeAFIS und Zugriffsrechte für den Facharbeiter<br />

− Sogenannte Hilfsmodule sollen den Facharbeiter prinzipiell bei seiner Arbeit und<br />

allen Teilaufgaben unterstützen:<br />

⇒ Mit dem Kommunikationsmodul kann er beliebige Informationen (als Text, Wort<br />

oder Bild) an andere Stellen im Unternehmen übermitteln oder von dort emp-<br />

fangen.<br />

⇒ Mit dem Datenmanagementmodul hat der Facharbeiter Zugriff auf definierte<br />

Unternehmensdaten, und er kann Daten zwischen seinem individuellen und<br />

dem Gruppenbereich verschieben, kopieren oder übertragen.<br />

⇒ Mit dem Funktionsauswahlmodul kann er die Module und die Funktionen aus-<br />

wählen, die er innerhalb der Module anwenden möchte.<br />

− Die einzelnen Module können bei Bedarf mit klassischen CIM-Bausteinen verbun-<br />

den werden. Diese Schnittstellen-Anbindung kann beispielsweise durch Daten-<br />

austausch erfolge, durch die gemeinsame Nutzung einer Datenbank, aber auch<br />

durch Funktionsintegration: So kann der Facharbeiter zum Beispiel aus der Ein-<br />

richteblattverwaltung in ein eigenständiges NC-Programmiersystem springen und


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 47<br />

dort sein NC-Programm erstellen und die rüstspezifischen Daten wieder in die Ein-<br />

richteblattverwaltung übernehmen.<br />

In jedem Fall muß analysiert werden, wo und wie eine DV-Unterstützung möglich ist,<br />

ohne erfahrungsgeleitete Arbeit einzuschränken. Hier können nur allgemeine Anfor-<br />

derungen an die DV-Technik angeführt werden:<br />

1. Alle DV-Funktionen oder -Programme müssen soweit wie möglich modular aufge-<br />

baut sein. Es sollen keine - komplexen, die Anforderungen übersteigende - Kom-<br />

plettsysteme eingesetzt werden.<br />

2. Die einzelnen Module müssen sich leicht zusammensetzen lassen. Jede Stelle<br />

oder Person muß selbst definieren können, welche Module sie benötigt. Das Zu-<br />

sammenspiel der Module muß gewährleistet sein.<br />

3. Die Module müssen leicht auf veränderte Anwenderanforderungen und auf neue<br />

Einsatzbedingungen anzupassen sein.<br />

4. Die DV-Funktionen müssen transparent sein, d.h. der Anwender muß erkennen<br />

können, was in welcher Form bearbeitet, berechnet oder eingeben werden muß.<br />

Beispiel Einrichteblattverwaltung:<br />

− Als Hilfsmittel zur Dokumentation von Rüstinformationen - wie Auftrag, Maschine,<br />

NC-Programm, Materialien, Aufspannung, Arbeitsplan - muß die Einrichteblatt-<br />

verwaltung direkt an der Maschine verfügbar sein, um bei Wiederholteilen<br />

schnellen Zugriff auf die benötigte Information zu gewährleisten.<br />

− Durch einheitliche Datenmasken, kann eine Standardisierung bei der Erstellung,<br />

Archivierung der Rüstinformationen zur transparenten Informationsübermittlung<br />

und Vorgehensweise beim Einrichten/Rüsten zwischen den Mitarbeitern genutzt<br />

werden. Auch andere Kolleginnen und Kollegen müssen mit den Informationen<br />

arbeiten können.<br />

− Durch Anbindung der Einrichteblattverwaltung an das Dispositionsmodul bzw. NC-<br />

Programmiermodul, können Informationen zwischen den Modulen ausgetauscht<br />

oder abgerufen werden.<br />

− Die Einbindung neuer Medien (Text, Grafik, Ton) gewährleisten, ein an die reale<br />

Bearbeitungssituation anpaßbares und nachvollziehbares Erfahrungswissen zu<br />

dokumentieren.<br />

Aus den allgemeinen Anforderungen des Basiskonzeptes, die oben beschrieben<br />

wurden, lassen sich konkrete Gestaltungsanforderungen für die technische Realisie-<br />

rung der Benutzerschnittstelle, sowie der Datenorganisation - in sogenannten offe-<br />

nen Systemumgebungen - ableiten.


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 48<br />

4.2 Technische Gestaltungsanforderungen an offene Systemumgebungen<br />

Die CNC-Technologie - wie in Kapitel 2 beschrieben - ist die im Bereich der industri-<br />

ellen Fertigung am weitesten verbreitete Computertechnologie. CNC-Werkzeug-<br />

maschinen sind heute der meistgenutzte und ausgereifteste CIM-Baustein. Der<br />

technologische Sprung von der konventionellen zur computergestützten Technik war<br />

groß. An die Stelle der direkten mechanischen Manipulation der Werkstücke mit Hilfe<br />

der Werkzeugmaschine trat die Form der Symbolmanipulation des programmge-<br />

steuerten Zerspanungsablaufs.<br />

Diese veränderte Situation erfordert neue Konzepte für eine benutzerfreundliche und<br />

ergonomische Gestaltung von CNC-Systemumgebungen sowohl auf der Hardware-<br />

wie auf der Software-Seite. CNC-Systemumgebungen müssen u.a. in der Art ge-<br />

staltet sein, daß die Arbeitenden auch ihre Erfahrung, die sie im Umgang mit dem<br />

System Werkzeugmaschine gemacht haben, aktiv ein- und umsetzen können und<br />

entsprechend ihren Fähigkeiten geeignete Funktionalitäten angeboten bekommen.<br />

Es erscheint deshalb sinnvoll aus der Perspektive erfahrungsgeleiteter Arbeit, Krite-<br />

rien für die Gestaltung von Benutzungsoberflächen und Datenbasen zu formulieren,<br />

um die Notwendigkeit der Anforderungen an die technische Gestaltung offener CNC-<br />

Systemumgebungen aufzuzeigen.<br />

4.2.1 Benutzerschnittstelle<br />

Die DV-Benutzungsoberfläche ist dann für erfahrungsgeleitete Arbeit förderlich,<br />

wenn:<br />

− neben visuellen auch andere Wahrnehmungsarten und Sinne des Menschen an-<br />

gesprochen werden (Ton, Sprache, Tastsinn),<br />

− die Informationsdarstellung sich sehr stark an originäre Informationsvermittlungen<br />

anlehnt,<br />

− nicht viele unterschiedliche oder nur ähnliche DV-Oberflächen beherrscht werden<br />

müssen und<br />

− die Nutzer in die Gestaltung der DV-Oberfläche mit einbezogen werden.<br />

Daneben sind die ergonomischen Anforderungen an Hard- und Softwaretechnik<br />

auch für erfahrungsgeleitete Arbeit sehr wichtig. Gute, benutzergerechte DV-<br />

Oberflächen verbessern den effektiven und effizienten Einsatz der DV-Systeme. Die


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 49<br />

Gefahren einer fehlerhaften Benutzung und daraus resultierenden fehlerhaften Er-<br />

gebnissen sind geringer.<br />

Abbildung 9: Forderungen an die Benutzungsoberfläche<br />

Weitergehende Anforderungen an DV-Systeme sind eng verknüpft mit den allgemei-<br />

nen technischen Anforderungen. Hier sollen für noch nicht existierende Systeme all-<br />

gemeine Anforderungen genannt werden:<br />

1. Der Einsatz von Benutzungsoberflächen sollte nicht nur neuesten technischen<br />

Möglichkeiten folgen (Fenstertechnik, Grafik, Mausbedienung), viel wichtiger ist,<br />

daß die unterschiedlichen Systeme dieselbe Benutzungsoberfläche haben. Der<br />

Einsatz neuer Versionen von Software sollte aufeinander abgestimmt sein.<br />

2. Benutzungsoberflächen sollten so konzipiert sein, daß der Anwender erkennen<br />

kann, welche automatischen Abläufe wann erfolgen. Das System sollte anzeigen,<br />

wenn es arbeitet.<br />

3. Nicht nur Tastatur und Bildschirm sollten als Mensch-Maschine-Schnittstelle die-<br />

nen, sondern auch Sprachein- und -ausgabemodule, Bildeingabe und Bildnach-<br />

bearbeitung usw. Damit sollen die Dateneingabe, die Bearbeitung und die Daten-<br />

aus- und -weitergabe ähnlich einfach und komfortabel gestaltet werden, wie kon-<br />

ventionelle Methoden auf Papier.<br />

4. Alle Informationen müssen bei Bedarf auch auszudrucken sein. Die Ausgabe auf<br />

Papier muß eine bessere Übersicht erlauben (Druckausgabemasken müssen


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 50<br />

übersichtlich sein, die Schrift sollte nicht zu klein und gedrängt sein) und es kön-<br />

nen Notizen für die Druckausgabe gemacht werden.<br />

Kooperative Aufgaben sind technisch zu unterstützen, daß der kooperative Charak-<br />

ter (gegenseitige Abstimmung) nicht verloren geht. Funktionalitäten müssen bei ko-<br />

operativen Aufgaben entweder gemeinsam genutzt werden können oder die infor-<br />

melle (face-to-face) Kooperation verbessern und anregen.<br />

5. Dazu sollte die Größe der Ausgabemediums (z.B. Bildschirm) gegebenenfalls<br />

auch für eine gemeinsame Nutzung durch mehrere Personen geeignet sein. Alle<br />

Beteiligten sehen oder hören für ihre Abstimmung und Absprachen die notwendi-<br />

gen Daten und Ergebnisse des DV-Systems.<br />

Der Umgang mit DV-Systemen wird oft dadurch erschwert, daß eine Vielfalt von Be-<br />

nutzungsoberflächen eingesetzt wird. Jeder Wechsel, insbesondere bei sehr ähnli-<br />

chen Systemen, fällt den Facharbeiterinnen und Facharbeitern sehr schwer, bindet<br />

ihre Konzentration, ist Fehlerquelle und kann zu Mehrfacharbeit führen. Mit der allei-<br />

nigen Forderung nach ergonomischen Anforderungen ist es deshalb nicht getan.<br />

Wichtiger als die Umsetzung der neuesten ergonomischen Anforderungen ist die<br />

sehr genaue Abstimmung der unterschiedlichen Teilsysteme aufeinander, eine wirk-<br />

lich einheitliche Oberfläche. Außerdem gehen die Gestaltungsanforderungen für er-<br />

fahrungsförderliche Strukturen über die klassischen Anforderungen hinaus, weil sie<br />

die Bedeutung aller Wahrnehmungsmöglichkeiten (Sehen, Hören, Fühlen) betonen<br />

und deshalb bei der Gestaltung der Benutzungsoberfläche den ergänzenden Cha-<br />

rakter der DV berücksichtigen. Die Benutzungsoberfläche kann nur unter Beachtung<br />

und in Verknüpfung mit weiteren originären Informationen in einer Arbeitssituation<br />

optimiert werden.<br />

4.2.2 Datenorganisation<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit ist dann möglich, wenn die Datenzugriffsmöglichkeiten für<br />

Facharbeiterinnen und Facharbeiter durch technische oder durch formelle Restriktio-<br />

nen nicht eingeschränkt sind. Wenn Facharbeiter die Möglichkeit haben, individuelle<br />

Daten anzulegen und zu nutzen. Der Verzicht auf eine vollständige Abbildung von<br />

Informationen in DV-Systemen oder Datenbanken reduziert den notwendigen DV-<br />

Aufwand (low cost DV) für die Datenhaltung. Die notwendigen Systeme sind einfa-<br />

cher, weniger störanfällig und flexibler.


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 51<br />

Abbildung 10:Datenhaltung und Datenzugriffe für den Facharbeiter<br />

Die Datenzugriffsrechte für den Facharbeiter dürfen also nicht restriktiv bestimmt<br />

sein. Er muß die technische und formelle Möglichkeit haben, auf die Daten zugreifen<br />

zu können (lesen und ändern), die für die optimale Nutzung seiner Entscheidungs-<br />

und Handlungsspielräume wichtig sind. Darüber hinaus muß er eigene individuelle<br />

Daten bzw. Informationen festhalten können und sie bei Bedarf - der von ihm selbst<br />

bestimmt wird - weitergeben und wiederverwenden zu können (siehe Abbildung 10).<br />

Die Nutzung umfangreicher Datenbestände darf nicht dazu führen, daß Kommunika-<br />

tion überflüssig erscheint. Daraus leiten sich folgende Anforderungen ab:<br />

1. Gemeinsam mit der Facharbeiterin und dem Facharbeiter muß entwickelt wer-<br />

den, auf welche zentralen oder dezentralen Daten und Informationen bzw. Infor-<br />

mationssysteme er lesend oder ändernd zugreifen darf. Diese Datenzugriffs-<br />

rechte müssen abgestimmt sein auf die für ihn notwendigen Entscheidungs- und<br />

Handlungsspielräume.


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 52<br />

2. Es kann zunächst selbst bestimmt werden, welche der eigenen Daten wann und<br />

wie an andere Kollegen weitergegeben werden. Der Meister kann dabei eine Mo-<br />

deratorenrolle einnehmen (kommunikationsfördernd). Die Weitergabe kann di-<br />

rekt, durch Kommunikation erfolgen oder indirekt, indem die Informationen in ei-<br />

nem dezentralen DV-System abgelegt werden. Dann können gezielt ausgewählte<br />

Daten oder Informationen an andere Stellen oder Datenbanken weitergegeben<br />

werden. Das betrifft z.B. technische Daten wie Einrichteblätter, die für eine ferti-<br />

gungsgerechte Konstruktion von der Fertigung an die Konstruktionsabteilung<br />

übergeben werden könnten.<br />

3. Alle individuellen, gruppenbezogenen und unternehmensweiten Datenbestände<br />

sind in jeweiligen gemeinsamen Prozessen zu definieren und Zugriffsrechte müs-<br />

sen entsprechend verteilt werden können.<br />

4. Die individuellen Daten der Facharbeiter müssen auf einer eigenen Festplatte<br />

oder auf einem Gruppenserver abgelegt sein. Der Datenbereich muß abschließ-<br />

bar sein (Paßwort oder Schlüssel vom PC).<br />

5. Die Zugriffsrechte auf zentrale oder dezentrale Unternehmensdaten müssen<br />

leicht änderbar sein. Es können getrennt nur lesende oder lesende und schrei-<br />

bende Zugriffsrechte verteilt werden. Der Zugriff darf sich nicht nur auf Masken<br />

oder Datenblöcke beziehen, sondern muß für jedes Einzelobjekt gelten.<br />

6. An verwaltete Daten müssen bei Bedarf an beliebiger Stelle Freitexte anzuhän-<br />

gen sein, die für Notizen, Bemerkungen verwendet werden können. Hierbei sollte<br />

auch die Eingabe und Ausgabe von Skizzen, Bildern und Sprache möglich sein.<br />

Ein mehr an Entscheidungs- und Handlungskompetenz in rechnerintegrierten Pro-<br />

duktionsstrukturen ist nur möglich, wenn die Facharbeiterin und der Facharbeiter<br />

auch Zugriffe auf alle dafür notwendigen Daten und Informationen erhält, um qualifi-<br />

zierte und für das Unternehmen vorteilhafte Entscheidungen zu treffen. Der Fachar-<br />

beiter braucht darüber hinaus die Möglichkeit, eigene, individuelle Datenbestände<br />

anlegen zu können, auf die auch zunächst nur er zugreifen kann. Dabei handelt es<br />

sich um sehr spezifische, arbeitsplatzbezogene technische Daten (z.B. Einrichte-<br />

blätter), die individuelle Erfahrungen enthalten. Diese Daten sind bislang auch meist<br />

auf konventionellen Datenträgern abgelegt (Papier, Ordner, Mappen, Karteikasten-<br />

system). Nur durch die eigene Entscheidung des Facharbeiters, der nur freiwillig sein<br />

explizites Erfahrungswissen an andere Personen weitergeben kann, können diese<br />

Daten in ein allgemein zugängliches Informationssystem übernommen werden, wenn<br />

sich dadurch eindeutige Vorteile ergeben. Die gemeinsame Nutzung von Datenbe-<br />

ständen in Informationssystemen darf nicht dazu führen, daß Kommunikation zwi-<br />

schen Personen überflüssig wird. Diese Systeme müssen eine gewisse Transparenz<br />

und Offenheit an den Tag legen.


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 53<br />

4.2.3 Offene CNC-Systemkonzepte<br />

Offenheit von CNC-Systemen bedeutet Offenheit für die Werkstatt, Offenheit für<br />

ganzheitliche Arbeitsinhalte und Maschinenbenutzungskonzepte, Offenheit für die<br />

Integration in die Gesamtbenutzungsoberfläche der Werkzeugmaschine, Offenheit<br />

zum Zugriff auf gemeinsame Informationsdatenbasen, also insgesamt Offenheit für<br />

erfahrungsgeleitete Arbeit.<br />

Dazu muß man sich von der zentralistischen und hochspezialisierten Strukturkon-<br />

zeption befreien und dem Werker vor Ort, optional und frei positionierbar verteilte<br />

Intelligenz an die Hand geben:<br />

− Verteilte Funktionalität am Maschinensystem<br />

− Offene Struktur mit freier Kommunikation der Subsysteme und Komponenten<br />

− Drahtlose Kommunikation und freie Plazierbarkeit von Prozeßmodulen<br />

− Externe Kommunikation mit Umfeldsystemen, die den Zugriff des Maschinenfüh-<br />

rers auf Informationssysteme ermöglichen<br />

Abbildung 11: Offenheit und Schnittstellen zu anderen Techniksystemen am<br />

Beispiel der Steuerung2000 /14/<br />

Um dem Maschinenführer darüber hinaus den gesamten Prozeß ganzheitlich wahr-<br />

nehmbar zu machen, ist eine systemtechnische Einbindung von sinnlichen Wahr-<br />

nehmungsarten und -mustern in die offene Systemumgebung gefordert. Damit ist die<br />

technische Anforderung nach einer Multimediafähigkeit des CNC-Systems gestellt,


GESTALTUNG TECHNISCHER UNTERSTÜTZUNGSKOMPONENTEN 54<br />

die als Multimedia-Plattform neben den bisher genutzten konventionellen Darstel-<br />

lungsformen wie<br />

1. Schriftzeichen zur Repräsentation von Texten und Daten sowie<br />

2. graphischen Elemente und Animationsverfahren<br />

zusätzlich<br />

3. Standbilder (z.B. technische Zeichnungen, Photographien),<br />

4. Bewegtbilder (z.B. Videosequenzen bzw. -konferenzen)<br />

5. Audio-Informationen (z.B. Geräusche, Sprache)<br />

ermöglicht. Schließlich sei darauf verwiesen, daß eine dem ganzheitlichen menschli-<br />

chen Wahrnehmungsverhalten adäquate multimediale Unterstützung nur durch ein<br />

aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Text, Bild und Ton realisiert werden<br />

kann. D.h. ein auf die Unterstützung des Maschinenführers gerichtetes multimediales<br />

System sollte die verschiedenen Darstellungsformen ohne Handhabungs- und Me-<br />

dienbrüche integrieren, jedem Darstellungsobjekt sollen Graphik-, Text-, Daten-, Bild-<br />

und Tonobjekte frei zugeordnet werden können.<br />

Womit man bei einer weiteren und wesentlichen gestaltungstechnischen Anforde-<br />

rung an eine offene Systemumgebung wäre, das ist eine objektorientierte Hard- und<br />

Softwarearchitektur. Dabei geht es um ein strukturelles Grundkonzept einer objekt-<br />

orientierten Gesamtarchitektur des Systems, bei der die unterschiedlichen Darstel-<br />

lungsformen wie Graphiken, Bilder, Videos, Tonfolgen und Daten einheitlich als Ob-<br />

jekte behandelt und auch in gleicher Weise von der Logik der Benutzeroberfläche<br />

her angesprochen werden können.<br />

Die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die Konzeption und<br />

Implementation des Moduls Einrichteblattverwaltung sind nunmehr aufgezeigt. Im<br />

nächsten Kapitel kann nun näher auf die sozio-technische Umsetzung der gestellten<br />

Anforderungen eingegangen werden.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 55<br />

5 Die Einrichteblattverwaltung<br />

Erfahrungsförderliche Arbeitsstrukturen sind zunächst Ausdruck der jeweiligen Ge-<br />

staltung der Organisationsstruktur, der damit verbundenen technischen Hilfsmittel für<br />

die Mitarbeiter und der personalen Entwicklungsmaßnahmen. Die nächsten Ab-<br />

schnitte beschreiben den durchlaufenen Entwicklungsprozeß der Einrichteblattver-<br />

waltung, der von der Analysephase über die Konzeptionsphase bis hin zur Imple-<br />

mentationsphase reicht, um diese erfahrungsförderlichen Anforderungen an ein DV-<br />

System umzusetzen. Die Vorgehensweise zur Erstellung dieses multimedialen In-<br />

formationssystems zeigt anschaulich Abbildung 12.<br />

Abbildung 12: Vorgehensweise zur Erstellung eines multimedialen Informations-<br />

systems<br />

5.1 Analysephase<br />

Mit der Einführung neuer Arbeitsorganisationen im Fertigungsbereich hatte die Firma<br />

Rich. Seifert & Co. GmbH & Co. KG bereits die wesentlichen Voraussetzungen für<br />

erfahrungsförderliche Arbeitsstrukturen geschaffen und damit die Grundlage für die


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 56<br />

Konzeption und Implementation der Einrichteblattverwaltung als DV-technisches<br />

Unterstützungswerkzeug für die Facharbeiter. Mit neuen Formen der Arbeitsorgani-<br />

sation sind hier Arbeitsstrukturen gemeint, wie man sie unter den Stichpunkten<br />

Schlanke Produktion bzw. Lean Production einordnen würde.<br />

Mit dem Ziel ein möglichst optimales Gesamtsystem zu gestalten ergaben sich die<br />

Hauptanforderungen der Firma Seifert an eine neue Arbeitsorganisation aus dem<br />

sozio-technischen Systemansatz /3/. Die neue Arbeitsorganisation muß<br />

− menschengerecht (humanzentriert)<br />

− effektiv<br />

− ökonomisch<br />

− zukunftsgerecht<br />

sein. Zukunftsgerecht bedeutet dabei, daß auch weitreichenden und gesellschaftli-<br />

chen Zielen Rechnung getragen werden muß. In Abbildung 13 sind diese Ziele wei-<br />

ter untergliedert. Es wurde versucht, nach unternehmensbezogenen und mitarbeiter-<br />

bezogenen Zielen zu trennen, und die Verflechtung zwischen beiden Zielgruppen<br />

anzudeuten, wobei die Grenzen hier fließen.<br />

Mit den vier Hauptansätzen Arbeitserweiterung, Arbeitsanreicherung, Arbeitsplatz-<br />

wechsel und Hierarchieabbau sollen die Methoden beschrieben werden, die zur Er-<br />

reichung der o.g. Ziele eingesetzt wurden. Aus arbeitswissenschaftlicher Sicht han-<br />

delt es sich dabei um die Veränderung der Ablauf- und Aufbauorganisation. Dieser<br />

Zusammenhang soll in Abbildung 14 verdeutlicht werden.<br />

Arbeitserweiterung (job enlargement): Hier wurden mehrere strukturell gleichartige<br />

Arbeitsaufgaben in einer größeren Gesamtaufgabe zusammengefaßt. Dadurch er-<br />

folgte für die Mitarbeiter eine quantitative Erweiterung des Tätigkeitsspielraums. Es<br />

wurden vorwiegend Arbeitsaufgaben für ein (Teil-)Produkt zusammgefaßt, um den<br />

Mitarbeitern die Identifikation mit dem Ergebnis zu erleichtern.<br />

Arbeitsplatzwechsel (job rotation): Durch diese Methode führen die Mitarbeiter meh-<br />

rere strukturell gleichartige Tätigkeiten im zeitlichen Wechsel aus. Der Wechsel kann<br />

geplant oder ungeplant, fremd- oder selbstbestimmt werden.<br />

Arbeitsbereicherung (job enrichment): Hier wurde die Zusammenfassung von struk-<br />

turell gleichen und verschiedenen Arbeitsinhalten durchgeführt. Mit dieser qualitati-<br />

ven Bereicherung des Arbeitsinhaltes wurde der Dispositions- und Handlungsspiel-<br />

raum der Mitarbeiter vergrößert. Sie bekommen damit mehr Entscheidungs-, Durch-


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 57<br />

führungs-, Kontroll- und Verantwortungskompetenzen. Als Möglichkeit für Arbeitser-<br />

weiterungsmaßnahmen ist besonders auf die<br />

− Auftrags- und Materialdisposition<br />

− Verteilung der Arbeit in einer Gruppe<br />

− Selbstprüfung<br />

− Koordination und Kommunikation mit anderen Stellen<br />

− Mitarbeiterpartizipation an Problemlösungen<br />

geachtet worden. Durch die Aufgabenerweiterung war deshalb nicht nur eine Verän-<br />

derung der Ablauforganisation, sondern auch der Aufbauorganisation des Unter-<br />

nehmens in den Hierarchieebenen notwendig.<br />

Abbildung 13: Ziele bei der Gestaltung und Einführung neuer Formen der Arbeits-<br />

organisation


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 58<br />

Hierarchieabbau (deverticalisation): Der Abbau von hierarchischen Stufungen und<br />

Differenzierung der Aufbauorganisation durch Übertragung von Vorgesetztenfunktio-<br />

nen auf Mitarbeiter im direkten Produktionsprozeß wurde durchgeführt. Ziel war die<br />

Motivation der Mitarbeiter durch Übertragung von Verantwortung und Verbesserung<br />

des Informationsflusses, um die Flexibilität der Organisation zu erhöhen.<br />

Abbildung 14: Arbeitsgestaltung mit sozio-technischem Ansatz<br />

Direkte Auswirkungen bei dieser Vorgehensweise zur Schaffung erfahrungsförderli-<br />

cher Arbeitsstrukturen zeigte z.B. die Neugestaltung des Fertigungsbereichs in der<br />

Firma Seifert durch die Zusammenfassung von vier CNC-Fräsmaschinen zu einer<br />

Fertigungsinsel (vgl. Abbildung 3). Nicht mehr die Arbeitsaufteilung von komplexen<br />

Aufgaben steht im Vordergrund sondern interdisziplinäre Tätigkeiten mit einem brei-<br />

ten Arbeitsspektrum. Dieses Fertigungsinselkonzept ist durch einen eigenverantwort-<br />

lichen Bereich, der in Gruppenarbeit organisiert ist, gekennzeichnet. Ziel ist die<br />

Komplettbearbeitung in der Fertigungsinsel an einer CNC-Maschine, wobei der Ar-<br />

beiter neue Umfeldaufgaben zugeteilt bekommt. Er ist jetzt verantwortlich für Auf-<br />

tragsdisposition und -abwicklung, Materialdisposition, Koordination und Kommunika-<br />

tion mit anderen Stellen. Selbstorganisation und Selbstverantwortung kennzeichnet<br />

diese neu entstandenen, dezentralen Arbeitsstrukturen mit ganzheitlichen Arbeitsin-


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 59<br />

halten. Die Gruppenbildung ist als bewußter und langfristiger Prozeß organisiert<br />

worden, und selbst vereinbarte Spielregeln der Mitarbeiter untereinander müssen<br />

sich erst in der Alltagserfahrung entwickeln. Deshalb darf ein auf die DV-<br />

Unterstützung basierendes Konzept die Entwicklung von Nutzungsspielregeln nicht<br />

einschränken, sondern muß hierfür Freiräume ermöglichen.<br />

Die Einbeziehung der Werkstattmitarbeiter in die Dispositionsaufgaben ermöglicht<br />

auf Werkstattebene eine größtmögliche Nutzung der Fertigungskapazitäten und des<br />

Personals. Die Rüstzeiteinsparungen durch diese Art der Feinplanung beträgt im<br />

Hause Seifert ca. 25%. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, benötigen die Mitar-<br />

beiter speziell auf sie zugeschnittene Informationen, wobei sich schnell herausstellte,<br />

daß Artikelnummern und Bezeichnungen nicht viel aussagten. Der Wunsch nach<br />

einer Zeichnung oder einem Bild stand immer ganz oben auf der Anforderungsliste.<br />

Die Möglichkeit, diese Zeichnung der Werkstatt zur Verfügung zu stellen, erwiesen<br />

sich jedoch als nicht so einfach (Schnittstellenprobleme, komplizierte Handhabung).<br />

Zur Unterstützung der NC-Programmierung und Auftragsdispositionsaufgabe wurde<br />

eine Datenübernahme aus dem CAD-System diskutiert. Der Realisierung einer da-<br />

tentechnischen Kopplung von CAD und NC-System wurde eine geringe Priorität bei-<br />

gemessen. Wesentliche Gründe für diese Entscheidung waren:<br />

1. Die in der mechanischen Fertigung zu bearbeitenden Dreh- und Frästeile sind<br />

überwiegend durch eine geringe bearbeitungsgeometrische und hohe fertigungs-<br />

technische Komplexität ausgezeichnet. Diese Kombination von Komplexitätsdi-<br />

mensionen läßt keine nennenswerten Zeitvorteile durch eine Geometriedaten-<br />

übernahme bei der Programmerstellung erwarten.<br />

2. Für den überwiegenden Teil der zu bearbeitenden Werkstücke können die ent-<br />

sprechenden NC-Programme mit einem Zeitaufwand unter 45 Minuten erstellt<br />

werden. Die zeitlichen Einsparungspotentiale für eine Geometrieübergabe sind<br />

daher vergleichsweise gering.<br />

3. Schnittstellenprobleme trotz Standardisierungsbemühungen.<br />

4. Eine effiziente Datenübernahme aus dem CAD-System ins NC-System stellt spe-<br />

zifische Anforderungen an die Zeichnungserstellung, wie z.B. NC-gerechte Bema-<br />

ßung, differenziertes Ablegen von Werkstückinformationen auf CAD-Layern,<br />

Zeichnen von Werkstückansichten von jeder Bearbeitungsseite.<br />

5. Zu hohe Kosten. Es ist zu erwarten, daß diesen Kosten kein ausreichender Nut-<br />

zen gegenübersteht.<br />

Diese Möglichkeit der visuellen Datendarstellung schied also aus.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 60<br />

Die meisten der hergestellten Werkstücke werden allerdings nicht nur einmal gefer-<br />

tigt, sie kommen später als Wiederholteile vor. Dementsprechend sollen auch die<br />

NC-Programme erneut verwendbar sein. Gerade bei aufwendig herzustellenden<br />

Teilen, mit entsprechend langen Programmlistings, genügt es den Facharbeitern<br />

nicht, nur diese nackten Programme im NC-Programmodul zu dokumentieren und zu<br />

verwalten. Die Programme stellen für die Facharbeiter nicht das Produkt dar, das sie<br />

sich erarbeitet haben. Statt dessen haben sie sich Gedanken über die Fertigungs-<br />

technologie der Teile gemacht, haben die Spannsituation mitberücksichtigt, dieses<br />

alles beim Einfahren überprüft, gegebenenfalls revidiert und der realen Bearbei-<br />

tungssituation angepaßt. Dieser Prozeß ist nur zum Teil im Programm niedergelegt.<br />

Die Schritte, die eben zu diesem Programm geführt haben, sind nicht zu erkennen.<br />

Das Programm gibt z.B. keine Auskunft darüber, wie die Werkstücke gespannt wur-<br />

den, was dabei zu beachten war, wo die Nullpunkte gesetzt wurden usw.. Diesen<br />

Zweck erfüllen die Einrichteblätter.<br />

Die Facharbeiter erstellen und verwalten neben den NC-Programmen auch die Ein-<br />

richteblätter. Diese Aufgabe erfolgt eigenständig oder in Zusammenarbeit mit dem<br />

Meister oder m+it Kollegen (siehe Abbildung 15 und Abbildung 16).<br />

Abbildung 15: Abstimmung mit dem Meister


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 61<br />

Abbildung 16: Abstimmung mit Kollegen<br />

Wichtige Anforderungen dabei sind, daß Einrichteblätter nicht nur für gleiche, son-<br />

dern auch für ähnliche Teile wiedergefunden werden, damit andere Kollegen mit den<br />

Einrichteblättern selbst arbeiten können und die entsprechenden Kniffe & Tips nach-<br />

vollziehbar sind (Vermittlung von Erfahrungswissen). In der Firma Rich. Seifert & Co.<br />

GmbH & Co. KG war die Möglichkeit gegeben, daß die Facharbeiter Einrichtedaten,<br />

Einstell- und Aufspanndaten in einem Datenverarbeitungssystem eingeben, ablegen<br />

und wieder aufrufen konnten, wie in Abbildung 17 ersichtlich. Dieses System wurde<br />

von den Facharbeitern jedoch kaum genutzt. Ursachen dafür sind: Umständliche<br />

Menüführung, wenig übersichtliche Masken, umständliches Handling, wichtige Infor-<br />

mationen können nicht abgelegt werden, Abbildungen über Aufspannskizzen konn-<br />

ten nicht eingegeben werden. Hinzu kommt die Tatsache, daß das DV-System nicht<br />

direkt verfügbar ist oder von Kollegen besetzt ist. Deshalb wurden konventionelle<br />

Methoden bevorzugt. Einrichteblätter werden auf Papier erstellt und direkt am Ma-<br />

schinenarbeitsplatz in einem Regalsystem abgelegt. Dabei werden handschriftlich<br />

kurze Notizen, Anmerkungen oder schnelle Skizzen der Aufspannsituation angefügt.<br />

Die Papieraufzeichnungen konnten allerdings leicht verschmutzen, Kopien waren<br />

teilweise nicht vollständig und die Unterlagen somit für Kollegen nicht lesbar.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 62<br />

Abbildung 17: Beispiel eines konventionell erstellten Einrichteblattes


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 63<br />

Einrichteblätter dienen also zur technischen Dokumentation und zur Dokumentation<br />

von Erfahrungswissen der Facharbeiter, das sich vor allem auf die Fertigungstech-<br />

nologie bezieht:<br />

− Spannsituation, Spannmittel<br />

− Setzen der Nullpunkte<br />

− Einfahren<br />

− Anpassen an die reale Bearbeitungssituation<br />

− Fertigungsschritte<br />

− Werkzeuge<br />

− Werkstückskizzen aus verschiedenen Sichten<br />

Die Rüstzeiten nehmen oft 50% des Fertigungsprozeßes - bei komplexen Bauteilen<br />

und aufwendigen Aufspannsituationen - ein. Hieraus resultiert ein enormes Erfah-<br />

rungspotential der Mitarbeiter, die schon einmal ein solches Bauteil bearbeitet ha-<br />

ben. Aber wie erhält man Zugriff auf die so dringend benötigte Information, wenn auf<br />

Erfahrungswissen von anderen Kollegen nicht zurückgegriffen werden kann? Das<br />

war die alles entscheidende Frage bei der Konzeption und Implementation des Soft-<br />

waremoduls Einrichteblattverwaltung. Gerade in der Zeit der Konzeption des Soll-<br />

Zustandes und der Systemimplementierung der Einrichteblattverwaltung hat ein Mit-<br />

arbeiter den Betrieb verlassen. Durch die Methode Rapid Prototyping beim ange-<br />

wandten Software Engineering Prozeß konnte aber gleichzeitig mit dem ausschei-<br />

denden Mitarbeiter noch ein Konzept ausgearbeitet werden, das es ermöglichte die<br />

Dokumentation seiner vorhandenen Erfahrung beim Einrichten/Rüsten mit in den<br />

laufenden Gestaltungsprozeß einfließen zu lassen. Dieser Mitarbeiter hat letztendlich<br />

- noch vor seinem Ausscheiden aus der Firma - seine Erfahrungen mit dem ersten<br />

Prototypen der Einrichteblattverwaltung dokumentiert, d.h. auch nach seinem Aus-<br />

scheiden steht das Erfahrungswissen über die Rüst- und Aufspannsituationen den<br />

anderen Mitarbeitern noch zur Verfügung. Man kann deshalb die Konzeption und<br />

Systemimplementierung der Einrichteblattverwaltung als einen sich selbst steuern-<br />

den Regelkreis betrachten, der zu jedem Zeitpunkt die Anforderungen der Mitarbeiter<br />

aufzunehmen, zu evaluieren und zu verarbeiten vermochte (vgl. Versionsprototypen<br />

1.0 - 1.4 in Abschnitt 5.2.1 dieses Kapitels).<br />

Zusätzlich zu den organisatorischen Voraussetzungen, die durch die Fertigungsinsel<br />

und die daraus abgeleitete Gruppenarbeit im Unternehmen Seifert bereits bei Auf-<br />

nahme der Anforderungen an die technische Systemunterstützung gegeben waren,<br />

mußte die Einrichteblattverwaltung mit bereits bestehenden Konzepten zur techni-<br />

schen Unterstützung bei Gruppenarbeit in Einklang gebracht werden.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 64<br />

Ein Konzept beschreibt dabei ein neues Steuerungssystem für CNC-Maschinen /14/,<br />

das mit seinen unterschiedlichen Funktionsmodulen den Arbeiter an der Maschine in<br />

seinen neuerlangten Umfeldaufgaben unterstützt. Bezüglich der Forderung nach<br />

ganzheitlichen Arbeitsinhalten sind dies die Module Auftragsvorbereitung, Produzie-<br />

ren, Programmieren, Prüfen, Wartung und Fehler/Diagnose, wie in Abbildung 18 er-<br />

sichtlich.<br />

Abbildung 18: Die Module der Steuerung2000<br />

Ein zweites Konzept beschreibt ein Inselinformationssystem /9/, das technisch-<br />

organisatorische Aspekte zur Auftragsdisposition berücksichtigt und in das die Ein-<br />

richteblattverwaltung als ein Modul integriert (Abbildung 19) werden sollte. Dieses<br />

Konzept steht als low cost Lösung in Konkurrenz zu konventionellen Leitstand- und<br />

PPS-Lösungen.<br />

Eine mögliche Technikunterstützung wie sie als abgestimmtes Gesamtkonzept mit<br />

Modulstruktur umgesetzt werden könnte zeigt dann Abbildung 20.<br />

Wobei man eigentlich schon bei der Konzeption des Soll-Zustandes der Einrichte-<br />

blattverwaltung wäre. Dieser wird im nächsten Kapitel beschrieben, der die Einbin-<br />

dung und Abstimmung der Einrichteblattverwaltung in den konzeptionellen Gesam-


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 65<br />

trahmen beschreibt. Wie bereits oben gezeigt besteht dieser Gesamtrahmen aus<br />

folgenden Rahmenbedingungen:<br />

− Konzept Computergestützter erfahrungsgeleiteter Arbeit (CeA) /6/<br />

− Konzept des CeA-Facharbeiter-Informationssystems (CeAFIS) /6/<br />

− Konzept der technischen Gestaltungsanforderungen (offene Systeme) /11/<br />

− Konzept für eine CNC-Steuerung (Steuerung2000) /14/<br />

− Konzept des Insel-Informationssystems (IIS) /9/<br />

Abbildung 19: Integration der Einrichteblattverwaltung in ein Insel-<br />

informationssystem<br />

5.2 Konzeptionsphase<br />

Eine EDV-gestützte Eingabe und Speicherung der in den Einrichteblättern enthalte-<br />

nen Informationen und Aufspannskizzen in die CNC-Steuerung der Maschinen am<br />

Arbeitsplatz war aufgrund der vorhandenen Steuerungssysteme nicht möglich. Dies<br />

war letztendlich Motivation dieser Diplomarbeit, mit der eine rechnergestützte Ein-<br />

richteblatterstellung und -verwaltung prototypisch realisiert, am Arbeitsplatz aufge-<br />

stellt und getestet werden sollte.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 66<br />

Konstruktion<br />

CAD<br />

Programmierung Prüfplanstelle<br />

WOP<br />

Werkstatt<br />

Koordinationsleitstand<br />

Programmierplatz Feinsteuerung<br />

CNC-Maschine<br />

WOP<br />

Maschinensteuerung<br />

mit Einrichteblattverwaltung<br />

CNC-Maschine<br />

WOP<br />

Maschinensteuerung<br />

mit Einrichteblattverwaltung<br />

LAN - Umgebung<br />

CNC-Maschine<br />

Steuerung 2000<br />

PPS<br />

Inselinformationssystem<br />

IIS<br />

WOP<br />

Maschinensteuerung<br />

mit Einrichteblattverwaltung<br />

Abbildung 20: Mögliche Technikunterstützung bei Gruppenarbeit in der Werkstatt<br />

Die Einrichteblattverwaltung ist ein Softwaresystem, das auf einem PC vor Ort die<br />

Erstellung, Verwaltung und das Drucken von Einrichteblättern unterstützt. Die Ein-<br />

richteblätter beinhalten bearbeitungsrelevante Informationen zum Auftrag, dessen


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 67<br />

Betriebsmitteln und dessen Bearbeitung. Dieses Softwaresystem verwaltet die Ein-<br />

richteblätter maschinenspezifisch und ist deshalb als persönliches System für den<br />

Facharbeiter zu sehen, in dem er seine bearbeitungsrelevanten Daten, Informatio-<br />

nen und Erfahrungen festhalten kann. Es sind vorwiegend (siehe Abbildung 27,<br />

Abbildung 28 und Abbildung 29)<br />

− Allgemeine Informationen zum Auftrag, zur Maschine, zu NC-Programmen und zu<br />

Materialien<br />

− Informationen zur Aufspannung (Spannmittel, Spannmaße, Werkzeugnullpunkte,<br />

Nullpunktsverschiebungen, usw.) und<br />

− Informationen zum Arbeitsplan (Werkzeuge, Arbeitsgänge, Unterprogramme, Be-<br />

merkungen, usw.)<br />

Neben alphanumerischen Informationen, die der Facharbeiter in freien Feldern über<br />

die Tastatur eingeben kann, können in der Einrichteblattverwaltung auch Bilder (z.B.<br />

Rüst-/Aufspannsituation) und natürlichsprachliche Informationen (z.B. verbaler Hin-<br />

weis beim Schichtwechsel von Müller zu Meier über zu beachtende Werkzeugverän-<br />

derungen) abgelegt und verwaltet werden, so daß es sich insgesamt um ein multi-<br />

mediales Softwaresystem handelt (siehe auch Abschnitt 5.3.3 in diesem Kapitel).<br />

5.2.1 Design<br />

Das Pflichtenheft enthält nach VDI/VDE-Richtlinienentwurf 3694 das Lastenheft. Das<br />

Lastenheft entspricht dabei den vom Anwender definierten Anforderungen an das<br />

Softwareprojekt. Im Falle dieser Diplomarbeit sind dies die folgenden grundlegenden<br />

Anforderungen:<br />

1. Die konventionellen Einrichteblätter sollen auf ein elektronisches Medium übertra-<br />

gen werden<br />

2. Bislang schon dokumentierte Informationen sollen miterfaßt werden können<br />

3. Eine Ausgabe der Einrichteblätter auf Papier muß möglich sein<br />

4. Möglichkeit zur Erfassung von Videobildern mit Nachbearbeitungsmöglichkeit soll<br />

geschaffen werden ohne die Einrichteblattverwaltung zu verlassen<br />

5. Möglichkeit zur Erfassung von Audio-Anmerkungen soll integriert werden<br />

Weitere Anforderungen wurden im Pflichtenheft an die Einrichteblattverwaltung ge-<br />

stellt. Es wurden allerdings nur die Anforderungen definiert, die sich in der zur Verfü-<br />

gung stehenden Projektlaufzeit realisieren liesen. Die Anforderungen die zur Weiter-<br />

entwicklung der Einrichteblattverwaltung gestellt werden, findet man in Kapitel 7.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 68<br />

1. Leichte Erlernbarkeit und Bedienerfreundlichkeit des Programms, sowie Anpas-<br />

sung an internationale Standards und Styleguides<br />

2. Vollständige Bedienung durch Maus und Tastatur auf einer graphischen Benut-<br />

zeroberfläche<br />

3. Software-ergonomische Gestaltung der Eingabemasken<br />

4. Unterstützung von Hypertext- und Hypermedia-Navigationsstrukturen<br />

5. Individualität der Datenhaltung, des Datenzugriffs und der Datenweitergabe<br />

6. Anpaßbare Bedienungsoberfläche für eventuelle Anpassung an andere Betriebs-<br />

bereiche oder Firmen<br />

Aufgrund der anfänglichen Unkenntnis über die wahren Anforderungen, die durch<br />

Mitarbeiter selbst an die Einrichteblattverwaltung gestellt wurden bedurfte es einer<br />

ständigen Überarbeitung der Programmplanung im Verlauf der Implementation. Die-<br />

se ist im Software Engineering aber ein durchaus gängiger und gewünschter Vor-<br />

gang. Durch die Methode des Rapid Prototyping konnten die wahren Anforderungen<br />

der Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt aufgenommen werden und in den Gestaltungs-<br />

prozeß einfließen. Dies soll an den vier unterschiedlichen Versionsprototypen - neu<br />

hinzugekommene Funktionen wurden kursiv markiert - näher erläutert werden bis<br />

letztendlich ein Lösungskonzept für die Programmstruktur der Einrichteblattverwal-<br />

tung festgeschrieben werden konnte, wie Abbildung 21 zeigt.<br />

Im ersten Versionsprotoypen wurde lediglich eine Umsetzung des konventionellen<br />

Karteikartensystems auf ein elektonisches Medium angestrebt. Diese rein DV-<br />

gestützte Lösung ermöglichte somit die Übertragung der bestehenden Informationen<br />

von den bestehenden konventionellen Einrichteblättern in das elektronische System.<br />

Standardfunktionen des Computers konnten genutzt werden um somit die Erstellung,<br />

Verwaltung und Archivierung der Informationen zu rationalisieren. Als großen Nutzen<br />

stellte sich schnell heraus, das die vorgesehenen Datenfelder für Textinformationen<br />

sich nicht nur für die Einrichtedaten eigneten, sondern mit der Einrichteblattverwal-<br />

tung auch ein Editor zur Verfügung stand mit dem zusätzlich Erfahrungswissen do-<br />

kumentiert werden konnte.<br />

Versionsprototyp 1.0: + Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Hauptprogramme als Karteikartensystem ohne<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Funktionalität: - Hauptprogramm Neu<br />

- Hauptprogramm Kopieren<br />

- Hauptprogramm Löschen


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 69<br />

Schnell kam jedoch die Anforderung, Daten aus dem NC-Programmiersystem in die<br />

Einrichteblattverwaltung zu übernehmen um die Arbeit bei der Erstellung weiter zu<br />

automatisieren. Dies sparte Zeit bei der Dokumentation ein (vergleiche Kapitel 6.1.).<br />

Nicht nur die Zeiteinsparung bei der Erstellung, sondern auch die Zeiteinsparung<br />

beim Rüstvorgang spielten eine Rolle weshalb das schnelle wiederfinden von Haupt-<br />

programmen mit dazugehörigen Unterprogrammen durch eine Suchfunktion erwei-<br />

tert wurde. Die erste multimediale Komponente lieferte den letzten Beitrag zur Rüst-<br />

zeiteinsparung. Durch die Möglichkeit mit einer Videokamera Bilder der Aufspannung<br />

zu erstellen, konnten sich die Mitarbeiter einen schnellen Überblick über die Rüstsi-<br />

tuation verschaffen und hatten weniger Probleme die Aufspannsituation zu rekon-<br />

struieren.<br />

Versionsprototyp 1.1: + Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Hauptprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Unterprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Funktionalität: - Haupt- und Unterprogramm Neu<br />

- Haupt- und Unterprogramm Kopieren<br />

- Haupt- und Unterprogramm Löschen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Suchen<br />

+ Multimedial: - Erstellen und Einrichten von Bildern<br />

manuell über die ScreenMachine-<br />

Software<br />

- Scrollen durch mehrere Ansichten<br />

Das manuelle erstellen und einrichten der Bilder mit der ScreenMachine-Software<br />

bereitete den Benutzern des Systems jedoch Probleme, weil nicht ausreichende<br />

Windowskenntnisse vorlagen. Mit dem im nächsten Versionsprotoypen entwickelten<br />

Videomodul konnten diese Schwierigkeiten beseitigt werden, weil das System der<br />

Einrichteblattverwaltung nicht mehr verlassen werden mußte und darüber hinaus<br />

durch dieses multimediale Zusatzmodul mehrere Bilder aus verschiedenen Perspek-<br />

tiven automatisch eingerichtet werden konnten.<br />

Versionsprototyp 1.2: + Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Hauptprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 70<br />

der NC-Unterprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Funktionalität: - Haupt- und Unterprogramm Neu<br />

- Haupt- und Unterprogramm Kopieren<br />

- Haupt- und Unterprogramm Löschen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Suchen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Weiter-<br />

suchen<br />

+ Multimedial: - Erstellen und Einrichten von Bildern<br />

automatisch über das Videomodul<br />

ScreenMachine-Regie<br />

- Scrollen durch mehrere Ansichten<br />

Durch die spielend einfach und schnelle Aufnahme der Bilder haben die Beteiligten<br />

sehr schnell gefallen an der Art und Weise zur Dokumentation der Rüstsituationen<br />

gefunden, da nicht mehr aufwendige Skizzen der Aufspannung auf Papier gemacht<br />

werden mußten. Da aber zu den Skizzen der Aufspannung auf Papier zusätzlich In-<br />

formationen eingetragen wurden, mußte diese Möglichkeit der Einbringung von Er-<br />

fahrungswissen durch eine Nachbearbeitung der Bilder auf dem Computer ermög-<br />

licht werden. Dies geschah über ein einfaches Zeichenprogramm mit der Möglich-<br />

keiten Text und Grafik im Bild editieren zu können. Die zusätzlichen eingebrachten<br />

Informationen waren von nun an auch durch den Zoom zu einer großen Darstellung<br />

der Rüstsituation jederzeit durch den Bediener aufrufbar.<br />

Versionsprototyp 1.3: + Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Hauptprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Unterprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Funktionalität: - Haupt- und Unterprogramm Neu<br />

- Haupt- und Unterprogramm Kopieren<br />

- Haupt- und Unterprogramm Löschen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Suchen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Weiter-<br />

suchen<br />

+ Multimedial: - Erstellen und Einrichten von Bildern<br />

automatisch über das Videomodul<br />

ScreenMachine-Regie


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 71<br />

- Scrollen durch mehrere Ansichten<br />

- Nachbearbeitung des großen Bildes<br />

einer Ansicht mit dem Zeichenmodul<br />

Windows-Paintbrush<br />

- Zoom zum einem großen Bild der<br />

Ansicht<br />

Im letzten Prototypen wurde eine Druckausgabe der in den Einrichteblättern enthal-<br />

tenen Informationen realisiert, um den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben mit Ih-<br />

ren Informationen mobil zu bleiben. Dies war z.B. für fertigungstechnische Gegeben-<br />

heiten nützlich, wenn ein Erfahrungsaustausch nicht direkt in der Werkstatt vonstat-<br />

ten ging, sondern z.B. im Meisterbüro oder in der Konstruktionsabteilung.<br />

Versionsprototyp 1.4: + Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Hauptprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Einrichteblätter zur Erstellung, Verwaltung, Archivierung<br />

der NC-Unterprogramme als Karteikartensystem mit<br />

Schnittstelle zum NC-Programmiersystem<br />

+ Funktionalität: - Haupt- und Unterprogramm Neu<br />

- Haupt- und Unterprogramm Kopieren<br />

- Haupt- und Unterprogramm Löschen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Suchen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Weiter-<br />

suchen<br />

- Haupt- und Unterprogramm Drucken<br />

+ Multimedial: - Erstellen und Einrichten von Bildern<br />

automatisch über das Videomodul<br />

ScreenMachine-Regie<br />

- Scrollen durch mehrere Ansichten<br />

- Nachbearbeitung des großen Bildes<br />

einer Ansicht mit dem Zeichenmodul<br />

Windows-Paintbrush<br />

- Zoom zum einem großen Bild der<br />

Ansicht<br />

- Sprachein- und -ausgabe mit dem<br />

Sprachmodul Windows-Klangrekorder


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 72<br />

Bedienungsoberfläche<br />

Programmsteuerung<br />

Editor Datenbank<br />

Verplichtungen<br />

- Datensatz einfügen<br />

- Datensatz ändern<br />

- Datensatz kopieren<br />

- Datensatz löschen<br />

- Datensatz laden<br />

- Datensatz speichern<br />

- Datensatz drucken<br />

Verplichtungen<br />

- Individualität der<br />

Datenhaltung des<br />

Datenzugriffs der<br />

Datenweitergabe<br />

Menüstruktur<br />

- Archivierung<br />

- Retrieval<br />

Abbildung 21: Lösungskonzept der Programmstruktur<br />

Verplichtungen<br />

- Ausgabeschnittstelle<br />

- Kommunikationsschnittstelle<br />

- Arbeitsmittel<br />

- Karteikartensystem mit<br />

Menüstruktur<br />

Verplichtungen<br />

- zentrale Steuerung<br />

des Programms<br />

- Fensterverwaltung<br />

- Navigation durch<br />

Hierarchiestruktur<br />

Schnittstelle<br />

Verplichtungen<br />

- Schnittstellen zu<br />

CIM-Bausteinen


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 73<br />

Begleitet wurde die Designphase durch die geeignete Auswahl einer Navigations-<br />

und Menüstruktur die sich auf vier Hierarchieebenen beschränkt wie in Abbildung 22<br />

deutlich wird.<br />

Abbildung 22: Die Navigation durch die vier Hierarchieebenen


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 74<br />

5.3 Implementationsphase<br />

Wie schon in Kapitel 4.2 beschrieben muß man die technischen Gestaltungsanforde-<br />

rungen und ergonomischen Gestaltungsgesichtspunkte bei der Entwicklung von DV-<br />

Komponenten berücksichtigen. Insbesondere muß der Programmsteuerung und der<br />

Benutzungsoberfläche (Menüsteuerung, Fenstertechnik, Funktion der Bildschirmo-<br />

berfläche, Mausbedienung, usw.) besondere Bedeutung zugemessen werden. Wei-<br />

tergehende Ansätze, die andere menschliche Sinne mit einbeziehen (Hören, Sehen,<br />

Sprechen, usw.) sind in diesem Multimedia-Konzept angedacht, aber leider im Pro-<br />

duktionsbereich bisher nur zu einem sehr geringen Teil realisiert, weil sie eine er-<br />

höhte Anforderung an die einzusetzende und auszuwählende Technik des DV-<br />

Systems stellen. Die grundsätzlichen Aufgaben von DV-Systemen beschränken sich<br />

für multimediale Systeme nicht nur auf die<br />

1. Textwiedergabe<br />

2. Grafikdarstellung und Animation<br />

3. Speicherung und Verwaltung der Daten auf Datenträgern<br />

4. Interaktion mit dem Benutzer<br />

5. Steuerung von Hardware oder auch Maschinen<br />

sondern auch auf neue Aufgaben wie<br />

1. Mischen von Text, Grafik und Animation, sowie Einbindung von digitalem oder<br />

analogem Video<br />

2. Hinterlegen von Audioinformationen<br />

Da also neue Anforderungen an die Hard- und Software gestellt werden, mußte eine<br />

gezielte Auswahl der verwendeten Arbeitsumgebung für die Programmerstellung<br />

(Autorensystem und Plattform), für die Medienauswahl (Text, Bild, Ton, Video, usw.)<br />

und die eingesetzten Techniken (Hypertext, Hypermedia, usw.) durchgeführt werden.<br />

5.3.1 Produktion<br />

Die für die Produktion der Einrichteblattverwaltung benötigte Produktionsplattform<br />

wurde nachhaltig durch die zu integrierenden Medien bestimmt. Bei der Medienaus-<br />

wahl kamen für die Einrichteblattverwaltung nur der Text, das Bild und der Ton in<br />

Frage. Die Anforderungen Bewegtbilder (digitales Video) in die Einrichteblätter zu<br />

integrieren wurde nicht gestellt, da auch komplexe Aufspannungen nur statische<br />

Rüstsituationen darstellen.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 75<br />

Im Hinblick auf die bislang schon erfaßten und dokumentierten Informationen im NC-<br />

Programmiersystem, das bereits auf einem IBM kompatiblen PC installiert war und<br />

der bestehenden Rechnerinfrastruktur im Hause Seifert, fiel die Entscheidung für die<br />

Produktionsplattform auf einen multimediafähigen PC, der den Mindestanforderun-<br />

gen der MPC-Spezifikation nach Level 1 genügte.<br />

Dieser PC umfaßte folgende Ausstattung:<br />

CPU • 80386DX-Prozessor mit 25 Mhz Taktfrequenz.<br />

Hauptspeicher • 8 MByte<br />

Grafikkarte • 16Bit VGA-Adapter mit 256 Farben bei einer Auflösung<br />

Schnittstellen • Seriell<br />

von 640x480<br />

• Parallel für Druckeranschluß<br />

• SCSI-Anschluß für Scanner<br />

Massenspeicher • 3,5"-Diskettenlaufwerk mit 1,44MByte Kapazität<br />

• SCSI-Festplatte mit 100MByte<br />

• CD-ROM/XA Laufwerk<br />

Eingabegeräte • 101-Tasten MF-Tastatur<br />

• Maus<br />

• Scanner<br />

• Videokamera mit S-VHS Standard für gute Bildqualität<br />

Ausgabegeräte • Bildschirm mit 14“ für Auflösung 640x480<br />

• Nadel- und Tintenstrahldrucker<br />

• Aktivboxen<br />

Multimedia-Peripherie • ScreenMachine als Framegrabberkarte<br />

• Soundkarte<br />

Tabelle 4: Plattform für die Produktion<br />

Durch die Schaffung von Schnittstellen zum NC-Programmiersystem konnten Infor-<br />

mationen, d.h. Text ohne weiteres in die elektronischen Einrichteblätter übernommen<br />

werden und bislang dokumentierte Informationen gingen somit nicht verloren.<br />

Die Möglichkeit zur Erfassung von Bildern mit einer Videokamera wurde über die<br />

ScreenMachine als Framegrabberkarte realisiert. Damit konnten Bilder über das Vi-<br />

deomodul der Einrichteblattverwaltung auf Festplatte abgespeichert werden, die<br />

dann für eine Nachbearbeitung (ergänzende Kommentare, Nulltpunkte, etc.) zur<br />

Verfügung standen, ohne die Einrichteblattverwaltung verlassen zu müssen.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 76<br />

Für die Ein- und Ausgabe von Ton wurde eine Soundblasterkarte eingesetzt, um<br />

über ein Mikrophon Audioanmerkungen in die Einrichteblätter integrieren zu können.<br />

Dies geht schneller als die Eingabe über Tastatur, die durch verschmutzte Hände<br />

sehr schnell in Mitleidenschaft gezogen wird.<br />

5.3.2 Programmierung<br />

Heutige Hardware braucht leistungsfähige Software zum Ausschöpfen aller Res-<br />

sourcen. Da der Steuerungsaufwand mit der Anzahl der Multimedia-Komponenten<br />

steigt, werden auch die Anforderungen an die Software größer. Es wird also eine<br />

Software gesucht, die eine Programmierung zur Verfügung stellt, die es auf einfache<br />

Weise ermöglicht, oben genannte Multimedia-Komponenten ins System zu integrie-<br />

ren.<br />

Softwareanforderungen für Programmiersysteme zum erstellen von Multimedia-<br />

Applikationen:<br />

− leichte Erlernbarkeit und Handhabung<br />

− einfache Schnittstellengestaltung<br />

− Datenbankanbindungsmöglichkeit<br />

− interaktiv und ereignisgesteuert (Software muß Trennung von Steuerung und<br />

Dialogablauf unterstützen)<br />

− Flexibilität bezüglich unterschiedlicher Anwendungsbereiche<br />

− objektorientierte Programmierung die von vornherein Objekt-Bibliotheken, Quell-<br />

dateien, Debugging-Tools und Treiber zur Verfügung stellt<br />

− Bereitstellung von Multimedia-Erweiterungen zur leichten Einbindung von Multi-<br />

media-Komponenten<br />

− Unterstützung graphischer Oberfläche mit Fenstersystemen und Mausbedienung<br />

− leichte und schnelle Aktualisierbarkeit<br />

− leichte Portierung auf andere Anwendungsarchitekturen<br />

− Unterstützung von Hypertextfunktionen<br />

− Unterstützung einer schnellen Prototypenerstellung (Rapid Prototyping) zur Ak-<br />

zeptanzprüfung des Programmes<br />

Mit der Entscheidung für das Autorensystem Multimedia Toolbook 1.52 stand ein<br />

Entwicklungswerkzeug zur Verfügung, das den oben genannten Anforderungen zum<br />

größten Teil gerecht werden konnte. Es wurde unter dem Fenstersystem Windows<br />

3.1 eingesetzt, welches als Aufsatz für das Betriebssystem DOS hinlänglich bekannt<br />

ist. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit Toolbook und seiner erwiesenen Eignung


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 77<br />

für den Prozeß des Rapid Prototyping konnten schnelle Aktualisierungsmöglichkei-<br />

ten genutzt und frühzeitige Evaluationen des Programms durchgeführt werden.<br />

Wichtig ist es zu erkennen, daß mit Hilfe von Toolbook die geforderten Integration<br />

der Medien Text, Bild und Ton auf einfachste Weise realisiert werden kann. Mit<br />

Toolbook war es auch möglich die Benutzungsoberfläche losgelöst von der Steue-<br />

rungs- bzw. Funktionsebene zu gestalten, was den Rapid Prototyping Prozeß zu-<br />

sätzlich unterstützt hat.<br />

An dieser Stelle soll allerdings angemerkt werden, daß auf eine ausführliche Be-<br />

schreibung der Arbeitsumgebung mit Toolbook verzichtet werden soll, da sie zum<br />

einen den Rahmen der Diplomarbeit sprengen würde, zum anderen in der Literatur<br />

/1/, /2/ ausführlich beschrieben ist und weil multimediale Lernprogramme für dieses<br />

Autorensystem für den PC zusätzlich vorhanden sind.<br />

5.3.3 Dokumentation<br />

Die Einrichteblattverwaltung ist als Arbeits- und Kommunikationsmittel direkt am Ar-<br />

beitsplatz, d.h. an der CNC-Maschine verfügbar, damit Informationen dort abgerufen<br />

werden können wo sie am dringendsten benötigt werden, am Ort der Wertschöp-<br />

fung: Der spanenden Fertigung. Damit unterscheidet sich die Einrichteblattverwal-<br />

tung als Modul des CeAFIS-Systems von traditionellen Softwaresystemen in der<br />

Hinsicht, das sie den Menschen nicht nur als unerwünschtes Anhängsel betrachtet,<br />

sondern die neueren Entwicklungen, die den Computer das werden lassen wozu er<br />

eigentlich gebraucht werden sollte - als Hilfsmittel und Werkzeug denkender und tä-<br />

tiger Menschen - unterstützt.<br />

Die Entwicklung der Einrichteblattverwaltung ging von der grundlegenden Option<br />

aus, durch frühzeitige Beteiligung den Beschäftigten Entscheidungen zuzugestehen,<br />

die den Arbeitsablauf und die Fragen wie eine Aufgabe zu lösen ist betreffen. Zum<br />

anderen sind die Beschäftigten an der entsprechenden Entscheidungsbefugnis be-<br />

teiligt worden, wo es um die Gestaltung und die Auswahl des Arbeitsmittels ging,<br />

insbesondere wenn es sich um Computer und die entsprechende Software handelte.<br />

Es waren die Mitarbeiter des Fertigungsbereiches Fräsen, die eine computerge-<br />

stützte Einrichteblatterstellung direkt an ihrem Arbeitsplatz forderten, die sie besser<br />

in ihrem Arbeitshandeln unterstützt. Diese Lösung ist gemeinsam erarbeitet worden<br />

und mit der Einrichteblattverwaltung steht von nun an ein Hilfsmittel zur Verfügung,<br />

das wie jedes Werkzeug ständig zur Verfügung stehen muß und gepflegt sein will.<br />

Vergleicht man die Einrichteblattverwaltung mit einem Hammer, so kann man auch


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 78<br />

mit einfachen Werkzeugen - klopft man sich z.B. mit dem Hammer auf den Finger -<br />

die zu erzielende Wirkung verfehlen, wenn das Werkzeug nicht richtig beherrscht<br />

wird. Im folgenden soll darum eine Programmbeschreibung der Einrichteblattver-<br />

waltung die Handhabung dieses Softwarewerkzeuges erleichtern.<br />

A. Artikelnummernkonzept<br />

Alle Artikel die in den Einrichteblättern verwaltet werden, haben Artikelnummern, die<br />

nach einem hauseigenen Identnummernsystem vergeben werden. Der Personal-<br />

ausweis eines Artikels, der Artikelstamm, wird bereits im PPS erfaßt. Mit der Festle-<br />

gung des 2-stelligen Charakterschlüssels eines Artikels werden generelle Merkmale<br />

gekennzeichnet, wie:<br />

− Einzelteil oder Baugruppe<br />

− Eigenfertigungsteil oder Kaufteil<br />

− Standardartikel oder Sonderartikel<br />

− gesperrter Artikel bzw. Änderung des Artikels steht an<br />

− konstruktive Bearbeitung noch nicht abgeschlossen<br />

Die ersten 6-7 Stellen einer Artikelnummer werden, sofern erforderlich, auch für die<br />

Arbeitsplan-, die Stücklisten-, die Zeichnungs- oder die NC-Hauptprogramm- bzw.<br />

NC-Unterprogrammnummer verwendet.<br />

Beispiel einer Artikelnummer:<br />

8 123 456/13<br />

1 123 456/13<br />

2 123 ...<br />

3 ...<br />

2-stelliger Charakterschlüssel<br />

Arbeitsplan-, Stücklisten-, Zeichnungs- und Hauptprogrammnummer<br />

8 steht für das Fertigungsverfahren 'Fräsen'<br />

Fortlaufende Unterprogrammnummer zu 8 123 456/13<br />

Mit Hilfe der Artikelnummer werden charakteristische Merkmale des Auftrages ver-<br />

mittelt. Entscheidender ist jedoch, daß sie mit der Arbeitsplan-, Stücklisten-, Zeich-<br />

nungs- und NC-Programmnummer identisch ist. Diese Durchgängigkeit ermöglicht


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 79<br />

ein schnelles Finden des entsprechenden Einrichteblattes und der dazugehörigen<br />

Informationen.<br />

B. Installation des Programms (Programmaufbau und Verzeichnisstruktur)<br />

Zur Installation der Einrichteblattverwaltung benötigt man zwei Disketten mit folgen-<br />

dem Inhalt:<br />

Installationsdiskette<br />

Programmdiskette<br />

Für die Installation des Programms müssen folgende Hard- und Softwarevorausset-<br />

zungen erfüllt sein:<br />

− IBM kompatibler 386PC<br />

− Bildschirmauflösung 640x480 mit 256 Farben<br />

− 4 Mbyte freier Festplattenplatz<br />

− Windows 3.x<br />

− ScreenMachine I als Framegrabberkarte mit Treibersoftware<br />

− Soundkarte mit Treibersoftware<br />

Von der DOS-Kommandozeile startet man die Datei install.bat mit der Angabe des<br />

Windows-Verzeichnis als Parameter:<br />

Das Installationsprogramm kopiert die Runtime-Version von Toolbook


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 80<br />

in das angegebene Windows-Verzeichnis und startet die benutzergeführte Installati-<br />

on (instebl.tbk) der Einrichteblattverwaltung unter Windows (siehe Abbildung 23).<br />

Abbildung 23: Benutzergeführtes Installationsprogramm


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 81<br />

Die Einrichteblattverwaltung kann in einem frei wählbaren Verzeichnis auf der Fest-<br />

platte installiert werden. Dabei wird folgende Verzeichnisstruktur angelegt<br />

und Änderungen an der Datei win.ini vorgenommen<br />

[extensions]<br />

tbk=tbook.exe^.tbk<br />

[fonts]<br />

TBKWidgets 12,24 (VGA Res)=TBKMMWID.FON<br />

Im hier gewählten Beispielverzeichnis ebl werden die Programmdateien<br />

abgelegt, die zur Ausführung der Einrichteblattverwaltung notwendig sind. Im Ver-<br />

zeichnis anmerk werden sprachliche Annotationen abgespeichert und im Verzeichnis<br />

bilder die für jede Einrichteblatt aufgenommenen Rüstsituationen der zu fertigenden<br />

Teile. Mit der Datei tbkmmwid.fon wird eine neue Schriftart im System installiert, die<br />

für bestimmte Sonderzeichen (z.B. ) notwendig ist.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 82<br />

Nachdem die Programmdateien auf die Festplatte kopiert wurden legt das Installati-<br />

onsprogramm noch eine neue Programmgruppe mit einem Icon für die Einrichte-<br />

blattverwaltung an. Die Installation ist beendet und Windows muß neu gestartet wer-<br />

den, damit die Änderungen am System wirksam werden.<br />

C. Programmbeschreibung<br />

Durch Doppelklick auf das Programmicon startet man die<br />

Einrichteblattverwaltung und gelangt in den Eröffnungsbildschirm<br />

(siehe Abbildung 24)<br />

Das System überprüft beim Laden im Rechner die benötigten Optionen und erkennt<br />

automatisch, ob Hardware fehlt - ScreenMachine z.B. nicht vorhanden - oder Pro-<br />

gramm- bzw. Systemdateien fehlen. Es werden entsprechende Hinweise und Hilfe-<br />

stellungen gegeben, wie man diese Fehler beheben kann um das System dennoch<br />

in den Ausgangszustand zu bringen.<br />

Abbildung 24: Der Eröffnungsbildschirm der Einrichteblattverwaltung<br />

Im Eröffnungsbildschirm hat man die Möglichkeit über die entsprechenden Schaltflä-<br />

chen das Fertigungsverfahren auszuwählen, um zur Maschinenauswahl (Fräs-,


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 83<br />

Dreh-, Schleif- bzw. Biegemaschinen) zu gelangen (siehe Abbildung 25). Exempla-<br />

risch soll das für das Fertigungsverfahren Fräsen gezeigt werden, das auch als ein-<br />

zigstes Verfahren in diesem Prototypen hinterlegt ist.<br />

Arbeitsorganisatorisch sind die vier dargestellten Fräsmaschinen zu einer Ferti-<br />

gungsinsel zusammengefaßt. Jeder Maschine ist ein Maschinenbediener zugeord-<br />

net, wobei die Grenzen hier fließen, weil jeder Mitarbeiter jede Maschine bedienen<br />

kann. Durch die Mitarbeiter und deren informellen Kontakten und Absprachen ge-<br />

schieht die Feindisposition der Aufträge, in der aktuelle Zustand - Rüstzustand, Stö-<br />

rung , Reparatur- oder Wartungsarbeiten - der Maschine eine entscheidende Rolle<br />

spielt. Die Mitarbeiter nehmen diese Informationen mit in ihre Feindispositionsaufga-<br />

ben mit auf und können wenn nötig die Maschinen wechseln, weil sie ihre Teile auf<br />

jeder Maschine komplett fertigen können. Um zuzüglich den Rüstaufwand abschät-<br />

zen zu können bedienen sie sich der Einrichteblätter in denen der Rüstzustand aus-<br />

führlich dokumentiert ist.<br />

Abbildung 25: Die Maschinenauswahl der Einrichteblattverwaltung


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 84<br />

Abbildung 26: Liste der verfügbaren Einrichteblätter an einer Maschine<br />

Es bieten sich nun zwei Möglichkeiten an aus dem Auswahlmenü für die Maschinen<br />

ein Einrichteblatt zu finden. Erstens kann man eine Maschine über die entsprechen-<br />

de Schaltfläche selektieren und bekommt die komplette Liste der verfügbaren Ein-<br />

richteblätter angezeigt (siehe Abbildung 26).<br />

Zweitens kann man über die Funktion Suchen mit Hilfe der Artikelnummer, der Be-<br />

zeichnung oder des Erstellungsdatums ein Einrichteblatt suchen und über die Funk-<br />

tion Weitersuchen einen weiteren Suchlauf starten, wenn ein Einrichteblatt an Ma-<br />

schine 1 gefunden wurde, aber das entsprechende Bauteil auf Maschine 3 gefertigt<br />

werden soll. Ein Einrichteblatt kann also in den Listen für jede Maschine eingetragen<br />

sein und durch den weiteren Suchlauf wählt man sich die Maschine aus an der ge-<br />

fertigt wird.<br />

Die Aufgabe der Einrichteblattverwaltung beschränkt sich nicht nur auf das Wieder-<br />

finden von Einrichteblättern, sondern stellt eine standardisierte Vorgehensweise dar,<br />

um neue Einrichteblätter mit vielen nützlichen Informationen zu erstellen. Die Vorteile<br />

einer standardisierten Vorgehensweise liegen auf der Hand:<br />

− geringer Zeitaufwand um ein Einrichteblatt zuzüglich Bildern zu erstellen<br />

− qualitativ gleichbleibende Dokumentation


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 85<br />

− wichtige Zusatzinformationen stehen zur Verfügung<br />

− ansprechendere Papierversion durch Laserausdruck im Vergleich zu vorher<br />

− gleichzeitige Dokumentation von Erfahrungswissen zu den Rüstinformationen<br />

Mit der Funktion Neu können neue Einrichteblätter angelegt werden. Dazu muß eine<br />

eindeutige Artikelnummer nach dem Identnummernsystem vergeben werden. Das<br />

System legt vorab eingestellte Informationen - Datum, Ersteller, Abteilung - an und<br />

generiert aus der Artikelnummer die entsprechenden Zeichnungs-, Arbeitsplan-,<br />

Stücklisten- und NC-Programmnummern.<br />

Die Einrichteblätter sind als Karteikartensystem organisiert. Der Maschinenbediener<br />

hat die Möglichkeit auf der Karte A: Allgemeines (Abbildung 27) Informationen zum<br />

Werkstück hinzuzufügen, auf der Karte B: Aufspannung (Abbildung 28) Informatio-<br />

nen zur Rüstsituation eintragen und er kann sich auf Karte C: Arbeitsplan (Abbildung<br />

29) den notwendigen Arbeitsplan zusammenstellen.<br />

Abbildung 27: Karteikarte Allgemeines


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 86<br />

Abbildung 28: Karteikarte Aufspannung<br />

Abbildung 29: Karteikarte Arbeitsplan


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 87<br />

Durch die Gegebenheit bei der Firma Seifert mit Unterprogrammen Variationen der<br />

Teile zu den Hauptprogrammen fräsen zu können, mußte eine Unterprogrammver-<br />

waltung mit an die Verwaltung der Hauptprogramme angehängt werden (siehe<br />

Abbildung 30).<br />

Abbildung 30: Die angehängte Unterprogrammverwaltung<br />

Die Unterprogrammnummern generieren sich dabei aus der Hauptprogrammnum-<br />

mer, indem die erste Stelle der Hauptprogrammnummer (8 123 456) durch eine<br />

fortlaufende Numerierung ersetzt wird (1 123 456, 2 123 456, ...). In der Liste auf<br />

Karte A: Allgemeines sind alle verfügbaren Un-<br />

terprogramme aufgelistet und können über die-<br />

ses Feld aufgerufen werden. Soll ein neues Un-<br />

terprogramm angelegt werden, so muß der<br />

Menüpunkt Unterprogramm hinzufügen aus der<br />

Menüleiste Bild ausgewählt werden.<br />

An dieser Stelle soll noch näher auf die einzel-<br />

nen Menüpunkte und Schaltflächen eingegangen werden, die für eine multimediale<br />

Nutzung der Einrichteblattverwaltung unerläßlich sind.<br />

Durch den Menüpunkt Info aus dem Menü Ebl erhält man Informationen zur Ein-<br />

richteblattverwaltung.<br />

Über die Menüleiste Bild kann der Facharbeiter Bilder zu den Einrichteblättern hin-<br />

zufügen. Möglichkeiten zum Einrichten von Bildern sind allerdings nur auf den Karten<br />

A für Bilder vom Werkstück bzw. auf Karte B für Bilder von der Aufspannsituation<br />

gegeben. Für die Menüpunkte zum Menü Bild gelten folgende Konventionen:


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 88<br />

Bilder einrichten: Kann nur ausgewählt werden, wenn noch kein Bild<br />

eingerichtet ist. Über das Videomodul (Abbildung 33)<br />

können maximal 9 Bilder pro Karte eingerichtet werden.<br />

Bilder anzeigen: Über diesen Menüpunkt wird ein Dialogfenster angezeigt,<br />

das die Dateinamen und das Verzeichnis enthält unter<br />

dem die Bilder abgespeichert sind.<br />

Bilder löschen: Es können nur alle Bilder gleichzeitig gelöscht werden<br />

Bild nachbearbeiten: Mit dem Windows-Programm Paintbrush (Abbildung 31)<br />

können Bilder nachbearbeitet werden. Zusätzliche<br />

Informationen wie Text, Grafik, usw. können somit in das<br />

Bild integriert werden.<br />

Bild hinzufügen: Wenn die maximale Anzahl von 9 Bildern noch nicht über-<br />

schritten ist kann, können über das Videomodul<br />

(Abbildung 33) zusätzlich Bilder eingerichtet werden.<br />

Bild ändern: Das im Scrollfenster durch die Thumbnail Darstellung<br />

angezeigte Bild kann über das Videomodul<br />

(Abbildung 33) geändert werden.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 89<br />

Abbildung 31: Nachbearbeitung von Bildern über Paintbrush<br />

Um die Bilder über das Videomodul in das System aufzunehmen, nutzen die Fach-<br />

arbeiter eine Kamera, mit der sie beispielsweise eine komplexe Aufspannsituation<br />

fotografieren oder filmen (siehe Abbildung 32).<br />

Im Videomodul werden verschiedenste Funktionalitäten zur Quelleneinstellung und<br />

Nachregulierung der Bildqualität geboten. Über die Funktion Klick wird, wie bei ei-<br />

nem Fotoapparat, ein Bild gemacht und automatisch im Scrollfeld der entsprechen-<br />

den Karteikarte eingerichtet.


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 90<br />

Abbildung 32: Fotografieren oder Filmen der Aufspannsituation<br />

Abbildung 33: Das Videomodul der Einrichteblattverwaltung


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 91<br />

Es wird empfohlen die Werkstücke oder Aufspannsitua-<br />

tionen aus unterschiedlichsten Perspektiven zu filmen,<br />

um sich mit dem Scrollbar einen schnellen Überblick<br />

über die Gesamtsituation zu verschaffen. In den<br />

Thumbnails des Scrollfeldes sind die Informationen, die<br />

durch eine Bildnachbearbeitung hinzugefügt worden<br />

sind, nicht vorhanden. Über die Schaltfläche kann<br />

das aktuelle Thumbnail auf die gesamte Bildschirmgröße gezoomt werden, um die<br />

zusätzlichen Informationen lesen zu können (siehe Abbildung 31).<br />

Sprachliche Annotationen können über die Schaltfläche hinzugefügt werden,<br />

welche das Windows-Programm Klangrecorder (Abbildung 34) startet.<br />

Abbildung 34: Aufnahme von sprachlichen Annotationen<br />

Letztendlich stehen in der Einrichteblattverwaltung auch die Funktionen zur Verfü-<br />

gung, die den Computer so effizient machen, weil er die Routineaufgaben über-<br />

nimmt:


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 92<br />

Abbildung 35: Auszug aus einem Einrichteblatt


DIE <strong>EINRICHTEBLATTVERWALTUNG</strong> 93<br />

... erstellt ein neues Einrichteblatt<br />

... kopiert das aktuelle Einrichteblatt<br />

... löscht das aktuelle vorhandenes Einrichteblatt<br />

... sucht nach einem vorhandenen Einrichteblatt<br />

... druckt das aktuelle Einrichteblatt<br />

Am Ende stand also doch das Medium Papier, als eine der wesentlichsten Anforde-<br />

rungen, die durch die Mitarbeiter im Software-Entwicklungsprozeß an die Einrichte-<br />

blattverwaltung gestellt wurden. Mit dem Ausdruck eines Einrichteblattes gemäß<br />

Abbildung 35 ist nunmehr auch der letzte Schritt für die Handhabung des computer-<br />

gestützten, erfahrungsgeleiteten Softwarewerkzeuges beschrieben, der nur noch die<br />

Integration der eingerichteten Bilder vermissen läßt.


BEWERTUNG 94<br />

6 Bewertung<br />

Die betriebswirtschaftliche Behandlung bereichsübergreifender Informationsstruktu-<br />

ren verlangt nach einer integrierten Betrachtung von Kosten und Leistungswirkun-<br />

gen. Die einseitig kostenorientierte Betrachtung birgt die Gefahr in sich, daß Auf-<br />

wendungen pauschal als zu minimierende Größe angesehen werden. Eine leistungs-<br />

bzw. nutzenorientierte Betrachtung hat dagegen nach dem Beitrag von Investitionen<br />

zum Unternehmenserfolg zu fragen. Für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit bzw.<br />

Wirtschaftlichkeit sowohl technischer wie auch organisatorischer Gestaltungsalterna-<br />

tiven der Informationskette erscheinen zwei Beurteilungsdimensionen von zentraler<br />

Bedeutung:<br />

− Zum einen der Leistungs- bzw. Nutzenbeitrag der Maßnahme (Effektivitätsaspekt)<br />

zu den jeweiligen Unternehmenszielen wie beispielsweise der Flexibilität, die Ver-<br />

kürzung der Rüstzeiten usw.<br />

− Zum anderen die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes betrieblicher Ressourcen<br />

(Effizienzaspekt)<br />

Da Maßnahmen, die auf die Verbesserung der Effizienz ausgerichtet sind, nicht not-<br />

wendigerweise einen Einfluß auf die Effektivität eines Unternehmens besitzen und<br />

umgekehrt ist zunächst der Nutzenbeitrag zu prüfen. Erst im Anschluß daran steht<br />

die Frage der Wirtschaftlichkeit einer sowohl in zeitlicher wie qualitativer Hinsicht ad-<br />

äquaten Bereitstellung von Produktionsinformationen zur Durchführung der einzel-<br />

nen Tätigkeiten. Im Hinblick auf eine bereichsübergreifende Betrachtungsweise der<br />

Gestaltungswirkungen sind hierbei insbesondere Kosten der Informationsbeschaf-<br />

fung, -übertragung, des Einarbeitens bzw. Eindenkens in einen Vorgang, der Koordi-<br />

nation, der Kontrolle sowie der Bereitstellung von Kapazitäten zu berücksichtigen. Es<br />

gilt also zu überlegen, wieviel Aufwand eine Facharbeiterin oder ein Facharbeiter<br />

betreiben muß, um fehlende Informationen zu erhalten. Bei der Bestimmung des<br />

effizienten Ressourceneinsatzes steht an erster Stelle die Überlegung: Was ist zu<br />

tun, damit die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind?


BEWERTUNG 95<br />

6.1 Wirtschaftlichkeit<br />

Die effiziente Erstellung und Verwaltung von Einrichteblättern ist angesichts des vor-<br />

handenen hohen Anteils an Wiederhol- und Variantenteilen wirtschaftlich notwendig.<br />

Dies gilt insbesondere für Werkstücke, deren Bearbeitung einer komplexen Auf-<br />

spannung bedarf. Dabei ist dann der Aufwand für das Erstellen, Archivieren und Su-<br />

chen von Einrichteblättern geringer als das erneute Entwickeln einer praktikablen<br />

Aufspannlösung. Als Investitionsalternativen können drei unterschiedliche technische<br />

Optionen der Einrichteblattverwaltung unterschieden werden:<br />

1. Hängeregistersystem (A1)<br />

2. Herkömmliche computergestützte Archivierung (A2)<br />

3. Multimediale computergestützte Archivierung (A3)<br />

A1<br />

Hängeregister<br />

A2<br />

DV-gestützte Lösung<br />

A3<br />

Multimedia-Lösung<br />

Kosten • ca. 500DM • ca. 3000DM • ca. 10.000DM<br />

Nutzen • systematische Ver-<br />

waltung von Einrich-<br />

teblättern<br />

• erleichtert ein ein-<br />

heitliches und kom-<br />

plettes Ausfüllen der<br />

Einrichteblätter<br />

• gute Lesbarkeit der<br />

Arbeitsergebnisse<br />

• schnelle Zugriffs-<br />

möglichkeiten bei<br />

großen Datenmen-<br />

gen<br />

Tabelle 5: Kosten und Nutzen der Einrichteblattverwaltung<br />

• bei komplexen<br />

Spannaufgaben<br />

• schnelleres Erstellen<br />

der Einrichteblätter<br />

• Kombination aus<br />

Text, Sprache und<br />

Bildern bietet quali-<br />

tativaussagekräftige- re Dokumente<br />

• Reduzierung von<br />

Einrichtezeiten infol-<br />

ge aussagekräftiger<br />

Einrichteblätter<br />

Tabelle 5 zeigt, daß diese Investitionsalternativen mit unterschiedlichen Kosten, aber<br />

auch mit verschiedenen Nutzenpotentialen verbunden sind. Eine konventionelle<br />

Hängeregisterablage (A1) ist bezüglich der Anschaffungs- und Unterhaltungskosten<br />

mit Abstand die kostengünstigste Option. Sie kann im Prinzip eine systematische<br />

Erstellung und Verwaltung der Einrichteblätter gewährleisten. Nachteilig hat sich bei<br />

dieser Lösung gezeigt, daß die handschriftlich erstellten Unterlagen oft schlecht les-<br />

bar und unvollständig waren. Zudem verzichteten einige Mitarbeiter wegen des damit


BEWERTUNG 96<br />

verbundenen Aufwandes - ca. 30 - 40 Minuten pro Aufspannung - nicht selten ganz<br />

auf die Erstellung von Einrichteblättern. In Verbindung mit einem Einrichteblattfor-<br />

mular und dem Appell einer konsequenten, gut lesbaren und vollständigen Anferti-<br />

gung von Einrichteblättern könnten diese Schwachpunkte aber ausgeglichen wer-<br />

den.<br />

Eine herkömmliche DV-Unterstützung bei der Erstellung und Archivierung der Ein-<br />

richteblätter (A2) verbessert die Lesbarkeit der Unterlagen gegenüber den hand-<br />

schriftlich erstellten Einrichteblättern in Alternative A1. Darüber hinaus verspricht die<br />

Verwendung von Eingabemasken eine standardisierte und vermutlich auch vollstän-<br />

dige Dokumentation aller relevanten Informationen. Bei großen Datenmengen ge-<br />

währleistet der Rechnereinsatz zudem die Reduzierung des Suchaufwandes bei<br />

Wiederhol- oder Variantenaufträgen. Eine nennenswerte Veränderung des Erstel-<br />

lungsaufwandes ist gegenüber der konventionellen Lösung (A1) allerdings nicht zu<br />

erwarten.<br />

Der Vorteil der Multimedia-Lösung (A3) ergibt sich insbesondere bei komplexen<br />

Spannaufgaben. Hier kann die Kombination aus Text, Sprache und Bildern den Auf-<br />

wand - ca. 10-15 Minuten pro Aufspannung - für das Erstellen der Einrichtblätter er-<br />

heblich reduzieren. Darüber hinaus bietet diese Option qualitativ aussagekräftigere<br />

Dokumente als die beiden anderen Alternativen (A1 und A2).<br />

6.2 Erfahrungswissen<br />

Während der Bearbeitung von Fertigungsaufträgen erwerben die Facharbeiterinnen<br />

und Facharbeiter ein auftragsspezifisches Erfahrungswissen. Dieses Erfahrungswis-<br />

sen wird in den Einrichteblättern dokumentiert. Es werden Hinweise zu den Auf-<br />

spannungen, Werkzeugen, Programmen, zum Vorgehen und besonders zu beach-<br />

tenden Bearbeitungsschritten gegeben. Die anderen Gruppenmitglieder können zu<br />

einem späteren Zeitpunkt von den dokumentierten Erfahrungen partizipieren und sie<br />

in ihrer Dispositionsentscheidung und Bearbeitungsstrategie berücksichtigen. Sowohl<br />

die Erstellung als auch der Zugang zu den tätigkeitsrelevanten Daten ist individuell.<br />

Besondere Anforderungen sind für die Erstellung kollektiv genutzter Unterlagen vor-<br />

handen.<br />

Die Einrichteblattverwaltung als Medium unterstützt den Zugriff und den Transfer<br />

auftragsbezogener technologischer Informationen. Gefördert wird der Informations-<br />

zugang durch die Kooperation zwischen den Facharbeitern.


BEWERTUNG 97<br />

Angesichts des im Unternehmen Seifert vorhandenen hohen Anteils an Wiederhol-<br />

und Variantenteilen erweist sich eine systematische Verwaltung von Einrichteblättern<br />

aus erfahrungsgeleiteten und wirtschaftlichen Gesichtspunkten als notwendig. Zum<br />

einen reduziert die Möglichkeit, bei Wiederholaufträgen auf bereits vorhandene Ein-<br />

richteblätter zurückgreifen zu können, generell die Einrichtezeiten. Eine gut lesbare<br />

und vollständige Dokumentation aller Informationen sowie eine systematische Ver-<br />

waltung vorhandener Einrichteblätter trägt darüber hinaus zur Reduzierung von Ein-<br />

richte- und damit auch Maschinenstillstandszeiten bei. Dies gilt insbesondere für sol-<br />

che Werkstücke, deren Bearbeitung einer komplexen Aufspannung bedarf. In sol-<br />

chen Fällen ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, daß der Aufwand für Erstellen<br />

und Wiederfinden der Einrichteblätter geringer ist als das Entwickeln einer prakti-<br />

kablen Lösung.<br />

Der zur textlichen Dokumentation entsprechender Einrichteinformationen ergänzen-<br />

de Einsatz einer Videokamera erwies sich insbesondere bei sehr zeitaufwendigen<br />

und komplexen Spannaufgaben als zweckmäßig. Im Unternehmen ist die quantitati-<br />

ve Bedeutung solcher Spannsituationen allerdings sehr gering. Der Großteil der<br />

Werkstückaufspannungen erfolgt mit Hilfe eines Spannstocks, so daß dies kein Pro-<br />

blem bei der textlichen Dokumentation im Einrichteblatt darstellen. Lediglich 5% aller<br />

Aufträge erfüllen die Bedingungen einer wirtschaftlichen, bildlichen Dokumentation<br />

der Aufspannsituationen, d.h. sehr komplexe Aufspannung und Wiederholteilferti-<br />

gung.<br />

Aufgrund der vorliegenden Erfahrungen und der Bedeutung von Einrichteblättern, in<br />

denen technologische Erfahrungswissen dokumentiert wird, ist auch eine Erstellung<br />

für Aufträge und Dispositionsentscheidungen sinnvoll, die an einer konventionellen<br />

Maschine gefertigt werden.<br />

6.3 Mitarbeiterpartizipation<br />

Die Denkweise und das Verhalten der Facharbeiter, die am Rapid Prototyping Pro-<br />

zeß direkt beteiligt waren, hat sich insofern geändert, daß diese Facharbeiter ein an-<br />

deres Wertgefühl bekommen haben. Durch die Beteiligung haben sie gemerkt, daß<br />

sie genauso wichtig für den betrieblichen Ablauf sind wie Konstrukteure oder Abtei-<br />

lungsleiter. Sie haben festgestellt, daß sie über ein enormes dispositives und techni-<br />

sches Erfahrungswissen verfügen und daß andere Personen aus dem Betrieb dieses<br />

Potential brauchen und anzapfen können. Die Facharbeiter haben durch verbesserte<br />

Organisationsformen, durch ihr einbeziehen in die Organisation der Werkstatt einen<br />

erweiterten Überblick über die Gesamtstruktur des Betriebs erhalten. Durch das


BEWERTUNG 98<br />

Übertragen von dispositiven Aufgaben und planerisches Vorrausdenken ist die Arbeit<br />

für die beteiligten Facharbeiter vielseitiger und interessanter geworden und durch<br />

mehr Verantwortungsübernahme und emotionales Engagement, sowie Rückmel-<br />

dungen aus dem Betrieb an die Facharbeiter konnte das Kostendenken verstärkt<br />

werden. Somit ist das Verständnis für Termindruck und Kundensonderwünsche ge-<br />

wachsen und die gesamte Einstellung zur Arbeit ist positiver geworden.


ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 99<br />

7 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Beschreibung der DV-Funktionalitäten des Facharbeiter-Informationssystems<br />

CeAFIS ist Ausgangspunkt für einen Technikentwicklungsprozeß dessen wesentli-<br />

che Anforderungen die Modularität und Offenheit des Gesamtsystems sind und von<br />

jedem Anwender einen schrittweise zu leistenden Aneignungsprozeß fordern, der es<br />

erlaubt, Erfahrungen darüber zu sammeln, wo das Optimum zwischen direkten und<br />

DV-Informationen liegt. Das hier als organisatorisch-technisches Konzept vorge-<br />

stellte CeAFIS hat seinen Nutzen dann unter Beweis gestellt, wenn sich schließlich<br />

neue Arbeitsformen einstellen, die innerhalb einer CIM-Struktur eines Unternehmens<br />

die Bildung und Nutzung von Erfahrungswissen in jedem Fall unterstützen und för-<br />

dern. Wesentlich für erfahrungsgeleitete Arbeit im CIM-Umfeld ist eine kooperative<br />

Zusammenarbeit der verschiedenen Betriebsbereiche, insbesondere auch eine di-<br />

rekte, nicht über Planungshierarchien unterbrochene Kooperation der Beschäftigten<br />

entlang der Wertschöpfungskette. Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung auch der<br />

nicht DV-technischen Informationsressourcen. CeAFIS und speziell die Einrichte-<br />

blattverwaltung als ein Modul bieten neue Ansätze auch zu computer supported co-<br />

operative work (siehe CSCW in Abbildung 36) und low cost DV, um nur zwei der<br />

derzeit in der Praxis in Verbindung mit erfolgreichem Computereinsatz diskutierte<br />

Schlagworte zu nennen.<br />

Der probeweise Einsatz des Einrichtemoduls von CeAFIS hat gezeigt, daß die Fach-<br />

arbeiter bei guter Unterstützung durch angepaßte Funktionen, Funktionalitäten und<br />

ansprechenden Benutzungsoberflächen, DV-technische Hilfsmittel in ihre Arbeit ein-<br />

beziehen und nutzen. In kürzester Zeit waren die Facharbeiterinnen und Facharbei-<br />

ter sehr motiviert im Umgang mit dem Einrichteblattmodul, obwohl im Prototyp nicht<br />

alle Anforderungen abgedeckt werden konnten. Noch immer war die Möglichkeit zum<br />

Ausdrucken sehr wichtig. In der Erprobungsphase konnte nicht festgestellt werden,<br />

daß konventionelle, bekannte Informationsmedien durch neue elektronische Medien<br />

vollständig ersetzt wurden. Allerdings hat sich gezeigt, daß sich beide sehr wohl<br />

sinnvoll ergänzen können.<br />

Das Erstellen der Einrichteblätter erfolgt anhand einer Eingabemaske, in der die<br />

meisten wichtigen Punkte erfaßt werden. So werden mit Text Nullpunktlage und


ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 100<br />

Spannmittel usw. aufgezeichnet. Auch Besonderheiten kann man so verhaften und<br />

festhalten.<br />

Abbildung 36: Kooperatives Organisationskonzept<br />

Beim Erstellen der Einrichteskizzen gab es die Möglichkeit, in Kopien von Original-<br />

zeichnungen mit farbigen Stiften etwas einzutragen, z.B. wie die Spanneisen liegen<br />

sollen. Dieses Vorgehen war jedoch aufwendig und wurde aus diesem Grunde weg-<br />

gelassen, zumal diese Skizzen nach mehrmaliger Benutzung in ihrer Qualität sehr<br />

litten und man außerdem fest an die Zeichnungsebenen der Konstruktion gebunden<br />

war.<br />

Die zweite Möglichkeit waren von Hand hergestellte Skizzen auf der Rückseite der<br />

Einrichteblätter. Der Zeitaufwand, eine aussagekräftige Skizze zu erstellen, war<br />

hoch. So wurde oft nur eine Skizze angefertigt, obwohl mehrere sinnvoll gewesen<br />

wären. Um diese beiden Möglichkeiten zu erweitern, wurde eine visuelle Aufnah-<br />

memöglichkeit in das Einrichteblatt integriert. Damit ist es möglich, das Rohteil, die<br />

Spannsituation und die Besonderheiten bei der Bearbeitung zu erfassen.<br />

Mit einer Videokamera werden die fertigungstechnisch wichtigen Situationen aufge-<br />

nommen. Die Fertigungsmomente, die dem Facharbeiter wichtig sind, werden an-<br />

schließend ins Einrichteblatt eingebunden. Die Nachbearbeitung dieser Bilder mit<br />

ergänzenden Kommentaren, Nullpunktlagen usw. sind in diesem Modul integriert


ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 101<br />

und einfach zu handhaben. Von dieser Möglichkeit wird bei Bedarf rege Gebrauch<br />

gemacht, da der Zeitaufwand, ein Einrichteblatt zu erstellen, relativ gering ist.<br />

Die akustische Ergänzung der Videobilder durch Zusatzinformationen, wurde durch<br />

die Facharbeiter nicht weiter genutzt und bei den Einrichteblättern für die spanende<br />

Bearbeitung als nicht notwendig angesehen.<br />

In einem weiteren Schritt sind die Videoaufnahmen den Mitarbeitern auch für die<br />

Auftrags- und Reihenfolgeplanung zur Verfügung gestellt worden. Anhand der Arti-<br />

kelnummer kann jederzeit das Videobild ausgegeben werden und eine Einordnung<br />

der Aufträge wird so schnell und ohne großen Aufwand ermöglicht. Hier trifft das<br />

Sprichwort zu: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.<br />

Durch das positive Ergebnis der Einrichteblattverwaltung als Mutlimediaanwendung<br />

im Fertigungsbereich, wurde dieses System auch im Montagebereich versuchsweise<br />

eingesetzt. Dort stellte sich aber sehr rasch heraus, daß mit Momentaufnahmen die<br />

Anforderungen der Montagebereiche nicht ausreichend befriedigt werden können.<br />

Eine Forderung aus diesem Bereich ist es, längere Videoabschnitte speichern und<br />

wiedergeben zu können. Hier wird auch der akustischen Ergänzung von Bildern mit<br />

Ton eine größere Rolle zugeordnet.<br />

Als wichtigstes Ergebnis dieser Diplomarbeit bleibt jedoch festzuhalten, daß in die-<br />

sen Bereichen noch größere Anwendungsgebiete vorhanden sind, die Anforderun-<br />

gen an Hard- und Software aber um einiges höher liegen (Verbesserung der Bild-<br />

qualität, Bereitstellung der Information über Netzwerke und Einbettung in ein umfas-<br />

sendes Werkstattinformationssystem) und zusätzliche Anforderungen an die Mitar-<br />

beiter gestellt werden (richtige Beleuchtung zur Erstellung von Videomaterial, Wei-<br />

tergabe von Fertigungserfahrung an vorgelagerte Bereiche wie AV und Konstrukti-<br />

on).<br />

Nach diesen letztgenannten Punkten kann diese Diplomarbeit nur Ausgangspunkt<br />

für weitere Forschungsaktivitäten in Studien- und Diplomarbeiten sein, die sich mit<br />

der informationstechnischen Umsetzung von Informationsflüssen im CIM-Umfeld<br />

beschäftigen müssen.<br />

Abgeänderte Versionen der Einrichteblattverwaltung sind hier ein Beispiel für die<br />

Anpassung und Umsetzung des Konzeptes an die Bedürfnisse anderer Firmen. Für<br />

die Firma Jung (Abbildung 37) wurde in Nachfolgeprojekten die Einrichteblattver-<br />

waltung auf das Fertigungsverfahren Schleifen, für das Unternehmen Kodak<br />

(Abbildung 38) auf das Fertigungsverfahren Biegen, angepaßt.


ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 102<br />

Abbildung 37: Einrichteblätter für das Schleifen bei der Firma Jung<br />

Abbildung 38: Einrichteblätter für das Biegen bei der Firma Kodak


ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 103<br />

Die unterschiedlichen Oberflächen erfüllen dabei unterschiedliche Informationsauf-<br />

gaben, die darunterliegenden Steuerungs- und Navigationskomponenten sind aller-<br />

dings in allen drei Varianten der Einrichteblattverwaltung gleich.


LITERATURVERZEICHNIS 104<br />

Literaturverzeichnis<br />

/1/ Asymetrix Corporation:<br />

A Guide to Building an Working with Books<br />

In: Using Toolbook.<br />

Washington: Asymetrix Corporation, 1989.<br />

/2/ Asymetrix Corporation:<br />

/3/ Bursch, J.:<br />

An Introduction and Reference to the OpenScript Language<br />

In: Using OpenScript.<br />

Washington: Asymetrix Corporation, 1989.<br />

Neue Formen der Arbeitsorganisation in der Produktion<br />

Stuttgart Universität: Diplomarbeit am IFF, 1991.<br />

/4/ Drehmann, B.:<br />

Konzeption und Implementation des Softwaremoduls ‘Programmieren’<br />

in der WOP-Steuerung 2000<br />

Stuttgart Universität: Studienarbeit am IAO, 1992<br />

/5/ Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen als Element<br />

rechnerintegrierter Produktionsstrukturen<br />

In: Ergebnisse aus dem Forschungsverbund 'Erfahrungswissen im CIM-<br />

Umfeld' (CeA 2)<br />

Kassel: Verlag Institut für Arbeitswissenschaft, Hrsg. 1992<br />

/6/ Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit in rechnerintegrierten Produktionsstrukturen<br />

In: Grundlegende Untersuchungen zur Sicherung und Förderung von<br />

Erfahrungswissen in der betrieblichen Praxis.<br />

Karlsruhe: September 1994


LITERATURVERZEICHNIS 105<br />

/7/ Herbst, M.:<br />

Konzeption und Implementation des Softwaremoduls ‘Planen’,<br />

‘Produzieren’ und ‘Prüfen’ in der WOP-Steuerung 2000<br />

Stuttgart Universität: Studienarbeit am IAO, 1992<br />

/8/ Institut für Arbeitswissenschaft der Gesamthochschule Kassel:<br />

Erfahrungsgeleitete Arbeit an CNC-Werkzeugmaschinen und deren<br />

technische Unterstützung<br />

In: Ergebnisse aus dem Forschungsverbund 'Prozeßbeherrschung<br />

durch Erfahrungswissen und deren technische Unterstützung' (CeA 1).<br />

Kassel: Hrsg. 1992<br />

/9/ Junginger, R.:<br />

Entwicklung und Programmierung eines Planungsmoduls für ein Inse-<br />

linformationssystem<br />

/10/ Kubiena, P.:<br />

Stuttgart Universität: Studienarbeit am IAO, 1994.<br />

Konzeption und Implementation des Softwaremoduls ‘Fehler/Diagnose’<br />

in der WOP-Steuerung 2000<br />

Stuttgart Universität: Studienarbeit am IAO, 1992.<br />

/11/ Ligner, P.; Striepe S.:<br />

Steuerungskonzepte und erfahrungsgeleitete Arbeit<br />

In: Gemeinsamer Arbeitsbericht 1992 des CeA1-Forschungsbundes;<br />

Prozeßbeherrschung durch Erfahrungswissen und deren technische<br />

Unterstützung.<br />

/12/ Reck, H.:<br />

/13/ Rose, H.:<br />

Kassel: 1992, S.57ff.<br />

Konzeption und Implementation des Softwaremoduls ‘Wartung’ in der<br />

WOP-Steuerung 2000<br />

Stuttgart Universität: Studienarbeit am IAO, 1992<br />

Zukunft der Arbeit und die Bedeutung des Erfahrungswissens<br />

In: Erfahrungsgeleitete Arbeit mit CNC-Werkzeugmaschinen und deren<br />

technische Unterstützung.<br />

Kassel: Institut für Arbeitswissenschaft, Hrsg. 1992


LITERATURVERZEICHNIS 106<br />

/14/ Rundel, P.:<br />

Konzept für eine neue CNC-Steuerung.<br />

In: Erfahrungsgeleitete Arbeit in der CNC/CAD-Funktionskette/Hrsg.<br />

von A. Bolte und R. Lehmann.<br />

Kassel: Verlag Institut für Arbeitswissenschaft, 1992, S.59ff.


ANHANG 107<br />

Anhang<br />

A Bucheigenschaften und -skripte<br />

B Hintergrundeigenschaften und -skripte<br />

C Seiteneigenschaften und -skripte<br />

D Objekteigenschaften und -skripte

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