Artikel als pdf-File herunterladen. - Katrin Zita
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F I R S T<br />
CLASS<br />
CUISINE<br />
DIE BESTEN RESTAURANTS DER WELT werden jedes<br />
Jahr von mehr <strong>als</strong> 800 Feinschmeckern ermittelt. FIRST<br />
stellt die Top-10-Restaurants vor und verrät, weshalb ein<br />
kleines Restaurant im Hafen von Kopenhagen bereits<br />
zum zweiten Mal die Krone des Siegers verliehen bekam.<br />
116 . 1 ST<br />
FOTOS Ditte Isager / NOMA Restaurant,<br />
NOMA<br />
Das Lokal von Küchenchef<br />
René Redzepi ist in einem<br />
ehemaligen Schiffslagerhaus<br />
im Kopenhagener<br />
Stadtteil Christianshavn<br />
untergebracht und wurde<br />
zweimal hintereinander<br />
zum besten Lokal der<br />
Welt gewählt. Der Name<br />
„Noma“ steht für<br />
„Nordisk Mad“, was<br />
nichts anderes <strong>als</strong><br />
„nordisches Essen“ heißt.
Am Montag, dem 6. Februar,<br />
ist es wieder so weit. Punkt<br />
zehn Uhr früh beginnt die<br />
Crew des Noma in Kopenhagen<br />
damit, Tischreservierungenentgegenzunehmen<br />
– für den kommenden Mai, wohlgemerkt.<br />
Binnen weniger Stunden werden dann etwa<br />
25.000 Anfragen aus aller Welt eingehen, per<br />
Mail, per Fax oder telefonisch, ehe die für<br />
Reservierungen zuständigen Mitarbeiter alle<br />
Leitungen kappen. Und Tausende Feinschmecker,<br />
deren Wunsch nach einem Tisch in dem<br />
kleinen Lokal im Kopenhagener Stadtteil Christianshavn<br />
nicht in Erfüllung ging, auf den<br />
nächsten Monat vertrösten, wenn wieder Reservierungen<br />
entgegengenommen werden.<br />
Dass ein Restaurant nicht jede Tischreservierung<br />
bestätigen kann, ist nicht ungewöhnlich.<br />
Dass aber das komplette Lokal auf viele<br />
Jahre ausgebucht wäre, würden tatsächlich<br />
alle Anfragen angenommen, ist doch eher selten.<br />
Für das Noma-Team ist es allerdings bereits<br />
Gewohnheit, immerhin ist das hier das<br />
beste Restaurant der Welt – befand jedenfalls<br />
eine illustre Schar von mehr <strong>als</strong> 800 ausgewählten<br />
Feinschmeckern, die dem 2004 eröffneten<br />
Haus bereits zum zweiten Mal in Folge<br />
die Krone „Best of the Best“ aufsetzten.<br />
DIE BESTEN RESTAURANTS DER WELT kürt<br />
seit mittlerweile zehn Jahren das britische<br />
Restaurant Magazine. Und es ist wohl der<br />
außergewöhnliche Wahlmodus, der dem Ranking<br />
alljährlich so viel Aufmerksamkeit beschert.<br />
Denn anders <strong>als</strong> bei den unzähligen<br />
EL CELLER DE CAN ROCA<br />
Nachdem Seriensieger „elBulli“ zugesperrt<br />
hat, hält das Lokal die spanische Flagge<br />
hoch – Platz 2 im Ranking.<br />
Gourmet-Guides nationalen oder internationalen<br />
Zuschnitts ist es bei dieser Liste ein mehr<br />
<strong>als</strong> 800-köpfiges Gremium aus Gastronomiekritikern,<br />
Chefköchen, Restaurantbetreibern<br />
und bekannten Gourmets, welches das Szepter<br />
schwingt. Und nominieren darf, wen es will.<br />
Denn anders <strong>als</strong> üblich gibt es bei diesem<br />
Ranking keine Kriterien, denen das Lokal<br />
entsprechen muss, gesucht wird einzig und<br />
allein die beste Küche, das tollste Service, das<br />
geni<strong>als</strong>te Gesamtkonzept. Theoretisch wäre<br />
es unter diesen Umständen auch möglich, das<br />
kleine Beisl ums Eck zu nominieren oder ein<br />
Bahnhofsrestaurant …<br />
De facto ist es aber nur ein sehr kleiner<br />
Kreis an Lokalen, die für die Top-Positionen<br />
infrage kommen. Unangefochtener Spitzenrei-<br />
MUGARITZ<br />
Noch einmal Spanien – das „Mugaritz“ im Baskenland<br />
rangiert auf Platz 3 der 50 besten Restaurants.<br />
ter bei den Nominierungen und Siegen ist das<br />
inzwischen bereits legendäre elBulli von Koch-<br />
Legende Ferran Adrià, der <strong>als</strong> Erfinder der<br />
Molekularküche gilt. Sein Restaurant nahe<br />
Barcelona wurde insgesamt fünfmal zum besten<br />
der Welt gekürt, ehe es im vergangenen<br />
Jahr bis auf Weiteres seine Pforten schloss.<br />
Ebenfalls ganz oben auf dem Siegespodest<br />
standen bereits das French Laundry in Napa<br />
Valley in Kalifornien (zuletzt allerdings nur<br />
mehr auf Platz 56), The Fat Duck von Heston<br />
Blumenthal (aktuell Platz fünf) und seit 2010<br />
eben das Noma in Kopenhagen.<br />
DAS GEHEIMNIS DES NOMA-ERFOLGES ist<br />
in erster Linie sein Küchenchef, der 34-jährige<br />
René Redzepi. Der Sohn eines Makedoniers<br />
DIE BESTEN ZEHN RESTAURANTS DER WELT<br />
1NOMA Strandgade 93, 1401 Kopenhagen,<br />
Dänemark, Telefon: +45 32 96 32 97,<br />
www.noma.dk<br />
2EL CELLER DE CAN ROCA Can Sunyer 48,<br />
17007 Girona, Spanien, Telefon: +34 972<br />
22 21 57, www.cellercanroca.com<br />
3MUGARITZ Otzazulueta Baserria, Aldura<br />
Aldea 20, Errenteria Gipuzkoa, Spanien,<br />
Telefon: +34 943 52 24 55, www.mugaritz.com<br />
4OSTERIA FRANCESCANA Via Stella 22,<br />
41100 Modena, Italien, Telefon: +39 059<br />
21 01 18, www.osteriafrancescana.it<br />
5THE FAT DUCK 1 High Street Bray, Berkshire,<br />
SL6 2AQ, England, Telefon: +44 1628<br />
58 03 33, www.thefatduck.co.uk<br />
118 . 1 ST<br />
6ALINEA 1723 North H<strong>als</strong>ted, Chicago, Illinois<br />
60614, USA, Telefon: +1 312 86 70 110,<br />
www.alinea-restaurant.com<br />
7D.O.M. Rua Barão de Capanema 549, Jardins,<br />
São Paulo, Brasilien, Telefon: +55 (113)<br />
08 80 761, www.domrestaurante.com.br<br />
8ARZAK 273 Avenida Alcalde Elosegui, 20015<br />
Donostia / San Sebastian, Spanien, Telefon:<br />
+34 943 27 84 65, www.arzak.es<br />
9LE CHATEAUBRIAND 129 Avenue Parmentier,<br />
75011 Paris, Frankreich, Telefon: +33 1<br />
43 57 45 95<br />
PER SE 10 Columbus Circle Ecke 60th<br />
10 Street, 4. Etage, New York, NY 10019,<br />
USA, Tel.: +1 212 823 93 35, www.perseny.com<br />
FOTOS Stefan SZTATECSNY, Jürgen PLETTERBAUER, Zigor Sololuze / Mugaritz, Paolo Terzi / Osteria Francescana, Celler Can Roca<br />
und einer Dänin perfektionierte sein Handwerk<br />
bei elBulli-Küchenmagier Ferran Adrià,<br />
ehe er vor gut sieben Jahren das Noma eröffnete.<br />
Und er setzt ausschließlich auf lokale<br />
Lebensmittel und verweigert stur alles, was<br />
nicht im Umkreis von etwa 100 Kilometern<br />
angebaut, geerntet, gepflückt, gesammelt, gefangen<br />
oder geschlachtet worden ist – schließlich<br />
bedeutet der Restaurantname Noma nichts<br />
anderes <strong>als</strong> „Nordisk mad“ oder „nordisches<br />
Essen“. Und so serviert Redzepi Menüs aus<br />
Moosen und Flechten, Tannenzweigen, Schnecken,<br />
Kräutern oder der Wasserpflanze Dunhammer,<br />
verzichtet aber gleichzeitig auf Tomaten<br />
oder Olivenöl, weil diese Früchte eben<br />
nicht rund um die dänische Hauptstadt gedeihen.<br />
Und auch den Digestiv-Espresso ordert<br />
man im Noma vergebens, weil er laut René<br />
Redzepi nicht der einheimischen Küche entspricht<br />
(wie es sich anfühlt und was es kostet,<br />
einen Abend im Noma zu verbringen, lesen<br />
Sie in unserer Reportage rechts).<br />
ÖSTERREICH KOMMT EBENFALLS in der<br />
Best-of-Liste des Restaurant Magazine vor,<br />
allerdings nicht in den Top Ten – zumindest<br />
bisher. Denn das Steirereck von Heinz Reitbauer<br />
rangiert seit Jahren verlässlich unter den<br />
Top 50 und schaffte zuletzt einen eindrucksvollen<br />
Sprung nach vorne von Rang 30 auf<br />
Rang 21. Man darf <strong>als</strong>o bereits gespannt sein,<br />
welchen Rang die strengen Juroren Österreichs<br />
bestem Restaurant heuer zugestehen. Das<br />
nächste Ranking des Restaurant Magazine<br />
wird am 30. April 2012 veröffentlicht.<br />
MARTIN KUBESCH<br />
OSTERIA FRANCESCANA<br />
Im Herzen der mittelalterlichen Altstadt von Modena<br />
gelegen, zelebriert man hier die beste Küche Italiens.<br />
„SO GUT IST DAS<br />
NOMA WIRKLICH“<br />
Es ist nicht leicht, einen Tisch im<br />
Noma zu bekommen. Nein, eigentlich<br />
ist es unmöglich. Denn nur an<br />
bestimmten Tagen werden überhaupt Reservierungen<br />
für den jeweils drittnächsten Monat<br />
angenommen – und dann gehen innerhalb<br />
weniger Stunden 25.000 Anfragen ein. Wie<br />
ich es dennoch geschafft habe? Indem ich<br />
ins Boutiquehotel Cortisen am Wolfgangsee<br />
reiste. Dort machte mich Hausherr Roland<br />
Ballner zufällig mit einem seiner Stammgäste,<br />
einem dänischen Restaurantbesitzer,<br />
bekannt. Und nach einem kurzen Talk über<br />
diverse Gourmetthemen fragte dieser beiläufig:<br />
„Wann möchtest du im Noma essen?<br />
Die Besitzer sind Freunde von mir …“<br />
EIN PAAR WOCHEN SPÄTER war es<br />
schließlich so weit. Und was soll ich sagen:<br />
Es wurde ein unvergesslicher Abend! So<br />
verschlungen der Weg bis hierher war, so<br />
unkompliziert tritt die junge, sympathische<br />
Mannschaft des Noma auf. Und wie oft<br />
kommt es schon vor, dass man ein Essen<br />
damit beginnt, die Tischdekoration zu verzehren?<br />
Zart aussehende Äste, die ähnlich<br />
wie Soletti schmeckten und in einer Vase<br />
steckten … Küchenchef René Redzepi gilt<br />
<strong>als</strong> „Kräuterhexe der Haute Cuisine“. Sein<br />
Motto: Kredenzt wird nur, was sich im<br />
Umkreis von hundert Kilometern finden<br />
lässt. Und so kann es schon passieren, dass<br />
man die Spitzen eines Nadelbaumes serviert<br />
bekommt. Oder es wird Blumenkohl mit<br />
Zweigen abgedeckt, ehe er bei niedriger<br />
Temperatur im Ofen gart. Die Öle und<br />
Aromen des dänischen Waldes sickern so<br />
in das Gemüse und entfalten dort ihren<br />
vollen Geschmack. Genau der gleiche Trick,<br />
nur in abgewandelter Anwendung, beschert<br />
uns ein geschmacklich hervorragendes<br />
Moos – ja, genau das, worauf wir gewöhn-<br />
FÜR EIN<br />
ESSEN …<br />
… nach Kopenhagen:<br />
FIRST-<br />
Gastautorin<br />
<strong>Katrin</strong> <strong>Zita</strong> ist<br />
Journalistin<br />
und Medienberaterin<br />
in Wien<br />
(www.zita.at).<br />
DAS NOMA-TEAM<br />
Küchenchef René Redzepi (2. v. r.) kocht, was<br />
im Umkreis von 100 km wächst, z. B. Moos.<br />
lich beim Spazieren treten, ohne es zu beachten.<br />
Im Noma wird es mit Pilzpuder<br />
bestäubt und mundet vorzüglich (Bild o).<br />
DER PREIS FÜR EIN DINNER, inklusive<br />
Tisch-Deko, Fingerfood und zwölf Gängen,<br />
ist ein echtes Schnäppchen: 187 Euro – das<br />
ist es wert! Doch unmittelbar vor dem<br />
finalen kulinarischen Höhepunkt, einem<br />
Rhabarbereis, holte uns die Wirklichkeit<br />
ein: Feueralarm in der Kunstsammlung, die<br />
sich oberhalb des Noma befindet. Also<br />
Evakuierung, Feuerwehr, schließlich die<br />
Nachricht: Fehlalarm. Und kaum sitzen wir<br />
wieder am Tisch, steht auch schon eine<br />
frische Portion Rhabarbereis vor uns. Resümee:<br />
So lange es auch dauern kann, einen<br />
Tisch zu ergattern, so flott ist das Service!