Artikel Trail & Ride Magazin - Von gesunden Pferden lernen
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Foto: Pavel Morozov | pixelio.de<br />
Natürliche Fütterung wird gerne mit<br />
Robusthaltung gleichgesetzt, mit Kräuter<br />
assoziiert oder hinter Rüben und Leckerchen mit<br />
gutem Himbeeraroma versteckt. Oft ist<br />
„natürliche Fütterung“ auch mit Eiweißarm oder<br />
Zuckerreduziert verknüpft.<br />
Silage ist verpönt, Heu und Hafer das Optimum<br />
und bitte keine ätherischen Öle. Man möchte sein<br />
Getreide GMO-frei, staubfrei, haferfrei, aus<br />
biologischem Anbau mit pre- und probiotischen<br />
Organismen. Heilkräuter, aktive<br />
Microogranismen, mit Topinambur oder der<br />
natürlichem Kraft der Aloe.<br />
Natürliche Fütterung kann zwei hässliche<br />
Gesichter haben: Das der Überversorgung und<br />
das der Unterversorgung. Fette Pferde auf satten<br />
Weiden oder dürre Pferde auf Schwemmflächen<br />
ohne Unterstand und Schutz. Beides ist weder<br />
natürlich noch Pferdegerecht auch wenn beide<br />
Seiten eine Vielzahl von Argumenten finden<br />
können warum dies natürlich sei.<br />
Natürliche Fütterung ist aber noch viel mehr. Und<br />
vor allem ist es erst einmal ein anderer<br />
Blickwinkel. Natürliche Fütterung schließt immer<br />
auch natürliche Haltung sowie natürlichen<br />
Umgang mit ein. Das bedeutet Pferdegerecht.<br />
Was es bedeutet „natürlich zu füttern“.<br />
Die meisten Futterkonzepte basieren auf Zahlen<br />
aus Forschungen. Eine gute Idee, wie ich finde,<br />
um eine etwaige Ahnung von den Bedürfnissen zu<br />
haben. Man betrachtet die Bedürfnisse der Pferde<br />
anhand von Bedarfszahlen. Wie wenig braucht ein<br />
Pferd bevor es unterversorgt ist und eingeht und<br />
wie viel verträgt es bevor es krank wird und<br />
eingeht- und davon ungefähr die Mitte treffen. So<br />
funktioniert es auch in der Praxis ganz gut.<br />
Ich persönlich bezweifele allerdings, dass das der<br />
optimale Ansatz ist. Natürlich muss man alles<br />
auch wissenschaftlich betrachten – als<br />
Wissenschaftler stehe ich da auch voll hinter. Es<br />
ist aber auch an der Zeit die Pferdefütterung mal<br />
aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.<br />
Die Natur kennt den Weg, aber kennen wir die<br />
Natur? Was ist denn die Natur eines Araber,<br />
Quarter oder Norweger. Gibt es ein norwegisches<br />
Steppenpferd? Oder ist der Norweger eher ein<br />
Tundrapferd? Was wächst in der Tundra und was<br />
in der Steppe? Was bedeutet es für ein<br />
Tundrapferd in einem Boxen/Paddockstall in<br />
Mitteleuropa zu leben? Wo beginnen wir als<br />
Pferdehalter in die natürliche<br />
Verdauungsphysiologie einzuwirken und warum.<br />
Natürlich füttern heißt für mich in erster Linie<br />
dem Pferd die Möglichkeit zu geben selektiv<br />
fressen zu können. „Selektiv fressen“ kommt<br />
sonst immer nur in Verbindung mit Giftpflanzen<br />
vor. Die meisten Giftpflanzen werden selektiv<br />
gemieden.<br />
Aber viele Pflanzen würden selektiv gefressen,<br />
wenn sie denn da wären. Laut einer Studie hat<br />
Deutschland große Teile von Pflanzen die früher<br />
mal auf Weideflächen ansässig waren verloren.<br />
Das ist eine Folge von z.B.<br />
Hochleistungsmilchkühen die natürlich auch<br />
Hochleistungsfutter brauchen um überhaupt so<br />
viel Milch erzeugen zu können. Was für die<br />
Milchproduktion ein Segen ist, ist für das Pferd<br />
ein Fluch. Die Gräser sind zu reichhaltig, die<br />
Artenvielfalt verschwunden. Stoffe die das Pferd<br />
sonst aufnehmen würde fehlen wahrscheinlich.<br />
Die Betonung liegt auf wahrscheinlich, denn man<br />
weiß es nicht. Das ehemalige landwirtschaftliche<br />
Nutztier Pferd wird ja bekanntlich nicht mehr zur<br />
Pflege von Äckern oder zum Transport eingesetzt.<br />
Trotzdem wird es als Nutztier betrachtet.<br />
Wir Menschen ziehen unseren Nutzen aus dem<br />
Pferd, aber der „Nutzen“ ist heute ein anderer.<br />
Früher mussten die Kaltblüter gesund und<br />
Leistungsstark sein. Früher war es der Pflug oder<br />
das Holz. Heute ist es das glücklich sein, die<br />
Selbstverwirklichung, Sport, Wandern mit dem<br />
Partner Pferd, Erfolg, Pflege und die<br />
Pferdehaltung an sich. Der Freizeitreiter versteht<br />
sich oft auch stark als Pferdehalter.<br />
Die Leistung steht nicht im Vordergrund. Aber<br />
die Gesundheit und Pflege, die Partnerschaft und