WORÜBER MAN MEHR WISSEN SOLLTEHimmelhochjauchzend,zu Tode betrübtCATHERINE ZETA-JONES,STEPHEN FRY, VINCENTVAN GOGH, VIVIEN LEIGHUND JEAN-CLAUDE VANDAMME. SO BEKANNT WIEVIELE DER BETROFFENENDER BIPOLAREN STÖRUNGSIND, SO UNBEKANNTIST DAS KRANKHEITSBILDSELBST.CAROLINE KORNELIDie Entscheidung, diese Coverstorydem Thema „<strong>Bipolare</strong> Störung“ zuwidmen, war eindeutig. Denn bei derbipolaren Störung handelt es sich um einepsychische Erkrankung, die sehr viele Fragenaufwirft und die sich Nicht-Betroffene nurschwer vorstellen können.Der Wechsel von der Depression zur Maniehat eine gewisse Faszination und besondersdie Manie umgibt ein Mythos. Schon die altenGriechen hielten die Manie für etwas Wertvolles,da manische Phasen auch in hohemMaße von Kreativität, Leistung, Euphorie undeiner Energie gekennzeichnet sind, die meistBewunderung hervorruft. Die Depression –der dunkle Pol der bipolaren Störung – hingegenist düster, von Verzweiflung und Leid gekennzeichnetund führt in vielen Fällen sogarzum Suizid.In unserer Gesellschaft ist das Verständnisfür psychische Erkrankungen leider immernoch gering ausgeprägt. Depression undBurnout sind den meisten schongeläufig, wobei jedoch Verständnis undAkzeptanz noch entwickelt werden müssen.Der Begriff „bipolare Störungen“ sagt denmeisten nichts. Unter „manisch-depressiv“,wie man die bipolare Störung früher bezeichnethat, kann sich schon ein größerer Personenkreisetwas vorstellen.Bekannte Betroffene erzeugen bekannteErkrankungenProminente Betroffene wie beispielsweiseCatherine Zeta-Jones lenken zumindest füreinen bestimmten Zeitraum das Augenmerkder Gesellschaft auf psychische Erkrankungen.Die walisische Schauspielerin sprach bereitsim Jahr 2011 offen über ihre Bipolar-Diagnoseund begab sich in stationäre Behandlung. Eswar bekannt, dass die Schauspielerin an Depressionleidet, aber dass es sich eigentlichum eine bipolare Störung handelt, wurdeerst im Laufe des stationären Aufenthaltsdiagnostiziert. In einer US-Talkshow sprachauch der Ehemann von Catherine Zeta-Jones,der Schauspieler Michael Douglas, über diepsychische Erkrankung seiner Frau und bestätigte,dass seine Gattin eigentlich nichtCorbiswollte, dass ihre Diagnosepublik wird. Ursache dafür, dassdie Erkrankung von Zeta-Jones andie Öffentlichkeit gelangte, war einMitpatient, der die Information weitergab.Catherine Zeta-Jones jedoch reagierte mit folgendemPressestatement: „If my revelation ofhaving Bipolar has encouraged one person toseek help, then it´s worth it.” (frei übersetzt:„Wenn mein Bekenntnis, bipolar zu sein, auchnur eine Person ermutigt, sich Hilfe zu suchen,dann ist es das wert.“). Catherine Zeta-Jonesist zurzeit in psychotherapeutischer und medikamentöserBehandlung.Was nutzt das Wissen, wenn man nicht(richtig) behandelt wird?Die Auswirkungen der bipolaren Störung aufdas Leben der Betroffenen sind sehr individuell:Finanzieller Ruin und hohe Schulden,wenn in manischen Phasen Verträge abgeschlossenoder andere hohe Investitionengetätigt werden. Zerbrochene Liebesbeziehungenoder das Leid des Partners, der jedeNacht vergeblich auf den Betroffenen wartet,der feiert und sich mit anderen vergnügt.Oder die, wie Studien ebenfalls belegen, sehrhohe Arbeitslosigkeit von rund 60 % der Betroffenen.Dazu kommen noch das erhöhteSuizidrisiko und die soziale Stigmatisierung.All dies zeigt, wie notwendig eine optimalemedizinisch-therapeutische Betreuung derPatienten mit bipolaren Störungen ist. So unterschiedlichdie Betroffenen und die Auswirkungender einzelnen Phasen auf deren Lebensind, so mannigfaltig sollte das Therapieangebotfür Betroffene sein.colourbox4
WORÜBER MAN MEHR WISSEN SOLLTE<strong>Bipolare</strong> StörungenÜber das stimmungsvolleKontrastprogramm der SeeleCHRISTIAN SIMHANDL ERKLÄRT IM GESPRÄCHMIT CAROLINE KORNELI DIE WICHTIGSTEN FAKTENÜBER BIPOLARE STÖRUNGEN.Ao. Univ. Prof. Dr.Christian SimhandlVorsitzender & Gründerder Österr. Gesellschaftfür <strong>Bipolare</strong> ErkrankungenZur PersonWas ist eine bipolare Störung?Bei der bipolaren Störung handelt es sichum eine Erkrankung, bei der sich depressivePhasen mit manischen bzw. hypomanischenPhasen abwechseln und zwar in einemAusmaß, das die Lebensqualität beeinträchtigt.Es gibt auch den Begriff des bipolarenSpektrums. Dieser umfasst Stimmungsschwankungen,die nicht so stark sind, dassman von Krankheit im engen Sinn sprechenkann, aber auch diese Form muss berücksichtigtwerden.Das Krankheitsbild der Depression istbereits vielen bekannt, aber wie kannman sich eine Manie vorstellen?Das ist eine gute Stimmungslage, geprägt vonEuphorie und Geschwindigkeit.Allesgeht leicht, die Gedankensind schneller,man hat raschereAssoziationen undman sieht leichterLösungen. Man siehtkein Wenn und Aber,sondern nur Möglichkeiten.Eigene Kritikmustersind ausgesetzt,beispielsweisebei dem, was man tut, sagt oder kauft.Die Manie ist dadurch auch gefährlich. Manverletzt Menschen, man gibt Geld aus, das mannicht hat, man unterschreibt leichtfertiger Verträgeoder kündigt beispielsweise ganz plötzlichden Job. Man hat eine Idee, die ganz raschum sich greift, prüft sie nicht auf Realisierbarkeitsondern handelt einfach. Es gibt zwar Menschen,die im Rahmen einer Manie etwas aufbauenoder sehr kreativ sind, aber oftmals hatdas manische Verhalten auch negative Folgen.Ein Maniker kann jedoch auch überzeugenund bringt Höchstleistungen. Schon die altenGriechen haben die Manie positiv gesehenund sahen Maniker als besonders wertvollfür die Gesellschaft an, wobei sie auch derAnsicht waren, dass man sie davor bewahrenmuss, ihre Grenzen zu übertreten.Welche Folgen kann eine Manie haben?Man ist nächtelang unterwegs und glaubt,den Alkohol- und Drogenkonsum im Griff zuhaben. Auch Kriminalität ist besonders beiden jugendlichen Betroffenen ein Problem.Die Schlaflosigkeit, der Konzentrationsverlust– all das kann zu Unfällen oder Verletzungenführen, die auch für Andere gefährlich sind.Was ist der Unterschied zwischender bipolaren Störung und dermanisch-depressiven Krankheit?Die klassische Form der bipolaren Störungwurde früher als manisch-depressive Krankheitbezeichnet. Der Begriff „bipolar“ wurdevon den Amerikanern gewählt, um von demalten Denkschema des manisch-depressivenKrankheitsgeschehens wegzukommen. Daswaren damals Erkrankungen, die nur im Spitalbehandelt wurden.Wie wird die bipolareStörung diagnostiziert?Für die Diagnose der bipolaren Störung Typ I– bestehend aus manischen und depressivenEpisoden – reicht eine einzige manischeEpisode aus. Bei der bipolaren Störung Typ II,die aus hypomanischen und depressiven Phasenbesteht, wird oft vom Umfeld ein Stimmungshochbeschrieben und der Betroffenefühlt sich subjektiv gut.Generell ist bei den Betroffenen eine Veränderungdes individuellen Verhaltens gegenüberden üblichen Mustern beobachtbar. Mansollte sich jedoch sowohl die Stimmungen,Facharzt für Psychiatrie, Neurologie undpsychotherapeutische Medizin, Psychotherapeut,ÖÄK Psy III, Bipolar Zentrum Wr. Neustadtdzt. Projekte u.a. Erstellung einer Datenbank zurErfassung bipolarer Patienten österreichweit mitMonitoring System, Organisation der Österr.Gesellschaft für <strong>Bipolare</strong> Erkrankungen (ÖGBE)als auch die Aktivitäten der Betroffenen näheransehen. Das Schlafverhalten ist auch einentscheidender Punkt. In der Manie kommtes zu einer deutlichen Schlafminderung ohneMüdigkeit am nächsten Tag.Wie erkenne ich, ob ich selbstbetroffen bin oder jemand inmeinem Umfeld betroffen ist?Angehörige können dasSchlafverhalten, die Sprechgeschwindigkeitund dasAktivitätslevel beobachten.Betroffene selbst erkennendie bipolare Störung gut anihrem Schlafverhalten undder Geschwindigkeit ihrerGedanken in Verbindungmit der Summe der Aktivitäten.Schlägt man zumBeispiel seinen Kalenderauf und sieht, dass alles mitTerminen voll geschrieben ist und vor Monatenwar der Kalender ganz leer, erkennt man,dass es zu Veränderungen des Aktivitätslevelskam, die auf die einzelnen Phasen hinweisenkönnen.Wie geht es den Betroffenenin der Phase zwischen Manie undDepression?Der klassische Verlauf beinhaltet ein sogenanntes„freies Intervall“, in dem es Restsymptomegibt, die sehr oft im depressiven Bereichanzusiedeln sind. In dieser Phase sind psychotherapeutischeBehandlungen zusätzlich zuden Stimmungsstabilisierern sehr wichtig. DieDauer des „freien Intervalls“ ist bei jedem Patientenindividuell. Wichtig ist, dass jeder Betroffeneseinen Verlauf kennt.5