Zehntausende bei Trinkgelagen in Spanien - KMK-Projekt Format
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Aber Gabrielle nützt die Wahrheit am Ende gar nichts. Ihre ganze Welt liegt <strong>in</strong> Trümmern.<br />
Aber ihr Leben konnte nicht so weitergehen. Und wenigstens gibt es so e<strong>in</strong>e Bewegung. Es ist natürlich<br />
desillusionierend für sie, dass er es ist, der die Bewegung macht. Dass er sie verlässt, nicht sie ihn. Aber<br />
immerh<strong>in</strong> geschieht etwas.<br />
Man sagt über Sie, dass Sie es lieben, sich we<strong>in</strong>en zu sehen und es nicht ertragen, sich lachen zu sehen.<br />
Stimmt das?<br />
E<strong>in</strong>e Schauspieler<strong>in</strong> hat immer Freude daran, Emotionen darzustellen.<br />
Das kl<strong>in</strong>gt jetzt aber sehr sachlich. Wir würden gerne wissen, wann Sie sich am besten gefallen.<br />
Ich weiß es wirklich nicht.<br />
Schauen Sie sich die eigenen Filme denn nicht an? Es gibt ja Schauspieler<strong>in</strong>nen, die können ihre Filme nicht<br />
ansehen.<br />
Ne<strong>in</strong>, ich kann sie ertragen.<br />
Sie wirft ihr Haar zurück und schiebt die Brille nach oben wie e<strong>in</strong>en Haarreif.<br />
Wenn sie gut s<strong>in</strong>d. Wenn sie nicht so gut s<strong>in</strong>d, ertrage ich sie weniger gut.<br />
Claude Chabrol, mit dem Sie viele Filme gemacht haben, sagt über Sie: „Egal, was das Thema e<strong>in</strong>es Films<br />
ist, es ist Isabelles Gesicht, das zum Filmthema wird.“<br />
Chabrol und ich haben e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>sam. Wir versuchen, e<strong>in</strong>e Figur <strong>in</strong> ihrer größtmöglichen Wahrheit zu zeigen.<br />
Aber wir vermeiden es, sie vorher schon zu sehr festzulegen. Die Wahrheit ist offen, und deshalb s<strong>in</strong>d auch die<br />
Figuren offen.<br />
Das kl<strong>in</strong>gt aber schwierig. Heißt das, dass man die Wahrheit nie auf den Punkt br<strong>in</strong>gen kann?<br />
Ja, das stimmt. Man sollte e<strong>in</strong>e Figur nicht e<strong>in</strong>betonieren, es ist doch viel <strong>in</strong>teressanter, sie zu öffnen.<br />
Sie glauben also, dass es die Wahrheit nicht gibt und suchen doch immer wieder nach ihr. Das ist ja wie e<strong>in</strong><br />
unendliches Rätsel, an dem man sich abar<strong>bei</strong>tet.<br />
Vielleicht. Aber was ist die Alternative? E<strong>in</strong>fach aufhören, stehen bleiben?<br />
Wird man im Lauf des Lebens nicht weiser, auch durch die Kunst?<br />
So würde ich das nicht sagen. Aber ich gewöhne mich immer mehr an das, was ich b<strong>in</strong>. Und das ist ja auch e<strong>in</strong>e<br />
Art der Intelligenz. Klugheit ist nicht nur Kenntnis von etwas, Klugheit ist auch, wenn man e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n für<br />
Situationen entwickelt, und vor allem dafür, wer man selbst ist. Vielleicht ist man besonders klug, wenn man<br />
nicht versucht, es die ganze Zeit und <strong>in</strong> jedem Fall zu se<strong>in</strong>: Man kann e<strong>in</strong>fach nicht alles verstehen, das ist<br />
unmöglich.<br />
Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großbürgerlichen Haus aufgewachsen. Bildung und Kunst spielten e<strong>in</strong>e große Rolle. Was<br />
wollen Sie Ihren drei K<strong>in</strong>dern mitgeben?<br />
Sie zuckt mit ihren schmalen Schultern.<br />
Ich weiß gar nicht, ob ich das überhaupt will. Wenn überhaupt etwas, dann vielleicht e<strong>in</strong>e bestimmte Form der<br />
Energie und Neugier.<br />
Auch Musik war sehr wichtig <strong>in</strong> Ihrem Elternhaus. Sie haben selbst auch Klavierspielen gelernt.<br />
Ja, stimmt. Für „Die Klavierspieler<strong>in</strong>“ von Michael Haneke habe ich e<strong>in</strong> Jahr lang geübt, damit ich als<br />
Klavierlehrer<strong>in</strong> Erika Kohut auch authentisch wirke. Leider übe ich jetzt nicht mehr genug. Aber wenn man mir<br />
e<strong>in</strong>es Tages sagen würde, die Musik existiert nicht mehr, könnte ich auf ke<strong>in</strong>en Fall so weiterleben wie bisher.<br />
Bedeutet Ihnen die Musik so viel?<br />
Es gibt e<strong>in</strong>e Offenheit <strong>in</strong> der Musik, die es <strong>in</strong> den anderen Künsten nicht gibt, e<strong>in</strong>en unendlich offenen S<strong>in</strong>n.<br />
Deshalb erreicht e<strong>in</strong> Sänger auch viel mehr Menschen als ich als Schauspieler<strong>in</strong>.<br />
Sie haben mit Godard gear<strong>bei</strong>tet, mit Jeanne Moreau und Michel Serrault - Sie gelten als e<strong>in</strong>e französische<br />
Ikone. Was ist für Sie typisch französisch?<br />
Die Subtilität der Filme, ihre Komplexität, das ist schon typisch französisch, aber das b<strong>in</strong> nicht ich, das s<strong>in</strong>d die<br />
Filme.<br />
E<strong>in</strong>en amerikanischen Chabrol können Sie sich also nicht vorstellen?<br />
Ne<strong>in</strong>, aber ich bedauere die Unterschiede nicht, im Gegenteil. Vielleicht s<strong>in</strong>d die französischen Filme, vor allem<br />
die ernsten, die Autorenfilme, e<strong>in</strong> bisschen klüger, e<strong>in</strong> bisschen <strong>in</strong>tellektueller. Aber die Amerikaner machen<br />
145 sehr, sehr gute Filme, e<strong>in</strong> bisschen kommerzieller, aber sehr gut gemacht. Ich habe vor kurzem „In den Schuhen<br />
me<strong>in</strong>er Schwester“ gesehen, mit Cameron Diaz. Den fand ich ausgezeichnet.<br />
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Hätten Sie nicht auch mal Lust, etwas ganz anderes zu machen?<br />
Ich könnte mir vorstellen, mal e<strong>in</strong>en Mann zu spielen.<br />
Und welche Rolle?<br />
Am liebsten Hamlet. Der Tagesspiegel, 08. 01. 2006<br />
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