Brandenburgisches Ärzteblatt 05/2009 - Landesärztekammer ...
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gen. Gerade für ein Land wie Brandenburg ist<br />
das Gesundheitswesen ein zunehmend wichtiger<br />
Wirtschaftsfaktor. Dieser Sachverhalt<br />
darf nicht länger mit dem unsinnigen Argument<br />
vernebelt werden, steigende Gesundheitsausgaben<br />
belasteten als Lohnnebenkosten<br />
die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />
Wirtschaft. Der Sachverständigenrat für Gesundheit<br />
hat es schon vor einigen Jahren ausgerechnet:<br />
Die Anhebung der Krankenkassenbeiträge<br />
um einen Prozentpunkt erhöht<br />
die Arbeitskosten je nach Branche um zwischen<br />
0,35 und 0,4 Prozent. Daraus ein<br />
volkswirtschaftliches Kernproblem abzuleiten,<br />
ist absurd.<br />
Aber auch das ist richtig: Wir müssen fragen<br />
und prüfen, welche medizinischen Leistungen<br />
sinnvoll und notwendig sind, und welche<br />
nicht. Nicht jede neue Untersuchungs- und<br />
Behandlungsmethode verdient wirklich die<br />
Bezeichnung „medizinischer Fortschritt“.<br />
Mittlerweile bietet das Gesundheitssystem im<br />
weiteren Sinn immer mehr Dienstleistungen<br />
im „Wellness“-Bereich an, die mit dem traditionellen<br />
Auftrag der Medizin als Heilkunst<br />
eigentlich kaum noch etwas zu tun haben<br />
und daher auch von den Kassen nicht bezahlt<br />
werden dürfen. Auch werden bestimmte<br />
an sich sinnvolle und effektive Leistungen<br />
in einem Umfang erbracht, der bei näherem<br />
Hinsehen medizinisch nicht begründbar und<br />
eher das Ergebnis falscher Anreize in den<br />
Vergütungssystemen für Ärzte und Krankenhäuser<br />
ist. Der Medizinhistoriker Roy Porter<br />
hat das damit zusammenhängende Problem<br />
in seiner beeindruckenden „Geschichte der<br />
Medizin von der Antike bis heute“ präzise<br />
zusammengefasst:<br />
„Die Medizin hat zu übersteigerten Erwartungen<br />
geführt, welche die Öffentlichkeit gerne<br />
übernahm. Da aber diese Erwartungen<br />
ins Unermessliche wachsen, werden sie unerfüllbar.<br />
Die Medizin wird ihre Grenzen neu<br />
definieren müssen, auch wenn ihre Möglichkeiten<br />
immer größer werden.“<br />
Diese Aufgabe muss von den Akteuren im Gesundheitswesen,<br />
insbesondere den Ärzten,<br />
selbst wahrgenommen werden. Die verschiedentlich<br />
auch von Ärztefunktionären zu vernehmende<br />
Forderung an die Politik, sie solle<br />
doch mal klar definieren, was als medizinischer<br />
Fortschritt von den Kassen bezahlt werden<br />
soll und was nicht, halte ich für äußerst<br />
problematisch. Kann man allen Ernstes von<br />
Parlamenten und Regierungen erwarten, dass<br />
sie eher in der Lage sind, das medizinisch<br />
Notwendige und Erforderliche besser definieren<br />
zu können als die dafür in unserem Gesundheitssystem<br />
verantwortliche gemeinsame<br />
Selbstverwaltung in Form des Gemeinsamen<br />
Bundesausschusses? Doch wohl kaum. Diese<br />
für die Steuerung des Gesundheitswesens immer<br />
wichtiger werdende Institution ist durch<br />
den Gesetzgeber insbesondere mit dem Gesundheits-Modernisierungsgesetz<br />
von 2003<br />
erheblich gestärkt worden. Eine solche Einrichtung<br />
gibt es in vergleichbar unabhängiger<br />
Form in keinem anderen europäischen Land.<br />
Sogar in der Schweiz mit seinem sehr viel stär-<br />
Die ÄSQR informiert:<br />
Einheitliches Bewertungssystem der Ärztlichen Stellen<br />
Durch das Bundesministerium für Umwelt,<br />
Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde<br />
am 13. Januar <strong>2009</strong> ein einheitliches Bewertungssystem<br />
für die Ärztlichen Stellen beschlossen.<br />
Die Länderministerien wurden beauftragt,<br />
dieses Bewertungssystem mit<br />
sofortiger Wirkung der Arbeit der Ärztlichen<br />
Stelle zu Grunde zu legen.<br />
Dies bedeutet, dass vorgegebene Mängel,<br />
die in einer Mängelliste aufgeführt sind, mit<br />
entsprechenden Bewertungen versehen werden.<br />
Die Ärztliche Stelle Röntgen wird aus<br />
diesem Grund mit sofortiger Wirkung diese<br />
einheitlichen Bewertungskriterien in Anwendung<br />
bringen.<br />
Dabei wird im Ergebnis der Überprüfung<br />
der Unterlagen eine Bewertung für die Technik<br />
und eine für die Patientenunterlagen vorgenommen,<br />
die an die einheitlichen Bewertungskriterien<br />
gebunden sind. Folgende vier<br />
Mängelkategorien mit den sich daraus ergebenden<br />
Konsequenzen werden unterschieden:<br />
„Mängelkategorie 1“: Keine Mängel. Innerhalb<br />
des regulären Prüfintervalls soll die<br />
nächste Überprüfung abgeschlossen sein.<br />
„Mängelkategorie 2“: Geringfügige Mängel,<br />
die den Strahlenschutz oder die Bildqualität<br />
nur unbedeutend beeinträchtigen.<br />
Innerhalb des regulären Prüfintervalls soll<br />
die nächste Überprüfung abgeschlossen<br />
sein. Es wird eine Bestätigung der Umsetzung<br />
der Hinweise der Ärztlichen Stelle erwartet.<br />
„Mängelkategorie 3“: Mängel, welche den<br />
Strahlenschutz oder die Bildqualität nur<br />
beinträchtigen oder geringfügige Mängel<br />
in häufiger Anzahl. Eine Wiedervorlage erfolgt<br />
nach 12 Monaten. Es wird eine Bestätigung<br />
der Umsetzung der Hinweise der<br />
Ärztlichen Stellen innerhalb von 6 Monaten<br />
erwartet. Dies kann sich auf ein Teilgebiet<br />
(Technik oder medizinische Anwendung) beschränken.<br />
Kammerinformationen/Gesundheitspolitik<br />
ker als bei uns privat organisierten Gesundheitswesen<br />
werden vergleichbare Aufgaben<br />
von einer Regierungsbehörde wahrgenommen<br />
(Bundesamt für Gesundheit). Mittlerweile<br />
beobachten Fachleute in anderen Ländern<br />
sehr genau, wie unser selbst verwaltetes System<br />
funktioniert, weil es eine sehr viel bessere<br />
Legitimationsgrundlage für Entscheidungen<br />
über die erforderliche Versorgungsqualität<br />
bietet als die Erlasse von Regierungsbehörden.<br />
„Schwarzer Peter“-Spiel gefährdet<br />
Selbstverwaltungsprinzip<br />
Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, wie<br />
wir sie aktuell mal wieder anhand der Auseinandersetzung<br />
um die Reform der vertragsärztlichen<br />
Vergütung erleben, kommen wir nicht<br />
weiter. Unser Gesundheitswesen lebt von der<br />
Kooperation und Kompromissfähigkeit aller<br />
Beteiligten. Das leider nur zu oft zu beobachtende<br />
„Schwarzer Peter“-Spiel, in dem sich<br />
Selbstverwaltung und Politik die Verantwortung<br />
für aufkommende Probleme gegenseitig<br />
in die Schuhe schieben, gefährdet das sinnvolle<br />
Selbstverwaltungsprinzip und wird auch<br />
von den Bürgern überhaupt nicht akzeptiert.<br />
Die in unserem Land anstehenden großen<br />
Probleme insbesondere in der Sicherstellung<br />
der medizinischen Versorgung auf dem Land<br />
werden wir so jedenfalls nicht in den Griff<br />
bekommen. Da ist gemeinsames Handeln<br />
gefragt und kein Drücken um die Verantwortung<br />
nach dem Motto „Sei nicht so feige, lass<br />
mich hinter den Baum.“<br />
„Mängelkategorie 4“: Mängel, welche den<br />
Strahlenschutz oder die Bildqualität deutlich<br />
beinträchtigen oder Mängel der Kategorie 3<br />
in häufiger Anzahl. Eine Wiedervorlage erfolgt<br />
nach 6 Monaten. Es wird eine kurzfristige<br />
Bestätigung der Umsetzung der Hinweise<br />
der Ärztlichen Stelle oder Angaben zum geplanten<br />
weiteren Vorgehen erwartet.<br />
Welche Mängelkategorie zur Beurteilung heranzuziehen<br />
ist, wurde durch alle Ärztlichen<br />
Stellen in einem Katalog von Mängeln festgeschrieben.<br />
Dieser ist auf der Homepage der<br />
Ärztlichen Stelle Röntgen einsehbar.<br />
Im Zusammenhang mit diesem neuen Prüfsystem<br />
werden für die Teilprüfungen entsprechend<br />
angepasste Prüfgebühren erhoben.<br />
Dies bedeutet für eine Prüfung eines Teilbereiches<br />
(Technik oder medizinische Anwendung)<br />
wird eine Prüfgebühr von 150,–€ erhoben.<br />
Doz. Dr. med. habil. C.-P. Muth<br />
Vorsitzender der Ärztlichen Stelle Radiologie<br />
<strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> 5/<strong>2009</strong> · 19. Jahrgang<br />
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