Leben im Denkmal –Zukunft eingeplant - SWISS ENGINEERING STZ
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Umnutzung: Kunstsalon Wolfensberger, Zürich<br />
<strong>Leben</strong> <strong>im</strong> <strong>Denkmal</strong> <strong>–Zukunft</strong> <strong>eingeplant</strong><br />
Das Haus Wolfensberger an der Bederstrasse 109 in Zürich steht unter <strong>Denkmal</strong>schutz. Aus dem ehemaligen<br />
Firmensitz der Graphischen Anstalt J. E. Wolfensberger mit Druckerei, Kunstsalon und Wohnungen entstand<br />
ein Wohngebäude mit einmalig schönen, ganz individuellen Eigentumswohnungen mit Raumgrössen bis zu<br />
250 Quadratmetern und Raumhöhen um die dreieinhalb Meter. In Zusammenarbeit mit dem <strong>Denkmal</strong>schutz<br />
ist es den federführenden Architekten gelungen, den Baustil, die Farben und die Materialien des 1912 entstandenen<br />
Gebäudes nicht nur zu erhalten, sondern auch gekonnt in das neue Nutzungskonzept zu integrieren.<br />
Beste Lage, gute Adresse: Haus<br />
Wolfensberger, Bedergasse 109/<br />
Rietergasse 2 in 8002 Zürich<br />
18 BAU & ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2009<br />
In der Zeitschrift «Die Schweizerische Baukunst»,<br />
Heft Nr. 1 vom 12. Januar 1912 stand:<br />
«Der Wolfsberg: Eine schwere Aufgabe ist den<br />
Zürcher Architekten Haller und Schindler<br />
gestellt worden, als es sich darum handelte,<br />
der Graphischen Anstalt J. E. Wolfensberger<br />
ein neues He<strong>im</strong> zu schaffen. Grosse Räume<br />
zur Aufstellung der riesigen Plakatdruckmaschinen,<br />
Zeichnungssäle für lithographische<br />
Zeichner und Ateliers für Künstler, Ausstellungsräume<br />
für graphische Arbeiten und ein<br />
bedeutender Kunstsalon, dazu verschiedene<br />
Wohnungen: All das war nicht nur unter<br />
einem Dache unterzubringen, sondern auch<br />
als Kunstwerk in einer geschlossenen Form<br />
auszureifen, so dass einem wichtigen Kunstinstitut<br />
ein würdiges architektonisches Kleid<br />
entstehen könnte. Und man darf wirklich<br />
ohne Voreingenommenheit sagen, dass diese<br />
bedeutende Aufgabe restlos gelöst worden<br />
ist. Der Wolfensberg ist nicht nur eine neue<br />
Anwendung des in Deutschland geschaffenen<br />
Typus des Geschäftshauses, er ist beinahe ein<br />
neuer Typus, in seiner Gestaltung <strong>im</strong> Grossen<br />
wie auch in den Einzelheiten, die in der Sprache<br />
unserer Zeit ausdrückt sind und durchaus<br />
eigenartig und persönlich wirken.» Auch<br />
heute noch steht die Graphische Anstalt J. E.<br />
Wolfensberger für Pionier leistungen, Qualitätsarbeit<br />
und ein grosses Engagement in Sachen<br />
Kunst. Das Gebäude an der Beder strasse,<br />
das bis ins Jahr 2006 Firmenssitz, gesellschaftlicher<br />
Treffpunkt und Ausstellungsort<br />
war, wurde zugunsten einer neuen Produktionsstätte<br />
in Birmensdorf aufgegeben – neue<br />
Technologien, höhere benötigte Druckkapazitäten,<br />
andere Bedürfnisse forderten ihren<br />
Tribut. Eine zeitgerechte Umnutzung des traditionsreichen<br />
Firmensitzes an der Bederstrasse<br />
war angesagt. Die Aufgabe bestand darin,<br />
das denkmalgeschützte Gebäude heutigen Bedürfnissen<br />
ans Wohnen anzupassen und dabei<br />
die historische Bausubstanz in neuem Glanz<br />
erscheinen zu lassen. Sicher eine spannende<br />
Herausforderung, die von den federführenden<br />
Architekten KSA Kyncl Schaller Architekten<br />
GmbH und der Generalunternehmung Unirenova<br />
in Zusammenarbeit mit dem städtischen<br />
<strong>Denkmal</strong>pfleger mit überzeugendem Ergebnis<br />
gelöst wurde.
Eine (Bilder-)Geschichte <strong>im</strong> Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart<br />
«Das hohe und noch etwas unter Strassenniveau reichende Erdgeschoss enthält die Druckerei. Sie ist durch einen besonderen, auch grossen Maschinen noch genügenden<br />
Eingang von der Hofseite her und durch eine Diensttreppe von den Geschäftsräumen her zugänglich. Der Zugang zu diesen trägt repräsentativen Charakter und ist aus diesem<br />
Grund schon mit reicher Kunst ausgestattet.»<br />
Da, wo früher die Druckmaschinen ratterten, befinden sich heute grosszügige Loftwohnungen. Der Weg dahin<br />
war steinig, bautechnisch gesehen nicht ganz unkompliziert, da das Gebäude, bevor die Decke der Druckerei<br />
abgebrochen werden konnte, mit Stützen stabilisiert werden musste. Die Fotos des Umbaus geben einen Eindruck<br />
der Problematik.<br />
Kurzbaubeschrieb<br />
Dachkonstruktion<br />
Satteldach in Holzkonstruktion, Eindeckung<br />
mit Biberschwanzziegeln, Dämmung: 18 cm<br />
Mineralwolle zwischen den Sparren, Innenverkleidung<br />
mit Gipsplatten, weiss.<br />
Fenster<br />
Bestehende Holzmetallfenster mit 2fach<br />
Isolierverglasung, resp. teilweise Erneuerung<br />
Elektroanlagen<br />
Teilweise bestehend, ansonsten sinnvolle<br />
Erneuerung<br />
Heizung/Warmwasser<br />
Wärmeerzeugung mit Gas in Heizzentrale <strong>im</strong><br />
Nachbargebäude<br />
Lüftungsanlage<br />
Kontrollierte Wohnungslüftung, individuell<br />
regulierbar, in Küche integriert.<br />
BAU & ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2009 19
Umnutzung: Kunstsalon Wolfensberger, Zürich<br />
«Das Haupttor hebt sich schon durch seine Farbe, ein<br />
entschiedenes Schieferschwarz vom rötlichen Grau der<br />
in Haustein gearbeiteten Fassade ab. In einer Nische<br />
über ihm steht ein riesiger Wolf in streng stilisierten<br />
Formen, das Hauszeichen der Anstalt. Auch die<br />
Leibungen haben einen originellen, gleich behandelten<br />
Skulpturenschmuck erhalten. Die schwellende Fülle<br />
der Formen hat viel vom Geiste der Barockzeit, ohne<br />
dass aber eine einzige wirkliche barocke Form auszuweisen<br />
wäre.<br />
«Von glücklicher Wirkung ist die flachgewölbte Eingangshalle mit ihrer Bekleidung<br />
aus schwarzem und weissem Marmor, der durch gelbe Ornamente – kleine halbierte<br />
und kannelierte Säulentrommeln – am Gebälk sehr günstig belebt wird. Die Haupttreppe<br />
ist <strong>im</strong> Viereck um den Personenaufzug geführt; die Wände sind wiederum<br />
mit schwarzem und weissem Marmor inkrustiert: Die Briefkästen, das Gitter des<br />
Aufzugs, die laternenförmig gehaltenen Beleuchtungskörper, alles hat Bedeutung und<br />
kunstgewerblichen Wert.»<br />
20 BAU & ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2009<br />
Die Instandsetzung des Haupttores bedingte Feinarbeit<br />
in der Renovation. Anhand der vorhandenen<br />
Originalvorlagen und der genauen Beschreibung der<br />
Farbtöne war aber nur eine präzise «Entstaubung»<br />
und Erneuerung des Bestehenden erforderlich.<br />
Fassadenrenovation<br />
Um die eigentlich gut erhaltene, aber verdreckte<br />
Fassade nicht durch Reinigung unter<br />
Hochdruck unnötig zu strapazieren, entwickelte<br />
die Firma Keller AG, Ziegeleien in Pfungen,<br />
ein neues Verfahren mit rundum verlegten<br />
Düsen, die die gesamte Fassade während 24<br />
Stunden sprühend benetzen und entsprechend<br />
«auf weichen», sodass sie nur noch normal<br />
abgewaschen werden musste.<br />
Mit viel handwerklichem Geschick, mit der (Nach)Mischung der «alten» Farben,<br />
mit dem originalgetreuen Nachbau der Lampen wurde der Originalzustand wieder<br />
hergestellt – der Eintritt in das Haus könnte schöner nicht sein.
«Weiter oben verliert das Treppenhaus seine repräsentative, für eine Kunstanstalt durchaus gegebene Ausgestaltung<br />
und zeigt einfachen, aber gediegenen Wohnhauscharakter. Von den fünf Wohnungen ist namentlich diejenige des<br />
Inhabers künstlerisch reicher ausgeführt worden.»<br />
Die Wohnung des damaligen Inhabers wurde<br />
ge samthaft unter <strong>Denkmal</strong>schutz gestellt und be <br />
hutsam renoviert. Die Schönheit der anderen<br />
Wohnungen entsteht durch den Kontrast moderner<br />
Inneneinrichtungen, komfortabler Ausstattungen<br />
und dem gekonnt in Szene setzen von Erkern, altem<br />
Holzwerk, Fenstern mit Aussicht, alten renovierten<br />
Einbaumöbeln, Lichteffekten...<br />
Und – und das gilt für den Bau ebenso wie für den<br />
Umbau: «Nirgends wurde nicht weniger Sorge verwendet<br />
als auf Grundrisse und Fassaden. Nirgends<br />
findet sich billige Dutzendware, bis zu den Türschlössern<br />
ist alles modern aus dem Zwecke oder in<br />
Anlehnung, aber ohne Nachahmung, alter Vorbilder<br />
ausgeführt. (Sigrid Hanke)<br />
Am Bau Beteiligte<br />
Bauherrschaft<br />
Prisma Bau AG<br />
8702 Zollikon<br />
Planung<br />
KSA Kyncl Schaller Architekten GmbH<br />
8006 Zürich<br />
Generalunternehmung<br />
Unirenova<br />
Ein Unternehmensbereich der Karl Steiner AG<br />
8050 Zürich<br />
Bauleitung<br />
3 A Architekten<br />
8706 Meilen<br />
Bauingenieur<br />
STB Schnyder + Tobler<br />
8032 Zürich<br />
Elektroingenieur/HLK-Ingenieur<br />
Meili Tanner Partner AG<br />
8612 Uster<br />
Copyright Fotos<br />
Historische Fotos<br />
Aus: Die Schweizerische Baukunst, Zeitschrift<br />
für Architektur, Baugewerbe, Bildende Kunst<br />
und Kunsthandwerk. Offizielles Organ des Bundes<br />
Schweizerischer Architekten BSA, Bern,<br />
Wagner’sche Verlagsanstalt, 1912, Heft Nr. 1,<br />
12. Januar 1912, Seiten 1 bis 17.<br />
Umbaufotos<br />
3 A Architekten<br />
8706 Meilen<br />
Aussenaufnahme<br />
Ralph Bensberg, 8117 Fällanden /<br />
Karl Steiner AG, 8050 Zürich<br />
Wohnungsaufnahmen<br />
Mark Niedermann<br />
4125 Riehen<br />
BAU & ARCHITEKTUR SEPTEMBER 2009 21