Alexander Dorin - Kai Homilius Verlag
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[...] „Solange ich in Srebrenica bin“, sagt er, „wird es nie serbisch<br />
sein. Wir werden Heim und Herd unserer Leute beschützen. Wir<br />
werden nie Palästinenser werden.“ 13<br />
Interessante Informationen. Was für eine Art von serbischer Belagerung<br />
kann das also gewesen sein, wenn Orić und seine Kämpfer jederzeit<br />
ungehindert Srebrenica verlassen und andere moslemische Enklaven<br />
aufsuchen konnten? Seltsam auch, dass er es als „Abenteuer“ empfindet,<br />
wenn er und seine Truppen Tausende Menschen massakrieren und<br />
schwer verletzen. Noch seltsamer erscheint sein Vergleich mit den Palästinensern.<br />
Man stelle sich vor, palästinensische Freischärler ermordeten<br />
und verstümmelten während einer Großoffensive irgendwo Tausende<br />
Israelis. Anschließend zögen sie sich in eine Stadt zurück, die später logischerweise<br />
vom israelischen Militär umzingelt wäre, und behaupteten,<br />
sie beschützten bloß ihre Leute. Ob sie damit wohl irgendwo durchkämen?<br />
Orić ist damit jedenfalls durchgekommen.<br />
John Pomfret sollte aber nicht der Einzige bleiben, der Orić vor dem<br />
Fall Srebrenicas aufsuchte. Der Journalist Bill Schiller besuchte ihn im<br />
Sommer 1995 und durfte sich ebenfalls auf Video festgehaltene Gräueltaten<br />
an serbischen Bewohnern aus der Region zu Gemüte führen. In<br />
seinem Bericht schreibt Schiller u. a.:<br />
Auch wenn die Serben Srebrenica umzingelt hatten, inszenierte<br />
Orić nachts immer noch Kommandoüberfälle auf serbische<br />
Ziele.<br />
Orić, ein Krieger, wie man ihn sich blutrünstiger nicht<br />
vorstellen kann, entkam aus Srebrenica, bevor es fiel. Manche<br />
glauben, er werde die bosnisch-moslemischen Streitkräfte in die<br />
nahe gelegenen Enklaven von Žepa und Goražde führen. Letzte<br />
Nacht bemächtigten sich diese Streitkräfte der Panzerfahrzeuge<br />
und anderer Waffen der UN-Friedenstruppen, um sich besser<br />
zu schützen. Orić ist ein Furcht einflößender Mann, und er ist<br />
stolz darauf. Ich traf ihn im Januar 1994 in seinem Haus im von<br />
Serben umzingelten Srebrenica. An einem kalten, verschneiten<br />
Abend saß ich in seinem Wohnzimmer und schaute mir eine<br />
schockierende Videoversion dessen an, was man wohl Orićs<br />
„Größte Erfolge“ nennen könnte. Man sah brennende Häuser,<br />
tote Körper, abgetrennte Köpfe und fliehende Menschen. Orić<br />
grinste die ganze Zeit hindurch und bewunderte sein Werk.<br />
„Wir überfielen sie aus dem Hinterhalt“, sagte er, als einige tote<br />
Serben auf dem Bildschirm erschienen. Die nächste Folge von<br />
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