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EmedientrendPublizistikEin Input an denVerlegerkongressWorüber der Verleger-Kongress im September auch nochdebattieren könnte. Von Philipp CueniWir erleben eine Zeitdes Abbaus und Umbausin den Medienhäusern.Viele Verlageklagen überknappe Ressourcen oder schlechte Abschlüsse.Wir lesen Grundsatzerklärungenvon Verlegern und Medienmanagern überneue Geschäftsmodelle. Der Verleger istaber nicht nur Unternehmer, er ist auchPublizist: Wo schlägt sein Herz?Jürgen Richter ist Unternehmer inDeutschland, saniert gerade die Kölnarena,berät ein Bankhaus, und er war Medienmanageran der Spitze des Springer Verlagesund bei Bertelsmann. In der „SüddeutschenZeitung” (12. Juli 2011) sagt er: „Nur überheraus ragende Qualität kann die Positionim Wettbewerb besonders mit den elektronischenMedien gehalten werden. So wieviele Jahre das boomende AnzeigengeschäftDer Auftrag:Journalismusfür dieDemokratie.den unabhängigen Qualitätsjournalismusmitfinanziert hat, müssten zum Ausgleichvielleicht auch einmal die Renditeziele derMedienhäuser überdacht werden. Es ist ja50 Jahre blendend verdient worden. Mussdies ewig so sein?” Das sind bedenkenswerteWorte eines (früheren) Medienmanagers.Was antworten ihm die Schweizer Kollegenaus der Verlagsbranche?Die Verantwortung. Eine demokratischeGesellschaft kann ohne Qualitätsjournalismusnicht funktionieren. In unseremSystem tragen die Medienunternehmen,ob privat oder Service public, die Verantwortungfür die Organisation des Journalismus.Damit ist der Journalismus derGeschäftspolitik der Medienunternehmenausgeliefert. Diese bestimmen, welche publizistischeQualität finanziert werden soll,damit sich das Mediengeschäft noch lohnt.Die Medienunternehmen stehen voreinem Dilemma, seit die traditionellenGeschäftsmodelle nicht mehr zuverlässigsind. Einerseits ist die „Ware” Journalismusnur so lange wertvoll, als sie Qualität hat.Also sollten sie den Journalismus weiterentwickeln,veredeln, fördern – und nachhaltigfinanzieren. Andererseits wollen dieVerlage ihre Profite maximieren: Wählensie den Weg von Abbau und Verflachung,schaden sie der Qualität. Alternative Strategiensind gefragt.Die einen hoffen auf neue Geschäftsmodelleim Internet, andere suchen neueFinanzierungen über Diversifizierung. DerJournalistikprofessor Stephan Weichert istskeptisch. In der NZZ (16. August 2011) sagter: „Solange Journalismus kein Produkt untervielen ist, dessen Wert sich alleine amUmsatz messen lassen muss, wird er immerJournalismus bleiben (müssen).” Und erfolgert, Unternehmen, die bisher Journalismusverkauft hätten, müssten sich aufalternative Wege einlassen.Marie Louise Kiefer, die grosse alteDame der Kommunikationswissenschaft,sucht einen dritten Weg und postuliert gardie Trennung zwischen Journalismus undMedien. Journalismus müsse als eigene Institutionverstanden werden, losgelöst vonden wirtschaftlichen und strukturellenZwängen der Medienorganisationen, under müsse folglich anderweitig, etwa überStiftungen, finanziert werden. Zugespitztund provokativ formuliert: Marie LouiseKiefer sagt, die Zeit, in der die Medienunternehmenund die Verlage die Verantwortungfür die Finanzierung des Journalismusgetragen haben, sei vorbei.Weitere Ansprüche. Geschätzte Verleger,Sie sind herausgefordert. Wir konfrontierenSie gleich mit weiteren Ansprüchen.Ausbildung. Der Qualitätsjournalismuslebt von einer intensiven Aus- und Weiterbildung.Vieles läuft in dieser Hinsicht gutin der Schweiz, aber noch lange nicht optimal.Allzu viele Journalistinnen und Journalistenwerden von den Aus- und Weiterbildungsgängenkaum erfasst. Es scheintuns nötig, eine Ausbildungsoffensive zulancieren.Glaubwürdigkeit. Der Ruf des Journalismusist – teils zu Unrecht, teils zu Recht– ramponiert: durch allzu aggressiven Boulevardjournalismus,durch fragwürdigeMethoden, durch unsaubere Arbeit. Deshalbmuss wieder geklärt werden, welcheAufgabe der Journalismus gesellschaftlichhat und wie er sie wahrnehmen soll. Damitwürde die Glaubwürdigkeit des Journalismusgestärkt. Helfen Sie mit, diese Debatteoffensiv zu führen.Mitte September findetder Jahreskongress desVerlegerverbandes„Schweizer Medien” statt.Ein Anlass für Reden undDebatten. Neben demPräsidenten des Verbandessprechen eineBundesrätin, der Direktordes liberalen AvenirSuisse und der Chef derArmee. Und an Podienkommen auch Journalistenzu Wort.Freie. Guter Journalismus war schon immerund überall auch auf Leistungen einerSzene von freien Journalisten angewiesen.Diese Szene ist in der Schweiz schwach geworden– auch wegen ungenügender Honorare.Tragen Sie dazu bei, die Freien zustärken. Nehmen Sie das Gespräch über dieHonorarsituation bei den Freien auf.AnzeigeLeute, unsere Konkurrenzinseriert ständig im«Sonntag». Warum sind wirschon wieder nicht drin?Gruss, CEOWissenschaft. Die Medienwissenschaftmacht Analysen zur Mediensituation, zeigtStärken, Fehlleistungen und Schwachstellenim System Journalismus, macht Vorschlägeund kritisiert. Das ist manchmalunbequem und ärgert die Medienakteure,allzu oft wird die Medienwissenschaft ignoriert.Zeigen Sie sich trotzdem offen gegenüberden Inputs der Wissenschaft undnehmen Sie den Dialog auf. Das würde dieBranche beleben.GAV. Für guten Journalismus braucht esgute Arbeitsbedingungen. Verleger undJournalisten sind aufeinander angewiesen.Zeigen Sie Respekt gegenüber IhrenMitarbeitenden, indem Sie wieder zueiner kollektiven Regelung der Arbeitsverhältnissezurückkehren, wie es zurschweizerischen Tradition der Sozialpartnerschaftgehört.Kooperationen. Die Medienunternehmensind Konkurrenten, aber sie habeneinen gemeinsamen Auftrag: Journalismusfür die Demokratie. In derkleinen Schweiz ist es nicht einfach,diesen Auftrag gegenüber Playern einerzunehmend globalisierten Medienweltumzusetzen. Suchen Sie in der Schweiz,ohne den publizistischen Wettbewerbaufzugeben, vermehrt nach Kooperationenzwischen den Verlagen und mit derSRG. So stärken wir diesen Medienstandort.Unabhängigkeit. Die jüngere Traditionder Verleger in der Schweiz basiert aufpublizistischer Unabhängigkeit. Die meistenMedienhäuser fühlen sich der Aufklärung,und nicht irgendwelchen Ideologienverpflichtet. Neu dringen Kräfte ins Mediengeschäft,welche die Medien für wirtschaftlicheoder politische Ziele vereinnahmenwollen – wie schon in Frankreichoder Italien. Verteidigen Sie Ihren Berufsstandund Ihr Berufsethos gegen diesebranchenfremden Eindringlinge.22 EDITO+KLARTEXT 04 | 2011 04 | 2011 EDITO+KLARTEXT 23

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