treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
Auf Roms Spuren in der Türkei<br />
Architektur-Studenten der <strong>Hochschule</strong> helfen bei Ausgrabung<br />
Auslandsaufenthalt in Japan<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
Digitale Lösungen der Zukunft<br />
Industriedesign-Absolventen machten sich selbstständig<br />
Informationen und Meinungen<br />
Oktober 2006<br />
Nummer 33
2 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Editorial<br />
Gute Startbedingungen<br />
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,<br />
ein neues Semester beginnt, über 1.000 von Ihnen beginnen<br />
mit einem Studium in <strong>Magdeburg</strong> oder <strong>Stendal</strong>. Was liegt da<br />
näher als neugierig zu sein und Orientierungshilfen zu<br />
suchen? Die <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) bietet<br />
Ihnen in diesem Wintersemester einen besonderen Service.<br />
Für alle Erstsemester halten wir eine Erstsemesterbroschüre<br />
bereit, in der wichtige Adressen, Begriffe und Hilfestellungen<br />
gesammelt dargeboten werden. Zusätzlich erhalten Sie mit<br />
jeder Ausgabe der Hochschulzeitung <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> einen<br />
Einblick in einzelne Projekte, Forschungen und Studiengänge.<br />
Die aktuelle Ausgabe zeigt, dass von <strong>Magdeburg</strong> und <strong>Stendal</strong><br />
aus die Hochschul-Botschafter in alle Welt ziehen. Von<br />
24 Seiten haben immerhin neun direkten Bezug zu anderen<br />
Ländern, von Aserbaidschan (S. 22) bis Japan (S. 18) und<br />
von Amman (S. 12) bis New York (S. 5). Das ist beileibe kein<br />
Zufall, denn Wissenschaft ist international und wer erfolgreich<br />
studieren will, dem ist ein Auslandsaufent-halt immer<br />
zu empfehlen. Manch Projekt, wie die Ausgrabungen in<br />
Patara (S. 6), haben seit Jahren einen festen Platz in der<br />
Projektlandschaft.<br />
Nun soll hier nicht der Eindruck erweckt werden, wir wären<br />
froh über jeden, der uns verlässt, weil es andernorts besser<br />
ist. Ganz im Gegenteil: Nachdem der <strong>Magdeburg</strong>er Campus<br />
am Herrenkrug bereits zu den schönsten in Deutschland<br />
gehört, ist seit wenigen Tagen (Landtags-Finanzausschuss<br />
hat 5,15 Millionen Euro bewilligt) sicher, dass auch der<br />
zweite Standort der <strong>Hochschule</strong> in <strong>Stendal</strong> – nach langer<br />
Wartezeit mit schwierigen Übergangsbedingungen – ausgebaut<br />
werden kann. Zwei Jahre früher als geplant wird in<br />
einem Jahr der Lehrbetrieb im dann sanierten, zweiten ehemaligen<br />
Kasernengebäude beginnen. Ein Riesenschritt zu<br />
ausgezeichneten Studienbedingungen, der ganz wesentlich<br />
von der Spendeninitiative der <strong>Stendal</strong>er Mitarbeiter getragen<br />
wird, denen ich an dieser Stelle nochmals herzlich danken<br />
möchte.<br />
Die Zukunft der <strong>Hochschule</strong> scheint somit für die kommenden<br />
Jahre gesichert. Nichtsdestotrotz gibt es Aufgaben,<br />
denen wir uns stellen müssen: Das Jahr 2007 bringt Sachsen-Anhalt<br />
einen doppelten Abiturjahrgang. Die Folge ist,<br />
dass wir voraussichtlich für fünf Jahre erhöhte Kapazitäten<br />
benötigen, wenn die Anfänger nicht noch mehr in andere<br />
Bundesländer abwandern sollen. Ohnehin rechnet man in<br />
Deutschland mit einem demografisch bedingten „Studentenberg“,<br />
der bis zum Jahr 2020 Bestand haben soll<br />
(Gesamtzahl der Studenten heute: knapp 2 Millionen,<br />
geschätzt für 2015: 2,7 Millionen). Statt andernorts neue<br />
Kapazitäten aufzubauen, liegt es doch nahe, die hier vorhandenen<br />
zu nutzen. Wir werden uns also dafür einsetzen,<br />
Mittel aus dem Hochschulpakt zu bekommen, um mehr Studierende<br />
aus den alten Bundesländern in <strong>Magdeburg</strong> und<br />
<strong>Stendal</strong> begrüßen zu können.<br />
Prof. Dr. Andreas Geiger, Rektor<br />
Inhalt Oktober 2006<br />
Zerstörungsfreie Metall- und Kunststoffprüfung<br />
Prüfverfahren schafft Durchblick....................................... 3<br />
Bachelor-Studiengang Gebärdensprachdolmetschen<br />
Gestenreiches Studium...................................................... 4<br />
Einblick in Hospitationspraktikum für Gebärdendolmetscher<br />
Zeig mir New York............................................................. 5<br />
Titelthema<br />
Architektur-Studenten helfen bei Ausgrabung in Patara<br />
Auf Roms Spuren in der Türkei.......................................... 6<br />
Lange Nacht der Wissenschaft in <strong>Magdeburg</strong><br />
Die Wissenschaft schläft nicht .......................................... 8<br />
Preisträger<br />
Prof. Dr. Hans-Georg Beyer gewinnt „Poster Award“........ 9<br />
Studieren mit Kind - was ist mit dem Elterngeld?<br />
Tauziehen ums Elterngeld............................................... 10<br />
Institut für Industrial Design entwickelt Löschroboter<br />
Ole brennt auf Einsatz.................................................... 11<br />
Erstsemester der German-Jordanian University<br />
Erstis aus Jordanien........................................................ 12<br />
Öffentlichte Ringvorlesung am Standort <strong>Stendal</strong><br />
Lern- und Lebensorte von Kindern.................................. 13<br />
Fußball-WM der Menschen mit Behinderung<br />
„Anders ist auch normal“.............................................. 14<br />
Nachrichten..................................................................... 16<br />
Titelthema<br />
Ein Erfahrungsbericht von Juliane Braun<br />
Auslandsaufenthalt in Japan........................................... 18<br />
Zukünftige Kindheitswissenschaftler auf Exkursion in Halle<br />
Zu Gast im Iris-Regenbogenzentrum.............................. 20<br />
Titelthema<br />
Industrie-Design Absolventen machten sich selbstständig<br />
Digitale Lösungen der Zukunft........................................ 21<br />
Summerschool und Dokumentarfilmdreh in Aserbaidschan<br />
Zu Besuch im Kaukasus...................................................22<br />
Impressionen/Impressum................................................ 24
Zerstörungsfreie Metall- und Kunststoffprüfung<br />
Prüfverfahren schafft Durchblick<br />
Röntgen- und Ultraschallverfahren sind uns allen wohlbekannte<br />
medizinische Untersuchungsmethoden, um ohne<br />
einen Eingriff zu erkennen, was unter der Oberfläche liegt.<br />
Wenn diese Verfahren auf technische Werkstücke angewandt<br />
werden, so nennt man das Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP).<br />
Dafür gibt es allerdings noch eine ganze Reihe weiterer Verfahren,<br />
die auf anderen physikalischen Prinzipien beruhen.<br />
Im Institut für Elektrotechnik befassen wir uns mit der ZfP<br />
von Bauteilen aus Metall und Kunststoff, um sie auf Risse,<br />
Materialfehler, wie Lunker, und ähnliches zu untersuchen<br />
oder auch um zerstörungsfrei Schichtdicken zu messen.<br />
Für unsere Analysen setzen wir eine sehr empfindliche magnetische<br />
Messtechnik ein, um Metalle zu untersuchen und nutzen<br />
eine mikrowellenbasierte Technik, um elektrisch isolierende<br />
Werkstoffe, wie zum Beispiel Glas, Keramik und Kunststoffe zu<br />
untersuchen. Die Arbeiten erfolgen in enger Zusammenarbeit<br />
mit der FI Test- und Messtechnik GmbH (FIT-M), einem An-Institut<br />
an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH). Zeitlich etwas<br />
schwankend beträgt die Größe der Arbeitsgruppe einschließlich<br />
studentischer Mitarbeiter bis zu acht Personen.<br />
Die Arbeiten sind eingebunden in den instituts- und fachbereichsübergreifenden<br />
Forschungsschwerpunkt Zerstörungsfreie<br />
Prüfung der <strong>Hochschule</strong>, desweiteren wird mit der Projektgruppe<br />
Naturstoffinnovation (ProNinA) wird kooperiert.<br />
Über die Hochschulgrenzen hinaus bestehen enge Kontakte<br />
mit der Otto-von-Guericke Universität, mit mittelständischen<br />
Unternehmen der Region sowie mit Großunternehmen<br />
deutschlandweit. Mit der Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co<br />
KG gibt es sogar einen formalen Kooperationsvertrag.<br />
Über die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse wird<br />
international (Salzburg, Montréal 2004) und vielfach national<br />
auf Konferenzen und Workshops sowie in Präsentationen<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 3<br />
oktober 2006<br />
Wigald Boning und Prof. Dr. Johann Hinken erörtern die Werkstoffprüfung bei der Eröffnung des Jahrs der Wissenschaft<br />
bastian ehl<br />
für die interessierte Öffentlichkeit berichtet. Vier Erfindungsbzw.<br />
Patentanmeldungen wurden bereits eingereicht. Forschungsarbeiten<br />
werden unter anderem mit Mitteln aus dem<br />
Hochschulwissenschaftsprogramm gefördert.<br />
Ein besonderes Highlight war die Verleihung des VDI-Förderpreises<br />
an unserem früheren Diplomanden und jetzigem Mitarbeiter<br />
Dipl.-Ing. Dirk Beilken am 24. Februar 2006 für seine<br />
hervorragende, in der FIT-M angefertigte Diplomarbeit „Aufbau<br />
und Inbetriebnahme eines Mikrowellensystems zur zerstörungsfreien<br />
Prüfung von Faserverbundwerkstoffen" der<br />
VDI-Förderpreis verliehen wurde.<br />
Prof. Dr.-Ing. Johann Hinken<br />
Wieder zusammengesetzte Turbinenscheibe nach Flugzeugkatastrophe:<br />
Sioux City, 1989, 110 Tote. Ursache: Materialfehler<br />
in der Turbinenscheibe, der mit verbesserter ZfP hätte<br />
rechtzeitig erkannt werden können.
4 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Bachelor-Studiengang Gebärdensprachdolmetschen<br />
Gestenreiches Studium<br />
Wenn das gesprochene Wort als Kommunikationsmittel wegfällt, kommt die Gebärdensprache ins Spiel.<br />
Seit 1997 bietet die <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<br />
<strong>Stendal</strong> den Studiengang Gebärdensprachdolmetschen<br />
an. Neben der Uni Hamburg<br />
war die <strong>Hochschule</strong> als zweiter Ausbildungsstandort<br />
in Deutschland Pionier auf<br />
dem Gebiet. Die Gebärdensprache war lange<br />
Zeit nicht als vollwertige Sprache akzeptiert.<br />
Erst seit Anfang der neunziger Jahre<br />
ist es in Deutschland überhaupt möglich,<br />
ein Studium in diesem Bereich zu absolvieren<br />
– und das bei geschätzten 80.000 gehörlosen<br />
Menschen alleine in Deutschland.<br />
Ein Gebärdensprachdolmetscher ermöglicht die Kommunikation<br />
zwischen hörenden und hörgeschädigten (also gehörlosen<br />
und schwerhörigen) Menschen. Dabei kommt logischerweise<br />
die Gebärdensprache zur Anwendung. Typische Anlässe<br />
für die Arbeit eines Gebärdensprachdolmetschers sind<br />
Betriebsversammlungen, Mitarbeiterbesprechungen, Gerichtsverhandlungen<br />
oder private Anlässe. Aber auch öffentliche<br />
Veranstaltungen werden vermehrt Gehörlosen zugänglich<br />
gemacht, indem vor Ort das gesprochene Wort in die<br />
Gebärdensprache übersetzt wird. So sorgten zum Beispiel<br />
drei Gebärdensprachdolmetschen-Studierende der <strong>Hochschule</strong><br />
bei der Eröffnungsfeier zum Jahr der Wissenschaft<br />
dafür, dass die gehörlosen Gäste die Veranstaltung problemlos<br />
verfolgen konnten.<br />
Übersetzer arbeiten in der Regel schriftlich. Dolmetscher<br />
übertragen gesprochene Texte direkt in andere Sprachen. So<br />
natürlich auch die Gebärdensprachdolmetscher. Sie ermöglichen<br />
eine lückenlose Kommunikation. Dadurch können<br />
hörende und gehörlose Menschen in ihrer jeweils eigenen<br />
Sprache miteinander diskutieren. Besonders für die Gehörlosen<br />
ist der Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers eine<br />
große Erleichterung, da sie weder auf das anstrengende Lippenlesen,<br />
noch auf Kommunikation in Schriftform angewiesen<br />
sind – Techniken, die zudem bei großen Gruppen schnell<br />
an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Direkte menschliche Kommunikation<br />
lebt vom Augenblick – zu lange Verzögerungen<br />
würden die Dynamik und Stimmung zerstören.<br />
Die Ausbildung zum Gebärdensprachdolmetscher lehnt sich<br />
an die klassische Dolmetscher-Ausbildung an. Das Studium<br />
an der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> dauert im Studiengang<br />
Gebärdensprachdolmetschen sieben Semester. Die<br />
Bewerber müssen bereits Grundkenntnisse der Deutschen<br />
Gebärdensprache (DGS) vor Studienbeginn erworben haben.<br />
Das Studium gliedert sich in vier Schwerpunkte. Zuerst werden<br />
allgemeine, für die Ausbildung notwendige Kompetenzen<br />
vermittelt. Anschließend wird sich mit der Kultur und<br />
Lebenssituation von Gehörlosen beschäftigt. Im dritten<br />
Abschnitt erfolgt der Ausbau der eigenen Sprachkenntnisse,<br />
um ein möglichst breites Einsatzspektrum zu schaffen. Den<br />
vierten Schwerpunkt bildet die eigentliche Ausbildung zum<br />
Gebärdensprachdolmetscher.<br />
Gebärdensprachdolmetscher sind wie „normale“ Dolmetscher<br />
ausschließlich für die Übermittlung zuständig. Sie nehmen<br />
nicht als dritte Person an einem Gespräch teil. Auch<br />
bleiben sie stets objektiv und ergreifen niemals für eine der<br />
beiden Seiten in einem Gespräch Partei. Ebenso unterliegen<br />
sie der Schweigepflicht. Also ein Beruf, der viel Fingerspitzengefühl<br />
und Verantwortung erfordert.<br />
Mehr Informationen hält die Webseite der <strong>Hochschule</strong> bereit:<br />
www.hs-magdeburg.de/studium/.<br />
photocase.com<br />
Bastian Ehl
Einblick in ein Hospitationspraktikum für Gebärdensprachdolmetschen<br />
Zeig mir New York<br />
Seit einigen Tagen bin ich wieder im Lande.<br />
Ich bin heimgekehrt aus der – für mich –<br />
schönsten Stadt der Welt: New York. Aber<br />
der Reihe nach...<br />
Im vierten Studiensemester stehen bei uns im Studiengang<br />
Gebärdensprachdolmetschen 20 Wochen Hospitationspraktikum<br />
an. Da dies eine gute Möglichkeit ist, über den sprichwörtlichen<br />
„Tellerrand“ zu schauen, wurden wir ermutigt,<br />
doch ruhig auch mal in anderen Ländern zu schauen, wie das<br />
da mit dem Dolmetschen läuft. Da ich die Stadt New York liebe<br />
und bei einer sehr guten Freundin, die dort lebt, freie<br />
Unterkunft habe, fiel die Wahl leicht.<br />
So hieß es für mich: Ab auf die Website des amerikanischen<br />
Gebärdensprachdolmetschverbandes (www.rid.org) und<br />
nach Dolmetschern suchen. Die Wahl fiel dann recht schnell<br />
und einfach, denn es antwortete nur eine Dame auf meine<br />
Anfrage. Es stellte sich schnell heraus, dass sie feste Angestellte<br />
im Helen Keller National Center, einem Trainingscenter<br />
für taubblinde Jugendliche und Erwachsene ist. Ich wollte<br />
mich schon vorher auf diese Nische unseres Berufes einlassen,<br />
da war es geradezu Schicksal. Also erledigte ich den<br />
ganzen Papierkram, besorgte mein Visum und los. Für drei<br />
Monate ging es für mich nach Sands Point im Norden von<br />
Long Island, ungefähr 40 Minuten von Penn Station in Manhattan<br />
entfernt.<br />
Insgesamt hatte ich anderthalb Stunden im Zug pro Strecke<br />
zu pendeln, aber das war mir egal, denn ich war in meiner<br />
Traumstadt. Ich konnte vier Mal pro Tag die Skyline genießen.<br />
Und egal, wie oft ich das Chrysler Building mit seinen<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 5<br />
oktober 2006<br />
reflektierenden Chromflächen, das markant eckige Empire<br />
State Building oder das dreieckige Dach des Citycorp Buildings<br />
sah, ich wurde dessen nie müde.<br />
Mein Alltag war wie jedes Praktikum auch – zumindest fast.<br />
Ich war in einem anderen Land mit einer anderen Gebärdensprache<br />
und sollte nun dort die Dolmetscher beobachten.<br />
Zwar gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Amerikanischer<br />
(ASL) und Deutscher Gebärdensprache (DGS), aber es gibt<br />
auch genügend Unterschiede, die einen in den Wahnsinn<br />
treiben können. Da denkt man, man kennt die eine Gebärde,<br />
um dann feststellen zu müssen, dass die Bedeutung doch<br />
ganz anders ist. So wird unser „behindert“ beispielsweise in<br />
ASL zu „improved“ oder unser „wie viel“ zu „wait“. Doch<br />
die meisten taubblinden oder hörsehbehinderten Menschen<br />
sind sehr geduldig und ließen mir Zeit.<br />
Nach der Arbeit von 9 bis 15.45 Uhr kam meist das Vergnügen:<br />
ab nach Manhattan. Über den sehr vollen Times Square<br />
mit den vielen bunten Leuchtreklamen und sehr vielen Touristen<br />
zum eher ruhigen Battery Park im Süden; vom Broadway,<br />
wo ein Theater neben dem anderen liegt zum sehr tragischen<br />
Ground Zero, wo nur noch eine Baugrube und<br />
Gedenktafeln an das erinnern, was nun schon fünf Jahre<br />
zurückliegt. Das Leben ist nach New York zurückgekehrt.<br />
Wenn man als Tourist mal stehen bleibt, gibt es schon mal<br />
ein paar „choiced words“, aber das gehört dazu. Es gibt kleinere<br />
und auf jeden Fall ruhigere Städte. Doch trotz der Hektik,<br />
der manchmal sehr gesalzenen Preise, der hupenden<br />
Taxis und der dröhnenden Sirenen von Polizei und Feuerwehr,<br />
strahlt meine Traumstadt New York zweifelsohne<br />
etwas Magisches aus. Sabine Conradi<br />
Sabine Conradi hat es sich auf einem der berühmten New Yorker Feuerwehrfahrzeuge bequem gemacht
6 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Architektur-Studenten der <strong>Hochschule</strong> helfen bei Ausgrabung in Patara<br />
Auf Roms Spuren in der Türkei<br />
Die Ausgrabungsstätte des römischen Odeons im türkischen Patara aus der Vogelperspektive<br />
Patara – Stadt an der Mittelmeerküste der<br />
Türkei, ehemals einflussreiche Hauptstadt der<br />
kleinasiatischen Landschaft Lykien, heute<br />
noch beeindruckendes Zeugnis antiker Baukunst.<br />
Für Juri Krawtschenko und Mario Neumeyer<br />
hat die Stadt im Herzen des türkischen<br />
Küstengebietes noch eine weitaus größere<br />
Bedeutung. Die beiden Architektur-Diplomanden<br />
des Fachbereichs Bauwesen an der<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) machten<br />
sich die antiken architektonischen Reichtümer<br />
der Stadt zunutze. In ihrer Diplomarbeit<br />
mit dem Titel „Konzept zur Konservierung<br />
und Rekonstruktion des Odeons/Bouleuterions<br />
in Patara“ setzten sie sich mit der Ausgrabung<br />
und Restauration eines antiken Rathauses<br />
und wahrscheinlich ehemaligen<br />
Regierungssitzes in Patara auseinander – und<br />
schlossen mit der Traumnote 1,0 ab.<br />
Stein für Stein, Schritt für Schritt dem Ziel in Patara näher kommen<br />
– seit neun Jahren ist dies die Devise des Fachbereichs<br />
Bauwesen an der FH. Zusammen mit der archäologischen<br />
Fakultät der Universität Antalya und in den ersten Jahren mit<br />
der Winckelmann Gesellschaft <strong>Stendal</strong> sind die Lehrenden und<br />
Studierenden seit 1997 in der Südtürkei forschend den Spuren<br />
eines Bouleuterions, dem ehemaligen Versammlungsraum des<br />
„Stadtrates“, auf der Spur. Die letzten Grabungen ergaben,<br />
juri krawtschenko<br />
dass das Bouleuterion in ein Odeon umbebaut wurde, ein meist<br />
halbrundes, überdachtes Gebäude aus der Antike, das für musikalische<br />
Vorstellungen und Aufführungen genutzt wurde. Die<br />
Stadt Patara galt in ihrer Blütezeit ab 100 v. Chr. als bedeutendster<br />
Hafen der Region und eine der wichtigsten Städte<br />
Lykiens (heute Türkei). Zur Zeit des Römischen Reiches war sie<br />
Metropolis und Sitz des Statthalters. Seit der Antike ist der<br />
Hafen verlandet und heute von großen Dünen zum Teil bedekkt.<br />
Geblieben sind jedoch Spuren und Überreste eindrucksvoller<br />
Bauten der damaligen Zeit. So auch des Bouleuterions, das<br />
höchstwahrscheinlich durch ein Erdbeben zerstört wurde. Ein<br />
großes von Sand bedecktes Areal war lange Zeit der einzige<br />
Hinweis auf das architektonische Meisterwerk, das unter der<br />
Erde begraben lag. Für Archäologen und Architekten Anreiz<br />
und Herausforderung, dort tätig zu werden und die Gebäudereste<br />
freizulegen. So auch für Prof. Dr.-Ing. Götz Grosche, Gründungsdekan<br />
des Fachbereichs Bauwesen an der FH und seit<br />
Oktober 2004 im Ruhestand, dessen Interesse sich seit Jahren<br />
auf das antike Bouleuterion richtet. „Die Winckelmann Gesellschaft<br />
führte schon seit zehn Jahren Vermessungsarbeiten in<br />
Patara durch und fragte damals im Fachbereich Bauwesen an,<br />
ob wir dabei helfen könnten. Ich war gleich voller Begeisterung<br />
und für das Thema aufgeschlossen“, erinnert sich Prof. Dr. Grosche<br />
an die Anfänge der Zusammenarbeit.<br />
Der Grundstein für die Kooperation war gelegt, die Forschungen<br />
in Patara gingen weiter: Nach und nach wurde bei den<br />
Arbeiten das Objekt von der Macchia, dem immergrünen
Buschwald des Mittelmeergebietes, befreit und die Konturen<br />
präzise aus dem Dünensand herausgearbeitet, um ein Aufmaß<br />
des Gebäudezustandes durchzuführen. In den ersten zwei Jahren<br />
beschränkten sich die Arbeiten auf das Vermessen der<br />
Gebäudereste, um anschließend gezielt graben zu können. Der<br />
Technikaufwand war dabei enorm: Gemessen wurde mit Hilfe<br />
der videogestützten Tachymetrie, einem Verfahren zur schnellen<br />
Gebäudeaufnahme durch gleichzeitige Entfernungs- und<br />
Höhenmessung sowie Methoden der Photogrammetrie, dem<br />
Verfahren zum Konstruieren von Grundrissen aus Fotografien<br />
der Objekte. Ferngesteuerte Kameras und ein mit Helium<br />
gefüllter Ballon kamen dabei zum Einsatz. Die erste Messkampagne<br />
erfolgte im Sommersemester 1997, die zweite ein Jahr<br />
später. „Nach einer Weile hat mich die Arbeit dort nicht mehr<br />
losgelassen.“, erzählt Prof. Dr. Grosche. Seit seinem ersten Einsatz<br />
in Patara 1997 reist er jedes Jahr für vier Wochen „nach<br />
unten“, meistens in Begleitung von engagierten FH-Studierenden.<br />
Insgesamt 35 Studenten des Fachbereichs Bauwesen<br />
waren seit Arbeitsantritt bisher in Patara vor Ort aktiv beteiligt.<br />
Ein Projektstudium im vierten Studiensemester weckte im<br />
Sommer 2000 auch das Interesse der Studenten Juri Krawtschenko<br />
und Mario Neumeyer an der Arbeit in der Türkei.<br />
Mittels der computergestützten Arbeitsplanung und Konstruktion<br />
CAD (englisch: „computer-aided design“) wurden die<br />
ehemals voller Leben gefüllten Bauten visuell zum Leben<br />
erweckt. Juri und Mario waren daran maßgeblich beteiligt.<br />
„Ich habe die beiden darauf angesprochen, ob sie nicht eine<br />
Computerdarstellung des Bouleuterions erstellen könnten.<br />
Daraufhin entwickelten sie eine tolle Animation, die ich in<br />
einer Vorlesung an der Uni in Antalya vorstellte. Dort haben<br />
alle Bauklötze gestaunt“, erinnert sich Prof. Dr. Grosche stolz.<br />
Auch der 29-jährige Juri denkt gern an die Anfänge der Projektmitarbeit<br />
zurück. „Zuerst konzentrierten wir uns hauptsächlich<br />
auf die mögliche Rekonstruktion des Bouleuterions.<br />
So entstand mehr und mehr das Interesse für die Sache und<br />
bei mir entwickelte sich zusätzlich eine Liebe zur Archäologie.“<br />
Die Arbeiten führten Juri im August 2004 schließlich<br />
selbst nach Patara – aus einem ganz besonderen Grund: Um<br />
dort die Vorarbeiten für seine und Marios Diplomarbeit zu leisten.<br />
„Als wir mit dem Projektstudium fertig waren, sprach<br />
uns Prof. Grosche darauf an, ob wir Interesse an einer Diplomarbeit<br />
über Patara hätten. ‚Warum nicht?’, dachten sich Mario<br />
und ich“, so Juri Krawtschenko. Bei seiner dreiwöchigen Reise<br />
half Juri mit deutschen sowie türkischen Studenten in Patara<br />
bei den Ausgrabungen– und war endgültig Feuer und Flamme<br />
für das Projekt. „Steinprofile erfassen, Treppen nachmessen,<br />
Skizzen anfertigen und noch mehr gehörte zu den Vorbereitungen<br />
für die Diplomarbeit. Seit 1997 war viel dokumentiert<br />
worden, aber es musste auch noch viel getan werden“, berichtet<br />
Juri vom Arbeitsalltag in Patara. Neben der Arbeit lernte er<br />
auch das Land kennen und lieben. „Man muss das dort echt<br />
schon mal erleben.Alle Leute waren total nett und offen. Nach<br />
der Arbeit sind wir abends zusammen weggegangen und<br />
haben Stimmung gemacht. Die meisten türkischen Studenten<br />
konnten sehr gut englisch sprechen, so gab es keine sprachlichen<br />
Barrieren.“ Prof. Dr. Götz Grosche kann diese Eindrück<br />
bestätigen: „Man fühlt sich dort schon fast wie zuhause. Vor<br />
allem an der Küste sind Land und Leute sehr modern. Es ist<br />
lohnenswert, dieses Projekt weiterzuführen, denn alle beteiligten<br />
Studenten konnten enorme Bildungseffekte in den<br />
Bereichen Kultur und Sprache verzeichnen.“<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 7<br />
oktober 2006<br />
Nach getaner Bestandsaufnahme in Patara und fast einem weiteren<br />
Jahr der Datensammlung begann für Juri und Mario am<br />
27.Dezember 2005 offiziell die Arbeit an ihrem Diplom. Schritt<br />
für Schritt erstellten die beiden Entwürfe für die Rekonstruktion<br />
des Bouleuterions. Um dem Gebäude ein Stück Originalität<br />
zurückzugeben, setzten sich die beiden Studenten zusätzlich<br />
mit der Geschichte Pataras auseinander und lernten den Geist<br />
der damaligen Zeit verstehen. „Das Datensammeln war aufwendig,<br />
da immer wieder neue Erkenntnisse dazukamen. Die<br />
Entwürfe und Sanierungsvorschläge gingen dann aber<br />
schnell“, berichtet der 33-jährige Mario Neumeyer. Die geplante<br />
Sanierung dokumentierten die beiden in ihrer Diplomarbeit<br />
bis ins kleinste Detail. Doch damit nicht genug: Beide Studenten<br />
rundeten ihre Arbeit mit jeweils einem Entwurf für ein neues<br />
Bouleuterion-Dach ab. Ihrer Kreativität ließen sie dabei<br />
freien Lauf. „Beide Entwürfe sind moderne Zeugnisse des<br />
21.Jahrhunderts, die eine Fortsetzung des menschlichen Lebens<br />
am Gebäude dokumentieren“, lobt Prof. Dr. Grosche die Entwürfe,<br />
in denen auch ein wenig Hoffnung steckt. „Es gibt Hinweise<br />
darauf, dass die amerikanische Verfassung Teile des lykischen<br />
Städtebundes, dessen Standort das Bouleuterion war,<br />
übernommen hat. Deshalb gibt es Pläne, dass die Amerikaner<br />
am Verfassungstag 2007 in Patara eine Festivität begehen.Vielleicht<br />
könnte man aus Amerika Mittel für den Bau eines unserer<br />
Dächer bekommen. Man müsste allerdings auch die Archäologen<br />
dazu bewegen, so ein Dach in zeitgemäßer Struktur<br />
bauen zu lassen“, so Prof. Dr. Grosche, der mit Prof. Dipl.-Ing.<br />
Axel Teichert Juri und Mario prüfte.<br />
Vor rund 70 Gästen präsentierten Juri und Mario bei ihrer<br />
Diplomverteidigung am 8.Mai dieses Jahres aufgeregt ihre Entwürfe<br />
– und wurden für die professionell gedruckte Arbeit und<br />
eine beeindruckende Ausstellung mit einer glatten Eins<br />
belohnt. „Nach der ganzen Arbeit waren die beiden fix und fertig.<br />
Das hat man ihnen beim Vortrag angemerkt“, bemerkte<br />
Prof. Dr. Grosche. Für Juri und Mario heißt es nun raus aus dem<br />
Studentenleben und so bald wie möglich rein in den Berufsalltag.<br />
Das Projekt Patara bleibt für die beiden unvergessen – und<br />
auch ein beruflicher Zukunftstraum. „Es wäre schon toll, dort<br />
weiter mitarbeiten zu können“, gibt Mario augenzwinkernd zu.<br />
„Ist ja schließlich auch unser Ding, ne Mario?“, ergänzt Juri<br />
und lächelt.<br />
Joanna Jambor<br />
Juri Krawtschenko bei der Arbeit in Patara<br />
fb bauwesen
8 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Lange Nacht der Wissenschaft in <strong>Magdeburg</strong><br />
Die Wissenschaft schläft nicht<br />
Kerstin Palzer, Moderatorin für das MDR-Fernsehen, bei der Arbeit durch die Wärmebildkamera beobachtet.<br />
Donnernde Blitze in tiefster Dunkelheit, ein<br />
Getränke servierender Roboter und umherschwärmende<br />
gute Geister auf dem FH-<br />
Campus – es war eine aufregende Nacht, die<br />
die Besucher der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<br />
<strong>Stendal</strong> (FH) am 20. Mai dieses Jahres erlebten.<br />
Die erste „Lange Nacht der Wissenschaft<br />
und Internationale Nacht der<br />
Museen“ begeisterte an der FH sowie 41<br />
weiteren Wissenschafts- und Kultureinrichtungen<br />
in <strong>Magdeburg</strong> mehr als 8000 wissensdurstige<br />
Nachtschwärmer – rund 1200<br />
von ihnen allein an der Fachhochschule. Bis<br />
nach Mitternacht erwarteten die Besucher<br />
des Campus’ am Herrenkrug fünf Thementouren<br />
– „Von 0 bis 100“, „Sehen, Hören,<br />
Fühlen“, „Ökologie“, „Wasser“ und „Kinder<br />
und Jugendliche“ – mit einer Reihe von Versuchen<br />
und Vorträgen. Anlass auch für das<br />
MDR Fernsehen, der <strong>Hochschule</strong> einen<br />
Besuch abzustatten und von dort aus live zu<br />
berichten.<br />
Gespanntes Warten unter den Besuchern im völlig abgedunkelten<br />
Laborgebäude 2, Haus 17: Noch lässt nur ein<br />
elektrisierendes Knistern in der Luft erahnen, was in wenigen<br />
Sekunden die Zuschauer vor dem faradayschen Käfig<br />
im Labor erwartet. „Er wandert, er sucht, noch weiß er<br />
nicht, wohin!“, kündigt Prof. Dr. Dieter Haentzsch vom<br />
Institut für Elektrotechnik an der FH seinen Versuch, einen<br />
künstlich erzeugten Blitz, an. Und dann plötzlich hallt ein<br />
ohrenbetäubender Lärm durch die Dunkelheit: 135.000<br />
Volt entladen sich in der Hochspannungsanlage des Labors<br />
und simulieren ein Gewitter, das in der Natur rund vier<br />
Millionen Volt beträgt. „Es läuft einfach toll. Wir haben<br />
hier so viele Leute, dass wir nicht mal eine Pause machen<br />
können“, freute sich der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter<br />
der FH Jürgen-Peter Kloth, der den Versuch „Blitze<br />
in der Nacht“ begleitete, über die Besucher-Resonanz.<br />
Und die war trotz eines „echten“ Unwetters, das draußen<br />
tobte und die Berufs- sowie freiwillige Feuerwehr <strong>Magdeburg</strong><br />
in dieser Nacht 88 Mal ausrücken ließ, riesig. Ob chemische<br />
Reaktionen mit bunten Überraschungseffekten im<br />
Hörsaalgebäude, die Verwendung der guten alten Mikrowelle<br />
zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung in Haus 17<br />
oder schwingende Brücken in Laborhalle 1 von Haus 16 –<br />
der Wissenschaft war in dieser Nacht keine Grenzen<br />
gesetzt. Für tolle Musik und Unterhaltung sorgten an der<br />
FH unter anderem die Band „Zellfisch“, „Les Soleils“ mit<br />
erstklassigen Chansons und Tango-Stücken sowie das<br />
Improvisationstheater „Hechtsprung“. Wer nicht an einem<br />
Veranstaltungsort verharren wollte, hatte die Möglichkeit,<br />
per Shuttle-Bus vier verschiedene Routen in <strong>Magdeburg</strong><br />
mit 19 Haltestationen anzufahren. Die Science People,<br />
zumeist Studierende oder Schüler, waren die guten Geister<br />
der Nacht. Sie lenkten an den verschiedenen Veranstaltungsorten<br />
die Besucherströme und standen den Gästen<br />
engagiert als Ansprechpartner zur Verfügung.<br />
bastian ehl
Scheinwerferlicht und eine ganz besondere Spannung in der<br />
Luft erlebten die Besucher in Laborhalle 1: Vor Fernseh-<br />
Kameras zeigte Prof. Dr. Konrad Hinrichsmeyer vom Fachbereich<br />
Bauwesen dort mit einer Wärmebildkamera Energieverluste,<br />
die sich auch am menschlichen Körper nachweisen<br />
ließen. Ab Punkt 19.10 Uhr berichtete von dort aus die MDR-<br />
Redakteurin Kerstin Palzer für die Sendung „Sachsen-Anhalt<br />
heute“ live und nur aus der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong><br />
(FH) über die „Lange Nacht der Wissenschaft“. Im laufenden<br />
Wechsel ging es für Kerstin Palzer anschließend in Laborhalle<br />
2, wo sie den Fernsehzuschauern den Bier servierenden<br />
Roboter „KUKA KR 6“ vorstellte. Auch Prof. Haentzschs<br />
„Blitze in der Nacht“ flimmerten über die Bildschirme zuhause.<br />
Nur wenige Schritte weiter zeigten vor laufenden Kameras<br />
Mitarbeiter des PEER-Projekts der <strong>Hochschule</strong> von Prof.<br />
Dr. Wolfgang Heckmann zur Prävention suchtmittelbedingter<br />
Verkehrsunfälle, welche Auswirkungen 1,3 Promille auf das<br />
menschliche Wahrnehmungsvermögen haben können. So<br />
entpuppte sich bei dem Mitmachangebot „Ein simulierter<br />
Rausch“ das scheinbar so einfache Laufen entlang einer<br />
Linie mit einer „Promille-Brille“ als reinster Eiertanz, bei dem<br />
es einen Ball in einen Korb zu werfen galt. „Mit der Promille-Brille<br />
habe ich alles doppelt gesehen. Das ist eine gute Art,<br />
Aufklärungsarbeit zu leisten“, fand Besucherin Heike Helmholz<br />
aus Osterweddingen, die mit Ehemann und Tochter an<br />
die FH kam. „Wir hoffen auf eine weitere Nacht der Wissenschaft“,<br />
ergänzte sie. Auch Besucherin Helga Boeck aus<br />
<strong>Magdeburg</strong> war vom Programm begeistert: „Die offenen<br />
Türen überall wirken sehr einladend und man sieht unglaublich<br />
viel Spannendes. Es ist eine tolle Möglichkeit für Otto<br />
Normalverbraucher, an Wissenschaft ranzukommen.“ Zufriedenheit<br />
auch auf Seite der Organisatoren und aller Beteiligten:<br />
„Es hat alles gut geklappt und die Forschungseinrichtungen<br />
waren alle sehr gut besucht. Die Idee ist da, diese<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 9<br />
oktober 2006<br />
Gewinner Mathe- und Statistikquiz<br />
Kluge Köpfe konnten im Mathe- und Statistikquiz auf<br />
dem Campus am Herrenkrug zeigen, was sie drauf haben<br />
und freuten sich über kleine Preise.<br />
Zählen:<br />
1. Platz: Leonie Förster (6 Jahre) aus <strong>Magdeburg</strong><br />
2. Platz: Paulina Falky (10) aus <strong>Stendal</strong><br />
3. Platz: Georg Salzmann (10) aus Hakeborn<br />
Rechnen:<br />
1. Platz: Bea Mikokijewski (13) aus <strong>Magdeburg</strong><br />
2. Platz: Frank Grutz (26) aus <strong>Magdeburg</strong><br />
3. Platz: Kati Rabending (20) aus Köthen<br />
Schätzen:<br />
1. Platz: Bärbel Ontrop-Monsees (50) aus Wolfenbüttel<br />
2. Platz: Jan Wilhelm (42) aus <strong>Magdeburg</strong><br />
3. Platz: Manuela Hinz (26) aus <strong>Magdeburg</strong><br />
Nacht in jedem Jahr stattfinden zu lassen“, sagte Susann<br />
Blum vom Projektbüro „Jahr der Wissenschaft“. Für die<br />
Organisation des Programms an der <strong>Hochschule</strong> hielt Doreen<br />
Schincke vom HS-Veranstaltungsmanagement die Fäden in<br />
der Hand. „Wir sind alle sehr zufrieden. Trotz des schlechten<br />
Wetters hat man gesehen, dass <strong>Magdeburg</strong> ein großes<br />
Potential an Leuten hat, die Wissenschaft erleben wollen. An<br />
der Durchführung waren an der <strong>Hochschule</strong> alle beteiligt und<br />
engagiert bei der Sache – vom Hausmeister bis zum Professor“,<br />
so Schincke.<br />
Joanna Jambor<br />
European Photovoltaic Solar Energy Conference<br />
Prof. Dr. Beyer gewinnt Poster Award<br />
Prof. Dr. Hans-Georg Beyer präsentiert die Urkunde<br />
bastian ehl<br />
Rund 2700 Teilnehmer trafen sich vom 4. bis 9. September<br />
zur „European Photovoltaic Solar Energy Conference“ in<br />
Dresden. Auch die <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH)<br />
beteiligte sich an der Konferenz – mit großem Erfolg. Für den<br />
Artikel und das Poster „Irradiance Maps Applied for the Performance<br />
Assessment of PV-Systems – A Case Study for the<br />
German Federal State of Saxony“ erhielt Prof. Dr. Hans-<br />
Georg Beyer vom Institut für Elektrotechnik an der <strong>Hochschule</strong><br />
<strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) sowie die beteiligten Autoren<br />
Dipl. Geogr. Anja Drews (Arbeitsgruppe Energiemeteorologie<br />
der Universität Oldenburg) und Prof. Dr. Udo Rindelhardt<br />
(Forschungszentrum Rossendorf bei Dresden) den<br />
„Poster Award“ zum Themengebiet „PV-Systems in grid-connected<br />
Application“ (PV-Systeme im Netzverbund). Wie gut<br />
kann der Ertrag von Photovoltaik-Anlagen ohne Vor-Ort-<br />
Messungen mit Hilfe von Einstrahlungskarten, die auf Basis<br />
der Aufnahmen von Wettersatelliten erstellt worden sind,<br />
abgeschätzt werden? – so lautete die bearbeitete Fragestellung,<br />
die den Zweck der Anlagenüberwachung und der<br />
Bestimmung des voraussichtlichen Jahresertrags an Kilowattstunden<br />
einer neu erstellten Anlage verfolgte. JJ
10 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Studieren mit Kind – was ist mit dem Elterngeld?<br />
Tauziehen ums Elterngeld<br />
„12+2“ – eine Rechenaufgabe, die seit dem Bundeskabinettsbeschluss vom 14.Juni 2006<br />
Deutschland beschäftigt: Die Bundesregierung plant zum 1.Januar 2007 die Einführung eines<br />
Elterngeldes, das das bisherige Erziehungsgeld ersetzen soll. Zwölf Monate lang erhält ein<br />
Elternteil eine Mindestsumme von 300 Euro. Zwei zusätzliche Partnermonate können in<br />
Anspruch genommen werden, wenn sich der jeweils andere Partner um das Kind kümmert<br />
und die Berufstätigkeit unterbricht oder reduziert. Für studierende Eltern wird laut dem<br />
Deutschen Studentenwerk die Rechenaufgabe „12+2“ jedoch schwierig zu lösen sein.<br />
„Das Elterngeld ist zentrales Element einer Neuausrichtung der<br />
familienpolitischen Leistungen der Bundesregierung. Ein abgestimmter<br />
Dreiklang aus unterstützender Infrastruktur, einer<br />
familienbewussten Arbeitswelt und gezielter finanzieller Förderung,<br />
die den unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenslagen<br />
von Familien folgt, verbessert die Chancen für Familien“,<br />
so Marc Kinert, Pressereferent im Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend. Für die ersten 14 Lebensmonate<br />
des Kindes haben Erwerbstätige, Beamte, Selbstständige,<br />
Auszubildende, Studierende und erwerbslose Elternteile<br />
Anspruch auf diese finanzielle Unterstützung. Verdienenden<br />
Müttern oder Vätern werden 67 Prozent des wegfallenden Einkommens<br />
– mindestens 300 Euro, maximal 1800 Euro – mit<br />
der neuen Regelung ersetzt. Ein Gesetz, das vor allem junge<br />
Familien fördern soll: „Das Elterngeld gibt jungen Müttern und<br />
Vätern einen Schonraum, sich ohne finanziellen Druck Zeit für<br />
ihr Neugeborenes zu nehmen“, so Bundesfamilienministerin<br />
Ursula von der Leyen. Das Kabinett habe mit dem Beschluss<br />
deutlich gemacht, dass es der Bundesregierung nicht gleichgültig<br />
ist, ob sich junge Menschen für ein Kind entscheiden.<br />
Beim Deutschen Studentenwerk (DSW) stößt der Beschluss<br />
jedoch auf Kritik, denn er benachteilige Studierende. DSW-<br />
Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde kritisiert: „Bisher<br />
konnten Studierende mit Kind für zwei Jahre Erziehungsgeld in<br />
Höhe von 300 Euro im Monat beziehen. Das neue Elterngeld in<br />
gleicher Höhe soll aber höchstens 14 Monate lang ausgezahlt<br />
werden, das sind immerhin 3000 Euro weniger.“ Der vorliegende<br />
Vorschlag zum Elterngeld widerspräche der von der<br />
Bundesregierung immer wieder betonten Absicht, Studium und<br />
Elternschaft frühzeitig und stärker fördern zu wollen. Ein möglicher<br />
Nachteil für Studierende wird von Seiten des Familienministeriums<br />
hingegen verneint. „Studierende Eltern werden<br />
nach Auffassung der Bundesregierung durch das geplante<br />
Elterngeld nicht benachteiligt“, so Marc Kinert und ergänzt:<br />
bastian ehl<br />
„Für sie bleibt bei fehlender eigener Finanzkapazität die Möglichkeit<br />
des Bezugs von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />
sowie gegebenenfalls von ergänzenden<br />
Leistungen durch den Bezug von Sozialhilfe für den<br />
Lebensbedarf des Kindes unberührt.“<br />
Nach Meinung von Dr. Frauke Mingerzahn, Dozentin des Fachbereichs<br />
Sozial- und Gesundheitswesen an der <strong>Hochschule</strong><br />
<strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH), wurde bei der Neuregelung die Situation<br />
der Studierenden nicht hinreichend berücksichtigt: „Das<br />
Elterngeld soll dazu führen, dass Frauen mit guter Ausbildung<br />
und gutem Einkommen ermuntert werden, Kinder zu bekommen.<br />
Erwerbslose und Studierende sind meiner Meinung nach<br />
nicht Hauptzielgruppe dieser Gesetzesreform. Für sie bedeutet<br />
das Elterngeld eine finanzielle Verschlechterung.“ Doch sie<br />
räumt ein: „Die gesetzliche Neuregelung ist jedoch schon ein<br />
Schritt in die richtige Richtung, weil man die berufliche Leistung<br />
der Frauen damit honoriert. Allerdings glaube ich nicht,<br />
dass bei der Entscheidung für ein Kind der finanzielle Aspekt<br />
allein ausschlaggebend ist und daran wird sich auch bei Einführung<br />
des Elterngeldes wahrscheinlich nichts ändern. Vielmehr<br />
spielen Faktoren wie eine sichere Arbeitsmarktlage,<br />
berufliche Ziele und Lebensplanung sowie eine ausreichende<br />
Kinderbetreuung eine größere Rolle.“ Für das Deutsche Studentenwerk<br />
ist das Thema „12+2“ allerdings noch nicht<br />
abgeschlossen. „Zurzeit führen wir die 18.Sozialerhebung<br />
durch. Studieren mit Kind ist dabei ein Themenschwerpunkt.<br />
Nächstes Jahr werden wir die nötigen Daten haben, um unsere<br />
Forderung, in diesem Bereich nachzubessern, zu unterstreichen.<br />
Wir werden die Bundesregierung an ihren selbstformulierten<br />
Zielen messen. Denn 300 Euro im Monat haben oder<br />
nicht haben, ist für Studierende ein großer Unterschied“, so<br />
die stellvertretende DSW-Generalsekretärin Andrea Hoops.<br />
Siehe auch Kasten auf der rechten Seite. Joanna Jambor
Institut für Industrial Design der <strong>Hochschule</strong> entwickelt Löschroboter<br />
Ole brennt auf Einsatz<br />
Hier noch virtuell auf dem Computer, aber möglicherweise bald schon Realität: käferartige Löschroboter im Wald.<br />
Im Wintersemester 2005/06 gab es ein Bionik-Projektangebot<br />
für Design-Studierende des Hauptstudiums am Institut für<br />
Industrial Design des Fachbereiches Ingenieurwesen und Industriedesign.<br />
Das Ziel bestand darin, für Sechsbein-Laufmaschinen<br />
kommerziell taugliche Einsatzbereiche zu definieren. Auf<br />
der Grundlage durchdachter Nutzungsszenarien sollte dann<br />
eine geeignete Anmutung für die Produkte entwickelt und visualisiert<br />
werden. Dazu gab es eine Kooperation mit dem IFF<br />
Fraunhofer Institut Fabrikbetrieb und -automatisierung, Abteilung<br />
Robotik, das ebenfalls Mitglied im BioKon, dem Bionik-<br />
Kompetenz-Netz Deutschland ist. Zwei Ergebnisse dieser<br />
Designstudien sind der Rückbauroboter „BRACHYO“ und der<br />
Löschroboter „OLE“ (Offroad-Lösch-Einheit). Beide wurden auf<br />
dem Industriekongress BIONIK 2006 in Berlin am 1. und 2.<br />
März 2006 vorgestellt.<br />
Mehrere Millionen Hektar Waldfläche werden im Jahr auf der<br />
Welt durch Waldbrände vernichtet. Allein in Europa zerstören<br />
Waldbrände jedes Jahr circa eine halbe Million Hektar. Bei<br />
einem geschätzten Aufwand für Brandbekämpfung und Renaturierung<br />
von 5.000 Euro ist das ein Schaden von 2,5 Milliar-<br />
Meinungen von Studentinnen der <strong>Hochschule</strong> zum Thema Elterngeld<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 11<br />
oktober 2006<br />
den Euro allein in Europa. Die Überwachung großer Waldflächen<br />
ist also enorm wichtig. Gegenwärtig werden dazu Überwachungstürme,<br />
Hubschrauber, Flugzeuge und Satelliten eingesetzt.<br />
Mit der Verteilung autonomer Rauchgassensoren sollen<br />
Kosten gespart werden. Diese verursachen allerdings Fehlalarme,<br />
weil sie auf viele Verbrennungsgase reagieren. Sie können<br />
also Autoabgase nicht von Brandrauch unterscheiden. Sensoren<br />
(IR-Sensillen), die nach dem Vorbild des Kiefernprachtkäfers<br />
(Melanophila acuminata) funktionieren, helfen gefährliche<br />
Brände festzustellen und zu lokalisieren.<br />
OLE ist ein Sechsbein-Lauf-Roboter zur Früherkennung von<br />
Waldbränden. Zusammengerollt nach dem Vorbild der Saftkugler<br />
(Glomeriden) werden in der Waldbrandsaison und in<br />
besonders gefährdeten Landstrichen mehrere Roboter positioniert<br />
und sind somit im Stand-By-Modus während der Wartezeit<br />
vor äußeren Einflüssen geschützt. Man kann davon ausgehen,<br />
dass ein Lösch-Käfer ein bis zwei Quadratkilometer überwachen<br />
kann. Vorgesehen ist allerdings nicht die flächendekkende<br />
Verteilung der Roboter in großen Waldgebieten sondern<br />
die Konzentration auf besonders gefährdete Bereiche. (pm)<br />
Katrin Wilde (21), Journalistik/Medienmanagement-Studentin, ein Sohn (4)<br />
„Ich denke, das Studium ist schon ein guter Zeitpunkt, ein Kind zu bekommen. Doch finanziell ist es nicht einfach. Mit dem<br />
Erziehungsgeld auszukommen, war ohne Verdienst schwer. Mit 3000 Euro weniger wird es nun noch schwieriger.“<br />
Stefanie Dammert (23), Heilpädagogik-Studentin<br />
„Ich erwarte mein erstes Kind. Da mein Freund auch noch studiert und wir beide keinen Verdienst haben, denke ich, dass<br />
es nach den 14 Monaten knapp mit dem Geld wird. Für gut verdienende Frauen ist die Regelung sinnvoll, aber als Studentin<br />
fühle ich mich benachteiligt.“<br />
Astrid Weinrich (30); Absolventin Sozialpädagogik, zwei Söhne (7; 3)<br />
„Ich denke, dass es bei der Neuregelung vor allem in Hinblick auf Studierende noch zu Änderungen kommen wird und<br />
muss. Studierende Eltern mit großem Kinderwunsch wird die Regelung allerdings wohl kaum bei ihrer Entscheidung beeinflussen,<br />
denn das Finanzielle ist dabei nicht vorrangig.“<br />
institut für industrial design
12 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Erstsemester der German-Jordanian University zu Besuch in <strong>Magdeburg</strong><br />
Erstis aus Jordanien<br />
Auf große Fahrt begaben sich die Gaststudenten aus Jordanien mit einem Schiff auf der Elbe<br />
Zwanzig Erstsemester der German-Jordanian University<br />
(GJU) waren im vergangenen Sommer zu Gast an der <strong>Hochschule</strong><br />
<strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH). Die GJU wurde 2004 aus<br />
der Taufe gehoben. Der deutsche Teil der Projektleitung hat<br />
seinen Sitz an unserer <strong>Hochschule</strong>. Insgesamt bietet die GJU<br />
in Jordanien 13 Studiengänge an, neun weitere sind in Planung.<br />
Dazu gehören unter anderem Betriebswirtschaft,<br />
Informatik und Wasserwirtschaft.<br />
An der Sommerschule auf dem Campus am Herrenkrug nahmen<br />
20 Erstsemester der GJU teil. Das Primärziel war es, die<br />
deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern. Während<br />
Deutschland unter rekordverdächtigen Temperaturen litt,<br />
fühlten sich die jordanischen Gäste hier sehr wohl, herrschen<br />
in der fernen Heimat doch noch viel höhere Temperaturen.<br />
Die Vormittage wurden üblicherweise im Seminarraum verbracht.<br />
Die Dozentinnen Sabina Welter, Claudia Moss, Sabine<br />
Heller und Christine Galander vermittelten deutsches Vokabular<br />
und Grammatik. Doch grau ist bekanntlich alle Theorie.<br />
Als willkommenen Ausgleich stellte die <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong><br />
ein umfangreiches Rahmenprogramm zusammen.<br />
Betreuer Hendrik Albrecht: „Probleme gab es nie. Alle<br />
Teilnehmer waren stets freundlich und zuvorkommend.“<br />
Besonders die grüne Landschaft und die vielen Gewässer<br />
hatten es den Studierenden angetan. So endeten viele Ausflüge<br />
in den Schwimmbädern der Region.<br />
Auch wenn einmal kein Schwimmbad in der Nähe war, gab<br />
es viel zu sehen und zu erleben. Ausflüge nach Potsdam, Berlin<br />
und in den Harz vermittelten den Studenten einen Eindruck<br />
von deutscher Lebensart und Kultur. Hassan lernt zwar<br />
erst seit 9 Monaten deutsch, erzählte aber fast akzentfrei,<br />
dass er besonders die deutsche Infrastruktur und die Autostadt<br />
in Wolfsburg faszinierend fand. Der künftige Software-<br />
Ingenieur war zwar vorher noch nie in Deutschland, will<br />
aber, wenn möglich, zum Studieren noch einmal zurückkommen.<br />
Eine Stadtführung durch <strong>Magdeburg</strong> und eine Schifffahrt<br />
rund um das Wasserstraßenkreuz nördlich der Stadt<br />
machte die Erstsemester schnell zu Fans der Landeshauptstadt.<br />
Auch das Nachtleben wurde ausgiebig getestet und<br />
die mehrheitlich muslimischen Gäste bewiesen, wie viel<br />
Spaß man auch ohne Alkohol haben kann.<br />
Somit konnten auch alle Teilnehmer völlig katerfrei ihre<br />
Abschlusszeugnisse aus den Händen des Rektors, Prof. Dr.<br />
Andreas Geiger, entgegennehmen. Die Sommerschule soll ab<br />
jetzt eine regelmäßige Einrichtung für GJU Studenten werden.<br />
Bastian Ehl<br />
Rektor Andreas Geiger überreichte am Ende die Zeugnisse<br />
bastian ehl<br />
bastian ehl
Öffentliche Ringvorlesung am Standort <strong>Stendal</strong> im Wintersemester<br />
Lern- und Lebensorte von Kindern<br />
Der Studiengang Angewandte Kindheitswissenschaften<br />
plant im Wintersemester 2006/2007 eine Ringvorlesung zum<br />
Thema „Lern- und Lebensorte von Kindern“.<br />
Dazu sind die ErzieherInnen aus den Kindertagesstätten und<br />
Horten, sowie die GrundschullehrerInnen besonders aus dem<br />
<strong>Stendal</strong>er Raum sowie alle Interessierten herzlich eingeladen.<br />
Kindertagesstätten und Schulen bilden für viele Stunden des<br />
Tages den hauptsächlichen Lern- und Lebensort für Kinder. In<br />
Erziehungspartnerschaft mit den Eltern haben ErzieherInnen<br />
und GrundschullehrerInnen die Aufgabe, Kinder auf ihrem<br />
Bildungsweg, bei den verschiedensten Bildungsprozessen zu<br />
begleiten und dabei auf die unterschiedlichen Bedürfnisse<br />
der Kinder einzugehen.<br />
Terminübersicht<br />
10.10.06 Kindheit im Wandel – Stellung der Kinder in der Gesellschaft<br />
Prof. Dr. Beatrice Hungerland, HS MD-SDL (FH)<br />
17.10.06 Soziale Probleme – Kinder in Armut – wie bewältigen Kinder soziale Benachteiligung?<br />
Dr. Raimund Geene, HS MD-SDL (FH)<br />
24.10.06 Kinder und ihre Familien – Scheidungs- und Stieffamilien , Alleinerziehende ...<br />
Ines Brock, Leiterin IRIS Regenbogenhaus in Halle<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 13<br />
oktober 2006<br />
Die unterschiedlichen Entwicklungsstände, Vorerfahrungen<br />
und familiären Situationen der Kinder spielen dabei eine wichtige<br />
Rolle. Sie müssen stets Berücksichtigung finden, da sie<br />
den Lebens- und Lernweg der Kinder in entscheidendem Maße<br />
prägen. Hier wird die Ringvorlesung ansetzen. Verschiedene<br />
Dozenten werden zu unterschiedlichen Schwerpunkten aus<br />
dem Lern- und Lebensalltag von Kindern referieren.<br />
Den Auftakt bildet am 10. Oktober, von 16 bis 18 Uhr die<br />
Antrittsvorlesung von Dr. Beatrice Hungerland (Professur für<br />
Angewandte Kindheitswissenschaften), mit dem Thema „Kindheit<br />
im Wandel – Stellung der Kinder in der Gesellschaft“.<br />
07.11.06 Übergang von der Kita zur Grundschule – was bedeutet flexible Schuleingangsphase? – was erwarten Kita und Grundschule voneinander?<br />
Friedlinde Hasenkrug, Referentin im Referat für Grundschulen und Förderschulen im Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt<br />
14.11.06 Kinder und Gesundheit – wie ist die gesundheitliche Situation der Kinder einzuschätzen?<br />
Dr. Raimund Geene, HS MD-SDL (FH)<br />
21.11.06 Kinder im Blick - Beobachtung, Dokumentation in der Kita<br />
Manuela Dallmann, Landesjugendamt Sachsen-Anhalt<br />
28.11.06 Geschlechterproblematik – Sozialisation von Jungen und Mädchen<br />
N.N., Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe LSA e.V., <strong>Magdeburg</strong><br />
05.12.06 Voraussetzungen für frühkindliches Lernen – entwicklungspsychologische Grundlagen<br />
Prof. Dr. Wolfgang Maiers, HS MD-SDL (FH)<br />
12.12.06 Voraussetzungen für frühkindliches Lernen – frühkindliche Hirnentwicklung und Folgen von Hirnschädigungen<br />
Dr. Claudia Wendel, HS MD-SDL (FH)<br />
19.12.06 Partizipation von Kindern – Demokratie in Kita und Grundschule<br />
Evelyne Höhme-Serke, Projektleiterin „Demokratie leben in Kindergarten und Schule“ in Eberswalde<br />
09.01.07 Medienkindheit - Von Computer, Video und Co. – Medienkompetenzförderung in Kitas<br />
Juliane Epp, Jugendschutzreferentin, Landesstelle Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt e.V., <strong>Magdeburg</strong><br />
16.01.07 Migranten- und Aussiedlerfamilien – Interkulturelle Pädagogik<br />
Marita Magnucki, Referentin für Kita & Horte im Caritasverband für das Bistum MD e.V., <strong>Magdeburg</strong><br />
23.01.07 Elternarbeit in der Kita und Grundschule – Elternabende, Elterngespräche, Elternstammtische...<br />
Hans-Dieter Dammering, Leiter Kuschelhaus <strong>Magdeburg</strong><br />
30.01.07 Andere Kinder – andere Pädagogen? – Rolle der ErzieherIn bei der frühkindlichen Bildung<br />
N.N.<br />
06.02.07 Kindheit im Wandel – Kinder als Akteure; Kinderkulturen<br />
Prof. Dr. Beatrice Hungerland, HS MD-SDL (FH)<br />
(pm)
14 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Fußball-WM der Menschen mit Behinderung – ein Tagebuch<br />
„Anders ist auch normal“<br />
Hup Holland Hup! Die Mannschaft der Niederlande stürmt gegen die australische Abwehrkette.<br />
Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war von<br />
ihrer Art zwar einzigartig, aber nicht einmalig.<br />
Denn Deutschland war in diesem Jahr<br />
auch Gastgeber für die Fußball-WM 2006 der<br />
Menschen mit Behinderung, ausgerichtet<br />
von der INAS-FID (International Sports Federation<br />
for Persons with Intellectual Disability).<br />
Vom 26. August bis zum 17. September<br />
ging es für 16 Nationalmannschaften in<br />
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern<br />
und Sachsen-Anhalt um den Weltmeister-Titel.<br />
Es war die Saudi-Arabische Nationalmannschaft,<br />
die sich schließlich den<br />
ersten Platz holte. Die Journalistik/Medienmanagement-Studierenden<br />
der <strong>Hochschule</strong><br />
<strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) André Plaul, Joanna<br />
Jambor, Marco Perschon, Stefanie Milius<br />
und Wilko Florstedt waren bei den sechs<br />
Vorrundenspielen der Gruppe D (Australien,<br />
Niederlande, Polen, Saudi-Arabien) in der<br />
Altmark dabei. Im Rahmen eines Praktikums<br />
unterstützten sie die begleitende Agentur<br />
„pandamedien GmbH & Co. KG“ bei der<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Für <strong>treffpunkt</strong><br />
<strong>campus</strong> haben sie ihre Eindrücke und<br />
Erlebnisse in einem Tagebuch festgehalten.<br />
Tag 1: Mittwoch, 30. August<br />
Noch vor den ersten Sonnenstrahlen beginnt die Fahrt nach<br />
Arendsee. Für die nächsten zehn Tage wird die Stadt im nördlichsten<br />
Zipfel Sachsen-Anhalts unser Zuhause sein. Am Vor-<br />
wilko florstedt<br />
mittag treffen wir im Integrationsdorf Arendsee (IDA) ein.<br />
Das IDA ist eine Art Siedlung mitten in der Natur: gemütlich<br />
eingerichtete Häuser mit Terrasse und Vorgarten, dazwischen<br />
Plätze zum Treffen und Reden. Die Idee dahinter ist die<br />
Begegnung behinderter und nicht behinderter Menschen<br />
jeden Alters. Nach kurzer Verschnaufpause dann eine erste<br />
Lagebesprechung, bei der wir 13 Studenten des Studiengangs<br />
Rehabilitationspsychologie vom Hochschul-Standort<br />
<strong>Stendal</strong> kennen lernen. Sie sind vor Ort, um Organisationsund<br />
Betreuungsarbeit beim „2. Internationalen Kinder-,<br />
Jugend- und Familien-Sportcamp in Arendsee“, das während<br />
der Vorrundenspiele stattfindet, zu leisten. Auch wir werden<br />
neben unseren Aufgaben an den Spieltagen dabei mithelfen.<br />
Tag 2: Donnerstag, 31.August<br />
8 Uhr, unser erstes Frühstück in Arendsee. Gleich danach<br />
werden mit allen Helfern die Aufgaben für den heutigen Tag<br />
besprochen. Nachmittags helfen wir beim Spiel- und Sportfest,<br />
zu dem das Kinder- und Jugenderholungszentrum (KiEZ)<br />
geladen hat. IDA und KiEZ unterstützen sich beim Kinder-,<br />
Jugend- und Familien-Sportcamp. Beim Fest organisieren wir<br />
ein integratives Fußballmatch für polnische Camp-Gäste und<br />
mental behinderte Jugendliche. Für uns eine neue Erfahrung,<br />
für die beteiligten Kicker ein großer Spaß. Am Abend dann<br />
noch eine kurze Abstimmung mit Annette Lippstreu, Chefin<br />
der „pandamedien“. Denn morgen wird es ernst: Die ersten<br />
Vorrundenspiele stehen an.<br />
Tag 3: Freitag, 1. September<br />
Der Wecker klingelt schonungslos um 6 Uhr. Doch die Neugier<br />
auf das, was uns heute erwartet, lässt jede Müdigkeit
schnell vergessen. In zwei Teams aufgeteilt fahren wir zu den<br />
Spielstätten. Die Partie Saudi-Arabien gegen die Niederlande<br />
findet in Salzwedel statt. Polen und Australien treffen in<br />
Osterburg aufeinander. In den Stadien angekommen, stehen<br />
Aufgaben wie Presseakkreditierung, VIP-Betreuung sowie<br />
Fotodokumentation, Spielberichterstattung, das Sammeln<br />
von O-Tönen und die Organisation der anschließenden Pressekonferenz<br />
an. Außerdem verfassen wir Pressetexte und<br />
setzen sie an die einzelnen Medienanstalten Sachsen-<br />
Anhalts ab. Im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein ist<br />
alles – interessante Zitate und gelungene Fotos sind der<br />
Lohn. Bei der INAS-FID Fußball-WM handelt es sich um Spieler<br />
mit geistiger und Lernbehinderung. Auf dem Spielfeld zeigen<br />
sie hingegen großen Einsatz und Leistungsvermögen.<br />
Unser Fazit: absolut sehenswerter, schöner Fußball. Die Top-<br />
Stimmung in den Stadien hat es heute bewiesen.<br />
Tag 4: Sonnabend, 2. September<br />
Höhepunkt auf unserem heutigen Tagesplan: die „WM-<br />
Night“. Wie in allen Gastgeber-Bundesländern, findet sie<br />
auch in Sachsen-Anhalt statt. Hochrangige Gäste aus Kultur,<br />
Wirtschaft und Politik, darunter auch unser Ministerpräsident<br />
Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, treffen sich im Kulturhaus<br />
Salzwedel zu einer Galaveranstaltung für die Mannschaften<br />
der Gruppe D. Statt auf dem Fußballfeld haben die Spieler<br />
ihren Auftritt heute auf der Bühne.<br />
Tag 5: Sonntag, 3. September<br />
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Heute haben wir endlich<br />
Zeit für die Auswertung der Begegnungen vom Freitag. Rund<br />
500 Fotos müssen gesichtet, ausgesondert und bearbeitet<br />
werden. Den Nachmittag verbringen wir mit den Camp-Kindern<br />
und Jugendlichen, die uns nach nur wenigen Tagen<br />
bereits in ihr Herz geschlossen haben.<br />
Tag 6: Montag, 4. September<br />
Der zweite Spieltag – für Steffi, Marco und André ein „Heimspiel“,<br />
denn das Duell Polen gegen Saudi-Arabien findet in<br />
Arendsee statt. Joanna und Wilko machen sich auf nach Gardelegen,<br />
wo Australien auf die Niederlande trifft. Mittlerweile<br />
sind wir eingespielte Teams, die Aufgaben sind uns zunehmend<br />
vertraut. Besonderer Spieltags-Höhepunkt: Der Besuch<br />
des DFB Vize-Präsidenten Dr. Hans-Georg Moldenhauer, der<br />
die Stimmung bei der INAS-FID Fußball-WM 2006 auf den<br />
Punkt bringt: „Man ist einfach begeistert.“<br />
Tag 7: Dienstag, 5. September 2006<br />
Das IDA lädt zu einem Festtag und erwartet dazu zusätzlich<br />
rund 200 Kinder aus dem KiEZ. Gemeinsam mit den Rehabilitationspsychologie-Studenten,<br />
die fast rund um die Uhr<br />
engagiert für die Gäste im Camp da sind, sowie der IDA-Bildungsbeauftragten<br />
Anke van Meegen stellen wir ein buntes<br />
Programm mit Schnitzeljagd, Fußball, Volleyball und weiteren<br />
Spielen zusammen. Die Mühe zahlt sich aus: Die Kinder<br />
haben sichtlich Spaß und halten uns ordentlich auf Trab.<br />
Beim Grillfest mit anschließendem gemütlichem Lagerfeuer<br />
können wir dann entspannen.<br />
Tag 8: Mittwoch, 6. September<br />
Es sind 24 Grad Celsius – ein perfekter Tag für das heutige<br />
Fest im KiEZ. Unter dem Motto „Zu Gast bei Freunden“ versuchen<br />
wir die Kids mit Sport und Spielen bei Laune zu hal-<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 15<br />
oktober 2006<br />
ten. Und das ist bei circa 400 Kindern unterschiedlichsten<br />
Alters nicht immer ganz einfach. Es macht zwar Spaß, kostet<br />
aber auch Kraft. Zeit zum Entspannen und Akkus aufladen<br />
finden wir abends bei einer Schifffahrt auf dem Arendsee.<br />
Mittlerweile ist für uns der Umgang mit Mentalbehinderten<br />
nichts Außergewöhnliches mehr. Man trifft sich, unterhält<br />
sich über Alltägliches, ohne dass die Behinderung der Leute<br />
für uns eine Rolle spielt.<br />
Tag 9: Donnerstag, 7.September<br />
Der letzte Vorrundenspieltag: Die heutigen Ergebnisse entscheiden<br />
über den Einzug in die WM-Hauptrunde. Saudi-Arabien<br />
gegen Australien in <strong>Stendal</strong>, die Niederlande gegen<br />
Polen in Klötze – heute wird es noch einmal spannend. Begeisternde<br />
Szenen am Stadion „<strong>Stendal</strong>er Hölzchen“: Als die<br />
Mannschaftsbusse anrollen, postiert sich eine Schulklasse am<br />
Bus der Australier. Zur Begrüßung singen sie die australische<br />
Nationalhymne, was Spieler und Coach gleichermaßen rührt.<br />
Trotz ihrer großen Niederlagen in den ersten beiden Spielen –<br />
24:0 gegen Polen und 50:2 gegen die Niederlande – sind die<br />
Australier immer mit fairem Kampfgeist dabei und somit zu<br />
den absoluten Publikumslieblingen, dem „Weltmeister der<br />
Herzen“ geworden. Heute dann die 41:0-Niederlage gegen<br />
die Saudi-Arabier – macht insgesamt 115 Tore bei drei Begegnungen.<br />
Aber es ist wahrscheinlich so, wie Dr. Moldenhauer<br />
es schon sagte: „Es geht bei diesen Spielen nicht um das<br />
Ergebnis.“ Abends findet in der Landessportschule in Osterburg<br />
eine große Abschiedsfeier für die Mannschaften statt.<br />
Polen, Niederländer, Saudi-Arabier und Australier – alle feiern<br />
miteinander. Es werden T-Shirts und Mützen getauscht, Autogramme<br />
verteilt und alle sind sich einig: Wir sehen uns wieder.<br />
Wenn nicht in den Hauptrundenspielen, dann bei der<br />
nächsten WM 2010 in Südafrika.<br />
Tag 10: Freitag, 8. September<br />
Heute ist der große Tag der Verabschiedung. Nach dem Frühstück<br />
werden noch schnell ein paar Telefonnummern und E-<br />
Mail-Adressen getauscht, bevor sich alle Gäste und Betreuer<br />
auf den Weg nach Hause machen. In den vergangenen zehn<br />
Tagen konnten wir eine Menge wertvoller Erfahrungen sammeln,<br />
nicht nur für unser Studium, sondern auch fürs Leben,<br />
ganz nach dem Leitgedanken dieser WM: Jeder Mensch ist<br />
anders und „anders ist auch normal“.<br />
Freistoß für die australische Mannschaft<br />
Die fünf Studierenden vom WM-Team<br />
wilko florstedt
16 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
+++ Nachrichten +++ Nachrichten +++ Nachrichten +++ Nachrichten +++ Nachrichten +++ Nachrichten +++<br />
<strong>Magdeburg</strong>er Campuskino jetzt im Frösi<br />
Seit mehreren Jahren sorgt die Initiative Campuskino im Verbund<br />
mit dem Studentenrat dafür, dass während der Vorlesungszeit<br />
alle zwei Wochen außergewöhnliche Filme auf<br />
dem Campus zu sehen sind. Für das Wintersemester haben<br />
sich die Initiatoren auf eine Ortsveränderung verständigt –<br />
das Campuskino zieht vom Audimax ins Café Frösi (Haus 1).<br />
Das aktuelle Programm stand bei Redaktionsschluss noch<br />
nicht fest. Informationen darüber gibt es in Kürze auf den<br />
Webseiten der <strong>Hochschule</strong> unter „Campus und Kultur“.<br />
Das Cafe Frösi auf dem Campus am Herrenkrug<br />
Nachhaltige Gesundheitsförderung<br />
Zum Abschluss der diesjährigen „Sommerakademie zur<br />
Gesundheitsförderung“ diskutieren Vertreterinnen und Vertreter<br />
aus Politik, Wissenschaft und Praxis über nachhaltige<br />
Gesundheitsförderung. In der Diskussionsrunde mit dem<br />
parlamentarischen Staatssekretär des Bundesministeriums<br />
für Gesundheit, Rolf Schwanitz, und prominenten VertreterInnen<br />
der Landes- und Kommunalpolitik sowie der Krankenkassen<br />
wurde ein Positionspapier zur Politik nachhaltiger<br />
Gesundheitsförderung in Deutschland beraten. An der einwöchigen<br />
Sommerakademie, die im September an der <strong>Hochschule</strong><br />
stattfand, beteiligten sich etwa 100 Experten aus der<br />
gesamten Bundesrepublik.<br />
Sokrates-Ranking: <strong>Hochschule</strong> ist Spitze<br />
Deutschlandweit nahmen im akademischen Jahr 2004/05<br />
263 <strong>Hochschule</strong>n am Sokrates-Ranking teil. Dabei werden<br />
die so genannten Outgoings pro Jahr verglichen, allerdings<br />
ohne dass die Anzahl der Studenten an der jeweiligen Einrichtung<br />
berücksichtigt wird. Die <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<br />
<strong>Stendal</strong> (FH) belegte Platz 63 mit 106 Outgoings. Diesen<br />
Platz teilt sich die <strong>Hochschule</strong> mit der wesentlich größeren<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Einen sinnvollen<br />
relativen Vergleich ermöglicht erst der Blick auf die Fachhochschulen.<br />
Hier liegt die <strong>Hochschule</strong> bundesweit auf Platz<br />
sieben, in den neuen Ländern sogar auf dem ersten Platz.<br />
Beste FH ist die <strong>Hochschule</strong> Reutlingen (Platz 35 der<br />
Gesamtliste mit 216 Outgoings). Gesamtsieger ist die Humboldt-Universität<br />
in Berlin mit 692 Outgoings.<br />
Ausnahmezustand ab 9. Oktober<br />
In den <strong>Magdeburg</strong>er Oli-Lichtspielen findet vom 9. bis 13.<br />
Oktober 2006 das Filmfestival „Ausnahmezustand“ statt.<br />
Mit dem bundesweiten Filmfestival „Ausnahmezustand“<br />
will der Leipziger Verein Irrsinnig Menschlich e. V. das Thema<br />
Seelische Gesundheit/Krankheit ins Gespräch bringen,<br />
gleichzeitig aufklären und unterhalten. In <strong>Magdeburg</strong><br />
gastiert das Filmfestival in Kooperation mit den lokalen Partnern,<br />
dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen-Anhalt,<br />
dem Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Magde-burg<br />
und der <strong>Hochschule</strong>. Nahezu jeder dritte Mensch ist einmal<br />
im Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen, die<br />
aufgrund der damit einhergehenden massiven Einschränkung<br />
des täglichen Lebens einer Therapie bedarf. Neurosen,<br />
psychotische Störungen, Depressionen und Suchterkran-kungen<br />
zählen somit zu den Volkskrankheiten – jedoch wird<br />
kaum darüber gesprochen. Stigma, Diskriminierung und Ausgrenzung<br />
gelten nach wie vor als die größten Hindernisse,<br />
mit denen psychisch kranke Menschen zu kämpfen haben<br />
und die sie davon abhalten, sich in Behandlung zu begeben.<br />
Darüber hinaus werden Symptome psychischer Erkrankungen<br />
oftmals fehlinterpretiert, wenn nicht sogar ignoriert.<br />
Besorgniserregend ist, dass die öffentliche Einstellung zu<br />
Menschen mit schweren psychischen Gesundheitsproblemen<br />
in den letzten Jahren noch ablehnender geworden ist, wie<br />
eine europaweite Studie belegt.<br />
Alle Ort, alle Filme: www.ausnahmezustand-filmfest.de<br />
+++ Termine im Jahr der Wissenschaft +++<br />
Archäologische Ausgrabungen und Vermessungen<br />
in Patara<br />
17. Oktober, 17 Uhr, Campus am Herrenkrug, Breitscheidstr.<br />
2, Haus 7, Raum 0.14 – Prof. Dr. Götz Grosche (s. Seite 6?)<br />
präsentiert die bisherigen Forschungsergebnisse und stellt<br />
die weiterführenden Arbeiten vor.<br />
Stand der Bachelor- und Masterausbildung<br />
im Maschinenbau<br />
Die Fachtagung am 25. Oktober beschäftigt sich mit der<br />
Qualitätssicherung im Bachelor- und Masterstudium. Kontakt:<br />
Tel.: (0391) 886 41 21.<br />
Europäischer Kongress der Wissenschaftsstädte<br />
Am 7. November ist <strong>Magdeburg</strong> Gastgeber für hochrangige<br />
Vertreter aus Politik, Wirtschjaft und Wissenschaft. Die Rolle<br />
der Wissenschaft als Motor des Strukturwandels soll debattiert<br />
werden. Geplant ist die Unterzeichnung einer <strong>Magdeburg</strong>er<br />
Erklärung, in der sich die beteiligten europäischen<br />
Städte zu Städten der Wissenschaft erklären werden.<br />
Abenteuer Benutzerfreundlichkeit<br />
Weltweit wird am 14. November der „World Usability Day“<br />
begangen. Zum zweiten Mal ist <strong>Magdeburg</strong> dabei, diesmal<br />
im Forum Gestaltung. Dazu passend gibt es eine Fotoausstellung.
Albrecht Reinhardt, Leiter des ARD Studios in Moskau zu Gast am Herrenkrug<br />
„Die Ohren runterzuklappen, kann<br />
nicht das Wahre sein.“<br />
Albrecht Reinhardt sprach über seine Arbeit in Moskau<br />
Er ist ein alter Hase im Geschäft: Albrecht Reinhardt arbeitete<br />
bereits als innerpolitischer Korrespondent im ARD-Studio<br />
Bonn, war Redakteur bei dem zeitkritischen Magazin „Monitor“<br />
und berichtete für die ARD unter anderem aus Nairobi<br />
und der ehemaligen Sowjetunion. Seit 2002 ist er Leiter und<br />
Fernsehchef des ARD-Studios in Moskau. Russlands Präsident<br />
Wladimir Putin war einer seiner namhaften Interviewpartner.<br />
Im Rahmen der <strong>Magdeburg</strong>er Mediengespräche<br />
berichtete Reinhardt am 3.Juli 2006 vor rund 70 Zuhörern an<br />
der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) über die Fernsehberichterstattung<br />
aus Moskau sowie aktuelle Entwicklungen<br />
der Medien – und hatte dabei auch den einen oder anderen<br />
Tipp für Nachwuchsjournalisten auf dem Medienprofi-Lager.<br />
„Widerborstigkeit ist eine Qualität, die was mit Journalismus<br />
zu tun hat. Die Ohren zu schnell runterzuklappen, kann für<br />
einen Journalisten nicht das Wahre sein“, so Reinhardt im<br />
Vortrag, moderiert von Dr. Ilona Wuschig.<br />
Mit 30 festen und 10 freien Mitarbeitern ist das Moskauer<br />
ARD-Rundfunkstudio eines der größten von insgesamt 25<br />
ARD-Auslandsstudios. Rund 2500 ARD-Sendeminuten werden<br />
dort jährlich produziert. Doch die Tendenz sinkt. „Seit<br />
dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist es schwierig,<br />
außenpolitische Themen im Programm unterzubringen. Die<br />
wilden Zeiten sind vorbei“, weiß Reinhardt, der Geschichte<br />
und Politikwissenschaften studierte. Der Trend geht zum<br />
Infotainment – Nachrichten, die nur noch unterhaltsam verpackt<br />
auf Zuschauerresonanz treffen. Eine Entwicklung, die<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 17<br />
oktober 2006<br />
auch vor den öffentlich-rechtlichen Sendern wie der<br />
ARD, die laut Landesrundfunkgesetz dazu verpflichtet<br />
sind, ein ausgewogenes Informations- und Bildungsangebot<br />
zu gewährleisten, nicht Halt macht. „Den<br />
Touch zur Entpolitisierung und einen Boulevardtouch<br />
der ARD merken auch wir in Moskau. So führte ich<br />
zum 60. Jahrestag des Kriegsendes ein Interview mit<br />
Putin. Ich habe eine Stunde mit ihm gesprochen und<br />
machte schließlich ein Drei-Minuten-Stück für die<br />
Tagesthemen daraus. Mehr konnte man nicht unterbringen“,<br />
erinnert sich Reinhardt. Das Moskau-Studio<br />
produziert demzufolge verstärkt Reportagen und<br />
Dokumentationen mit politischem Hintergrund.<br />
„Auch mit Reisereportagen kann man die Zustände<br />
im Land zeigen. Ich nenne das dann immer die Reiseschnulzen,<br />
aber so etwas macht allen Beteiligten<br />
Spaß“, so der gebürtige Oberlausitzer.<br />
Doch wie ist es möglich, aus dem flächenmäßig größten<br />
Staat der Erde umfassend zu berichten? Reinhardt<br />
setzt dabei auf Erfahrungswerte: „Wir bekommen<br />
Informationen von Presseagenturen vor Ort.<br />
Wichtig ist aber, die Beziehung zu den Menschen dort<br />
zu pflegen. So erfährt man, was im Land passiert.“<br />
Albrecht Reinhardt schätzt das Land, in dem er arbeitet,<br />
vor allem die Gastfreundschaft. Die „Nabelschau“,<br />
sich nur für Inlandsthemen zu interessieren,<br />
lehnt er ab. „Wir sind nicht allein auf der Welt“, betont er<br />
und vertritt dabei den Qualitätsjournalismus. „Als wir jung<br />
waren, glaubten wir, dass wir die Welt ein bisschen durchsichtiger<br />
machen können. Klar wollen wir bis heute etwas<br />
zeigen, was mit der Botschaft viele Menschen erreicht. Aber<br />
das Einschaltquotenziel zum alleinigen Ziel zu machen, ist<br />
primitiv. Wir sollten kritisch und unabhängig, aber vor allem<br />
mit einer Grundsympathie für die Menschen, über die wir<br />
berichten, an die Sache herangehen“, so sein Rat an Nachwuchsjournalisten.<br />
bastian ehl<br />
Interessiert verfolgten die Zuhörer den Vortag des sympathischen<br />
62-Jährigen mit und nutzten die Gelegenheit zur<br />
Diskussion. So auch der in Tadschikistan geborene Heinrich<br />
Maser, Student der Fachkommunikation an der FH. Mit dem<br />
Thema war er vertraut: „Reinhardt gab gute Einblicke in seine<br />
Arbeit in Russland. Im Fernsehen und Internet vergleiche<br />
ich oft, über was und wie in deutschen und russischen Nachrichten<br />
berichtet wird. Dabei habe ich auch schon festgestellt,<br />
dass russische Themen in Deutschland oft gar nicht<br />
aufgegriffen oder zum Teil anders behandelt werden.“ Auch<br />
Lidia Ebermann aus dem Publikum setzt beim Nachrichtengucken<br />
auf Vergleiche: „Wir sind 1968 aus Moskau hierher<br />
gekommen. Ich fühle mich besser informiert, wenn ich deutsche<br />
und russische Nachrichten schaue. Ich bewundere<br />
Albrecht Reinhardts Arbeit in diesem großen Land. Man<br />
nennt ihn nicht umsonst ‚die russische Brille’.“<br />
Joanna Jambor
18 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Ein Erfahrungsbericht von Juliane Braun<br />
Auslandsaufenthalt in Japan<br />
Rush-hour auf japanisch im Shinjuku Distrikt in Tokio. Das Geschäftsviertel besticht besonders durch seine Wolkenkratzer.<br />
Ein Praktikum in Japan ist mit viel Planungs- und Zeitaufwand<br />
verbunden. Eine große geografische Distanz, tiefe kulturelle<br />
Unterschiede, Sprachbarrieren und ein hohes Preisniveau<br />
sind Fakten, auf die man sich einrichten sollte. Wer aber<br />
dieses Land einmal kennengelernt hat, wird in seinen Bann<br />
gezogen. So auch ich. Nach der Zusage zu einem Praktikum<br />
bei einem deutschsprachigen Wirtschaftsmagazin in der<br />
Deutschen Industrie- und Handelskammer in Tokio ging es<br />
an das Vorbereiten. Viel Lesen über die japanischen Sitten<br />
und Gebräuche ist dabei unerlässlich, denn Fettnäpfchen<br />
sind sonst vorprogrammiert.<br />
Am wichtigsten dabei: Gastgeschenk nicht vergessen. Und<br />
auf gar keinen Fall etwas mit der Zahl Vier oder Neun schenken.<br />
Denn das verbinden die Japaner mit Tod und Unglück.<br />
Ebenso sollte man einen Sprachkurs belegen. Einen Japaner<br />
mit Englischkenntnissen anzutreffen ist reine Glückssache<br />
und bereitet mir nicht allzu selten große Probleme. Grundlegende<br />
Dinge wie das Zahlensystem, Grußformeln und Wegbeschreibungen<br />
sind für das Alltagsleben von entscheidender<br />
Bedeutung. Aufgrund mangelnder Englischkenntnisse ist<br />
das japanische Volk daher auch sehr reserviert und zurükkhaltend<br />
gegenüber Ausländern. Man stößt teilweise auf kritische<br />
Blicke und Ignoranz. Man lernt jedoch auch die andere<br />
Seite kennen. Gerade in Restaurants, am Ticketschalter<br />
oder in Supermärkten sind Japaner trotz der Verständigungsschwierigkeiten<br />
sehr hilfsbereit und freundlich gegenüber<br />
Ausländern. In einer Weltmetropole wie Tokio sind außerdem<br />
die Kosten für die Unterkunft enorm und stellen eine<br />
weitere Schwierigkeit dar. Ein Fahrtweg zur Arbeit dauert<br />
juliane braun<br />
dann schon mal anderthalb Stunden und das ist keine Seltenheit.<br />
Mit den umliegenden Präfekturen zählt Tokio 12<br />
Millionen Einwohner und jeder pendelt morgens zur Arbeit in<br />
das Stadtzentrum. In den Bahnen wird man zur Rushhour<br />
fast zerquetscht und des Öfteren sah ich vor meinem geistigen<br />
Auge die Schlagzeile „Deutsche in japanischer U-Bahn<br />
erdrückt“. Und das ist nicht übertrieben.<br />
Ebenso ungewöhnlich ist das Straßensystem. Straßenschilder<br />
gibt es nur an sehr großen Straßen, und Hausnummern sind<br />
gar nicht vorhanden. Für Ausländer ist es nahezu unmöglich,<br />
sich anhand einer Adresse zurechtzufinden. Deshalb sei auch<br />
hier wieder gesagt: Man sollte unbedingt nach dem Weg fragen<br />
können. Denn in Tokio gibt es unheimlich viel zu sehen<br />
und zu bestaunen. Von allgemeinen Dingen wie Lautsprecherbeschallung<br />
auf den Straßen, Menschengewusel, Kindern<br />
und Jugendlichen in Schuluniformen und leuchtender<br />
Reklame über zahlreiche interessante Stadtbezirke mit riesigen<br />
Straßen, Kaufhäusern und Wolkenkratzern über Sehenswürdigkeiten<br />
wie den Tokyo Tower oder die Rainbow Bridge<br />
gibt es alles, was man an japanischer Tradition kennenlernen<br />
möchte und was nie Langeweile aufkommen lässt. Als Freizeitbeschäftigung<br />
steht hier Karaoke auf der Tagesordnung<br />
und die Japaner kosten die wenige freie Zeit, die sie haben,<br />
voll aus.<br />
Denn in der Geschäftswelt sind die Japaner für ihre Emsigkeit<br />
und harte Arbeit bekannt. Ein entscheidendes Kriterium<br />
hierbei sind Visitenkarten. Jeder besitzt sie und gibt sie bei<br />
der kleinsten Gelegenheit weiter. Dabei ist zu beachten, dass
man aus Höflichkeit die Visitenkarte vorerst eingehend studieren<br />
und anschließend nie einstecken sollte, solange man<br />
sich noch im Gespräch befindet. Das halten die dort bereits<br />
lange lebenden Ausländer in der japanischen Geschäftswelt<br />
genauso wie die Japaner selbst. Ein Punkt, den man unter<br />
anderem bei einem Praktikum in der Deutschen Industrieund<br />
Handelskammer in Japan lernt. Doch das ist nicht das<br />
einzige. Tägliche Artikel über den japanischen Markt, das allgemeine<br />
Geschäftsklima, Wirtschaftsentwicklungen und statistische<br />
Daten gehören hier zur Tagesordnung. In der DIHKJ<br />
arbeiten sowohl Deutsche als auch Japaner, wobei die meisten<br />
Japaner auch deutsch können. Das Praktikum ist<br />
bezahlt, was in dieser teuren Stadt Tokio von ungeheurem<br />
Vorteil ist.<br />
Denn wer sich für einen Auslandsaufenthalt in Japan interessiert,<br />
sollte darauf eingerichtet sein, dass man kein Auslandsbafög<br />
erhält. Stipendien, wenn man nicht Japanologie<br />
studiert oder Forschungszwecke beabsichtigt, sind nicht zu<br />
kriegen. Möglich ist aber ein Fahrtkostenzuschuss vom Deutschen<br />
Akademischen Austauschdienst, der bei dem teuren<br />
Flug sehr hilfreich ist.<br />
Und ich kann abschließend nur betonen, dass es sich lohnt,<br />
diese Anstrengungen in Kauf zu nehmen. Wer gewillt ist,<br />
andere Kulturen und Sichtweisen kennenzulernen und sich<br />
für die immer stärker werdende Wirtschaftsmacht Asien<br />
interessiert, für den bietet ein Auslandsaufenthalt in Japan<br />
die besten Voraussetzungen.<br />
Denn trotz der vielen Unterschiede gewöhnt man sich<br />
schnell an das Leben in Japan. Es erweitert den Horizont,<br />
gibt neue Einsichten und wer dazu noch Sushi und die leichte<br />
japanische Küche mag, kommt hier voll auf seine Kosten.<br />
Der historische Palast des japanischen Kaisers<br />
Juliane Braun<br />
juliane braun<br />
Japan-Tipps von Juliane Braun<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 19<br />
oktober 2006<br />
• billige Flüge gibt es unter<br />
www.jet-travel.de; Hauptflughäfen<br />
sind Narita International<br />
Airport bei Tokio und Kansai<br />
International Airport bei Osaka<br />
• Konto bei der Citibank eröffnen,<br />
denn in den großen Städten<br />
stehen genügend Citibank-Filialen<br />
und Automaten<br />
zur Verfügung, an denen das<br />
Abheben kostenlos ist<br />
• Kostüm oder Anzug einpacken, denn die Japaner kleiden<br />
sich sowohl im Berufs- als auch im Alltagsleben etwas<br />
schicker als die Deutschen<br />
• Kosten: Fahrtverbindungen zwischen dem Zuhause und<br />
der Arbeit werden meist vom Arbeitgeber übernommen;<br />
für den Flug Fahrtkostenzuschuss beim DAAD beantragen<br />
• unbedingt Passfotos mitbringen: wer sich länger als 90<br />
Tage in Japan aufhält, muss beim zuständigen Rathaus die<br />
„Alien Registration Card“ beantragen, zu der man den<br />
Pass und zwei Passfotos benötigt sowie Angaben zur<br />
Unterkunft und zum Arbeitsverhältnis machen muss<br />
• das Rathaus bietet auch kostenlose oder sehr preisgünstige<br />
Sprachkurse an, einfach nachfragen<br />
• deutsche Handys funktionieren in Japan nicht (nur UMTS);<br />
Telefonkarten erhält man aber am Flughafen oder in Convenience<br />
Stores (24h-Supermärkte) sehr preiswert beispielsweise<br />
von Brastel, die man jederzeit beliebig aufladen kann<br />
• Visum kann man in Berlin bei der Japanischen Botschaft<br />
beantragen oder beim zuständigen Konsulat der Region, in<br />
der man lebt<br />
• Unterkunft: einen besonders tiefen Einblick in japanische<br />
Kulturen bieten natürlich Gastfamilien; ansonsten stellen<br />
sogenannte Gaijin-Häuser eine preiswerte Alternative dar<br />
(www.tokyohappyhouse.com, www.japan-guide.com)<br />
• die Spannung beträgt in Japan nur 110 Volt, deutsche<br />
Elektrogeräte funktionieren meist nicht; ebenso benötigt<br />
man einen Adapter für die Steckdosen<br />
• Stadt- und U-Bahnplan sollte man sich bereits in<br />
Deutschland besorgen, denn auf den Plänen vor Ort sind<br />
meist nur Schriftzeichen<br />
• deutsche Institutionen:<br />
www.doitsu.info/html/<br />
Deutsche IHK www.dihkj.or.jp<br />
Deutsche Botschaft www.tokyo.diplo.de<br />
Ostasiengesellschaft www.oag.jp<br />
Goethe-Institut www.goethe.de/tokyo<br />
Deutsches Institut für Japanstudien www.dijtokyo.org/
20 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Zukünftige Kindheitswissenschaftler auf Exkursion in Halle<br />
Zu Gast im Iris-Regenbogenzentrum<br />
Eine Exkursion nach Halle führte uns Studierenden<br />
der Angewandten Kindheitswissenschaften<br />
zur „Kinderstadt 2006“ und<br />
zum Familienzentrum „IRIS-Regenbogenzentrum“<br />
nach Halle. Ines Brock (Appr. Kinder-<br />
und Jugendlichenpsychotherapeutin,<br />
Erziehungswissenschaftlerin und 1. Vorsitzende)<br />
stellte uns die Einrichtung vor. Das<br />
IRIS-Regenbogenzentrum sei eine Familienbildungs-<br />
und Begegnungsstätte der<br />
Zukunft, so Frau Brock. Es umfasst die Bereiche<br />
Familienbildung, Schwangeren- und<br />
Erziehungsberatung, Geburtshaus und Kindertagesstätte,<br />
wobei die einzelnen Bereiche<br />
stark miteinander kooperieren. IRIS e.V.<br />
für Frauen und Familien, als Träger des Zentrums,<br />
ist lokal, regional und überregional<br />
vernetzt und anerkannt.<br />
Die Beratungsstellen des Hauses sind breit gefächert. Um nur<br />
einige zu nennen: Beratung und Begleitung minderjähriger<br />
Schwangeren, sozial schwacher Familien, junger Paare; Trauerbegleitung;<br />
Schreikindberatung; Betreuung von Selbsthilfegruppen.<br />
Außerdem finden gesundheitsfördernde Kurse für<br />
jede Altersgruppe statt, z.B. Kinder-Yoga, Krabbelturnen.<br />
Ein „Leuchtturmprojekt“ des IRIS-Regenbogenzentrums ist<br />
INTEGRITAS, d.h. Integrative Familienbildung und Netzwerkbildung<br />
für Eltern mit „besonderen“ Kindern. Integritas<br />
zeichnet sich aus durch Eltern-Kind-Kurse, Kontakt zu Frühförderung<br />
und Leistungserbringern im Gesundheitswesen<br />
und private Unterstützungssysteme in Kooperation mit<br />
Rehabilitationspädagogen der Universität. Durch innovative<br />
Ansätze im Zeichen der Zeit, Spielplatzberatung, Miteinander<br />
von Hebammen und Familienbildung, Babyuniversität für<br />
Mütter in der Elternzeit und vieles mehr verzeichnet das Zentrum<br />
eine stetig wachsende Besucherzahl. Ines Brock sieht<br />
den Erfolg im Rezept „Kontinuität und Wandel“.<br />
Im Anschluss an den Besuch des IRIS-Regenbogenzentrums<br />
haben wir uns in der Kantine der Landesverwaltung gestärkt,<br />
um mit vollem Einsatz an der Grundsteinlegung der „Kinderstadt<br />
2006 - Halle an der Salle“ teilzunehmen. Um 14 Uhr<br />
(oder ein paar Minuten später) war es dann soweit. Natürlich<br />
durften die Presse und die Oberbürgermeisterin Frau Häußler<br />
bei so einem Ereignis nicht fehlen. Und es waren nicht nur<br />
Erwachsene anwesend, sondern auch die Gruppe, für die das<br />
Projekt gestartet wurde – die Kinder.<br />
Nach ein paar einführenden kurzen Worten der Oberbürgermeisterin<br />
startete die Führung über das noch spärlich bebaute<br />
Gelände. Man musste halt seine Fantasie benutzen, um<br />
sich ein Bild der zukünftigen Kinderstadt zu machen. Geleitet<br />
wurde die Gruppe von der Projektleiterin, die wortreich<br />
den Eingangsbereich als Stadtinformationsbüro beschrieb, in<br />
dem man seinen Kinderausweis für die Kinderstadt erhält.<br />
Für Erwachsene gibt es ein Visum, schließlich ist die Stadt<br />
Die Studierenden vor dem Familienzentrum in Halle<br />
nicht für sie vorgesehen. Damit eine Stadt funktioniert, muss<br />
auch in der Kinderstadt einer Tätigkeit nachgegangen werden,<br />
so wie das auch bei den Großen der Fall ist. Dabei kann<br />
man sich die nötigen „Hallörchen“ verdienen, die man dann<br />
wieder ausgeben kann für Essen aus dem blauen Container,<br />
was die kinderstadteigene Küche später darstellen soll oder<br />
für diverse Dinge, welche in der Kinderstadtmanufaktur hergestellt<br />
werden. Weitere mögliche Jobs wären zum Beispiel<br />
im Krankenhaus, bei der Feuerwehr, im Sorgenamt, Streitschlichter,<br />
im Fernseh- und Filmstudio oder Standesbeamter im<br />
„Grünen Gewölbe“, wo heiratswillige Kinder schon mal<br />
erfahren können, wie sich das später, wenn sie größer sind,<br />
anfühlt. Bei schönem Wetter kann man sich dann auch im<br />
Zoo der Kinderstadt aufhalten, wo man Schafe, Kaninchen<br />
und andere Tiere sehen kann oder auch im Freibad „Salle -<br />
Strand“ liegend die Sonne genießen. Außerdem bietet der<br />
Verkehrsgarten als Straßensystem mit Fahrrädern eine Möglichkeit<br />
des Zeitvertreibs. Allerdings gibt es keine Polizisten,<br />
die für Ordnung auf den „Straßen“ sorgen können – (Kinder-<br />
) Polizisten sind oft nicht nett, so die Erfahrung aus dem Vorjahr.<br />
Wie man sehen kann, versucht die Kinderstadt sich<br />
weitestgehend selbst zu versorgen.<br />
Als krönenden Abschluss des Rundgangs wurde der Stadtplan<br />
von Frau Häußler und einigen Kindern vergraben und<br />
mit einer Betonplatte, in die die zwei Kinderstadtratsvorsitzenden<br />
ihren Handabdruck setzten, versiegelt. Zur Belohnung<br />
für die Kinder gab es einige leckere Snacks und Kuchen<br />
und für die Großen gab es Sekt zum Anstoßen. Dann hatte<br />
auch der Projektleiter Andreas Keim Zeit für einen Plausch<br />
und unsere individuellen Fragen.<br />
Kathleen Steudel und Stefanie Haslbeck
Industriedesign-Absolventen der <strong>Hochschule</strong> machten sich 2004 selbstständig<br />
Digitale Lösungen der Zukunft<br />
Matthias C. Schroeder und Reik Wendt<br />
Bill Gates hatte seine Garage, die beiden<br />
Köpfe von Schroeder + Wendt ihre WG.<br />
Matthias C. Schroeder und Reik Wendt<br />
haben Ende 2004 den Sprung in die Selbstständigkeit<br />
gewagt. Doch begann die<br />
gemeinsame Arbeit bereits 1999 während<br />
des Industriedesign-Studiums an der <strong>Hochschule</strong><br />
<strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH). Die gemeinsame<br />
WG brachte es mit sich, Projekte<br />
während des Studiums und die ersten Aufträge<br />
zusammen zu realisieren. Über die<br />
Jahre ist daraus das Unternehmen in seiner<br />
heutigen Form entstanden.<br />
Schroeder + Wendt bieten digitale Produkte der nächsten<br />
Generation. Hinter dieser weit gefassten Beschreibung verbirgt<br />
sich die Gestaltung und Entwicklung interaktiver Landschafts-<br />
und Stadtkarten, dynamischer Informationsgrafiken,<br />
Softwarelösungen und Onlineprojekte. Die interne Aufgabenteilung<br />
ist dabei klar definiert. Produktentwicklung und<br />
Benutzerfreundlichkeit übernimmt Matthias C. Schroeder, die<br />
Gestaltung und Visualisierung Reik Wendt. Doch ist das<br />
Unternehmen natürlich keine Zwei-Mann-Show. Sechs weitere<br />
Mitarbeiter kümmern sich zusätzlich um Programmierung,<br />
Entwicklung, Gestaltung, Marketing<br />
und Verwaltung. Ein Praktikant gehört ebenso<br />
zum ständigen Ensemble im Unternehmen.<br />
Seit ihrem Bestehen hat die Agentur bereits<br />
viele namhafte Kunden aus der Region und<br />
sogar internationale Unternehmen für seine<br />
Produkte begeistern können. So profitieren<br />
bereits Firmen wie Porsche von<br />
den Lösungen aus dem Hause Schroeder<br />
+ Wendt. Im Rahmen einer Studie wurden<br />
sämtliche Porsche-Modelle seit 1945<br />
dreidimensional in einem interaktiven<br />
Zeitstrahl sichtbar gemacht. Weiterhin<br />
entstanden Internetportale für die Universität<br />
<strong>Magdeburg</strong>, oder das Ministerium<br />
für Raum- und Flurordnung<br />
Sachsen-Anhalt.<br />
bastian ehl<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 21<br />
oktober 2006<br />
Bei der Produktgestaltung steht besonders die Benutzerfreundlichkeit<br />
im Vordergrund. Es hat wenig Sinn, 500 Seiten<br />
Handbuch lesen zu müssen, um ein technisches Gerät<br />
einwandfrei nutzen zu können. Daher ist es wichtig, die<br />
Schnittstelle zwischen Mensch und Funktion, also das<br />
Interface, so optimal wie möglich zu gestalten. Doch nicht<br />
nur der optimalen Bedienung von technischen Geräten<br />
wird im Unternehmen Rechung getragen. Schroeder +<br />
Wendt bieten ebenfalls maßgeschneiderte dynamische<br />
Informationsgrafiken. Laut einer Untersuchung von Kroeber-Riel<br />
werden 98% der Informationen aus Rundfunk und<br />
gedruckten Medien nicht mehr bewusst wahrgenommen.<br />
Die Menge an Informationen ist also nicht mehr der entscheidende<br />
Faktor – wichtiger ist die Struktur der dargereichten<br />
Informationen. Hier setzen die hauseigenen Entwicklungen<br />
an. Der Nutzer soll die für sich relevanten Informationen<br />
schnell filtern und verstehen können.<br />
Um in Zukunft noch umfangreichere Projekte erfolgreich<br />
realisieren zu können, schlossen sich vier Unternehmen zur<br />
Unternehmensgruppe „Vielgestalten“ zusammen. Neben<br />
Schroeder + Wendt sind die Werbeagentur Hoffmann und<br />
Partner, das Grafische Centrum Cuno und die Produktentwickler<br />
von Faktor M, ebenfalls eine Gründung von Absolventen<br />
der <strong>Hochschule</strong>, beteiligt.<br />
Wie auch 2005 veranstaltet das Unternehmen 2006 den<br />
„World Usability Day“ – den Tag der Benutzerfreundlichkeit in<br />
<strong>Magdeburg</strong>. Am 14. November findet ab 15.00 Uhr ein<br />
umfangreiches Programm mit Vorträgen und Workshops statt.<br />
Weitere Informationen im Internet unter:<br />
www.schroeder-wendt.de<br />
www.supernuetzlich.de<br />
Bastian Ehl
22 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Summerschool und Dokumentarfilmdreh in Aserbaidschan<br />
Zu Besuch im Kaukasus<br />
Aserbaidschanische Tagelöhner in Sheki suchen Schutz vor der sengenden Mittagssonne<br />
Eines Abends im Juli klingelte mein Telefon<br />
und Kameramann Olli eröffnete das Gespräch<br />
mit der Frage, was ich denn im<br />
August machen würde? Es bestand ganz<br />
kurzfristig die Möglichkeit, einen Dokumentarfilm<br />
in Aserbaidschan zu drehen. Die<br />
restliche Crew war schnell gefunden. Insgesamt<br />
vier Journalistik-Studenten der <strong>Hochschule</strong><br />
(Oliver Barth, Kamera/Schnitt; Bastian<br />
Ehl, Fotografie/2. Kamera; Jessica Preuss,<br />
Redaktion/Schnitt; Sascha Albrecht, Redaktion/Ton)<br />
nahmen das Projekt in Angriff.<br />
Grundlage für den Film war eine Summer-<br />
School für deutsche Studenten an der aserbaidschanischen<br />
Qafqas Universität in der<br />
Nähe von Baku. Der Plan war, nicht bloß die<br />
Summer-School Teilnehmer zu begleiten,<br />
sondern vielmehr dem heimischen Zuschauer<br />
einen Eindruck von Aserbaidschan zu vermitteln.<br />
Schon die Reise begann als Abenteuer. Bepackt wie die<br />
Mulis machten wir uns am 18. August auf in Richtung Flughafen<br />
Schönefeld. Die Aeroflot-Maschine versprühte bereits<br />
den typischen Ostblock-Charme. Eine dampfende Klimaanlage<br />
und eine Rettungsrutsche ohne Verpackung neben der<br />
Tür machten schnell bewusst, dass es ab sofort mit den<br />
gewöhnten deutschen Standards vorbei war - zumindest<br />
für die kommenden 18 Tage. Irgendwann mitten in der<br />
Nacht sind wir dann aber wohlbehalten in Baku gelandet.<br />
bastian ehl<br />
Ich schritt frohen Mutes zur Kabinentür und lief erst einmal vor<br />
eine imaginäre Wand. Mir war klar, dass es in Aserbeidschan<br />
heiß ist, aber die wirkliche Situation war einige Nummern härter.<br />
Über 90% Luftfeuchtigkeit aktivierten sofort sämtliche<br />
Schweißdrüsen am Körper und die Luft roch nach einer<br />
Mischung aus Öl und verbranntem Kunststoff. Der Flughafen<br />
liegt inmitten eines der Hauptfördergebiete für Erdöl, allerdings<br />
wird man den Geruch auch im übrigen Land nicht los. Der Plastikgeruch<br />
ist ebenso schnell erklärt. In Ermangelung einer<br />
funktionierenden Müllentsorgung verbrennen die meisten<br />
Aserbeidschaner ihren Müll einfach vor der eigenen Haustür.<br />
Aserbaidschan ist ein mehrheitlich muslimisches Land, allerdings,<br />
ähnlich der Türkei, sehr säkularisiert. Nichtdestotrotz<br />
wurden Männer und Frauen 30 km voneinander entfernt untergebracht.<br />
Sicher ist sicher. Somit kamen wir Männer auch jeden<br />
Tag in den Genuss der aserbaidschanischen Straßenverhältnisse.<br />
Aber dazu später mehr. Am ersten Morgen dachten wir<br />
uns, pünktlich sein wird von Deutschen erwartet. Also waren<br />
wir alle fünf Minuten vor Zeit vor dem Gebäude, um auf den<br />
Bus zu warten. Man hat ja einen Ruf zu verlieren. Der Bus bog<br />
leicht verspätet in genau dem Moment um die Ecke, als zufällig<br />
alle auf die Uhr schauten. Der Blick des Fahrers war unbezahlbar.<br />
Das war aber auch das einzige Mal, dass wir pünktlich<br />
waren. Ab jetzt musste der Fahrer immer auf uns warten. Vorurteile<br />
sind eben meistens doch nur Vorurteile.<br />
An der Summer-School nahmen insgesamt 15 Studenten aus<br />
<strong>Magdeburg</strong>, Hamburg und Tübingen teil. Fachlich war alles<br />
von Politik, über Sozial- und Islamwissenschaften, bis hin zu
Japanologie vertreten. Das führte nicht nur während der Vorlesungen<br />
zu angeregten Diskussionen. Während der zwölf<br />
Tage drehten sich die Vorlesungen und Seminare um das Thema<br />
„Aserbaidschan – auf dem Weg nach Europa?“. Doch<br />
blieb es bei Themen wie Politik, Erdöl, Kultur und Sprache<br />
nicht nur bei der trockenen Theorie in voll-klimatisierten Räumen.<br />
Viele Exkursionen vertieften das Wissen ganz praktisch<br />
durch Teilnahme am aserbaidschanischen Alltag.<br />
Die Dreharbeiten verliefen komplikationslos – nachdem wir<br />
zwei Mal beim Außenministerium waren. Die geforderte Akkreditierung<br />
gab es dann doch nicht, aber jede Menge Hinweise,<br />
wie wir unseren Film „noch besser“ machen könnten. Den<br />
Sekretär des stellvertredenden Außenministers gab es als Aufpasser<br />
kostenlos für zwei Tage dazu. Er merkte dann aber<br />
schnell, das wir auf Beobachtung und „Hilfestellung“ überhaupt<br />
nicht stehen und hat uns alleine weiter drehen lassen.<br />
Einen kleinen Eklat verursachte er mit einem „Dokumentarfilm“-Abend<br />
im Kreise der Studenten.Teilnahme war Pflicht. Zu<br />
sehen gab es zwei Propaganda-Streifen, die den immer noch<br />
nicht gelösten Konflikt mit Armenien aus aserbaidschanischer<br />
Sicht zeigten. Den Konflikt auch nur annähernd zu beschreiben<br />
würde hier den Rahmen sprengen. Bei knapp 15% Flüchtlingsanteil<br />
in der Bevölkerung ist das Thema aber stets präsent. Keine<br />
Ahnung, für wie wenig aufgeklärt man uns Studenten<br />
gehalten hat, jedenfalls hat jeder die Filme sofort durchschaut.<br />
Selbst unter den Aserbeidschanischen Studenten regte sich<br />
Unmut. Einige waren als Kinder selbst Opfer der Vetreibung<br />
und konnten es überhaupt nicht nachvollziehen, wie taktlos die<br />
eigene Regierung vor den deutschen Gästen mit diesem heiklen<br />
Thema umging. So wurde an diesem Abend bis spät in die<br />
Nacht diskutiert. Nachdenklich stimmte besonders uns werdene<br />
Journalisten ein Gespräch mit einheimischen Journalisten,<br />
die etwas ungläubig zur Kenntnis nahmen, dass das staatliche<br />
Fernsehen in Deutschland die Arbeit der Regierung mit am heftigsten<br />
kritisiert und dass die deutschen Nachrichtenagenturen<br />
privat organisiert sind.<br />
Eine weitere aserbaidschanische Sitte gab es während der<br />
Pressekonferenz mit dem deutschen Botschafter vor Ort zu<br />
bewundern. Handy-Klingelton-Werbung gibt es leider auch<br />
in Aserbaidschan. Und an seinem Klingelton lässt man die<br />
ganze Umgebung teilhaben. Handys klingeln grundsätzlich<br />
auf maximaler Lautstärke – auch in Pressekonferenzen.<br />
Im Verkehr gehen die Uhren hier ebenfalls ein wenig anders.<br />
Verkehrsregeln gibt es nicht, ebensowenig Ortsschilder. Und<br />
bastian ehl<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 23<br />
oktober 2006<br />
wer sich anschnallt, spricht dem Fahrer seine Fahrkenntnisse<br />
ab – eine Beleidigung. Dafür verstehen es die Aserbeidschaner<br />
zu kochen und zu feiern. Die einheimische Küche ist eine<br />
Mischung aus asiatischen, russischen und türkischen Gerichten.<br />
Viel Geflügel und Hammel, frisches Gemüse und Früchte.<br />
Dazu wird landestypisch Tee in kleinen Gläsern gereicht.<br />
Alkohol wird zwar landesweit überall verkauft, doch zumindest<br />
in der Öffentlichkeit nicht getrunken.<br />
So sicher wie in Aserbaidschan habe ich mich selten irgendwo<br />
auf der Welt gefühlt. Die Gastfreundschaft der Menschen<br />
ist umwerfend. Auf meinen Fotoreisen habe ich schon,<br />
besonders in Südeuropa, so manch kritische Situation erlebt.<br />
Hier war man zwar immer die Hauptattraktion am Platze, nur<br />
passiert ist nie etwas. Selbst Menschen in ärmsten Verhältnissen<br />
begegneten mir stets zuvorkommend und neugierig.<br />
Man ist Gast – das merkt man bei jedem Schritt, den man in<br />
diesem Land macht.<br />
Auch wenn das Land große Probleme hat, nicht gerade<br />
demokratisch regiert wird und die Einnahmen des Ölbooms<br />
an der Bevölkerung vorbei gehen – die Menschen verzweifeln<br />
nicht. Als Europäer hat man schnell gezeigt bekommen,<br />
wie wir nach außen wirken – lange nicht so positiv wie<br />
immer alle glauben. Und ich habe mal wieder erleben dürfen,<br />
dass Reichtum, Sicherheit und viele viele Vorschriften<br />
das Leben nicht unbedingt lebenswerter machen. Das schönste<br />
aber war mein Kulturschock bei der Rückkehr nach<br />
Deutschland. Ein sicheres Zeichen, Aserbeidschan kennen<br />
und lieben gelernt zu haben. Nächstes Mal dann bitte Lufthansa,<br />
aber ansonsten sofort gerne wieder.<br />
Bastian Ehl<br />
Interview mit dem deutschen Botschafter Detlef Lingemann<br />
Die Ölfelder südlich der Hauptstadt Baku Metzger auf dem Markt in Sumqayit zerlegt einen Hammel<br />
bastian ehl bastian ehl
24 <strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
oktober 2006<br />
Impressionen vom Fest der Wissenschaft am 22. und 23.09.2006<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong><br />
Herausgeber: Der Rektor der <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH)<br />
ISSN 1614-8770<br />
Redaktion: Norbert Doktor (verantwortlich), Bastian Ehl, Joanna Jambor<br />
Layout und Satz: Alexander Bernstein, Bastian Ehl, Norbert Doktor<br />
Druck: Harzdruckerei<br />
Auflage: 2.500<br />
Titelfoto: Juri Krawtschenko<br />
Für namentlich gekennzeichnete Beiträge sind die Autoren verantwortlich. Diese Beiträge geben<br />
nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion wieder. Kürzungen behält sich die Redaktion vor.<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> (FH) – Pressestelle<br />
Breitscheidstraße 2, 39114 <strong>Magdeburg</strong><br />
Fon: (0391) 886 41 44 Fax: (0391) 886 41 45<br />
Web: www.hs-magdeburg.de E-Mail: pressestelle@hs-magdeburg.de<br />
bastian ehl<br />
Was hat ein „Blechbrötchen“ in der Hand des Kabarettisten Frank Hengstmann (l. o.) mit Wissenschaft zu tun? Ganz einfach:<br />
wo Wissenschaft populär präsentiert werden soll, gehört die Kunst mit auf die Bühne. Denn schließlich wollten die<br />
Organisatoren des Festes der Wissenschaft die Gäste nicht nur mit Vorträgen beeindrucken, sondern auch kulturelle Unterhaltung<br />
anbieten. Am Handelshafen <strong>Magdeburg</strong>, der zum Wissenschaftshafen wird, gaben <strong>Magdeburg</strong>er Wissenschaftler<br />
Einblick in ihre Arbeit. Aus der <strong>Hochschule</strong> waren u. a. dabei: Rektor Prof. Dr. Andreas Geiger, im Gespräch mit Moderatorin<br />
Ulrike Nitzschke vom MDR (r. o.), Prof. Ulrich Wohlgemuth, der den Löschkäfer OLE (s. auch S. 11) erklärte (Mitte r.) und<br />
Prof. Dr. Meinrad Armbruster bei Vorstellung der Eltern AG (u. l.). Auf dem Hafengelände – von außen bereits zu bewundern<br />
– befindet sich das VDTC (Virtual Development and Training Centre) des Fraunhofer-Instituts, das im November eröffnet<br />
wird. Weitere Ansiedlungen sollen folgen. Dass der Start des Wissenschaftshafens im September ‘06 nicht den<br />
gewünschten Anklang beim Publikum gefunden hat, wird dann hoffentlich keine Rolle mehr spielen. doc<br />
bastian ehl<br />
bastian ehl<br />
Offizieller Förderer:<br />
bastian ehl<br />
bastian ehl bastian ehl<br />
Redaktionsschluss für die<br />
nächste Ausgabe: 15. November 2006