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treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal

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Buschwald des Mittelmeergebietes, befreit und die Konturen<br />

präzise aus dem Dünensand herausgearbeitet, um ein Aufmaß<br />

des Gebäudezustandes durchzuführen. In den ersten zwei Jahren<br />

beschränkten sich die Arbeiten auf das Vermessen der<br />

Gebäudereste, um anschließend gezielt graben zu können. Der<br />

Technikaufwand war dabei enorm: Gemessen wurde mit Hilfe<br />

der videogestützten Tachymetrie, einem Verfahren zur schnellen<br />

Gebäudeaufnahme durch gleichzeitige Entfernungs- und<br />

Höhenmessung sowie Methoden der Photogrammetrie, dem<br />

Verfahren zum Konstruieren von Grundrissen aus Fotografien<br />

der Objekte. Ferngesteuerte Kameras und ein mit Helium<br />

gefüllter Ballon kamen dabei zum Einsatz. Die erste Messkampagne<br />

erfolgte im Sommersemester 1997, die zweite ein Jahr<br />

später. „Nach einer Weile hat mich die Arbeit dort nicht mehr<br />

losgelassen.“, erzählt Prof. Dr. Grosche. Seit seinem ersten Einsatz<br />

in Patara 1997 reist er jedes Jahr für vier Wochen „nach<br />

unten“, meistens in Begleitung von engagierten FH-Studierenden.<br />

Insgesamt 35 Studenten des Fachbereichs Bauwesen<br />

waren seit Arbeitsantritt bisher in Patara vor Ort aktiv beteiligt.<br />

Ein Projektstudium im vierten Studiensemester weckte im<br />

Sommer 2000 auch das Interesse der Studenten Juri Krawtschenko<br />

und Mario Neumeyer an der Arbeit in der Türkei.<br />

Mittels der computergestützten Arbeitsplanung und Konstruktion<br />

CAD (englisch: „computer-aided design“) wurden die<br />

ehemals voller Leben gefüllten Bauten visuell zum Leben<br />

erweckt. Juri und Mario waren daran maßgeblich beteiligt.<br />

„Ich habe die beiden darauf angesprochen, ob sie nicht eine<br />

Computerdarstellung des Bouleuterions erstellen könnten.<br />

Daraufhin entwickelten sie eine tolle Animation, die ich in<br />

einer Vorlesung an der Uni in Antalya vorstellte. Dort haben<br />

alle Bauklötze gestaunt“, erinnert sich Prof. Dr. Grosche stolz.<br />

Auch der 29-jährige Juri denkt gern an die Anfänge der Projektmitarbeit<br />

zurück. „Zuerst konzentrierten wir uns hauptsächlich<br />

auf die mögliche Rekonstruktion des Bouleuterions.<br />

So entstand mehr und mehr das Interesse für die Sache und<br />

bei mir entwickelte sich zusätzlich eine Liebe zur Archäologie.“<br />

Die Arbeiten führten Juri im August 2004 schließlich<br />

selbst nach Patara – aus einem ganz besonderen Grund: Um<br />

dort die Vorarbeiten für seine und Marios Diplomarbeit zu leisten.<br />

„Als wir mit dem Projektstudium fertig waren, sprach<br />

uns Prof. Grosche darauf an, ob wir Interesse an einer Diplomarbeit<br />

über Patara hätten. ‚Warum nicht?’, dachten sich Mario<br />

und ich“, so Juri Krawtschenko. Bei seiner dreiwöchigen Reise<br />

half Juri mit deutschen sowie türkischen Studenten in Patara<br />

bei den Ausgrabungen– und war endgültig Feuer und Flamme<br />

für das Projekt. „Steinprofile erfassen, Treppen nachmessen,<br />

Skizzen anfertigen und noch mehr gehörte zu den Vorbereitungen<br />

für die Diplomarbeit. Seit 1997 war viel dokumentiert<br />

worden, aber es musste auch noch viel getan werden“, berichtet<br />

Juri vom Arbeitsalltag in Patara. Neben der Arbeit lernte er<br />

auch das Land kennen und lieben. „Man muss das dort echt<br />

schon mal erleben.Alle Leute waren total nett und offen. Nach<br />

der Arbeit sind wir abends zusammen weggegangen und<br />

haben Stimmung gemacht. Die meisten türkischen Studenten<br />

konnten sehr gut englisch sprechen, so gab es keine sprachlichen<br />

Barrieren.“ Prof. Dr. Götz Grosche kann diese Eindrück<br />

bestätigen: „Man fühlt sich dort schon fast wie zuhause. Vor<br />

allem an der Küste sind Land und Leute sehr modern. Es ist<br />

lohnenswert, dieses Projekt weiterzuführen, denn alle beteiligten<br />

Studenten konnten enorme Bildungseffekte in den<br />

Bereichen Kultur und Sprache verzeichnen.“<br />

<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 7<br />

oktober 2006<br />

Nach getaner Bestandsaufnahme in Patara und fast einem weiteren<br />

Jahr der Datensammlung begann für Juri und Mario am<br />

27.Dezember 2005 offiziell die Arbeit an ihrem Diplom. Schritt<br />

für Schritt erstellten die beiden Entwürfe für die Rekonstruktion<br />

des Bouleuterions. Um dem Gebäude ein Stück Originalität<br />

zurückzugeben, setzten sich die beiden Studenten zusätzlich<br />

mit der Geschichte Pataras auseinander und lernten den Geist<br />

der damaligen Zeit verstehen. „Das Datensammeln war aufwendig,<br />

da immer wieder neue Erkenntnisse dazukamen. Die<br />

Entwürfe und Sanierungsvorschläge gingen dann aber<br />

schnell“, berichtet der 33-jährige Mario Neumeyer. Die geplante<br />

Sanierung dokumentierten die beiden in ihrer Diplomarbeit<br />

bis ins kleinste Detail. Doch damit nicht genug: Beide Studenten<br />

rundeten ihre Arbeit mit jeweils einem Entwurf für ein neues<br />

Bouleuterion-Dach ab. Ihrer Kreativität ließen sie dabei<br />

freien Lauf. „Beide Entwürfe sind moderne Zeugnisse des<br />

21.Jahrhunderts, die eine Fortsetzung des menschlichen Lebens<br />

am Gebäude dokumentieren“, lobt Prof. Dr. Grosche die Entwürfe,<br />

in denen auch ein wenig Hoffnung steckt. „Es gibt Hinweise<br />

darauf, dass die amerikanische Verfassung Teile des lykischen<br />

Städtebundes, dessen Standort das Bouleuterion war,<br />

übernommen hat. Deshalb gibt es Pläne, dass die Amerikaner<br />

am Verfassungstag 2007 in Patara eine Festivität begehen.Vielleicht<br />

könnte man aus Amerika Mittel für den Bau eines unserer<br />

Dächer bekommen. Man müsste allerdings auch die Archäologen<br />

dazu bewegen, so ein Dach in zeitgemäßer Struktur<br />

bauen zu lassen“, so Prof. Dr. Grosche, der mit Prof. Dipl.-Ing.<br />

Axel Teichert Juri und Mario prüfte.<br />

Vor rund 70 Gästen präsentierten Juri und Mario bei ihrer<br />

Diplomverteidigung am 8.Mai dieses Jahres aufgeregt ihre Entwürfe<br />

– und wurden für die professionell gedruckte Arbeit und<br />

eine beeindruckende Ausstellung mit einer glatten Eins<br />

belohnt. „Nach der ganzen Arbeit waren die beiden fix und fertig.<br />

Das hat man ihnen beim Vortrag angemerkt“, bemerkte<br />

Prof. Dr. Grosche. Für Juri und Mario heißt es nun raus aus dem<br />

Studentenleben und so bald wie möglich rein in den Berufsalltag.<br />

Das Projekt Patara bleibt für die beiden unvergessen – und<br />

auch ein beruflicher Zukunftstraum. „Es wäre schon toll, dort<br />

weiter mitarbeiten zu können“, gibt Mario augenzwinkernd zu.<br />

„Ist ja schließlich auch unser Ding, ne Mario?“, ergänzt Juri<br />

und lächelt.<br />

Joanna Jambor<br />

Juri Krawtschenko bei der Arbeit in Patara<br />

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