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Ich habe Michael Ballhaus am Set von Martin - Deutsche ...

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DEUTSCHER FILMPREIS 2012<br />

IM FRIEDRICHSTaDT-PaLaST<br />

27. aPRIL 2012


GRUSSwoRT<br />

Für den Schriftsteller Jean Paul war die Kunst<br />

bekanntlich nicht das Brot, wohl aber der Wein<br />

des Lebens. Blickt man auf die herausragenden<br />

Filmproduktionen des vergangenen Kinojahres<br />

zurück, so lässt sich in diesem Sinne befriedigt<br />

feststellen: es war ein ausgezeichneter Jahrgang!<br />

28 Millionen Besucher sahen im Jahr 2011<br />

deutsche Filme im Kino. Dabei hat vor allem der<br />

Dokumentarfilm zunehmend an Attraktivität gewonnen.<br />

Immer mehr Dokumentationen erobern<br />

die Kinoleinwand und begeistern die Zuschauer<br />

durch eine ganz neue Erzählqualität. Um dieser<br />

neuen Konjunktur des Genres Rechnung zu tragen,<br />

<strong>habe</strong> ich beschlossen, eine dritte und mit<br />

100.000 Euro dotierte Nominierung für Dokumentarfilme<br />

beim <strong>Deutsche</strong>n Filmpreis einzuführen.<br />

D<strong>am</strong>it soll auch die Bedeutung dieses besonderen<br />

Genres angemessen gewürdigt werden.<br />

Das vergangene Kinojahr wartete wieder einmal<br />

mit großen Leinwandmomenten auf – mit<br />

Filmen, die uns gefangen nahmen, uns heiter<br />

oder nachdenklich stimmten. Zum guten Ruf des<br />

4<br />

deutschen Kinos <strong>habe</strong>n viele herausragende Produktionen<br />

und Persönlichkeiten beigetragen. Ihr<br />

Einfallsreichtum soll beim <strong>Deutsche</strong>n Filmpreis,<br />

dem höchst dotierten deutschen Kulturpreis, belohnt<br />

werden.<br />

<strong>Ich</strong> danke der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie sowie<br />

ihrem Präsidium Iris Berben und Bruno Ganz<br />

für ihr großes Engagement bei der Organisation<br />

der Veranstaltung. Allen Gästen, Nominierten<br />

und Preisträgern wünsche ich eine wundervolle<br />

Preisverleihung.<br />

Bernd Neumann, MdB<br />

Staatsminister bei der Bundeskanzlerin<br />

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur<br />

und Medien<br />

Foto: © Bundesregierung/Kugler<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


GRUSSwoRT<br />

Nun blicken wir schon zum dritten Mal an dieser informiert, ist mittlerweile gut vernetzt mit an-<br />

Stelle auf ein Jahr im deutschen Film zurück, liederen Menschenrechtsorganisationen, hält die<br />

be Gäste der Verleihung des <strong>Deutsche</strong>n Filmprei- Mitglieder und die Öffentlichkeit regelmäßig<br />

ses, um festzustellen, was jetzt endgültig fest- auf dem Laufenden, mischt sich direkt ein und<br />

steht: Kein Jahr ist mit dem anderen vergleich- wurde, beispielsweise für Filmemacher aus dem<br />

bar. Stets stehen andere Themen, Formen, sicher Iran, eine direkte Anlaufstelle.<br />

auch Qualitäten im Vordergrund. Natürlich sind Das Engagement für Filmbildung in den Schu-<br />

immer Überraschungen und Enttäuschungen len – ständig begleitet durch das Wissensportal<br />

dabei, aber unter dem Strich steht: Vielfalt, Ab- Vierundzwanzig.de – wurde verstärkt durch die<br />

wechslung – das sind die zuverlässigen Konstan- Veröffentlichung einer vielbeachteten Lehr-DVD<br />

ten im deutschen Kino. Auch das feiern wir an und eine neue Initiative für mehr filmhistori-<br />

einem solchen Abend.<br />

sches Bewusstsein.<br />

Für die <strong>Deutsche</strong> Filmakademie war dieses Jahr Wir <strong>habe</strong>n uns mit konkreten Vorschlägen an<br />

gewiss ein besonderes. Seit ihrer Gründung vor der Meinungsbildung zur anstehenden Novelle<br />

nunmehr fast neun Jahren hat sie sich öffentlich des Filmförderungsgesetztes beteiligt. Und seit<br />

nicht so bemerkbar gemacht wie in den vergan- Anfang des Jahres beteiligen wir uns an der<br />

genen Monaten. Die Frequenz und Intensität ih- Debatte, die für die Identität und Existenz der<br />

rer Aktivitäten ist gestiegen wie der Puls eines Kreativen aller Künste derzeit mehr als dring-<br />

Marathonläufers.<br />

lich ist: Die Debatte um den Schutz des geistigen<br />

Die im Frühjahr letzten Jahres ins Leben geru- Eigentums in einem Zeitalter, da Digitalisierung<br />

fene Initiative „Filmmakers in Prison“, mit der nicht mehr bloß ein technischer, sondern offen- Iris Berben Bruno Ganz<br />

die Akademie über die Verfolgung und Bedrosichtlich auch ein kulturpolitischer, ja sogar ein (Präsidentin) (Präsident)<br />

hung <strong>von</strong> Kolleginnen und Kollegen weltweit weltanschaulicher Begriff geworden ist.<br />

Foto: © Mathias Bothor<br />

5


BEHInD THE SCEnES<br />

Alle Fotos: © Florian Liedel<br />

6<br />

Auf dem Weg zur Gala: Erste Drehbuchbesprechungen.<br />

Probelesen mit Regie und Moderation.<br />

Der Sitzplan als Orientierungshilfe für die<br />

TV-K<strong>am</strong>eras. Fotos der Nominierten für die Proben.<br />

In der Maske wird es ernst.<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Fotos: © Thomas Ebert<br />

Vor und hinter der Bühne: Warten auf den Auftritt.<br />

Paten und Preisträger hinter den Kulissen –<br />

im wahrsten Sinne des Wortes. Der K<strong>am</strong>pf der<br />

Fotografen um das erste und beste Bild. Letzte<br />

Proben für die Moderation.<br />

Foto: © Florian Liedel<br />

7


Foto links unten: © Florian Liedel; alle weiteren Fotos: © Dieter Baganz<br />

8<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis live: Die Spannung steigt<br />

auf dem Weg vom Hotel zur LOLA-Location.<br />

Dekoration und Catering schmücken die After<br />

Show Party und der rote Teppich als Laufsteg<br />

und Informationsquelle.<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


DasErste.de<br />

<strong>Deutsche</strong>r<br />

Filmpreis 2012<br />

Das Erste gratuliert allen Preisträgern.


EHREnPREIS FÜR MICHaEL BaLLHaUS<br />

ichael <strong>Ballhaus</strong> ist ein Botschafter seiner<br />

„M M<br />

ichael <strong>Ballhaus</strong> wurde 1935 in Berlin ge- Seit Anfang der achtziger Jahre arbeitete<br />

großen Kunst. Er war im Gründungsvorboren. Er hat nach einer Fotografen-Lehre <strong>Ballhaus</strong> viel in den USA zunächst mit John<br />

stand der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie und hat sie sein Handwerk als K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann beim Fernse- Sayles und J<strong>am</strong>es Foley. 1984 begann die Zu-<br />

wesentlich mit aufgebaut. <strong>Michael</strong> ist einer der hen gelernt, wo seine langjährige Zus<strong>am</strong>menars<strong>am</strong>menarbeit mit <strong>Martin</strong> Scorsese mit dem<br />

wenigen wirklich bekannten Stars seines Faches. beit mit dem Regisseur Peter Lilienthal begann. Film AFTER HOURS. Es folgten unter anderem<br />

Und das, obwohl diesem klugen, freundlichen<br />

DIE FARBE DES GELDES, GOODFELLAS und<br />

und künstlerisch so präzisen Mann jede Fähigkeit<br />

zur Allüre fehlt“, begründet Iris Berben, Präsidentin<br />

der DEUTSCHEN FILMAKADEMIE und<br />

[...] 1974 erfand <strong>Michael</strong><br />

<strong>Ballhaus</strong> seine berühmte<br />

DEPARTED – UNTER FEINDEN. <strong>Ballhaus</strong> drehte<br />

auch mit Francis Ford Coppola, Wolfgang<br />

Petersen, Mike Nichols und Robert Redford. Für<br />

Vorsitzende der diesjährigen Ehrenpreis-Jury,<br />

die Auswahl des Preisträgers.<br />

Kreisfahrt<br />

die K<strong>am</strong>era in BROADCAST NEWS (1987), DIE<br />

FABELHAFTEN BAKER BOYS (1989) und GANGS<br />

OF NEW YORK (2002) wurde <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

Und das, obwohl diesem<br />

Zwischen 1967 und 1969 gehörte <strong>Ballhaus</strong> zu für den Oscar nominiert.<br />

den ersten Dozenten für Kinematografie an der Seit 2007 lebt und arbeitet <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

klugen, freundlichen und<br />

künstlerisch so präzisen<br />

Mann jede Fähigkeit zur<br />

neu gegründeten Filmhochschule in Berlin (dffb). wieder in Deutschland. Er ist wieder als Do-<br />

Durch seine Zus<strong>am</strong>menarbeit mit Ulli Lommel zent tätig und engagiert sich mit dem „<strong>Ballhaus</strong>lernte<br />

er Ende der sechziger Jahre Rainer Wer- Projekt“ für den Klimaschutz.<br />

ner Fassbinder kennen, mit dem er <strong>von</strong> WHITY <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> hat – neben vielen ande-<br />

(1970) bis zur EHE DER MARIA BRAUN (1978) ren Auszeichnungen – bereits zwei Mal den<br />

Allüre fehlt<br />

über zehn Filme drehte. Für den Fassbinder-Film <strong>Deutsche</strong>n Filmpreis erhalten (DIE BITTEREN<br />

MARTHA (1974) erfand <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> seine TRÄNEN DER PETRA VON KANT, 1973 und<br />

berühmte Kreisfahrt.<br />

DESPAIR, 1978).<br />

10<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Eines der großartigsten<br />

Dinge an <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

[...] ist sein Enthusiasmus.<br />

E<br />

ines der großartigsten Dinge an <strong>Michael</strong><br />

<strong>Ballhaus</strong> – blickt man auf alle Filme, an<br />

denen wir zus<strong>am</strong>men gearbeitet <strong>habe</strong>n – ist sein<br />

Enthusiasmus. <strong>Michael</strong> begeisterte sich stets an<br />

den Einstellungen und Shot Designs, und er<br />

liebte es, auszutüfteln, wie sie wohl auszuführen<br />

waren. <strong>Ich</strong> hatte einige schwierige und enttäuschende<br />

Jahre hinter mir, bevor ich <strong>Michael</strong><br />

traf. Und endlich mit ihm zu arbeiten, brachte<br />

mich dazu, neu zu entdecken, wie man Filme<br />

macht. Es gab mir den Glauben an mich selbst<br />

zurück und erneuerte mein Selbstvertrauen.<br />

Wenn ich auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblicke,<br />

sehe in meinem Gedächtnis vor<br />

allem das Bild <strong>von</strong> <strong>Michael</strong>s Lächeln <strong>am</strong> Morgen.<br />

<strong>Ich</strong> selbst bin kein Morgenmensch. Für gewöhnlich<br />

bin ich <strong>am</strong> Morgen ziemlich missmutig. <strong>Ich</strong><br />

komme deprimiert an den Drehort und bin<br />

Foto: © Jan Linnartz<br />

11


esorgt, wie wir den Tag bewältigen sollen.<br />

<strong>Michael</strong> aber hatte immer dieses Lächeln.<br />

Er konnte mich dann ansehen, nicht zu laut<br />

„Guten Morgen“ sagen und dann meinen:<br />

„Heute, <strong>Martin</strong>, können wir die Einstellung<br />

machen, die mit seiner Hand beginnt, sich zu<br />

seinem Gesicht hoch bewegt, rüber zur anderen<br />

Frau schwenkt, ihr hinterher bis ins Gebäude<br />

folgt und dann beim Auto endet.“ Und ich sagte<br />

dann: „Ja! Ja, das ist gut!“<br />

Von seinem speziellen Licht abgesehen, hatten<br />

wir eine gemeins<strong>am</strong>e Vorliebe für die Bewegung<br />

der K<strong>am</strong>era. <strong>Ich</strong> sagte immer zu ihm: „Meinst<br />

du, wir schaffen das heute?“, und er antwortete<br />

immer: „Natürlich!“. Es machte wieder Freude,<br />

Filme zu drehen. Diese Freude wiederzufinden –<br />

in dem, was ich mache und was ich bin – das ist<br />

es, was ich <strong>Michael</strong> verdanke.<br />

<strong>Martin</strong> Scorsese über <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

12<br />

I ch<br />

<strong>habe</strong> <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> <strong>am</strong> <strong>Set</strong> <strong>von</strong> <strong>Martin</strong><br />

Scorseses LAST TEMPTATION OF CHRIST ken-<br />

nengelernt. <strong>Ich</strong> kannte seine Filme und wollte<br />

unbedingt mit ihm zus<strong>am</strong>menarbeiten. Zunächst<br />

war ich überwältigt <strong>von</strong> seiner Herzlichkeit<br />

und seiner Flexibilität, die so unverzichtbar<br />

war bei einem Dreh, dessen Bedingungen unvorhersehbar<br />

waren und sich in Minuten schlagartig<br />

ändern konnten. Rückblickend kann ich<br />

auch kaum glauben, wie wenig Equipment wir<br />

hatten. <strong>Ich</strong> bin selbst kein K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann, aber<br />

ein paar Schienen und ein kaputter Kran erschienen<br />

mir ziemlich dürftig!<br />

[...] überwältigt <strong>von</strong> seiner<br />

Herzlichkeit und seiner<br />

Flexibilität [...]<br />

<strong>Michael</strong> war also gezwungen, mit den Schauspielern<br />

in einer ständigen Kooperation <strong>von</strong><br />

Bewegungen zu arbeiten, an die ich mich stets<br />

erinnern werde. Manchmal fühlte es sich an,<br />

als ob wir Tanzpartner wären.<br />

In einer dieser Szenen sollte ich als Jesus die<br />

Händler mit Gewalt aus dem Tempel werfen.<br />

Wir verdrängten es zwar gewissermaßen, konnten<br />

die Szene aber nur andeutungsweise proben,<br />

da es einen enormen Neuaufwand bedeutet<br />

hätte, wenn ich in einer Probe das Szenenbild<br />

zerstört hätte. Wir entschlossen uns also,<br />

die Probe direkt zu filmen. <strong>Ich</strong> war nervös, denn<br />

ich wusste, dass nicht abzusehen war, was geschehen<br />

würde. <strong>Michael</strong>, der selbst die K<strong>am</strong>era<br />

führte, sagte: „Keine Sorge, tu einfach, was du<br />

tun musst!“.<br />

Wir machten einen Take: Tische überschlugen<br />

sich, Gegenstände flogen umher, raufende Komparsen,<br />

Chaos und <strong>am</strong> Ende der Einstellung<br />

sehe ich zu <strong>Michael</strong>. Er war gebückt, und hielt<br />

sich mit der Hand den Kopf. Über sein Gesicht<br />

rann Blut. <strong>Ich</strong> hatte während der Szene mit einer<br />

Metallplatte geworfen und ihn d<strong>am</strong>it <strong>am</strong><br />

Kopf getroffen! <strong>Ich</strong> war entsetzt und entschuldigte<br />

mich. Tatsächlich aber gab dieser Unfall<br />

<strong>Michael</strong> die seltene Chance, Jesus zu vergeben.<br />

Willem Dafoe über <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Der Schlüssel zu <strong>Michael</strong>s Erfolg liegt in seiner<br />

Persönlichkeit und ist daher relativ<br />

schwierig zu definieren. In diesem Sinne hat<br />

mich <strong>Michael</strong> immer an den großen französischen<br />

K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann Henri Decaë erinnert, den<br />

ich bei den Filmen <strong>von</strong> Melville und Louis Malle<br />

erlebt <strong>habe</strong>. Er wirkte einfach durch sein schieres<br />

Dasein wohltuend und d<strong>am</strong>it vorteilhaft für<br />

den Regisseur, für die Produktion und d<strong>am</strong>it für<br />

den Film. So wirkt <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> beruhigend,<br />

wenn Schauspieler an sich und ihrer Rolle zweifeln.<br />

Er wirkt ermutigend, wenn der Regisseur<br />

„schwimmt“ und nach Inspiration sucht und<br />

er wirkt beschwichtigend, wenn die Produktion<br />

Geldsorgen hat. <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> scheint zu<br />

wissen und strahlt diese Gewissheit auch aus,<br />

nämlich dass alles gut gehen wird – zumindest<br />

wenn er mit talentierten Leuten arbeitet, was er<br />

in weiser Voraussicht stets tut. Er ist souverän<br />

und beherrscht – nicht einfach aus Glück, sondern<br />

durch sorgfältige Vorbereitung. Er stellt sich<br />

Fragen, die ihn eigentlich nichts angehen, aber<br />

ohne die die schönste Photographie nichts bringt.<br />

Er sorgt sich um die Besetzung: Ist der Schauspieler<br />

richtig für den Part? Ist das <strong>Set</strong> Design<br />

angemessen? Passt das Drehbuch zum Regisseur<br />

und/oder umgekehrt? Ist die Auflösung die richtige,<br />

um die Geschichte zu erzählen? Das sind die<br />

Fragen, die ihn mehr beschäftigen als das Licht.<br />

Er stellt sich Fragen,<br />

die ihn eigentlich nichts<br />

angehen, [...]<br />

Am <strong>Set</strong> angekommen – und das lange vor allen<br />

Anderen – setzt er dann das Licht zunächst als<br />

psychologisches Hilfsmittel ein. Nur wenn sich jeder<br />

wohlfühlt in diesem Licht, ist es auch für die<br />

K<strong>am</strong>era gut. Nicht umgekehrt. Selbst der kühl berechnende<br />

Blick der K<strong>am</strong>era, den jeder fürchtet,<br />

wird ein freundlicher durch den Umstand, dass<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> hinter dem Monster mit dem<br />

gläsernen Einauge steht. Und er tut es in Person.<br />

Dies ist entscheidend für den Schauspieler,<br />

der seinen Blick auf sich fühlt. Wie war ich? Er<br />

braucht nicht den Regisseur zu fragen, er sieht<br />

es an <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong>’ Gesicht, sobald es hinter<br />

der K<strong>am</strong>era auftaucht.<br />

Sein technisches Können, sein visuelles Gespür,<br />

Einstellungen zu komponieren und seine Virtuosität<br />

in der Bewegung der K<strong>am</strong>era sind nichts<br />

im Vergleich zu seiner Präsenz. Darin liegt sein<br />

Genie, darum herrscht in einem Hollywood, wo<br />

jeder egozentrisch, paranoid, größenwahnsinnig<br />

und daher unsicher ist, eine derartige Nachfrage<br />

nach einem <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong>.<br />

Als ich ihm einmal eines Nachmittags in den<br />

Achtzigern auf dem Broadway begegnete und<br />

TOD EINES HANDLUNGSREISENDEN erwähnte,<br />

war er sofort begeistert: „Wir müssen das<br />

machen!“ Er hatte gerade AFTER HOURS mit<br />

<strong>Martin</strong> Scorsese gedreht, und war sich noch<br />

nicht im Klaren über seine Zukunft in den Vereinigten<br />

Staaten. Es war jedoch nicht der Gedanke<br />

an seine Karriere, der ihn in diesem Moment antrieb,<br />

es war der Gedanke an seinen Vater. Sein<br />

Vater war kein Handlungsreisender, und meines<br />

Wissens hat <strong>Michael</strong> auch nie mit ihm gekämpft<br />

wie Biff mit Willy Loman. Aber <strong>Michael</strong> hat seinen<br />

Vater erlebt als Theaterregisseur/Schauspieler/Impresario<br />

auf Reisen durch die deutsche<br />

Provinz, und seine allerbeste Rolle war der<br />

13


Handlungsreisende Willy Loman. <strong>Michael</strong> sah in<br />

der Adaption des Stückes eine großartige Gelegenheit,<br />

etwas zum Andenken an seinen Vater<br />

beizutragen. Eine Motivation, die er, nebenbei erwähnt,<br />

mit Dustin Hoffman teilte. Dass <strong>Michael</strong>s<br />

K<strong>am</strong>eraarbeit in unserem Film so brillant war,<br />

rührte daher. Heutzutage <strong>habe</strong>n, was die Technik<br />

der Kinematographie angeht, alle die gleichen<br />

Kenntnisse, und falls nicht, hilft die digitale<br />

Lichtbestimmung später weiter. Der Unterschied<br />

in der Qualität jedoch entsteht durch die Menschen,<br />

die sich ihrer bedienen.<br />

14<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> jedenfalls<br />

hatte diese besondere, diese<br />

präsente Ausstrahlung [...]<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong> jedenfalls hatte diese besondere,<br />

diese präsente Ausstrahlung schon als junger<br />

Mann, als er mit Fassbinder zu arbeiten begann.<br />

<strong>Ich</strong> erlebte sie bereits während unserer Jahre<br />

in Deutschland in den Siebzigern. Später in<br />

Hollywood k<strong>am</strong> dieser Wesenszug zu voller Blüte.<br />

Es ist vor allem die Gabe, unterscheiden zu<br />

können, was wichtig ist und was nicht. Er beeindruckt<br />

einen mit 360-Grad–K<strong>am</strong>erafahrten<br />

wie in DIE FABELHAFTEN BAKER BOYS, oder<br />

mit jenem endlosen handgeführten Take durch<br />

Küchen und Restauranträume in GOODFELLAS<br />

oder durch die wie perfekte Pack Shots gestalteten<br />

Inserts in ZEIT DER UNSCHULD, aber was ihn<br />

tatsächlich auszeichnet, ist der unterschwellige<br />

Einfluss, den er auf alle Entscheidungen ausübt,<br />

die <strong>am</strong> <strong>Set</strong> getroffen werden: Was ist wichtig?<br />

Worauf müssen wir wirklich achten?<br />

Einige sehr gute Schauspieler verdanken ihm einige<br />

ihrer besten Performances. Obwohl es jedem<br />

Regisseur ein Dorn im Auge ist, bleibt es eine Tatsache,<br />

dass der Einfluss eines K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>anns auf<br />

die schauspielerische Leistung enorm sein kann.<br />

Es kann zerstörerisch wirken, wenn durch das<br />

Licht, auch durch das ständige Verändern des<br />

Lichtes, durch den Blickwinkel oder eine K<strong>am</strong>erabewegung<br />

die Schauspieler abgelenkt werden<br />

und der Fluss des Spieles unterbrochen wird.<br />

Andererseits kann der K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann das Beste<br />

eines Schauspielers zur Geltung bringen, indem<br />

sein Licht, seine Atmosphäre, sein Charisma den<br />

Darsteller dazu verführen, ihn und – was wohl<br />

der noch schwierigere Teil sein mag – sich selbst<br />

zu lieben. Die K<strong>am</strong>era liebt nämlich nur den,<br />

der sich selbst liebt. „Um was geht es in deinem<br />

Film?“ Indem er unerbittlich, und dennoch stets<br />

respektvoll und höflich auf der menschlichen<br />

Dimension bestanden hat, hat <strong>Michael</strong> sehr viel<br />

zur Arbeit einiger der besten Regisseure beigetragen.<br />

Auch ich verdanke dir, <strong>Michael</strong>, eine Menge.<br />

Und gratuliere dir zu dieser Auszeichnung.<br />

Volker Schlöndorff über <strong>Michael</strong> <strong>Ballhaus</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


WIE GEHT KINO?<br />

Wir erklären es!


VoRaUSwaHL DEUTSCHER FILMPREIS 2012 – DaS waHLVERFaHREn<br />

1. Die Vorauswahl<br />

Seit 2010 gibt es statt der kleineren Einzelkom- Anzahl <strong>von</strong> Filmen auswählen, die 40 Prozent<br />

missionen insges<strong>am</strong>t drei Vorauswahlkommissi- der Anmeldungen entspricht.<br />

onen. Erstens: Eine größere, alle Sektionen reprä- Sollten <strong>am</strong> Ende der Entscheidungen wesentlisentierende<br />

Vorauswahlkommission für Spielfilm, che Kandidaten für Einzelleistungen übersehen<br />

die aus insges<strong>am</strong>t 18 Personen (inklusive zwei worden sein, so <strong>habe</strong>n die Mitglieder der Spiel-<br />

Mitglieder des Bundestages) besteht. Zweitens: filmkommission die Möglichkeit, jeweils einen<br />

Eine siebenköpfige Kommission für den Besten Kandidaten für jeweils das Gewerk, das sie in der<br />

Dokumentarfilm mit drei Vertretern aus der Sekti- Kommission vertreten, nachzubenennen.<br />

on Dokumentarfilm, zwei Vertretern aus anderen Seit 2011 enthalten die Richtlinien das Angebot<br />

Sektionen, einem Mitglied des Bundestages und einer Dreitagesfrist (nach Bekanntgabe der Vor-<br />

einem branchenerfahrenen Kommissionsmitglied, auswahl) für Produzenten nicht vorausgewählter<br />

das nicht aus der Filmakademie kommt. Drittens: Filme, ihre Filme für die Wild Card anzumelden.<br />

Eine Vorauswahlkommission für den Besten Kin- Diese Filme werden mit den vorausgewählten Filderfilm<br />

mit acht Mitgliedern – also Vertretern aus men an die Mitglieder verschickt – und können<br />

allen Sektionen und einem MdB. Die aus allen <strong>von</strong> diesen freiwillig in die Abstimmung mitein-<br />

drei Kommissionen vorausgewählten Filme werbezogen werden. Und zwar in allen Kategorien.<br />

den ebenfalls für die Einzelleistungen berück- Das wichtigste ist, dass alle Kommissionen die<br />

sichtigt. Die Vorauswahlkommission Kinderfilm Filme gemeins<strong>am</strong> im Kino anschauen. Darüber<br />

hat auch in diesem Jahr alle Filme zus<strong>am</strong>men mit hinaus wird jedes Kommissionsmitglied unmit-<br />

einer Gruppe <strong>von</strong> acht- bis zwölfjährigen filmbetelbar nach Anmeldeschluss mit DVDs der angegeisterten<br />

Kindern angeschaut – und mit ihnen meldeten Filme versorgt, so dass jedem persön-<br />

diskutiert.<br />

lich genügend Zeit bleibt, alle Filme angemessen<br />

Die Vorauswahlkommissionen können aus den zu sichten.<br />

eingereichten Produktionen höchstens eine<br />

16<br />

Spielfilm (<strong>von</strong> oben links nach unten rechts):<br />

Heidi Specogna,<br />

Axel Arft,<br />

Peter Zingler,<br />

Philipp Weinges,<br />

Gioia Raspé,<br />

Monika Bauert,<br />

Frank Amann,<br />

Heinz Badewitz,<br />

Britta Knöller,<br />

Karim Sebastian Elias,<br />

Fotos: © Florian Liedel<br />

Lars Kraume,<br />

Stefanie Stappenbeck,<br />

Helga Borsche,<br />

Anno Saul,<br />

Heike Makatsch,<br />

Irina Tübbecke<br />

es fehlen:<br />

Dorothee Bär,<br />

Claudia Winterstein<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Kinderfilm:<br />

Philipp Stölzl,<br />

Thomas Brussig,<br />

Johannes Selle,<br />

Ulrich Limmer,<br />

Ali N. Askin,<br />

Lucie Bates,<br />

Adriana Altaras,<br />

Hagen Bogdanski<br />

Dokumentarfilm:<br />

Helge Albers,<br />

Ulla Brennecke,<br />

Christoph Hübner,<br />

Stefan Tolz,<br />

Uli Gaulke,<br />

Daniela Knapp,<br />

Angelika Krüger-<br />

Leißner<br />

2. Die nominierungen<br />

3. wahl der Preisträger<br />

Im nächsten Schritt wählen nun sämtliche Mit- In der dritten Stufe des Wahlverfahrens stimmt<br />

glieder der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie in gehei- die Ges<strong>am</strong>theit der Mitglieder der <strong>Deutsche</strong>n<br />

mer Wahl die Filme bzw. Einzelleistungen. Dabei Filmakademie ab – und zwar in allen und für alle<br />

wird in Sektionen abgestimmt. Beispiel: K<strong>am</strong>era Kategorien.<br />

durch die Mitglieder der Sektion K<strong>am</strong>era/Bildgestaltung<br />

usw.<br />

Ehrenpreis<br />

Iris Berben<br />

Hans W. Geißendörfer<br />

Dominik Graf<br />

<strong>Michael</strong> Kranz<br />

Christoph Ott<br />

Hans Helmut Prinzler<br />

Josef Reidinger<br />

Mathias Schwarz<br />

Ruth Toma<br />

Markus Zimmer<br />

Bernd Eichinger Preis<br />

Beim <strong>Deutsche</strong>n Filmpreis 2012 wird erstmals<br />

der BERND EICHINGER PREIS verliehen. Der<br />

Bernd Eichinger Preis zeichnet Einzelpersonen<br />

aus, die durch künstlerische Leidenschaft, Gemeinschaftssinn,<br />

Originalität und Durchsetzungsvermögen<br />

einen maßgeblichen Beitrag zur<br />

Kinokultur leisten. Eine sieben- bis neunköpfige<br />

Jury trifft ihre Entscheidung über die Vergabe<br />

des Bernd Eichinger Preises nach gemeins<strong>am</strong>er<br />

und vertraulicher Erörterung. Das Ergebnis wird<br />

bis zur Verleihung des <strong>Deutsche</strong>n Filmpreises<br />

geheim gehalten und erst <strong>am</strong> Tag der Verleihung<br />

im Rahmen der feierlichen Gala bekanntgegeben.<br />

Jury: Moritz Bleibtreu, Katja Eichinger, Nina<br />

Eichinger, <strong>Martin</strong> Moszkowicz, Christiane Paul,<br />

Bettina Reitz, Oskar Roehler, Til Schweiger.<br />

17


noMInIERUnGEn zUM DEUTSCHEn FILMPREIS 2012<br />

Progr<strong>am</strong>mfüllende Spielfilme<br />

ANONYMUS Roland Emmerich, Larry Franco, Robert Léger – Centropolis Entertainment<br />

Regie: Roland Emmerich<br />

BARBARA Florian Koerner <strong>von</strong> Gustorf, <strong>Michael</strong> Weber – Schr<strong>am</strong>m Film Koerner & Weber<br />

Regie: Christian Petzold<br />

DREIVIERTELMOND Robert Marciniak, Uli Aselmann – die film gmbH<br />

Regie: Christian Zübert<br />

HALT AUF FREIER STRECKE Peter Rommel – Rommel Film<br />

Regie: Andreas Dresen<br />

HELL Thomas Wöbke, Gabriele M. Walther – Caligari Film- und Fernsehproduktion<br />

Regie: Tim Fehlbaum<br />

KRIEGERIN Eva-Marie Martens, Alexander Martens, René Frotscher – Mafilm Martens Film- und<br />

Fernsehproduktion; Regie: David Wnendt<br />

Progr<strong>am</strong>mfüllende Dokumentarfilme<br />

CHARLOTTE RAMPLING – THE LOOK Gerd Haag, <strong>Michael</strong> Trabitzsch, Charlotte Uzu – Prounen Film, Tag/Traum, Les Film D‘ici<br />

Regie: Angelina Maccarone<br />

GERHARD RICHTER PAINTING Thomas Kufus – zero one film<br />

Regie: Corinna Belz<br />

THE BIG EDEN Benny Drechsel, Karsten Stöter – Rohfilm<br />

Regie: Peter Dörfler<br />

Progr<strong>am</strong>mfüllende Kinderfilme<br />

TOM SAWYER Boris Schönfelder – Neue Schönhauser Filmproduktion<br />

Regie: Hermine Huntgeburth<br />

WINTERTOCHTER Philipp Budweg, Thomas Blieninger, Mikolaj Pokromski – schlicht und ergreifend Film (jetzt<br />

Lieblingsfilm) und Pokromski Studio; Regie: Johannes Schmid<br />

18<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Bestes Drehbuch<br />

Andreas Dresen, HALT AUF FREIER STRECKE<br />

Cooky Ziesche<br />

Christian Petzold BARBARA<br />

David Wnendt KRIEGERIN<br />

Beste Regie<br />

Andreas Dresen HALT AUF FREIER STRECKE<br />

Christian Petzold BARBARA<br />

Hans Weingartner DIE SUMME MEINER EINZELNEN TEILE<br />

Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle<br />

Sandra Hüller ÜBER UNS DAS ALL<br />

Steffi Kühnert HALT AUF FREIER STRECKE<br />

Alina Levshin KRIEGERIN<br />

Beste darstellerische Leistung – männliche Hauptrolle<br />

Milan Peschel HALT AUF FREIER STRECKE<br />

Peter Schneider DIE SUMME MEINER EINZELNEN TEILE<br />

Ronald Zehrfeld BARBARA<br />

Beste darstellerische Leistung – weibliche nebenrolle<br />

Christina Drechsler DIE UNSICHTBARE<br />

Fritzi Haberlandt FENSTER ZUM SOMMER<br />

Dagmar Manzel DIE UNSICHTBARE<br />

Beste darstellerische Leistung – männliche nebenrolle<br />

Hermann Beyer VERGISS DEIN ENDE<br />

Otto Mellies HALT AUF FREIER STRECKE<br />

Bernhard Schütz DAS SYSTEM – ALLES VERSTEHEN HEISST<br />

ALLES VERZEIHEN<br />

Beste K<strong>am</strong>era/Bildgestaltung<br />

Anna J. Foerster ANONYMUS<br />

Hans Fromm BARBARA<br />

Daniel Gottschalk DIE VIERTE MACHT<br />

Peter Przybylski FENSTER ZUM SOMMER<br />

Bester Schnitt<br />

Peter R. Ad<strong>am</strong> ANONYMUS<br />

Bettina Böhler BARBARA<br />

Jörg Hauschild HALT AUF FREIER STRECKE<br />

19


Bestes Szenenbild<br />

Uli Hanisch HOTEL LUX<br />

Sebastian Krawinkel ANONYMUS<br />

Heike Lange HELL<br />

Bestes Kostümbild<br />

Lisy Christl ANONYMUS<br />

Anette Guther BARBARA<br />

Leonie Leuenberger HELL<br />

Ute Paffendorf HOTEL LUX<br />

Bestes Maskenbild<br />

Christina Baier HELL<br />

Kitty Kratschke, HOTEL LUX<br />

Katharina Nädelin,<br />

Georg Korpás<br />

Björn Rehbein, ANONYMUS<br />

Heike Merker<br />

20<br />

Beste Filmmusik<br />

Oli Biehler DER ALBANER - SHQIPTARI<br />

Lorenz Dangel HELL<br />

Timo Hietala FENSTER ZUM SOMMER<br />

Beste Tongestaltung<br />

Hubert Bartholomae, ANONYMUS<br />

Manfred Banach<br />

Hubert Bartholomae, HELL<br />

Hugo Poletti<br />

Andreas Mücke-Niesytka, BARBARA<br />

Dominik Schleier,<br />

<strong>Martin</strong> Steyer<br />

ES FOLGEN DIE NOMINIERUNGEN NACH FILMEN (in alp<strong>habe</strong>tischer Reihenfolge der Filmtitel)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


46 NOMINIERUNGEN FÜR<br />

15 MEDIENBOARD-GEFÖRDERTE FILME<br />

BARBARA • HALT AUF FREIER STRECKE<br />

ANONYMUS • HELL • KRIEGERIN<br />

FENSTER ZUM SOMMER • HOTEL LUX<br />

DIE UNSICHTBARE • TOM SAYWER<br />

WINTERTOCHTER • CHARLOTTE RAMPLING –<br />

THE LOOK • VERGISS DEIN ENDE • DAS SYSTEM –<br />

ALLES VERSTEHEN HEISST ALLES VERZEIHEN<br />

DIE VIERTE MACHT • DER ALBANER<br />

www.medienboard.de


DER aLBanER - SHQIPTaRI<br />

„Hast Du gewusst, dass<br />

Albanien das ärmste<br />

Land in Europa ist?“<br />

fragt Ilir seinen älteren<br />

Bruder Arben. „Und<br />

ausgerechnet hier müssen<br />

wir leben“, setzt er<br />

fort. „Hier“ ist in einem<br />

kleinen Dorf an der<br />

albanisch-griechischen<br />

Grenze, wo viele Albaner<br />

jeden Tag etliche<br />

Kilometer zurücklegen,<br />

um im Nachbarland<br />

etwas Geld zu verdienen. D<strong>am</strong>it Ilir weiter zur<br />

Schule gehen kann und die ganze F<strong>am</strong>ilie ausreichend<br />

zu essen hat, gehen auch Arben und<br />

sein Vater täglich über die Grenze zum Arbeiten.<br />

Zieht man <strong>am</strong> Ende das Geld für die Einreise-<br />

Visa noch ab, bleibt nicht viel übrig für alle. Als<br />

Arben für seine Geliebte Etlava 10.000 Euro<br />

Brautgeld an ihre F<strong>am</strong>ilie zahlen soll, sieht er<br />

nur einen Weg: Er muss nach Deutschland gehen<br />

22<br />

und versuchen, in kurzer Zeit sehr viel Geld zu<br />

verdienen. Er muss sich beeilen, Etlava erwartet<br />

ein Kind <strong>von</strong> ihm.<br />

Ursprünglich wollte Regisseur Johannes Naber,<br />

der eigentlich vom Dokumentarfilm kommt, in<br />

seinem ersten Spielfilm eine Geschichte über<br />

illegale Einwanderer in Deutschland erzählen.<br />

Aber je mehr er sich d<strong>am</strong>it beschäftigte, desto<br />

klarer wurde ihm, dass er dann auch erzählen<br />

muss, wo sie herkommen und was sie antreibt,<br />

wegzugehen. Er hat sich für Albanien entschieden,<br />

einem Land in der Mitte Europas, das die<br />

wenigsten <strong>von</strong> uns näher kennen.<br />

DER ALBANER ist ein Film, der weh tut. Arben<br />

gelingt es nicht, auf redliche Weise genug Geld<br />

zu verdienen. Am Ende tötet er, um an das Geld<br />

für die Heimreise und die Braut zu gelangen.<br />

Die Musik zum Film schrieb Komponist<br />

oli Biehler (Beste Filmmusik), den Johannes<br />

Naber seit vielen Jahren <strong>von</strong> der Filmakademie<br />

Ludwigsburg kennt. Biehler hat dort Filmmusik<br />

studiert und schon während des Studiums für<br />

viele seiner Regiekollegen die Musik zu ihren<br />

ersten Filmen komponiert. Für Johannes Naber<br />

hat er bisher alle Arbeiten vertont. Als der Regisseur<br />

mit der Idee des ALBANERs zu Biehler k<strong>am</strong>,<br />

sprach er <strong>von</strong> einer sehr archaischen Musik, die<br />

er für den Film wolle. Er sagte: „Pass auf, ich will<br />

eine archaische Musik. Das heißt, ich will keine<br />

Verdopplung der Gefühle auf der Tonebene oder<br />

eine reine Kommentierung <strong>von</strong> dem, was ich<br />

sehe.“ Das passte, genauso hat Oli Biehler seinen<br />

Job auch immer verstanden.<br />

Beste Filmmusik –<br />

oLI BIEHLER<br />

– DER ALBANER (2011)<br />

– FRECHE MÄDCHEN<br />

(2008)<br />

– FC VENUS (2006)<br />

– DIE BLUME DER<br />

HAUSFRAU (1998)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


anonYMUS<br />

Das Hochfeuilleton<br />

war in heller Aufregung.<br />

Da kommt dieser<br />

K<strong>am</strong>era schwingende<br />

Raumfahrer und Pyromane<br />

aus Sindelfingen,<br />

der es zwischenzeitlich<br />

in der halbseidenen<br />

Unterhaltungsindustrie<br />

im kulturell notorisch<br />

unterbelichteten,<br />

aber stets sonnigen<br />

US-Staat Kaliforniens<br />

zu einigem Ruhm und<br />

etwas Geld gebracht hat, zurück nach Deutschland.<br />

Und statt, dass Roland Emmerich seinen<br />

Landsleuten endlich beibringt, wie man erfolgreiches<br />

Unterhaltungs- und/oder echtes Genre-<br />

kino macht, also bei seinen Leisten bleibt, vergreift<br />

er sich <strong>am</strong> Säulenheiligen der altehrwürdigen<br />

Kunst des Theaters. Aber Roland<br />

Emmerich ist bei seinen Leisten geblieben. Er<br />

hat auch in Babelsberg einen aufwändig ausge-<br />

statteten Film inszeniert, mit großartigen Kostümen,<br />

toller Maske – basierend, wie bei seinen<br />

Filmen nicht unüblich, auf einer Verschwörungstheorie.<br />

Mit anonYMUS (Bester Spielfilm – Roland<br />

Emmerich, Larry Franco, Robert Legér –<br />

Centropolis Entertainment) betreibt der Regisseur<br />

Roland Emmerich Legendenbildung<br />

gegen die Legende. „In diesem Film behauptet<br />

Emmerich, dass der Nationalbarde gar nicht<br />

Shakespeare war, sondern Edward de Vere, der<br />

Bester Spielfilm –<br />

RoLanD EMMERICH<br />

– THE DAY AFTER<br />

TOMORROW (2004)<br />

– DER PATRIOT (2000)<br />

– INDEPENDENCE DAY<br />

(1996)<br />

– STARGATE<br />

(REGIE,1994)<br />

17. Earl <strong>von</strong> Oxford“, heißt es in der „Zeit“. „Diese<br />

Nummer ist nicht ganz neu; auch Freud wähnte,<br />

dass »Will« ein anderer war. Seit 1850 wurden<br />

70 Schreiber aufgefahren, um Shakespeare als<br />

Schummler zu entlarven. Demoliert <strong>habe</strong>n diese<br />

Legenden zuletzt Jonathan Bate (Oxford), der<br />

vier Bücher über Shakespeare verfasst hat, und<br />

Professor J<strong>am</strong>es Shapiro aus Columbia.“<br />

Von deren Thesen <strong>habe</strong>n sich Emmerich und<br />

sein Autor John Orloff zu der Geschichte inspirieren<br />

lassen, die <strong>von</strong> dem eitlen Schauspieler<br />

Bester Spielfilm –<br />

LaRRY FRanCo<br />

– 2012 (2009)<br />

– BATMAN BEGINS<br />

(2005)<br />

– JURASSIC PARK III<br />

(2001)<br />

– SLEEPY HOLLOW<br />

(1999)<br />

23


Will Shakespeare berichtet, der aus einfachsten<br />

Verhältnissen in Stratford-upon-A<strong>von</strong> st<strong>am</strong>mte,<br />

trinkfreudig war und gerne sein Gesicht hergab<br />

für den Earl, der nicht schreiben durfte, es aber<br />

konnte wie kein anderer – und nebenbei noch ein<br />

spezielles Verhältnis zur d<strong>am</strong>aligen Königin <strong>von</strong><br />

England hatte.<br />

„Das passt jetzt weder zu der Geschichte, die wir<br />

im Film erzählen, noch zu der Vorlage <strong>von</strong> John<br />

Orloff, aber meine Meinung ist, dass Shakespeare<br />

ein Synonym für mehrere Schreiber und<br />

Oxford eine Art Redakteur war, der umgeschrieben<br />

und redigiert hat, sozusagen die letzte Instanz.<br />

Er muss viele <strong>von</strong> diesen Stücken aber auch<br />

selbst geschrieben <strong>habe</strong>n. Da ist eine gewisse<br />

Linie drin, und die muss <strong>von</strong> ihm st<strong>am</strong>men. Er<br />

war die Hauptfigur – aber natürlich ist die ganze<br />

Geschichte viel komplexer als wir sie darstellen<br />

konnten“, relativiert Emmerich in einem<br />

„Spiegel“-Interview die für das Kino zugespitzte<br />

Version, in der ein großartiger Rhys Ifans als<br />

Earl of Oxford dem Film ein besonderes Gesicht<br />

verleiht.<br />

24<br />

Für die aufregenden Bilder ist anna J. Foerster<br />

(Beste K<strong>am</strong>era / Bildgestaltung) verantwortlich,<br />

die bereits bei einigen großen Projekten mit Roland<br />

Emmerich zus<strong>am</strong>mengearbeitet hat, als Second-Unit-Director<br />

und Director of Photography<br />

für Spezial Effekte – etwa für INDEPENDENCE<br />

DAY oder THE DAY AFTER TOMORROW. Obwohl<br />

Anna J. Foerster einige Monate an der Filmakademie<br />

Baden-Württemberg in Ludwigsburg<br />

K<strong>am</strong>era studiert hat, ist ihr beruflicher Werdegang<br />

eher der einer Autodidaktin. Mit fünfzehn<br />

Bester Spielfilm –<br />

RoBERT LéGER<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

– TRADE -<br />

WILLKOMMEN IN<br />

AMERIKA (2007)<br />

hat sie – so ein Porträt <strong>von</strong> ihr im „HD Magazine“<br />

– zum ersten Mal eine K<strong>am</strong>erastudentin bei<br />

der Arbeit gesehen und war angesteckt. „Meine<br />

Eltern <strong>habe</strong>n mir sogar Entschuldigungen<br />

für die Schule geschrieben, d<strong>am</strong>it ich mich in<br />

dem Handwerk weiterbilden konnte“, erzählt<br />

Foerster. Sie hat schnell das Studium gegen die<br />

praktische Arbeit getauscht und verantwortet<br />

mittlerweile Prime-Time-Progr<strong>am</strong>me im US-<br />

Fernsehen – auch als Regisseurin. Bekanntestes<br />

Beispiel: „Criminal Minds“.<br />

Beste K<strong>am</strong>era/<br />

Bildgestaltung –<br />

anna J. FoERSTER<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Beim Dreh <strong>von</strong> ANONYMUS war die Herausforderung,<br />

die düstere, ja schmutzige Stimmung<br />

der Zeit einzufangen. Und das mit einer digitalen<br />

K<strong>am</strong>era. „Das ist ein sehr dunkler Film“, sagt<br />

Foerster. „Und wir mussten immer an die Grenzen<br />

gehen. Es ist auch eine düstere Geschichte,<br />

deshalb wollten wir keine hellen, farbenfrohen,<br />

sonnendurchfluteten Bilder, die man üblicherweise<br />

sieht, wenn es historisch wird. Tageslicht,<br />

Kerzenschein und echtes Feuer waren unsere<br />

Hauptquellen für das Licht. Manchmal <strong>habe</strong>n<br />

wir die Kerzen direkt neben der K<strong>am</strong>era angezündet,<br />

um eine Szene auszuleuchten. Deshalb<br />

musste ich eigentlich nie Filter benutzen.“<br />

Auch Maske, Kostüm und Szenenbild <strong>habe</strong>n wesentlich<br />

dazu beigetragen, dass die Welt und<br />

Zeit, in der das Theater eher ein interaktiver<br />

Rummelplatz mit sinnlichen Sensationen war,<br />

als ein Tempel der großbürgerlichen Kulturroutine.<br />

Sebastian Krawinkel (Bestes Szenenbild)<br />

baute ein komplettes Theater in Babelsberg und<br />

schuf auch mit den zusätzlichen Innen- und Außenbauten<br />

nicht nur schon direkte Angebote für<br />

eine optische Zeitreise, sondern auch Flächen<br />

für Spezialeffekte, ohne die ein historischer Film<br />

dieser Größenordnung nicht mehr auskommen<br />

kann. Der in Berlin lebende Szenenbildner Krawinkel<br />

hat <strong>am</strong> Art Center College of Design in<br />

London in den neunziger Jahren Production Design<br />

studiert, hat manchen originellen Werbeclip<br />

ausgestattet und ist aus den großen, internationalen<br />

Produktionen im Studio Babelsberg nicht<br />

wegzudenken. Ob als Art Director <strong>von</strong> Polanskis<br />

PIANIST und Paul Greengrass´ DIE BOURNE<br />

Foto: © Mathias Bothor<br />

Bester Schnitt –<br />

PETER R. aDaM<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

– HERR LEHMANN<br />

(2003)<br />

– GOOD BYE, LENIN!<br />

(2003)<br />

– WIR KÖNNEN AUCH<br />

ANDERS (1993)<br />

VERSCHWÖRUNG oder als Supervising Art<br />

Director für Quentin Tarantino und seine<br />

INGLORIOUS BASTERDS – oder eben als verantwortlicher<br />

Szenenbildner für ANONYMUS,<br />

Krawinkel baut die Welten, aus denen große<br />

Kinoträume entstehen.<br />

D<strong>am</strong>it die Menschen in diesen Welten auch so<br />

aussehen, als st<strong>am</strong>mten sie aus denselben, sorgten<br />

die Make-Up-Artists Björn Rehbein und<br />

Heike Merker (Bestes Maskenbild) und die Kostümdesignerin<br />

Lisy Christl (Bestes Kostümbild).<br />

Bestes Szenenbild –<br />

SEBaSTIan<br />

KRawInKEL<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

25


Der seit über einem Jahrzehnt international arbeitende<br />

Maskenbildner Björn Rehbein ist Spezialist<br />

für historisches und Action-Kino mit einer<br />

beeindruckenden Balance zwischen Genau-<br />

igkeit und Fantasie. Er arbeitete mit Wolfgang<br />

Becker und Tom Tykwer (GOOD BYE, LENIN! und<br />

DAS PARFUM) ebenso wie mit Gianni Amelio,<br />

Paul Anderson, aktuell mit Brian de Palma. Für<br />

seine Arbeit an Oskar Roehlers JUD SÜSS war er<br />

bereits im vergangenen Jahr für den <strong>Deutsche</strong>n<br />

Filmpreis nominiert. Die Filmografie seiner Kollegin<br />

Heike Merker liest sich wie ein Lexikon des<br />

aktuellen deutschen Kinos. Bei Wolfgang Becker<br />

arbeiteten die beiden bereits zus<strong>am</strong>men. Merker<br />

machte Maske auch bei Hans-Christian Schmid<br />

(STURM), Florian Gallenberger (JOHN RABE)<br />

und Philipp Stölzl (GOETHE!), um nur einige zu<br />

nennen.<br />

Dabei ist sie nicht selten ihrer Kollegin Lisy<br />

Christl begegnet. „Die deutsche Spitzenschneiderin“,<br />

wie der „Spiegel“ sie unlängst in einer Story<br />

zu ihrer Oscar-Nominierung für ANONYMUS<br />

bezeichnete, war <strong>von</strong> Anfang ihrer Karriere an<br />

26<br />

im europäischen Kino unterwegs, was nicht zuletzt<br />

mit ihrer regelmäßigen Arbeit für <strong>Michael</strong><br />

Haneke (u.a. FUNNY GAMES, CACHÉ) zus<strong>am</strong>menhing.<br />

Und sie arbeitete immer historisch<br />

und zeitgenössisch mit gleichem Elan. Dennoch:<br />

„Bei historischen Filmen bist du Historiker und<br />

Kostümbildner in einem, du bist der Experte. Bei<br />

zeitgenössischen Filmen bringen alle ihren eigenen<br />

Geschmack mit ans <strong>Set</strong>“, sagt sie dem „Spiegel“.<br />

Und: „Die Recherche ist mit das Schönste<br />

an meinem Job“, sagt Christl. Für ANONYMUS<br />

Bestes Kostümbild –<br />

LISY CHRISTL<br />

– WAS BLEIBT (2011)<br />

– JOHN RABE (2009)<br />

– CACHÉ (2005)<br />

– ERBSEN AUF HALB 6<br />

(2004)<br />

Foto: © Markus Jans Foto: © Oliver Mueller<br />

zog sie durch Museen, Porträtgalerien und Westminster<br />

Abbey, unterhielt sich dort über Kirchengewänder<br />

im 16. Jahrhundert und wälzte<br />

Schnittbücher über Kleidung der Renaissance.<br />

Wie diese Zeit klang, kann keiner recherchieren.<br />

Da waren die Sound Designer Hubert Bartholomae<br />

und Manfred Banach (Beste Tongestaltung)<br />

darauf angewiesen, ihre Fantasie mit den<br />

Möglichkeiten des Kinos zu kombinieren – und<br />

sich auf die Vielfalt natürlicher Töne auf unbefestigten<br />

Straßen, in riesigen Palästen und über-<br />

Bestes Maskenbild –<br />

BJöRn REHBEIn<br />

– GODS BEHAVING –<br />

BADLY (2012)<br />

– MOONRISE KINGDOM<br />

(2012)<br />

– BEING FLYNN (2012)<br />

– ANONYMOUS (2011)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


füllten Spelunken zu verlassen. Der in München<br />

ansässige Hubert Bartholomae ist ein früher<br />

Weggefährte Emmerichs (DAS ARCHE NOAH<br />

PRINZIP, JOEY, MOON 44) und ist einer der <strong>am</strong><br />

meistbeschäftigsten Tongestalter im deutschen<br />

Film (mit regelmäßigen Ausflügen in die Musik<br />

oder Animation). Er arbeitete auch an dem<br />

ebenfalls nominierten Debütfilm HELL <strong>von</strong> Tim<br />

Fehlbaum mit. Sein Berliner Kollege Manfred<br />

Banach arbeitete mit Oskar Roehler ebenso wie<br />

mit Gernot Roll oder Marco Kreuzpaintner. Im<br />

Bestes Maskenbild –<br />

HEIKE MERKER<br />

– CLOUD ATLAS (2012)<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

– GOETHE! (2010)<br />

– VALLEY OF FLOWERS<br />

(2004)<br />

vergangenen Jahr war er mit seinen Kollegen<br />

für das Sound Design der Genre-Parodie JERRY<br />

COTTON für den Filmpreis nominiert.<br />

Bei Roland Emmerichs ungewöhnlichem Kinodebüt<br />

DAS ARCHE NOAH PRINZIP <strong>von</strong> 1983 arbeitete<br />

Peter R. ad<strong>am</strong> (Bester Schnitt) noch als<br />

Toningenieur zus<strong>am</strong>men mit Hubert Bartholomae.<br />

Danach wurde er zu einem der bedeutendsten<br />

und gefragtesten Editoren des deutschen<br />

Films, was ihm bereits zwei <strong>Deutsche</strong> Filmpreise<br />

bescherte (COMEDIAN HARMONISTS R: Joseph<br />

Beste Tongestaltung –<br />

HUBERT<br />

BaRTHoLoMaE<br />

– TÜRKISCH FÜR<br />

ANFÄNGER (2012)<br />

– ALLES AUF ZUCKER<br />

(2005)<br />

– DER KLEINE VAMPIR<br />

(2002)<br />

– WERNER 2 - DAS<br />

MUSS KESSELN (1996)<br />

Vilsmaier und GOOD BYE, LENIN! R: Wolfgang<br />

Becker). Ad<strong>am</strong>s Herausforderung war nicht nur<br />

das eigene Tempo des Films, sondern seine komplizierte<br />

Dr<strong>am</strong>aturgie, bei der der Schnitt die<br />

Spannung aufrecht erhalten muss, ohne Verwirrung<br />

zu stiften. Peter R. Ad<strong>am</strong> war übrigens Mitglied<br />

des Gründungsvorstandes der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Filmakademie im Jahr 2003, blieb im Vorstand<br />

bis 2009 und ist der Mastermind hinter dem<br />

Wissensportal der Filmakademie VIERUND-<br />

ZWANZIG.DE.<br />

Beste Tongestaltung –<br />

ManFRED BanaCH<br />

– RUSSENDISKO (2012)<br />

– ANONYMUS (2011)<br />

– DER VORLESER<br />

(2008)<br />

– ANONYMA -<br />

EINE FRAU IN<br />

BERLIN (2008)<br />

27


BaRBaRa<br />

BARBARA ist ein Hoffnungsschimmer.<br />

Und<br />

das sicherlich nicht<br />

nur aus der Sicht vieler<br />

Kinogänger, sondern<br />

auch aus der Sicht <strong>von</strong><br />

cirka 1400 Filmschaffenden,<br />

die sich an der<br />

Abstimmung zur „fairsten<br />

Produktion 2011“<br />

beteiligten. Die Produzenten<br />

Florian Koerner<br />

<strong>von</strong> Gustorf und<br />

<strong>Michael</strong> weber (Bester<br />

Spielfilm) <strong>von</strong> Schr<strong>am</strong>m Film erhielten die eben<br />

„Hoffnungsschimmer“ genannte Auszeichnung<br />

<strong>von</strong> der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-<br />

Verbände genau <strong>am</strong> Nachmittag vor ihrer<br />

Berlinale-Premiere <strong>am</strong> 11. Februar. Schr<strong>am</strong>m<br />

Film zählt schon seit Jahren zu den Produktionsfirmen,<br />

die für ein gutes Arbeitsklima sorgen<br />

und dabei auch tarif- und arbeitsrechtliche<br />

Bedingungen im Auge <strong>habe</strong>n. Dass sie auch bei<br />

28<br />

BARBARA optimale Voraussetzungen geschaffen<br />

<strong>habe</strong>n, danken ihnen hochmotivierte Schauspieler<br />

und ein kreatives Te<strong>am</strong>. Die Kostümbildnerin<br />

anette Guther (Bestes Kostümbild) schwärmt<br />

in einem Interview: „Diesmal sind wir auch<br />

schon vor Drehbeginn, als das <strong>Set</strong> im Prinzip<br />

fertig war, mit den meisten Schauspielern nach<br />

Kirchmöser (an den Drehort) gefahren und <strong>habe</strong>n<br />

im Kostüm Fotos gemacht. Das war großartig,<br />

das zu sehen und darauf reagieren zu können.<br />

Dann sieht man halt: Das funktioniert nicht, die<br />

Bester Spielfilm –<br />

FLoRIan KoERnER<br />

Von GUSToRF<br />

rostfarbene Bluse vor der braunen Wand. Und<br />

das konnten wir machen, weil wir <strong>von</strong> Produktionsseite<br />

die Zeit dazu bek<strong>am</strong>en.“ Anette Guther<br />

arbeitet schon seit 1993 (PILOTINNEN) als Kostümbildnerin<br />

für die Filme <strong>von</strong> Christian Petzold<br />

(Beste Regie, Bestes Drehbuch) und ist meistens<br />

schon sehr früh involviert. Für BARBARA<br />

hat sie bereits nach der ersten Buchfassung begonnen<br />

zu recherchieren und sich die Kollegin<br />

Angelika Goetz zur Seite geholt, die selbst in der<br />

DDR groß geworden ist.<br />

Bester Spielfilm –<br />

MICHaEL wEBER<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Christian Petzold ist dafür bekannt, seine Stoffe<br />

fundiert anzugehen und die Filme akribisch<br />

vorzubereiten. Er nimmt sich die Zeit, die es<br />

braucht, um die richtige Atmosphäre und das<br />

richtige Timing herzustellen. Im Vorfeld guckt<br />

das Te<strong>am</strong> gemeins<strong>am</strong> Filme, hört entsprechende<br />

Musik und inspiriert sich so, um eine gemeins<strong>am</strong>e<br />

Basis für das Herangehen an den<br />

Stoff zu schaffen. D<strong>am</strong>it beschwört Petzold<br />

eine Stimmung herauf, die er als Arbeitsgrundlage<br />

für den Dreh sucht. In Vorbereitung zu<br />

BARBARA <strong>habe</strong>n sie z.B. TO HAVE AND HAVE<br />

NOT <strong>von</strong> Howard Hawks und HÄNDLER DER<br />

VIER JAHRESZEITEN <strong>von</strong> Rainer Werner Fassbinder<br />

geguckt; zwei sehr unterschiedliche Filme,<br />

die beide auf ihre Weise die emotionale und<br />

intellektuelle Palette zu BARBARA erweitert<br />

<strong>habe</strong>n.<br />

Angefangen hat alles mit der Novelle „Barbara“<br />

des Österreichers Hermann Broch, die Petzold<br />

Anfang der 2000er las. Und als er 2006 einen<br />

Arzt aus Fürstenwalde kennenlernte, der ihm<br />

<strong>von</strong> Kollegen aus der DDR erzählte, die einen<br />

Ausreiseantrag gestellt hatten und danach aus<br />

Schikane und als Erziehungsmaßnahme in Militär-<br />

oder Provinzkrankenhäuser wechseln mussten,<br />

brachte Petzold die beiden Geschichten zus<strong>am</strong>men<br />

und setzte sich an ein Drehbuch.<br />

BARBARA spielt 1980 in einer Kleinstadt in<br />

Mecklenburg-Vorpommern, unweit der Ostsee.<br />

Die Ärztin Barbara (Nina Hoss) wurde nach der<br />

Stellung eines Ausreiseantrages inhaftiert und<br />

danach <strong>von</strong> der Charité in das kleine Krankenhaus<br />

dieser Kleinstadt strafversetzt. Dort arbeitet<br />

sie fortan in der Kinderchirurgie unter Lei-<br />

Bestes Drehbuch/<br />

Beste Regie –<br />

CHRISTIan PETzoLD<br />

– JERICHOW (2008)<br />

– GESPENSTER (2005)<br />

– TOTER MANN<br />

(2002, TV)<br />

– INNERE SICHERHEIT<br />

(2001)<br />

Foto: © Christian Schulz Foto: © Stefan Klüter<br />

tung des Arztes Andre Reiser (Ronald zehrfeld –<br />

Beste darstellerische Leistung – männliche<br />

Hauptrolle); sie ist misstrauisch, und er verliebt<br />

sich in sie. Während Andre als anerkannter<br />

Arzt mit seinem Leben in der DDR offensichtlich<br />

Frieden schließen konnte, ist das für Barbara zunächst<br />

undenkbar. Mit der gleichen Rigorosität,<br />

mit der sie sich dem System verweigert, verweigert<br />

sie ihm die Kommunikation. Als Zuschauer<br />

geht einem das Herz auf, wenn man sieht, wie<br />

viel Wärme Ronald Zehrfeld in seine Figur legt,<br />

Beste männliche<br />

Hauptrolle –<br />

RonaLD zEHRFELD<br />

– DAS UNSICHTBARE<br />

MÄDCHEN (2011)<br />

– 12 METER OHNE<br />

KOPF (2008)<br />

– IN JEDER SEKUNDE<br />

(2007)<br />

– DER ROTE KAKADU<br />

(2004)<br />

29


um die unterkühlte Barbara etwas aufzutauen.<br />

Als er <strong>am</strong> Schluss <strong>am</strong> Krankenbett eines Patienten<br />

leise um Barbara trauert und sie im nächsten<br />

Moment unerwartet das Zimmer betritt, weinen<br />

und leuchten seine Augen gleichzeitig. Ein stiller<br />

Moment, in dem Glück aufblitzt. K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann<br />

Hans Fromm (Beste K<strong>am</strong>era/Bildgestaltung)<br />

gelingt es mit seinen Bildern, genau zwischen<br />

die beiden Figuren zu kommen. Nur durch die<br />

sich aufbauende Spannung werden Gefühle<br />

wie Misstrauen oder Vertrauen, Ablehnung oder<br />

30<br />

Beste K<strong>am</strong>era/<br />

Bildgestaltung –<br />

HanS FRoMM<br />

– JERICHOW (2008)<br />

– YELLA (2006)<br />

– GESPENSTER (2003)<br />

– DIE INNERE<br />

SICHERHEIT (2000)<br />

Liebe erzählt. Um diese Geschichte – auch ohne<br />

Worte – so emotional wirken zu lassen, benutzte<br />

Fromm häufiger als sonst Schuss-Gegenschuss-<br />

Einstellungen. Seine K<strong>am</strong>era trägt dazu bei, dass<br />

wir uns wünschen, dass Barbara in der DDR<br />

bleibt und <strong>am</strong> Ende doch noch alles gut wird mit<br />

den beiden.<br />

Petzold legte – wie in jedem seiner Filme –<br />

großen Wert auf historische Authentizität. Dabei<br />

war es ihm wichtig, nichts auszustellen,<br />

Foto: © Christine Fenzl<br />

Bester Schnitt –<br />

BETTIna BöHLER<br />

– CHARLOTTE<br />

RAMPLING –<br />

THE LOOK (2011)<br />

– JUD SÜSS –<br />

FILM OHNE<br />

GEWISSEN (2010)<br />

– SEHNSUCHT (2006)<br />

– TERROR 2000 (1992)<br />

sondern die DDR der 80er ganz selbstverständlich<br />

nebenbei zu erzählen. In BARBARA gibt es<br />

keine Honecker-Bilder im Krankenhaus, keine<br />

Blümchentapeten in den Wohnzimmern und keine<br />

Plattenbauten: Nichts Plakatives, das uns die<br />

DDR erklärt. Christian Petzold erzählt in einem<br />

Interview, wie es die Cutterin Bettina Böhler<br />

(Bester Schnitt) geschafft hat, eine sehr teure<br />

und aufwendig gedrehte Szene mit einer alten<br />

DDR-Straßenbahn so verknappt zu schneiden,<br />

dass sie in nur zwei Sekunden – nicht nebenbei,<br />

Bestes Kostümbild –<br />

anETTE GUTHER<br />

– IM SCHATTEN (2009)<br />

– YELLA (2006)<br />

– FAY GRIM (2006)<br />

– MARSEILLE (2003)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


aber ganz selbstverständlich – durchs Bild fährt.<br />

Das ist kein aufdringliches Requisit, hier wirkt<br />

die DDR sehr real. Bettina Böhler arbeitet wie<br />

die meisten im Te<strong>am</strong> schon seit vielen Jahren<br />

mit Christian Petzold zus<strong>am</strong>men. Eine Besonderheit<br />

ihres Editierens ist die Auslassung.<br />

Bettina Böhler möchte, dass „nur solche Momente<br />

der Geschichte erzählt werden, die wirklich<br />

notwendig sind.“ Ein <strong>von</strong> ihr geschnittener Film<br />

wird nie geschwätzig sein.<br />

Beste Tongestaltung –<br />

anDREaS MÜCKEnIESYTKa<br />

– ORLY (2010)<br />

– JERICHOW (2008)<br />

– FERIEN (2007)<br />

– HOLUNDERBLUETE<br />

(2007)<br />

Dass einem die DDR nicht aufdringlich, sondern<br />

eher vertraut erscheint, liegt auch an der<br />

Geräuschkulisse: Einem „DDR-Soundtrack aus<br />

Originaltönen“ (FAZ). Verantwortlich dafür sind<br />

andreas Mücke-nisytka, Dominik Schleier und<br />

<strong>Martin</strong> Steyer (Beste Tongestaltung).<br />

Man sieht die DDR-Kleinstadt und hört: Hundegebell,<br />

Vogelgezwitscher, Nachbarn im Treppenhaus,<br />

Geklapper der Hackenschuhe auf Straßenbeton,<br />

Bäume wie Meeresrauschen, Zughupen an<br />

Beste Tongestaltung –<br />

DoMInIK SCHLEIER<br />

– RUBBELDIEKATZ<br />

(2011)<br />

– THE LAST STATION<br />

(2009)<br />

– TRADE (2007)<br />

– THE LAST KING OF<br />

SCOTLAND (2006)<br />

unbeschrankten Bahnübergängen und tuckernde<br />

Ost-Autos. Und man hört all das Unangenehme<br />

und Unheimliche, das man mit einem Krankenhaus-Aufenthalt<br />

verbindet: Laute Schuhe auf<br />

langen Linoleum-Fluren, fahrende Betten und<br />

rollende Medizin-Wägelchen, knarzende Türen,<br />

klapperndes Besteck und (un)menschliche Geräusche<br />

bei medizinischen Eingriffen. Und <strong>am</strong><br />

Ende glaubt man, die DDR zu riechen.<br />

Beste Tongestaltung –<br />

MaRTIn STEYER<br />

– WAS BLEIBT (2012)<br />

– CIRCUS COLUMBIA<br />

(2010)<br />

– RESIDENT EVIL<br />

(2002)<br />

– WIR KÖNNEN AUCH<br />

ANDERS (1993)<br />

31


Endlich: eine Fortsetzung, so spannend wie der erste Teil. Der neue Volkswagen CC.<br />

Volkswagen, offizieller Partner des <strong>Deutsche</strong>n Filmpreises, wünscht allen Gästen eine spannende Preisverleihung.<br />

Kraftstoffverbrauch in l/100 km: kombiniert zwischen 9,3 und 4,7, CO2-Emissionen in g/km: kombiniert zwischen 215 und 125.<br />

www.volkswagen.de


DREIVIERTELMonD<br />

Es war der richtige<br />

Moment für Hartmut<br />

(Elmar Wepper) und<br />

Hayat (Mercan Türkoglu)<br />

– nur jetzt konnten<br />

sie Freunde werden.<br />

Hartmut, der grantelnde<br />

Taxifahrer, der nach<br />

35 Ehejahren <strong>von</strong> seiner<br />

Frau verlassen wurde<br />

und die 6-jährige Hayat,<br />

die nur türkisch spricht<br />

und allein in der fremden<br />

Stadt Nürnberg ist,<br />

weil ihre Mutter weit weg arbeitet und ihre Oma<br />

im Krankenhaus liegt. Zwei, die alleine sind und<br />

sich guttun könnten. Für Autor und Regisseur<br />

Christian Zübert war <strong>von</strong> Anfang klar, dass er<br />

die Rolle des Hartmut für Elmar Wepper schreibt.<br />

Rückblickend ging eigentlich fast alles ganz einfach.<br />

Um den Film finanzieren zu können, schickte<br />

Zübert sein Drehbuch ziemlich schnell an<br />

Robert Marciniak (die film gmbh, zus<strong>am</strong>men mit<br />

Uli aselmann – Bester Spielfilm), den er schon<br />

seit über 10 Jahren kannte und vertraute, dass<br />

DREIVIERTELMOND das richtige Buch für eine<br />

erste Zus<strong>am</strong>menarbeit sein könnte. Die Produzenten<br />

waren begeistert und schickten das Buch<br />

an weitere Partner und Fördergremien, die alle<br />

schnell ins Boot geholt wurden. Schwierig war<br />

nur die Besetzung des kleinen Mädchens Hayat.<br />

Zum Glück fanden sie kurz vor Drehbeginn dann<br />

doch noch durch Zufall die kleine Mercan Türkoglu,<br />

die Tochter einer Freundin einer Freundin.<br />

Ihrem etwas starrsinnigen Charme konnte sich<br />

niemand entziehen, auch Elmar Wepper alias<br />

Bester Spielfilm –<br />

RoBERT MaRCInIaK<br />

– DREIVIERTELMOND<br />

(2010)<br />

– DIE PERLMUTTER-<br />

FARBE (2008)<br />

– WINTERREISE (2005)<br />

– AUS DER TIEFE DES<br />

RAUMES (2003)<br />

Harmut nicht. Sagt er noch zu Anfang des Films<br />

hilflos „Kopftuchmädchen“ zu Hayat, nennt er sie<br />

später beinah zärtlich die „Zahnluckerte“. Als er<br />

sie einmal trösten muss und ihr liebevoll über<br />

den Kopf streicht, flüstert er „Indianer kennen<br />

keinen Schmerz“ und tröstet dabei auch ein bisschen<br />

sich selbst. Gerade als er denkt, sein Leben<br />

ist schon gelaufen, kommt Hayat, und er ist gezwungen<br />

nochmal vollkommen umzudenken. Für<br />

seine Abgestumpftheit und sich neu einschleichende<br />

Melancholie ist sie das richtige Heilmittel.<br />

Foto: © die film gmbh<br />

Bester Spielfilm –<br />

ULI aSELMann<br />

– DAS BLAUE VOM<br />

HIMMEL (2011)<br />

– WINTERREISE (2006)<br />

– VAYA CON DIOS<br />

(2002)<br />

– DIE MUSTERKNABEN<br />

(1997)<br />

33


FEnSTER zUM SoMMER<br />

Gegensätze ziehen<br />

sich an. Juliane (Nina<br />

Hoss) und Emily<br />

(Fritzi Haberlandt –<br />

Beste schauspielerische<br />

Leistung – weibliche<br />

nebenrolle) arbeiten<br />

zwar zus<strong>am</strong>men,<br />

scheinen aber in völ-<br />

lig verschiedenen Welten<br />

zu leben. Und sind<br />

doch beste Freundinnen.<br />

Die nachdenkliche,<br />

vorsichtige Übersetzerin<br />

Juliane und ihre lebenslustige, mitteilungsfreudige<br />

Kollegin brauchen einander und können<br />

sich aufeinander verlassen. Auch wenn Emily<br />

mal zu spät kommt, weil sie sich verquatscht<br />

oder das alltägliche Timing als allein erziehende<br />

Mutter nicht immer im Griff hat. Fritzi Haberlandt<br />

spielt diese Berliner Großstadtpflanze mit<br />

ebenso idiomatischer wie emotionaler Wucht<br />

34<br />

und Authentizität. Immer an der Grenze zur<br />

Tragödie, aber mit augenzwinkerndem Kontakt<br />

zu einem Publikum, das sehr bald weiß, dass es<br />

sich auf eine cineastische Gratwanderung zwischen<br />

Fantasie und Wirklichkeit, zwischen Witz<br />

und Wahn eingelassen hat. Eine Gratwanderung,<br />

bei der die Hauptfigur im Laufe der Geschichte<br />

ihrerseits ein deutlich komplizierteres Verhältnis<br />

zur Zeit bekommt als ihre Freundin, deren<br />

Tod sie zunächst erlebt, dann vorhersehen kann<br />

und dennoch nicht verhindern wird.<br />

Dieses Spiel mit dem Schicksal, dieses Leben in<br />

der Endlosschleife ist das zentrale Motiv des<br />

Films <strong>von</strong> Hendrik Handloegten, der nicht nur<br />

zwischen den Zeiten, sondern auch zwischen<br />

den Orten springt. Das FENSTER ZUM SOMMER<br />

bietet den Blick <strong>von</strong> der Kälte in die Wärme, <strong>von</strong><br />

der Enge in die Weite, <strong>von</strong> Dunkel ins Licht. Berlin<br />

und Finnland, die Stadt der tausend Optionen<br />

und das Land der tausend Seen, sind die Orte an<br />

denen sich die Geschichte der unmöglichen Liebe<br />

zwischen Juliane und August abspielt. Das<br />

Spannende an der Figur, die Fritzi Haberlandt<br />

so lebendig verkörpert (auch wenn sie sterben<br />

muss), ist, dass gerade sie in ihrer Direktheit<br />

und Schnörkellosigkeit zum Katalysator einer<br />

Geschichte wird, die per definitionem keinen Anfang<br />

und kein Ende <strong>habe</strong>n kann.<br />

Dieser Schwebezustand ist natürlich auch die<br />

Herausforderung für die beiden Elemente, die in<br />

diesem Film neben den Schauspielerinnen und<br />

Schauspielern die größte Rolle spielen.<br />

Foto: © Christian Schoppe<br />

Beste weibliche<br />

nebenrolle –<br />

FRITzI HaBERLanDT<br />

– NICHTS ALS GE-<br />

SPENSTER (2006)<br />

– ERBSEN AUF HALB<br />

SECHS (2003)<br />

– LIEGEN LERNEN<br />

(2002)<br />

– KALT IST DER<br />

ABENDHAUCH (2000)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann Peter Przybylski (Beste K<strong>am</strong>era/<br />

Bildgestaltung) verfolgt mit seiner K<strong>am</strong>era ein<br />

visuelles Konzept, das sich nicht nur sehr bewusst<br />

auf die <strong>von</strong> den Motiven des Films selbst<br />

angebotene Schönheit einlässt. Er nimmt in seinen<br />

Cinemascope-Bildern das Publikum mit auf<br />

die Reise der Protagonistin Juliane, die sich als<br />

subjektiv Handelnde fühlt und sich dabei unverhofft<br />

oft in der Rolle der objektiv oder auch<br />

einfach nur staunend und fassungslos Beobachtenden<br />

wiederfindet. Der Film erzählt auch<br />

Raum und Zeit, weil seine K<strong>am</strong>era das in hohem<br />

Maße tut.<br />

Peter Przybylski, der in den neunziger Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts seine Ausbildung an<br />

der HFF „Konrad Wolf“ in Potsd<strong>am</strong> genoss, arbeitet<br />

seit vielen Jahren als K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann für<br />

Kinofilme (FC VENUS, FRECHE MÄDCHEN) und<br />

TV-Produktionen, hier mit einer offensichtlichen<br />

Vorliebe für Kriminalgeschichten, was ihm 2009<br />

den <strong>Deutsche</strong>n Fernsehkrimipreis als bester K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann<br />

für den „Tatort“ „Der tote Chinese“<br />

beschied. Für die Arbeit an FENSTER ZUM<br />

SOMMER ging er im doppelten Sinn des Wortes<br />

auf eine Zeitreise – nicht nur innerhalb der<br />

Geschichte, sondern auch beim Dreh, der in den<br />

beiden gegensätzlichsten Jahreszeiten (Winter<br />

und Sommer) stattfinden musste. Przybylski hat<br />

aus beidem großes kinematografisches Potenzial<br />

geschöpft.<br />

Die Musik spielt in diesem Dr<strong>am</strong>a eine besondere<br />

Rolle. Auch sie hat zuallerletzt die Funktion,<br />

den Zuschauer zu beruhigen oder in Sicher-<br />

Beste K<strong>am</strong>era/<br />

Bildgestaltung –<br />

PETER PRzYBYLSKI<br />

– FRECHE MÄDCHEN<br />

(2008)<br />

– UNDERDOGS (2007)<br />

– FC VENUS (2006)<br />

– HELDEN WIE WIR<br />

(1999)<br />

heit zu wiegen. Doch weil der ganze Film nicht<br />

mit vordergründigen Effekten eines Genres<br />

spielt, sondern das Kino über den Kopf projiziert,<br />

ist die Musik des finnischen Komponisten<br />

Timo Hietala (Beste Filmmusik) zurückhaltend<br />

und beunruhigend zugleich. Hietala, der sowohl<br />

Orchestermusik als auch Jazz und Pop schreibt,<br />

gilt in seiner Heimat Finnland als eine Bank für<br />

gelungene, intelligente Filmscores. Er wurde bereits<br />

mehrfach für nationale und internationale<br />

Filmpreise nominiert und d<strong>am</strong>it ausgezeichnet.<br />

Foto: © Heikki Tuuli<br />

Beste Filmmusik –<br />

TIMo HIETaLa<br />

– Hiljaisuus (Silence)<br />

(2011)<br />

– Tali-Ihantala (2007)<br />

– Lapsia ja Aikuisia<br />

(Producing Adults)<br />

(2004)<br />

– Cyclomania (2001)<br />

35


HaLT aUF FREIER STRECKE<br />

Was für ein Filmanfang!<br />

Das ist die Umkehrung<br />

des alten Hollywoodcredos,<br />

dass ein<br />

Film mit einem Erdbeben<br />

zu beginnen <strong>habe</strong>.<br />

Und es hat die gleiche<br />

Wirkung. Denn dem<br />

Ehepaar Frank und<br />

Simone (Milan Peschel<br />

und Steffi Kühnert –<br />

Beste darstellerische<br />

Leistung – männliche<br />

Hauptrolle, weibliche<br />

Hauptrolle) wird augenblicklich der Boden unter<br />

den Füßen weggezogen. Sie erfahren behuts<strong>am</strong>,<br />

aber unmissverständlich, dass Frank nicht<br />

mehr lange leben wird. Hirntumor, irreparabel.<br />

Ein echter Arzt sitzt einem Schauspielerpaar<br />

gegenüber. Alle drei machen in diesem Moment<br />

ihren Job. Und alle drei machen das großartig.<br />

Das ist eines der besonderen Elemente in vielen<br />

Filmen des Regisseurs andreas Dresen (Beste<br />

Regie – Bestes Drehbuch), der Wirklichkeit inszenieren<br />

kann, indem er sie einerseits fast doku-<br />

36<br />

mentarisch abbildet und andererseits mit großer<br />

Sorgfalt und Sensibilität herstellt und <strong>von</strong> seinen<br />

Darstellern herstellen lässt. HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (Bester Spielfilm – Peter Rommel,<br />

Rommel Film) ist wieder einer der Filme, für die<br />

sich das Gespann Dresen (als Autor und Regisseur)<br />

und Peter Rommel (als Produzent) gesucht<br />

und gefunden <strong>habe</strong>n. Ein Te<strong>am</strong>film, ein Film, der<br />

inhaltlich und thematisch lange entwickelt wird<br />

und doch mit Drehbeginn noch lange nicht fertig<br />

entwickelt ist. Die Te<strong>am</strong>s dieser Filme <strong>von</strong><br />

Bester Spielfilm –<br />

PETER RoMMEL<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– ANGELS OF THE<br />

UNIVERSE (2000)<br />

– LOST KILLERS (2000)<br />

– NACHTGESTALTEN<br />

(1999)<br />

Dresen und Rommel sind sehr klein und sie bestehen<br />

zum größten Teil aus denselben Personen. Da<br />

rückt man nicht nur schnell zus<strong>am</strong>men, man legt<br />

auch mal zus<strong>am</strong>men. Beispielsweise, um mittelfristig<br />

den Drehort zu erstehen. Das Haus, in dem<br />

HALT AUF FREIER STRECKE hauptsächlich und<br />

zu verschiedenen Jahreszeiten spielt, gehörte aus<br />

produktionstechnischen Gründen jenem Te<strong>am</strong><br />

und konnte kurz vor Kinostart ohne Verlust wieder<br />

veräußert werden. Die Dr<strong>am</strong>aturgin und Autorin<br />

Cooky ziesche (Bestes Drehbuch) ist auch<br />

Foto: © Klaus-Dieter Fahlbusch<br />

Bestes Drehbuch/<br />

Beste Regie –<br />

anDREaS DRESEn<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– SOMMER VORM<br />

BALKON (2005/Regie)<br />

– HALBE TREPPE (2002)<br />

– NACHTGESTALTEN<br />

(1999)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


ein Teil des Te<strong>am</strong>s, dem das Kino schon Welterfolge<br />

wie HALBE TREPPE und WOLKE 9 verdankt.<br />

Denn, Andreas Dresen spricht es einfach und<br />

nachvollziehbar aus: „Mit ihr zus<strong>am</strong>men nähere<br />

ich mich solchen Themen <strong>am</strong> liebsten.“ Dresen<br />

nähert sich seinen Themen auch mit dem Schnittmeister<br />

Jörg Hauschild (Bester Schnitt), der<br />

seit HALBE TREPPE ausnahmslos alle Filme <strong>von</strong><br />

Andreas Dresen geschnitten hat. Der Editor, der<br />

auch Musiker und Komponist ist, hat nicht nur<br />

den oftmals zärtlichen Rhythmus der Filme <strong>von</strong><br />

Dresen übernommen, er hat ihn mit entwickelt.<br />

Und auch der Produktionschef Peter Hartwig<br />

durfte bei dieser besonderen filmischen Herausforderung<br />

als verlässlicher Ansprechpartner für<br />

alle Seiten nicht fehlen. Und dass der dokumentarisch<br />

äußerst versierte K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann <strong>Michael</strong><br />

H<strong>am</strong>mon hier kinematografisch experimentierte<br />

und dabei eine umwerfende dr<strong>am</strong>aturgische<br />

Genauigkeit entwickelte gehört zur speziellen<br />

Aura eines Films, der viele Grenzen überschreitet.<br />

HALT AUF FREIER STRECKE ist sicherlich Andreas<br />

Dresens radikalster Film – eine Zumutung,<br />

die für viele Zuschauer auch tröstliche Wirkung<br />

hatte. Dresen schaut dem Tod bei der Arbeit zu.<br />

Er zeigt, wie er einen Menschen allmählich aus<br />

dem Leben holt – und was mit diesem Menschen<br />

geschieht. Vor allem aber zeigt er, was mit den<br />

Menschen geschieht, die der Tod zurücklässt oder<br />

für seine Arbeit verdingt. Er zeigt eine F<strong>am</strong>ilie,<br />

die sich dafür entscheidet, den Sterbenden zu<br />

Hause zu pflegen. Er zeigt, wer aus der F<strong>am</strong>ilie<br />

dabei wie hilft – und wer das vielleicht gar nicht<br />

kann (wie die eigene Mutter). Er zeigt die Konflikte<br />

in der Ehe, die Verletzungen und die liebevolle<br />

Fantasie, mit der die F<strong>am</strong>ilie dem Schicksal<br />

Bestes Drehbuch –<br />

CooKY zIESCHE<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– BLACK BROWN<br />

WHITE (2011)<br />

– HENRI 4 (2010)<br />

– WOLKE 9 (2008)<br />

in Momenten die Stirn zu bieten vermag. Und er<br />

stellt dabei auch mal gängige dr<strong>am</strong>aturgische<br />

Regeln auf den Kopf. Dass Franks langjährige Ex-<br />

Freundin (Inka Friedrich) im letzten Akt des Films<br />

einfach auftaucht und nicht nur für kurzfristige<br />

sentimentale Verwirrung, sondern durchaus auch<br />

für Trost sorgen darf, gehört zu den hinreißenden<br />

Überraschungen, für die das Buch-Regie-<br />

Gespann Dresen und Ziesche gut ist. Frank und<br />

Simone <strong>habe</strong>n Kinder. Kinder in einem Alter, in<br />

dem man sich schon für gesunde Eltern schämt.<br />

Foto: © KASKARA<br />

Beste weibliche<br />

Hauptrolle –<br />

STEFFI KÜHnERT<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– DIE ENTBEHR-<br />

LICHEN (2009)<br />

– DAS WEISSE BAND<br />

(2008)<br />

– HALBE TREPPE (2002)<br />

37


Hier muss sich die sportaktive Tochter <strong>von</strong> ihrem<br />

Vater im Rollstuhl beim Wettk<strong>am</strong>pf beobachten<br />

lassen. Und der Sohn muss auf den lang ersehnten<br />

Aufenthalt im „Tropical Island“ verzichten,<br />

weil der Alte mal wieder zus<strong>am</strong>mengeklappt ist.<br />

Dresen inszeniert diese Kinder nicht aus der Sicht<br />

eines Erwachsenen, der sich seinerseits für die<br />

Kinder schämt, sondern glaubwürdig und unsentimental<br />

aus deren eigener Perspektive. Vor dem<br />

Vater stirbt der Sohn. Und auch der Vater begleitet<br />

ihn, seinen sehr begrenzten Möglichkeiten<br />

Foto: © Stefan Klüter<br />

38<br />

Beste männliche<br />

Hauptrolle –<br />

MILan PESCHEL<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– MITTE ENDE<br />

AUGUST (2007)<br />

– HÄNDE WEG VON<br />

MISSISSIPPI (2006)<br />

– NETTO (2003)<br />

entsprechend. Denn der große Charakterschauspieler<br />

otto Mellies (Beste darstellerische Leistung<br />

– männliche nebenrolle), dessen „Nathan,<br />

der Weise“ <strong>am</strong> <strong>Deutsche</strong>n Theater Legende ist,<br />

lässt den Zuschauer in jeder Sekunde die Belastung<br />

und Herausforderung spüren, die das Tabu<br />

einer unheilbaren Krankheit für seine Generation<br />

ist. Eine Generation, die nie gelernt hat zu trösten<br />

und zu trauern. Getragen wird die Tragödie, der<br />

Dresen und sein Te<strong>am</strong> immer wieder komische,<br />

rührende, auch groteske Momente abgewinnen<br />

Foto: © Saxonia Media<br />

Beste männliche<br />

nebenrolle –<br />

oTTo MELLIES<br />

– TATORT: SCHERBEN-<br />

HAUFEN (2011, TV)<br />

– FREI NACH PLAN<br />

(2006)<br />

– RAUS AUS DER HAUT<br />

(1997)<br />

– FAHRSCHULE<br />

(1986, TV)<br />

können, natürlich <strong>von</strong> dem Ehepaar Frank und<br />

Simone. Von Steffi Kühnert, auch Teil der beschriebenen<br />

Dresen-Rommel-F<strong>am</strong>ilie, und Milan<br />

Peschel, <strong>von</strong> dem man meint, dass er auch schon<br />

lange dazu gehört, der aber zum ersten Mal mit<br />

Dresen gearbeitet hat. Von einem Paar, das sich<br />

liebt und hasst, unterstützt und bekämpft, rettet<br />

und gefährdet. Schauspielerei in Extremen – und<br />

dabei doch immer auf dem Boden.<br />

Bester Schnitt –<br />

JöRG HaUSCHILD<br />

– FAUST (2010)<br />

– HITSCH (2006)<br />

– WILLENBROCK (2004)<br />

– HALBE TREPPE (2001)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Stars und Sternchen<br />

zum Greifen nah!<br />

Mit Entertain hautnah dabei sein, wenn der <strong>Deutsche</strong> Filmpreis verliehen wird.<br />

Wir wünschen allen Nominierten viel Glück!<br />

Live dabei<br />

sein mit<br />

Entertain


HELL<br />

„Die Sonne wird dich<br />

verbrennen.“ Das ist<br />

keine vorsorgliche War-<br />

nung, das ist klare Gewissheit.<br />

Tom (Stipe<br />

Erceg) hat großflächige<br />

Verbrennungsnarben<br />

<strong>am</strong> linken Unterarm,<br />

weil er zwei bis drei<br />

Stunden ungeschützt<br />

der Sonne ausgesetzt<br />

war, als er <strong>von</strong><br />

Fremden ohnmächtig<br />

zus<strong>am</strong>mengeschlagen<br />

wurde. So kann es jedem ergehen. Wen die Sonne<br />

nicht auslöscht, der kann <strong>von</strong> seinen Mitmenschen<br />

getötet werden. Jeder hat Hunger, jeder<br />

hat Durst. Keiner traut hier Keinem mehr.<br />

HELL erzählt eine Geschichte in der nahen Zukunft.<br />

Es ist 2016: die Erdatmosphäre hat sich um<br />

10° Celsius erwärmt, Wasser und Lebensmittel<br />

sind aufgebraucht, gesellschaftliche Strukturen<br />

<strong>habe</strong>n sich aufgelöst. Nichts ist mehr wie es war,<br />

die Zivilisation wird durch Barbarei verdrängt.<br />

40<br />

Der junge Regisseur Tim Fehlbaum hatte schon<br />

lange vor, solch einen Genre-Film zu machen.<br />

Während seines Studiums an der Hochschule für<br />

Fernsehen und Film in München hat er bereits<br />

eine Art Zombiefilm (AM FLAUCHER) gedreht,<br />

der in Stil und Stimmung schon in die Richtung<br />

<strong>von</strong> HELL verwies. Der sechs-minütige Kurzfilm<br />

lief 2006 auf den Hofer Filmtagen, wo ihn auch<br />

der Münchner Produzent Thomas wöbke (Bester<br />

Spielfilm) sehen konnte. Wöbke begeisterte<br />

sich so sehr für die Arbeit <strong>von</strong> Tim Fehlbaum,<br />

Bester Spielfilm –<br />

THoMaS wöBKE<br />

– SOMMERSTURM<br />

(2004)<br />

– 23 – NICHTS IST WIE<br />

ES SCHEINT (1998)<br />

– JENSEITS DER<br />

STILLE (1996)<br />

– DER SCHÖNSTE<br />

BUSEN DER WELT<br />

(1990)<br />

dass er mit dem jungen Regisseur das Projekt<br />

HELL <strong>von</strong> Beginn an gemeins<strong>am</strong> entwickelte<br />

und als Produzent betreute. Wöbke hat in<br />

Fehlbaum gleich einen Filmemacher gesehen,<br />

„der Suspense nicht durch aufwändige Spezialeffekte,<br />

sondern durch nüchternen Realismus<br />

bei der Inszenierung kreiert“. Das interessierte<br />

ihn. Bei der Finanzierung und Realisierung <strong>von</strong><br />

HELL fand Thomas Wöbke mit der Filmproduzentin<br />

Gabriele M. walther (Caligari Film- und<br />

Fernsehproduktion – Bester Spielfilm) die pas-<br />

Bester Spielfilm –<br />

GaBRIELE M.<br />

waLTHER<br />

– HELL (2011)<br />

– DER MONDBÄR -<br />

DAS GROSSE KINO-<br />

ABENTEUER (2008)<br />

– KANALSCHWIMMER<br />

(2004)<br />

– DAS ARCHE NOAH<br />

PRINZIP (1984)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


sende Produktionspartnerin und der gemeins<strong>am</strong>e<br />

Bekannte und langjährige Freund Roland<br />

Emmerich fungierte als Executive Producer.<br />

Um ein überzeugendes Endzeit-Szenario realisieren<br />

zu können, mussten ungewöhnliche<br />

Drehorte recherchiert werden. Szenenbildnerin<br />

Heike Lange (Beste Szenenbild) hatte bereits<br />

knapp ein Jahr vor Drehstart mit der Planung<br />

und Organisation <strong>von</strong> Bildmotiven begonnen, in<br />

denen man das Ausmaß der Apokalypse zeigen<br />

konnte. Ein zentraler Ort <strong>von</strong> HELL ist ein <strong>von</strong><br />

Bestes Szenenbild –<br />

HEIKE LanGE<br />

– HELL (2011)<br />

– DWK 5 - HINTER<br />

DEM HORIZONT<br />

(2007)<br />

– WHOLETRAIN (2004)<br />

– SOMMERSTURM<br />

(2003)<br />

der Sonne versengter Wald, in dem es kein grün<br />

gibt, der trocken und kahl aussieht. Nach ausgiebiger<br />

Suche entdeckte Heike Lange gerade<br />

noch rechtzeitig ein großflächiges Waldgebiet<br />

auf Korsika, in dem es kurz zuvor verheerend<br />

gebrannt hatte. Für die Bewohner war es eine<br />

Katastrophe, für das Drehte<strong>am</strong> ein Glücksfall.<br />

Dass die Schauspieler entsprechend eines jahrelang<br />

währenden Überlebensk<strong>am</strong>pfes angezogen<br />

sind, dafür ist die Schweizerin Leonie<br />

Leuenberger (Bestes Kostümbild) verant-<br />

Foto: © Ben Bischof<br />

Bestes Kostümbild –<br />

LEonIE LEUEnBERGER<br />

– HELL (2011)<br />

wortlich. Leuenberger und Fehlbaum kennen<br />

sich seit ihrer Schulzeit in Basel. Die Arbeit an<br />

HELL ist Leuenbergers Premiere als Kostümbildnerin,<br />

in der sie als studierte Modedesignerin<br />

eigentlich genau das Gegenteil <strong>von</strong> dem<br />

tat, was sie gelernt hatte. „Der Großteil meiner<br />

Arbeit war nicht das Entwerfen, sondern das<br />

gründliche Zerstören <strong>von</strong> Kleidung. Jedes Stück<br />

musste eine mehrteilige Prozedur der Verunstaltung<br />

durchlaufen. Genau nach Plan und mit<br />

Liebe zum Detail.“<br />

Bestes Maskenbild –<br />

CHRISTIna BaIER<br />

– HELL (2011)<br />

41


Eine ähnliche Erfahrung konnte Maskenbildnerin<br />

Christina Baier (Bestes Maskenbild)<br />

machen. „Die Gratwanderung war, unsere Figuren<br />

entsprechend schmutzig und verschwitzt<br />

aussehen zu lassen – dabei durften sie aber nicht<br />

unattraktiv oder unsympathisch wirken.“ Wie<br />

hässlich wirken Haare, die seit drei Jahren nicht<br />

gewaschen wurden? Wie wirkt eine so intensive<br />

Sonnenstrahlung auf Haut und Haare? Und<br />

wie sehen Menschen aus, wenn sie arg schwitzen<br />

und kein Wasser zur Verfügung <strong>habe</strong>n?<br />

42<br />

Beste Filmmusik –<br />

LoREnz DanGEL<br />

– DAVON WILLST<br />

DU NICHTS WISSEN<br />

(2011,TV)<br />

– DER RÄUBER (2009)<br />

– DIE ZWEI LEBEN DES<br />

DANIEL SHORE (2009)<br />

– SCHLÄFER (2005)<br />

Für Christina Baier war vor allem die Natürlichkeit<br />

und Authentizität der Rollen wichtig.<br />

Der Volvo, in dem die drei Flüchtenden unterwegs<br />

waren, wurde vor dem Dreh erstmal richtig<br />

aufgeheizt, d<strong>am</strong>it die Schauspieler die Hitze<br />

auch richtig spüren konnten und der Schweiß<br />

echt war.<br />

Die größte Herausforderung beim Ton war es<br />

wohl, alle Geräusche unserer derzeitigen Zivilisation<br />

außen vor zu lassen. Alles was nach Leben<br />

klang, musste vermieden werden. Für das<br />

Beste Tongestaltung –<br />

HUBERT<br />

BaRTHoLoMaE<br />

– TÜRKISCH FÜR<br />

ANFÄNGER (2012)<br />

– ALLES AUF ZUCKER<br />

(2005)<br />

– DER KLEINE VAMPIR<br />

(2002)<br />

– WERNER 2 - DAS<br />

MUSS KESSELN (1996)<br />

Gelingen waren Hugo Poletti und Hubert<br />

Bartholomae (Beste Tongestaltung) zuständig.<br />

Dass der Zuschauer diese leblose Welt erfahren<br />

kann und bei diesem Szenario Angst bekommt,<br />

geht zum großen Teil auch auf die Rechnung der<br />

Tonmeister. Dazu kommt der Score <strong>von</strong> Lorenz<br />

Dangel (Beste Filmmusik), deren Klangmaterial<br />

sich hervorragend an die Ästhetik des Films<br />

anpasst: die Musik ist unheimlich, erschreckend<br />

und Furcht einflößend.<br />

Beste Tongestaltung –<br />

HUGo PoLETTI<br />

– AM HANG (2012)<br />

– MARY STUART (2011)<br />

– GIULIAS VER-<br />

SCHWINDEN (2009)<br />

– VITUS (2005)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Stars zum Anfassen!<br />

Überragende K<strong>am</strong>era. Spektakulärer Sound.<br />

Erfahre mehr über die neue –Produktf<strong>am</strong>ilie unter www.htc.com/de.<br />

Absolut<br />

empfehlenswert.


HoTEL LUX<br />

Laut Wikipedia war das<br />

„Hotel Lux ein Hotel in<br />

Moskau, in dem in den<br />

frühen Jahren der Sowjetunion<br />

führende kommunistischeEmigranten<br />

einquartiert wurden.<br />

(…) Die dort in den<br />

1930er-Jahren lebenden,<br />

überwiegend deutschen<br />

Exilanten waren für<br />

Moskauer Verhältnisse<br />

sehr gut versorgt, obwohl<br />

Bewohner <strong>von</strong><br />

Rattenplagen berichteten. Viele Bewohner des<br />

Hotel Lux wurden zur Zeit des Großen Terrors<br />

zwischen 1936 und 1938 durch das NKWD festgenommen,<br />

verhört und gefoltert.“ Dorthin wollten<br />

weder der unpolitische Varieté-Künstler Hans<br />

Zeisig (<strong>Michael</strong> Bully Herbig) noch sein im antifaschistischen<br />

Widerstand aktiver Bühnenpartner<br />

Siggi Meyer (Jürgen Vogel). Die beiden Schauspieler,<br />

die auf einer der klassischen Berliner<br />

Cabaret-Bühnen der zwanziger und tatsächlich<br />

auch noch dreißiger Jahre Hitler und Stalin als<br />

44<br />

friedlich koexistierende Witzfiguren tanzen liessen,<br />

hatten eigentlich das Ziel aller darstellenden<br />

Künstler ihrer Zeit. Sie träumten den Traum <strong>von</strong><br />

der Traumfabrik – und die lag geografisch in entgegengesetzter<br />

Richtung zu dem Hotel, in dem sie<br />

sich dann aber viel später wiedersehen sollten,<br />

als besagte Bühne dann doch <strong>von</strong> den Straßenschlägern<br />

der SA geräumt worden war.<br />

In der <strong>von</strong> Günter Rohrbach und Corinna Eich<br />

produzierten und <strong>von</strong> Leander Haußmann in Szene<br />

gesetzten Polit-Komödie feiert sich das Leben<br />

Foto: © Pauline Hanisch<br />

Bestes Szenenbild –<br />

ULI HanISCH<br />

– WOLKENATLAS (2012)<br />

– HOTEL LUX (2011)<br />

– THE INTER-<br />

NATIONAL (2009)<br />

– DAS PARFÜM (2006)<br />

der Bohème im Extremzustand an genau den<br />

Orten, die zur Zeit der Beziehungen und Beziehungskrisen<br />

zwischen Hitler und Stalin die ganze<br />

Welt in Angst und Schrecken versetzten. Dadurch<br />

vollführt dieser Film natürlich immer eine Art<br />

Tanz auf dem Vulkan, was auch die Dr<strong>am</strong>aturgie<br />

des Films bestimmt. Zu Beginn, besonders in den<br />

Bühnenszenen mit Zeisig und Meyer geht es bei<br />

aller latenten Bedrohlichkeit noch komisch, unterhalts<strong>am</strong><br />

zu. Im Verlauf der Geschichte wird es<br />

düsterer, der Humor wird schwärzer, geht aber<br />

Bestes Kostümbild –<br />

UTE PaFFEnDoRF<br />

– ZWEI LEBEN/<br />

TWO LIVES (2011)<br />

– TANNÖD (2008)<br />

– EMMAS GLÜCK (2005)<br />

– TEXAS, DOC SYNDER<br />

HÄLT DIE WELT IN<br />

ATEM (1992)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


nie verloren. Diese Mischung war auch Inspiration<br />

für den Production Designer Uli Hanisch<br />

(Bestes Szenenbild), dem klar war, dass er einen<br />

schrecklichen Ort erzählen musste, an dem sich<br />

komische Dinge ereignen: „Das ist eine ganz schöne<br />

Genre-Idee, dass man sagt, man hat natürlich<br />

eine Komödie – in diesem Lubitsch-Gedanken –,<br />

die sozusagen über ein ernstes Thema geht und<br />

man nimmt das schreckliche Thema ernst. Und<br />

letztendlich ist es in der Ausgestaltung des<br />

schrecklichen Themas auch schrecklich“, sagte<br />

Bestes Maskenbild –<br />

KITTY KRaTSCHKE<br />

– HOTEL LUX (2011)<br />

– RUBBELDIEKATZ<br />

(2011)<br />

– GOETHE (2010)<br />

– NORDWAND (2008)<br />

Hanisch in einem Gespräch mit dem WDR. „Das<br />

Hotel Lux ist eben auch ein schrecklicher Ort gewesen,<br />

an dem Schrecken herrschte. Es ist ja ein<br />

absurder Ort.“ Daraus schlug der Film Funken.<br />

Eine ähnliche Herausforderung stellte sich natürlich<br />

auch der Kostümbildnerin Ute Paffendorf<br />

(Bestes Kostümbild), die in den ersten Kinogrotesken<br />

des Allround-Talents Helge Schneider spezielle<br />

Erfahrungen s<strong>am</strong>meln konnte. Seit zwanzig<br />

Jahren arbeitet sie nun stilsicher in den diversen<br />

Genres des deutschen Films und konnte bei<br />

Bestes Maskenbild –<br />

KaTHaRIna näDELIn<br />

– HOTEL LUX (2011)<br />

– DREI (2010)<br />

– WARUM MÄNNER<br />

NICHT ZUHÖREN,<br />

UND FRAUEN<br />

SCHLECHT<br />

EINPARKEN (2007)<br />

– DER ROTE KAKADU<br />

(2006)<br />

HOTEL LUX zwischen schrägem Varietéröckchen<br />

und realsozialistischer Gebrauchskleidung die<br />

dem Komischen und Bedrohlichen gleichermaßen<br />

geschuldete Balance halten. Die Make-Up-Artists<br />

Kitty Kratschke, Katharina nädelin und Georg<br />

Korpás (Bestes Maskenbild) balancierten gekonnt<br />

mit und hatten dabei noch die spannenden<br />

Fragen zu beantworten: Wie unterscheidet sich<br />

der Bühnen-Stalin vom echten? Und wie sahen<br />

Ulbricht und Wehner in den Moskauer Zeiten aus?<br />

Irgendwie komisch – und wie später.<br />

Bestes Maskenbild –<br />

GEoRG KoRPáS<br />

– KRABAT (2008)<br />

– HUI BUH (2006)<br />

– (T)RAUMSCHIFF<br />

SURPRISE -<br />

PERIODE 1 (2004)<br />

– SUNSHINE - EIN<br />

HAUCH VON<br />

SONNENSCHEIN<br />

(1999)<br />

45


KRIEGERIn<br />

46<br />

Der Filmemacher David<br />

wnendt (Bestes Drehbuch)<br />

hat sich diese<br />

Aktualität sicher nicht<br />

gewünscht. Er hat sie<br />

sicher so auch nicht<br />

kommen sehen. Aber<br />

er gehört ganz sicher<br />

zu den viel zu wenigen<br />

Menschen, die<br />

auch nicht wirklich<br />

überrascht waren. Als<br />

er sein Kinodebüt<br />

KRIEGERIN vorbereitete<br />

und für das Drehbuch recherchierte, stieß<br />

er auf das verschwiegene, irgendwie mit einem<br />

Tabu behaftete Phänomen der auffälligen Präsenz<br />

<strong>von</strong> dominanten Frauen, die in der Szene<br />

gewaltbereiter Neonazis ihre eigenen Töne anschlagen<br />

– oder den Ton angeben. Die Zwickauer<br />

Zelle, die über ein Jahrzehnt schwerste Gewaltverbrechen<br />

in Deutschland beging und dabei<br />

unerkannt blieb (immer noch der wahrscheinlich<br />

größte kriminalistische, aber auch moralische<br />

Skandal des jungen Jahrtausends in unserem<br />

Land), hatte eine solche Frau im Zentrum.<br />

„Frauen sind noch eine Minderheit in der rechten<br />

Szene, aber sie werden immer mehr“, erzählt<br />

Wnendt der „Frankfurter Rundschau“. „<strong>Ich</strong> <strong>habe</strong><br />

das beobachtet und viel darüber gelesen. Es ist<br />

klar, dass die Frauen nicht nur Mitläuferinnen<br />

sind. Sie sind genauso rassistisch, gewaltbereit<br />

und ideologisch wie ihre männlichen Kollegen.<br />

Sie arbeiten auf den verschiedensten Ebenen<br />

mit. In unserem Film wird ja eher eine chaotische,<br />

anarchische Gruppe gezeigt. Es gibt aber<br />

auch Frauen jeder Altersgruppe, auch Mütter,<br />

die sich in Schulen, in Elternbeiräten und anderen<br />

Institutionen engagieren und versuchen,<br />

diese zu unterwandern.“ Wnendt musste für die<br />

Recherche zu einem Film, der sich schonungslos,<br />

aber nicht spekulativ mit einem Problem<br />

beschäftigt, vor dem sich selbst sensationsorientierte<br />

Medien scheuen, dorthin gehen, wo es<br />

wehtut. „<strong>Ich</strong> <strong>habe</strong> eineinhalb Jahre für diesen<br />

Film recherchiert, zu unterschiedlichen Zeiten.<br />

<strong>Ich</strong> bin bei Demos der rechten Szene mitgelaufen,<br />

was natürlich eine Gratwanderung war. In<br />

den Jugendclubs, in denen ich recherchiert <strong>habe</strong>,<br />

<strong>habe</strong> ich offen gesagt, dass es mir um eine Recherche<br />

für einen Film und um national gesinnte<br />

Frauen geht. <strong>Ich</strong> wollte die Szene <strong>von</strong> innen<br />

erleben, aber meine Haltung war klar“, erzählt<br />

er im selben Interview. Man sieht und hört das<br />

seinem Film an. KRIEGERIN ist nahe an seinen<br />

Foto: © Jonas Schmager<br />

Bester Spielfilm –<br />

EVa-MaRIE MaRTEnS<br />

– BIS ZUM HORIZONT,<br />

DANN LINKS (2012)<br />

– DER MOND UND<br />

ANDERE LIEBHABER<br />

(2008)<br />

– KRAUSES FEST<br />

(2007, TV)<br />

– MUTTERSEELEN-<br />

ALLEIN (2005)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Figuren. Figuren, denen viele nicht nahe kommen<br />

wollen. Deshalb mag er für viele abstoßend<br />

wirken. Eigentlich gelingt es ihm aber, sich für<br />

Menschen zu interessieren, die man nicht mögen<br />

muss.<br />

Seine Heldin Marisa (alina Levshin – Beste<br />

darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle)<br />

lebt mit ihrer Mutter in einem Kaff ohne<br />

Perspektive. Sie gehört einer Clique <strong>von</strong> rassistischen<br />

Schlägern an, weigert sich, als Kassiererin<br />

im Supermarkt Asylbewerber zu bedienen, lässt<br />

sich aber auch <strong>von</strong> den männlichen Alpha-Nazis<br />

ihrer Gruppen nichts sagen. Ein zärtliches,<br />

wirklich vertrauensvolles Verhältnis hat sie eigentlich<br />

nur zu ihrem Großvater Franz (Klaus<br />

Manchen), der ihr in leisem, aber bestimmtem<br />

Ton rät, nicht alles zu glauben, was ihre (verlorene)<br />

Elterngeneration über die Vergangenheit<br />

zu sagen hat. In der Gegenwart findet Marisa<br />

einerseits eine Bewunderin (Jella Haase) aus<br />

gutbürgerlichem Haus, für die der Weg in den<br />

politischen und sozialen Extremismus ein Weg<br />

weg <strong>von</strong> eben dieser Bürgerlichkeit ist. Ander- 1984 in Odessa geborene Absolventin der Schauseits<br />

erschrickt sie vor ihrer eigenen Brutalität, spielklasse an der HFF „Konrad Wolf“ Potsd<strong>am</strong>als<br />

sie eben jene Asylbewerber, die sie im Laden Babelsberg in Dominik Grafs Russenmafia-Epos<br />

schikaniert, mit ihrem Wagen schwer verletzt. „Im Angesicht des Verbrechens“ als sensible und<br />

Der Film erzählt dann den sich aus ihrer Mi- starke Zwangsprostituierte beeindruckt. Für ihr<br />

schung aus Mitleid und Ideologie ergebenden Kinodebüt bei David Wnendt, bei dem sie sich<br />

Loyalitätskonflikt als Wegbereiter einer mögli- auch ganz weit und bewusst <strong>von</strong> ihren ukraichen<br />

Läuterung.<br />

nischen Wurzeln entfernen konnte, musste sie<br />

Alina Levshin erzählt diese Entwicklung mit noch einmal in eine ganz andere, auch nicht<br />

allen ihr reichlich zur Verfügung stehenden angenehme Welt eintauchen: „David hat mir<br />

Ausdrucksmöglichkeiten. Das Publikum hat die Videomitschnitte seiner Interviews mit Frauen<br />

Bester Spielfilm –<br />

aLEXanDER MaRTEnS<br />

– BIS ZUM HORIZONT,<br />

DANN LINKS (2012)<br />

– DER MOND UND<br />

ANDERE LIEBHABER<br />

(2008)<br />

– KRAUSES FEST<br />

(2007, TV)<br />

– MUTTERSEELEN-<br />

ALLEIN (2005)<br />

Foto: © Jonas Schmager Foto: © Jonas Schmager<br />

Bester Spielfilm –<br />

REné FRoTSCHER<br />

– BIS ZUM HORIZONT,<br />

DANN LINKS! (2012)<br />

– KRIEGERIN (2011)<br />

47


aus der rechten Szene gezeigt, die <strong>habe</strong> ich mir<br />

angeschaut und ein Gefühl dafür entwickelt“,<br />

berichtet Alina Levshin in einem Gespräch mit<br />

der „Märkischen Allgemeinen“. „Da <strong>habe</strong> ich gesehen,<br />

wie die wirklich sind. Zwei Wochen vor<br />

dem Dreh waren wir an den Orten des Films in<br />

Sachsen-Anhalt und <strong>habe</strong>n dort geprobt. <strong>Ich</strong> bin<br />

im Kostüm mit dem Haarschnitt und einigen<br />

Tätowierungen durch die Orte gelaufen, sozusagen<br />

als Marisa. <strong>Ich</strong> <strong>habe</strong> mich anders bewegt<br />

und wurde auch anders angeguckt.“ Ihr intensives<br />

Spiel hat nicht nur wesentlich zu der besonderen<br />

Kraft und Wirkung beigetragen, dem<br />

sich kaum ein Zuschauer des Films entziehen<br />

konnte. Es hat auch bereits verschiedene Preisstifter<br />

und Juroren überzeugt. So erhielt sie<br />

im Sommer vergangenen Jahres den Förderpreis<br />

<strong>Deutsche</strong>r Film beim Filmfest München.<br />

Während der Berlinale <strong>habe</strong>n ihre Kolleginnen<br />

und Kollegen vom Schauspielerverband BFFS<br />

sie zur Besten Nachwuchsschauspielerin ge-<br />

48<br />

wählt. KRIEGERIN ist der Diplomfilm des HFF<br />

„Konrad Wolf“-Absolventen David Wnendt, den<br />

die mafilm-Produzenten Eva-Maria Martens,<br />

alexander Martens und René Frotscher (Bester<br />

Spielfilm) in Koproduktion mit dem Kleinen<br />

Fernsehspiel und der HFF in Potsd<strong>am</strong>, auf der<br />

auch Eva-Maria Martens und René Frotscher<br />

studiert <strong>habe</strong>n, hergestellt <strong>habe</strong>n. Seit der Gründung<br />

<strong>von</strong> Mafilm im Jahr 1992 durch Eva-Maria<br />

Martens hat sich die Firma auf anspruchsvolle<br />

TV-Formate (wie „Polizeiruf 110“), Imagefilme<br />

Bestes Drehbuch –<br />

DaVID wnEnDT<br />

– KRIEGERIN (2011)<br />

Foto: © Pola Shirin Beck Foto: © Jonas Schmager<br />

und einzelne ungewöhnliche Kinoprojekte spezialisiert.<br />

Dabei liegt auf der Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

mit der Hochschule „Konrad Wolf“ ein eigener,<br />

nachvollziehbarer Akzent. Allein mit der<br />

KRIEGERIN machen drei weitere Absolventen<br />

der Babelsberger Talentschmiede ihr Diplom,<br />

nämlich der K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann Jonas Schmager, die<br />

Produktionsleiterin Sophie Stäglich und der<br />

Sound Designer Paul Rischer.<br />

Beste weibliche<br />

Hauptrolle –<br />

aLIna LEVSHIn<br />

– KRIEGERIN<br />

(2011)<br />

– ROSA ROTH - DAS<br />

MÄDCEHN AUS SUMY<br />

(2008, TV)<br />

– IM ANGESICHT DES<br />

VERBERECHENS<br />

(2008)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


DIE SUMME MEInER EInzELnEn TEILE<br />

ARTWORK: CHRISTIANE JÄGER<br />

EIN FILM VON<br />

HANS WEINGARTNER<br />

VOM REGISSEUR VON DIE FETTEN JAHRE SIND VORBEI<br />

WILD BUNCH PRÄSENTIERT EINE KAHUUNA FILMS PRODUKTION MIT UNTERSTÜTZUNG VON FFA FILMFÖRDERUNGSANSTALT DFFF DEUTSCHE FILMFÖRDERFONDS BKM FILMFÖRDERUNG DES BUNDES HERGESTELLT IN ZUSAMMENARBEIT MIT SWR AND ARTE<br />

MIT PETER SCHNEIDER TIMUR MASSOLD ELEONORE WEISGERBER HENRIKE VON KUICK JULIA JENTSCH ANDREAS LEUPOLD UND THOMAS DANNEMANN<br />

CASTING KAREN WENDLAND SILKE KOCH KAMERA HENNER BESUCH SZENENBILD SEBASTIAN WURM KOSTÜM CHRISTIAN RÖHRS MASKE HEIKO SCHMIDT KERSTIN GAECKLEIN MISCHUNG BJÖRN WIESE SOUND DESIGN BJÖRN WIESE STEFAN SOLTAU TOBIAS FLEIG DER SOUNDTRACK<br />

TON JÖRG KIDROWSKI GARIP ÖZDEM SCHNITT ANDREAS WODRASCHKE DIRK OETELSHOVEN PRODUKTIONSLEITUNG HI-SUN BAE PRODUZENTEN HANS WEINGARTNER JONAS DORNBACH KO-REGIE & KO-AUTOR CÜNEYT KAYA DREHBUCH UND REGIE HANS WEINGARTNER ZUM FILM IST<br />

ERSCHIENEN BEI<br />

WWW.SUMMEMEINERTEILE.DE<br />

<strong>Martin</strong> (Peter Schneider,<br />

Beste darstellerische<br />

Leistung – männliche<br />

Hauptrolle) hat<br />

es mit Zahlen. Zahlen<br />

sind eine verlässliche<br />

Größe in seinem Leben.<br />

Man kann sie in<br />

ein System bauen, so<br />

dass logische Folgen<br />

entstehen, die zwanghaft<br />

sind und nur diese<br />

eine Möglichkeit zulassen.<br />

Wie beim Sudo-<br />

ku. <strong>Martin</strong> juckt es in den Fingern, wenn er in<br />

der U-Bahn sieht, wie sich eine Frau neben<br />

ihm müht, die Zahlenfolgen eines Sudokus zu<br />

entschlüsseln – bis er es ihr schließlich aus<br />

der Hand reißt und in Sekunden selbst vollendet.<br />

DIE SUMME MEINER EINZELNEN TEILE<br />

(Regie: Hans weingartner – Beste Regie) beginnt<br />

d<strong>am</strong>it, dass <strong>Martin</strong>, körperlich und geistig völlig<br />

<strong>am</strong> Ende, in die Psychiatrie eingewiesen wird.<br />

Zeitsprung. <strong>Martin</strong> wird entlassen, bezieht vorerst<br />

eine Sozialwohnung in Marzahn und möchte<br />

wieder als Mathematiker in seiner alten Firma<br />

arbeiten. Dass <strong>Martin</strong> zwischenzeitlich aus dem<br />

System gekippt war, lag <strong>am</strong> ewigen Leistungsdruck,<br />

an der Konkurrenz, Überforderung. Jetzt<br />

soll es wieder anders werden. Aber nichts wird<br />

gut: <strong>Martin</strong> bekommt seine alte Stelle nicht mehr,<br />

seine Freundin hat ihn verlassen und aus der<br />

Wohnung in Marzahn wird er zwangsgeräumt.<br />

Als er den 10-jährigen Victor aus der Ukraine kennenlernt,<br />

entziehen sie sich gemeins<strong>am</strong> der Gesellschaft<br />

und bauen eine Hütte im Wald. Hier be-<br />

Beste Regie –<br />

HanS wEInGaRTnER<br />

– DIE SUMME MEINER<br />

EINZELNEN TEILE<br />

(2011)<br />

– FREE RAINER - DEIN<br />

FERNSEHER LÜGT<br />

(2007)<br />

– DIE FETTEN JAHRE<br />

SIND VORBEI (2004)<br />

– DAS WEISSE<br />

RAUSCHEN (2001)<br />

Foto: © Stefan Klüter Foto: © Robert Gergaut<br />

ginnt eine glückliche Zeit, fernab aller Konvention.<br />

Dass Regisseur Hans Weingartner die Hauptrolle<br />

in seinem vierten langen Film mit dem bisher<br />

noch nicht so bekannten Peter Schneider besetzt<br />

hat, war absolute Herzenssache. Weingartner hat<br />

Peter Schneider in BERLIN CALLING (R: Hannes<br />

Stöhr) gesehen und mochte sein Spiel sehr. Er hat<br />

den Kontakt zu ihm aufgebaut, ihn getroffen, und<br />

als er später nach der passenden Besetzung für<br />

seinen neuen Film suchte, hat er gleich an Peter<br />

Scheider gedacht. Für beide ein Glücksfall.<br />

Beste männliche<br />

Hauptrolle –<br />

PETER SCHnEIDER<br />

– BERLIN CALLING<br />

(2008)<br />

– DER BAADER MEIN-<br />

HOF KOMPLEX (2008)<br />

– SCHRÖDERS WUN-<br />

DERBARE WELT<br />

(2006)<br />

– HEIMAT 3 (2004)<br />

49


DaS SYSTEM – aLLES VERSTEHEn HEISST aLLES VERzEIHEn<br />

50<br />

Mike Hiller (Jacob<br />

Matschenz) ist ziemlich<br />

genau so lange auf<br />

der Welt, wie die DDR<br />

<strong>von</strong> ihr verschwunden<br />

zu sein scheint. Er<br />

kennt sie nicht, sitzt in<br />

Rostock auf dem Dach<br />

eines Hochhauses und<br />

träumt mit seinem<br />

gleichaltrigen Freund<br />

Dustin <strong>von</strong> einer neuen<br />

Zukunft. Seine eigene<br />

Vergangenheit, das ist<br />

die Zeit nach der Wende, die Zeit, in der sich zwei<br />

Staaten zu einem zus<strong>am</strong>menzuraufen versuchten.<br />

Mit unterschiedlichem Erfolg. Mit unterschiedlicher<br />

Intensität. Böhm (Bernhard Schütz<br />

– Beste darstellerische Leistung – männliche<br />

nebenrolle), ein alter Freund <strong>von</strong> Mikes Vater,<br />

hat diese Zeit auf seine Art genutzt. Er hat in einem<br />

System gelernt, wie er dies für ein anderes<br />

nutzen kann. DAS SYSTEM, der erste Spielfilm<br />

des durch interessante dokumentarische Formate<br />

aufgefallenen Berliner Regisseurs Marc<br />

Bauder, erzählt <strong>von</strong> der beachtlichen Halbwertzeit<br />

politischer Systematiken. Böhm beherrscht<br />

sie – und weiß, wie sehr und wie schnell er den<br />

Sohn seines Freundes gewinnen kann, Teil dieses<br />

Systems zu sein. Es funktioniert wie früher<br />

– über ganz persönliches Engagement. Böhm<br />

macht sich selbst zum Ersatzvater <strong>von</strong> Mike –<br />

und d<strong>am</strong>it Mike zu seinem Instrument. Böhm ist<br />

Wirtschaftslobbyist, mit wenig Skrupeln, guten<br />

alten und immer noch so wertvollen Beziehungen,<br />

mit schickem Wagen – und vor allem mit<br />

mephistofelischem Charisma. Nicht zuletzt wegen<br />

dieses besonderen Charakterzugs musste<br />

der erfahrene und gefeierte Bühnen- und Leinwandschauspieler<br />

Bernhard Schütz den Böhm<br />

spielen. Der gebürtige Rheinländer, der in Berlin<br />

Schauspiel studierte und an den Theatern <strong>von</strong><br />

H<strong>am</strong>burg und Basel wichtige künstlerische Stationen<br />

fand, gilt in Berlin seit langem als einer<br />

der großen Protagonisten der Volksbühne. Seine<br />

ruhige Präsenz, der er schnell eine unheimliche<br />

Bedrohlichkeit verleihen kann, legt er so<br />

gekonnt in die Rolle des Ex-Stasi-Mitarbeiters<br />

im Dienste des Turbo-Kapitalismus, dass ihm<br />

die „Berliner Zeitung“ einen „glänzenden Auf-<br />

tritt“ attestiert. „So einen Konrad Böhm kennen<br />

wir doch alle“, erklärt Regisseur Marc Bauder<br />

in der „Märkischen Allgemeinen“ das Besondere<br />

und das Alltägliche an der Figur <strong>von</strong> Bernhard<br />

Schütz. „ Dieser Prototyp ist zeitlos. Man kann<br />

ihn überall finden. In Ost wie West. (...) Die heißen<br />

dann eben anders und spielten statt in Rostock<br />

in Cottbus, Leipzig oder Dresden, aber die<br />

Art und Weise dieser Böhms ähnelte sich doch<br />

sehr und manchmal wurden sie in der Realität<br />

sogar übertroffen.“<br />

Foto: © Matthias Scheuer<br />

Beste männliche<br />

nebenrolle –<br />

BERnHaRD SCHÜTz<br />

– SOHNEMÄNNER<br />

(2011)<br />

– HALT AUF FREIER<br />

STRECKE (2011)<br />

– 66/67 (2008)<br />

– FRÄULEIN PHYLLIS<br />

(2001)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


PURE COLOR<br />

VON TOM PECHEUX, CREATIVE MAKEUP DIRECTOR<br />

ESTÊE LAUDER<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012<br />

Wir gratulieren allen Nominierten!


ÜBER UnS DaS aLL<br />

Marthas (Sandra Hül- diesen Moment nach dem Erhalt der schreckli- In diesem Film war für mich aber die eigentler,<br />

Beste darstellerichen Nachricht als eine Art Schockstarre, die für liche Entdeckung, wie leichtfüßig, lustig und<br />

sche Leistung – weib- Außenstehende ungewöhnlich aussieht. Martha sexy Sandra auch sein kann.“<br />

liche Hauptrolle) will das Entsetzliche schlicht und einfach nicht Seine Uraufführung feierte ÜBER UNS DAS ALL<br />

Mann heißt Paul (Felix akzeptieren. Sie ist ungläubig, greift zum Tele- auf der Berlinale 2011 im Panor<strong>am</strong>a. Zeitgleich<br />

Knopp). Am Abend vor fon und ruft ihren Mann an. Als die Mailbox an- war Sandra Hüller auch als Hauptdarstellerin<br />

seiner Abreise nach geht, spricht sie ihm rauf, dass hier offensicht- in der niederländisch-deutschen Produktion<br />

Marseille sagt Martha lich eine Verwechslung vorliege. Zwei Polizisten BROWNIAN MOVEMENT (R: Nanouk Leopold)<br />

spielerisch den ers- seien da und er solle sie dringend zurückrufen im Forum der Berlinale zu sehen. Zwei sehr unten<br />

Teil des Paulchen- – klare Realitätsverneinung.<br />

terschiedliche Frauen mit einem Gesicht: dem<br />

Panther-Satzes zu ih- Regisseur Jan Schomburg hat Sandra Hüller in Gesicht <strong>von</strong> Sandra Hüller.<br />

rem Mann: „Heute ist seinem Debutfilm bewusst gegen das ihr sonst<br />

nicht alle Tage, …“ und zugeschriebene unterkühlte Image besetzt.<br />

Beste weibliche<br />

Paul vollendet: „… ich Martha ist als hochemotionaler Charakter ange-<br />

Hauptrolle –<br />

komm‘ wieder, keine Frage“. Paul wird nicht wielegt, den Sandra Hüller mit einer ganzen Palet-<br />

SanDRa HÜLLER<br />

der kommen, und Martha wird ihm auch nicht te <strong>von</strong> unterschiedlichen Gefühlen herausspielt.<br />

nach reisen. Denn schon einen Tag später erhält Schomburg sagt in einem Interview, dass sie<br />

– BROWNIAN<br />

Martha die Nachricht, dass sich Paul auf einem seine Traumbesetzung war und schwärmt: „Wie<br />

MOVEMENT (2010)<br />

Parkplatz in Marseille das Leben genommen hat. Sandra eine filmische Realität herstellt, ihre<br />

– DER ARCHITEKT<br />

Der Zuschauer ist geschockt. Das kann nicht sein. Furchtlosigkeit, mit der sie in Emotionen eintau-<br />

(2008)<br />

Gestern war doch noch alles in Ordnung. Martha chen kann, die Sicherheit, mit der sie immer das<br />

– MADONNEN (2007)<br />

wollte nur noch den Umzug organisieren und Klischee meidet – es gibt, glaube ich, sehr we-<br />

ihm dann hinterher fahren. Sandra Hüller spielt nige Schauspielerinnen, die das so beherrschen.<br />

– REQUIEM (2006)<br />

52<br />

Foto: © Christian Hüller<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


DIE UnSICHTBaRE<br />

Fine (Stine Fischer<br />

Christensen) ist als Fine<br />

unsichtbar. Jedenfalls<br />

fühlt sie sich so. Erst<br />

wenn sie auf der Bühne<br />

in ihre Rolle als C<strong>am</strong>ille<br />

schlüpft, spürt sie sich<br />

wirklich: ihre Ängste,<br />

ihre Verletzungen, ihre<br />

Wut, ihre Begierden.<br />

Sie spielt immer weiter,<br />

bis zum Äußersten, um<br />

endlich gesehen und<br />

gehört zu werden. Irgendwann<br />

kann und möchte Fine ihre Rolle der<br />

C<strong>am</strong>ille nicht mehr verlassen, mit ihr fühlt sie sich<br />

stärker und traut sich Dinge zu, die sie als Fine<br />

niemals machen würde. Nach NOVEMBERKIND<br />

ist DIE UNSICHTBARE der zweite Spielfilm <strong>von</strong><br />

Regisseur Christian Schwochow, in dem eine<br />

junge Frau auf der Suche nach sich selbst ist. Erneut<br />

beweist Schwochow hier sein gutes Gespür<br />

für die richtige Besetzung. In der Hauptrolle<br />

glänzt die Dänin Stine Fischer Christensen, und<br />

auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt.<br />

Christina Drechsler (Beste darstellerische<br />

Leistung – weibliche nebenrolle) spielt (!) Fines<br />

behinderte Schwester Jule und Dagmar Manzel<br />

(Beste darstellerische Leistung – weibliche<br />

nebenrolle) die überforderte Mutter. Jule ist<br />

schwer behindert, kr<strong>am</strong>pft oft, kann nicht richtig<br />

sprechen, nur mühs<strong>am</strong> laufen und bewegt<br />

sich unkoordiniert. Einen körperlich Behinderten<br />

zu spielen, ist für jeden Schauspieler eine große<br />

Herausforderung. Christina Drechsler spielt<br />

die spastische Jule sehr überzeugend. Man mag<br />

Beste weibliche<br />

nebenrolle –<br />

CHRISTIna DRECHSLER<br />

– EIN STARKES TEAM<br />

(2011, TV)<br />

– STROMBERG<br />

(2009, TV)<br />

– NOVEMBERKIND<br />

(2008)<br />

– MIT HERZ UND<br />

HANDSCHELLEN<br />

(2005, TV)<br />

Foto: © Joachim Gern Foto: © Janine Guldener<br />

sie, um sie im nächsten Moment zu verfluchen.<br />

Christina Drechsler wurde nach ihrer Schauspielausbildung<br />

direkt ans Berliner Ensemble<br />

engagiert, Jule ist ihre zweite Kinorolle. Dagmar<br />

Manzel ist <strong>von</strong> den großen Bühnen und der Kinoleinwand<br />

schon lange nicht mehr wegzudenken.<br />

Hier spielt sie grandios die sich aufopfernde<br />

Mutter, die sich 100% um ihre behinderte Tochter<br />

kümmert und dabei völlig sich selbst aus den Augen<br />

verloren hat. Wenn sie sich <strong>am</strong> Ende auch auf<br />

ihre große Tochter besinnt, ist es wie eine Rettung.<br />

Beste weibliche<br />

nebenrolle –<br />

DaGMaR ManzEL<br />

– ZETTL (2011)<br />

– DIE UNSICHTBARE<br />

(2010)<br />

– DIE VERLORENE<br />

ZEIT (2010)<br />

– FREI NACH PLAN<br />

(2006)<br />

53


VERGISS DEIn EnDE<br />

Hannelore (Renate<br />

Krößner) hat es nicht<br />

leicht. Ihr demenzkranker<br />

Ehemann Klaus<br />

(Hermann Beyer –<br />

Beste darstellerische<br />

Leistung – männliche<br />

nebenrolle) ist nicht<br />

nur ein schwerer Pflegefall<br />

geworden. Seine<br />

Verhaltensweisen<br />

geraten auch – dem<br />

Verlauf dieser weit<br />

verbreiteten Krankheit<br />

entsprechend – immer unberechenbarer –<br />

und sind manchmal kaum auszuhalten. Deshalb<br />

denkt Hannelore auch gar nicht nach, als<br />

sie eines Tages einem Gefühl, vielleicht auch<br />

einem Fluchtreflex folgend, einfach in den Zug<br />

steigt, den ihr geheimnisvoller Nachbar Günther<br />

(Dieter Mann) nimmt, um an der Ostsee seinen<br />

54<br />

verstorbenen Lebensgefährten zu verabschieden.<br />

Ein Abschied, der auch sein eigener sein soll.<br />

Und während Hannelore wie eine Schlafwandlerin<br />

weit weg <strong>von</strong> ihrem Mann unerwartete Dinge<br />

tut, wird der immer mehr zum Kind mutierende<br />

Klaus zur Herausforderung für seinen Sohn<br />

Heiko (Eugen Krößner) und dessen F<strong>am</strong>ilie.<br />

Hermann Beyer, der seine Kino-Karriere mit<br />

Konrad Wolfs DEFA-Klassiker ICH WAR NEUN-<br />

ZEHN begann und natürlich auch in Filmen<br />

seines älteren Bruders Frank Beyer wie JAKOB<br />

DER LÜGNER oder DER BRUCH mitspielte, gehört<br />

zu den großen Charakterschauspielern<br />

aus der DDR, die auch aus dem deutschen Film<br />

und Theater nach der Wende nicht mehr wegzudenken<br />

sind. Er spielte bei Oskar Roehler<br />

(ALTER AFFE ANGST) und Christian Schwochow<br />

(NOVEMBERKIND), gehörte zur Bevölkerung <strong>am</strong><br />

BOXHAGENER PLATZ <strong>von</strong> Matti Geschonnek, betrat<br />

mehrfach den „Tatort“ und gehörte unlängst<br />

für mehrere Jahre zum Ensemble der Berliner<br />

Volksbühne. Regisseur Andreas Kannengießer,<br />

Absolvent der HFF „Konrad Wolf“, hat in seinem<br />

Film VERGISS DEIN ENDE nach einem sehr fantasievollen<br />

Drehbuch <strong>von</strong> Nicolas Woche die große<br />

schauspielerische Erfahrung <strong>von</strong> Hermann<br />

Beyer genutzt. Denn Beyer gibt in keiner Sekunde<br />

des Films seinem Affen unnötig Zucker. Er spielt<br />

die Demenz dezent, ohne ihr das zu nehmen, was<br />

sie einerseits für die Umgebung so schwierig<br />

macht, und andererseits den Patienten beschützenswert.<br />

Eine starke, berührende Performance.<br />

Foto: © Ina Voigt<br />

Beste männliche<br />

nebenrolle –<br />

HERMann BEYER<br />

– NOVEMBERKIND<br />

(2008)<br />

– KASPER HAUSER<br />

(1993)<br />

– TREFFEN IN<br />

TRAVERS (1988)<br />

– MÄRKISCHE FOR-<br />

SCHUNGEN (1982)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


DIE VIERTE MaCHT<br />

Der Legende nach soll<br />

ja ein richtiger Genrefilm<br />

mit einer Explosion<br />

beginnen und sich<br />

dann allmählich steigern.<br />

Dennis Gansel hat<br />

sich für seinen Polit-<br />

Thriller in der Grauzone<br />

zwischen vermeintlicher<br />

Macht der Medien<br />

und Medien der<br />

Macht dieser Formel<br />

bedient. DIE VIERTE<br />

MACHT beginnt tatsächlich<br />

mit einer Explosion. Und es soll nicht<br />

die letzte sein. Im Gegenteil. Es ist der Beginn<br />

einer politischen Manipulation mit Gewalt gegen<br />

Sachen (die auch mal so groß wie ein Hochhaus<br />

sein können) und Personen, die man nicht<br />

immer nur schlagen muss, um ihnen weh zu tun.<br />

Der Reporter Paul Jensen (Moritz Bleibtreu)<br />

wird bei seinem Auftrag, in Moskau, wo sein<br />

Vater einst eine Koryphäe des aufklärerischen<br />

Journalismus war, ein ehemaliges Polit- in ein<br />

eher harmloses People-Magazin zu verwandeln,<br />

beide Formen der Gewalt zu spüren bekommen.<br />

Dieses Moskau, für dessen äußeres Erscheinungsbild<br />

zu einem nicht unerheblichen Teil Berlin<br />

herhalten musste und offenbar auch konnte,<br />

sieht nicht nur echt aus, weil der erfahrene <strong>Set</strong><br />

Designer Matthias Müsse die richtigen Orte in<br />

echt erscheinende verwandelt hat. Der K<strong>am</strong>er<strong>am</strong>ann<br />

Daniel Gottschalk (Beste K<strong>am</strong>era /<br />

Bildgestaltung) hat daran einen wesentlichen<br />

Anteil. Die Farbgestaltung ist durchaus beeinflusst<br />

<strong>von</strong> seinem verstorbenen Kollegen Ralf<br />

Bode, der vor dreißig Jahren in <strong>Michael</strong> Apteds<br />

Polit-Thriller GORKY PARK eine Art seriöser<br />

westlicher Film-Ikonografie für die russische<br />

Metropole entwickelte. Doch das ist nur ein<br />

Nebeneffekt der Arbeit <strong>von</strong> Daniel Gottschalk,<br />

dessen Bilder immer durch eine spannende Mischung<br />

aus stark erzählerischen und genau gestalteten<br />

geprägt sind. Das hat sich der in Saarbrücken<br />

geborene Kinematograf auch in seiner<br />

langjährigen Arbeit mit Marco Kreuzpaintner,<br />

die ihn vor unterschiedliche stilistische Herausforderungen<br />

stellte, erarbeitet. Gottschalk ist ein<br />

Gestalter spannender Bilder, also ein Bildgestalter<br />

für das Genre. Eine Rarität.<br />

Beste K<strong>am</strong>era /<br />

Bildgestaltung –<br />

DanIEL GoTTSCHaLK<br />

– KRABAT (2008)<br />

– TRADE –<br />

WILLKOMMEN IN<br />

AMERIKA (2007)<br />

– SOMMERSTURM<br />

(2004)<br />

55


CHaRLoTTE RaMPLInG - THE LooK<br />

„Bei mir dauert es sehr<br />

lange, bis ich auftaue,<br />

aber wenn ich aufgetaut<br />

bin, dann gebe ich<br />

alles, und ich denke<br />

hinterher nicht mehr<br />

darüber nach. <strong>Ich</strong> muss<br />

nicht die Kontrolle <strong>habe</strong>n.<br />

Das entspricht<br />

einfach nicht meinem<br />

Charakter“, sagt<br />

Charlotte R<strong>am</strong>pling in<br />

einem Interview mit<br />

der „Süddeutschen Zeitung“<br />

anlässlich des Kinostarts <strong>von</strong> CHARLOTTE<br />

RAMPLING – THE LOOK <strong>von</strong> Angelina Maccarone.<br />

Der <strong>von</strong> Gerd Haag, <strong>Michael</strong> Trabitzsch und<br />

Chartlotte Uzu (Tag/Traum, Prounen Film, Les<br />

Films D´ici – Bester Dokumentarfilm) produzierte<br />

Film entstand definitiv nach der emotionale<br />

Schmelze einer Protagonistin, die sich tat-<br />

56<br />

sächlich überzeugend und ehrlich jenseits aller<br />

Rollen präsentiert, in der die Menschen, die das<br />

Kino lieben, sie seit Jahrzehnten erleben und<br />

lieben konnten.<br />

Dabei hat die eher durch ihre Spielfilme bekannte<br />

Regisseurin Angelina Maccarone (FREMDE<br />

HAUT, VIVERE) einen großartigen dr<strong>am</strong>aturgi-<br />

schen Dreh gefunden, um die Frau, die sie einmal<br />

anders zeigen und porträtieren wollte, für dieses<br />

Porträt fit zu machen. Sie teilte den Film in klare<br />

Kapitel ein – und fand dann für jedes Kapitel<br />

einen (und zwar wirklich immer nur einen) Film<br />

aus dem Werk des britischen Superstars mit der<br />

Vorliebe für extreme Rollen. All diese Filme werden<br />

ausführlich zitiert, sodass sie zu mehr gut<br />

sind als zur fiktionalen Garnitur des dokumentarischen<br />

Formats. Dafür bürgt auch die Idee,<br />

in jedem Kapitel eine Begegnung stattfinden zu<br />

lassen mit Menschen, die nicht unbedingt etwas<br />

mit Film zu tun <strong>habe</strong>n müssen, dafür umso<br />

mehr mit dem Thema des Kapitels. So geht es in<br />

Chapter One um „Exposure“ – da wird das gut gelaunte<br />

Gespräch mit Starfotograf Peter Lindberg<br />

durch Szenen aus Woody Allens ACHTEINHALB-<br />

Hommage STARDUST MEMORIES kommentiert.<br />

Im Kapitel „Taboo“ spricht Charlotte R<strong>am</strong>pling<br />

mit dem Skandalkünstler Jürgen Teller und der<br />

Film zitiert Liliana Cavanis erotische Nazitravestie<br />

DER NACHTPORTIER. Und beim Kapitel<br />

„Love“, das ein Gespräch mit der Regisseurin Joy<br />

Fleury und ihrer Schwester, der Fotografin Cynthia<br />

enthält, darf der japanische Klassiker des<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

GERD HaaG<br />

– DAS KURZE LEBEN<br />

DES JOSÉ ANTONIO<br />

GUTIERREZ (2006)<br />

– ENTDECKUNG DER<br />

CURRYWURST (2008)<br />

– KEIN ANGST (2009)<br />

– TANZTRÄUME (2010)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


etwas anderen Liebesfilms Nagisa Oshima nicht<br />

fehlen. Sein MAX MON AMOUR <strong>von</strong> 1986 ist einer<br />

der ungewöhnlichsten Filme mit Charlotte<br />

R<strong>am</strong>pling und d<strong>am</strong>it aber auch ein besonders<br />

typischer. Er erzählt glaubwürdig, schonungslos,<br />

rührend und irgendwie auch romantisch die Geschichte<br />

einer Liebe zwischen einer großbürgerlichen<br />

Frau und dem Affen Max.<br />

„Die Kapitel hatte sie festgelegt, als wir anfingen<br />

zu drehen – sie bat mich, das selbst zu tun, aber<br />

ich hätte nicht gewusst, was ich da nehmen soll.<br />

Meine Bedingung war, dass wir alles nur einmal<br />

versuchen, und so <strong>habe</strong>n wir auch gedreht.<br />

Was ich auf keinen Fall wollte, war ein einfacher<br />

Dokumentarfilm“, sagte R<strong>am</strong>pling im zitierten<br />

Interview. Das wollten auch die Produzenten<br />

des Films. Drei unterschiedliche Produktionsfirmen<br />

mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten<br />

hatten sich für dieses deutsche Projekt<br />

mit europäischer Aura zus<strong>am</strong>mengefunden:<br />

Gerd Haags Kölner Schmiede für <strong>am</strong>bitionierte<br />

Dokumentarfilme und internationale Arthouse-<br />

Fiction (die Anfang des Jahres auch mit Christoph<br />

Rüthers BRASCH-Film Aufsehen erregte), die<br />

Berliner Produktion Prounen Film <strong>von</strong> <strong>Michael</strong><br />

Trabitzsch, die sich seit Jahren erfolgreich mit<br />

Themen aus Kultur und Geschichte in den unterschiedlichsten<br />

dokumentarischen Formaten<br />

beschäftigt. Und schließlich – zusagen vor<br />

Ort – Les Films D´ici <strong>von</strong> Charlotte Uzu, deren<br />

Dokumentarfilm über den Pianisten <strong>Michael</strong><br />

Petrucciani ebenso im Progr<strong>am</strong>m des Festivals<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

MICHaEL TRaBITzSCH<br />

– DIE MARMOR-<br />

STRASSE (2001)<br />

– DER LETZTE TAG<br />

DES SLAVADOR<br />

ALLENDE (2003)<br />

– GESCHICHTE DES<br />

TODES (2009, TV)<br />

– OPERATION DON-<br />

NERSCHLAG (2011, TV)<br />

<strong>von</strong> Cannes lief wie dieser Film über Charlotte<br />

R<strong>am</strong>pling, dessen stringentes künstlerisches<br />

Konzept die Regisseurin einmal so auf den<br />

Punkt brachte: „Schon bei unserer ersten Begegnung<br />

im Oktober 2007 bekräftigte sich meine<br />

Vermutung, dass es lohnender sein würde, ihr<br />

selbst zuzuhören, als ihr in den üblichen Reflexionen<br />

und Reminiszenzen alter Weggefährten<br />

nachzuspüren. Meine Einladung an sie, nicht<br />

Objekt, sondern – in jedem Sinne des Wortes –<br />

Subjekt des Films zu sein, hat ihr gefallen.“<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

CHaRLoTTE UzU<br />

– THE LOOK (2011)<br />

– EL VELADOR (2011)<br />

– CERRO BAYO (2010)<br />

– BUSKASCHI, DAS<br />

LIED DER STEPPE<br />

(2009)<br />

57


GERHaRD RICHTER PaInTInG<br />

Der <strong>von</strong> Produzent<br />

Thomas Kufus (zero<br />

one film – Bester Dokumentarfilm)<br />

in Koproduktion<br />

mit TERZ<br />

Film (Claudia Steffen<br />

und Christoph Friedel)<br />

realisierte Dokumentarfilm<br />

über den Maler<br />

Gerhard Richter fühlt<br />

sich gelegentlich an<br />

wie ein spannender<br />

Krimi, in dem immer<br />

wieder neue Konstellationen<br />

aufscheinen können und ein Ende nicht<br />

absehbar ist. Am Anfang ist die Leinwand weiß<br />

und alles ist offen. Nach und nach fügt sich Stück<br />

um Stück zu einem Ganzen, aber man muss immer<br />

wieder einen Schritt zurücktreten, das Werk<br />

betrachten und daran zweifeln, um der Wahrheit<br />

ein Stück näher zu kommen. Richter sagt: „<strong>Ich</strong><br />

finde die Bilder schlecht, die ich begreifen kann.“<br />

und setzt d<strong>am</strong>it die Prämisse für ein fertiges<br />

Kunstwerk – und für die Rezeption seiner Arbeit.<br />

58<br />

GERHARD RICHTER PAINTING ist ein Dokumentarfilm,<br />

der sich <strong>von</strong> selbst erzählt. Wir sehen,<br />

wie sich der Gerhard Richter auf seine Arbeit<br />

vorbereitet, die erste Farbe auf die Leinwand<br />

setzt, weiter malt, überlegt, neue Farbe aufträgt,<br />

Abstand nimmt und prüft, weiter malt, wieder alles<br />

hinterfragt, dann fortsetzt oder neu anfängt.<br />

Die Regisseurin Corinna Belz gibt Gerhard Richter<br />

die Zeit, die er braucht, um ein neues Bild zu<br />

entwerfen. Wenn ein Bild so aussieht, als wäre<br />

es jetzt fertig, muss es erst mal die nächsten 24<br />

Stunden an der Wand hängen, um erneut geprüft<br />

zu werden, ob es dem Auge Stand hält. Wenn es<br />

nach den nächsten zwei Wochen immer noch gut<br />

aussieht, dann hat es vielleicht bestanden, aus<br />

der Heimlichkeit des Ateliers entlassen und der<br />

Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Die Regisseurin<br />

Corinna Belz hat mit ihrer filmischen Erzählung<br />

einen Weg gefunden, dem Künstler sehr<br />

nahe zu kommen, ohne ihm zu nahe zu treten.<br />

Es gibt keine erklärende, biographische Voice<br />

Over und keine kunsttheoretischen Erläuterungen,<br />

das Arbeiten <strong>am</strong> Bild spricht für sich, wie es<br />

der Filmtitel verspricht. Und in den Pausen des<br />

Betrachtens entlockt Corinna Belz dem Künstler<br />

immer wieder kurze erhellende Betrachtungen.<br />

Mit einem Blick auf zwei großflächig schwarze<br />

Bilder <strong>von</strong> ihm, sagt er einmal sehr schön, dass<br />

die Bilder machen, was sie wollen. „<strong>Ich</strong> hatte sie<br />

ja erst ganz anders angelegt. Schön bunt.“<br />

Foto: © Mathias Bothor<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

THoMaS KUFUS<br />

– GERHARD RICHTER<br />

PAINTING (2011)<br />

– BLACK BOX BRD<br />

(2001)<br />

– MOLOCH (1999)<br />

– A TICKLE IN THE<br />

HEART (1996)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


THE BIG EDEn<br />

»EINE EXZELLENTE DOKUMENTATION ÜBER ROLF EDEN,<br />

DEN LETZTEN PLAYBOY DEUTSCHLANDS.«<br />

Süddeutsche Zeitung<br />

»DER FILM VON PETER DÖRFLER IST NICHT NUR<br />

IRRSINNIG LUSTIG, SCHNELL, IRONISCH UND<br />

SEXY; ER IST VOR ALLEM KLUG UND SENSIBEL.«<br />

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung<br />

»NUN ERZÄHLT EIN GROSSARTIGER DOKUMENTAR-<br />

FILM ROLF EDENS GESCHICHTE. SIE HANDELT VON<br />

DER FLUCHT NACH PALÄSTINA, DER GRÜNDUNG<br />

DES STAATES ISRAEL – UND DEM RAUSCHHAFTEN<br />

NACHTLEBEN DER BUNDESREPUBLIK.«<br />

Welt <strong>am</strong> Sonntag<br />

EIN FILM VON PETER DÖRFLER<br />

MIT ROLF EDEN | URSULA BUCHFELLNER | BRIGITTE | UND VIELEN ANDEREN<br />

CENTRAL FILM VERLEIH UND DEUTSCHFILM PRÄSENTIEREN EINEN FILM VON PETER DÖRFLER<br />

EINE KOPRODUKTION VON ROHFILM, STRANDFILM UND DEM ZDF, IN ZUSAMMENARBEIT MIT ARTE KAMERA/SCHNITT PETER DÖRFLER<br />

TON FRANK BUBENZER PRODUKTIONSLEITUNG RICARDO BRUNN REDAKTION MARTIN PIEPER REDAKTIONELLE MITARBEIT TANJA HALLER<br />

PRODUZENTEN BENNY DRECHSEL, KARSTEN STÖTER, KURT OTTERBACHER, BERT SCHMIDT<br />

REGIE PETER DÖRFLER<br />

„Nach dem Tod gibt es<br />

nichts mehr. Und deswegen<br />

will ich bis dahin<br />

jede Sekunde schön<br />

leben.“ Regisseur Peter<br />

Dörfler lässt Rolf Eden<br />

in seinem Dokumentarfilm<br />

<strong>von</strong> diesem Leben<br />

erzählen. Eden fühlt<br />

sich zum Playboy berufen,<br />

feiert im Film<br />

seinen 80. Geburtstag<br />

und lebt so als würde<br />

es immer so weiter ge-<br />

hen. Eine kleine Irritation, als er stürzt und für<br />

drei Wochen ins Krankenhaus muss, gibt ihm für<br />

einen Moment die Ahnung, dass auch sein Leben<br />

endlich ist und führt letztlich dazu, dass seine<br />

derzeitige Freundin „vorübergehend“ bei ihm einziehen<br />

darf. Eden hat sieben Kinder <strong>von</strong> sieben<br />

verschiedenen Frauen, die älteste ist schon 61<br />

Jahre alt, der jüngste gerademal 13. Freundinnen<br />

und One-Night-Stands hatte er Unzählige, aber<br />

wirklich geliebt hat er nur drei, wie er vorsichtig<br />

in die K<strong>am</strong>era verrät. Als er mit einer <strong>von</strong> ihnen<br />

im alten „Eden“ <strong>am</strong> Kud<strong>am</strong>m ist und über frühere<br />

Zeiten schwärmt, fühlt er sich „richtig nostalgisch<br />

getouched“. So geht es sicher auch vielen<br />

Zuschauern, wenn sie die eingebauten Super-<br />

8-Filme sehen, die ein versunkenes Westberlin<br />

wieder auferstehen lassen. Für Peter Dörfler ist<br />

THE BIG EDEN der Abschluss einer Trilogie über<br />

jeweils einen Mann, der seine radikal eigene Sicht<br />

auf die Dinge pflegt und sich dabei nicht um die<br />

Meinung anderer schert. In den ersten beiden Filmen<br />

dieser Reihe, PANZERKNACKER (2006) und<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

BEnnY DRECHSEL<br />

– DER FLUSS WAR<br />

EINST EIN MENSCH<br />

(2011)<br />

– UN MUNDO<br />

MISTERIOSO (2011)<br />

– ACHTERBAHN (2009)<br />

– SNOW (2008)<br />

ACHTERBAHN (2009), porträtierte er zum einen<br />

Otto Schäfer, den Chef einer Gangsterbande und<br />

zum anderen den Unternehmer und Spreepark-<br />

Betreiber Norbert Witte. Die Produzenten Benny<br />

Drechsel und Karsten Stöter <strong>von</strong> rohfilm (Bester<br />

Dokumentarfilm) produzierten schon ACH-<br />

TERBAHN. Sie kannten seinen ersten Film PAN-<br />

ZERKNACKER und waren <strong>von</strong> den „dichten und<br />

betörenden Bilderwelten“ sehr beeindruckt. Sie<br />

teilten die Vision und wussten gleich: Dörfler ist<br />

„einer der Glücksfälle im Filmgeschäft“.<br />

Bester<br />

Dokumentarfilm –<br />

KaRSTEn STöTER<br />

– LORE (2012)<br />

– DER FLUSS WAS<br />

EINST EIN MENSCH<br />

(2011)<br />

– THE BIG EDEN (2011)<br />

– SNIJEG/SNOW (2008)<br />

59


Lola wird das<br />

große Bett<br />

lieben.<br />

concorde-hotels.com/concordeberlin<br />

Perfektes Licht, edles Inventar und stimmungsvolle Atmosphäre: Bei uns wird aus einer einfachen Übernachtung großes Kino.<br />

Deshalb freuen wir uns, auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Gäste des <strong>Deutsche</strong>n Filmpreises bei uns zu begrüßen.<br />

Wir wünschen Ihnen einen preisgekrönten Abend!<br />

done by WE DO


ToM SawYER<br />

TOM SAWYER (Louis Wie die beiden Jungs da <strong>am</strong> Mississippi leben,<br />

Hofmann) und sein ist für jedes Kind der Traum <strong>von</strong> Freiheit und<br />

Freund Huckleberry Abenteuer.<br />

Finn (Leon Seidel) sind Als Produzent Boris Schönfelder (neue Schön-<br />

wohl die glücklichshauser Filmproduktion – Bester Kinderfilm)<br />

ten Jungs unter dem sich dafür entschied, einen Kinderfilm zu ma-<br />

Himmel <strong>von</strong> St. Pechen, erinnerte er sich als erstes an „Tom Sawyer“<br />

tersburg. Sie faulen- <strong>von</strong> Mark Twain und an die vielen Verfilmunzen<br />

gern, gehen auf gen, die er als Kind und später gesehen hatte.<br />

Entdeckungstour und Für ihn stand fest, das ist eine Geschichte, die<br />

suchen immer eine zeitlos ist: Die wollte er machen. Sehr schnell<br />

neue Herausforderung. konnte er Hermine Huntgeburth als Regisseu-<br />

Als sie jedoch eines rin gewinnen, die sowohl mit Kinderstoffen<br />

Nachts auf dem Fried- (BIBI BLOCKSBERG, 2002) als auch mit Litehof<br />

einen Mord beobachten, schlottern ihnen raturverfilmungen (EFFI BRIEST, 2009) bereits<br />

die Knie, und sie bekommen es mit der Angst zu gute Erfahrungen gemacht hatte. Gemeins<strong>am</strong><br />

tun. Aber sie wollen wahre Männer sein! Wenn stellten sie – vor und hinter der K<strong>am</strong>era – ein<br />

es um große Geheimnisse geht, dann beschwö- hervorragendes Filmte<strong>am</strong> zus<strong>am</strong>men, das es<br />

ren die beiden ihre Freundschaft, geloben zu schaffte, eine visuell überzeugende Mississip-<br />

schweigen und besiegeln es mit ihrem Blut: „Wir pi-Landschaft an Drehorten in Deutschland zu<br />

schwören, dass wir keinem nix da<strong>von</strong> erzählen. beleben. Hinzu k<strong>am</strong> als wahrer Glücksfall das<br />

Oder wir fallen tot um.“ Die Geschichte <strong>von</strong> Tom noch erhaltene COLD MOUNTAIN-<strong>Set</strong> (R: An-<br />

Sawyer und seinem Freund Huckleberry Finn ist thony Minghella, 2003) in der Nähe <strong>von</strong> Buka-<br />

schon über 130 Jahre alt, jeder kennt sie, und rest, das sie für den Dreh nutzen konnten. Aus<br />

sie fasziniert heute immer noch viele Kinder. den Kulissen ließen sich gut die Stadt St. Pe-<br />

tersburg und Tante Pollys (Heike Makatsch) Haus<br />

zimmern. Für Boris Schönfelder und seine Herstellungsleiterin<br />

Susa Kusche war es ein aufwendiges<br />

Puzzle-Spiel, das sie aus den verschiedenen<br />

Drehorten zus<strong>am</strong>mensetzen mussten. Sie hatten<br />

manchmal das Gefühl, sie würden an drei Filmen<br />

gleichzeitig arbeiten. Am Ende ist es nur einer<br />

geworden. Und je perfekter so ein Film aussieht,<br />

desto weniger sieht man ihm an, wie viel Arbeit<br />

da drin steckt.<br />

Foto: © Mathias Bothor<br />

Bester Kinderfilm –<br />

BoRIS SCHönFELDER<br />

– DIE ABENTEUER DES<br />

HUCKLEBERRY FINN<br />

(2012)<br />

– DER ALBANER -<br />

SHQIPTARI (2010)<br />

– NORDWAND (2008)<br />

– ANTIKÖRPER (2005)<br />

61


wInTERToCHTER<br />

Das ist eine schöne Bescherung.Ausgerechnet<br />

an Weihnachten erfährt<br />

die zwölfjährige<br />

Kattaka (Nina Monka),<br />

dass ihr Vater Daniel<br />

(Maxim Mehmet) nicht<br />

ihr leiblicher Vater ist.<br />

Das äußerst eigenwillige<br />

Mädchen ist darüber<br />

so wütend und<br />

enttäuscht, dass sie sofort<br />

Himmel und Hölle<br />

in Bewegung zu setzen<br />

bereit ist, um den Mann zu finden, den ihre Mutter<br />

(Katharina Schubert) vor Daniel kannte. Als<br />

die Russen noch im Osten Deutschlands stationiert<br />

waren, war sie mit Alexej (Merab Ninidze),<br />

einem Seemann aus Wladiwostock, zus<strong>am</strong>men,<br />

der mittlerweile auf einem Containerfrachtschiff<br />

arbeitet.<br />

Kattaka will sich sofort auf dem Weg zu dem<br />

Mann machen, <strong>von</strong> dem sie herausbekommt,<br />

dass er im Augenblick in Stettin arbeitet.<br />

62<br />

Die Eltern <strong>habe</strong>n keine Möglichkeit, sie aufzuhalten<br />

und vertrauen sie ihrer Nachbarin Lene<br />

(Ursula Werner) an, die sich mit ihrem alten<br />

VW-Bus (ohne Blinker) und Kattakas kleinem<br />

Freund Knäcke als blinder Passagier auf eine<br />

Reise begibt, die viel mehr mit ihr selbst zu tun<br />

<strong>habe</strong>n wird, als sie anfangs ahnt oder einfach<br />

wahr<strong>habe</strong>n will: Denn Alexej hat Stettin längst<br />

Richtung Danzig verlassen. Und so gerät das suchende<br />

Trio, das natürlich – Kinder finden immer<br />

und überall schnell Anschluss – bald Hilfe und<br />

Verstärkung vor Ort bekommt, in die Nähe <strong>von</strong><br />

Lenes masurischer Heimat. Lene hatte bis dahin<br />

ihre Vertreibung und Flucht verdrängt – und<br />

dennoch Erinnerungsstücke daran bei sich getragen.<br />

Und während Kattaka ihren Vater Alexej<br />

findet (und dadurch ihren Papa Daniel wieder<br />

zu akzeptieren lernt), nimmt Lene mit siebzigjähriger<br />

Verspätung Abschied <strong>von</strong> ihren Eltern.<br />

Das ist die Geschichte der wInTERToCHTER<br />

(Bester Kinderfilm – Philipp Budweg, Thomas<br />

Blieninger und Mikolaj Pokromsi – schlicht und<br />

ergreifend und Pokromski Studio), die eigentlich<br />

die Geschichte der Wintertöchter ist.<br />

„BLÖDE MÜTZE-Regisseur Johannes Schmid erzählt<br />

mit dem heiter-melancholischen Roadmovie<br />

<strong>von</strong> einer generationenübergreifenden Suche<br />

nach Identität, Herkunft und Heimat“, schwärmt<br />

Thorsten Krüger auf kino.de. „Schmid beweist<br />

wieder seine Sensibilität für junge Menschen,<br />

verbindet ein einfühls<strong>am</strong>es Coming-of-Age mit<br />

einem generationenübergreifenden Dr<strong>am</strong>a für<br />

Jung und Alt gleichermaßen. Die Odyssee <strong>von</strong><br />

Katharina, genannt Kattaka, auf der Suche nach<br />

ihrem leiblichen Vater sowie die ihrer eins<strong>am</strong>en<br />

Bester Kinderfilm –<br />

PHILIPP BUDwEG<br />

– WINTERTOCHTER<br />

(2011)<br />

– BLÖDE MÜTZE! (2007)<br />

– AUS DER TIEFE DES<br />

RAUMES (2004)<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Nachbarin auf der Suche nach der verlorenen Heimat<br />

verbindet sich zu einer anrührenden Doppel-<br />

Begegnung mit der eigenen Vergangenheit. Sie<br />

erforscht Herkunft und Identität, treibt Dämonen<br />

und Traumata aus und findet zu einem versöhnlichen,<br />

deutsch-polnisch-russischen Ende,<br />

wie es schöner nicht ausfallen könnte. In atmosphärischen,<br />

d<strong>am</strong>pfenden Winterbildern begibt<br />

sich das Trio auf Reise, die Unbefangenheit<br />

der beiden dickköpfigen und selbstbewussten<br />

Kinder ist eine Wohltat und ermöglicht einen<br />

zwanglosen Umgang mit Vorurteilen und<br />

Altlasten der Geschichte. Der Film weiß (dank<br />

des hervorragenden Drehbuchs) genau, wann<br />

er locker-launig und wann gefühlvoll-ernst zu<br />

sein hat, was sich auch im harmonischen Score<br />

niederschlägt.“ Und auch auf „Eltern.de“ wurde<br />

zum Kinostart der besondere Wert des Films,<br />

der Eltern und Kinder gleichermaßen ansprechen<br />

kann, hervorgehoben: „WINTERTOCHTER<br />

ist ein Film, der zum Diskutieren über F<strong>am</strong>ilienthemen<br />

anregt: Ehrlichkeit und Erwachsen<br />

werden, f<strong>am</strong>iliäres Zus<strong>am</strong>mengehörigkeitsgefühl<br />

und individuelle Identitätssuche. Es ist<br />

sicher schön, den Film mit der ganzen F<strong>am</strong>ilie zu<br />

besuchen. Die Kinder brauchen Ihre Begleitung<br />

aber nicht notwendigerweise, sondern werden<br />

WINTERTOCHTER auch alleine verstehen und<br />

verarbeiten können.“<br />

Für Philipp Budweg und Thomas Blieninger <strong>von</strong><br />

Lieblingsfilm (ehemals schlicht und ergreifend)<br />

war es die zweite international erfolgreiche und<br />

auf vielen Festivals beachtete Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

mit dem Kino- und Theaterregisseur Johannes<br />

Schmid (nach dem erwähnten Debüt BLÖDE<br />

Bester Kinderfilm –<br />

THoMaS BLIEnInGER<br />

– WINTERTOCHTER<br />

(2011)<br />

– GRENZVERKEHR<br />

(2005)<br />

MÜTZE). Gemeins<strong>am</strong> mit ihrem polnischen Kollegen<br />

Mikolaj Pokromski und seinem Pokromski<br />

Studio konnten sie nicht nur die aufregenden<br />

Dreharbeiten an den verschiedensten Orten Polens<br />

sicher bewältigen, sondern auch noch den<br />

Gastauftritt des polnischen Kinostars Daniel<br />

Olbrychski gewährleisten.<br />

Bester Kinderfilm –<br />

MIKoLaJ PoKRoMSKI<br />

– UNSERE KLASSE<br />

(2012)<br />

– WINTERTOCHTER<br />

(2011)<br />

63


FöRDERMITGLIEDER/FREUnDE<br />

64<br />

ARRI Arnold & Richter<br />

Cine Technik GmbH & Co<br />

Betriebs KG<br />

cic group immobilienprojektentwicklungsgesellschaft<br />

mbH<br />

CinePostproduction GmbH<br />

CineStar-Gruppe CMS<br />

Cinema Management<br />

Service GmbH & Co.KG<br />

Concorde Filmverleih<br />

GmbH<br />

Constantin Film AG<br />

DCM Productions GmbH<br />

DFG <strong>Deutsche</strong> FilmversicherungsGemeinschaft<br />

drei d medien service GmbH<br />

e27 design gbr<br />

Estée Lauder Companies<br />

GmbH<br />

Falcom Media GmbH<br />

Filmpark Babelsberg GmbH<br />

FPS Fritze Wicke Seelig<br />

Highlight<br />

Communications AG<br />

HKR -<br />

Hollmann Knappe Reimert<br />

Just Publicity GmbH<br />

Kodak GmbH<br />

Entertainment Imaging<br />

Mast-Jägermeister SE<br />

maz & movie GmbH<br />

Par<strong>am</strong>ount Pictures Germany<br />

GmbH<br />

PKF Fasselt Schlage<br />

Partnerschaft<br />

Saxonia Media<br />

Filmproduktion GmbH<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Scanline VFX GmbH<br />

Senator Film Produktion<br />

GmbH<br />

SIXT AG<br />

SKW Schwarz<br />

Rechtsanwälte<br />

SONY<br />

Studio H<strong>am</strong>burg GmbH<br />

STUDIOCANAL GmbH<br />

Universal Pictures International<br />

Germany GmbH<br />

Universum Film GmbH<br />

Walt Disney Studios Motion<br />

Pictures Germany GmbH<br />

Warner Bros.<br />

Entertainment GmbH<br />

X Verleih AG<br />

Immer mehr Personen und Firmen, die an der<br />

Entstehung, Vermarktung und Präsentation eines<br />

deutschen Films beitragen, fühlen sich der<br />

Filmakademie sehr verbunden. Sie sind Fördermitglieder<br />

und unterstützen die gemeins<strong>am</strong>e<br />

Arbeit auch materiell.<br />

In einem kleineren finanziellen Rahmen, aber<br />

mit ebenso viel Engagement, sorgt auch der<br />

größere Kreis der Freunde der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie<br />

dafür, dass die Akademie lebens- und<br />

handlungsfähig bleibt. Denn aus den Mitgliedsbeiträgen<br />

allein könnte die Filmakademie nicht<br />

so aktiv sein wie sie ist. Durch die jährlichen<br />

Zuwendungen der Fördermitglieder und der<br />

Freunde kann die Akademie lebendig arbeiten,<br />

also Personal bezahlen, Projekte initiieren, Veranstaltungen<br />

organisieren, ihre Außenwirkung<br />

verstärken.<br />

Freunde und Förderer werden in das aktive Leben<br />

der Filmakademie mit einbezogen. Sie können<br />

viele Veranstaltungen besuchen, erhalten<br />

den Akademie-Newsletter „Extrablatt“, können<br />

die nominierten Filme kostenlos im Kino sehen<br />

und nehmen immer wieder gerne an Treffen der<br />

Filmakademie-Mitglieder teil. Sie sind natürlich<br />

auch dabei, wenn die Akademie gemeins<strong>am</strong><br />

mit dem BKM einmal im Jahr den DEUTSCHEN<br />

FILMPREIS verleiht.<br />

Freunde und Fördermitglieder tun das, was<br />

ihre N<strong>am</strong>en sagen: Sie fördern die Arbeit der<br />

<strong>Deutsche</strong>n Filmakademie und leisten d<strong>am</strong>it<br />

dem deutschen Film und seinen Kreativen einen<br />

großen Freundschaftsdienst.<br />

65


Nicole Ackermann Geschäftsführerin | Wally Ahr-<br />

weiler Agentin | Delia Albrecht Schauspieler-Agen-<br />

tin | Georg Alexander Journalist | Katrin Anders<br />

Agentin | Sigrid Andersson Schauspielcoach |<br />

Christian Angermayer Unternehmer | Elke Apelt<br />

Agentin | Gabriela Bacher Produzentin | Simone<br />

Bachofner Publicist | Rolf Bähr ehem. FFA Vor-<br />

stand | Anke Balzer Agentin für Schauspieler |<br />

Frank Barner Steuerberater, Rechtsanwalt | Julia<br />

Bartelt PR-Agentin | Regine Baschny PR Beraterin |<br />

Iris Baumüller Casting Director | Joachim Behnke<br />

Wahlforscher | Caroline Beil Schauspielerin |<br />

Astride Bergauer Agentin | Marieanne Bergmann<br />

Leiterin Förderabteilung FFHSH | Frank Betzelt<br />

Filmcoach | Evi Bischof Agentin | Carolin Bitzer<br />

PR-Agentin | Gero <strong>von</strong> Boehm Regisseur, Filmproduzent<br />

| Rüdiger Böss SVP Group Progr<strong>am</strong>ming<br />

Acquisitions | Mathias Bothor Fotograf |<br />

Oliver Boy Produzent | Elke Brand Medienagentin |<br />

Karin Brandner Agentin | Frank Brauner Rechts-<br />

anwalt | Alice Brauner Produzentin | Wolfgang<br />

Brehm Filmanwalt | Bettina Breitling Leitung<br />

Lizenzen, Filmrechte | Wolf Dietrich Brücker<br />

Redakteur | Gero Brugmann Rechtsanwalt |<br />

Christoph Caesar PR-Agent | Bernd Capitain<br />

Schauspieler | Christina Capitain Schauspielerin |<br />

66<br />

Xavier Chotard Marketingberater | Daniel Tobias<br />

Czeckay Rechtsanwalt | <strong>Martin</strong> Danner Prokurist |<br />

Cathy de Haan Dr<strong>am</strong>aturgin, Dozentin | Max<br />

Dehmel Ministerialrat a.D. | Gitta Deutz PR-Agentin<br />

für Film und Fernsehen | Ulf Dobberstein<br />

Rechtsanwalt | Jochen Doell Agent | Marion Döring<br />

Geschäftsführerin | Alexander van Dülmen CEO |<br />

<strong>Michael</strong> Düwel Geschäftsführer | Thomas Eckelk<strong>am</strong>p<br />

Film-/TV-Produzent | Katharina Elias TV-<br />

Redakteurin | Matthias Elwardt Gesellschafter |<br />

Lilly-Draga Engel Regisseurin | Andreas Erfurth<br />

Agent | Andrea Etz Agentin | Jürgen Fabritius |<br />

Lutz Fassbender CEO | Cordula Fassbender Wissenschaftlerin<br />

| Dirk Fehrecke Agent für Film, TV<br />

und Theater | Claudia Fehrenbach Fitz Schauspielagentin<br />

| Annic-Barbara Fenske Schauspie-<br />

lerin | Milena Fessmann Musicsupervisor |<br />

Cordula Fink Agentin | P<strong>am</strong>ela Fischer Agentin |<br />

Philipp Fleischmann Trailer-Produzent, Regisseur<br />

| Susanne Franke Theaterkunst | Egon F.<br />

Freiheit Drehbuchautor/TV-Consultant | Mattias<br />

Frik Agent | Stefan Gärtner Leiter Koproduktion<br />

und Kofinanzierung | Nicola Galliner Festivalleiterin<br />

| Christina Gattys Agentin | Georg Georgi<br />

Schauspielagent | Reinhard Gerharz Rechtsanwalt<br />

| Anna Gerloff Schauspielerin | Max Gertsch<br />

Schauspieler | Norbert Ghafouri Schauspieler |<br />

Maren Gilzer Schauspielerin | Ralph Oliver Graef<br />

Rechtsanwalt | Nico Grein Producer | Gerhard<br />

Groß Filmtheaterbetreiber | Heinke Hager Agentin<br />

für Filmrechte | Winfried H<strong>am</strong>macher Produzent<br />

| Britta Hansen Produzent | Birgit Hass<br />

Geschäftsführerin | Harro <strong>von</strong> Have Rechtsan-<br />

walt | Franziska Heller Verkaufsleiterin | Marlis<br />

Heppeler Agentin | Wolfgang Hielscher Jurist |<br />

Sabine Hielscher Pädagogin | Max Höhn Hair<br />

& Make Up Artist | Alexandra Hölzer Rechtsanwältin<br />

| Bernhard Hoestermann Agent für Schauspieler<br />

| Gerti Hofmann Gastronomin | Alexander<br />

<strong>von</strong> Hohenthal TV-Produzent | Mechthild Holter<br />

In<strong>habe</strong>r/Geschäftsführerin Players | Nicole<br />

Houwer Autorin | Eva Hubert Geschäftsführerin |<br />

Britta Imdahl Schauspielagentin | Patrick Jacobs-<br />

hagen Rechtsanwalt | Marielouise Janssen-<br />

Jurreit Filmautorin | Bianca Junker Presseagentin<br />

| Christine Kabisch Regisseurin | Till<br />

Kaposty-Bliss Werbegrafiker | Anja Karmanski<br />

Schauspielerin | Ringo Kaufhold Schauspielagent<br />

| Klaus Keil Direktor | Uschi Keil Agentin<br />

| Rainer Keller Lobbyist, Strategisches Manage-<br />

ment | Nicole Kellerhals Dr<strong>am</strong>aturgin | Dagmar<br />

Kempf Mitarbeiterin MdB | Senta Dorothea<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Kirschner Schauspielerin | Georg Kloster Yorck<br />

Gruppe | Thomas Kluge Fotograf | <strong>Michael</strong><br />

Konstabel Archivrechercheur | Heide Kortwich<br />

Maskenbildnerin | Tobias Krisa Producer | Detlev<br />

Krüger Sprecher der GF <strong>Martin</strong>-Braun-Gruppe |<br />

Hildburg Krüger Fachbereichsleiterin Kunst &<br />

Kultur | Karin Kruse Manager/Agent | Adrian<br />

Kutter Diplom-Kaufmann | Sandra L<strong>am</strong>pugnani<br />

Agentin | Renate Landk<strong>am</strong>mer Agentin | George<br />

Lenz Schauspieler | Thomas Letocha Autor |<br />

Silvana Liebich Agentin für Schauspieler | Amélie<br />

Linder PR-Berater | Yutah Lorenz Schauspielerin<br />

und Artistin | Stefan Lütje Rechtsanwalt | Lars<br />

Meier Künstlermanager | Ulrich Meinhard Agent |<br />

Henner Merle Rechtsanwalt | Susanne Mertins<br />

Geschäftsführerin | Günther Mertins Kinobetreiber<br />

| Philipp <strong>von</strong> Mettenheim Rechtsanwalt |<br />

Werner Wolfgang Metzger Journalist | André<br />

Meyer Geschäftsführer bei Bagainpark GmbH |<br />

Kristin Meyer Schauspieler | Carsten Meyer-Grohbrügge<br />

Regisseur | Caroline Millahn Agentin |<br />

Benedict Mirow Regisseur, Produzent | Marketa<br />

Modra Agentin | Stefan <strong>von</strong> Moers Rechtsanwalt |<br />

Petra Maria Müller | Katrin Näher Agentin |<br />

Azizeh N<strong>am</strong>i PR-Agentin | Sigrid Narjes Agentin |<br />

Till Neumann Rechtsanwalt | <strong>Michael</strong>a Niemeyer |<br />

Christoph Ott Verleiher | Volker Otte Rechtsanwalt<br />

für Filmförderungsrecht | Erik Paulsen Dialogautor<br />

& Synchronregisseur | Katharina Pauly<br />

Agentin | Andreas Pense Rechtsanwalt | Michal<br />

Pokorny Produzent | Margit Preiss PR-Agentin |<br />

Hans Helmut Prinzler Filmhistoriker | Inga<br />

Pudenz Manager/Agentur | Wiebke Reed Agentin |<br />

Josef Reidinger | Susanne Reinker Autorin |<br />

Mario Rempp Filmtheaterbetreiber | Angelika<br />

Reuter Film- und Fernsehagentin | Jacqueline<br />

Rietz Casterin | Mariette Rissenbeek PR Managerin<br />

| Renate Roginas Geschäftsführerin der Villa<br />

Kult OHG | Renate Rose European Film Promotion<br />

| Stefan Rüll Rechtsanwalt | Nadja Runge<br />

Publicist | Klaus Schaefer FilmFernsehFonds<br />

Bayern | Thorsten Schaumann Filmkaufmann |<br />

Harald Schernthaner Head of Digital Filmworks |<br />

Christian Schertz Rechtsanwalt | Thomas Scheu-<br />

ble Bankkaufmann (Prokurist) | Antje Schlag<br />

Agentin für Schauspiel, Regie, Filmkomponisten |<br />

<strong>Michael</strong> Schmid-Ospach | Marie-Luise Schmidt<br />

Agentin | Steffen Schmidt-Hug Rechtsanwalt |<br />

Sonja Schmitt Delphi Filmverleih | Lutz Schmökel<br />

Agent | Marc Schötteldreier Casting Director |<br />

Oliver Schündler Geschäftsführer | Peter Schulze<br />

PR-Manager | Maria Schwarz Agentin | Petra<br />

Schwuchow PR-Agentin | Sibylle Seidel-Gieth<br />

Agentin | Christian Senger Schauspieler | Manuel<br />

Siebenmann Regisseur, Autor und Produzent |<br />

Sebastian Sieglerschmidt Geschäftsführer | Ulla<br />

Skoglund (Schauspieler)agentin | Gisela Spiering<br />

Agentin | Inka Stelljes Agentin für Schauspieler |<br />

Volker Störzel Agent Theater, Film und Fernsehen<br />

| Christiane Stützle Rechtsanwältin für<br />

Film- und Medienrecht | Conny Suhr PR-Agentin |<br />

Judith Sutter Schauspielagentin | Gisela Tatsch-<br />

Daust Schauspielagentin | Johannes Thielmann<br />

Produzent, Regisseur, Autor | Achim Thielmann<br />

Banker | <strong>Michael</strong> Töteberg Agent | Sonya Tuchmann<br />

Schauspielerin | <strong>Michael</strong>a <strong>von</strong> Unger Filmproduzentin<br />

| Burkhard Voiges Geschäftsführer |<br />

Magnus Vortmeyer Marketingleiter Tobis Film |<br />

Christiane <strong>von</strong> Wahlert Geschäftsführerin SPIO |<br />

Christiane Waldbauer Schauspieleragentin |<br />

Katrin Wans Agentin | Steffen Weihe Agent | Anne<br />

Wels Agentin | Simone Wernet Lektorin & Dr<strong>am</strong>aturgin<br />

| Thomas Weymar Telepool München |<br />

Albert Wiederspiel Filmfestleiter | Rafaela Wilde<br />

Rechtsanwältin | Claudine Wilde Schauspielerin |<br />

Harald Will Agent für Film Fernsehen & Theater |<br />

Sylvia Wolf Medienberater | Beate Wolgast Agentin<br />

| Ute Zahn Geschäftsführerin |<br />

67


aLLES waS RECHT IST<br />

„Eine Idee ist nur solange etwas wert, wie man<br />

sie nicht weitererzählt.“ Dieser Aphorismus des<br />

dritten Präsidenten der Vereinigten Staaten,<br />

Thomas Jefferson, markiert so etwas wie den<br />

Beginn der modernen Debatte um den Schutz des<br />

geistigen Eigentums.<br />

Wir wollen an dieser Stelle den Ideendieben<br />

unserer Zeit ein Schnippchen schlagen und sie<br />

mit Ideen locken, die in den eigenen Augen ihrer<br />

Urheber ihren Wert schon verloren hatten, bevor<br />

sie hier weitererzählt wurden. Geschichten,<br />

die sie nie erzählen wollten. Filme, die niemals<br />

gemacht werden sollten. An dieser Stelle sind<br />

n<strong>am</strong>hafte, aktive Autorinnen/Autoren und Regisseurinnen/Regisseure<br />

diese Ideen im doppelten<br />

Sinne des Wortes losgeworden.<br />

Mit Illustrationen <strong>von</strong> Benj<strong>am</strong>in Kniebe (Storyboarder<br />

und Comic Artist – u.a. DER VORLESER,<br />

FENSTER ZUM SOMMER)<br />

DER KÜHLSCHRANK<br />

Von Nesrin S<strong>am</strong>dereli, Autorin<br />

(ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND)<br />

Maria Weiß (44) lebt ein gutes Leben! Sie hat einen liebenden Mann, eine Koryphäe auf dem Gebiet der<br />

Proktologie und zwei Kinder, die es mit Drogenhandel weit gebracht <strong>habe</strong>n. Maria wacht morgens auf<br />

und kann ihr Glück nicht fassen. Dann schreibt sie Gedichte und vertanzt sie. Manchmal geht sie auch<br />

raus auf die Straßen und rezitiert ihre Verse vor Obdachlosen. Eines Tages jedoch bricht ihre heile Welt<br />

zus<strong>am</strong>men. Ein bis dato unbekannter Ministaat im Pazifik feuert versehentlich 101 Atombomben ab.<br />

Alles Leben nimmt ein Ende, nur Maria überlebt. Nach einem Tag der Trauer entscheidet sie sich nach<br />

vorne zu blicken. Immerhin ist sie gesund und der Kühlschrank funktioniert! Nicht nur das, er scheint<br />

zu leben! Wirkt Marie deprimiert,<br />

öffnet sich seine Tür und<br />

eine Milchschnitte fällt heraus.<br />

Scheint sie eins<strong>am</strong>, macht der<br />

Kühlschrank lustige Geräusche.<br />

Maria bemerkt die Avancen ihres<br />

Kühlschrankes, aber sie steht vor<br />

einem großen Konflikt. Der Tod<br />

ihres Gatten liegt kaum eine Woche<br />

zurück. Wird der Kühlschrank<br />

es schaffen, Marias Herz trotzdem<br />

zu gewinnen?<br />

69


DER RoTE PLanET oder DIE waRzE DES GRoSSEn FÜHRERS<br />

Von Thomas Brussig, Autor<br />

(SONNENALLEE, HELDEN WIE WIR)<br />

Pjöngjang, Mausoleum des Großen Führers Kim Il Sung. Ein<br />

entführter südkoreanischer Wissenschaftler, der behauptet<br />

hat, er könne Menschen klonen, entnimmt unter Androhung<br />

<strong>von</strong> Waffengewalt der konservierten Leiche Kims eine Warze<br />

<strong>am</strong> Hals. Daraus stellt er, wie befohlen, Klone her. Zu seiner<br />

Überraschung wachsen in den tausend Petrischalen tatsächlich<br />

tausend kleine Große Führer. Da die Nordkoreaner aber nur einen<br />

Kim wollten, die übrigen Kims aber nicht einfach in den<br />

Ausguß kippen können, schicken sie 999 Kim-Klone mit ihrer<br />

neuen Rakete auf den Mars. Da gründen die Kims eine Kolonie<br />

und verwandeln den ges<strong>am</strong>ten Mars in eine riesige Nuklearwaffe,<br />

mit der sie k<strong>am</strong>ikazemäßig Kurs auf die Welt nehmen.<br />

Zunächst bemerkt nur ein Görlitzer Hobbyastronom Kurs-<br />

abweichungen des Mars <strong>von</strong> seiner Laufbahn, doch bald halten<br />

die Regierungen der ganzen Welt den Atem an. Eine Task Force<br />

der UNO entert den Mars und liefert sich tolle Action-Szenen.<br />

Am Ende siegt das Gute, und in einer friedlichen Sommernacht<br />

70<br />

schaut der Chef der Task Force gemeins<strong>am</strong> mit seinem fünfjährigen<br />

Sohn in den Himmel, zeigt auf den Mars und erklärt,<br />

warum der Mars auch „der rote Planet“ genannt wird.<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


IDEEN, DIE MAN MIR DRINGEND MAL KLAUEN SOLLTE<br />

Von Dietrich Brüggemann, Autor und Regisseur<br />

(RENN, WENN DU KANNST)<br />

GISELA<br />

Die schweigs<strong>am</strong>e Tierarzthelferin Gisela (43) führt<br />

ein Doppelleben: Tagsüber schläfert sie mit zärtlicher<br />

Hand todkranke Tiere ein, nachts hat sie eiskalt distanzierten<br />

Sex mit wildfremden Männern, Frauen und<br />

Pferden. Bis eines Tages der Hengst Nebukadnezar<br />

(13) in ihrer Praxis auftaucht, mit dem sie vor Jahren<br />

eine Affäre hatte.<br />

ZANDER MIT ERDBEEREN<br />

Der alte Krabbenfischer Knut (89) ist verbittert, seit<br />

seine einzige Tochter durch eine defekte Nähmaschine<br />

zu Tode k<strong>am</strong>. Alles, was daran erinnert, hat<br />

er aus seinem Leben verbannt, er trägt seitdem nur<br />

noch Strickkleidung. Doch dann steht eines Tages<br />

sein kleiner Enkelsohn vor der Tür. Das unschuldige<br />

Kind bringt den weichen Kern hinter der rauen Schale<br />

des alten Mannes zum Vorschein – doch eines Tages<br />

findet der Junge eine Nähmaschine auf dem Speicher<br />

und ist sofort begeistert.<br />

RAMBOW<br />

Für Ronny (16) und seine Clique besteht der Tag aus Rumhängen, Saufen und gelegentlichen sinnlosen<br />

Gewaltexzessen. Bis sie eines Tages eine durchreisende Geschäftsfrau zu Tode prügeln. Danach stellt<br />

sich heraus: Die Frau war Ronnys Mutter. Auf der verzweifelten Flucht vor seinem Schmerz stürzt<br />

Ronny sich in einen weiteren sinnlosen Gewaltexzess, bei dem er sich versehentlich selbst totschlägt.<br />

PLEITEGEIER UND ANDERES FEDERVIEH<br />

Die Arbeiter in der Steuerkanzlei Platkowski&Co in Dortmund<br />

sind echte Kumpels, wie es sie nur im Pott gibt: Rau,<br />

aber herzlich. Doch die Zeiten sind hart. Immer mehr Menschen<br />

machen ihre Steuererklärung selber. Eines Tages kauft<br />

eine chinesische Investorengruppe den Betrieb auf. Die<br />

Arbeiter sollen entlassen werden, die Maschinen demontiert<br />

und nach China verschifft. Doch die neuen Chefs <strong>habe</strong>n<br />

nicht mit den Kumpels <strong>von</strong> Platkowski&Co gerechnet.<br />

SCHWEIGER<br />

Der Angestellte Norbert (39) verläßt jeden<br />

Tag seine F<strong>am</strong>ilie und geht zur Arbeit.<br />

Behauptet er. In Wahrheit setzt er sich in<br />

eine leerstehende Wohnung und schweigt den<br />

ganzen Tag. Als seine Frau dahinterkommt,<br />

schweigt sie ebenfalls.<br />

VIROLOGIE FÜR ANFÄNGER<br />

Ein brillanter Wissenschaftler (60) und seine brillante Studentin (20) verlieben sich.<br />

Doch dann erkrankt er schwer – an genau der Krankheit, die er seit Jahrzehnten erforscht.<br />

Er lässt sich einfrieren, sie forscht weiter, 40 Jahre später hat sie die Therapie<br />

gefunden, taut ihn wieder auf und heilt ihn. Sie sind jetzt beide 60 und könnten glücklich<br />

werden. Doch dann verlässt er sie wegen einer Jüngeren.<br />

71


BERLIN ALEXANDERPLATZ – RELAUNCH (AT) ein nicht verfilmter Dokumentarfilm<br />

Von Annekatrin Hendel, Autorin und Regisseurin<br />

(VATERLANDSVERRÄTER)<br />

Der Film erzählt <strong>von</strong> der sich langs<strong>am</strong> entwickelnden Zuneigung<br />

zwischen Mackie Marquard, dem ehemaligen Stanzer,<br />

dessen Frau gerade im Sterben liegt, und Ines, einer<br />

Friseuse, deren arbeitsloser Mann sie ständig prügelt. <strong>Ich</strong><br />

lerne beide 2004 an einem Stehimbiß auf dem noch weiten,<br />

freien Alexanderplatz kennen. Der geplante Umbau „ihres“<br />

Alex entsetzt sie. „Inspiriert“ <strong>von</strong> Döblins Roman, beschließe<br />

ich einen Film über diese Liebe zu machen. Der sich nun<br />

stets wandelnde Platz bietet den optimalen Hintergrund<br />

für diesen Film. Mackie und Ines zeigen sich immer mehr<br />

vom Traum vereint, zus<strong>am</strong>men ein besseres Leben führen<br />

zu wollen, aber es stellen sich große innere wie äußere<br />

Hindernisse in ihren Weg. Während sich Mackie Marquard<br />

schon bald nach Drehstart zu Tode trinkt, beginnen die Baumaßnahmen<br />

an einem halben Dutzend Hochhäuser. D<strong>am</strong>it<br />

verliere ich meinen Hauptprotagonisten, der Alexanderplatz<br />

verliert sein Gesicht und Ines ihren Traum vom Glück.<br />

72<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


wIR KInDER VoM PREnzL´BERG<br />

Von Tim Staffel, Autor und Filmemacher<br />

(TERRORDROM, WESTERLAND)<br />

Krassimir und Jordan wohnen zus<strong>am</strong>men<br />

mit einem Mastiff und<br />

einem Mops in einem Ladenlokal.<br />

Die beiden Bulgaren sind Voodoopriester.<br />

In ihrem Chemielabor experimentieren<br />

sie erfolgreich mit<br />

bewusstseinserweiternden Kräutern<br />

aus Haiti. Krassimir und Jordan<br />

kaufen das Haus und betreiben<br />

fortan zur Tarnung eine Hundepension.<br />

Salara vom Yoga- und Meditationszentrum<br />

„Miranlaya“ fürchtet<br />

sich vor der Voodoo-Konkurrenz,<br />

verliebt sich aber in Jordan.<br />

Krassimir verliebt sich in die türkische<br />

Bäckerin Ayla. Das Geschäft<br />

mit Voodoo-Drinks floriert – die<br />

Kinder sind dankbare Abnehmer.<br />

Die Eltern organisieren eine Bürgerwehr,<br />

um die Bulgaren zu vertreiben.<br />

Die Hundebesitzer machen<br />

nicht mit, weil<br />

sie auf die Bulgarenangewiesen<br />

sind. Immer<br />

mehr Kinder verschwinden.Salara<br />

schließt sich<br />

den Eltern an,<br />

Ayla den Bulgaren,<br />

die die Kinder<br />

und Hunde<br />

zu Voodoo-Soldaten<br />

ausbilden.<br />

Türken stürmen<br />

den Kiez und<br />

verbünden sich<br />

mit der Bürgerwehr.<br />

Eine Entscheidungsschlacht<br />

ist unausweichlich.<br />

73


MISS WORLD WAR<br />

Von Ziska Riemann, Autorin und Regisseurin<br />

(„Kraft durch Freunde“, LOLLIPOP MONSTER)<br />

Bei den internationalen ‚Miss World‘- Wahlen in Moskau<br />

kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen. Jede Nation<br />

beansprucht den Titel für die <strong>von</strong> Ihnen gestellte Schönheitskönigin.<br />

Schließlich gewinnt die Israelische Schönheit.<br />

Es kommt zu Prügeleien, wüsten Beschimpfungen<br />

und einem Mord. Während der Tumulte verschwindet die<br />

‚Miss World‘ auf unerklärliche Weise. Man vermutet eine<br />

Entführung. Dem als Gastgeber anwesenden russischen<br />

Präsidenten ist es ein äußerst wichtiges Anliegen, die<br />

Schönheitskönigin wieder aufzufinden. Er setzt den russischen<br />

Geheimdienst auf die Entführer an.<br />

Die Schönheitskönigin befindet sich tatsächlich in der Gewalt<br />

<strong>von</strong> Entführern. Ein arabischer Ölscheich möchte die<br />

‚schönste Frau‘ der Welt zu seinem Eigentum zählen. In seinem<br />

Harem befinden sich bereits alle Miss Worlds der vorangegangenen<br />

Jahrgänge. Die Schönheitskönigin wird im<br />

schwarzen Meer auf einen Hochseefrachter verladen und<br />

soll über den Bosporus ins Mittelmeer gebracht werden.<br />

Doch schon in der Meerenge beim Goldenen Horn gerät<br />

sie in die Hände indischer Piraten. Da die Schönheitskönigin<br />

eine uneheliche Tochter des russischen Präsidenten ist,<br />

kann dieser die Großfahndung nicht vor seiner Ehefrau<br />

74<br />

verantworten. Er gibt eine Erklärung ab, wonach es sich<br />

um Brennstäbe aus einem seiner Reaktoren handelt. Eine<br />

Großfahndung nach den „Brennstäben“ wird eröffnet.<br />

Auf internationaler Ebene beschuldigt man den Iran. Der<br />

Iran bestreitet irgend etwas mit Brennstäben zu tun zu<br />

<strong>habe</strong>n. Die Amerikaner drohen mit einem Atomschlag.<br />

Eine internationale Krise bricht aus.<br />

Die Piraten laufen den Pazifik an. Die Schönheitskönigin<br />

ist widerspenstig, da sie an Bord des Schiffes den<br />

gewohnten Luxus vermisst. Im Glauben, die Schönheits-<br />

königin doch noch in seine Gewalt zu bekommen investiert<br />

der arabische Scheich hohe Summen in eine isl<strong>am</strong>istische<br />

Geheimorganisation.<br />

Im Hintergrund läuft ein Japaner mit Knarre in der Hand<br />

hinter einem Chinesen her oder umgekehrt. Der russische<br />

Präsident wird <strong>von</strong> seiner Ex-Geliebten und Mutter<br />

der Schönheitskönigin um Geld erpresst. Als seine Frau<br />

da<strong>von</strong> erfährt, beginnt ein öffentlicher Scheidungskrieg<br />

in dessen Verlauf der Präsident gestürzt wird. Nach anfänglichen<br />

Widerständen entwickelt sich zwischen der<br />

Schönheitskönigin und dem Piratenkapitän an Bord des<br />

Frachters eine Liebesgeschichte.<br />

Die <strong>am</strong>erikanische Präsidentin lässt sich <strong>von</strong> ihrem Mann<br />

die Pickel auf dem Rücken ausdrücken, dabei kommt er<br />

beim auf ihr herumkriechen mit dem Knie an die Atombomben-Fernbedienung,<br />

die sich in ihrer Handtasche<br />

befindet.<br />

Es kommt zum Atomschlag auf China. China antwortet<br />

noch in der gleichen Stunde mit mehreren Neutronenbomben.<br />

Das ganze wird mit Überwachungsk<strong>am</strong>eras gefilmt.<br />

Die Piraten laufen in Indien ein. Die Hochzeit wird<br />

durch Bollywood-Tanzszenen dargestellt. Während der<br />

Hochzeitsfeierlichkeiten wird die Schönheitskönigin <strong>von</strong><br />

dem arabischen Scheich entführt und in dessen Harem<br />

gebracht. Der Piratenkapitän (ein enger Verwandter des<br />

indischen Präsidenten) macht Pakistan für den Verlust der<br />

Braut verantwortlich. Indien droht Pakistan mit einem<br />

Vergeltungsschlag ... und so weiter.<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


DER LETzTE FaLL<br />

Von Peter Zingler, Autor (ALLES NUR TARNUNG,<br />

Ein starkes Te<strong>am</strong>)<br />

aCHTUnG !!!<br />

Copyright. autor und <strong>Deutsche</strong> Filmakademie.<br />

Es ist strengstens untersagt, dieses Expose zu<br />

lesen, zu kolportieren oder abzufilmen, oder<br />

sonstige Kopien zu fertigen. Es darf auch nicht<br />

mit der Hand abgeschrieben werden!<br />

RaUBKoPIEn werden mit zuchthaus, bei<br />

PC-süchtigen Jugendlichen mit Runterladeverbot<br />

und arbeitshaus nicht unter zwei<br />

Jahren bestraft.<br />

Die Idee zu der Geschichte entstand unter<br />

auswertung sämtlicher vorhandener Daten<br />

über den garantierten Erfolg! Grundlage bieten<br />

die deutsche Film- und Fernsehindustrie.<br />

was ist im TV <strong>am</strong> erfolgreichsten? Krimis!<br />

Tatort mehr als 10 Millionen zuschauer. was<br />

ist im Kino <strong>am</strong> erfolgreichsten? Komödien!<br />

Meist über 2 Mio. Kinogänger.<br />

also folgerichtig: wir planen weder das eine<br />

noch das andere sondern eine Mischung,<br />

einen KRIKoM, auch KoMKRI genannt:<br />

Kommissarin Svenja Bärson, aus dem hohen<br />

Norden, Leiterin einer, na klar doch, Mordkommission,<br />

hat in ihrem Berufsleben schon<br />

viele düstere Leichen in düsterem Licht gesehen,<br />

ihr ist fast nichts fremd.<br />

Dennoch ist ihre Lebensfreude überwältigend,<br />

sie ist, natürlich, eine Intelligenzbestie, sehr<br />

gut aussehend, alleinerziehende Mutter, total<br />

autark und könnte, wäre sie nicht Polizistin,<br />

auf jedem Laufsteg Karriere machen. Zudem ist<br />

sie sportlich und läuft im Show down auf High<br />

Heels schneller als jeder Ganove! Ihre männlichen<br />

Kollegen sind meist schwul, was den<br />

Dienst ungeheuer erheitert (Komödie!)<br />

Vor allem ihr engster Mitarbeiter Karl steckt<br />

in einer tiefen Lebenskrise, midlife, spätlife<br />

und pubertär gemischt, ist er der Mann, der<br />

bewegt, die Emotionen und die Lachmuskeln.<br />

Also eine typische Konstellation wie in tausenden<br />

KRIKOMS vorher auch, nur dieses mal<br />

doch anders.<br />

Kommissarin Bärson hat nämlich ein tiefgehendes<br />

Problem. Ihr Sinn für Schönheit und<br />

Ästhetik hat harte Rückschläge erlitten. Mit<br />

einem Wort, alle Leichen sind ihr zu hässlich.<br />

Nicht nur die aus dem Wasser oder aus den<br />

verbrannten Autos. Nein überhaupt. Nicht eine<br />

einzige schöne Leiche hatte sie in ihrer Karriere<br />

und das nagt an ihrem Selbstverständnis.<br />

Das muss sie ändern!<br />

Zunächst erstellt sie sich einen Fragekatalog,<br />

wie soll sie aussehen, die Leiche?<br />

Nach langen Monaten hat sie eine perfekte<br />

Vorstellung. Männlich soll sie sein, jung,<br />

und bis auf den lockigen dunklen Kopf, völlig<br />

unbehaart, so, wie sie selbst, der Tod des<br />

Sch<strong>am</strong>haares ist ja eh längst beschlossene Sache.<br />

Durch Vermittlung <strong>von</strong> Assistent Karl findet<br />

sie einige hübsche Männer in seinen<br />

Schwulenkneipen, die ihrem Ideal durchaus<br />

entsprechen. Aber Vorsicht, zuviel darf Karl<br />

nicht wissen. Sie hat aber nicht d<strong>am</strong>it gerechnet,<br />

dass es ihr als attraktiver Frau, der alle<br />

Männer hinterher winseln, schwer fällt, das<br />

Interesse eines Schwulen zu wecken. Doch<br />

letztlich gelingt ihr auch das. Nachdem sie sich<br />

75


76<br />

ihres Amtes bewusst<br />

wurde,<br />

nimmt sie den<br />

Kerl einfach unter<br />

einem Vorwand<br />

fest und<br />

verstaut ihn in<br />

ihrem Dienstfahrzeug.<br />

Die<br />

nächste logistischeFrage<br />

löst sie<br />

schnell, sie tötet<br />

den Schönling<br />

mit einer,<br />

aus dem „ArchivsichergestellterWaffen“entwendeten<br />

45er Colt-Pistole, dessen acht<br />

Kugeln sie ihm in den Bauch jagt, um die Schönheit<br />

des Gesichtes intakt zu halten. Aber wohin mit der<br />

Leiche? Der Fluss scheidet aus. Also ab mit dem<br />

Torso in den Wald, nahe einem befahrenen Weg –<br />

und tatsächlich wird die Leiche schon Stunden<br />

später der Mordkommission gemeldet. Und da<br />

sieht sie sie, IHRE SCHÖNE LEICHE! ENDLICH!<br />

K ommissarin Bärson ist überwältigt! Ihre Augen<br />

strahlen, ihr Köper vibriert, <strong>am</strong> liebsten<br />

würde sie ihn küssen, aber da Assistent Karl sie<br />

beobachtet nimmt sie sich zus<strong>am</strong>men und übernimmt<br />

den Fall. Da sie alle Spuren selbst gelegt<br />

hat, findet sie sie auch schnell, und rückt sich<br />

selbst, aber auch ihrem Assistenten Karl, der<br />

das Opfer kannte, nahe auf den Pelz. Der wird<br />

bereits misstrauisch und kurz überlegt sie, auch<br />

noch einen Justizirrtum zu inszenieren und Karl<br />

zu beschuldigen, da denkt sie an ihren Diensteid.<br />

Nein, sie wird die Ermittlungen zu einem<br />

richtigen Ende bringen. Nur wie sie sich selbst<br />

die Handschellen auf dem Rücken anlegen soll,<br />

weiß sie noch nicht. Aber ihr und dem Autor ist<br />

schon soviel eingefallen, da wird es daran nicht<br />

scheitern.<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


Jetzt<br />

downloaden.<br />

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78<br />

DaS TEaM<br />

VERanSTaLTER/aUFTRaGGEBER<br />

Der DEUTSCHE FILMPREIS ist eine Veranstaltung<br />

der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie in Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

mit dem Beauftragten der Bundes-<br />

regierung für Kultur und Medien, produziert<br />

<strong>von</strong> der DFA Produktion GmbH.<br />

<strong>Deutsche</strong> Filmakademie e.V.<br />

Präsidium: Iris Berben, Bruno Ganz<br />

Vorstandsvorsitzender: Thomas Kufus<br />

Geschäftsführung: Alfred Holighaus, Anne Leppin<br />

Te<strong>am</strong>: Jule Bartr<strong>am</strong>, Katja Hevemeyer,<br />

Karina Pasternak, Stephan Pless, Tanja Riehn<br />

Te<strong>am</strong>assistenz: Nora Ackermann, Clemens Thurn<br />

BKM/Filmreferat K35<br />

Stefanie Hasler, Ulrike Schauz, Sandra Wemmel<br />

MoDERaTIon<br />

Jessica Schwarz, Elyas M´Barek<br />

KÜnSTLERISCHE LEITUnG<br />

Florian Gallenberger, Benj<strong>am</strong>in Herrmann<br />

PRoDUzEnTIn<br />

Claudia Loewe<br />

PRoDUCERIn<br />

Marion Gaedicke<br />

PRoDUKTIonSLEITUnG<br />

MBTV Produktions GMBH, Carsten F. Lehmann<br />

PRoDUKTIonSKooRDInaTIon<br />

Verena Herfurth, Dorothee Hufschmidt<br />

KooRDInaTIon zUSPIELER<br />

Heike Hütt<br />

PRoDUKTIonSaSSISTEnz<br />

Anne Ballschmieter, Caroline Riggert,<br />

Janina Schafft<br />

aUFnaHMELEITUnG<br />

Julia Haupt, <strong>Martin</strong> Hoffmann, Nuschi Kelm<br />

GäSTEManaGEMEnT/HoSTESSEn<br />

Hardenberg Concept GmbH<br />

Frederike Hodde, Kerstin Schilly<br />

aUToREn<br />

Johanna Adorján, Dr. Christof Mannschreck<br />

REGIE<br />

Utz Weber<br />

REGIEaSISTEnz<br />

Stefanie Herrmannsdörfer<br />

REDaKTIon<br />

Andrea Poulios, Claudia Voelker<br />

zUSPIELER<br />

Arnd <strong>von</strong> Rabenau<br />

on aIR DESIGn<br />

Stefan Stöckle<br />

BÜHnEnHInTERGRÜnDE<br />

flora&faunavisions GmbH<br />

BÜHnEnBILD<br />

Hassler Entertainment Architecture<br />

KoSTÜMBILD<br />

Betty Sommer<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012


MaKE UP UnD HaaRE<br />

Amélie Goldstaub (Maske Moderation)<br />

Estée Lauder, Max Höhn<br />

LICHTSETzEnDER KaMERaMann<br />

Manfred Olma<br />

TITELMUSIK<br />

Loy Wesselburg, Bernhard Eichner<br />

EInSPIELUnG TITELMUSIK<br />

Berliner Philharmoniker unter der Leitung <strong>von</strong><br />

Sir Simon Rattle<br />

MUSIKaLISCHE BEGLEITUnG GaLa<br />

Tobias Kremer Band<br />

Musikalische Leitung: Tobias Kremer<br />

PR<br />

Just Publicity<br />

Regine Baschny, Anja Oster, Elena Marquardt,<br />

Julia Gebefügi, Gerold Marks<br />

DRUCKERzEUGnISSE/InTERnET<br />

e27 Berlin, www.e27.com<br />

noTaR<br />

Hellmut Sieglerschmidt<br />

ConTRoLLInG<br />

Frank Graf<br />

SEnDEPaRTnER<br />

Das Erste, Rundfunk Berlin Brandenburg rbb<br />

Progr<strong>am</strong>mbereichsleitung Neue Zeiten:<br />

Heiner Heller<br />

Abteilungsleitung Unterhaltung: Gernot Binkle<br />

Redaktion: Katrin Mandel<br />

Herstellungsleitung: Torsten Klein<br />

Produktionsleitung: Jörgen Radach<br />

RoTER TEPPICH und LoLa PaRTY<br />

CB.e Clausecker | Bingel AG,<br />

Agentur für Kommunikation<br />

Eberhard Bingel, Gregor Weinhold,<br />

Elsa Wormeck<br />

aUF DEM wEG zUR LoLa<br />

<strong>Deutsche</strong> Filmakademie e.V.<br />

Projektkoordination: Gisela Liesenfeld<br />

(DFA Produktion GmbH)<br />

IMPRESSUM<br />

HERaUSGEBER<br />

DFA Produktion GmbH<br />

Köthener Straße 44, 10963 Berlin<br />

Claudia Loewe<br />

CHEFREDaKTIon UnD TEXTE<br />

Alfred Holighaus (V.i.S.d.P)<br />

TEXTE<br />

Linda Söffker<br />

PRoDUKTIon<br />

Verena Herfurth<br />

LaYoUT/GESTaLTUnG<br />

e27 Berlin, Robert Neumann<br />

Abdruck der Texte nur nach vorheriger<br />

Genehmigung und mit Quellenhinweis<br />

„DEUTSCHE FILMAKADEMIE/<br />

DEUTSCHER FILMPREIS 2012“<br />

Diese Broschüre ist ein Projekt der <strong>Deutsche</strong>n<br />

Filmakademie e.V., herausgegeben <strong>von</strong> der DFA<br />

Produktion GmbH.<br />

79


Den Präsidenten Iris Berben und Bruno Ganz sowie<br />

Thomas Kufus, Dorothee Schön, Tom Spieß<br />

und allen weiteren Vorständen für ihr unermüdliches<br />

Engagement,<br />

Florian Gallenberger und Benj<strong>am</strong>in Herrmann<br />

für ihre Ideen, ihren unerschütterlichen Blick<br />

nach vorne und ihre Leidenschaft für den<br />

<strong>Deutsche</strong>n Filmpreis,<br />

Jessica Schwarz und Elyas M’Barek, dass sie als<br />

Gastgeber durch den Abend führen,<br />

den Paten für ihr persönliches Engagement für<br />

die nominierten Kollegen,<br />

wIR DanKEn<br />

den singenden Mitgliedern für ihren Einsatz auf<br />

der Bühne,<br />

den beteiligten Produzenten für ihre Hilfsbereitschaft<br />

bei der Beschaffung und Bereitstellung<br />

des Filmmaterials,<br />

den Akademiemitgliedern für ihren Einsatz<br />

in der <strong>Deutsche</strong>n Filmakademie und für den<br />

<strong>Deutsche</strong>n Film,<br />

der Berlinale und German Films für ihre Unterstützung<br />

bei LOLA@Berlinale,<br />

der ASTOR FILM LOUNGE, den Verleihern,<br />

Institutionen und beteiligten Filmschaffenden,<br />

die aktiv AUF DEM WEG ZUR LOLA dabei waren<br />

und d<strong>am</strong>it die LOLA VISIONEN und das LOLA<br />

FESTIVAL geprägt <strong>habe</strong>n,<br />

Beate Wolgast und Bernhard Hoestermann für<br />

die treue Begleitung,<br />

unserem Te<strong>am</strong> für die beständige Motivation,<br />

Leidenschaft und die nicht enden wollende Einsatzbereitschaft<br />

und Kirsten Niehuus, Elmar Giglinger, Peter<br />

Dinges, Frank Völkert und dem Präsidium der<br />

FFA für ihre andauernde Unterstützung.<br />

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82<br />

wIR DanKEn Von HERzEn aLLEn UnTERSTÜTzERn DES DEUTSCHEn FILMPREISES 2012<br />

CHAMPAGNE<br />

medienboard<br />

Berlin-Brandenburg GmbH<br />

<strong>Deutsche</strong>r Filmpreis 2012

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