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Lymphödem-Verbände in der Praxis - EWMA

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LEKTORATSLEITUNGSuzie CalneLEITENDE LEKTORATSBERATUNGChrist<strong>in</strong>e MoffattProfessor<strong>in</strong> für Pflegewissenschaft undCo-Direktor<strong>in</strong> des Zentrums für Forschungund Umsetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen <strong>Praxis</strong>,Fakultät für Gesundheits- undGesellschaftswissenschaften,Thames Valley Universität,London, GroßbritannienLEKTORATSBERATUNGPeter MortimerProfessor für <strong>der</strong>matologische Mediz<strong>in</strong>,Herz- und GefäßwissenschaftenDermatologie-Station),St. George’s Hospital Medical School,London, GroßbritannienHugo PartschProfessor für Dermatologie, Mediz<strong>in</strong>ischeUniversität Wien, ÖsterreichDRUCKVik<strong>in</strong>g Pr<strong>in</strong>t Services, UKÜBERSETZUNG DERFREMDSPRACHLICHEN AUSGABENRWS Group (Medical Division), GroßbritannienEUROPEAN WOUND MANAGEMENTASSOCIATIONSekretariat: PO BOX 864,London SE1 8TT, GroßbritannienTel: +44 (0)20 7848 3496 Internet: www.ewma.orgDIESES DOKUMENT WIRD UNTERSTÜZTVON...dem Berufsverband <strong>der</strong>Lymphologen<strong>der</strong> Britischen Gesellschaft fürLymphologie (BritishLymphology Society, BLS)UNTERSTÜTZT DURCH EINAUSBILDUNGSSTIPENDIUMVON LOHMANN & RAUSCHERGmbH & Co KGDie <strong>in</strong> dieser Veröffentlichung zumAusdruck gebrachten Me<strong>in</strong>ungens<strong>in</strong>d die <strong>der</strong> Verfasser und müssennicht zw<strong>in</strong>gend mit den Ansichtenvon Lohmann & RauscherGmbH & Co KG übere<strong>in</strong>stimmen.BEIM ZITIEREN DIESESDOKUMENTS SIND FOLGENDEANGABEN ZU VERWENDEN:European Wound ManagementAssociation (<strong>EWMA</strong>). Focus Document:Lymphoedema bandag<strong>in</strong>g <strong>in</strong> practice.London: MEP Ltd, 2005.Alle Rechte vorbehalten. DasReproduzieren, Kopieren o<strong>der</strong> Übertragendieser Veröffentlichung ohne schriftlicheGenehmigung ist nicht zulässig. Ke<strong>in</strong>Abschnitt dieser Veröffentlichung darf ohneschriftliche Genehmigung bzw. nur <strong>in</strong>Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Urheberrechten(Copyright), Designs & Patents Act (1988)o<strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Bestimmungen e<strong>in</strong>ervon <strong>der</strong> Copyright Licens<strong>in</strong>g Agency, 90Tottenham Court Road, London W1P 0LPerteilten Lizenz, die e<strong>in</strong> beschränktesVervielfältigen erlaubt, reproduziert,vervielfältigt o<strong>der</strong> übertragen werden.LEKTORATSBERATERJean-Patrice BrunPhysiotherapeut/Lymphologe,Hospital St. Joseph, Cl<strong>in</strong>ique Georges-Bizet,Paris, FrankreichAttilio CavezziFacharzt für Gefäßchirurgie,Poliambulatorio Hippocrates und Vascular Unit,Cl<strong>in</strong>ica ‘Stella Maris’, S. Benedetto del Tronto,ItalienRobert DamstraDermatologe, Abteilung für Dermatologie,Phlebologie und Lymphologie,Nij Smell<strong>in</strong>ghe Hospital, Drachten,Nie<strong>der</strong>landeFranz-Josef Sch<strong>in</strong>galeDirektor <strong>der</strong> Lympho-Opt-Kl<strong>in</strong>ik,Pommelsbrunn Hohenstadt, DeutschlandLEKTORATSPROJEKTLEITERINKathy DayLEKTORATSASSISTENTINLouise RobertsDESIGNJane WalkerVERÖFFENTLICHUNGJane Jones© MEDICAL EDUCATION PARTNERSHIP LTD,2005VERÖFFENTLICHT VONMedical Education Partnership Ltd53 Hargrave Road, London N19 5SH, UKTel: +44 (0)20 7561 5400Email: <strong>in</strong>fo@mepltd.co.uk<strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft fürLymphologie, DGL<strong>der</strong> Französichen Gesellschaft fürLymphologie (Société Française deLymphologie, SFL)<strong>der</strong> GesellschaftDeutschsprachigerLymphologen, GDLdem Lymphödem-Framework(The LymphoedemaFramework, UK)dem Lymphödem-Netzwerk <strong>der</strong>Nie<strong>der</strong>lande (Ne<strong>der</strong>landsLymfoedeem Netwerk)<strong>der</strong> ÖsterreichischenLymph-Liga


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTSCHWERPUNKT FÜRDIE PRAXISDie Wirkungen <strong>der</strong>Kompressionsverbände aufdas Lymphödem s<strong>in</strong>d:● e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong>kapillären Flüssigkeitsfiltrationdurch e<strong>in</strong>enerhöhten Gewebedruck● e<strong>in</strong>e Absenkung deserhöhten Drucks <strong>in</strong> denkle<strong>in</strong>sten Lymphgefäßen● e<strong>in</strong>e För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>rhythmischenLymphpulsation● e<strong>in</strong>e Lockerung vonfibrotisch verhärtetemGewebe, wodurch dieFunktionstüchtigkeit <strong>der</strong>lokalen Lymphgefäßeverbessert wirdIn e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>ischen Studie wurde die quantitative Expression jener Gene, die CD14, den Interferong-Rezeptor(IFNgR), den Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-a), das Very-late-Antigen-4 (VLA-4), denTNF-Rezeptor-1 (TNFR1) und CD44 kodieren, bei Patienten mit peripheren Be<strong>in</strong>lymphödemuntersucht, um etwas über die mögliche Rolle <strong>der</strong> Genexpression bei entzündlichen Geschehen zuerfahren 21 . Die Ergebnisse legen nahe, dass die Anzahl von pro<strong>in</strong>flammatorischen Zytok<strong>in</strong>en undRezeptoren für Wachstumsfaktoren bei Patienten mit primärem und sekundärem Lymphödemerhöht s<strong>in</strong>d und nach e<strong>in</strong>er Entstauungstherapie, bestehend aus e<strong>in</strong>er Komb<strong>in</strong>ation ausentsprechen<strong>der</strong> Hautpflege, manueller Lymphdra<strong>in</strong>age, Kompressionstherapie und Heilgymnastik,sich wie<strong>der</strong> normalisieren. Es gibt daher durchaus Grund zur Annahme, dass die fibrosklerotischenUmbauprozesse bei diesen Patienten durch die Fehlregulation dieser Mechanismen auf molekularerEbene ausgelöst werden.UNELASTISCHE VERBÄNDEDie Kompressionstherapie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lymphödem-Behandlung basiert vorwiegend auf dem E<strong>in</strong>satz vonunelastischen Kurzzugb<strong>in</strong>den. Dies wird bisher kl<strong>in</strong>isch von e<strong>in</strong>er randomisierten kontrollierten Studiebestätigt, die bei Armlympödemen durchweg e<strong>in</strong>e stärkere Volumenreduktion für Mehrlagen-Kurzzugb<strong>in</strong>den zeigte als für Kompressionsstrümpfe 22 .Kurzzugb<strong>in</strong>den haben den speziellen Vorteil, beim Gehen <strong>in</strong>termittierend hohe Druckspitzen(Massageeffekt) zu erzeugen, und dies mit e<strong>in</strong>em niedrigen Ruhedruck, was Patienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachtals vorteilhaft und angenehm empf<strong>in</strong>den. Mit fachmännisch angelegten Mehrlagen-Kurzugsytemenkann man am Unterschenkel e<strong>in</strong>en Anpressdruck von 50–60 mmHg im Liegen und 70–80 mmHg imStehen erreichen 23 . Auch wenn die Kurzugb<strong>in</strong>den locker gewickelt werden, wie das bei unerfahrenenTherapeuten möglicherweise <strong>der</strong> Fall ist, kann e<strong>in</strong> Anpressdruck von 30 mmHg im Liegen und e<strong>in</strong>Anpressdruck von über 40 mmHg im Stehen erreicht werden 23 . Dabei gilt anzumerken, dass dieoptimalen Drücke erst noch zu bestimmen s<strong>in</strong>d. Das Anlegen e<strong>in</strong>es Verbandes sollte immer<strong>in</strong>dividuell angepasst erfolgen. Hierbei ist <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Gliedmaße, die Gewebekonsistenz und dieMobilität des Patienten zu bedenken. Bevor e<strong>in</strong> Verband angelegt wird, muss auch das Alter desPatienten, die Diagnose und sonstige Erkrankungen wie e<strong>in</strong>e periphere Neuropathie o<strong>der</strong> Diabetesberücksichtigt werden. Alternative Formen <strong>der</strong> Mehrlagen-Kompressionssysteme z. B. komb<strong>in</strong>iertmit adhäsiven o<strong>der</strong> kohäsiven B<strong>in</strong>den verleihen diesen e<strong>in</strong>e höhere Steifigkeit und erzielen zum Teilhöhere Arbeitsdrücke.SCHLUSSFOLGERUNGUnelastische, kurzzügige Mehrlagen-Verbandssysteme – mit hohem Anpressdruck angelegt – sowiedie langfristige Anwendung <strong>der</strong> Kompressionstherapie haben sich als effektive Komponenten <strong>der</strong>Entstauungstherapie e<strong>in</strong>deutig bestätigt. Der Fokus <strong>der</strong> weiteren Untersuchungen muss jetzt daraufliegen, e<strong>in</strong> besseres Verständnis über die Eigenschaften <strong>der</strong> zum E<strong>in</strong>satz kommenden Materialien zugew<strong>in</strong>nen und die für die Behandlung des Lymphödems optimalen Anpressdrücke zu f<strong>in</strong>den.LITERATUR1. Browse NL, Stewart G. Lymphoedema: pathophysiology and classification.J Cardiovasc Surg (Tor<strong>in</strong>o) 1985; 26(2): 91-106.2. W<strong>in</strong>iwarter A. Die chirurgischen Krankheiten <strong>der</strong> Haut und des Zellgewebes.Stuttgart: Verlag Ferd<strong>in</strong>and Enke, 1892.3. Földi M, Földi E, Kubik S (eds). Textbook of Lymphology for Physicians andLymphedema Therapists. San Francisco, CA: Urban & Fischer, 2003.4. Badger C, Preston N, Seers K, Mortimer P. Physical therapies for reduc<strong>in</strong>g andcontroll<strong>in</strong>g lymphoedema of the limbs. Cochrane Database Syst Rev 2004; 4:CD003141.5. McNeely ML, Magee DJ, Lees AW, et al. The addition of manual lymphdra<strong>in</strong>age to compression therapy for breast cancer related lymphoedema: arandomized controlled trial. Breast Cancer Res Treat 2004; 86(2): 95-106.6. Bates DO, Levick JR, Mortimer PS. Subcutaneous <strong>in</strong>terstitial fluid pressure andarm volume <strong>in</strong> lymphoedema. Int J Microcirc Cl<strong>in</strong> Exp 1992; 11(4): 359–73.7. Partsch H. Un<strong>der</strong>stand<strong>in</strong>g the pathophysiological effects of compression. In:<strong>EWMA</strong> Position Document. Un<strong>der</strong>stand<strong>in</strong>g compression therapy. London:MEP Ltd, 2003; 2-4.8. Levick JR. An Introduction to Cardiovascular Physiology. London: Arnold,2003.9. Partsch H, Mostbeck A, Leitner G. [Experimental studies on the efficacy ofpressure wave massage (Lymphapress) <strong>in</strong> lymphedema]. Z Lymphol 1981; 5(1):35-39.10. Franzeck UK, Spiegel I, Fischer M et al. Comb<strong>in</strong>ed physical therapy forlymphedema evaluated by fluorescence microlymphography and lymphcapillary pressure measurements. J Vasc Res 1997; 34(4): 306–11.11. Olszewski WG. Lymph pressure and flow <strong>in</strong> limbs. In: Olszewski WG (ed).Lymph Stasis: pathophysiology, diagnosis and treatment. Boca Raton, FL:CRC Press, 1991.12. Levick JR, McHale N. The physiology of lymph production and propulsion. In:Browse N, Burnand K, Mortimer P (eds). Diseases of the Lymphatics. London:Hod<strong>der</strong> Arnold, 2003; 44-64.13. Leduc O, Bourgeois P, Leduc A. Manual lymphatic dra<strong>in</strong>age: Sc<strong>in</strong>tigraphicdemonstration of its efficacy on colloidal prote<strong>in</strong> resorption. In: Partsch H (ed).Progress <strong>in</strong> Lymphology XI. Amsterdam: Excerpta Medica, 1988; 551-54.14. Leduc A, Bast<strong>in</strong> R, Bourgeois P. Lymphatic reabsorption of prote<strong>in</strong>s andpressotherapies. In: Partsch H (ed). Progress <strong>in</strong> Lymphology XI. Amsterdam:Excerpta Medica, 1988; 591-92.15. Casley-Smith JR. Changes <strong>in</strong> the microcirculation at the superficial and deeperlevels <strong>in</strong> lymphoedema: the effects and results of massage, compression,exercise and benzopyrones on these levels dur<strong>in</strong>g treatment. Cl<strong>in</strong> HemorheolMicrocirc 2000; 23(2-4): 335–43.16. Földi E, Földi M, Weissle<strong>der</strong> H. Conservative treatment of lymphoedema of thelimbs. Angiology 1985; 36(3): 171–80.17. Partsch H. [Improv<strong>in</strong>g the venous pump<strong>in</strong>g function <strong>in</strong> chronic venous<strong>in</strong>sufficiency by compression as dependent on pressure and material]. Vasa1984; 13(1): 58-64.18. Jünger, Ste<strong>in</strong>s A, Hahn M, Hafner HM. Microcirculatory dysfunction <strong>in</strong> chronicvenous <strong>in</strong>sufficiency (CVI). Microcirculation 2000; 7(6 Pt 2): S3-12.19. Lofferer O, Mostbeck A, Partsch H. [Nuclear medic<strong>in</strong>e diagnosis of lymphatictransport disor<strong>der</strong>s of the lower extremities]. Vasa 1972; 1(2): 94-102.20. Haid H, Lofferer O, Mostbeck A, Partsch H. [Lymph k<strong>in</strong>etics <strong>in</strong> thepostthrombotic syndrome un<strong>der</strong> compression bandages]. Med Kl<strong>in</strong> 1968;63(19): 754-57.21. Földi E, Sauerwald A, Hennig B. Effect of complex decongestive physiotherapyon gene expression for the <strong>in</strong>flammatory response <strong>in</strong> peripheral lymphedema.Lymphology 2000; 33(1): 19–23.22. Badger CM, Peacock JL, Mortimer PS. A randomized, controlled, parallelgroupcl<strong>in</strong>ical trial compar<strong>in</strong>g multilayer bandag<strong>in</strong>g followed by hosiery versushosiery alone <strong>in</strong> the treatment of patients with lymphedema of the limb. Cancer2000; 88(12): 2832-37.23. Partsch H. The use of pressure change on stand<strong>in</strong>g as a surrogate measure ofthe stiffness of a compression bandage. Europ J Vasc Endovasc Surg (<strong>in</strong> pr<strong>in</strong>t).4


LYMPHÖDEM-VERBÄNDE IN DER PRAXISDas Lymphödem-Framework: e<strong>in</strong> Konsensüber den Lymphödem-VerbandCJ Moffatt 1 , P Morgan 2 , D Doherty 3EINLEITUNGE<strong>in</strong> kürzlich durchgeführter systematischer Überblick über die Behandlung des Lymphödemsbezüglich <strong>der</strong> zum E<strong>in</strong>satz kommenden physikalischen Therapien hat auf den Mangel anempirischen Fakten zur Untermauerung von Behandlungsentscheidungen aufmerksam gemacht 1 .Dies führte dazu, dass das Lymphödem-Framework-Projekt <strong>in</strong> Großbritannien versuchte, e<strong>in</strong>erigorose Konsenspolitik für die Ermittlung <strong>der</strong> aktuellen „besten <strong>Praxis</strong>“ zu verfolgen 2 . DieVorgehensweise be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>en systematischen Review <strong>der</strong> physikalischen Therapien, <strong>der</strong>Literatur und an<strong>der</strong>er nationaler (holländischer 3 und deutscher 4 ) sowie <strong>in</strong>ternationaler Lymphödem-Richtl<strong>in</strong>ien 5 . Aufgrund fehlen<strong>der</strong>, kl<strong>in</strong>isch ausreichen<strong>der</strong> Evidenz-Daten stützen sich dieEmpfehlungen <strong>in</strong> dieser Arbeit auch auf Forschungsergebnisse aus an<strong>der</strong>en Bereichen <strong>der</strong>Kompressionstherapie 6,7 .PFLEGEEMPFEHLUNGEN MIT BEHANDLUNGSOPTIONENEs gibt ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational vere<strong>in</strong>barten Kriterien für Patienten, die e<strong>in</strong>e Lymphödem-Behandlungbenötigen. Überall <strong>in</strong> Europa wird auf die Entstauungstherapie als Behandlungsmaßnahmeverwiesen. Dieses Schlagwort umfasst jedoch e<strong>in</strong> weites Feld, das e<strong>in</strong>e Reihe von Therapiemodalitätenberücksichtigt und unter dem verschiedenste Sachverhalte verstanden werdenkönnen. Aus diesem Grund hat das britische Lymphödem-Framework-Projekt detailliertePflegeempfehlungen mit def<strong>in</strong>ierten Behandlungsoptionen entwickelt. Die Hauptempfehlung wirdals „Standard-Intensivtherapie“ bezeichnet. Davon existieren auch abgewandelte (modifizierte)Versionen. Abbildung 1 zeigt die verschiedenen Maßnahmenvorschläge, die für bestimmtePatientengruppen je nach <strong>der</strong>en Gesundheitszustand und Fähigkeit, sich e<strong>in</strong>er Standard-Intensivtherapie zu unterziehen, zur Verfügung stehen.In Großbritannien, wo das Behandlungsangebot für Lymphödem-Patienten spärlich ist, werdenEntscheidungen zur Behandlung häufig vom Schweregrad <strong>der</strong> Erkrankung abhängig gemacht. Diesbedeutete, dass bislang e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Behandlung nur für schwere komplexe Fälle angebotenwurde, anstatt frühzeitig bei Patienten mit leichteren Ausprägungsformen zu <strong>in</strong>tervenieren undsomit e<strong>in</strong>e langfristige Verschlechterung zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.E<strong>in</strong>e umfassende E<strong>in</strong>gangsuntersuchung zur Feststellung des Lymphödemtyps und dessenAusprägung sowie e<strong>in</strong>e Anamneseerhebung zur Ermittlung <strong>der</strong> die Behandlung bee<strong>in</strong>flussendensozialen und psychologischen Faktoren, ist bei allen Patienten erfor<strong>der</strong>lich 8 . Im Rahmen diesesProzesses muss auch ermittelt werden, ob für die Behandlung e<strong>in</strong> Lymphödem-Spezialist benötigtwird o<strong>der</strong> ob diese im Rahmen <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Grundversorgung erfolgen kann. E<strong>in</strong>eentsprechende Schulung vorab benötigen jedoch alle Therapeuten, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versorgung dieserPatientengruppe tätig s<strong>in</strong>d 9 .EMPFEHLUNGEN FÜR DIE WAHL DER VERBANDSARTE<strong>in</strong> systematischer Review hat gezeigt, dass das komb<strong>in</strong>ierte Anlegen von Verbänden undKompressionsstrümpfen das Gliedmaßenvolumen wirksamer reduziert und über sechs Monateerhält als das Tragen von Kompressionsstrümpfen alle<strong>in</strong>e 10 . Bislang wurden jedoch nur wenigeUntersuchungen zu den vielen verschiedenen Verbandskomb<strong>in</strong>ationen o<strong>der</strong> -technikendurchgeführt.Beim Lymphödem kommen die Mehrlagen-Verbände während <strong>der</strong> Intensivtherapie zurAnwendung. Im Rahmen von langfristigen Behandlungsempfehlungen können sie auch beibestimmten Patientengruppen Anwendung f<strong>in</strong>den, die ke<strong>in</strong>e Kompressionsstrümpfe tragenkönnen. Die Mehrlagen-Verbände lassen sich auch wirksam zur Unterstützung <strong>der</strong> Symptomenkontrollebei Patienten mit Malignom-assoziiertem Lymphödem und gebrechlichen Patienten mitkomplexen gesundheitlichen Problemen e<strong>in</strong>setzen 11,12 . Dabei ist entscheidend, dass dieTherapeuten darum wissen, wie die Verbandstechniken die Peformance <strong>der</strong> für diese E<strong>in</strong>zelgruppenempfohlenen Verbandssysteme bee<strong>in</strong>flussen können. Mehrlagen-Verbandssysteme zurBehandlung des Lymphödems be<strong>in</strong>halten gewöhnlich die Anlage von unelastische Verbände (z.B.mit Kurzzug). Diese erzeugen niedrige Ruhedrücke, wenn sich <strong>der</strong> Patient im Liegen – <strong>in</strong> Ruhe –bef<strong>in</strong>det, und hohe Arbeitsdrucke unter Belastung, wenn die Muskeln arbeiten 13 . Das Anlegen vonunelastischen Mehrlagen-Verbänden ist von zentraler Bedeutung für die hier vorgestellteStandard-Intensivtherapie. Für Patienten mit Lymphödem und venösen Geschwüren o<strong>der</strong> fürimmobile Patienten bieten die Empfehlungen e<strong>in</strong>e Option für den E<strong>in</strong>satz von sowohlunelastischen als auch elastischen Mehrlagen-Verbandssystemen.Das britische Lymphödem-Framework-Projekt ist e<strong>in</strong>Forschungsvorhaben, dase<strong>in</strong>e Partnerschaftzwischen spezialisiertenLymphödem-Therapeuten,allgeme<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>isch tätigenÄrzten, Patientengruppen(„Lymphoedema SupportNetwork“), Gesundheitsorganisationenund <strong>der</strong>Mediz<strong>in</strong>produkte-Industrieim Bereich Wundversorgungund Kompressionstherapiebe<strong>in</strong>haltet. Ziel desProjektes ist es, aufnationaler EbeneLymphödem-Dienstleistungenmit Zugang zuspezialisierten Therapeutene<strong>in</strong>zurichten und bessereAngebote im ambulantenBereich zu schaffen. Diehier vorgestelltenEmpfehlungen wollen klareRichtl<strong>in</strong>ien für dieBewältigung <strong>der</strong> komplexenBedürfnisse vonLymphödem-Patienten andie Hand geben, die e<strong>in</strong>eKompressionstherapie mitVerbänden benötigen.1. Professor<strong>in</strong> fürPflegewissenschaft und Co-Direktor<strong>in</strong>;2. Forschungsstipendiat<strong>in</strong> nach<strong>der</strong> Promotion;3. Leitende Dozent<strong>in</strong> und auf diekl<strong>in</strong>ische Versorgung desLymphödems spezialisiertePflege-Therapeut<strong>in</strong> am Zentrumfür Forschung und Umsetzung <strong>in</strong><strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen <strong>Praxis</strong>, Fakultät fürGesundheits- undGesellschaftswissenschaften,Thames Valley Universität,London, Großbritannien.5


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTKRITERIEN FÜR DIESTANDARDBEHANDLUNG:Mittelschwer bis schwer ausgeprägtesLymphödemDeformierungLymphorrhö/HautschädenVerdickung des Unterhautgewebes (Fibrose)Gewebeschwellung (mittelschwer bis schwer)Faktoren mit E<strong>in</strong>fluss auf die psychosozialeMorbiditätEngagierte Beteiligung an <strong>der</strong> Behandlung... e<strong>in</strong> neurologisches Defizit... e<strong>in</strong> Lipödem... die Notwendigkeit zurpalliativen Versorgung... Gebrechlichkeit/e<strong>in</strong>geschränkte MobilitätJAJAPatient benötigtLymphödem-VerbandLIEGT BEIM PATIENTEN ... VOR?... e<strong>in</strong>e arterielleErkrankungJANEINIst <strong>der</strong> Patient starkübergewichtig/<strong>in</strong>fortgeschrittenem Alter?Ist <strong>der</strong> Patient e<strong>in</strong>geschränktmobil?NEIN... chronische venöseInsuffizienzund e<strong>in</strong> Lymphödem... venöse Geschwüre undLymphödemJAABBILDUNG 1 Behandlungsoptionen für Patientenmit mittelschwer bis schwer ausgeprägtemLymphödem. Die verschiedenen Versorgungsmaßnahmens<strong>in</strong>d:• Standard-Intensivtherapie: Hautpflege, manuelleLymphdra<strong>in</strong>age, Bewegungsübungen undunelastische Mehrlagen-Verbände, die täglich vone<strong>in</strong>em geschulten und spezialisierten Therapeutenüber 2–4 Wochen durchgeführt werden.• Modifizierte Intensivtherapie mit hohem Druck:Hautpflege, Bewegungsübungen und unelastischeMehrlagen-Verbände, die 3 mal wöchentlich fürPatienten durchgeführt werden, die sich ke<strong>in</strong>erStandard-Intensivtherapie unterziehen können.• Modifizierte Intensivtherapie mit reduziertemDruck: Hautpflege, Bewegungsübungen undunelastische Mehrlagen-Verbände, die 3 malwöchentlich von e<strong>in</strong>em geschulten Therapeuten über2–4 Wochen durchgeführt werden.• Intensivtherapie für venöse Erkrankungen:Hautpflege, Bewegungsübungen und unelastischeo<strong>der</strong> elastische Mehrlagen-Verbände, die 1–3 malwöchentlich von e<strong>in</strong>em geschulten Therapeutendurchgeführt werden.MODIFIZIERTEINTENSIVTHERAPIEMIT REDUZIERTEMDRUCKMODIFIZIERTEINTENSIVTHERAPIEMIT HOHEM DRUCKSTANDARD-INTENSIVTHERAPIEINTENSIVTHERAPIEDERVENÖSEN ERKRANKUNGANMERKUNG: Hierbei handelt es sich umBehandlungsempfehlungen. Die Häufigkeit desVerbandswechsels hängt vom Schweregrad <strong>der</strong>Lymphödemerkrankung, dem Wundstatus und denlokalen Versorgungse<strong>in</strong>richtungen ab.THERAPIEOPTIONENStandard-Intensivtherapie (mit hoher Kompression >45 mmHg)Dieses Behandlungsregime wird empfohlen für Patienten, die die Standardkriterien für dieBehandlung erfüllen (Abb. 1) und die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, sich e<strong>in</strong>em täglichen <strong>in</strong>tensivenBehandlungsprogramm zu unterziehen. Patienten <strong>in</strong> dieser Gruppe können auch Ödeme an denGliedmaßenenden haben. Die Patienten müssen h<strong>in</strong>reichend mobil se<strong>in</strong>, um an den Bewegungsprogrammenteilnehmen zu können, welche die Verbandswirkung unterstützen.Das empfohlene Verbandsregime erfor<strong>der</strong>t häufig den E<strong>in</strong>satz von Polstermaterialien ausSchaumstoff/-gummi unterschiedlicher Dichte zur Reduktion e<strong>in</strong>er möglichen Fibrose und Korrekturvon eventuellen Gliedmaßendeformierungen. Dabei können für den e<strong>in</strong>zelnen Patienten <strong>in</strong>dividuellzugeschnittene Schaumstoffplatten erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong>. Unelastische B<strong>in</strong>den verschiedener Größekönnen komb<strong>in</strong>iert angelegt werden. Die Verbandstechniken müssen an spezielle kl<strong>in</strong>ischeProblembereiche wie z.B. die Schwellung des Vorfußes angepasst werden. Aufgrund <strong>der</strong>Ressourcenanfor<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d die Patienten sorgfältig auszuwählen. Die manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age(MLD) ist e<strong>in</strong>e fixe Komponente im Behandlungsregime und sollte von e<strong>in</strong>em entsprechendausgebildeten Therapeuten durchgeführt werden. E<strong>in</strong> qualifizierter Lymphödem-Spezialist wirdbenötigt, um sämtliche Aspekte <strong>der</strong> Lymphödem-Behandlung anbieten und <strong>der</strong>en Wirksamkeitkontrollieren zu können.ANMERKUNG: Bei allen für dieBehandlungsoptionen genanntenDruckwerten handelt es sich umden bei <strong>der</strong> Applikationgemessenen Ruhedruck (imLiegen).6Modifizierte Intensivtherapie (mit hoher Kompression >45 mmHg)Es gibt e<strong>in</strong>e Reihe von Patientengruppen, die e<strong>in</strong>e modifizierte Version <strong>der</strong> Intensivbehandlungbenötigen. Dazu gehören ältere Patienten, stark übergewichtige o<strong>der</strong> nur m<strong>in</strong>imal mobile Patienten,die jedoch hohe Kompressionsdrucke ertragen können. Diese Patienten dürfen nicht an e<strong>in</strong>erarteriellen Verschlusskrankheit leiden und müssen im Fall e<strong>in</strong>es Be<strong>in</strong>ödems e<strong>in</strong>en ABPI (anklebrachialpressure <strong>in</strong>dex = KnöchelArmdruck-Index) von >0,8 (gemessen mit Doppler-Ultraschall)aufweisen. Begleiterkrankungen o<strong>der</strong> gleichzeitig bestehende Mobilitätsprobleme stellen e<strong>in</strong>enH<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsgrund für das volle Programm <strong>der</strong> Intensivbehandlung dar. Die modifizierte Versionbe<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong> angepasstes Bewegungsprogramm (z. B. Gehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ebene o<strong>der</strong> Hydrotherapie unde<strong>in</strong>e Reihe von Bewegungsübungen für die Extremitäten).Für diese Patienten werden unelastische Mehrlagen-Verbandssystem empfohlen. Um e<strong>in</strong>Verrutschen des Verbandes zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, können kohäsive o<strong>der</strong> adhäsive unelastische B<strong>in</strong>den (z. B.Pflasterverbände) verwendet werden. In diesem Behandlungsregime müssen die Patienten nurdreimal wöchentlich vorstellig werden, obwohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Behandlungswoche, <strong>in</strong> <strong>der</strong> dieÖdemrückbildung am größten ist, häufigere Anwendungen erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong> können. Im Anschlussan e<strong>in</strong>e umfassende Erhebung des funktionellen Status des Patienten kann e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles


LYMPHÖDEM-VERBÄNDE IN DER PRAXISPATIENTENKRITERIEN● Bei Patienten mitmittelschwer bis schwerausgeprägtem Lymphödemkann die Standard-Intensivtherapie <strong>in</strong> Fragekommen● Mittelschwer bis schwerausgeprägte Lymphödem-Erkrankungen lassen sichdurch die Stadiene<strong>in</strong>teilung<strong>der</strong> ISL 5 (Stadium II und III) <strong>in</strong>Komb<strong>in</strong>ation mit demübermäßigen Volumen wiefolgt klassifizieren:– mittelschwerausgeprägtesLymphödem: 20–40%übermäßigesGliedmaßenvolumen– schwer ausgeprägtesLymphödem: >40%übermäßigesGliedmaßenvolumen● WeitereKlassifikationssysteme s<strong>in</strong>dverfügbar 3,4KERNPUNKTEFÜR DIELYMPHÖDEMBEHAND-LUNG● Nachhaltig hohe Kompression● Sorgfältige Hautpflege● Infektionsprophylaxe● Manuelle Lymphdra<strong>in</strong>ageund/o<strong>der</strong> Selbstmassage● Bewegungsübungen (mit denangelegten Kompressionsverbänden)● Unterstützung und Schulungdes Patienten zum Umgangmit se<strong>in</strong>er Erkrankung undSelbstbehandlungsstrategien● Ausschluss e<strong>in</strong>er arteriellenErkrankung durch Doppler-Ultraschall o<strong>der</strong> PulsoximetrieBewegungsprogramm verordnet werden. Dies kann e<strong>in</strong>e physiotherapeutische Untersuchung undBeratung darüber erfor<strong>der</strong>n, welche Übungen im Rahmen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>geschränkten Möglichkeiten desPatienten durchgeführt werden.Modifizierte Intensivtherapie (mit reduzierter Kompression 15–25 mmHg)E<strong>in</strong>e Reihe von Patienten benötigt eigentlich e<strong>in</strong>e Intensivtherapie, kann jedoch nur e<strong>in</strong>e niedrigeKompression ertragen (15–25mmHg). Dazu gehören Patienten mit e<strong>in</strong>er begleitenden leichtgradigenarteriellen Verschlusskrankheit. Die empfohlenen Drücke für diese Gruppe leiten sich von den vomInternational Leg Ulcer Advisory Board empfohlenen Behandlungspfad ab. Dieser besagt, dassPatienten mit e<strong>in</strong>em herabgesetzten ABPI von 0,5–0,8 ke<strong>in</strong>e Kompression über e<strong>in</strong>em Druck von25mmHg h<strong>in</strong>aus erhalten sollten 7 . Schwierigkeiten kann die Messung des ABPI bei Lymphödem-Patienten machen aufgrund von Problemen mit <strong>der</strong> Beschallung <strong>der</strong> Arterien und weil e<strong>in</strong> höhererManschettendruck zur Okklusion <strong>der</strong> Arterie erfor<strong>der</strong>lich ist. Wenn e<strong>in</strong>e arterielle Beteiligungvermutet wird, sollte <strong>der</strong> Patient vor <strong>der</strong> Anwendung e<strong>in</strong>er Kompressionsbehandlung zunächste<strong>in</strong>em Spezialisten vorgestellt werden.Weitere Patienten, die ebenfalls nur e<strong>in</strong>e reduzierte Kompression erhalten dürfen, s<strong>in</strong>dgebrechliche und ältere Patienten sowie solche, für die e<strong>in</strong>e aktive Beteiligung an <strong>der</strong> Behandlungschwierig ist. Beson<strong>der</strong>e Vorsicht ist bei Patienten mit e<strong>in</strong>em neurologischen Defizit geboten, dadiese Komplikationen möglicherweise nur schwer erkennen können. Niedrige Kompressionsdrücke,die entsprechend vertragen werden und den arteriellen Status des Patienten nicht bee<strong>in</strong>trächtigen,s<strong>in</strong>d sicher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anwendung. Durch den E<strong>in</strong>satz von unelastischen Materialien erhält man beidiesen Patienten e<strong>in</strong>en verträglichen Ruhedruck. Obgleich das Ergebnis e<strong>in</strong>er erfolgreichenBehandlung für diese Patientengruppe mit jenem von Patienten vergleichbar ist, die mit e<strong>in</strong>erIntensivtherapie versorgt werden, wird sich die Behandlung des Lymphödems wahrsche<strong>in</strong>lich hierkomplexer gestalten und mehr Zeit <strong>in</strong> Anspruch nehmen. Patienten mit Lipödem tun sich schwer, dieKompression aufgrund <strong>der</strong> durch die Druckbehandlung hervorgerufenen Schmerzen zu tolerieren,wobei die zugrundeliegenden Mechanismen bislang nicht geklärt s<strong>in</strong>d. Für diese Patientenempfehlen sich niedrige Kompressionsdrücke <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangsphase.E<strong>in</strong>e reduzierte Kompression mit unelastischen, mehrlagigen Verbandssystemen kann wirksamals palliative Maßnahme bei Malignom-assoziierten Erkrankungen zum E<strong>in</strong>satz kommen, ebenso wiebei nicht krebskranken Patienten, <strong>der</strong>en Gesundheitsstatus e<strong>in</strong>e aggressivere Reduktion des Ödemsnicht zulässt. Behandlungsziel <strong>in</strong> diesen Gruppen muss es se<strong>in</strong>, unangenehme Symptome wieSchmerzen, Schweregefühl o<strong>der</strong> Lymphorrhö zu reduzieren. Verbände können kann nur über e<strong>in</strong>igeWochen o<strong>der</strong> im Rahmen e<strong>in</strong>er langfristigen Erhaltungstherapie zur Kontrolle des ÖdemsAnwendung f<strong>in</strong>den.Intensivtherapie bei Lymphödem mit venöser Erkrankung (35–45 mmHg)Patienten mit tiefer Be<strong>in</strong>venenthrombose und e<strong>in</strong>em postthrombotischen Syndrom tragen e<strong>in</strong>erhöhtes Risiko für die Entwicklung e<strong>in</strong>es Lymphödems mit hartnäckigen venösen Geschwüren 14,15 .Empfehlungen zu Kompressionsverbänden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung von Unterschenkelgeschwüren (Ulcuscruris venosum) s<strong>in</strong>d bereits an an<strong>der</strong>er Stelle genannt 7,16 .Diese Patienten haben an<strong>der</strong>e kl<strong>in</strong>ische Probleme als Patienten mit venösen Geschwüren alle<strong>in</strong>eund benötigen e<strong>in</strong>en modifizierten Mehrlagen-Verband. E<strong>in</strong>e Ödembildung an den Zehen und amVorfuß führt zu Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> oberflächlichen Lymphgefäße und sekundären Hautverän<strong>der</strong>ungen17 . Pilz<strong>in</strong>fektionen zwischen den Zehen und sekundäre bakterielle Infektionen s<strong>in</strong>d häufigund führen zu e<strong>in</strong>er weiteren Verschlechterung <strong>der</strong> Erkrankung. Zur Reduktion des Infektionsrisikosund zur Behandlung o<strong>der</strong> Prävention <strong>der</strong> Lymphorrhö ist das Verb<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Zehen erfor<strong>der</strong>lich. BeiVorliegen e<strong>in</strong>er Gliedmaßendeformation muss e<strong>in</strong> Spezialist h<strong>in</strong>zugezogen werden, <strong>der</strong> diese mitHilfe von Polstermaterialien aus Schaumstoff korrigieren kann. In schweren Fällen mit hochgradigerGliedmaßendeformation, Ödembildung und Fibrosierung können ansonsten gesunde Patienten vone<strong>in</strong>er Standard-Intensivtherapie profitieren, um e<strong>in</strong>en raschen Heilerfolg zu erzielen.Herkömmlicherweise werden bei venösen Geschwüren Unterschenkelverbände angelegt. Wenndie Schwellung jedoch auch den Oberschenkel betrifft, ist e<strong>in</strong>e Bandagierung über die gesamteBe<strong>in</strong>länge erfor<strong>der</strong>lich. Betrifft die Schwellung auch den restlichen Teil <strong>der</strong> Gliedmaße, die Genitalieno<strong>der</strong> den Körperstamm, so ist für die Entscheidung über die bestmögliche Behandlung e<strong>in</strong> Spezialistgefragt. E<strong>in</strong>e schlechte Verbandstechnik o<strong>der</strong> falsche Wahl <strong>der</strong> Kompressionsmittel kann zuSchwellungen im Bereich des Fußes, des Knies und des Oberschenkels führen. Beson<strong>der</strong>e Sorgfaltsollte auf die Wahl e<strong>in</strong>es geeigneten Wundverbandes zur primären Wundversorgung verwendetwerden, um so das Risiko von Gewebetraumata zu reduzieren, anfallendes Exsudat aufzufangenund das Risiko e<strong>in</strong>er Kontakt<strong>der</strong>matitis zu reduzieren. Viele Patienten mit venösen Geschwüren s<strong>in</strong>dkaum mobil und können ihre Be<strong>in</strong>e nicht hochlegen 18 . Für diese Gruppe kann e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>termittierendepneumatische Kompression beson<strong>der</strong>s vorteilhaft se<strong>in</strong> 19,20 . Die Schmerzkontrolle stellt imZusammenhang mit venösen Geschwüren e<strong>in</strong>e wichtige Priorität dar, da sie bis zu 80% <strong>der</strong>Patienten betrifft 21 . Die beschriebenen Versorgungsprogramme werfen e<strong>in</strong>e Reihe von Fragenh<strong>in</strong>sichtlich des Kompetenzerwerbes auf, die es im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er besseren Patientenversorgung7


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTPflegeempfehlungZIELE DRÜCKE MATERIALIEN BEHANDLUNGSERGEBNISSESTANDARD-INTENSIVTHERAPIEUND MODIFIZIERTEINTENSIVTHERAPIEMIT HOHEM DRUCKKorrektur <strong>der</strong>GliedmaßendeformationReduktion <strong>der</strong> ÖdemgrößeRückbildung des GewebeumbausPrävention e<strong>in</strong>er VerschlechterungHoher Arbeitsdruck/Niedriger Ruhedruck>45mmHgAnmerkung: bei Vorliegen e<strong>in</strong>erInfektion nur 15–25mmHgEmolliensSchlauchverbandWoll-o<strong>der</strong> Schaumstoffipolsterung(Soft-Roll/Schaumstoff/-gummi hoherDichte – Anwendung durch denSpezialisten)(Unelastische) Kurzzugb<strong>in</strong>deTape (zur Fixierung)*kohäsive/adhäsive unelastischeB<strong>in</strong>den für modifizierte Behandlungmit hohem DruckVerbesserung <strong>der</strong> Hautgesundheit/des Unterhautgewebes/<strong>der</strong> Gliedmaßenform/<strong>der</strong> Gliedmaßenfunktion/<strong>der</strong> Symptomenkontrolleund <strong>der</strong> Fertigkeiten zur SelbstbehandlungReduktion <strong>der</strong> Ödemgröße (Ausdehung)und des Gliedmaßenumfangs (Ödemvolumen)Abklärung <strong>der</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>erÜbergangsbehandlungMODIFIZIERTEINTENSIVTHERAPIEREDUZIERTER DRUCKKorrektur <strong>der</strong>GliedmaßendeformationReduktion <strong>der</strong> ÖdemgrößeRückbildung des GewebeumbausPrävention e<strong>in</strong>er VerschlechterungReduzierter Anpressdruck15–25mmHgAnmerkung: bei Vorliegen e<strong>in</strong>erInfektion Verbände nicht e<strong>in</strong>stellenEmolliensSchlauchverbandWoll-o<strong>der</strong> Schaumstoffpolsterung(Unelastische) Kurzzugb<strong>in</strong>deAdhäsive/kohäsive B<strong>in</strong>denTape (zur Fixierung)Intermittierende pneumatischeKompressionINTENSIVTHERAPIEBEI VENÖSENERKRANKUNGENVerbesserung <strong>der</strong> HautgesundheitBeherrschung von Haut/ExsudatBehandlung <strong>der</strong> Ursache vonGeschwüren (unelastischeo<strong>der</strong> elastische Mehrlagen-Kompressionsverbändemit hohem Druck)Je nach arteriellem Status/Toleranz des Patienten35–45mmHg o<strong>der</strong> 15–25mmHgAnmerkung: bei Vorliegen e<strong>in</strong>erInfektion nur 15–25mmHgEmolliensSchlauchverbandUnelastischer Mehrlagen-VerbandWenn Patient aktiv/mobilElastischer Mehrlagen-Verband,wenn Patientimmobil/Sprunggelenk fixiertIntermittierende pneumatischeKompressionPLUSAbheilung <strong>der</strong>venösen GeschwüreABBILDUNG 2 Dieverschiedenen Pflegeempfehlungenfür Patientenmit mittelschwer bis schwerausgeprägtem Lymphödem.anzugehen gilt. Dabei ist die Beteiligung e<strong>in</strong>es spezialisierten Therapeuten für e<strong>in</strong>epatientenangepasste Versorgung 22 essentiell.Allgeme<strong>in</strong>e BetrachtungenDie Pflegeempfehlungen (Abb. 2) sollen Therapeuten dazu anhalten, ihre Behandlung laufend zudokumentieren, kritisch zu bewerten und zu bedenken, ob Patienten e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Therapie o<strong>der</strong>e<strong>in</strong>e Anpassung Ihres Behandlungsregimes benötigen. E<strong>in</strong> Lymphödem kann <strong>der</strong> Entwicklung vonHaut<strong>in</strong>fektionen (Erysipel) o<strong>der</strong> Infektionen <strong>der</strong> Lymphgefäße bzw. des Lymphsystems (Lymphangitis)Vorschub leisten 23 . E<strong>in</strong>e wirksame Behandlung mit e<strong>in</strong>er Rückbildung des Ödems soll diese Ereignissereduzieren, obwohl nur wenige Evidenz-basierte H<strong>in</strong>weise darauf vorliegen 24 . Während e<strong>in</strong>er akutenInfektion sollten alle Patienten e<strong>in</strong>e Kompression mit reduziertem Druck (15–25mmHg) erhalten un<strong>der</strong>for<strong>der</strong>lichenfalls ärztlich überwacht werden. Die Bandagierung darf nur dann e<strong>in</strong>gestellt werden,wenn <strong>der</strong> Patient ke<strong>in</strong>en Druck toleriert, und sollte wie<strong>der</strong> aufgenommen werden, wenn die akutePhase <strong>der</strong> Infektion abgeklungen ist.ÜBERGANG IN DIE LANGZEITBEHANDLUNGDiese Empfehlungen sehen erstmals das Konzept e<strong>in</strong>er Übergangsphase zwischen <strong>der</strong> Intensivbehandlungund <strong>der</strong> langfristigen Therapie vor (Abb. 3). Diese Phase ist beson<strong>der</strong>s wichtig fürPatienten, für die angenommen wird, dass nach E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> Mehrlagen-Bandagierung potentiellmit e<strong>in</strong>em Rebound-Phänomen durch e<strong>in</strong> rasch neu e<strong>in</strong>setzendes Ödem zu rechnen ist.ÜbergangsbehandlungZiel <strong>der</strong> Übergangsbehandlung ist die Konsolidierung <strong>der</strong> wirksamen Intensivbehandlung über e<strong>in</strong>enZeitraum von drei Monaten und die Bewertung <strong>der</strong> Strategien für die langfristige Erhaltungstherapie.Die Bewältigung dieser Phase sollte vorzugsweise e<strong>in</strong>em Spezialisten überlassen werden. Um e<strong>in</strong>erneutes Anschwellen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, kann e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ationbehandlung mit Kompressionsverbändenund -strümpfen erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong> – um die Ödembildung weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zudämmen und e<strong>in</strong>erVerschlechterung vorzubeugen.Die Patienten sollten soweit wie möglich <strong>in</strong> alle Phasen ihrer Behandlung aktiv e<strong>in</strong>gebundenwerden. Dies erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e umfassende Patientenschulung und die Integration vonSelbstbehandlungsprogrammen e<strong>in</strong>schließlich Selbstmassagen zur unterstützenden Kontrolle <strong>der</strong>Effektivität <strong>der</strong> Lymphödembehandlung.Wenn die Schwellung nicht <strong>in</strong>nerhalb von drei Monaten kontrolliert werden kann, muss e<strong>in</strong>eweitere Intensivbehandlung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von zusätzlichen Maßnahmen wie die <strong>in</strong>termittierendepneumatische Kompression <strong>in</strong> Erwägung gezogen werden. Es kann jedoch auch se<strong>in</strong>, dass bereits<strong>der</strong> maximal zu erzielende Besserungsgrad erreicht ist.8LangzeitbehandlungDie Mehrzahl <strong>der</strong> Patienten wird ihr Lymphödem durch die komb<strong>in</strong>ierte Anwendung von sorgfältigerHautpflege, Bewegungsübungen und Kompressionsstrümpfen <strong>in</strong> den Griff bekommen. Für e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Anteil <strong>der</strong> Patienten kann e<strong>in</strong>e langfristige Bandagierung erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong>. Dazu gehörenPatienten mit nicht <strong>in</strong>takter Haut, die ke<strong>in</strong>e Kompressionsstrümpfe tragen bzw. diese ohne Traumatanicht sicher anlegen und wie<strong>der</strong> ausziehen können. Kognitiv e<strong>in</strong>geschränkte Patienten profitieren


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTjedes F<strong>in</strong>gers/Zehs angelegt werden, wobei von distal nach proximal gewickelt werden muss. Beikle<strong>in</strong>en Zehen o<strong>der</strong> F<strong>in</strong>gern kann die B<strong>in</strong>de auf 2–2,5cm Breite gefaltet werden. Zum Schutz <strong>der</strong>F<strong>in</strong>ger-/Zehenbasis kann e<strong>in</strong> dünner Streifen von Polstermaterial verwendet werden. Bei e<strong>in</strong>emkle<strong>in</strong>en Fuß mit kurzen Zehen kann mit dem Verb<strong>in</strong>den am Knöchel begonnen werden, um e<strong>in</strong>Verrutschen weitestgehend zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.PolsterungDie Polsterlage wird benötigt:● zum Schutz von Haut und Gewebe – zur Reduktion des Risikos von Druckschäden, zurVerh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Wundscheuern und E<strong>in</strong>schnürungen. Empf<strong>in</strong>dliche Druckpunkte wie Achilles-Sehne, Fußrücken, Sehnenansatz des M. tibialis anterior und Malleolus können e<strong>in</strong>en zusätzlichenSchutz erfor<strong>der</strong>n.● für e<strong>in</strong>e neue Gliedmaßenformgebung – für e<strong>in</strong>e zyl<strong>in</strong>drische Form im Querschnitt und e<strong>in</strong>ekonische Form <strong>in</strong> Längsrichtung <strong>der</strong> Gliedmaße. Dies liefert e<strong>in</strong>e glatte Oberfläche für das Anlegenvon Kompressionsb<strong>in</strong>den und erlaubt e<strong>in</strong>e gleichmäßige Verteilung des Anpressdrucks, wobei aufe<strong>in</strong>en von distal nach proximal abfallenden Druck zu achten ist.Die für jede Gliedmaße e<strong>in</strong>zigartige Form erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e sorgfältige Beurteilung. Auch müssenTherapeuten mit <strong>der</strong> Vielzahl von Polstermaterialien vertraut se<strong>in</strong>. Dazu gehören Polstermaterialienaus Polyester o<strong>der</strong> Schaumstoff/-gummi aus Polyurethan.Polyesterpolster s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> verschiedenen Breiten verfügbar und können lagenweise <strong>in</strong> Längsrichtung<strong>der</strong> Gliedmaße angebracht werden. Es handelt sich um e<strong>in</strong> vielseitiges Material, daszugeschnitten, gefaltet und geformt werden kann, um Hautfalten und Fissuren auszupolstern undan<strong>der</strong>e Polstermaterialien zu fixieren. Es wird auch zum Schutz empf<strong>in</strong>dlicher Bereiche verwendet, <strong>in</strong>denen die Haut leicht Reizungen zeigt wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kniekehle und Ellenbeuge.Polyurethanschaumstoff/-gummi ist <strong>in</strong> verschiedenen Breiten, Dicken und Dichten und <strong>in</strong> Formvon B<strong>in</strong>den, Tüchern o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelpads erhältlich. Es sollte immer hypoallergener Schaumstoff/-gummiverwendet werden. Auch sollten die Kanten e<strong>in</strong>es Schaumstoff/-gummistücks angeschrägt werden,um e<strong>in</strong> Scheuern zu vermeiden. Schaumstoff/-gummi aus Polyurethan ist verfügbar als:● Schaumstoff/-gummi von niedriger bis mittlerer Dichte – dieser wird als Zirkulärverbandverwendet (d. h. spiralförmig <strong>in</strong> Kreistouren um die Gliedmaße gewickelt) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> verschiedeneFormen zugeschnitten, um Lücken auszufüttern o<strong>der</strong> spezielle Stellen zu schützen. GrößereSchaumstoff/-gummiteile können zur E<strong>in</strong>hüllung <strong>der</strong> ganzen Gliedmaße verwendet werden.● Schaumstoff/-gummipads höherer Dichte – diese werden zur Ausübung von lokalem Druckund/o<strong>der</strong> Auflockerung von fibrotisch verhärtetem Gewebe verwendet. So ist zum Beispiel <strong>der</strong>Bereich um die Knöchel (Malleoli) beson<strong>der</strong>s ödemanfällig und e<strong>in</strong>e speziell vorgeformteSchaumstoffgummi-E<strong>in</strong>lage trägt zu e<strong>in</strong>er besseren Formung <strong>der</strong> Knöchelregion bei.● Beutel mit Schaumgummi-Chips – diese bestehen aus Schaumgummistücken niedriger Dichte,die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schlauchbeutel bef<strong>in</strong>den und dazu verwendet werden können, sandwichartigBereiche wie die Handflächen auszupolstern o<strong>der</strong> fibrotisch verhärtetes Gewebe aufzulockern.Durch die E<strong>in</strong>lage e<strong>in</strong>es Beutels mit Schaumgummi-Chips niedriger Dichte <strong>in</strong> die Handfläche wird<strong>der</strong> Hand im Querschnitt e<strong>in</strong>e run<strong>der</strong>e Form verliehen, wobei sich <strong>der</strong> Druck auf den Handrückenerhöht und Druck von <strong>der</strong> Ulnar- bzw. Außenseite des Unterarms genommen wird 8 .BOX 1UNELASTISCHEKURZZÜGIGEBINDENMaterialien:● Hergestellt aus starküberdrehten Baumwollzwirnen,sogenanntenKreppzwirnen (zumBeispiel Rosidal ® K,Comprilan ® )● Kohäsive unelastischeB<strong>in</strong>den (zum BeispielRosidal ® Haft, Actico).● Die meisten B<strong>in</strong>dentypens<strong>in</strong>d verfügbar <strong>in</strong> denBreiten 4cm, 6cm, 8cm,10cm und 12cmUnelastische Verbände mit e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehreren LagenUnelastische Kurzzugb<strong>in</strong>den werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehreren Lagen angelegt und bilden e<strong>in</strong>e steife,Wi<strong>der</strong>stand bietende Hülle um die Gliedmaße (Box 1). Die Bewegung <strong>der</strong> Gliedmaße aus <strong>der</strong>horizontalen <strong>in</strong> die abhängende Position o<strong>der</strong> während Muskeltätigkeit führt zu e<strong>in</strong>er Verän<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Gliedmaßengeometrie 17 , wobei sich <strong>der</strong> Anpressdruck erhöht, wenn das Gewebe auf denWi<strong>der</strong>stand des Verbandes stößt. Die Kraft wird zurück auf die Gliedmaße gerichtet, wo sich e<strong>in</strong>eentsprechende Wirkung auf die Gewebe und die venöse und lymphatische Hämodynamikentfaltet 11,12 .In Ruhe und während des Erschlaffens <strong>der</strong> Muskeln (Muskeldiastole) fällt <strong>der</strong> Druck ab, so dasssich die Lymphgefäße füllen können. Der Druckanstieg, <strong>der</strong> sich beim Aufstehen aus <strong>der</strong> Rückenlageund während des Gehens ergibt, ist für unelastische B<strong>in</strong>den wesentlich höher als für elastischeB<strong>in</strong>den 9,11 . Dies spricht allgeme<strong>in</strong> dafür, dass unelastische B<strong>in</strong>den niedrige Ruhedrücke bewirken undmit ger<strong>in</strong>gerer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit den arteriellen Blutfluss e<strong>in</strong>schränken, obwohl <strong>der</strong> von mehrerenLagen e<strong>in</strong>er unelastischen B<strong>in</strong>den erzeugte Anpressdruck unmittelbar nach dem Anlegenbeträchtlich hoch se<strong>in</strong> kann 11,18 .Aufgrund <strong>der</strong> raschen, hohen Volumenreduktion, <strong>in</strong> den ersten 1–2 Wochen 6,7,19 müssenunelastische B<strong>in</strong>den <strong>in</strong> dieser Entstauungsphase täglich neu angelegt werden, da sich durch dieRückbildung <strong>der</strong> ödematösen Schwellung die Form <strong>der</strong> Gliedmaße verän<strong>der</strong>t. Studien haben belegt,dass <strong>der</strong> Anpressdruck <strong>in</strong> den ersten drei Stunden nach dem Anlegen erheblich abfallen kann 20 undauch die kl<strong>in</strong>ische Erfahrung zeigt, dass die Ödemrückbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Woche am größten ist 19 .Dies legt e<strong>in</strong>en täglichen Verbandswechsel <strong>in</strong> dieser Phase entsprechend den Empfehlungen <strong>der</strong>„Standard-Intensivtherapie“ nahe 13 . Bei e<strong>in</strong>igen Patientengruppen kann e<strong>in</strong> weniger häufiger12


LYMPHÖDEM-VERBÄNDE IN DER PRAXISBESONDERS ZUBEACHTEN● Druck lässt mit <strong>der</strong> Zeit nach● Über empf<strong>in</strong>dlichenDruckpunkten können sehrhohe Drücke erreichtwerden● Bei mäßigen Gliedmaßenumfängenfallen die Drückehöher aus● Das Anlegen e<strong>in</strong>esVerbandes unterhalb desKnies sollte nur mit Vorsichtund nach sorgfältigerBewertung von Ausmaß undUrsache des Lymphödemserfolgen, da e<strong>in</strong>e unangemesseneAnwendng zu e<strong>in</strong>erSchwellung des Kniesführen kann● Die Bandagierung e<strong>in</strong>esausgeprägten Ödems kanne<strong>in</strong>en erheblichen Aufwandund E<strong>in</strong>satz desTherapeuten erfor<strong>der</strong>nVerbandswechsel <strong>in</strong>diziert se<strong>in</strong> 13 , aber e<strong>in</strong>e laufende kritische Bewertung des Behandlungsfortschrittsbleibt dennoch geboten.Die Kompressionsb<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d üblicherweise über die gesamte Gliedmaße anzulegen und je<strong>der</strong>Teilverband muss über den Schwellungsbereich h<strong>in</strong>ausreichen und das Knie- bzw. Ellenbogengelenkmite<strong>in</strong>beziehen, um e<strong>in</strong>e proximale Verdrängung von Flüssigkeit <strong>in</strong> das Gelenk zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.Die Hand sollte mit gespreizten F<strong>in</strong>gern verbunden und <strong>der</strong> Patient dann gebeten werden, e<strong>in</strong>eFaust zu machen und den Unterarm e<strong>in</strong>wärts zu drehen. Während <strong>der</strong> Bandagierung des Arms ist <strong>der</strong>Ellenbogen leicht zu beugen. Dies reduziert das Risiko e<strong>in</strong>es zu festen Verbandes und lässt e<strong>in</strong>engrößeren Bewegungsspielraum für das Ellenbogengelenk zu. Füße und Knöchel sollten bei rückwärtsgebeugtem (dorsalflektiertem) Sprunggelenk verbunden werden. Das Be<strong>in</strong> kann <strong>in</strong> sitzen<strong>der</strong> o<strong>der</strong>stehen<strong>der</strong> Haltung des Patienten bandagiert werden. Wenn <strong>der</strong> Patient steht, sollte unter die Ferse e<strong>in</strong>eaufgerollte B<strong>in</strong>de geschoben werden, um e<strong>in</strong>e leichte Kniebeugung zu erzielen.Normalerweise werden zum Aufbau <strong>der</strong> B<strong>in</strong>denlagen Spiral- o<strong>der</strong> Achtertouren gewickelt, aber es iste<strong>in</strong>e ständige Überprüfung <strong>der</strong> Wirkung <strong>der</strong> B<strong>in</strong>denbreite, Überlappung und Lagenbildung erfor<strong>der</strong>lich.Um e<strong>in</strong>e Weichteilabschnürung zu vermeiden, sollten <strong>in</strong> Folge Spiraltouren im Uhrzeigers<strong>in</strong>n und gegenden Uhrzeigers<strong>in</strong>n gewickelt werden, damit e<strong>in</strong> abwechseln<strong>der</strong> Lagenaufbau <strong>in</strong> Achter- undSpiraltouren zu e<strong>in</strong>er gleichmäßigeren Druckverteilung und mit ger<strong>in</strong>gerer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit zu e<strong>in</strong>erVerdrängung <strong>der</strong> Muskeln aus ihrer ursprünglichen Position führt.INDIKATIONSSPEZIFISCHE BESONDERHEITENBehandlung von Hautsäcken und -lappenGroße, hängende Hautsäcke o<strong>der</strong> -lappen können am Unterbauch o<strong>der</strong> an den Be<strong>in</strong>en auftreten,häufig im Bereich des Knies, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei stark übergewichtigen und immobilen Patienten. Dieseerfor<strong>der</strong>n spezielle Interventionsmaßnahmen. E<strong>in</strong>zelne Lappen müssen möglicherweise separatbandagiert werden, bevor sie <strong>in</strong> das eigentliche Verbandssystem e<strong>in</strong>gebunden werden können. DasGewicht <strong>der</strong> Lappen kann durch aufgebauschtes Polstermaterial abgestützt werden, das vor <strong>der</strong>Anwendung von Druck durch kurzzügige Fixierb<strong>in</strong>den befestigt werden sollte. Kohäsive B<strong>in</strong>den könnenebenfalls zur Anwendung kommen und s<strong>in</strong>d vielleicht für die Patienten angenehmer zu tragen.Es ist wichtig, sicherzustellen, dass Hautsäcke o<strong>der</strong> -lappen an <strong>der</strong> Wurzel nicht zu fest bandagiertwerden, da dies e<strong>in</strong>e abschnürende Wirkung haben kann. Unter diesen schweren, ödematösenBereichen kann es zu Mazerationen kommen und persistierende Infektionen s<strong>in</strong>d die Folge. E<strong>in</strong>esorgfältige Hautpflege ist daher von erstrangiger Bedeutung.Behandlung fibrosklerotischer BereicheFibrosklerotisch verän<strong>der</strong>tes Gewebe ist verhärtet, häufig prall gespannt und daher wi<strong>der</strong>standsfähigergegen Druck 14,21 . Wie Narbengewebe spricht es auf hohen Druck über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum an, sodass verschiedene Materialien und Produkte direkt auf <strong>der</strong> Haut angewendet werden, um zu e<strong>in</strong>erAuflockerung des Gewebes durch Erzeugung lokal begrenzter Reibung beizutragen. Im Handelerhältliche Schaumgummi- o<strong>der</strong> Fibrosepads, die aus kle<strong>in</strong>en Schaumgummistücken hoher Dichtezwischen Klebeschichten aufgebaut s<strong>in</strong>d, können mit Vorsicht über e<strong>in</strong>en kurzen Zeitraum auffibrotischem Gewebe angewendet werden. Diese sollten jedoch nur durch erfahrene Therapeutene<strong>in</strong>gesetzt werden, da e<strong>in</strong>e übermäßige Reibung über mehrere Stunden zu e<strong>in</strong>er Hautschädigungführen kann. Die manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age kann ebenfalls für die Behandlung <strong>der</strong> Fibrose <strong>in</strong>diziert se<strong>in</strong>.Bandagierung von GelenkenE<strong>in</strong>e Gelenkb<strong>in</strong>de muss ausreichend Druck aufbr<strong>in</strong>gen, um e<strong>in</strong>e Korrektur <strong>der</strong> Deformierung zuSCHWERPUNKT FÜR DIE PRAXIS● Unelastische B<strong>in</strong>den sollten unter vollem Zug („lock-out po<strong>in</strong>t“) mit gleichmäßiger Spannung über dieGliedmaßen angelegt werden.● E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Bandagieren mittels Spiraltechnik (mit 50%iger Überlappung) von distal nach proximalkann angemessen se<strong>in</strong>. Erfahrene Therapeuten beherrschen jedoch e<strong>in</strong> breites Spektrum unterschiedlicherVerbandstechniken, um die notwendige Steifigkeit und den erfor<strong>der</strong>lichen Druck aufzubr<strong>in</strong>gen.● Es ist daran zu denken, dass e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Achtertouren angelegter Verband e<strong>in</strong>en um das 1,5–2-fach höherenDruck aufbr<strong>in</strong>gen kann als die gleiche B<strong>in</strong>de, die <strong>in</strong> Spiraltechnik mit e<strong>in</strong>er 50%igen Überlappungangelegt wird 22 .● Nach dem Anlegen das Verbandes ist die Bewegungsfreiheit zu überprüfen.● Zur Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er distalen Ödembildung muss auf dem Fußrücken bzw. Handrücken <strong>in</strong> Lagengewickelt werden. Der Fuß darf jedoch nicht so stark aufbandagiert se<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong>e Schuhe mehrgetragen werden können, da e<strong>in</strong> normaler Gang für e<strong>in</strong> effektives Funktionieren <strong>der</strong> Waden- undFußmuskelpumpe von zentraler Bedeutung ist.● Die Patienten sollten angehalten werden, sich an <strong>der</strong> Auswahl und <strong>der</strong> kritischen Beurteilung desVerbandsystems aktiv zu beteiligen.● E<strong>in</strong> kohäsives Verbandsystem verrutscht möglicherweise weniger leicht.● Manche Patienten schätzen es, wenn ihnen die Möglichkeit e<strong>in</strong>geräumt wird, die letzte B<strong>in</strong>denlageselbst zu entfernen.13


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTBOX 2 TIPS GEGENDAS VERRUTSCHEN● Verwenden Sie zumAbpolstern Schaumstoff/-gummi, da dieser eher an Ortund Stelle bleibt als an<strong>der</strong>esPolstermaterial● Legen Sie am Oberschenkelkle<strong>in</strong>e Schaumstoff/-gummistreifen zwischen dieLagen unelastischer B<strong>in</strong>den,da diese als e<strong>in</strong>e Art Bremsefungieren 23● Verwenden Sie e<strong>in</strong>enKohäsivverband <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong>mehreren Lagen, und<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong>abschließenden Lage● Ziehen Sie e<strong>in</strong>e Strumpfhoseüber den Verband o<strong>der</strong>fixieren Sie das proximaleEnde <strong>der</strong> B<strong>in</strong>de/desVerbandes, um e<strong>in</strong>eVerschiebung desDruckgradienten zuvermeidenermöglichen, gleichzeitig aber das Potential für E<strong>in</strong>schnürungen und Reibung möglichst ger<strong>in</strong>g halten.Wo immer dies möglich ist, sollte e<strong>in</strong>e Knöchel- und Fußverband das Tragen von unterstützendemSchuhwerk erlauben, um das Gangbild zu normalisieren und die Wirkung <strong>der</strong> Fuß- und Wadenpumpe zumaximieren. Die Knie- und Ellenbogengelenke sollten bandagiert werden, um e<strong>in</strong>e Unterstützung,Flexibilität und normale Beweglichkeit sicherzustellen.Verr<strong>in</strong>gerung des VerrutschensHäufig kommt es mit <strong>der</strong> Rückbildung des Ödems, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> den Frühphasen <strong>der</strong> Bandagierung,zu e<strong>in</strong>em Verrutschen, was e<strong>in</strong>e abschnürende Wirkung haben und für den Patienten sehr unangenehmse<strong>in</strong> kann. Dies passiert mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit auch bei stark übergewichtigen Patienten mitunproportionierten kurzen Gliedmaßen (siehe Box 2 mit nützlichen H<strong>in</strong>weisen gegen das Verrutschen).ÜBERGANGS- UND ERHALTUNGSPHASEEntscheidungen <strong>in</strong> Bezug auf die Behandlungsdauer und -häufigkeit, die Maßstäbe für denBehandlungserfolg sowie die Nachbeobachtung müssen von den jeweiligen Patientenbedürfnissenabhängig gemacht werden. Passende Kompressionsstrümpfe spielen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong>langfristigen Behandlung und Kontrolle des Lymphödems. Sie sollten bereits im unmittelbaren Anschlussan die Phase <strong>der</strong> Bandagierung zur Verfügung stehen. Flachstrickformen o<strong>der</strong> doppellagige Ausfertigungenkönnen <strong>in</strong>diziert se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>e entsprechende Kontrolle zu erhalten und die Reakkumulation vonFlüssigkeit zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. E<strong>in</strong>e umfassende Diskussion dieses Aspektes <strong>der</strong> weiteren Versorgung würdedie Grenzen dieser Arbeit jedoch sprengen. Patienten mit e<strong>in</strong>em Risiko für e<strong>in</strong>e Rebound-Schwellungbenötigen möglicherweise auch weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e regelmäßige manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age und Verbändezur Erhaltung des Behandlungserfolges. Diese Patienten sollten wo immer möglich <strong>in</strong> <strong>der</strong>Selbstbandagierung und Selbstmassage geschult werden, um ihre Unabhängigkeit zu erhöhen undBesserungen ihrer Erkrankung zu halten.SCHLUSSFOLGERUNGDie unelastischen mehrlagigen Kurzzugverbände s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiger Teil <strong>der</strong> Entstauungstherapie.Der Transport <strong>der</strong> Interstitialflüssigkeit <strong>in</strong> die Lymphgefäße gründet auf <strong>in</strong>termittierendenGewebedruckän<strong>der</strong>ungen, die durch Bewegung und lokale Massagen herbeigeführt und durch dieKompressionstherapie verstärkt werden. Es gibt noch erheblichen Forschungsbedarf, um dasVerständnis zum Anpressdruckprofil und den optimalen Druck, <strong>der</strong> für die Behandlung des Lymphödemsaufgebracht werden muss, zu verstehen. Auch ist noch wenig über die Wirkung verschiedenerMaterialien auf lymphödematös geschwollene Gliedmaßen bekannt. Die Auswahl des Materials wirdauch bee<strong>in</strong>flusst durch die Höhe <strong>der</strong> entstandenen Behandlungskosten, die Verfügbarkeit, Waschbarkeitund Wie<strong>der</strong>verwendbarkeit sowie persönliche Präferenz. Es s<strong>in</strong>d jedoch mehr Informationen erfor<strong>der</strong>lich,um Entscheidungen auf e<strong>in</strong>er ausreichend wissenschaftlich begründbaren Basis treffen zu können.Obwohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung des Lymphödems die Kompetenz e<strong>in</strong>es Spezialisten benötigt und notwendigist, sollten das Versorgungsangebot weiter gestreut werden, die Möglichkeiten zur Maximierung desBehandlungserfolgs erforscht und sichergestellt werden, damit die Behandlung für diejenigen, die siebenötigen, auch wirklich auf breiter Ebene zugänglich ist.LITERATUR1. Mondry TE, Riffenburgh RH, Johnstone PA. 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LYMPHÖDEM-VERBÄNDE IN DER PRAXISLymphödem-Verbände für Kopf, Brustund GenitalienO GültigEINLEITUNGDer Kompressionsverband kann als Teil <strong>der</strong> Entstauungstherapie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung desLymphödems <strong>in</strong> anatomisch problematischen Bereichen wie Kopf, Brust und Genitalien angewendetwerden. In Deutschland wird die <strong>in</strong>itiale Entstauung bei den meisten dieser Patienten an lymphologischenSpezialkl<strong>in</strong>iken durchgeführt, da die Patienten bisweilen mehrere Behandlungen pro Tagbenötigen, wenn die Erkrankung beson<strong>der</strong>s schwer ausgeprägt ist. In den meisten an<strong>der</strong>eneuropäischen Län<strong>der</strong>n erfolgt die Behandlung seit jeher ambulant 1 . Obwohl e<strong>in</strong>e effektive Bandagierung<strong>in</strong> diesen Körperbereichen schwierig se<strong>in</strong> kann, müssen die Patienten häufig selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong>Lage se<strong>in</strong>, die Verbände anzulegen bzw. zu erneuern, so dass den Therapeuten hier e<strong>in</strong>eentscheidende Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> zuverlässigen Unterstützung des Patienten zukommt. Dies erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>hohes Maß an Verständnis und E<strong>in</strong>fühlungsvermögen und e<strong>in</strong> breites Wissen um diePathophysiologie des Lymphödems und den damit assoziierten Krankheitsprozessen.BANDAGIERUNG VON KOPF UND GESICHTE<strong>in</strong> ausgeprägtes Lymphödem an Kopf, Hals, Gesicht und Nacken stellt e<strong>in</strong>e häufige Komplikation vonKrebserkrankungen des Ohres, <strong>der</strong> Nase und des Rachens dar. Zu e<strong>in</strong>er Ödembildung kann es auch<strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Regionen kommen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e am Mundboden und den Wangen. Operative E<strong>in</strong>griffeund anschließende Bestrahlung tragen gewöhnlich ihren Teil dazu bei, da sekundäre Gewebeverän<strong>der</strong>ungen<strong>in</strong> dem bestrahlten Bereich zu e<strong>in</strong>er Strahlen<strong>der</strong>matitis und radiogenen Fibrose führenkönnen.E<strong>in</strong> Engegefühl aufgrund des Ödems und möglicherweise auch aufgrund e<strong>in</strong>er Fibrosklerose <strong>in</strong> dembestrahlten Areal kann zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>geschränkten Mobilität entlang <strong>der</strong> gesamten Halswirbelsäule unddes Brustgürtels führen. Sehr häufig führt alle<strong>in</strong> schon die Vielzahl von Problemen im Zusammenhangmit <strong>der</strong> Erkrankung und ihrer Behandlung zu schweren Depressionen und psychosozialer Isolation 2 .Die Kompressionstherapie besitzt das Potential, das Ödem signifikant zu reduzieren. Daneben kann<strong>der</strong> Mikromassage-Effekt <strong>der</strong> Schaumstoff/-gummipolsterung dazu beitragen, radiogen verhärtetesGewebe aufzulockern 3 . Die unten beschriebene Kompressionsverbandstechnik ist für den Patientenrelativ leicht zu erlernen und wird im Allgeme<strong>in</strong>en als angenehm empfunden und gut vertragen.KOMPRESSION DER BRUSTMalignome s<strong>in</strong>d die häufigsten Erkrankungen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Gefolge e<strong>in</strong> Lymphödem <strong>der</strong> Brust auftritt.Mit zunehmen<strong>der</strong> Häufigkeit werden brusterhaltende E<strong>in</strong>griffe durchgeführt, die häufig e<strong>in</strong>e teilweiseBestimmte anatomischeBereiche wie Kopf, Brustund Genitalien s<strong>in</strong>dschwer zu bandagieren.Die Patienten müssenmeist erst lernen, sichselbst zu bandagierenund benötigen e<strong>in</strong>enhohen Grad anUnterstützung durchTherapeuten. Es ist vonvorrangiger Bedeutung,dass <strong>der</strong> Therapeutpraktische Erfahrungsammelt und e<strong>in</strong>tiefgehendes theoretischesVerständnis vonWundversorgung,Hautpflege und den <strong>in</strong> <strong>der</strong>Kompressionstherapiezum E<strong>in</strong>satz kommendenMaterialien hat. Da eskaum Literatur undausreichendesDatenmaterial zu diesemThema gibt, will dievorliegende Arbeit e<strong>in</strong>epraktische Anleitung zuden zum E<strong>in</strong>satzkommendenKompressionstechnikengeben.PRAKTISCHE ANWENDUNG Bandagierung von Kopf und Gesicht● Um das Risiko e<strong>in</strong>es chronischen Lymphödems zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zu m<strong>in</strong>imierensollte die Kompressionstherapie so bald wie möglich nach dem operativen E<strong>in</strong>griffo<strong>der</strong> bei den ersten Anzeichen e<strong>in</strong>er lymphödematösen Schwellung begonnenwerden.● Die Kompressionstherapie am Kopf und im Gesichtsbereich muss sanft erfolgen undes dürfen nur niedrige Drücke aufgebracht werden, um e<strong>in</strong>e Parästhesie o<strong>der</strong>Quetschung <strong>in</strong> bestrahlten Bereichen zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.● Der Hals selbst darf niemals <strong>in</strong> die Kompression e<strong>in</strong>gebunden werden.● E<strong>in</strong> gestrickter Schlauchverband wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Streifen von 12–16cm Breitegeschnitten, auf die Hälfte gefaltet und dann vor <strong>der</strong> E<strong>in</strong>lage e<strong>in</strong>er Schaumstoff/-gummipolsterschicht <strong>in</strong> Position gebracht (Abb. 1).● Um e<strong>in</strong> Wundscheuern und e<strong>in</strong>e Kapillarschädigung zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, müssen dieRän<strong>der</strong> aller Schaumstoff/-gummistücke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel von 45 Grad abgeschrägtwerden.● Die Polsterung wird im Schlauchverband plaziert. Um hygienische Verhältnissesicherzustellen, muss Schaumstoff/-gummi immer von e<strong>in</strong>em Schlauchverbandbedeckt werden.● Es ist möglich, den Druck lokal zu erhöhen, <strong>in</strong>dem mehrere Lagen Schaumstoff/-gummi übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gelegt werden 4,5 .● Je nachdem wie ausgeprägt das Gesichtsödem ist, können <strong>der</strong> Mundboden, <strong>der</strong>Unterkiefer, große Teile <strong>der</strong> Wangen und <strong>der</strong> Oberlippe bis zu den Wangenknochenebenfalls sanft komprimiert werden (Abb. 2).● In <strong>der</strong> Erhaltungsphase <strong>der</strong> Behandlung können <strong>in</strong>dividuell angepassteKompressionsstrümpfe mit Adhäsiv-Verschluss zum E<strong>in</strong>satz kommen (Abb. 3).ABBILDUNG 1ABBILDUNG 2ABBILDUNG 3Geschäftsführen<strong>der</strong> Direktor undDozent für die komb<strong>in</strong>ierteEntstauungstherapie,Lymphologic, Frankfurt,Deutschland. www.lymphologic.de15


<strong>EWMA</strong> FOKUS-DOKUMENTo<strong>der</strong> vollständige Entfernung <strong>der</strong> axillären Lymphknoten be<strong>in</strong>halten 3,6 . Auch die Radiotherapie istimmer häufiger <strong>in</strong>tegraler Bestandteil <strong>der</strong> Behandlung, mit dem Ergebnis, dass neben den häufigerensekundären Lymphödemen am Arm auch sekundäre Lymphödeme <strong>der</strong> Brust zunehmend öfter zubeobachten s<strong>in</strong>d 3,6 (Abb. 4). E<strong>in</strong>e laufende manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age, die die lymphatischenAnastomosen stimuliert, die von den gesunden axillären Lymphknoten auf <strong>der</strong> nicht operiertenKörperseite und zu den <strong>in</strong>gu<strong>in</strong>alen Lymphknoten auf <strong>der</strong> gleichen Körperseite führen, stellt nach wievor die Stütze <strong>der</strong> Behandlung dar. Es kann jedoch auch zuträglich se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e sanfte Kompression<strong>der</strong> lymphödematös angeschwollenen und häufig fibrotisch verhärteten Brust durchzuführen.ABBILDUNG 4 SekundäresLymphödem <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Brustund des l<strong>in</strong>ken ArmsPRAKTISCHE ANWENDUNG Kompression <strong>der</strong> Brust● E<strong>in</strong> Stück weicher und dicker Schaumgummi (1,5–2,5cm) sollte körbchenförmig zugeschnitten und die <strong>in</strong>nereOberfläche so e<strong>in</strong>geschnitten werden, dass e<strong>in</strong>e gewellte Oberfläche entsteht. Alternativ kann e<strong>in</strong> im Handelerhältlicher spezieller Schaumgummipad verwendet werden (Abb. 5). Neben <strong>der</strong> Erhöhung des Kompressionsgradesträgt dieser zu e<strong>in</strong>em Mikromassage-Effekt bei, <strong>der</strong> das fibrotisch verhärtete Gewebe sanftauflockert (Abb. 6). E<strong>in</strong> gut angepasster Stütz-BH ist obligatorisch, um die Schaumgummipolsterung an Ortund Stelle zu halten.● Die Schaumgummipolsterung muss so e<strong>in</strong>gefügt werden, dass sie unter die Achsel reicht und die Rän<strong>der</strong> desBH-Körbchens überlappt, da eben an dieser Stelle die Lymphdra<strong>in</strong>age durch e<strong>in</strong>en abschnürenden Effektbee<strong>in</strong>trächtigt werden kann (Abb. 7). Auch ist sorgfältig auf e<strong>in</strong>en Schutz und e<strong>in</strong>e Polsterung unter den BH-Trägern zu achten.● Zum Hautschutz und höheren Komfort sollte die Innenseite des Schaumgummis mit breiten Streifen e<strong>in</strong>esdünnen, atmungsaktiven Fixierpflasters ausgekleidet werden.ABBILDUNG 5 ABBILDUNG 6 ABBILDUNG 7ETHISCHEBETRACHTUNGEN● Kl<strong>in</strong>iker müssen männlicheJugendliche mit primäremgenitalen Lymphödemdarüber aufklären, dass dielangfristige Kompressionund erhöhte Temperaturen<strong>in</strong> den Hoden zuFertilitätsproblemen führenkönnen● Es ist e<strong>in</strong> schriftlichesE<strong>in</strong>verständnis für dieBehandlung erfor<strong>der</strong>lich● Es besteht die Pflicht, diePatienten entsprechend zuberaten und über SexualhygieneaufzuklärenBil<strong>der</strong> mit freundlicherErlaubnis von: Lymphologic ® ; Dr.med. R. Stroßenreuther; SanaDerm Bad Mergentheim, Dipl.-Phys. T. Künzel.16BANDAGIERUNG DER GENITALIENAlle Patienten mit genitalem Lymphödem sollten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Phase <strong>der</strong> Entstauungstherapie ane<strong>in</strong>er spezialisierten lymphologischen Kl<strong>in</strong>ik behandelt werden. Wenn dies nicht möglich ist, solltensie ambulant m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>- o<strong>der</strong> zweimal täglich über mehrere Wochen behandelt werden. BeimGenitalödem stellt die manuelle Lymphdra<strong>in</strong>age e<strong>in</strong>en wichtigen Teil <strong>der</strong> Behandlung dar.MännerDie Therapie sollte mit e<strong>in</strong>em niedrigen Kompressionsgrad begonnen und, je nach Schweregrad <strong>der</strong>Erkrankung und Ansprechen auf die Behandlung, <strong>in</strong> Absprache mit dem Patienten erhöht werden.Dabei ist es essentiell, dass die Patienten (o<strong>der</strong> die sie Versorgenden bzw. die Eltern) das Anlegenvon Verbänden selbst erlernen, da sich übermäßige Flüssigkeit rapide <strong>in</strong> den äußeren Genitalienanstauen kann, wenn die Behandlung unterbrochen wird.In vielen Fällen wird e<strong>in</strong>e Erhaltungstherapie erfor<strong>der</strong>lich se<strong>in</strong> und es können die handelsüblichenSkrotum- und Penisverbände zum E<strong>in</strong>satz kommen, um den Patienten wie<strong>der</strong> die Teilnahme amnormalen Leben zu ermöglichen. Nach erfolgreichem Abschwellen kann es nach Rücksprache mitdem Lymphologen ratsam se<strong>in</strong>, überflüssige Skrotalhaut operativ zu entfernen, um das Risiko e<strong>in</strong>erInfektion und erneuten Ödembildung <strong>in</strong> dem schlaffen Gewebe so ger<strong>in</strong>g wie möglich zu halten.FrauenBei Frauen ist die Behandlung des genitalen Lymphödems komplexer. E<strong>in</strong>e maßangefertigteanatomisch geformte Schaumgummi-E<strong>in</strong>lage von m<strong>in</strong>destens 1cm Dicke kann gewöhnlich E<strong>in</strong>satzf<strong>in</strong>den, um entsprechenden Druck auf die ödematös geschwollene und möglicherweise auchfibrotisch verhärtete Region des Schamhügels (mon pubis) und <strong>der</strong> Schamlippen auszuüben. DieseE<strong>in</strong>lage sollte mit e<strong>in</strong>em Schlauchverband und e<strong>in</strong>er wechselbaren Slipe<strong>in</strong>lage bedeckt werden, umden Schaumgummi durch Vermeiden e<strong>in</strong>es direkten Hautkontakts sauber zu halten. DieSchaumgummie<strong>in</strong>lage sollte so keilförmig zugeschnitten werden, dass es ke<strong>in</strong>e Probleme beimGehen gibt.Die Kompression wird erreicht durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>er maßangefertigten Flachstrick-Kompressionshose, <strong>in</strong> die die Schaumgummi-E<strong>in</strong>lage e<strong>in</strong>gelegt wird. Der Druck kann erhöhtwerden, <strong>in</strong>dem mehrere Schaumgummi-E<strong>in</strong>lagen aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gelegt werden. ZusätzlicheSchaumgummiwürfel o<strong>der</strong> selbstklebende Streifen können an <strong>der</strong> Innenseite <strong>der</strong> erstenSchaumgummi-E<strong>in</strong>lage im Bereich des Schamhügels befestigt werden, um die Auflockerung desfibrotisch verhärteten Gewebes zu erleichtern.


LYMPHÖDEM-VERBÄNDE IN DER PRAXISPRAKTISCHE ANWENDUNG Bandagierung <strong>der</strong> männlichen Genitalien● Bei leichtem bis mittelschwerem Lymphödem bieten kurzzügige Mull-/Fixierb<strong>in</strong>den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong>enausreichenden lokalen Druck. Diese müssen mit leichtem bis mittelstarkem Zug und unter Berücksichtigungihrer beschränkten Dehnbarkeit angelegt werden.● Der Verband wird <strong>in</strong> Stufen angelegt (Abb. 8–10) und gewöhnlich sollte nur <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>ste Teil desPenisverbandes zum Wasserlassen abgenommen werden.● Bei ausgeprägtem Lymphödem werden Penis und Skrotum zudem mit Schaumgummistücken von 3–4cmDicke gepolstert, die zyl<strong>in</strong>drisch angelegt werden. Diese sollten mit weichem chirurgischem Pflasterausgekleidet werden, damit auch die höchsten von <strong>der</strong> kurzzügigen Mull-/Fixierb<strong>in</strong>de ausgeübten Drückegleichmäßig verteilt werden.● In Bereich des Skrotums werden Kohäsivb<strong>in</strong>den verwendet, da diese e<strong>in</strong> Verrutschen und Hautquetschungenverh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.● Auch e<strong>in</strong> schwerst ödematös angeschwollener Schamhügel kann durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es anatomischgeformten Schaumgummistücks von m<strong>in</strong>destens 2cm Dicke mit Fenstern über dem Unterbauch (Abb. 10)o<strong>der</strong> durch das Tragen von Kompressionshosen <strong>in</strong> die Behandlung e<strong>in</strong>gebunden werden.ABBILDUNG 8 Erste Stufe desSkrotalverbandes mit kohäsiverB<strong>in</strong>deABBILDUNG 9 Schützen<strong>der</strong>SchlauchverbandABBILDUNG 10Schaumstoffpolsterung und anatomischgeformte Streifene<strong>in</strong>lageIn <strong>der</strong> Erhaltungs- und Optimierungsphase ermöglichen handelsübliche Kompressionsstrumphosenmit lokaler Polsterung, dass die Patient<strong>in</strong> wie<strong>der</strong> ihren Alltagsaktivitäten nachgehenkann.WundversorgungDas Lymphsystem spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Immunabwehr des Körpers. Patienten mitLymphödem s<strong>in</strong>d demnach <strong>in</strong>fektionsanfällig. Diejenigen mit e<strong>in</strong>em Lymphödem des Kopfes, <strong>der</strong>Brust o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Genitalien s<strong>in</strong>d häufig <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> Erkrankung, e<strong>in</strong>es operativen E<strong>in</strong>griffs und/o<strong>der</strong>e<strong>in</strong>er Radiotherapie zusätzlich belastet, so dass <strong>der</strong> sorgfältigen Hautpflege essentielle Bedeutung <strong>in</strong><strong>der</strong> M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Infektionsrisikos zukommt 3 .Vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> ersten Phase <strong>der</strong> Behandlung muss e<strong>in</strong>e strenge Hygienerout<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geführtwerden. Diese ist beson<strong>der</strong>s wichtig bei Patienten mit e<strong>in</strong>em Lymphödem <strong>der</strong> Genitalien, da beiihnen e<strong>in</strong> erhöhtes Risiko für Erysipele vorliegt. Erysipele und Pilz<strong>in</strong>fektionen s<strong>in</strong>d häufig <strong>in</strong> dieserPatientengruppe, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei Männern mit Skrotalödem. Beson<strong>der</strong>e Beachtung erfor<strong>der</strong>nLymphzysten und lymphokutane Fisteln, die <strong>in</strong> diesem Körperbereich häufig auftreten, sowohl vorals auch während <strong>der</strong> Entstauungstherapie. Zur Behandlung dieser Komplikationen kann e<strong>in</strong>eLasertherapie Anwendung f<strong>in</strong>den. Frauen mit rezidivierendem Vulvakarz<strong>in</strong>om, bei denen e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gu<strong>in</strong>ale Lymphknotendissektion vorgenommen wurde, entwickeln möglicherweise pilzbesiedelteLäsionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leiste, die e<strong>in</strong>e komplexe Behandlung erfor<strong>der</strong>n 7 .E<strong>in</strong>e anhaltende Ödemreduktion ist essentiell, um zusätzliche Wundheilungsstörungen und diehäufig damit assoziierten Infektionen mit tödlichem Ausgang zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n 3,4,8 .SCHLUSSFOLGERUNGDer Selbstbehandlung kommt e<strong>in</strong>e hohe Bedeutung zu. Dies erfor<strong>der</strong>t, dass sich <strong>der</strong> Patient mit denSelbstbandagierungstechniken vertraut macht, um diese effizient anwenden zu können 1 . Therapeutenhaben e<strong>in</strong>e professionelle Verpflichtung, sicherzustellen, dass sie die entsprechendentechnischen Fertigkeiten besitzen und das Wissen über verfügbare Produkte und Materialienmitbr<strong>in</strong>gen, um Patienten <strong>in</strong> <strong>der</strong> wirksamen Kompression dieser komplexen anatomischen Bereichekompetent anleiten zu können.LITERATUR1. Gültig O. Short-term care for lymphedema pays off. Eur Hosp 2001; 10(1): 8.1.2. Bräuer B, Koscielny S, Sonnefeld U. E<strong>in</strong>fluß <strong>der</strong> manuellen Lymphdra<strong>in</strong>age auf dieLebensqualität von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren. In: Lymphologie gegen Endedes 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts: Lymphologica 99. Lippert BM, Rathcke IO, Werner JA(Hrsg.). Aachen: Shaker, 1999; 128-31.3. Földi M, Földi E, Kubik S (eds). Textbook of Lymphology for Physicians andLymphedema Therapists. San Francisco, CA: Urban & Fischer, 2003.4. Partsch H. 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