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Astrid Mehmel, Gedenkstätte Bonn e.V. - Bonn stellt sich quer

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Dokumentation „<strong>Bonn</strong> <strong>stellt</strong> <strong>sich</strong> <strong>quer</strong>“ 2008<strong>Astrid</strong> <strong>Mehmel</strong>Gedenkstätte für die <strong>Bonn</strong>er Opfer des Nationalsozialismus - An der Synagoge e.V.- Es gilt das gesprochene Wort -Im Namen der Gedenkstätte <strong>Bonn</strong> begrüße ich Sie und Euch und freue mich, dassSie so zahlreich gekommen sind!Die Gedenkstätte <strong>Bonn</strong> wird von einem breiten Spektrum von Organisationen undInstitutionen getragen, darunter auch alle Parteien, die Fraktionsstatus im <strong>Bonn</strong>er Rathaben.Die Gedenkstätte <strong>Bonn</strong> dokumentiert Verfolgung, Leid und Ermordung der <strong>Bonn</strong>erOpfer des Nationalsozialismus. Sie zeigt in ihrer Dauerausstellung die Willkür derNS-Diktatur und ihre Auswirkungen auf den Alltag, aber auch Versuche vonWiderstand und organisierter Opposition in unserer Stadt.Gleichzeitig ist die Gedenkstätte ein Ort des Erinnerns, der Dokumentation und derBegegnung. Vor allem jungen Menschen wird die Möglichkeit geboten, <strong>sich</strong> mit denVerbrechen des NS, der Wahrung von Menschenrechten und demokratischenWerten auseinander zu setzen.Darüber hinaus wendet <strong>sich</strong> die Gedenkstätte mit ihrer politischen Bildungsarbeitgegen jede Form von Neonazimus, Antisemitismus, Rassismus undAusländerfeindlichkeit.Vor diesem Hintergrund war es für die Gedenkstätte selbstverständlich, demAktionsbündnis »Kein Fußbreit den Faschisten« beizutreten. Für uns ist esunerträglich, dass Neonazis hier und heute für das eintreten, was sie »ihreMeinungsfreiheit« nennen; - eine Meinungsfreiheit, die sie für ihremenschenverachtenden Texte und ihre rechtsradikale Ideologie fordern.Ich möchte daran erinnern, dass die Nationalsozialisten auch in unserer Stadt <strong>Bonn</strong>von der Machtübernahme 1933 systematisch jegliche politische Oppositionausgeschaltet und Menschen, die <strong>sich</strong> ihnen entgegenge<strong>stellt</strong> haben, radikal verfolgt,vertrieben und ermordet haben.Allein aus <strong>Bonn</strong> wurden fast 1200 Menschen ermordet oder mussten aufgrund desNS-Terrors sterben. Es gab viele Hundert weitere verfolgte, vertriebene, inGefängnissen und KZs inhaftierte, gefolterte und ihrer Rechte beraubte Menschen.Wenn ich hier Namen nenne, stehen diese Menschen jeweils stellvertretend für all´die Anderen.Sozialdemokraten: Hubert Peter (1902 - 1992)Kommunisten: Otto Renois (1892 - 1933), der erste politische Mord in <strong>Bonn</strong> seitens


der Nationalsozialisten auf offener Straße; Fritz Faust (USPD später KPD/1880-1939), zu Tode gefoltert bei der Gestapo <strong>Bonn</strong>;Gewerkschafter: der christliche Gewerkschafter Heinrich Körner (1892-1945)Jugendopposition: Karl Gutzmer (1924-2007), der mit 14 Jahren vomVolksgerichtshof zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde;Hunderte von Menschen, die zwangssterilisiert und/oder und aus den <strong>Bonn</strong>erKliniken in Todeskliniken gebracht und im Euthanasie-Programm der Nazis ermordetwurden.Aus den jüdischen Gemeinden <strong>Bonn</strong>, Beuel und Bad Godesberg wurden Hundertevon Menschen in der Shoah ermordet. Stellvertretend sei hier an Julius Erwin undEmilie Kober aus Beuel und Irmgard und Siegfried Winterberg erinnert. SiegfriedWinterberg war Kantor der jüdischen Gemeinde <strong>Bonn</strong>. Erinnert sei an die mindestens29 <strong>Bonn</strong>er Kinder und Jugendlichen, die zusammen mit fast 1200 weiterenMenschen aus dem Rheinland vor fast genau 66 Jahren, im Juli 1942 in das vonDeutschen besetzte Weißrussland nach Minsk deportiert und dort sofort ermordetwurden.Sinti-Familien, Familie Franz Reinhardt, die bis auf ein Familienmitglied im KZSachsenhausen und im Warschauer Ghetto ermordet wurden;Zeugen Jehovas;Homosexuelle;Menschen, die weil sie arbeitslos, alkoholkrank oderobdachlos waren, verfolgtwurden und in Gefängnissen und KZs inhaftiert und ermordet.Nach Kriegsbeginn wurden aus allen von den Deutschen besetzten Ländern 10.0000Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nach <strong>Bonn</strong> verschleppt.Vor dem Hintergrund der grausamen, menschenverachtenden NS-Diktatur, dieunermessliches Leid über Menschen in ganz Europa und der Welt gebracht hat, istunser Grundgesetz entstanden - ich komme darauf gleich zurück.Grußwort der Synagogen-Gemeinde:»Im Namen der Synagogen Gemeinde <strong>Bonn</strong> und deren Vorsitzende Frau Dr. Traub,übermittele ich alle Wünsche für einen guten und friedlichen Verlauf dieserDemonstration. Die Synagogengemeinde unterstützt unser Aktionsbündnis. Es kannheute hier keine Vertreterin sprechen, weil die Ruhe des Schabbat respektiert wird.Eine Demonstration, wie die der Neonazis hier und heute, setzt die Mitglieder derSynagogengemeinde in Angst und Schrecken. Dass es in Deutschland Menschengibt, die an diese Ideologie glauben und für sie öffentlich demonstrieren können, istauch für die Jüdinnen und Juden <strong>Bonn</strong>s unerträglich. Als ob es nicht bedrückendgenug ist, dass jeden Tag alle jüdischen Gemeinden und Einrichtungen inDeutschland von der Polizei vor Übergriffen von Neoazis und rechtsextremer Gewaltgeschützt werden.«Abschließend möchte ich betonen, dass nicht allein die Synagogengemeinde <strong>Bonn</strong>und die Gedenkstätte <strong>Bonn</strong> Wächter und Mahner sein können. Die Würde desMenschen ist unantastbar! Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung allerstaatlichen Gewalt und von uns allen! Das deutsche Volk bekennt <strong>sich</strong> zuunverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jedermenschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. WennIhnen das jetzt irgendwie bekannt vorkam: das sind die ersten beiden Paragraphendes Grundgesetzes.


Es ist die Aufgabe von uns allen <strong>sich</strong> einzusetzen. Denn die Geschichte zeigtdeutlich: Das erste was die Neonazis machen würden, wenn sie an der Macht wären,wäre, uns allen die Meinungsfreiheit wegnehmen, für die sie <strong>sich</strong> heute hierangeblich einsetzen. Dass das nie wieder geschieht, dafür stehen wir heute hier unddafür müssen wir uns alle einsetzen.<strong>Bonn</strong>, den 12. Juli 2008<strong>Astrid</strong> <strong>Mehmel</strong>Gedenkstätte für die <strong>Bonn</strong>er Opfer des Nationalsozialismus - An der Synagoge e.V.,Franziskanerstr. 9, 53115 <strong>Bonn</strong>, eMail: gedenkstaette-bonn (at) netcologne.de

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