Ein einmaliges Städtefahrzeug - SWISS ENGINEERING STZ
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Platz, wobei der Beifahrer etwas weiter hinten<br />
sitzt, so dass trotz minimaler Fahrzeugbreite<br />
genug Ellbogenfreiheit besteht. Über<br />
der Plattform ist eine helmartige Schaumstoffkabine<br />
angebracht, die dem Fahrzeug<br />
seine charakteristische Ei-Form gibt. Die Kabine<br />
besteht wie ein Fahrradhelm aus rund<br />
5 cm dickem Schaumstoff mit einer reissfesten<br />
Aussenbeschichtung. Zum <strong>Ein</strong>steigen<br />
wird sie nach oben und hinten geschwenkt.<br />
Haben die Insassen Platz genommen, wird<br />
der eiförmige Schutzhelm fest mit der Bodenplatte<br />
verriegelt. «Da zum <strong>Ein</strong>steigen<br />
der Helm als Ganzes angehoben wird, muss<br />
die eiförmige Hülle des Fahrzeugs nicht von<br />
einer Tür durchbrochen werden», erklärt<br />
Janach. «Dadurch gewinnt das Fahrzeug an<br />
Stabilität». Bei einer Kollision bleiben die<br />
Insassen wie in einer Schaumstoffverpackung<br />
eingeschlossen. Von aussen bildet die<br />
leichte Kabinenwand aus Schaumstoff auch<br />
einen wirksamen Kollisionsschutz für Fussgänger<br />
und Zweiradfahrer.<br />
Lenkung mit dem Joystick<br />
Die Lenkung des Fahrzeugs erfolgt mit einem<br />
mechanischen Joystick, der mit einem<br />
Hebel für die hydraulischen Scheibenbremsen<br />
der Vorderräder versehen ist. Der Handgriff<br />
am Joystick ist nach oben verschiebbar<br />
und dient zur Veränderung der Motorleistung,<br />
ähnlich wie das Gaspedal im Auto. Am<br />
Bremshebel befindet sich zusätzlich ein klei-<br />
Das «Ultimative City Vehicle» bietet<br />
Platz für zwei Personen. Mit einer Länge<br />
von 170 cm und einer Breite von 120 cm<br />
beansprucht das Fahrzeug nicht mehr<br />
Strassenfläche als zwei Fahrräder.<br />
Walter Janach<br />
ner Fahrcomputer für die Geschwindigkeitsanzeige.<br />
Den Antrieb übernimmt ein Gleichstrom-Elektromotor,<br />
der bei 4000 U/min<br />
eine Leistung von 1250 W abgibt, was eine<br />
Geschwindigkeit von 20 km/h ergibt. Die<br />
maximale Geschwindigkeit beträgt 25 km/h<br />
bei einer Motordrehzahl von 5000 U/min<br />
und einer elektrischen Leistung von 350 W.<br />
Das ergibt einen Energieverbrauch von nur<br />
1,4 kWh/100 km. Grund für diesen niedrigen<br />
Wert ist das tiefe Fahrzeuggewicht. «Das<br />
UCV lässt sich leicht von Hand anschieben»,<br />
schildert Janach. «Das zeigt deutlich, wie<br />
wenig Leistung der Antrieb erfordert».<br />
Mit den beiden unter dem Beifahrersitz<br />
ver stauten Bleibatterien mit einer Kapazität<br />
von rund 20 Ah erreicht das Fahrzeug<br />
eine Reichweite von 30 km. «Das ergibt bei<br />
einer Durchschnittsgeschwindigkeit von<br />
20 km/h rund 1,5 Std. Fahrzeit, was für<br />
ein Stadtfahr zeug ausreichend ist», so der<br />
Konstrukteur. Das Fahrzeug soll vor allem<br />
leicht und günstig sein, daher müssen die<br />
Funktionen genau an die Anforderungen<br />
angepasst werden. Bei einer höheren<br />
Geschwindigkeit wäre auch eine grössere<br />
Reichweite und damit eine Batterie mit<br />
viel höherer Kapazität erforderlich. «Unnötige<br />
Reserven an Geschwindigkeit und<br />
Reichweite müssen unbedingt vermieden<br />
werden», erklärt Janach. «Nur so kann die<br />
Batterie so leicht, klein und günstig wie<br />
möglich gehalten werden».<br />
Den Mut nicht verlieren<br />
Beim Bau des Prototypen stiess der Innerschweizer<br />
Maschinenbauingenieur immer<br />
wieder auf technische Herausforderungen.<br />
«Die Entwicklung des UCV verlief nicht<br />
gradlinig,» erzählt Janach. «Es erfordert Mut,<br />
trotz der Schwierigkeiten und ungeklärten<br />
Fragen nie aufzugeben». Für die nächste<br />
Version des Fahrzeugs sind noch einige<br />
Ver besserungen geplant. So sollen Plattform<br />
und Helm aus dem thermisch stabileren<br />
und dennoch elastischeren Polypropylen<br />
ge fertigt werden, zudem soll der Antrieb für<br />
die Serienproduktion neu gelöst werden.<br />
Auch die Aerodynmaik und das Design des<br />
Gefährts sind noch zu optimieren. «Hier gilt<br />
aber der Grundsatz: form follows function»,<br />
betont Janach.<br />
Der Prototyp des UCV konnte bereits im<br />
Januar an der Schweizer Kunststoffmesse<br />
«Swiss Plastics» und Ende April an der<br />
«18th China International Bicycle & Motor<br />
Fair» in Shanghai bestaunt werden. Falls<br />
sich ein Forschungsinstitut oder ein Unternehmen<br />
für das Leichtbau-Ei begeistert,<br />
wird Janach die Chinesen mit seinem<br />
Know-how un terstützen. Er selbst wird<br />
seine Entwicklung aber in der Schweiz perfektionieren.<br />
«Die Schweiz ist ein idealer<br />
Standort für unkonventionelle Neuentwicklungen»,<br />
schwärmt Janach. «Dank der<br />
gut funktionierenden Netzwerke ist unglaublich<br />
viel Spezialwissen auf kleinem<br />
Raum verfügbar».<br />
Alles ist möglich<br />
Ob das «Unique City Vehicle» in China<br />
Anhänger finden wird, bleibt abzuwarten.<br />
«Es gibt eine Redensart, die China meiner<br />
Meinung nach gut beschreibt:. Everything is<br />
difficult, everything is possible «, erzählt Janach.<br />
Nötig wären nun für das UCV gültige<br />
Vorschriften für Abmessungen, Gewicht und<br />
Geschwindigkeit, da die bestehenden Vorschriften<br />
für Elektrovelos und Autos nicht<br />
anwendbar sind. Bevor solche Vorschriften<br />
existieren, wird sich kaum ein Hersteller<br />
an die Produktion wagen. Es besteht aber<br />
durchaus Hoffnung für das Elektromobil –<br />
so zeigt sich der neue Wissenschafts- und<br />
Technologieminister Wan Gang durchaus<br />
offen für alternative Antriebstechniken. Sollte<br />
das Leichtbau-Ei einst auf Chinas Strassen<br />
fahren, könnte dies auch in der Schweiz<br />
Interesse auslösen. «<strong>Ein</strong>e Schweizer Firma<br />
könnte die Ausführung des Fahrzeugs für<br />
den Schweizer Markt tauglich machen»,<br />
hofft Janach. «Gewisse Komponenten könnten<br />
aus China importiert werden – vielleicht<br />
liesse sich so mit dem Ultimative City Vehicle<br />
auch in der Schweiz ein gewinnbringendes<br />
Geschäft erzielen, 20 Jahre nach der<br />
versuchten Lancierung eines Swatch Mobiles.»<br />
(ab)<br />
PLASTICS.NOW! SEPTEMBER 2008 13