Zerebrale Fehlbildungen
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Zerebrale Fehlbildungen
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1<br />
Gehirn<br />
Während die Abgrenzung des Dandy-Walker-Syndroms<br />
in der Regel keine Schwierigkeiten bereitet, ist<br />
die Differenzierung zwischen einer raumfordernden retrozerebellären<br />
Arachnoidalzyste, die dasKleinhirnvon<br />
okzipital komprimiert und nach ventral verlagert, und<br />
einer Megacisterna magna ohne raumfordernde Wirkung<br />
im Einzelfall schwierig (Abb. 1.30).<br />
Zur Feststellung einer Kleinhirnhypoplasie werden<br />
die Kleinhirn-Hemisphären undderKleinhirnwurm im<br />
hinteren Koronarschnitt und im medianen Sagittalschnitt<br />
morphometrisch erfasst. Bei Vorliegen einer<br />
Kleinhirnhypoplasie ist die Relation von Kleinhirn zur<br />
Cisterna magna zuungunsten des Kleinhirns verschoben<br />
(Abb. 1.30). Im Einzelfall kann man planimetrische Untersuchungen<br />
der Schnittfläche des Kleinhirnwurms im<br />
medianen Sagittalschnitt durchführen.<br />
Da jedoch keine Normalwerte vorliegen, sind nur<br />
ausgeprägte Hypoplasien eindeutig abgrenzbar. Bei<br />
zweifelhaften Befunden kann mandieQuerschnittsfläche<br />
des Kleinhirns eines Patienten mit der eines gesunden<br />
gleichaltrigen Kindes vergleichen. Die Untersuchung<br />
im medianen Sagittalschnitt ist gut reproduzierbar,<br />
während planimetrische Messungen in einem nach<br />
hinten geneigten Koronarschnitt nicht reproduzierbar,<br />
damit unzuverlässig sind und somit vermieden werden<br />
sollten.<br />
Die Kleinhirnhypoplasie entspricht der weiter oben<br />
besprochenen Megacisterna magna. Ein hypoplastisches<br />
Kleinhirn kann als isolierte Fehlbildung auftreten.<br />
Weiterhin sind Chromosomenstörungen, wie z.B.<br />
dem Edwards-Syndrom und der Lissenzephalie Typ II<br />
(Walker-Warburg-Syndrom) mit einer Kleinhirnhypoplasie<br />
assoziiert.<br />
g Fehlende Darstellbarkeit des Balkens<br />
g Fehlende Darstellbarkeit von Gyrus und Sulcus cinguli<br />
g Radiäre Anordnung der Gyri und Sulci um den dysplastischen III. Ventrikel<br />
g Stierkopfkonfiguration des III. Ventrikels und der Seitenventrikel im Koronarschnitt<br />
g Lateralisation der Seitenventrikel<br />
g Dilatation der Seitenventrikel-Hinterhörner (Kolpozephalie)<br />
g Dysplastischer, nach kranial verlagerter III. Ventrikel<br />
g Konkave mediale Begrenzung der Seitenventrikel durch die längs verlaufenden Balkenfasern<br />
(Probst-Bündel)<br />
g Schmale Vorderhörner<br />
g Elongation der Foramina Monroi<br />
g Assoziierte ZNS-<strong>Fehlbildungen</strong>:<br />
– in der Mittellinie lokalisierte interhemisphärische Zyste (30%)<br />
– Arachnoidalzysten<br />
– Dandy-Walker-Syndrom<br />
– Chiari-II-Syndrom<br />
– Zephalozelen<br />
– septooptikale Dysplasie<br />
– Holoprosenzephalie<br />
40<br />
Dysgenesie des Corpus callosum (Tabelle 1.5)<br />
Der Balken ist die wichtigste Mittellinienkommissur,<br />
die die beiden Hemisphären miteinander verbindet.<br />
Entwicklungsgeschichtlich entsteht er zwischen der 7.<br />
und 10. Woche. Die Entwicklung des Balkens erfolgt von<br />
vorn nach hinten, wobei sich zunächst das Genu, anschließend<br />
Korpus und Splenium entwickeln. Sie ist mit<br />
der 20. Woche abgeschlossen.<br />
Bei einer partiellen Agenesie fehlen vor allem die<br />
hinteren Balkenanteile (Korpus und/oder Splenium).<br />
Bei einer sekundären Zerstörung eines bereits angelegten<br />
Balkens können jedoch auch Genu und Korpus fehlen,<br />
während das Splenium intakt ist. Eine Balkenagenesie<br />
kann isoliert, jedoch auchassoziiertmiteiner<br />
Vielzahl anderer <strong>Fehlbildungen</strong> auftreten, so z.B. beim<br />
Chiari-II-Syndrom, dem Dandy-Walker-Syndrom, der<br />
septooptikalen Dysplasie, der Holoprosenzephalie, dem<br />
Andermann-Syndrom und dem Aicardi-Syndrom.<br />
In einer MRT-Studie von Barkovich (17) an Kindern<br />
mit zerebralen <strong>Fehlbildungen</strong> konnte bei 47% der Patienten<br />
eine assoziierte Balkenanomalie gefunden werden.<br />
Balkenfehlbildungen sind ein wichtiger Indikator für<br />
assoziierte ZNS-<strong>Fehlbildungen</strong>. Bei Diagnose einer Balkendysgenesie<br />
sollte gezielt nach weiteren zerebralen<br />
<strong>Fehlbildungen</strong> gesucht werden (29).<br />
Syndrome, die obligat oder fakultativ mit einer Balkenagenesie<br />
vergesellschaftet sind, sind in Tabelle 1.6<br />
zusammengefasst. Weiterhin gehen mehrere Stoffwechselstörungen<br />
mit einer Balkendysgenesie einher<br />
(vgl. Tabelle 1.7).<br />
Sonographisch muss differenziert werden zwischen:<br />
g kompletter Balkenagenesie<br />
g partieller Balkendysgenesie.<br />
Tabelle 1.5 Sonographische Charakteristika<br />
der Balkenagenesie<br />
Hofmann, Deeg, Hoyer, Ultraschall in Pädiatrie und Kinderchirurgie (ISBN 3131009535), © 2005 Georg Thieme Verlag