Mai 2006 - Ihr Alfahosting Team!
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CHORTIROL | Bezirk-Kanons - Bezirk Kitzbühel 15<br />
wan an mich gedencken?<br />
– ob sie nicht bisweilen lust<br />
haben sich aufzuhencken?<br />
– ob sie etwa gar bös waren?<br />
Auf mich armen narrn;<br />
ob sie nicht gutwillig wollen<br />
fried machen, oder ich<br />
lass bei meiner Ehr einen<br />
krachen! Doch sie lachen<br />
– – victoria! – – unsre arsch<br />
sollen friedenszeichen seyn!<br />
– ich dachte wohl, dass sie<br />
mir nicht länger wiederstehen<br />
könnten. Ja, ja, ich bin<br />
meiner sache gewis, und<br />
sollt ich heut noch machen einen<br />
schiss, obwohl ich in 14<br />
Tägen geh nach Paris. wenn<br />
sie mir also wolln antworten,<br />
aus der stadt Augsburg<br />
dorten, so schreiben sie mir<br />
baldt, damit ich in den brief<br />
erhalt, sonst, wenn ich etwa<br />
schon bin weck, bekomme<br />
ich statt einen brief einen<br />
dreck. dreck! – – dreck!<br />
– o dreck! o süsses wort!<br />
– dreck! – schmeck! – auch<br />
schön! – dreck, schmeck!<br />
– dreck! – leck! – o charmante!<br />
– dreck, leck! – das freüet<br />
mich! – dreck, schmeck und<br />
leck! – schmeck dreck, und<br />
leck dreck![...]“<br />
Mozart bereiteten Wortverdrehungen,<br />
das Erfi nden<br />
lustiger Spitznamen und<br />
„kindische“, unfl ätige Aussprüche<br />
Zeit seines Lebens<br />
großen Spaß, und so fi nden<br />
sich Passagen aus seinen<br />
„Bäsle“-Briefen wörtlich in<br />
Kanontexten wieder. Mit<br />
hoher Wahrscheinlichkeit<br />
dachte der Komponist weder<br />
beim Schreiben der Briefe<br />
noch beim Komponieren<br />
der Kanons daran, dass sich<br />
die Nachwelt jemals damit<br />
auseinandersetzen würde.<br />
„Er war ein Kindskopf und<br />
blieb es, weil Kindköpfi gkeit<br />
für einen Schöpfer, zur<br />
Entspannung und zur Verheimlichung<br />
seines tieferen<br />
Ichs, manchmal notwendig<br />
ist,“ urteilt der bekannte Mozart-Forscher<br />
Alfred Einstein.<br />
Der „Kindskopf“ Mozart<br />
machte sich auch nicht ungern<br />
über seine Mitmenschen<br />
lustig. Dies zeigt sich<br />
zum Beispiel in den beiden<br />
der Überlieferung nach in direktem<br />
Zusammenhang stehenden<br />
Kanons Diffi cile lectu<br />
mihi mars KV 559 und O du<br />
eselhafter Peierl! O du Peirlicher<br />
Esel! KV 560a (559a):<br />
Der bayrische Tenor Johann<br />
Nepomuk Peyerl, Ende des<br />
Jahres 1785 von Salzburg<br />
nach Wien gekommen, soll<br />
bestimmte Eigenheiten in der<br />
Aussprache vor allem lateinischer<br />
Texte gehabt haben.<br />
Mozart nahm sich dies zum<br />
Anlass und erfand einen Kanon<br />
mit dem scheinbar lateinischen<br />
Text Diffi cile lectu<br />
mihi mars et ionicu. Genau<br />
genommen handelt es sich<br />
dabei aber nur um eine<br />
sinnlose Aneinanderreihung<br />
lateinischer Vokabel und ei-<br />
Erfolgreiches Bezirkskonzert in Kössen<br />
Der neue Kaiserwinkl-Chor<br />
aus Kössen, mit Obmann<br />
Hans Foidl und Chorleiterin<br />
Angelika Fahringer, veranstaltete<br />
Anfang November<br />
das diesjährige Bezirks-Chorkonzert<br />
des Tiroler Sängerbundes<br />
in der Grenzlandhalle<br />
in Kössen. Die acht beteiligten<br />
Chöre boten einen<br />
Überblick über die Vielfalt<br />
des Chorsingens. Die vielen<br />
Zuhörer konnten eine gelun-<br />
gene Mischung aus Volkliedern,<br />
klassischen und modernen<br />
Liedern hören und erleben.<br />
Aufgelockert wurde das<br />
Programm durch die Bläser<br />
des Viera Blech aus Kössen<br />
und den Pianisten Georgi<br />
aus Kitzbühel.<br />
Alle Beteiligten, sowohl Aktive<br />
als auch Zuhörer, lobten<br />
die Veranstaltung und freuten<br />
sich über den gelungenen<br />
Abend.<br />
gener Wortschöpfungen Mozarts,<br />
wobei vor allem „lectu“<br />
und „mars“ an klanglich<br />
ähnliche deutsche Wörter<br />
mit einschlägiger Bedeutung<br />
erinnern. Geht man davon<br />
aus, dass Peyerl die damals<br />
übliche deutsche Aussprache<br />
des Lateinischen verwendete,<br />
in der etwa Cicero<br />
als „Kikero“ ausgesprochen<br />
wurde, so lässt auch „diffi cile“<br />
durchaus eine bestimmte<br />
Assoziation zu. Peyerl soll<br />
jedoch nicht in der Lage gewesen<br />
sein, all diese Doppeldeutigkeiten<br />
zu durchschauen<br />
– Mozarts „Spaß“ ist also<br />
aufgegangen, und gemäß<br />
dem Sprichwort „Wer den<br />
Schaden hat, spottet jeder<br />
Beschreibung“ stimmten die<br />
Anwesenden den zweiten<br />
Kanon O du eselhafter Peierl!<br />
O du Peirlicher Esel! an,<br />
den Mozart auf der Rückseite<br />
des Blattes vorbereitet hatte.<br />
Beim dritten Stimmeinsatz<br />
lässt Mozart sogar noch als<br />
Erklärung eine freie „Übersetzung“<br />
des ersten Kanons<br />
folgen: „O lieber Freund,<br />
ich bitte dich, o leck, o leck<br />
mich doch geschwind im<br />
Arsch!“ Das Ende markiert<br />
schließlich eine halbherzige<br />
Entschuldigung.<br />
Auch wenn die derben<br />
Kanons von Mozart die<br />
bekanntesten sind, gibt es<br />
eine Vielzahl vergleichbarer<br />
Kompositionen von<br />
Zeitgenossen – allerdings<br />
von der Forschung bislang<br />
noch stiefmütterlich behandelt.<br />
Darüber hinaus ist bis<br />
heute in einigen Fällen die<br />
Urheberschaft nicht eindeutig<br />
geklärt. Bereits im 19.<br />
Jahrhundert identifi zierte<br />
man ursprünglich Mozart<br />
zugeschriebene Kanons als<br />
Stücke von Zeitgenossen.<br />
Die Komposition Scheiß nieder,<br />
armer Sünder KV Anh.<br />
C 10.13 (Anh. 284) etwa<br />
stammt von Michael Haydn,<br />
dem Bruder des bekannten<br />
Joseph Haydn. Und die beiden<br />
lange für authentisch<br />
gehaltenen Kanons Leck mir<br />
den Arsch recht fein schön<br />
sauber KV 233 (382d) und<br />
Bei Hitz im Sommer eß ich<br />
KV 234 (382e) komponierte<br />
tatsächlich ein gewisser<br />
Wenzel Trnka von Krzowitz,<br />
der sie mit italienischen Texten<br />
von Pietro Metastasio<br />
versehen in seinen XII canoni<br />
a tre voci veröffentlicht hatte.<br />
Wer diese beiden Stücke mit<br />
den Mozart zugeschriebenen<br />
Texten unterlegte, ist bislang<br />
noch nicht geklärt.<br />
Mozarts Kanons besitzen,<br />
wie schon der Titel verrät,<br />
eine große Vielfalt – von<br />
Kompositionsübungen über<br />
geistliche bis hin zu witzigderben<br />
Kanons. Und sie sind<br />
es garantiert wert öfter in<br />
Konzertprogramme aufgenommen<br />
zu werden!<br />
Mag. Alice Baptist