DIE ZUKUNFT VON EGGESIN: REGION, STADT, QUARTIER
DIE ZUKUNFT VON EGGESIN: REGION, STADT, QUARTIER
DIE ZUKUNFT VON EGGESIN: REGION, STADT, QUARTIER
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<strong>DIE</strong> <strong>ZUKUNFT</strong> <strong>VON</strong> <strong>EGGESIN</strong>: <strong>REGION</strong>, <strong>STADT</strong>, <strong>QUARTIER</strong><br />
Die Vorpommernkaserne<br />
Bei diesem Areal wird die Stadt Eggesin unmittelbar mit der akuten<br />
Frage umzugehen haben, welche Konsequenzen sich aus dem Abzug<br />
der Armee für die Entwicklung der ehemaligen Standort und die<br />
Stadtentwicklung ableiten. Im Falle der Vorpommernkaserne handelt<br />
es sich um eine akute Frage, denn im Sommer 2002 wird der Standort<br />
geschlossen und im Frühherbst, nach erfolgter Beräumung des<br />
beweglichen Inventars, steht das Gelände zur Disposition: entweder<br />
eine geschlossene Stadtbrache, ein potenzielles Entwicklungsgebiet<br />
oder eine unmittelbar sich anschließende Nachnutzung. Über die akute<br />
Frage, was aus diesem Stadtteil wird, beginnt augenscheinlich mit<br />
diesem Bereich der Wandel von der Garnisonsstadt zur einer kleinen<br />
Wohnstadt in attraktiver Naturlandschaft. Dies ist ein fundamentaler<br />
Identitätswandel, der mehr als nur das Bild der Stadt betrifft: jeder<br />
Bewohner der Stadt ist davon betroffen. Die Geschichte als Garnisonsstadt<br />
kann Eggesin nicht einfach abstreifen, im Gegenteil: Spuren<br />
sollten sichtbar bleiben, jedoch nicht nur als Reliquien einer vergangenen<br />
Epoche, sondern als “verarbeitete” Zeugnisse, die auch<br />
Außenstehenden diese Geschichte vermittelbar gestalten.<br />
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Bestandsplan der Vorpommernkaserne<br />
Außenaufnahmen des Geländes und mit den Bauten sowie mit der Sammlung von Militärfahrzeugen aus der NVA-Zeit<br />
Lage und Bestand<br />
Die Vorpommernkaserne entstand 1952-53 als erste Kasernenanlage<br />
in Eggesin. Sie beherbergte Stabseinrichtungen. Das Gelände liegt<br />
im Süden der Stadt und grenzt an die Siedlung der ehemaligen Munitionsfabrik<br />
(MUNA-Siedlung) an, welche in den 30er Jahren gebaut<br />
wurde. Hier wohnten viele der Offiziere. Die zentralen Gebäude der<br />
Siedlung dienten auch der Armee als Kulturhaus (“Haus der Armee”).<br />
Diese sind bereits geschlossen. Das eigentliche Militärgelände<br />
umfasst ca. 10 ha. Mit 13 Gebäuden und sechs Garageneinheiten,<br />
die auf einem separaten Grundstück, unmittelbar an der Wohnsiedlung<br />
gelegen sind. Acht der Gebäude sind zweigeschossig (Stabsgebäude<br />
und Wohnunterkünfte) und fünf Gebäude sind eingeschossig. Diese<br />
Bauten dienten der Versorgung, der Infrastruktur und Lagerhaltung.<br />
Die Bauwerke haben eine Geschossfläche von ca. 11.000 m² (ohne<br />
Garagen) und sind z. T. in sehr gutem Zustand, meist teilsaniert. Außerdem<br />
befindet sich auf dem umzäunten Gelände ein großer Sportplatz,<br />
der in sehr gutem Zustand ist. Das Areal wird von der Karl-<br />
Marx-Straße her erschlossen.
CHARRETTE <strong>EGGESIN</strong> 2002<br />
Situation und Ansätze<br />
Der in Kürze stattfindende Auszug der Armee lässt kaum Spielraum<br />
für die Suche nach neuen Nutzungsmöglichkeiten. Das Areal wird in<br />
das Eigentum des Bundesvermögensamtes übergehen und dann<br />
durch dieses veräußert werden. Damit werden für potenzielle Nutzer<br />
möglicherweise kaum überwindbare Hürden entstehen, da interessierte<br />
Vereine allein an den Bodenpreisen scheitern würden. Planungsrechtlich<br />
besteht die “Gefahr”, dass das Gelände oder Teile davon<br />
nach § 35 zum Außenbereich erklärt werden und damit erhebliche<br />
Probleme in der Nachnutzbarkeit entstehen. Beide Probleme sind<br />
nicht außergewöhnlich. Dennoch ist im Falle dieser Kaserne eine<br />
städtebauliche wie funktionelle Anbindung bzw. Integration von besonderer<br />
Bedeutung. Sie ist inzwischen von Wohnbebauung faktisch<br />
umgeben. Die Qualität und der Zustand der Bauten und Freianlagen<br />
bieten beste Voraussetzungen für eine direkte Nachnutzung – was<br />
sich innerhalb weniger Jahre nach Schließung und bei Nichtnutzung<br />
radikal ändern würde. Die Gefahr einer weiteren Brache mit verfallenen<br />
Gebäuden würde dem problematischen Image der Stadt weiter<br />
Vorschub leisten. Unmittelbar neben der Kaserne befindet sich das<br />
ehemalige Hotel “Mecklenburg” – eines der größten Häuser dieser<br />
Art in Eggesin. Ein Bauwerk (Hotel, Gaststätte, Saal) aus den 50er<br />
Jahren – heute eine Ruine und für viele Bewohner ein Synonym für<br />
den Zustand der Stadt. Die Kasernenbauten würden ein gleiches<br />
Schicksal erleiden. Die Stadt Eggesin hat deshalb dieses Areal mit<br />
zu einem Gegenstand der Charrette erhoben. Sie beabsichtigt, dieses<br />
Gelände (zusammen mit der Wohnsiedlung) als ein Sanierungsgebiet<br />
auszuweisen. Es sind verschiedene Varianten vorstellbar:<br />
Variante a) das Wohngebiet<br />
Das Gelände wird nach Abzug der Armee zu einem noch zu bestimmenden<br />
Zeitpunkt komplett beräumt und für Wohnzwecke – als “Reines”<br />
oder “Allgemeines Wohngebiet” möglich (Einfamilienhaus- bzw.<br />
Reihenhausbebauung) – neu erschlossen, sofern die planungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen, ein Investor für die Wohnbauten und<br />
die Finanzen für die Beräumung des Areals gegeben sind. Diese<br />
Variante wurde lediglich skizzenhaft untersucht, da es in absehbarer<br />
Zeit keinen Bedarf geben wird, dieses Gelände für Wohnzwecke zu<br />
erschließen. Es sind im Innenbereich – insbesondere auf den Standorten<br />
der Plattenbauten – mehr als ausreichend Flächen vorhanden,<br />
die erschlossen sind und leichter mobilisierbar wären. Außerdem<br />
würde die Bebauung dieses Geländes für Wohnzwecke die Randentwicklung<br />
der Stadt befördern und die Innenbereiche weiter entwerten,<br />
was der notwendigen Stärkung des Zentrums entgegenwirkt.<br />
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<strong>DIE</strong> <strong>ZUKUNFT</strong> <strong>VON</strong> <strong>EGGESIN</strong>: <strong>REGION</strong>, <strong>STADT</strong>, <strong>QUARTIER</strong><br />
Variante b) das Mischgebiet<br />
Das Gelände sollte hauptsächlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze<br />
dienen (rechtlich auch als “Allgemeines Wohngebiet” denkbar, der<br />
Status “Mischgebiet” wäre für die beabsichtigten Zwecke günstiger).<br />
Die Idee zur Nachnutzung des Geländes wurde von dem ortsansässigen<br />
Verein “IWZ” (Innovations- und Wirtschaftszentrum), eines jüngst<br />
gegründeten Dachvereins für verschiedene wirtschaftliche und kulturelle<br />
Initiativen in Eggesin und Umgebung, entwickelt. Darin sind –<br />
nach Aussagen des Vereinssprechers – verschiedene kleine Unternehmen<br />
und Initiativen als Netzwerk vereint. Ihr Ziel ist die Nutzung<br />
der Vorpommernkaserne zu gewerblichen, zu Wohn-, Bildungs-, Fischzucht-,<br />
Gartenbau- und kulturellen Zwecken. Eine grobe funktionelle<br />
Gliederung des Bereiches ergab, dass sich die derzeitigen Anforderungen,<br />
die sich aus dem Konzeptrahmen ergeben, auf dem Areal<br />
der Kaserne unterbringen lassen. Ein wichtiges Moment bei diesem<br />
Ansatz dürfte die beabsichtigte Integration der Militärgeschichte dieses<br />
Standortes sein. Die auf dem Areal befindlichen Militärfahrzeuge<br />
der NVA könnten bei diesem Konzept integriert werden. Das gleiche<br />
träfe für die militärhistorische Sammlung zu, die derzeit in der Heimatstube<br />
untergebracht ist. Die Garagen (auf der westlichen Seite der<br />
Karl-Marx-Strasse) könnten von dem Verein als Lager bzw. Anzuchtgebäude<br />
genutzt werden – wenn dies emissionsrechtlich zulässig<br />
ist; ansonsten könnten sie auch aus der Wiedernutzung genommen<br />
werden. Dies hätte den Vorteil, das die angrenzende Wohnbebauung<br />
nicht mehr von den Garagen beeinträchtigt wird. Es könnte eine<br />
klare Stadtgrenze mit dieser Wohnbebauung gestaltet werden.<br />
Variante c) die sog. “Chappi”- Variante<br />
Das Gelände wird nach Abzug der Armee geschlossen, alles bewegliche<br />
Gut entfernt (entsorgt) und ein Hund als Bewacher “eingestellt”<br />
(dem täglich eine Büchse “Chappi” zur Verfügung gestellt wird).<br />
Dies Variante wurde nicht näher untersucht ...<br />
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Lage der - denkmalwerten - Siedlungen und der Kasernen<br />
CHARRETTE <strong>EGGESIN</strong> 2002<br />
Gesamtperspektive für die Kasernen<br />
Das Gelände der Vorpommernkaserne wäre – wenn es einer neuen<br />
Nutzung zugeführt wird – mit einer fußläufigen Verbindung in nördlicher<br />
Richtung (an der Berufsschule vorbei zum Stadtzentrum) sowie<br />
einer weiteren Straßenanbindung zu versehen. Außerdem könnte die<br />
Integration des Hotel-Bereiches (ehem. Hotel “Mecklenburg”) sinnvoll<br />
sein. Hier könnte auch der städtische Festplatz eingeordnet werden<br />
und damit auch für das Gebäude eine neue Chance eröffnen.<br />
Vereine der Stadt haben sich in der Charrette interessiert gezeigt,<br />
dieses Gebäude, bzw. erhaltenswerte Teile für ihre und öffentliche<br />
Zwecke nutzbar zu gestalten. Der Eigeninitiative sollte durchaus Raum<br />
gegeben werden, sofern nicht die Stadt dadurch neue finanzielle<br />
Belastungen erfährt.<br />
Die MUNA-Siedlung hat städtebaulich und baugeschichtlich einen<br />
hohen Stellenwert (einschl. der kritischen Wertung der Entstehungsgeschichte<br />
dieser Siedlung). Das zentrale Gebäude-Ensemble sollte<br />
unter Denkmalschutz gestellt werden. Es könnte zunächst von den<br />
Nutzern des Kasernengeländes gesichert und provisorisch unterhalten<br />
werden. Später wären Teile für besondere Wohnzwecke zu nutzen.<br />
In diesen Kontext gehört auch die Offizierssiedlung Karpin mit<br />
Holzhäusern aus den 50er Jahren. Beide Siedlungen stellen einen<br />
herausragenden städtebaulichen und geschichtlichen Kontext her.<br />
Diese Bereiche gehören zu den “Grundsteinen” der Garnisonsstadt<br />
Eggesin. Sie stellen gegenüber dem Zentrum um Forsthaus und Rosengarten<br />
das “andere Gesicht” der Stadt dar. Schließt man nun den<br />
geschichtlichen Bogen zu der großen Kaserne im Osten der Stadt,<br />
der Artillerie-Kaserne, zeigt sich eine militärische Wohn- und Nutzungslandschaft.<br />
Sie ist in Umnutzung und Umdeutung begriffen. Zusammen<br />
mit der Heidelandschaft (z. T. noch Sperrgebiet) kann zukünftig<br />
im Süden Eggesins eine besondere Wohn- und Erlebnislandschaft<br />
entstehen. Dafür wäre es wichtig, das weitere “Ausufern” der Stadt in<br />
südlicher Richtung zu verhindern, um diese Besonderheit der Verwandlung<br />
einer Militärlandschaft erlebbar zu machen. Ob dies ein<br />
“Erlebnispark” (siehe 1. Konzeptentwurf der AG Museum der Stadtverwaltung<br />
Eggesin, Juni 2001) wird, bedarf weiterer sorgsamer Untersuchungen<br />
und strategischer Planungen. Nur sollte zum jetzigen<br />
Zeitpunkt dieses Potenzial nicht “verbaut” werden. Im Zusammenhang<br />
mit einem zukünftig denkbaren Naturpark wären diese Wandlungen<br />
eines Militärstützpunktes ein Standortfaktor für Wohnen und besonders<br />
für den Tourismus. Denn: Wer kennt nicht das “Land der drei<br />
Meere ..” und wer möchte nicht an diesen Ort zurückkehren um zu<br />
sehen, was daraus wird.<br />
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