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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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<strong>Projekt</strong> <strong>Ökosteuer</strong><br />

Energiesteuern als Instrument<br />

der Umweltpolitik aus<br />

politikwissenschaftlicher Perspektive<br />

von<br />

Jürgen Christof<br />

Tectum Verlag<br />

Marburg 1999


Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme<br />

Christof, Jürgen:<br />

<strong>Projekt</strong> <strong>Ökosteuer</strong>. Energiesteuern als Instrument der Umweltpolitik aus<br />

politikwissenschaftlicher Perspektive.<br />

/ von Jürgen Christof<br />

- Marburg : Tectum Verlag, 1999<br />

ISBN 3-8288-5048-0<br />

© Diese Arbeit ist urheberrechtlich geschützt. Sie darf ohne Zustimmung des Verlags<br />

nicht vervielfältigt oder in Datennetzen oder auf sonstige Weise zugänglich<br />

gemacht werden.<br />

Tectum Verlag<br />

Marburg 1999<br />

2


Inhalt<br />

Einleitung .......................................................................................................................... 5<br />

1. Politikwissenschaftliche Steuerungstheorie.................................................................... 7<br />

1.1 Hierarchische Steuerung ......................................................................................... 9<br />

1.1.1 Probleme hierarchischer Steuerung................................................................. 10<br />

1.1.2 Kritik und Kommentierung............................................................................. 13<br />

1.1.3 Konsequenzen................................................................................................ 15<br />

1.2 Mediale Steuerung ................................................................................................ 16<br />

1.2.1 Theorie der Autopoiese.................................................................................. 17<br />

1.2.2 Soziale Systeme ............................................................................................. 17<br />

1.2.3 Politische Steuerung aus medialer Steuerungsperspektive ............................... 19<br />

1.3 Fazit und Ausblick ................................................................................................ 21<br />

2. Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland ...................................................... 21<br />

2.1 Geschichte der Umweltpolitik ............................................................................... 22<br />

2.2 Prinzipien der Umweltpolitik................................................................................. 26<br />

2.2.1 Das Vorsorgeprinzip....................................................................................... 26<br />

2.2.2 Das Verursacherprinzip .................................................................................. 29<br />

2.2.3 Das Kooperationsprinzip................................................................................ 32<br />

2.2.4 Fazit............................................................................................................... 33<br />

2.3 Handlungsfelder der Umweltpolitik ....................................................................... 33<br />

2.3.1 Gefahrenabwehr............................................................................................. 33<br />

2.3.2 Risikomanagement ......................................................................................... 34<br />

2.3.3 Strukturelle Ökologisierung............................................................................ 36<br />

2.4 Instrumente der Umweltpolitik.............................................................................. 38<br />

3. Die Energieproblematik .............................................................................................. 39<br />

3.1 Aspekte der Energieproblematik............................................................................ 39<br />

3.1.1 Emissionensprobleme ..................................................................................... 40<br />

3.1.2 Ressourcenendlichkeit.................................................................................... 43<br />

3.1.3 Verteilungsgerechtigkeit ................................................................................. 44<br />

3.2 Kohlendioxid und Klimawandel............................................................................. 46<br />

3.3 Strategien zur Reduktion von CO 2 -Emissionen..................................................... 49<br />

3.3.1 Erneuerbare Energien..................................................................................... 49<br />

3.3.2 Kernenergie.................................................................................................... 49<br />

3.3.3 Abtrennung und Lagerung.............................................................................. 50<br />

3


3.3.4 Energieeinsparung.......................................................................................... 51<br />

3.4 Zusammenfassung................................................................................................. 53<br />

4. Energiesparen und hierarchische Steuerung: Das Ordnungsrecht ................................. 54<br />

4.1 Ordnungsrecht als Instrument hierarchischer Steuerung......................................... 54<br />

4.2 Ordnungsrechtliche Maßnahmen und Energieproblematik...................................... 56<br />

4.3 Hierarchische Steuerungstheorie und Energieproblematik...................................... 59<br />

4.3.1 Varietäts– und Komplexitätsproblem .............................................................. 59<br />

4.3.2 Wissens– und Informationsproblem ................................................................ 61<br />

4.3.3 Implementationsproblem ................................................................................ 64<br />

4.3.4 Motivationsproblem und Problem nicht-intendierter Folgen ............................ 65<br />

4.4 Zusammenfassung und Bewertung ........................................................................ 66<br />

5. Energiesparen und mediale Steuerung: Energiesteuern ................................................ 66<br />

5.1 Energiesteuern – eine Definition............................................................................ 67<br />

5.2 Mediale Steuerung in der Umweltpolitik ............................................................... 68<br />

5.2.1 Umweltpolitische Steuerung........................................................................... 68<br />

5.2.2 Das Baden-Württembergische ‘Staatsdomänenkonzept’ ................................. 69<br />

5.3 Mediale Steuerung und Energiesteuern.................................................................. 71<br />

5.3.1 Wirtschafts– und Energiesystem ..................................................................... 72<br />

5.3.2 Unterschiede zwischen Domänenkonzept und Energiesteuern......................... 74<br />

5.3.3 Fazit............................................................................................................... 76<br />

5.4 Die Energiesteuervorschläge der EU-Kommission und des DIW ........................... 76<br />

5.4.1 Der Vorschlag der Europäischen Kommission................................................. 76<br />

5.4.2 Die DIW-Studie im Auftrag von Greenpeace.................................................. 78<br />

5.5 Ökonomische Theorie und Energiesteuern............................................................. 80<br />

5.6 Fazit ..................................................................................................................... 83<br />

Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 84<br />

4


Einleitung<br />

Faktor Vier lautet ein Schlagwort der Umweltpolitik. Gemeint ist damit eine Vervierfachung<br />

der Energieproduktivität, also der Menge Wohlstand, die aus einer Energieeinheit gewonnen<br />

wird. Durch diese Produktivitätssteigerung sollen zwei Ziele realisiert werden, die nur<br />

scheinbar einander ausschließen: Verringerung des Ressourcenverbrauchs bei gleichzeitiger<br />

Wohlstandssteigerung. Möglich wird dies durch die Tatsache, daß nicht Energie, sondern<br />

Energiedienstleistungen konsumiert werden, z.B. Wärme, Licht oder Transportleistungen.<br />

Die entscheidende Frage ist, wie diese Erhöhung der Energieproduktivität erreichten werden<br />

kann. Welches Steuerungsinstrument soll von Seiten der Politik eingesetzt werden, um den<br />

Prozeß einer strukturellen Ökologisierung des gesamten Energiebereichs zu initiieren? Bislang<br />

wird die bundesdeutsche Umweltpolitik durch den Einsatz ordnungsrechtlicher Maßnahmen<br />

geprägt. Doch deren Tauglichkeit wird zunehmend in Frage gestellt. In der aktuellen Debatte<br />

stehen Energiesteuern als ökonomisches Steuerungsinstrument hoch im Kurs. Sie sollen<br />

herkömmliche, fossile Energieträger verteuern und über den Preis Energiesparpotentiale<br />

aktivieren. Erneuerbare Energien sind von der Besteuerung ausgenommen, um sie<br />

konkurrenzfähiger zu machen. Gegenstand dieser Arbeit ist nun die Frage, ob Energiesteuern<br />

den an sie gestellten Erwartungen gerecht werden können. Diese Frage soll durch eine<br />

vergleichende Analyse der Wirkungen von Energiesteuern und Ordnungsrecht auf der<br />

Grundlage politikwissenschaftlicher steuerungstheoretischer Konzepte beantwortet werden.<br />

In Kap.1 werden zwei Theorien politischer Steuerung vorgestellt. Sie stellen den Versuch dar,<br />

wissenschaftlich abzubilden, wie politische Steuerung in modernen Industriegesellschaften<br />

konzipiert werden kann. Hierarchische Steuerungstheorie geht davon aus, daß es trotz<br />

erheblicher Schwierigkeiten möglich ist, daß die Politik kausal-deterministischen Einfluß auf<br />

die gesellschaftliche Entwicklungen nehmen kann. Die Theorie Struktureller Kopplung<br />

verneint dies. Ihr zufolge kann das politische System nur Störungen produzieren, die im<br />

Zielsystem selbstgesteuerte Wandlungsprozesse auslösen. Eine determinierende Beeinflußung<br />

ist nicht möglich. Diese Steuerungskonzepte bilden den Hintergrund der weiteren Analyse.<br />

Vorab muß geklärt werden, ob die politisch-institutionellen und administrativen<br />

Voraussetzungen für eine aktive Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland gegeben<br />

sind. Die Auseinandersetzung mit Geschichte, Handlungsgrundsätzen, Aktionsfeldern und<br />

potentiell einsetzbarem Instrumentarium des Politikfelds Umweltpolitik in Kap.2 liefert ein<br />

positives Ergebnis.<br />

In einem nächsten Schritt erfolgt die Analyse der Energieproblematik und ihrer<br />

unterschiedlichen Aspekte in Kap.3. Dabei wird deutlich, daß durch drohende Veränderungen<br />

des Erdklimas, die vor allem auf eine Erhöhung des CO 2 -Gehalts der Atmosphäre<br />

zurückzuführen sind, die Höhe des Verbrauchs fossiler Brennstoffe im Mittelpunkt<br />

umweltpolitischer Aktivitäten stehen muß. Aus der Reihe der CO 2 -Vermeidungsoptionen kann<br />

kurzfristig nur die Energiesparstrategie zum Erfolg führen.<br />

In Kap.4 wird untersucht, mit welchen Schwierigkeiten eine Energiesparpolitik konfrontiert ist,<br />

die ausschließlich auf das ‘klassische’ umweltpolitische Steuerungsinstrument Ordnungsrecht<br />

setzt. Der Einsatz des ordnunsgrechtlichen Instrumentariums wird dem Typus ‘hierarchische<br />

Steuerung’ zugeordnet. Im Ergebnis steht die Erkenntnis, daß das Ordnungsrecht aufgrund<br />

unüberwindbarer Steuerungsprobleme ungeeignet ist, als Initiator einer strukturellen<br />

Ökologisierung zu fungieren.<br />

5


In Kap.5 werden Energiesteuern als Instrument umweltpolitischer Steuerung beschrieben. Dies<br />

geschieht im Rahmen einer Wirkungsanalyse aus der Perspektive der Theorie Struktureller<br />

Kopplung. Trotz unübersehbarer Probleme, die z.B. in der Festsetzung des Steuersatzes liegen,<br />

stellen Energiesteuern ein geeignetes Steuerungsinstrument dar, um Energiesparpotentiale zu<br />

aktivieren. Umweltpolitische Steuerung, die sich dieses Steuerungsinstruments bedient,<br />

vermeidet zahlreiche Schwierigkeiten, die sich durch den Versuch hierarchischer Steuerung<br />

ergeben. Technisch ist eine Erhöhung der Energieproduktivität um den Faktor Vier schon<br />

heute möglich. Energiesteuern können aufgrund ihrer Wirkungsbreite und Wirkungstiefe einen<br />

bedeutenden Beitrag zum Erreichen dieses umweltpolitischen Ziels leisten.<br />

6


1. Politikwissenschaftliche Steuerungstheorie<br />

Möglichkeiten und Grenzen von ‘Steuerung’ werden im sozialwissenschaftlichen Kontext aus<br />

den verschiedensten Perspektiven thematisiert. Psychologie, Pädagogik, Geschichts– und<br />

Wirtschaftswissenschaft, Soziologie und Rechtswissenschaft: In all diesen Wissenschaften<br />

spielt das Problem der ‘gezielten intentionalen Einflußnahme’ 1 auf Akteure, Prozesse und<br />

Strukturen eine bedeutende Rolle. In der Politikwissenschaft nimmt ‘Steuerung’ eine<br />

besondere, herausgehobene Stellung ein. Einsichtig wird diese Feststellung, wenn man die<br />

Formulierung ‘politische Steuerung’ als Tautologie begreift. Politik ist dann quasi ein Synonym<br />

für Steuerung: „Die einfache Begründung für solche Auffassungsweisen lautet durchweg, daß<br />

Politik immer als Steuerung und Steuerung in bezug auf Gesellschaft immer als Politik zu<br />

begreifen sei“ (Bußhoff 1992: 8). Ohne planerischen ‘Allmachtsphantasien’ (Mayntz) verfallen<br />

zu sein, ist die Ansicht in der scientific community der Politikwissenschaft weit verbreitet, daß<br />

es eine zentrale Funktion des politischen Systems ist, kollektiv verbindliche Entscheidungen zu<br />

fällen und diese durchzusetzen 2 . Veranlaßt durch diese spezifische Funktion für das<br />

gesellschaftliche Ganze regiert die Politik „zwangsläufig und oft geradezu mit<br />

imperialistischem Anspruch in andere gesellschaftliche Sphären hinein“ (Ulrich 1994: 22).<br />

Selbstverständlich läßt sich auch Umweltpolitik als Prozeß des ‘Hineinregierens’ in<br />

gesellschaftliche Subsysteme, wie des Energie– oder Wirtschaftssystems, verstehen.<br />

Zielprojektionen, z.B. konkretisiert als Schadstoffgrenzwerte oder Senkung des Rohstoffinputs<br />

der Volkswirtschaft, sollen mit Hilfe bestimmter Instrumente durchgesetzt werden. Vorab stellt<br />

sich jedoch die Frage nach den Bedingungen des Zustandekommens umweltpolitischer<br />

Aktivitäten. Nach V. von Prittwitz hängt Umweltpolitik in erster Linie nicht vom Grad der<br />

Umweltverschmutzung ab (Belastungs-Reaktions-These 3 ), sondern vor allem von den<br />

jeweiligen politisch-institutionellen Handlungskapazitäten (Kapazitätsthese 4 ):<br />

1 Es existiert keine allgemeinverbindliche Definition des Terminus „Steuerung“ in den Sozialwissenschaften. In dieser<br />

Arbeit werden unterschiedliche Steuerungsbegriffe verwendet und in ihrem jeweiligen theoretischen Kontext<br />

thematisiert. Eine exakte technische Definition liefert das Normblatt DIN 19 226:3: „Das Steuern -die Steuerung- ist<br />

der Vorgang in einem abgegrenzten System, bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen andere Größen als<br />

Ausgangsgrößen auf Grund der dem abgegrenzten System eigentümlichen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen“ (zit. nach<br />

Druwe 1994: 57).<br />

2 Vgl. z.B. den „komplexen Politikbegriff“ von W. Patzelt: „Politik ist jenes menschliche Handeln, das auf die Herstellung<br />

allgemeiner Verbindlichkeit, v.a. von allgemein verbindlichen Regelungen und Entscheidungen, in und zwischen<br />

Gruppen von Menschen abzielt“ (1992: 14). Oder in der Definition von R. Münch: „Unter Politik sind alle<br />

gesellschaftlichen Handlungen zu fassen, die auf die kollektiv verbindliche Durchsetzung von Entscheidungen mittels<br />

Machtgebrauch abzielen“ (1994b: 382).<br />

3 Die Belastungs-Reaktions-These besagt, daß umweltpolitische Aktivitäten vom Grad der Umweltverschmutzung<br />

abhängen. V. von Prittwitz nennt Beispiele dafür, daß diese These für das Entstehen von Umweltpolitik nicht ausreicht:<br />

So hätte z.B. die Umweltsituation in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten nach diesem Denkmuster zu<br />

weitgehenden Reaktionen führen müssen, die aber ausgeblieben sind (vgl. 1990: 105 f.). Als weiteres Beispiel<br />

politischer Nichtreaktion nennt er die Tatsache, „daß sich in der Tschechoslowakei und Polen keine wirksame<br />

Luftreinhaltepolitik entwickelt hat, obwohl dort bereits seit Jahrzehnten schwere Waldschäden unübersehbar sind und<br />

der Zusammenhang von Industrieabgasen und Waldschäden wohlbekannt ist“ (ebd. 106).<br />

4 Die Kapazitäts-These besagt, „daß die Entwicklung von Umweltpolitik dem Stand sozioökonomischer und politischinstitutioneller<br />

Kapazitäten entspricht und damit nicht lediglich Ausdruck von Mißständen [ist]. Umweltpolitik ist in<br />

diesem Sinne Teilindikator der sozioökonomischen und politisch-institutionellen Entwicklung“ (von Prittwitz 1990:<br />

108).<br />

7


„Wirksame Umweltpolitik entwickelt sich nur dann, wenn ausreichend große technisch-ökonomische<br />

und politisch-institutionelle Handlungskapazitäten vorhanden sind. Fehlen diese, so führen auch die<br />

stärksten Umweltbelastungen zu keiner wirkungsvollen Reaktion. Umweltbelastungen, Umweltkrisen<br />

oder –katastrophen sind nur mögliche Auslöser oder Verstärker umweltpolitischen Handelns auf der<br />

Grundlage ausreichender Handlungskapazitäten“ (von Prittwitz 1990: 114 f.).<br />

Grundlage dieser Arbeit ist die Annahme, daß die Gesellschaft der Bundesrepublik<br />

Deutschland über die technisch-ökonomischen und politisch-institutionellen Kapazitäten<br />

verfügt, die die notwendige Voraussetzung für eine Bearbeitung von Umweltproblemen<br />

innerhalb des politischen Prozesses bilden. Belegen läßt sich dies mit dem Hinweis auf den<br />

Tatbestand, daß Umweltpolitik in Deutschland längst als eigenständiges Politikfeld etabliert<br />

ist 5 .<br />

Auch Energieprobleme werden seit langem unter Umweltschutzgesichtspunkten thematisiert.<br />

Nicht jedoch wie der Energieverbrauch als Umweltproblem auf die politische Tagesordnung<br />

gesetzt wurde (Agenda-Setting), sondern die Umsetzungsschwierigkeiten eines bestimmten<br />

Problemlösungsansatzes, nämlich der Aktivierung von Energiesparpotentialen, stehen im<br />

Mittelpunkt dieser Arbeit. Bevor näher auf die politikfeldspezifischen Strukturen und Probleme<br />

der Umwelt(schutz)politik eingegangen werden kann, soll in diesem Kapitel zunächst die<br />

theoretische Grundlage für die weitere und daran anschließende Argumentation geschaffen<br />

werden.<br />

In dem Teilgebiet der Politikwissenschaft, das sich mit Fragen politischer Steuerung<br />

auseinandersetzt, läßt sich in der aktuellen Debatte keine eindeutig dominante Theorieposition<br />

ausmachen. Verschiedene Ansätze konkurrieren um die Erklärung des Phänomens:<br />

„Typische Beispiele für Erörterungen dieser Art sind zu finden im Umkreis der Diskussionen zur<br />

politischen Planungstheorie, zur politischen Kybernetik, zur sozial– und politikwissenschaftlichen<br />

Systemtheorie, zur Pluralismus– und Korporatismustheorie, zur Theorie der politischen Kultur und des<br />

Wertewandels, zur Policy-Theorie (vor allem zur regulativen Policy-Theorie) und zur neuerdings wieder<br />

aktuellen Staatstheorie“ (Bußhoff 1992: 7; vgl. auch Ulrich 1994).<br />

Beim Versuch, diese Ansätze zu integrieren, konnte bislang kein befriedigendes Ergebnis<br />

erzielt werden (vgl. Schubert 1994: 452 ff.) 6 . Die deshalb notwendige Selektion erfolgte mit<br />

Blick auf die Aussagekraft der Theorien beim Vergleich der umweltpolitischen<br />

Steuerungsinstrumente Energiesteuern und Ordnungsrecht. Die Charakterisierung der<br />

ausgewählten politikwissenschaftlichen Steuerungstheorien, hierarchische und mediale<br />

Steuerung, bildet den Argumentationshintergrund einer Wirkungsanalyse: Ordnungsrecht und<br />

Energiesteuern werden auf Stärken und Schwächen hinsichtlich ihres Einsatzes in der<br />

Energiesparpolitik untersucht. Das Interesse gilt Output, Impact und Outcome<br />

(umwelt)politischer Steuerung, nicht Input und Programmformulierung.<br />

Die grundsätzliche Fähigkeit zur intentionalistischen Steuerung wird der Politik von Vertretern<br />

unterschiedlichster Positionen zuerkannt. Eine Gegenposition dazu ist der extreme<br />

Steuerungspessimismus in der Luhmannschen Variante der Systemtheorie. Würde man sich der<br />

Luhmannschen Position anschließen, hätte, F. Scharpf zufolge, „die Suche nach den<br />

Bedingungen größerer oder geringerer Steuerungsfähigkeit ihr Ende gefunden“ (1989: 11).<br />

Negiert man prinzipiell die Möglichkeit von Steuerung, erübrigt sich auch ein Vergleich der<br />

Wirkungschancen von Steuerungsinstrumenten: Politikwissenschaftliche Steuerungstheorien<br />

5 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2<br />

6 Zu den Versuchen einer theoretischen Integration vgl Burth 1999<br />

8


eint bei aller Unterschiedlichkeit die Auffassung, daß sie an der Möglichkeit absichtsvoller<br />

politischer Einflußnahme festhalten. Effekte von Steuerung müssen auf Ursachen<br />

zurückbezogen werden können, wenn sie als Ergebnis politischer Steuerung beobachtbar<br />

bleiben sollen. Damit ist noch keine Aussage darüber gemacht, wie der Ursache-<br />

Wirkungszusammenhang konzipiert wird: Ob kausal-deterministisch, wie im Fall der Theorie<br />

hierarchischer Steuerung, oder kausal-kontingent und probabilistisch, wie im Fall der medialen<br />

Steuerungstheorie. Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, einen eigenen Beitrag zur<br />

Steuerungstheorie zu liefern, beschränken sich die weiteren Ausführungen auf Darstellung,<br />

Kritik und Kommentierung.<br />

1.1 Hierarchische Steuerung<br />

Die Kernaussage der Theorie hierarchischer Steuerung wird von U. Druwe folgendermaßen<br />

skizziert:<br />

„Politische Steuerung durch politische Akteure oder das politische System ist in der Art möglich, daß<br />

diese es vermögen, Adressaten mittels geeigneter Instrumente in ihrem Sinn zu beeinflussen.<br />

Gesellschaftliche Veränderungen können folglich u.a. auf Steuerung durch das politische System kausal<br />

zurückgeführt werden“ (1994: 65, Hervorhebung JC).<br />

Hierarchische Steuerung meint die Fähigkeit zur „konzeptionellen Gestaltung der<br />

gesellschaftlichen Umwelt durch politische Instanzen“ (Mayntz 1987: 92). Sie unterstellt die<br />

„Möglichkeit einer absichtsvollen und im Sinne der eigenen Ziele erfolgreichen Intervention (oder wie<br />

sonst soll man ‘Steuerung’ definieren?) der Politik in die Strukturen und Prozesse der Wirtschaft und<br />

anderer Funktionssysteme“ (Scharpf 1989: 18).<br />

Nach R. Mayntz bietet es sich aus systematischen Erwägungen an, den Steuerungsbegriff eng<br />

zu fassen. Als Verfechterin einer exklusiven Definition, ist für R. Mayntz ‘politische<br />

Steuerung’ durch folgende Komponenten gekennzeichnet: Steuerungssubjekt,<br />

Steuerungsobjekt, Steuerungsziel, Einsatz von Maßnahmen und Wissen über<br />

Wirkungszusammenhänge.<br />

Hierarchische Steuerung setzt ein Steuerungssubjekt, einen Steuerungsakteur, voraus:<br />

„Politische Steuerung als Chance der zielstrebigen Selbstveränderung des Gemeinwesens läßt<br />

sich ohne Rückgriff auf Subjekte politischen Handelns nicht konzipieren“ (Scharpf 1989: 12).<br />

Als Steuerungsakteure fungieren „handlungsfähige soziale Kollektive“ (Mayntz 1987: 93). Mit<br />

diesem handlungstheoretischen und akteursorientierten Steuerungsbegriff bleibt man der<br />

„Vorstellung des singulären, aus einer einheitlichen Identität, aus einem einheitlichen Interesse<br />

und aus einer einheitlichen Situationsdeutung heraus agierenden Subjekt verhaftet“ (Scharpf<br />

1989: 14). Die Frage nach den Trägern politischer Steuerung ist damit beantwortet: Es sind die<br />

Makroakteure des politischen System. Weiter gehört zu diesem Begriff der Steuerung ein<br />

Steuerungsobjekt, das als System vorgestellt wird und dessen ‘autonome Dynamik’ gezielt im<br />

Sinne des Steuerungssubjekts geändert werden soll. Außerdem ein Steuerungsziel und<br />

„der Einsatz von Maßnahmen, um das Steuerungsziel zu verwirklichen, sowie – als unerläßliche<br />

Voraussetzung der Maßnahmenwahl – eine Vorstellung der Wirkungsbeziehungen zwischen<br />

Steuerungsaktivitäten und –ergebnissen“ (Mayntz 1987: 94, Hervorhebungen JC).<br />

Um ihre Zielsetzung verwirklichen zu können, besitzen die Steuerungssubjekte relevante<br />

Informationen über den notwendigen Mitteleinsatz (Steuerungsinstrumente) zur Erreichung<br />

bestimmter Zwecke. Die „freiwillige Handlungskoordination gleichberechtigter Akteure durch<br />

9


gegenseitige (horizontale) Abstimmung“ (ebd. 95) ist somit keine Steuerung im Sinne von<br />

Mayntz. Sie insistiert auf einer strikten Abgrenzung des Steuerungsbegriffs gegenüber<br />

Selbststeuerungs– oder korporatistisch-dezentralen Bargaining-Prozessen 7 . Politische<br />

Steuerung wird per definitionem auf die Handlungen des ‘zentralstaatlichen Akteurs’<br />

beschränkt. Damit ist festgelegt, daß wegen des analytisch begründeten Durchhaltens einer<br />

einheitlichen Perspektive, in der hierarchischen Steuerungstheorie Steuerung immer aus der<br />

Sicht des Steuerungssubjektes thematisiert wird. F. Scharpf räumt zwar ein: „Empirisch finden<br />

wir gewiß mehr Beispiele für Steuerungsverzichte und Steuerungsversagen als für den Erfolg<br />

von Steuerungsversuchen“ (1989: 18). Die Gründe dafür liegen jedoch nicht in der<br />

prinzipiellen Beschränktheit hierarchischer Steuerung, sondern sind z.B. in<br />

Informationsdefiziten und Implementationsschwierigkeiten zu suchen. Das Credo der<br />

hierarchischen Steuerungstheorie lautet, daß es möglich ist, Adressaten kausal-deterministisch<br />

zu beeinflussen, obwohl Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Steuerungsziele anerkannt<br />

werden.<br />

1.1.1 Probleme hierarchischer Steuerung<br />

Die Ursachen dafür, daß politische Steuerung mittels regulativer Politik ihr Ziel häufig verfehlt,<br />

werden von R. Mayntz selbst angeführt und diskutiert (vgl. 1987: 96 ff.). Druwe/Görlitz fassen<br />

die Ausführungen zusammen und identifizieren – neben dem Problem der Gleichzeitigkeit–<br />

sechs weitere Problemfelder:<br />

„1. das Varietätsproblem,<br />

2. das Komplexitätsproblem,<br />

3. das Wissensproblem,<br />

4. das Implementationsproblem,<br />

5. das Motivationsproblem und<br />

6. das Problem nicht-intendierter Folgen“ (1992: 149).<br />

Das Varietätsproblem ergibt sich aus der Unfähigkeit des politischen Systems „seine eigene<br />

interne Struktur korrespondierend zu der ausdifferenzierten und hochkomplexen Umwelt<br />

aufzubauen“ (Druwe 1994: 66). Steuerungsversagen der Politik angesichts des<br />

Varietätsproblems erklärt sich durch die Unmöglichkeit, die Verhaltensmöglichkeiten der<br />

Umweltstrukturen zu reduzieren. Diese übersteigen immer die Steuerungsvarietäten des<br />

politischen Systems. Potentielle Ausweich– oder Verhinderungsstrategien teilsystemisch<br />

spezialisierter und differenzierter Umweltstrukturen können wegen des geringeren Reservoirs<br />

an Verhaltensmöglichkeiten des politischen Systems nicht vollständig eliminiert werden. Das<br />

Ziel, kongruente Verhaltensmöglichkeiten zu schaffen, wird wegen des prinzipiell höheren<br />

Komplexitätsgrades der Umwelt des politisch-administrativen Systems nicht erreicht. Die<br />

Umweltstrukturen können sich so den Steuerungsvorgaben des politischen Systems entziehen:<br />

Vorgaben werden ignoriert, umgangen oder transformiert.<br />

7 So ist auch das Konzept der „dezentralen Kontextsteuerung“ von H. Willke für R. Mayntz ein Widerspruch: „Aus der<br />

Perspektive des zentralstaatlichen Akteurs betrachtet ist es unsinnig, von dezentraler Kontextsteuerung zu reden, denn<br />

für ihn bedeutet konsequente Dezentralisierung nicht Steuerung, sondern ganz im Gegenteil Steuerungsverzicht“ (1987:<br />

95).<br />

10


Das Komplexitätsproblem ist Folge der Ausdifferenzierung von Funktionssystemen im Prozeß<br />

der Modernisierung von Gesellschaften. Steuerungstheoretische Schwierigkeiten ergeben sich<br />

dabei sowohl systemintern als auch –extern. Ausdifferenzierungsprozesse beschränken sich<br />

nicht auf die Entstehung von Funktionssystemen, so daß auch die Binnenstruktur des<br />

politischen Systems durch Ausdifferenzierung und Komplexitätszunahme gekennzeichnet ist.<br />

Durch die Ergebnisse der Implementationsforschung (vgl. Mayntz (Hrsg.) 1980; 1983) mußte<br />

die Vorstellung eines monolithischen Steuerungsakteurs namens ‘Staat’ aufgegeben werden.<br />

Vielmehr zeigte sich,<br />

„daß der staatliche Steuerungsakteur ein komplexes mehrstufiges Akteursystem ist, in dem die<br />

nachgeordneten Behörden nicht nur als gleichsam neutrale Instrumente bei der Durchführung von<br />

Steuerungsmaßnahmen fungieren, sondern sowohl innerhalb zugestandener Handlungsspielräume wie<br />

auch in Verletzung oder Umgehung von Verfahrensnormen selber steuernd eingreifen“ (Mayntz 1987:<br />

97).<br />

R. Mayntz zieht daraus die Konsequenz, daß der Implementationsprozeß selbst „im Interesse<br />

wirksamer Zielverfolgung zum Steuerungsobjekt werden“ muß (ebd.), um das Problem der<br />

Binnendifferenzierung besser in den Griff zu bekommen. Da die Selbststeuerungsprobleme des<br />

Staates jedoch vielfältiger sind 8 , stellt die Reduktion auf die Implementationskomponente eine<br />

Vereinfachung dar.<br />

Im Verhältnis zwischen den Funktionssystemen verlangt die „Beherrschung der Komplexität<br />

des Steuerungsobjektes“ im Input– und Output-Bereich des politischen Steuerungsprozesses<br />

eine dem Steuerungsobjekt parallel zugeordnete „Komplexität des politisch-administrativen<br />

Apparates“ (Druwe/Görlitz 1992: 149). Dies ist im Input-Bereich erforderlich, um die<br />

notwendige Umweltempfindlichkeit entwickeln zu können. Die adäquate Wahrnehmung von<br />

Kritik, Forderungen, Unterstützung und Problemen setzt nach dem „Gesetz der requisite<br />

variety“ 9 eine Verdopplung der Komplexität durch das politisch-administrative System voraus<br />

– und dies auf allen Ebenen. Selbiges gilt für die Output-Seite: Die systeminterne<br />

Reproduktion der Adressatenstruktur verweist wiederum auf Komplexitätsverdopplung, wobei<br />

sich die Problematik durch die ‘Entdeckung’ handlungsfähiger, mit Ressourcen ausgestatteter<br />

Steuerungsakteure innerhalb des politischen Systems 10 vervielfacht und verschärft. So müssen<br />

diejenigen Akteure im System, die im engeren Sinn mit der Produktion von Entscheidungen<br />

befaßt sind, sowohl relevante Informationen über die Struktur der Implementationsinstanzen<br />

als auch über deren Wissen bezüglich der Adressatenstruktur besitzen. Beim Versuch, diese<br />

Probleme zu bearbeiten, ergibt sich die Konsequenz, „daß die Komplexitätsverdopplung im<br />

Alltag zu Überbürokratisierung führt“ (ebd.). An dieser Stelle zeigt sich exemplarisch, wie<br />

Komplexitäts-, Wissens– und Implementationsproblematik miteinander verbunden sind.<br />

Das Wissens– oder Informationsproblem erhält seine Brisanz durch die Bedeutsamkeit des<br />

Besitzes ‘relevanter Informationen’ für jeden Vorgang rationaler Planung. Um hierarchische<br />

Steuerungsprozesse in Gang setzen zu können, muß das politische System und die in ihm<br />

handelnden Akteure in der Lage sein, aus der potentiell unendlichen Fülle von Informationen,<br />

diejenigen herauszufiltern, die den Status ‘relevant’ beanspruchen können. Eine Bewertung der<br />

8 Der politische Steuerungsprozeß beginnt nicht mit der Verabschiedung von Maßnahmen. Zu den systeminternen<br />

Steuerungsproblemen des Staates gehören deshalb z.B. auch die spezifizierenden Vorarbeiten der Verwaltung, die die<br />

Maßnahmenwahl der politischen Entscheidungsträger maßgeblich beeinflußen.<br />

9 Dieser Zusammenhang wurde von dem Kybernetiker Ashby formuliert (zit. nach Druwe 1994: 61).<br />

10 Z.B. Verwaltungsbehörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene.<br />

11


Güte von Informationen bedarf spezifisch politischer Relevanzkriterien. Allgemein anerkannte<br />

Kriterien sind jedoch nicht in Geltung, die Frage nach der Relevanz bleibt letztlich<br />

unbeantwortet. Dennoch müssen permanent Entscheidungen auf der Grundlage von<br />

Informationen getroffen werden, außerdem müssen Informationen verarbeitet und an<br />

entscheidender Stelle zur Verfügung gestellt werden. Dies stellt wegen der begrenzten<br />

Informationsverarbeitungskapazität eine generelle Schwierigkeit dar. Als in den frühen 70er<br />

Jahren mit dem Aufbau von Planungseinheiten und Informationssysteme begonnen wurde, um<br />

den „Apparat intelligenter“ zu machen, diagnostizierte man Wissensprobleme, die durch „mehr<br />

Informationen und erhöhte Informationsverarbeitungskapazität lösbar“ (Mayntz 1987: 97)<br />

schienen. Daß die Ursache der Wissensprobleme hauptsächlich beim Steuerungsakteur gesehen<br />

wurden, zeugt von einer systematischen Unterschätzung der Problempotentiale, die „in der<br />

Eigenart des Steuerungsobjekts“ (ebd.) liegen.<br />

Selbst wenn das Komplexitätsproblem durch die analoge Verdopplung der Struktur des<br />

Steuerungsobjekts innerhalb des politisch-administrativen Systems gelöst bzw. abgemildert<br />

werden könnte, verbleibt immer noch das Problem der Gleichzeitigkeit. Bei der Verarbeitung<br />

der Informationen, die als notwendig erachtet werden, um mittels hierarchischer Steuerung in<br />

andere Funktionssysteme intervenieren zu können, werden zeitgleich neue (potentiell<br />

relevante) Informationen produziert, die möglicherweise für die Steuerungsabsichten von<br />

eminenter Bedeutung sind 11 . Die Steuerung läuft schließlich deshalb ins Leere oder wird<br />

konterkariert, weil die neuen Informationen keinen Eingang in den Steuerungsprozeß gefunden<br />

haben. Da dieses Dilemma unauflösbar ist, verfügen die Steuerungsakteure niemals über das<br />

prinzipiell notwendige Wissen.<br />

Zugespitzt formuliert, setzt erfolgreiche hierarchische Steuerung ‘vollkommenes Wissen’ über<br />

den Anfangszustand und die innerhalb des Systems geltenden Gesetzmäßigkeiten voraus. Diese<br />

Bedingungen eines technisch-kybernetischen Steuerungsbegriffs sind in sozialen Systemen<br />

nicht erfüllbar: Das dazu notwendige Wissen könnte nur ein ‘gottähnlicher Beobachter’<br />

besitzen. Folge des unzureichenden Wissens sind nicht-intendierte Folgen: Unerwünschte<br />

Nebenwirkungen, chaotische Umschlageffekte, unerwartetes Adressatenverhalten.<br />

Konsequenzen dieser Art gelten nicht nur für hierarchische Steuerungsversuche, alle<br />

Steuerungskonzepte sind mit ihnen konfrontiert. Die Unterschiede liegen in den<br />

Konsequenzen, die daraus jeweils gezogen werden.<br />

Verbleiben noch das Implementations– und das Motivationsproblem. Wie das Problem der<br />

nicht-intendierten Folgen kann das Implementationsproblem unter die Informationsproblematik<br />

subsumiert werden:<br />

„Die Entwicklung politischer Programme ist abhängig von zureichenden Kenntnissen über<br />

Implementationsstrukturen, Implementationsträger, Verfahrensnormen und schließlich über Adressaten,<br />

um Vollzugsprobleme antizipieren zu können“ (Druwe/Görlitz 1992: 150).<br />

Dieses Wissen steht jedoch nur teilweise zur Verfügung, ist policy-abhängig und muß ständig<br />

neu generiert werden. Regulative Politik scheitert, wenn es den Vollzugsinstanzen nicht<br />

gelingt, verabschiedete Normen durchzusetzen. Die Ergebnisse der Implementationsforschung<br />

werden von R. Mayntz – wie schon erwähnt – derart zusammengefaßt, daß der<br />

11 N. Luhmann hebt das Problem der Gleichzeitigkeit in seiner Argumentation gegen die Möglichkeit politischer Steuerung<br />

besonders hervor: „Jeder Steuerungsversuch läuft danach auf zwei Probleme auf. Das erste liegt schon in der<br />

Gleichzeitigkeit selbst. Während man steuert, also die entsprechenden Operationen aktualisiert, passiert gleichzeitig<br />

schon milliardenfach etwas anderes, das man, weil gleichzeitig, weder kennen noch kausal beeinflußen kann“ (1989: 7;<br />

Hervorhebung JC).<br />

12


Implementationsprozeß selbst zum Steuerungsobjekt werden muß (vgl. 1987: 97). Mit der<br />

Vorstellung der Implementationsinstanzen als Steuerungsobjekte bestätigt sich die weiter oben<br />

getätigte Aussage, daß sich die Komplexitäts– und Informationsproblematik verdoppelt und<br />

verschärft.<br />

Das Motivationsproblem besagt, daß es dem Akteursystem Staat nicht gelingt, die Adressaten<br />

zu Verhaltensänderungen gemäß dem Steuerungsziel motivieren zu können. Negativ gewendet<br />

heißt dies, daß der Versuch des Steuerungssubjekts fehlgeschlagen ist, die<br />

Handlungsmöglichkeiten des Steuerungsobjekts (z.B. in Form von Ausweichreaktionen) zu<br />

minimieren bzw. zu eliminieren 12 .<br />

In bezug auf die Umweltpolitik sieht G. Uebersohn in der Macht der Adressaten die zentrale<br />

Ursache für die festgestellten Implementationsdefizite (vgl. 1990: 557; zur „industriellen<br />

Organisationsmacht“ vgl. Jänicke 1986: 34 ff.). Deren destruktives Handlungspotential<br />

gegenüber Versuchen staatlicher Steuerung läßt sich nicht nur theoretisch ableiten, sondern<br />

findet seine Bestätigung in umfangreichen empirischen Untersuchungen 13 .<br />

1.1.2 Kritik und Kommentierung<br />

In ihrem hierarchischen Steuerungsansatz besteht R. Mayntz 14 darauf, daß Steuerung immer<br />

aus der Sicht des Steuerungsakteurs ‘politisches System’ zu formulieren sei. Durch diese<br />

analytische Festlegung wird aber die entscheidende empirische Frage, „ob das politische<br />

System de facto im Sinne des hierarchischen Steuerungsbegriffes steuert, bereits a priori<br />

entschieden“ (Druwe/Görlitz 1992: 151). Der Steuerungsbegriff wird per definitionem auf<br />

hierarchische Steuerungshandlungen beschränkt, „freiwillige Handlungskoordinationen<br />

gleichberechtigter Akteure“ (Mayntz 1987: 95) sind somit keine Formen politischer Steuerung.<br />

In diesem Zusammenhang ist ebenfalls von Bedeutung, daß nur die Intention des<br />

Steuerungsakteurs, nicht jedoch das Ergebnis zählt:<br />

„Ausdrücklich nicht zu dem hier vorgeschlagenen Steuerungsbegriff gehört es, daß die Steuerung<br />

erfolgreich sei, d.h. der angestrebte Zielzustand auch tatsächlich erreicht wird. [...] Das heißt, daß<br />

systematisch zwischen Steuerungshandeln und Steuerungswirkung getrennt werden muß“ (Mayntz<br />

1987: 94).<br />

Die Möglichkeit erfolgreicher Steuerung, mithin die Erreichung des Zielzustands, wird jedoch<br />

immer vorausgesetzt und bleibt auch bei einem Fehlschlag des Steuerungsversuchs erhalten. So<br />

kann die Ausweitung des Steuerungsbegriffs auf sämtliche Steuerungsversuche des handelnden<br />

Subjekts als Immunisierungsstrategie gegenüber Kritik aufgefaßt werden, da<br />

Interventionsversuche unabhängig von ihrem Erfolg als ‘Steuerungshandlungen’ identifiziert<br />

werden. Entscheidend ist, daß die oben skizzierte Steuerungstheorie nicht empirisch abgeleitet<br />

wurde, sondern eine Definition darstellt. Steuerbarkeit und Steuerungsfähigkeit werden nicht<br />

12 G. Uebersohn faßt dies wie folgt zusammen: „Regulative Politik gilt aus mehreren Gründen als erfolglos. In dem einen<br />

Fall wird das Programm nicht implementiert, da die Vollzugsinstanzen sich nicht durchsetzen können bzw. die<br />

Adressaten die Befolgung verweigern. In einem anderen Fall löst ein implementiertes Programm nicht das<br />

gesellschaftliche Problem, da der Gesetzgeber die steuerungsrelevanten Wirkungszusammenhänge nicht kennt oder<br />

prinzipiell nicht in der Lage ist, zielsicher steuernd in bestimmte Systemprozesse einzugreifen“ (1990: 543).<br />

13 Vgl. dazu den von R. Mayntz herausgegebenen Sammelband „Implementation politischer Programme. Empirische<br />

Forschungsberichte“ (1980).<br />

14 Der Steuerungsbegriff von R. Mayntz konnte nur ansatzweise rezipiert werden. Aus Gründen der Deutlichkeit wurde<br />

eine pointierte Darstellung des hierarchischen Steuerungsbegriffs versucht.<br />

13


empirisch festgestellt, sondern a priori vorausgesetzt (vgl. Druwe 1994: 65). Durch die<br />

Trennung des Steuerungsprozesses in Steuerungshandeln und Steuerungswirkung besteht die<br />

Möglichkeit grundsätzliche Kritik abzuwehren, weil trotz anderslautender empirischer<br />

Ergebnisse am gewählten Steuerungskonzept festgehalten werden kann.<br />

Auch von Befürwortern einer kausal-deterministischen Steuerungstheorie wird eingeräumt,<br />

daß hierarchische Steuerungsversuche häufig fehlschlagen:<br />

„Damit wird ein Dilemma deutlich, das sich für die Vertreter klassischer, deterministischer,<br />

hierarchischer Steuerungskonzepte stellt: Die empirischen Resultate widersprechen dem definierten<br />

Steuerungsbegriff“ (Druwe 1994: 68).<br />

Dies bekräftigt die Vermutung, „daß Steuerungsfähigkeit und Steuerbarkeit aus normativen<br />

Gründen postuliert werden“ (ebd. 66). Die vielfache Falsifizierung der operationalisierten<br />

Version der akteursbezogenen Steuerungskonzeption von R. Mayntz führt nicht zu ihrer<br />

Aufgabe oder Modifikation. Eine Begründung für dieses Festhalten an der grundsätzlichen<br />

Möglichkeit hierarchischer Steuerung liefert F. Scharpf, in dem er schreibt, daß<br />

„wir angesichts steigender Gefahren für den Bestand der Menschheit jedes Interesse [haben], die<br />

Aufklärung der Bedingung ihrer Möglichkeit nicht durch einen pauschalen und theoretisch<br />

unbegründeten Steuerungspessimismus vereiteln zu lassen“ (1989: 18).<br />

Das Insistieren auf der Möglichkeit politischer Steuerung wird somit normativ aufgeladen – mit<br />

dem Verweis auf die Bedeutung für das ‘Überleben der Menschheit’. Nicht die tatsächliche<br />

Beobachtung von Phänomenen, die mittels der Theorie hierarchischer Steuerung erklärt<br />

werden können, sondern die Hoffnung, durch wissenschaftliche Untersuchungen die<br />

Bedingungen der Möglichkeit von kausal-deterministischer Steuerung zu entdecken, ist Grund<br />

für das weitere Festhalten. Offensichtlich drohen mit der Infragestellung dieser Konzeption<br />

einstmals gesicherte politische als auch politikwissenschaftliche Wissensbestände ins Wanken<br />

zu geraten 15 . Immerhin handelt es sich bei den Auseinandersetzungen über Steuerungstheorien<br />

um eine politikwissenschaftliche Grundsatzdebatte. Trotzdem: Strenggenommen ist der<br />

Anspruch, eine ‘Theorie’ darzustellen, für den kausal-deterministisch hierarchischen<br />

Steuerungsansatz verwirkt. Gelten als Theorien „Aussagesysteme, die auf empirisch<br />

Gegebenes Bezug nehmen, es beschreiben und erklären und nur anhand dieser Realität zu<br />

überprüfen sind“ (Druwe 1989: 40), dann gibt es berechtigte Zweifel, ob die hierarchische<br />

Steuerungstheorie diesen Anforderungen gerecht wird. Die Beschränkung des<br />

Steuerungsbegriffs auf kausalstrukturelle Konzeptionen bezüglich der Steuerungsfähigkeit des<br />

politischen Systems ist „zwar logisch gültig, aber empirisch nicht belegt“ (Druwe/Görlitz<br />

1992:151).<br />

Welchen Grund kann es für das außerordentliche Beharrungsvermögen des kausaldeterministischen<br />

Steuerungsbegriffs in Theorie und Praxis geben? Historische Wurzeln liegen<br />

sicherlich im neuzeitlichen Staatsbegriff, der Souveränität nach außen und die „hierarchische<br />

Überordnung der Staatsgewalt über alle gesellschaftlichen Kräfte im Inneren“ (Scharpf 1991:<br />

621) voraussetzte:<br />

„Die herausgehobene Stellung des Staates im Konzert der gesellschaftlichen Institutionen galt lange Zeit<br />

als Kernbestand des politischen und sozialen Denkens in Europa. Dahinter stand (und steht) die<br />

Sehnsucht nach einem steuerungsfähigen politischen Zentrum, das die Menschen zu einem sozialen<br />

Ganzen integriert und mit den wachsenden Gefahren und Risiken im Prozeß der gesellschaftlichen<br />

Evolution fertigzuwerden vermag“ (Ulrich 1994: 13).<br />

15 Vgl. dazu auch den Exkurs in Kapitel 5. „Politische und politikwissenschaftliche Steuerungstheorie“<br />

14


Die alltagssprachliche Verwendung des Steuerungsbegriffs impliziert u.a.: Der Steuermann<br />

steht am Ruder und lenkt das (Staats)Schiff durch die unruhige See, „durch die Untiefen und<br />

Strudel politischer Konflikte“ (Ulrich 1994: 85) 16 . Er zwingt dem Schiff seinen Willen auf und<br />

bestimmt souverän die Richtung. Dieses Bild ist die Grundlage eines patriarchalischen Modells,<br />

in dem „der Politik eine Führungsrolle bei der Gestaltung sozialer Beziehungen“ (ebd. 21)<br />

zugesprochen wird. Die Vorstellung möglicher und erfolgreicher hierarchischer Steuerung<br />

steht also in der „ehrwürdigen Tradition des politischen Denkens in Europa“ (ebd.). Der Staat<br />

als Spitze der Gesellschaft ist danach in der Lage, Einfluß auszuüben, regulative Politik<br />

durchzusetzen. Diese Überbewertung politischer Steuerungsfähigkeit findet auch heute noch<br />

seinen Ausdruck darin, daß in der öffentlich Diskussion, „den politisch verantwortlichen<br />

Funktionsträgern weit mehr Ereignisbeherrschung [zugestanden wird], als diese auch unter<br />

günstigsten Umständen haben könnten“ (Scharpf 1991: 630) 17 . Aus demokratie– bzw.<br />

legitimitätstheoretischer Sicht ist eine Aufgabe oder Modifikation der hierarchischen<br />

Steuerungstheorie von mannigfachen Schwierigkeiten begleitet (vgl. für die Umweltpolitik<br />

Druwe 1991: 215 ff.). Man denke dabei z.B. an das Problem der Zuschreibung von<br />

Verantwortung bei gewählten politischen Akteuren.<br />

In modernen Gesellschaften ist die hierarchische Überordnung des Staates über die<br />

ausdifferenzierten gesellschaftlichen Teilsysteme erodiert. Staat bzw. politisches System<br />

können nicht länger als unumstrittene Spitze der Gesellschaft fungieren: „Sie verfügt weder<br />

über eine Spitze, noch über ein Zentrum, von denen die Steuerung der Gesellschaft ausgehen<br />

könnte“ (Münch 1994b: 382). Vielmehr haben Steuerbarkeit von ausdifferenzierten<br />

Subsystemen und Steuerungsfähigkeit des politischen Systems ihren<br />

Selbstverständlichkeitsstatus verloren. Im Komplexitätsgrad von Gesellschaften und ihren<br />

multikausalen Funktionszusammenhängen liegt die Ursache: „Das politische System ist<br />

interdependent mit der funktional differenzierten Gesellschaft und dem internationalen System<br />

verflochten“ (Druwe/Görlitz 1992: 148). Dem Problem, ob und wie Politik der ihr<br />

zugeschriebenen Funktion der Produktion kollektiv bindender Entscheidungen in einer<br />

veränderten Gesamtsituation gerecht werden kann, ist mit den analytischen a priori<br />

Festlegungen des Mayntzschen Steuerungsbegriffs nicht beizukommen.<br />

1.1.3 Konsequenzen<br />

Um oben genannten Schwierigkeiten und Widersprüchen zu begegnen und veränderten<br />

gesellschaftlichen Bedingungen Rechnung zu tragen, wandelte sich seit Beginn der 70er Jahre<br />

die vorherrschende handlungstheoretische Akteursperspektive politikwissenschaftlicher<br />

Steuerungstheorie zunehmend in eine Systemperspektive:<br />

„Steuerung wird nun nicht mehr ausschließlich als intentionale Aktivität des politischen Systems<br />

aufgefaßt, sondern als Kombination aus ‘Bottom-Up’ und ‘Top-Down’ Aktivitäten von Staat und<br />

Gesellschaft. Als Begriffe haben sich dafür kooperative, konkordante, korporatistische oder dezentrale<br />

Steuerung herausgebildet“ (Druwe 1994: 65).<br />

16 Man denke an die berühmte Karikatur über Bismarck: „Der Lotse geht von Bord“ (1890). Vgl. zu der Metapher der<br />

„Steuerung des Staatsschiffes“ auch Voigt (1991: 173).<br />

17 Wie verfestigt diese Vorstellung ist ist, zeigt auch K. von Beyme auf: „Selbst wenn Politiker ahnen, daß sie nicht<br />

handeln können, erschallt der Ruf der Wähler nach ihren Taten. Politik kann den Anspruch nicht aufgeben, in anderen<br />

Lebensbereichen zu intervenieren...“ (1991: 23).<br />

15


Gemeinsam ist diesen Konzeptionen die Erkenntnis, daß in hochkomplexen Politikfeldern<br />

hierarchische Steuerung im eigentlichen Wortsinn nicht möglich ist. Dezentrales Policy-Making<br />

gewinnt Konturen durch die Aufgabe zentraler Definitionsmacht des Staates. Nicht-staatliche<br />

Akteure haben maßgeblichen Anteil an Entscheidungen. So intervenieren klassische<br />

Interessenvertretungsinstitutionen, wie Verbände, nicht nur in der Programmplanungsphase,<br />

sondern partizipieren am gesamten Steuerungsprozeß: Von der Programmentwicklung bis zur<br />

Implementation. In der Umweltpolitik äußert sich dies z.B. in der Beteiligung von<br />

Betroffenengruppen (Industrie, Umweltverbände) an Verhandlungen, die lokal-dezentral zu<br />

speziellen Umweltschutzthemen durchgeführt werden. Folgt man der Argumentation von<br />

Druwe/Görlitz hat die Entwicklung der politikwissenschaftlichen Steuerungstheorie zwar zu<br />

einer Relativierung der Steuerungsfähigkeit des Steuerungsakteurs ‘politisches System’ und<br />

der Steuerbarkeit des Steuerungsobjekts ‘Gesellschaft’ geführt, grundsätzlich werden sie aber<br />

nachwievor vorausgesetzt (1992: 151 f.). Zusammenfassend basiert das Steuerungsverständnis<br />

auf der Vorstellung,<br />

„die politische Steuerung der Gesellschaft im Sinne einer ursächlichen Einflußnahme sei prinzipiell<br />

möglich, wenn am Steuerungsprozeß auch andere Akteure als das politische System partizipierten. Die<br />

erwähnte kausalstrukturelle Konzeption von Steuerung, die beim politischen Akteur ansetzt, bleibt<br />

zentraler Ausgangspunkt, wenn gegenwärtig auch multikausal argumentiert wird. Konsequent verfährt<br />

in diesem Kontext allein Mayntz, die solchen Zusammenhängen den Steuerungsbegriff verweigert“ (ebd.<br />

152 f.).<br />

Angesichts der zahlreichen Probleme, mit denen sich Vertreter klassischer, deterministischer,<br />

hierarchischer Steuerungskonzepte konfrontiert sehen, lautet das Fazit von U. Druwe:<br />

„Ergänzt man die angeführten Steuerungsprobleme um die Ergebnisse netzwerkanalytischer bzw.<br />

institutionentheoretischer Policyanalyse, die belegen, daß kooperative, dezentrale Steuerung in<br />

hochkomplexen Policies die Regel ist, dann sind zwei Schlußfolgerungen zu ziehen:<br />

1. Der Steuerungspessimismus ist – im Gegensatz zu Scharpfs These – empirisch und theoretisch sehr<br />

wohl begründet;<br />

2. Die traditionelle Steuerungsdefinition – wie sie von Mayntz und Scharpf verwendet werden – ist<br />

empirisch in den Sozialwissenschaften widerlegt“ (1994: 67).<br />

1.2 Mediale Steuerung<br />

Die aufgezeigten Steuerungsprobleme, die prinzipiell nicht lösbar sind, führten zu der Einsicht<br />

neue Wege gehen zu müssen. Um zumindest theoretisch erfolgreichere Steuerungskonzepte zu<br />

entwickeln, nähert man sich dem Untersuchungsgegenstand unter einem anderen Blickwinkel.<br />

Erfolgversprechend scheint dabei die von den chilenischen Neurobiologen H. Maturana und F.<br />

Varela entwickelte ‘Theorie der Autopoiese’ zu sein, die die Grundlage der<br />

sozialwissenschaftlichen Diskussion um ‘Selbstorganisation’ und ‘Selbststeuerung’ bildet. Die<br />

Übertragung dieser Theorie 18 auf soziale Systeme liefert die Basis für die Entwicklung einer<br />

medialen Steuerungskonzeption, wie sie von U. Druwe und A. Görlitz ausgearbeitet wurde.<br />

Sie wird hier in Grundzügen referiert (vgl. zum folgenden insbesondere Druwe 1994 und 1989;<br />

Druwe/Görlitz 1992; Görlitz 1990). Gegenüber dem bisherigen Verständnis von Steuerung<br />

weist das mediale Steuerungsverständnis gravierende Unterschiede auf. Die Vorstellung der<br />

18 Wissenschaftstheoretisch korrekt muß die „Theorie der Autopoiese“ als Modell klassifiziert werden (vgl. Druwe 1989:<br />

35 ff.).<br />

16


Subjekt-Objekt-Steuerung wird zugunsten eines gleichberechtigten wechselseitigen<br />

Interaktionsprozesses aufgegeben, indem Zustandsveränderungen nicht erzwungen, sondern<br />

unter Anerkennung von Freiheitsgraden initiiert werden. Steuerung – verstanden als<br />

intentionale Aktivierung von Wandlungsprozessen – bleibt als Selbststeuerung strikt an die<br />

Systemperspektive rückgebunden. Die interne Variabilität der Struktur des Systems bestimmt<br />

die Möglichkeit von Veränderung. Die Grenze struktureller Wandlungen bildet die<br />

Notwendigkeit, den autopoietischen Prozeß aufrecht zu erhalten. Das Wissen um Sprache und<br />

Handlungsweise, mithin die spezifische Interaktionslogik der Mitglieder eines Sozialsystems,<br />

erlangt zentrale Bedeutung in der medialen Konzeption politischer Steuerung.<br />

1.2.1 Theorie der Autopoiese<br />

Mit der ‘Theorie der Autopoiese’ haben Maturana/Varela ein Modell zur Beschreibung der<br />

Struktur und der Organisationsweise lebender Systeme vorgelegt. Sie ist gleichsam ein Modell<br />

für Lebendigkeit:<br />

„Wenn wir von Lebewesen sprechen, haben wir bereits angenommen, daß es etwas Gemeinsames<br />

zwischen ihnen gibt, andererseits würden wir sie nicht zu der einen Klasse zählen, die wir ‘das<br />

Lebendige’ bezeichnen. Unser Vorschlag ist, daß Lebewesen sich dadurch ckarakterisieren, daß sie sich<br />

– buchstäblich – andauernd selbst erzeugen. Darauf beziehen wir uns, wenn wir die sie definierende<br />

Organisation autopoietische Organisation nennen“ (Maturana/Varela 1987: 50 f., Hervorhebung im<br />

Original).<br />

Im folgenden wird die – auf U. Maturana zurückgehende – Definition autopoietischer Systeme<br />

von U. Druwe übernommen. In sechs prägnanten und knappen Aussagen faßt er die Axiome<br />

des Modells zusammen:<br />

„1. Lebende Systeme weisen eine autopoietische Organisation auf, d.h. ihre Bestandteile<br />

erzeugen Relationen und die Relationen erzeugen die Bestandteile.<br />

2. Die konkrete Realisierung der autopoietischen Organisation, die Struktur des<br />

autopoietischen Systems, setzt die Existenz eines Mediums voraus.<br />

3. Zwischen Medium und autopoietischem System liegen strukturelle Kopplungen vor.<br />

4. Dauerhafte Interaktionen zwischen Medium und autopoietischen System bilden<br />

konsensuelle Bereiche.<br />

5. Autopoietische Systeme sind strukturdeterminiert und operational geschlossen.<br />

6. Zustandsveränderungen des autopoietischen Systems sind immer strukturdeterminiert“<br />

(Druwe 1994: 69).<br />

1.2.2 Soziale Systeme<br />

An die Darstellung dieser Axiomatik schließt sich die Frage an, ob die ‘Theorie der<br />

Autopoiese’ sinnvoll auf die Sozialwissenschaften und ihren Forschungsgegenstand<br />

übertragbar ist. Nur wenn es gelingt, Gesellschaften oder andere soziale Systeme als<br />

autopoietisch im Sinne des Modells zu rekonstruieren, lohnt sich eine weitere<br />

Auseinandersetzung mit dem ursprünglich naturwissenschaftlichen Ansatz. D.h., es ist zu<br />

überprüfen, ob soziale Systeme die Bedingungen erfüllen, die die ‘Theorie der Autopoiese’ als<br />

Modell für Lebendigkeit an sie richtet. Man erhofft einen Erkenntnisgewinn für die<br />

17


Steuerungsdebatte: Vielleicht, schreibt A. Görlitz, „würde klar, warum politische Steuerung<br />

leerläuft, umgangen wird oder Gegensteuerung provoziert, weiter, ob bzw. inwieweit<br />

politische Steuerung überhaupt möglich ist“ (1990: 21).<br />

U. Druwe hat in seinen Aufsätzen „Rekonstruktion der ‘Theorie der Autopoiese’ als<br />

Gesellschafts– und Steuerungsmodell“ (1989) und „Vom Modell zur Theorie“ (1990)<br />

überzeugend dargelegt, daß eine modelladäquate Übertragung widerspruchsfrei möglich ist.<br />

Ein wichtiger Grund ist darin zu suchen, daß zentrale Begriffe des Modells inhaltsneutral sind:<br />

Nur deshalb sind sie prinzipiell auf andere Disziplinen übertragbar, vorausgesetzt die<br />

beschriebenen Axiome werden erfüllt (vgl. Druwe 1990: 47 f.). In bezug auf die obigen sechs<br />

Punkte bedeutet dies:<br />

1. Soziale Systeme (Menschen, Gruppen, Organisationen, gesellschaftliche Subsysteme,<br />

Gesellschaften, Internationales System) weisen eine autopoietische Organisation auf:<br />

„Maturana selbst hat als ‘Bestandteile’ Individuen genannt, die durch<br />

Verhaltenskoordinationen (Relationen), nämlich Sprache und Handlung, sich selbst<br />

erzeugen bzw. umgekehrt Verhaltenskoordinationen produzieren“ (Druwe/Görlitz 1992:<br />

154). Dies vollzieht sich in einem zirkulären Konstitutionsprozeß: „Sprache und Handlung<br />

‘produzieren’ neue Gesellschaftsmitglieder, die Individuen sind Träger von Sprache und<br />

Handlung“ (Druwe 1989: 49). In der Politikwissenschaft ist die kleinste autopoietische<br />

Einheit der einzelne Akteur. Er ist Element verschiedenster Sozialsysteme höherer Ordnung.<br />

So sind Individuen „Mitglieder von Familien, Freundeskreisen, Gewerkschaften,<br />

Sportverbänden etc.“ (Druwe 1994: 74; vgl. auch ders. 1990: 54).<br />

2. Bedingung der Existenz sozialer Systeme sind Medien. Dies ist zum einen die natürliche,<br />

physikalisch-biologische Umwelt. Sie liefert die Bausteine für materiell-basale Operationen.<br />

Zu den Medien zählen aber vor allem andere soziale Systeme, die wechselseitig füreinander<br />

unabdingbar sind: Sie erst ermöglichen es, den Prozeß der Selbstorganisation zu initiieren<br />

und in Gang zu halten. Für den einzelnen stellt z. B. die Familie ein Medium dar. Er<br />

entwickelt sich selbst durch soziale Kontakte zu anderen Familienmitgliedern. Die sozialen<br />

Kontakte vollziehen sich durch Sprache und Handlung. Gleichzeitig ist das einzelne<br />

Mitglied für das Sozialsystem ‘Familie’ Bestandteil und Medium. Wechselseitige<br />

Abhängigkeit trotz operationaler Geschlossenheit kennzeichnen das Verhältnis<br />

autopoietischer Sozialsysteme.<br />

3. Strukturelle Kopplungen zwischen Medien und autopoietischen Sozialsystemen zeigen sich<br />

in bezug auf die natürliche Umwelt dadurch, daß Menschen zur Ermöglichung ihrer<br />

Existenz gezwungen sind, Stoffe (Nahrung, Luft) aus der Umwelt aufzunehmen und diese<br />

intern zu verarbeiten. Die Verarbeitung geschieht strukturdeterminiert. Ebenfalls durch<br />

strukturelle Kopplungen sind die sozialen Systeme untereinander verbunden.<br />

Verhaltenskoordinationen über Sprache und Handlung kennzeichnen diese Kopplungen<br />

zwischen den Sozialsystemen. Die Interaktionsmöglichkeiten mit dem Medium werden<br />

durch die spezifische Struktur des Systems festgelegt. Dies trifft z.B. auf die Interaktionen<br />

zwischen Personen zu. Ein externer Beobachter stellt ‘Verstehen’ und ‘Kooperation’ fest:<br />

„Die strukturelle Geschlossenheit bleibt jedoch gewahrt, da jede Person Begriffe/Sätze<br />

relativ zu ihrer Semantik ‘versteht’ und jede Handlung relativ zu ihren Handlungsmustern<br />

deutet. Verstehen und Kooperation sind folglich keine absoluten Prozesse“ (Druwe 1994:<br />

75).<br />

4. Durch dauerhafte Interaktionen zwischen Medium und autopoietischem Sozialsystem<br />

entstehen konsensuelle Bereiche. Interaktionen zwischen zwei Individuen bilden diese<br />

18


konsensuellen Bereiche auf unterster Ebene, die sich zu Sozialsystemen höherer Ordnung<br />

weiterentwickeln. Alle Sozialsysteme, z.B. Familien, Vereine, Parteien bis hin zu den<br />

gesellschaftlichen Subsystemen wie dem Wirtschaftssystem, weisen als lebende Systeme<br />

eine autopoietische Organisation auf. Sie „bestehen aus Menschen, die in spezifischer Weise<br />

miteinander interagieren“ (Druwe 1990: 53). Gesellschaft ist dann als autopoietisches<br />

System n-ter Ordnung zu verstehen. An dieser Verbindungslinie zwischen Akteur und<br />

Gesellschaft zeigt sich der Versuch, über die mediale Steuerungskonzeption „den Gegensatz<br />

zwischen Makro-Systemtheorie und Mikro-Handlungstheorie“ (Druwe/Görlitz 1992: 153)<br />

zu überwinden.<br />

5. Autopoietische Sozialsysteme differieren in Art und Weise ihrer Struktur und des je<br />

charakteristischen Verhaltenskoordinationsgefüges; sie verfügen über eine spezifische<br />

Systemrationalität. Diese Systemrationalität „prägt die ‘Identität’ eines Sozialsystems und<br />

sie ist der Grund für die strukturelle, operationale Geschlossenheit“ (Druwe 1994: 74).<br />

Innerhalb des Systems können per definitionem ausschließlich strukturdeterminierte<br />

Prozesse ablaufen, die der inhärenten ‘Logik’ entsprechen. Höherstufige Sozialsysteme<br />

stabilisieren so ihre Struktur: „Die Aktoren überdauernde Stabilität von<br />

Verhaltenskoordinationen heißt Systemrationalität“ (Görlitz 1990: 23). Es gilt, daß die<br />

Interaktionsträger des Systems die einzelnen Mitglieder sind, ihre Handlungen und Sprachen<br />

verändern das Sozialsystem. Operational geschlossen sind soziale Systeme, weil sich ihre<br />

Bestandteile und Relationen gemäß der jeweiligen Systemrationalität wechselseitig selbst<br />

erzeugen: „Elemente und Strukturen werden nicht als fertige Bausteine aus der Umwelt<br />

importiert, sondern im Prozess der Autopoiesis selbst hervorgebracht“ (Ulrich 1994: 115).<br />

Soziale Systeme können somit als autonom bezeichnet werden, ein Zustand der im<br />

Gegensatz zu autark Umweltabhängigkeit impliziert.<br />

6. Zustandsveränderungen autopoietischer Sozialsysteme „können immer nur relativ zur<br />

gegebenen Struktur verlaufen“ (Druwe 1994: 73). Umweltreize, die als Störungen<br />

wahrgenommen werden, lösen Reaktionen innerhalb des Systems aus. Die systemrelative<br />

Sicht verweist darauf, daß soziale Systeme nicht reagieren, sondern ausschließlich agieren<br />

(ebd. 75). Ob ein Reiz Zustandsveränderungen hervorruft, hängt von seiner systeminternen<br />

Wahrnehmung und strukturdeterminierten Abarbeitung ab. An dieser Stelle wird deutlich,<br />

„weshalb Steuerung ein nicht-hierarchischer Prozeß sein muß: Der Prozeß läuft nur im<br />

Interaktionsbereich zwischen Medium und Sozialsystem ab, und Steuerungssubjekt und –<br />

objekt sind `gleichberechtigte´ Kommunikationspartner“ (Druwe 1990: 61).<br />

1.2.3 Politische Steuerung aus medialer Steuerungsperspektive<br />

Mit der Frage nach der Möglichkeit von intentionaler Einflußnahme auf autopoietische<br />

Sozialsysteme rückt die Problematik der politischen Steuerung wieder in den Mittelpunkt.<br />

Nach dem bisher Gesagten ist klar, daß der Steuerungsbegriff kausal-deterministischer<br />

Subjekt-Objekt-Steuerung keine Verwendung mehr finden kann. Er muß aufgegeben werden:<br />

„Die Systemrationalität eines jeden Sozialsystems erlaubt keinen Determinismus“ (ebd.).<br />

Autopoietische Sozialsysteme bilden füreinander wechselseitig Medien, an die sie – teils über<br />

konsensuelle Bereiche – strukturell gekoppelt sind. Dies ist der Anknüpfungspunkt für einen<br />

neuen Ansatz politischer Steuerung, dem mit dem Begriff der Perturbation Rechnung getragen<br />

wird:<br />

„Das politische System kann danach andere soziale Systeme zwar perturbieren, aber die Abarbeitung der<br />

Perturbation ist strukturdeterminiert. Ob ein anderes soziales System den Reiz überhaupt wahrnimmt,<br />

19


gegebenenfalls wie es ihn wahrnimmt und verarbeitet, ist nicht kausal determiniert, sondern von seiner<br />

Struktur, seinen Systemmitgliedern, seiner Rationalität, seiner Sprache etc. abhängig“ (Druwe/Görlitz<br />

1992: 155).<br />

In deutlicher Abgrenzung gegenüber dem Luhmannschen Steuerungspessimismus 19 einerseits<br />

und dem Steuerungsbegriff von R. Mayntz andererseits wird hier ein Konzept vorgestellt, das<br />

weder die Unmöglichkeit noch die hierarchische Durchsetzbarkeit von politischer Steuerung<br />

behauptet. Mediale Steuerung beruht ganz allgemein auf dem Setzen von Perturbationen, die<br />

Zustandsveränderungen in anderen Sozialsystemen anregen sollen. Entscheidende Bedeutung<br />

erlangt das Wissen um die systemrelativen Verhaltenskoordinationen der sozialen Systeme, mit<br />

denen das System strukturell gekoppelt werden soll:<br />

„Steuerung erscheint damit als voraussetzungsvoller Prozeß, der eine genaue Kenntnis der steuernden<br />

und der zu steuernden Subsysteme verlangt – besonders dann, wenn über inkrementelle Intervention<br />

hinaus auf eine strukturelle Veränderung der ‘Steuerungsobjekte’ abgezielt wird“ (Ulrich 1994: 116).<br />

Je fundierter die Kenntnisse über die Sprache und Handlungsweisen sind, die die<br />

Interaktionslogik der Mitglieder eines Systems bestimmen, desto größer ist die<br />

Wahrscheinlichkeit, daß die Perturbationen systemintern adäquat strukturell abgearbeitet<br />

werden: „Die Politikwissenschaft muß sich daher den funktionsspezifischen Kommunikations–<br />

und Handlungssystemen –des politischen und des anderen Sozialsystems – sowie den<br />

Koinzidenzbedingungen zwischen den beiden Systemen zuwenden und nach Möglichkeiten<br />

ihrer Koppelung suchen“ (Druwe 1994: 77). Zusammengefaßt hat die ‘Theorie der<br />

Autopoiese’ für den medialen Steuerungsbegriff folgende Konsequenzen:<br />

„1. Die gängige Kausalstruktur von Steuerung, also die Konzeption, daß ein Steuerungssubjekt ein<br />

Steuerungsobjekt steuert, muß aufgegeben werden; Steuerung ist nur wahrscheinlichkeitstheoretisch<br />

faßbar.<br />

2. Die hierarchische Struktur von Steuerung muß zugunsten einer auf gleicher Ebene verlaufenden<br />

Interaktionsstruktur verändert werden“ (ebd. 76).<br />

Theoretisch gibt die mediale Steuerungskonzeption eine schlüssige Antwort darauf, warum<br />

hierarchische Steuerungsbemühungen häufig von Mißerfolg geprägt sind. Sie übergehen<br />

nämlich, daß ‘Steuerungsobjekte’ (in Mayntzscher Terminologie), also autopoietische<br />

Sozialsysteme, sich zwar wandeln können, dabei aber die Systemrationalität Berücksichtigung<br />

finden muß. Zustandsveränderungen laufen immer strukturdeterminiert und somit nicht<br />

beliebig ab. Die Bandbreite der Entwicklungsmöglichkeiten ist durch das System selbst, nicht<br />

durch eine intervenierende Instanz vorgegeben. Will politische Steuerung einen anderen<br />

Zustand erzwingen, der mit der aktuellen Systemrationalität und den spezifischen<br />

Handlungsmustern nicht kompatibel ist, läuft sie ins Leere. Es kommt zu den bekannten<br />

Schwierigkeiten: Politisch getroffene Entscheidungen werden ignoriert oder gemäß der<br />

Rationalität des Systems so transformiert, daß die ursprüngliche Steuerungsintention<br />

konterkariert wird. Adressatenverweigerung und unbeabsichtigte Effekte intentionalen<br />

Handelns sind die Folge. Erfolgreiche mediale Steuerung muß als dynamischer Prozeß<br />

verstanden werden, in dem solche Perturbationen gesetzt werden, die die erwünschte<br />

Zustandsveränderungen auslösen: „Wie Steuerungsimpulse vom jeweiligen Sozialsystem<br />

decodiert, rationalisiert und abgearbeitet werden, hängt gleichsam von der<br />

Kompatibilisierbarkeit der Codes, Rationalitäten und Mechanismen ab, die im<br />

Steuerungsprozeß stimuliert werden“ (Druwe/Görlitz 1992: 156).<br />

19 Vgl. dazu Luhmann (1989: 4 ff.)<br />

20


‘Steuerungsversagen’ kann auf inadäquate Perturbationen zurückgeführt werden, also<br />

Interventionen mit falschen Mitteln. Die Konzentration auf Verhaltenskoordination und<br />

Interaktionslogik des zu steuernden Systems und die Möglichkeiten seiner strukturellen<br />

Kopplung an das politische System führen zu einer Schwerpunktverlagerung. Zur<br />

Durchsetzung kollektiv verbindlicher Entscheidungen, der funktionalen Bestimmung des<br />

politischen Systems, muß Politik stärker als bisher den ‘autopoietischen Operationsmodus’<br />

seiner Umwelt berücksichtigen, die den Interventionsmöglichkeiten enge Grenzen setzen.<br />

Daraus lassen sich Konsequenzen für die Bedeutung der Politikfeldanalyse bei Ansätzen<br />

medialer Steuerung ziehen: Denn mediale Steuerung variiert<br />

„die Systemumwelt und setzt darauf, daß solche Perturbationen via strukturelle Koppelung intendierte<br />

Zustandsveränderungen des Systems auslösen. [...] Voraussetzung ist also so weitreichendes Wissen<br />

über die system– und umweltkonstitutiven Interaktionsnetzwerke, daß strukturangemessene<br />

Auslösereize gesetzt werden können“ (Görlitz 1990: 27).<br />

1.3 Fazit und Ausblick<br />

Hierarchische und mediale Steuerungsstheorie entwickeln unterschiedliche Vorstellungen über<br />

die Bedingungen und Möglichkeiten erfolgreicher politischer Steuerung. Während der<br />

hierarchische Steuerungsansatz auf der prinzipiellen Möglichkeit kausal-deterministischer<br />

Adressatenbeeinflußung insistiert und regulative Politik auch gegen Widerstand für<br />

durchsetzbar hält, setzt mediale Steuerung ausschließlich auf die Selbststeuerung<br />

autopoietischer Sozialsysteme. In diesem Ansatz werden die Einflußmöglichkeiten von Politik<br />

stark relativiert und auf das Setzen von Perturbationen beschränkt.<br />

Nach dieser Darstellung der Steuerungstheorie liegt im folgenden der Schwerpunkt auf der<br />

Steuerungspraxis. Dazu wird zunächst die Umweltpolitik näher charakterisiert, um einen<br />

Überblick der Strukturen und Prozesse dieses Politikfelds zu bekommen. In Kap. 3 wird<br />

schließlich ein konkretes umweltpolitisches Problem herausgegriffen: die Energieproblematik.<br />

Die Problemstellung in Kap. 4 und 5 lautet: Welchen Beitrag zur Aktivierung von<br />

Energiesparpotentialen können umweltpolitische Steuerungsinstrumente aus der Sicht medialer<br />

und hierarchischer Steuerungstheorie leisten? Anwendungserprobte Auflagenpolitik durch<br />

Ordnungsrecht oder Ökonomisierung durch Energiesteuern lauten die zur Wahl stehenden<br />

Alternativen. Mit Hilfe der skizzierten Steuerungstheorien wird eine Bewertung der<br />

Instrumente vorgenommen.<br />

2. Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland<br />

In Kap. 1 wurde die These aufgestellt, daß in der Bundesrepublik Deutschland die technischökonomischen<br />

und politisch-institutionellen Handlungskapazitäten vorhanden sind, die nach V.<br />

von Prittwitz die Bedingung der Möglichkeit von Umweltpolitik darstellen (vgl. 1990: 114 f.).<br />

Bevor auf die Bearbeitung der Energieproblematik eingegangen werden kann, muß zunächst<br />

geklärt werden, ob sich Umweltpolitik in Deutschland als eigenständiges Politikfeld<br />

institutionalisiert hat und somit ausreichende Handlungskapazitäten zur Bearbeitung von<br />

Umweltproblemen zur Verfügung stehen. Die Beantwortung dieser Frage ist das Ziel einer<br />

21


Darstellung der Umweltpolitik anhand ihrer Geschichte (2.1), handlungsleitenden Prinzipien<br />

(2.2), spezifischen Handlungsfelder (2.3) und möglichen Steuerungsinstrumente (2.4).<br />

2.1 Geschichte der Umweltpolitik<br />

Die Umweltpolitik ist eines der jüngsten Politikfelder der Bundesrepublik Deutschland. So<br />

kann im Jahr 1999 erst auf eine ca. 30-jährige Tradition zurückgeblickt werden. Die offizielle<br />

Umweltpolitik beginnt mit der Verabschiedung des „Umweltprogramms der Bundesregierung“<br />

im Oktober 1971 (Malunat 1994: 5; Bunde 1990: 56) 20 . Als Begründung für diese Initiative,<br />

die ohne besonderen öffentlichen Druck zustande kam, wird die beginnende Reformpolitik der<br />

sozialliberalen Regierung unter W. Brandt angeführt, die die „Umweltqualität als ein Beispiel<br />

für bessere Lebensqualität“ (Wilhelm 1990: 12) ansah. Daß dem Umweltschutz bereits zu<br />

diesem frühen Zeitpunkt eine Bedeutung beigemessen wurde, kann als genuine Eigenleistung<br />

der Politik angesehen werden. Im genannten Umweltprogramm wurden bereits die Richtlinien<br />

vorgegeben, die bis heute noch in Kraft sind: Das Vorsorge-, Verursacher– und<br />

Kooperationsprinzip gelten als instrumentelle Handlungsgrundsätze der Umweltpolitik (vgl.<br />

Malunat 1994: 5). Auch die umweltpolitische Zielsetzung wurde in diesem Programm bereits<br />

formuliert. Dabei soll die Umweltpolitik die Gesamtheit aller Maßnahmen definieren,<br />

„die erforderlich sind,<br />

-um den Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und ein menschenwürdiges<br />

Dasein braucht,<br />

– um Boden, Luft und Wasser, Pflanzen und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen menschlicher<br />

Eingriffe zu schützen und<br />

– um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen“ (Deutscher Bundestag, 1991;<br />

zitiert nach Bunde 1990: 58).<br />

Um diesen Zielen administrativ gerecht werden zu können, wurde 1972 der Rat von<br />

Sachverständigen für <strong>Umweltfragen</strong> und 1974 das Umweltbundesamt eingerichtet. In der<br />

Planungs– und Steuerungseuphorie zu Beginn der sozialliberalen Koalition hatte die Idee der<br />

‘wissenschaftlichen Politikberatung’ Hochkonjunktur. Kennzeichnend war ein „fast<br />

grenzenloses Vertrauen in die Zukunft und in die Machbarkeit aller Dinge“ (Wilhelm 1990:<br />

12). Als neugeschaffene Institutionen sind Sachverständigenrat und Umweltbundesamt der<br />

Beleg für die Annahme, daß man auch im neuen Politikfeld Umweltpolitik mittels<br />

wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse in ‘falsch’ laufende Prozesse lenkend eingreifen<br />

wollte. Dieser Steuerungsoptimismus konnte in Anbetracht der tatsächlichen Entwicklung der<br />

Umweltqualität nicht aufrecht erhalten werden. Trotzdem bleiben der Umweltrat als stetiger<br />

Mahner 21 und insbesondere das Umweltbundesamt als große und leistungsfähige<br />

Umweltbehörde wichtige Stützpfeiler bundesdeutscher Umweltpolitik.<br />

20 E. Müller setzt die Entstehung des neuen Politikbereiches noch früher fest. In ihrer Phaseneinteilung der Umweltpolitik<br />

beginnt sie 1969-1974 mit der Phase offensiver „autonomer“ Umweltpolitik, danach folgt von 1974-1978 die Phase<br />

defensiver Umweltpolitik, die durch Konflikte mit der Wirtschaft gekennzeichnet ist. Schließlich von 1978-1982 die<br />

„Erholungsphase“ mit einer Politisierung des Umweltschutzes (vgl. 1986: 51 ff.).<br />

21 Vgl. dazu das aktuelle Gutachten des Umweltrates (BMU 1994c)<br />

22


Nach dieser „Initiationsphase“ 22 folgt ab 1974 eine deutliche Abschwächung<br />

umweltpolitischer Aktivitäten. Die Ölkrise vom Herbst 1973 und die sich anschließende<br />

Depression der bis dato stetig gewachsenen Weltwirtschaft löste eine Phase umweltpolitischer<br />

Stagnation aus. Industrie und Gewerkschaften forderten gemeinsam ein Moratorium, sie<br />

befürchteten die Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung durch eine restriktive<br />

Umweltpolitik. Auf der Prioritätenskala rangierten die ökonomischen Belange eindeutig vor<br />

den ökologischen (vgl. Müller 1986: 97 ff.; Hucke 1990: 386 f.). Im Glauben an die<br />

Unvereinbarkeit von Wirtschaftswachstum und innovativer Umweltpolitik wurden Ökonomie<br />

und Ökologie gegeneinander ausgespielt: „Umweltschutz sollte nur noch dann praktiziert<br />

werden, wenn dadurch nicht die sozioökonomischen Interessen beeinträchtigt würden“<br />

(Malunat 1994: 6; vgl. auch von Weizsäcker 1994: 22).<br />

In diese Zeit der Stagnation fällt aber auch die Publikation einer Studie an den Club of Rome,<br />

einer internationalen Vereinigung von Wissenschaftlern. „Die Grenzen des Wachstums“ hieß<br />

diese von D. Meadows und seinen Mitarbeitern 1972 veröffentlichte Studie. In ihr wurden<br />

erstmals die katastrophalen Folgen der herrschenden industriellen Wirtschaftsweise für die<br />

Überlebensfähigkeit der Menschheit thematisiert. Insbesondere die Endlichkeit der globalen<br />

Ressourcen und der exponentiell ansteigende Verbrauch wurden auf eindringliche Weise<br />

dargestellt. Die Studie fand in der Bundesrepublik weite Verbreitung und kann als Beginn der<br />

intensiven Beschäftigung der Öffentlichkeit mit dem Thema Umweltschutz bezeichnet werden.<br />

Gegen die Schlußfolgerung, den Umweltschutz zu intensivieren und Ressourcen zu sparen,<br />

wurden jedoch die erwähnten wirtschaftlichen Argumente vorgebracht: Umweltschutz<br />

gefährde Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit der (west-)deutschen Wirtschaft (vgl.<br />

Wilhelm 1990: 13).<br />

Zur Beendigung dieser Stagnationsphase gegen Ende der 70er Jahre trug die Entstehung einer<br />

neuen politischen Kraft entscheidend mit bei: Die ökosoziale Anti-Atomkraft– und<br />

Friedensbewegung, die 1980 in der Gründung der Partei DIE GRÜNEN ihren vorläufigen<br />

organisatorischen Höhepunkt erlebte. Ihr Protest gegen die von der Regierung gewählte<br />

Kernenergie-Option führte zu einer Phase der Politisierung (1978-1982). Der zu Beginn<br />

seiner Aufnahme in den politischen Bearbeitungsprozeß rein administrativ ausgerichtete<br />

Umweltschutz erfuhr nun endgültig die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit.<br />

Umweltschutzbezogene Werte gewinnen zunehmend an Bedeutung, die Präferenzordnungen<br />

großer Bevölkerungsteile veränderten sich. Analytisch wurde versucht, diesen Prozeß mit dem<br />

Begriff des „postmaterialistischen Wertewandels“ 23 zu fassen. In diesem aufgeheizten Klima<br />

erlangten die beim Innenministerium angesiedelten umweltpolitischen Akteure einen höheren<br />

Stellenwert und neue Handlungskapazitäten. Nach jahrelangem Stillstand konnten wieder<br />

anspruchsvolle Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht und verabschiedet werden, so z.B. das<br />

Chemikaliengesetz (1980) und die Störfall-Verordnung (1980).<br />

Die zunehmende Bedeutung des Themas Umweltpolitik findet seinen Ausdruck im Einzug der<br />

GRÜNEN in den Bundestag im Jahr 1982. Auch ein anderes Ereigniss dieses Jahres sorgte<br />

dafür, daß die Beschäftigung mit <strong>Umweltfragen</strong> von nun an dauerhaft auf der politischen<br />

Agenda angesiedelt bleiben sollte: Die ‘Entdeckung’ des Waldsterbens.<br />

22 Zu der Phaseneinteilung siehe im folgenden: Malunat (1994: 5 ff.). Vgl. auch die einfachere Einteilung in nur drei<br />

Entwicklungsphasen bei Hucke (1990: 383 ff.)<br />

23 Nach V. von Prittwitz (1990: 131) geht die Diskussion darüber auf Ronald Inglehart zurück.<br />

23


„Die neue Regierung aus CDU, CSU und F.D.P. sah sich einem breiten öffentlichen Verlangen nach<br />

entschlossenem Vorgehen in der Umweltpolitik gegenüber. [...] Umweltpolitik war über Nacht zu einem<br />

Politikum ersten Ranges geworden, was es selbst in den frühen siebzigern nicht war“ (von Weizsäcker<br />

1994: 25).<br />

Der für <strong>Umweltfragen</strong> zuständige Innenminister F. Zimmermann setzte die noch von der<br />

sozialliberalen Koalition ausgearbeiteten strengen Umweltgesetze rasch um und verschärfte sie<br />

teilweise noch (vgl. Hucke 1990: 389; Wilhelm 1994: 79). Als erste Reaktion auf das<br />

Waldsterben wurde 1983 die Großfeuerungsanlagen-Verordnung verabschiedet, „die die<br />

europaweit strengsten Begrenzungen der Emission von Luftschadstoffen verfügte“ (Malunat<br />

1994: 8).<br />

In dieser Phase der Konsolidierung (Hucke) und Kontinuität (Malunat) von 1982-1986<br />

verloren auch allmählich die wirtschaftlichen Argumente gegen den Umweltschutz an<br />

Bedeutung. Die einst so unvereinbar scheinenden Bereiche Ökonomie und Ökologie näherten<br />

sich einander an, vor allem weil in zahlreichen Studien nachgewiesen werden konnte, „daß<br />

Umweltschutz nicht zwangsläufig ein Job-Killer ist, sondern daß durch Umweltschutz sehr<br />

wohl auch Arbeitsplätze in großer Zahl entstehen können“ (Wilhelm 1990: 14). So wurden<br />

z.B. durch die Verschärfung der TA-Luft und die Großfeuerungsanlagen-Verordnung<br />

Milliardeninvestitionen der stromerzeugenden Industrie ausgelöst. Sie führten zu einem<br />

Beschäftigungs– und Innovationsschub bei dem Gewerbezweig, der Vermeidungstechnologie<br />

produzierte. Diese Ausbildung sog. ‘Helferinteressen’ gilt als eine typische Reaktion auf<br />

forciert betriebenen Umweltschutz (vgl. Prittwitz 1990: 116 ff.).<br />

Da die Koalition aus CDU/CSU und FDP 1982 angetreten war, dem planerischen Dirigismus<br />

der sozialliberalen Ära mit stärker marktwirtschaftlich ausgerichteten Elementen zu begegnen,<br />

zeigte sich dieser Deregulierungsansatz auch im Bereich der Umweltpolitik. Dieser Ansatz kam<br />

den Interessen der Wirtschaft entgegen, die einer Verschärfung der Umweltpolitik nur unter<br />

Einsatz marktwirtschaftlicher Instrumente zustimmen wollten 24 . Bis auf die Abwasserabgabe<br />

(vgl. Sprenger 1994: 99 ff.) wurden in der Bundesrepublik Deutschland aber keine<br />

marktwirtschaftlich geprägten Instrumente eingeführt. Statt der angekündigten Deregulation<br />

kamen im Umweltbereich nachwievor ordnungsrechtliche Instrumente zum Einsatz.<br />

Am 26.April 1986 ereignet sich im Atomkraftwerk von Tschernobyl eine Reaktorkatastrophe.<br />

Die Folgen dieses ersten Größten Anzunehmenden Unfalls (GAU) in einem Kernkraftwerk<br />

waren auch für die Bundesrepublik zunächst unabsehbar. Viele Bürger waren verunsichert, wie<br />

sich angesichts der radioaktiven Bedrohung verhalten sollten.<br />

„Angesichts dieser Katastrophensituation wäre dem Geist und den Buchstaben der geltenden Normen<br />

nach rasches und energisches Handeln der verantwortlichen Behörden zum Katastrophenschutz geboten<br />

gewesen. Zu solchem Handeln kam es jedoch nicht. [...] Meßergebnisse der Radioaktivität in Luft und<br />

Böden wurden durch die Behörden tagelang nicht veröffentlicht“ (von Prittwitz 1990: 24).<br />

Die politisch verantwortlichen Instanzen waren offensichtlich nicht in der Lage, eine der<br />

Situation adäquate Reaktion zu zeigen:<br />

„Angesichts des sich einstellenden Wirrwarrs widersprüchlicher Aussagen und Kompetenzen war für<br />

den einzelnen Bürger nicht erkennbar, welche Instanz fachkundig war und ihm seriöse Ratschläge<br />

geben konnte“ (Rat von Sachverständigen für <strong>Umweltfragen</strong> 1988: 528; zit. nach Malunat 1994: 9).<br />

24 „Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) befürworteten<br />

Mitte der 80er Jahre marktwirtschaftliche Instrumente“ (Wilhelm 1990: 14).<br />

24


Als direkte Reaktion auf diese Katastrophe und um die Handlungsfähigkeit der Regierung<br />

unter Beweis zu stellen, wurde am 5.Juni 1986 – also nur knapp eineinhalb Monate später –<br />

das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gegründet. Die<br />

überhastete Einrichtung eines neuen Ministeriums muß dabei keineswegs als umweltpolitisch<br />

innovative Tat gewürdigt werden, da es mit dieser Maßnahme nicht gelungen ist,<br />

„Umweltpolitik ökologiegerecht als Querschnittsaufgabe institutionell zu verankern“ (Malunat<br />

1994: 9). J. Hucke verweist allerdings auf die geringeren „verwaltungsinternen<br />

Reibungsverluste“ und den Erfolgsdruck des neuen Ressorts, „verstärkt eigene Initiativen“<br />

entwickeln zu müssen (1990: 391). Außerdem wurde im Bundestag ein Umweltausschuß<br />

eingerichtet, der sich als treibende Kraft bei der Einsetzung der Bundestags-Enquete-<br />

Kommissionen 25 hervortat, deren Arbeit weit über die Grenzen Deutschlands hinaus große<br />

Anerkennung erfährt.<br />

Auf diese kurze ‘Phase des Übergangs’ (1986-1987) folgte eine ‘Phase der Präzisierung’.<br />

Mit dem Amtsantritt des ausgewiesenen Experten Klaus Töpfer als Umweltminister im Mai<br />

1987 wurden viele Gesetzesvorhaben mittlerer Größenordnung auf den Weg gebracht und<br />

verabschiedet, so z.B. das Gesetz über die Umwelthaftung (1990), die Kleinfeuerungsanlagen-<br />

Verordnung (1988) und insbesondere das wichtige Bundesimmissionsschutz-Gesetz (1990).<br />

Damit erreichte die Bundesrepublik in einigen Umweltschutzbereichen (z.B. in der<br />

Luftreinhaltung) eine sowohl europaweite als auch internationale Spitzenstellung. Doch trotz<br />

all dieser unbestreitbaren Erfolge spitzte sich die Lage weiter zu: Treibhauseffekt und<br />

Ozonloch als globale, Waldsterben, Grundwasserverschmutzung, Altlasten, Müll und Verkehr<br />

als regionale Probleme sind nur einige der zahlreichen Stichpunkte aus der Liste von<br />

Umweltproblemen.<br />

Am Ende der 80er Jahre scheint der ‘klassische’ Umweltschutz einer medial orientierten<br />

Nachsorgepolitik an seine Grenzen gelangt zu sein: Es beginnt eine ‘Phase des Zweifels’. Die<br />

technologisch ausgerichtete ‘end-of-pipe’ Umweltpolitik, die mittels Auflagen und<br />

Grenzwerten die negativen Auswirkungen der Produktions– und Konsumptionsstruktur von<br />

Industriegesellschaften zu mindern versucht, ist nicht mehr in der Lage, den neuartigen<br />

Problemen adäquat begegnen zu können. B. Malunat faßt diesen Tatbestand folgendermaßen<br />

zusammen:<br />

„Trotz der notwendigen Präzisierungen der inhaltlichen Regelungstiefe umweltrechtlicher Normen ist<br />

an der Umweltfront keine Entwarnung eingetreten, eher schon eine Verschärfung. Dieses scheinabare<br />

Paradox verdeutlicht die Grenzen der bisherigen umweltpolitischen Orientierungen, deren<br />

Instrumentarium seit den frühen Anfängen allenfalls graduell modernisiert wurde“ (1994: 10).<br />

Diese Beurteilung ist keine randständige Einzelmeinung, sondern gilt in umweltpolitischen<br />

Expertenkreisen als einzig zutreffende Analyse. So schreiben z.B. Jessinghaus/von Weizsäcker:<br />

„In Wirklichkeit sind wir sehr weit davon entfernt, die Umweltkrise auch nur ansatzweise gelöst zu<br />

haben. Ja, wir machen uns meistens sogar etwas darüber vor, worin die Umweltkrise eigentlich besteht.<br />

Sie geht in Wirklichkeit wesentlich tiefer als es durch die Stichworte Luft– und Wasserverschmutzung,<br />

Lärm und Abfälle angedeutet ist“ (1992: 16).<br />

M. Rodi bemerkt dazu: „Ohne Zweifel befindet sich das ordnungsrechtliche Instrumentarium, das nach<br />

wie vor den Kern staatlicher Umweltpolitik darstellt, in der Krise. Die grundsätzliche Verbesserung der<br />

25 Es handelt sich dabei um folgende Enquete-Kommissionen: „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“ des 11.<br />

Deutschen Bundestages; „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 12. Deutschen Bundestages; „Schutz der<br />

Erdatmosphäre“ des 12. Deutschen Bundestages.<br />

25


Umweltsituation, die man sich von seinem verstärkten Einsatz seit Anfang der 70er Jahre erwartet hat,<br />

ist ausgeblieben“ (1993: 18).<br />

Diese ‘Phase des Zweifels’ an der bisherigen Ausrichtung der Umweltpolitik verstärkt sich zu<br />

Beginn der 90er Jahre. Zeitgleich vollziehen sich zwei Dinge, die nicht ohne Auswirkung auf<br />

die Umweltpolitik bleiben können: Die deutsche Vereinigung am 3. Oktober 1990 und eine<br />

weltweite Konjunkturkrise, von der die Bundesrepublik wegen des Beitritts der DDR erst mit<br />

einem ‘time-lag’ eingeholt wird. Die Aufmerksamkeit der Politik ist kurzzeitig auf die<br />

Einigungsprobleme fokussiert, in der folgenden Rezession hält es die Bundesregierung für<br />

inopportun, die Wirtschaft mit verschärften Umweltbestimmungen zu belasten. Besonders die<br />

prekäre Umweltsituation in den fünf neuen Ländern zwingt jedoch zum umweltpolitischen<br />

Handeln, da dem Umweltschutz in der DDR vergleichsweise geringe Bedeutung zukam. Der<br />

Rat von Sachverständigen für <strong>Umweltfragen</strong> bemerkt dazu:<br />

„Der Umweltrat sieht den teilweise zu beobachtenden Rückfall auf alte Denkpositionen, die sich in der<br />

These ‘Umweltschutz schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland’ zusammenfassen lassen, mit<br />

großer Besorgnis. Auch in konjunkturbedingten Schwächeperioden und gesellschaftlichen<br />

Umbruchphasen [...] dürfen keine Pausen für den Umweltschutz eingelegt werden“ (1994: S.29<br />

(Ziff.74)).<br />

Der Stagnation auf nationaler steht eine Innovation auf internationaler Ebene gegenüber. Die<br />

UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) im Juni 1992 in Rio de Janeiro gilt<br />

inzwischen als ein Meilenstein in der Entwicklung der internationalen Umweltpolitik. So kann<br />

z.B. die in Rio – auch auf Drängen des deutschen Umweltministers – verabschiedete Klima-<br />

Rahmenkonvention als ein erster Schritt hin zu einem globalen Klimaschutz interpretiert<br />

werden.<br />

Trotzdem bleibt Umweltpolitik in Deutschland selbstverständlich ein Dauerthema, sie ist längst<br />

als eigenständiger Politikbereich in den Alltag von Politik und Verwaltung integriert. Jedoch<br />

bleibt Zweifel an der Angemessenheit der eingesetzten Instrumente. Die begrenzte Reichweite<br />

einer nachsorgenden Umweltpolitik verweist mit Nachdruck darauf, „daß die auf ihren<br />

jeweiligen Gebieten durchaus erfolgreiche klassische Umweltpolitik einer grundlegenden<br />

Erneuerung und Ergänzung bedarf“ (von Weizsäcker 1994: 27).<br />

2.2 Prinzipien der Umweltpolitik<br />

Die bundesdeutsche Umweltpolitik steht auf drei zentralen Säulen: Dem Vorsorge-,<br />

Verursacher– und Kooperationsprinzip. Seit der Verabschiedung des Umweltprogramms der<br />

Bundesregierung im Oktober 1971 bilden sie die operative Trias der amtlichen<br />

Umweltschutzkonzeption, wobei das Vorsorgeprinzip erst 1976 mit der Fortschreibung des<br />

Umweltprogramms eine stärkere Berücksichtigung als Handlungsmaxime der Umweltpolitik<br />

fand (vgl. Zimmermann 1990: 5). Im folgenden sollen die drei Prinzipien und ihre Bedeutung<br />

kurz dargestellt werden.<br />

2.2.1 Das Vorsorgeprinzip<br />

In seiner ursprünglichen Bedeutung meint das Vorsorgeprinzip, „durch vorausschauendes<br />

Handeln bereits dem Entstehen möglicher Umweltbelastungen vorzubeugen“ (Schmidt 1989:<br />

7). Die Umweltpolitik wird darauf verpflichtet, kommende Gefahren rechtzeitig zu erkennen<br />

26


und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um eventuellen Schaden frühzeitig abzuwehren;<br />

sie erlangt präventiven Charakter. In diesem Prinzip wird die Planungseuphorie zu Beginn der<br />

70er Jahre deutlich: „Prävention erfordert den planerisch-aktiven lenkenden Staat, der in<br />

sozioökonomische Prozesse eingreift“ (Decker 1994b: 120). Die Bedingung der Möglichkeit<br />

einer erfolgreichen Anwendung des Vorsorgeprinzips ist das Wissen der politischen Akteure<br />

um künftige umweltpolitische Problemlagen. Damit wird eines der zentralen Probleme<br />

(umwelt)politischer Steuerung in modernen Industriegesellschaften deutlich: Das Wissens– und<br />

Informationsproblem. Eine dem Vorsorgeprinzip verpflichtete Umweltpolitik will mehr sein als<br />

bloßer Reparaturbetrieb. Ihr Ziel ist es, künftigen Generationen eine intakte Umwelt zu<br />

hinterlassen (vgl. Wicke 1982: 82). Die entscheidene Frage stellt dabei die Lösung des<br />

Informationsproblems dar: Gefahren kann erst dann begegnet werden, wenn sie erkannt sind.<br />

Nicht ohne Grund wird vielfach darauf hingewiesen,<br />

„daß das Vorsorgeprinzip bisher nur in ungenügendem Maße eine Ausfüllung durch rechtliche,<br />

ökonomische oder allgemeine politikwissenschaftliche Inhaltsbestimmungen erfahren hat. In den<br />

meisten Umweltbereichen hat sich die Politik kaum geändert, daß politische Eingriffe erst dann<br />

erfolgen, wenn bereits Schäden eingetreten sind“ (Bunde 1990: 61; vgl. auch von Weizsäcker 1994: 148<br />

ff.).<br />

Oder noch deutlicher bei M. Jänicke: „Staatsversagen im Umweltschutz betrifft vor allem die<br />

Prävention“ (1986: 77).<br />

Die Politik nach dem „Modell der nachlaufenden Untersteuerung“ (von Prittwitz 1990: 198 ff.)<br />

zog in der Vergangenheit häufig negative Konsequenzen nach sich. So kam es z.B. durch<br />

Synergieeffekte zur Überschreitung von Schwellenwerten (‘Umkippen’ eines Gewässers,<br />

Waldsterben). Die Folgen sind nicht, oder nur schwer und mit hohem Kostenaufwand,<br />

reparable Schäden. So gibt der frühere Bundesinnenmister Gerhard Baum der Jahre 1978-<br />

1982, in dieser Funktion zuständig für Umweltpolitik, unumwunden zu: „In der Umweltpolitik<br />

wird vielfach erst dann gehandelt, wenn die Katastrophe bereits eingetreten ist“ (Zit. nach<br />

Wilhelm 1994: 120). Daß kurativ-entsorgende Ansätze 26 im bundesdeutschen Umweltschutz<br />

unter Mißachtung des Vorsorgeprinzips eine Dominanz erlangen konnten, liegt u.a. daran, daß<br />

Schäden erst durch eindeutige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nachgewiesen werden<br />

müssen (vgl. Bunde 1990: 61). Das Informationsproblem wird in diesem Zusammenhang<br />

instrumentalisiert, um vorbeugende Maßnahmen unter Verweis auf nicht eindeutige<br />

Kausalitäten zu verhindern. Diese Praxis zeigt sich z.B. in der Luftreinhalte– und<br />

Gewässerschutzpolitik 27 . F. Decker verweist auf die negativen Konsequenzen dieser<br />

Entwicklung:<br />

„Charakteristisch für die nachträgliche Umweltpolitik ist vielmehr ihr allfälliger Hang zur<br />

Problemverschiebung. Anstatt sie sogleich zu vermeiden oder wenigstens richtig zu beseitigen, werden<br />

Umweltbelastungen durch nachgeschaltete Maßnahmen häufig nur verlagert – vom einen ins andere<br />

Medium, von Raum zu Raum, von der Gegenwart in die Zukunft“ (1994b: 119, Hervorhebungen im<br />

Original).<br />

Eine übersteigerte Variante vorsorgender Umweltpolitik bestünde in dem Versuch, möglichst<br />

jede künftige Gefährdung durch vorbeugende Maßnahmen zu unterbinden 28 . Geht man von der<br />

26 Verwirklicht z.B. im massiven Einsatz von „end-of-pipe-Technologien“.<br />

27 Vgl. z.B. die langjährige Diskussion über den Zusammenhang von Schwefeldioxidemissionen und Waldsterben oder die<br />

Verklappung von Dünnsäure und Einleitung anderer Schadstoffe in die Nordsee und die Auswirkungen auf das<br />

Ökosystem „Wattenmeer“.<br />

28 Zu dem Zusammenhang, daß selbst durch präventive Maßnahmen immer auch nicht-intendierte negative Folgen<br />

verursacht werden vgl. Kirsch (1989: 258 ff.).<br />

27


Hypothese aus, daß die innovative Dynamik von Industriegesellschaften systematisch Risiken<br />

und Gefahren produziert (vgl. Beck 1986: 25 ff.) und dies sozusagen zu ihren<br />

Grundbedingungen gehört, bedeutet eine konsequente Durchsetzung des Vorsorgeprinzips,<br />

dieser innovativen Dynamik und gleichzeitigen Risikoproduktion ein Ende zu setzen 29 .<br />

„Würde der Gedanke, Umweltgefahren überhaupt nicht entstehen zu lassen, konsequent in der Politik<br />

verfolgt, so müßte dies dazu führen, jegliches potentiell die Umwelt gefährdende wirtschaftliche und<br />

sonstige Tun zu unterbinden“ (Wicke 1982: 83).<br />

Dies wäre gleichbedeutend mit der (Selbst)Abschaffung moderner Industriegesellschaften.<br />

Dagegen hält E. U. von Weizsäcker fest, daß das Vorsorgeprinzip in dieser „bizarren<br />

Übertreibungsform“ in der Diskussion keine Rolle spielt (vgl. 1994: 150). Es gehe vielmehr um<br />

eine Abwägung, in der Prioritäten gesetzt und Vor– und Nachteile gegeneinander abgewogen<br />

werden müssen. Alternativen sollten so anschaulich gemacht werden, daß eine „rationale<br />

demokratische Mehrheitsfindung“ möglich wird (ebd. 151). Was aber nichts anderes heißt, als<br />

daß Mittel und Wege gefunden werden müssen, um das Informationsdilemma in den Griff zu<br />

bekommen 30 . Die schmale Gratwanderung zwischen überzogenen Restriktionen und<br />

verantwortungslosem laissez-faire 31 verlangt eine hohe politische<br />

Informationsverarbeitungskapazität. Da die Bedeutung nicht-intendierter Folgen 32 im<br />

Umweltbereich besonders dramatisch zum Vorschein kommt, versuchen die zentralen<br />

politischen Makroakteure Lösungen zu finden, die mittels institutionalisierter Rahmensetzung<br />

den Prozeß der Entscheidungsfindung formalisieren. Beispiele dafür sind Umwelt– und<br />

Sozialverträglichkeitsprüfung, Technikfolgenabschätzung, Öko-Auditing oder die vielfach<br />

eingesetzten Ethikkommissionen. All diese Institutionen sollen gewährleisten, daß durch<br />

standardisierte Verfahren umweltrelevante Fragen dauerhaft bearbeitet werden (vgl. van den<br />

Daele 1993: 243 ff.). Sie entlasten die Politik von der Frage, ob eine Entscheidung negative<br />

ökologische Konsequenzen haben könnte und deshalb kritisch geprüft werden soll. Vielmehr<br />

wird jetzt grundsätzlich davon ausgegangen, daß eine Vielzahl von Entscheidungen ökologisch<br />

brisante Folgen nach sich ziehen können, weil sie ein unbekanntes Gefahrenpotential beinhalten<br />

(vgl. Wicke 1982: 82). Deshalb sollen diese Fragen vorher einer eingehenden Prüfung<br />

unterzogen werden.<br />

Letztlich können auch solche Prüfungen keine abschließende Sicherheit bieten. Aber sie<br />

können erwartbare Probleme sichtbarer und unterschiedliche Bewertungen transparenter<br />

machen. Und tragen somit zu der Möglichkeit einer rationaleren Entscheidungsfindung bei<br />

(siehe oben die Forderung von von Weizsäcker), weil im Zuge dieser Verfahren verwertbare<br />

Daten produziert werden (vgl. Kosz: 1995: 29). Es ist sicherlich nicht zuweit gegriffen, dieses<br />

29 M. Kosz plädiert daher für die Einführung des „Vorsichtsprinzips“: „Die Anwendung des Vorsichtsprinzips<br />

(„precautionary principle“) geht davon aus, daß Technologien, Produkte, Verfahren und Systeme mit Risiken behaftet<br />

sind, die die Wissenschaft nicht (exakt) quantifizieren kann.“ Und weiter: „Das Vorsichtsprinzip ist demnach aus<br />

wirtschaftswissenschaftlicher Sicht eine Position risikoaversen Verhaltens hinsichtlich Entscheidungen, die (1)<br />

unbekannte Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten zukünftiger negativer externer Effekte betreffen, und (2) generell<br />

unbekannte Auswirkungen zur Folge haben“ (1995: 26).<br />

30 Zur prinzipiellen Unmöglichkeit das Informationsproblem zu lösen vgl. Kirsch 1989: 260 ff.<br />

31 Vgl. dazu z.B. die Kontroversen über die Gentechnik oder die Nutzung der Atomenergie in der Bundesrepublik<br />

Deutschland.<br />

32 Vgl. zu dieser Thematik das Buch „Folgen. Entwurf für eine aktive Politik gegen schleichende Katastrophen“ von Carl<br />

Böhret (1990)<br />

28


Vorgehen als eine Strategie zu kennzeichnen, mit deren Hilfe künftige negative externe Effekte<br />

schon heute in Entscheidungen Berüchsichtigung finden sollen.<br />

In dieser Betrachtung blieb bisher die normative Komponente vorsorgender Umweltpolitik<br />

unberücksichtigt: Denn trotz aller beschriebenen Rationalisierungsbemühungen bleiben<br />

umweltrelevante Entscheidungen genuin normative Entscheidungen (vgl. Decker 1994b: 118).<br />

Die Ergebnisse der Untersuchungen von Gefahrenpotentialen tragen zwar zur Versachlichung<br />

der Debatte bei, die Bewertung der Akzeptanz von Risiken erfolgt aber unter bezug auf<br />

normative Kriterien. Ein handlungsleitendes Prinzip, das dem Vorsorgegedanken entspricht,<br />

wäre das Ziel der Risikominimierung.<br />

Vorsorgepolitik im Umweltbereich hat auch eine qualitative Dimension. Im Gegensatz zu den<br />

noch unbekannten Gefahren geht es hier um die Verhinderung und Minimierung bereits<br />

erkannter Probleme, die durch gegenwärtiges Handeln verursacht werden. Die Annahme<br />

langfristig negativer Auswirkungen basiert in der Regel auf Grundlage der Extrapolation<br />

aktueller Entwicklungen. Das Informationsproblem bleibt in der Frage nach Zuverlässigkeit<br />

und Gültigkeit von Prognosen bestehen, steht aber nicht mehr im Mittelpunkt, da über die<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit ein breiter wissenschaftlicher Konsens besteht. Die Endlichkeit<br />

wichtiger Ressourcen, die Klimakatastrophe und das Ozonloch sind Beispiele dafür. Eine dem<br />

Vorsorgeprinzip verpflichtete Umweltpolitik kann durch die Setzung materieller<br />

Qualitätsstandards und Minimierungsziele eine wichtige Konkretisierung erfahren, die der oft<br />

beklagten „inhaltlichen und instrumentellen Konturenlosigkeit“ im Umweltschutz (Schmidt<br />

1989: 7) entgegenwirkt 33 . Eine besondere Variante stellt das ‘Bestandsschutzprinzip’ (auch<br />

‘Prinzip der status-quo-Erhaltung’) dar mit dem Verbot, die Qualität der vorhandenen Umwelt<br />

zu verschlechtern. Die sich an dieser Stelle aufdrängende Frage, welche Instrumente eingesetzt<br />

werden (sollen), um diese Ziele zu erreichen, wird weiter unten behandelt (vgl. Kap. 4 und 5).<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden,<br />

„daß nach dem Vorsorgeprinzip der Umweltpolitik stets dann der Vorrang vor anderen<br />

(wirtschafts)politischen Erwägungen eingeräumt werden sollte, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung<br />

der Lebensverhältnisse droht oder die langfristige Sicherung der Lebensgrundlagen der gegenwärtigen<br />

und zukünftigen Generationen gefährdet sind“ (Wicke 1982: 84 f.; Hervorhebungen im Original).<br />

In diesem Zitat kommt nochmals der normative Charakter des Präventionsgedankens zum<br />

Ausdruck. Es wird nämlich die Frage aufgeworfen, welches Maß an Umweltqualität im<br />

Interesse der Zukunft angestrebt werden soll. Und wie das „Problem der intergenerationellen<br />

Lasten– und Chancenverteilung“ (Decker 1994b: 123) einer gerechten Lösung zugeführt<br />

werden kann. Diese Schwierigkeiten können ohne einen Rückgriff auf ethisch fundierte<br />

Grundsätze nicht gemeistert werden. Festzuhalten bleibt, daß für die vor allem die qualitative<br />

Dimension des Vorsorgeprinzips Relevanz beanspruchen kann. Bei bekannten Gefahren und<br />

Risiken müssen die umweltpolitischen Akteure zu einer Bewertung gegenwärtiger Handlungen<br />

gelangen und durch die Festsetzung von Qualitätsstandandards Position beziehen.<br />

2.2.2 Das Verursacherprinzip<br />

Das Verursacherprinzip ist der zweite Grundpfeiler der Umweltpolitik. Inhaltlich wird dieses<br />

Prinzip durch eine Festlegung bestimmt: Umweltbelastungen werden als Kosten aufgefaßt, das<br />

33 Als Beispiel für die Konkretisierung des Vorsorgeprinzips kann das „Gebot zum Einsatz optimaler Technologien“<br />

(Schmidt 1989: 8) zur Emissionsreduktion in der Technischen Anleitung Luft (TA Luft) gelten.<br />

29


Verursacherprinzip ist also der „Idee nach ein Internalisierungs– oder<br />

Kostenzurechnungsprinzip“ (Decker 1994b: 125; Hervorhebung im Original). Die Kosten zur<br />

Vermeidung, zur Beseitigung oder zum Ausgleich von Umweltbelastungen sollen dem<br />

Verursacher (vgl. Wicke 1982: 75) zugerechnet werden.<br />

In diesem Zusammenhang entstehen erste Schwierigkeiten bei der Definition des Terminus<br />

‘Verursacher’,<br />

„die z.B. bei der Frage auftauchen, ob für konsumbezogene Umweltbelastungen der Produzent oder der<br />

Verbraucher oder aber beide verantwortlich gemacht werden sollen“ (Schmidt 1989: 9).<br />

Die Bestimmung des Verursachers ist somit (auch) eine politische Entscheidung. Bisher wurde<br />

dieses Problem so ‘gelöst’, daß aus der Verursacherkette diejenigen die Kosten zugerechnet<br />

bekommen, auf die der Staat verwaltungstechnisch am einfachsten zugreifen konnte (vgl.<br />

Schmidt 1989: 9; Wicke 1982: 78 f.) 34 und wo die größten Erfolge zu erzielen waren. So<br />

werden z.B. die Kosten für die Schadstoffreduktion in Kraftwerken den Betreibern und nicht<br />

den Abnehmern angelastet 35 . Diese Kostenanlastungspraxis mag in diesen und ähnlich<br />

gelagerten Fällen richtig und erfolgreich sein, stößt aber bei einer anwachsenden Zahl von<br />

Verursachern rasch an seine Grenzen, da die Kontrollkosten der Umweltverwaltung<br />

exponentiell steigen. Um der Gruppe der Klein– und Kleinstemittenten die Kosten für ihre<br />

Umweltverschmutzung zurechnen zu können, bedarf es eines einfachen<br />

Anlastungsinstrumentes, das keine hohen Kontrollkosten verursacht 36 .<br />

Ein weiteres Problem stellt die quantitative Bestimmung der Kosten dar. Folgt man den<br />

theoretischen Implikationen des Verursacherprinzips, müßten im Optimalfall den Verursachern<br />

Kosten genau in der Höhe aufgebürdet werden, die durch die Umweltverschmutzung anfallen.<br />

Eine monetäre Bewertung 37 der Minderung der Umweltqualität ist aber in vielen Fällen<br />

überhaupt nicht (Landschaftsverbrauch, Artensterben 38 ) oder nur indirekt möglich (z.B. Kosten<br />

von Verkehrsunfällen). Diese Quantifizierungsprobleme haben zur Aufgabe des<br />

‘Schadenskostenansatzes’ geführt, in dem noch an einer Monetarisierung festgehalten wurde.<br />

In der praktischen Umweltpolitik steht der pragmatische ‘Vermeidungskostenansatz’ im<br />

Vordergrund (vgl. von Weizsäcker 1994: 151; 1989: 435). Hier bestimmen die politischen<br />

Akteure Qualitätsnormen (im Immissionsschutz) und setzen Grenzwerte fest (im<br />

Emissionsbereich). Die als Verursacher ausgemachten Verschmutzer müssen die Kosten für die<br />

Einhaltung dieser Standards übernehmen 39 . Der Vermeidungskostenansatz bleibt eine<br />

34 F. Decker geht in diesem Zusammenhang mit Bezug auf G. Maier-Rigaud (1988: 85 ff.) weiter: Er kritisiert aus<br />

systemischer Sicht, daß die „konstitutive Rolle des Staates als `Schädiger´“ (1994b: 126) vernachlässigt werde, und<br />

führt weiter aus: „Indem der Staat die materiellen und regulativen Voraussetzungen schafft, die den wirtschaftlichen<br />

Prozeß am funktionieren halten, induziert er zugleich diejenigen externen Effekte, die ihm im weiteren Probleme<br />

bereiten, und um deren Internalisierung er sich folglich bemühen muß“ (ebd.: 127).<br />

35 Zu der Frage „Verantwortliche oder Verursacher?“ schreibt Furger: „Der soziale Gehalt des Begriffes „Verantwortung“<br />

entspricht ja nicht einfach einem physikalischen Ursache-Wirkungsverhältnis. Vielmehr gilt: „Der Verursacher wird<br />

mit naturwissenschaftlichen Methoden ermittelt, während die Zuweisung von Verantwortung das Ergebnis komplexer<br />

sozialer Interaktion ist“ (1994: 102).<br />

36 Diese Argumentation ist im Zusammenhang mit der Bewertung des Ordnungsrechts in der Energiesparpolitik von<br />

Bedeutung (vgl. Kap. 4.3).<br />

37 Ausführlich mit dem Problem des monetären Werts der Umweltbelastung beschäftigt sich Wicke (1991b: 29 ff.).<br />

38 Vgl. zum Thema „Zuordnungsprobleme“: Jessinghaus/von Weizsäcker (1992: 30 ff.)<br />

39 Jessinghaus/von Weizsäcker kritisieren: „Und das nannte man dann fälschlich die Erfüllung des Verursacherprinzips“<br />

(1992: 30, Hervorhebung im Original).<br />

30


Notlösung, da die Restemissionen bzw. die von staatlicher Seite nicht monetarisierbaren<br />

Kosten (Artensterben) der Allgemeinheit angelastet werden 40 . Und dies kann als eklatanter<br />

Verstoß gegen das Verursacherprinzip gewertet werden. W. Benkert geht soweit, daß für die<br />

Bundesrepublik Deutschland eine deutliche Dominanz des Gemeinlastprinzips festzustellen sei,<br />

d.h. daß die Kosten von Umweltschäden der Allgemeinheit aufgebürdet werden (vgl. 1986:<br />

225 ff.). Die Umweltpolitik ist von einer konsequenten Umsetzung des Verursacherprinzips<br />

noch weit entfernt. Unbestritten gibt es Ausnahmen, in denen das Gemeinlastprinzip 41 eine<br />

sinnvolle Kostenanlastungsstrategie darstellt. Und zwar wenn,<br />

„– der Verursacher nicht mehr haftbar gemacht werden kann, weil er gar nicht mehr oder in anderer<br />

Rechtsform besteht [Altlasten],<br />

– der Verursacher nicht herangezogen werden kann, weil er außerhalb des rechtlichen<br />

Zuständigkeitsbereichs angesiedelt ist [Schadstoffimport] oder<br />

– die finanziellen Mittel des Verursachers zur Schadensbeseitigung nicht ausreichen“ (Bunde 1990: 63).<br />

Brisant ist dabei der letzte Punkt, da hier die sozialpolitischen Verteilungskonflikte<br />

angesprochen werden, die auftreten, wenn die Masse der Kleinstemittenten die Kosten für ihr<br />

umweltschädigendes Verhalten auferlegt bekommt 42 .<br />

Durch den Vermeidungskostenansatz kommt es zu einer „juristisch-technischen Interpretation<br />

des Verursacherprinzips“ (Hansmeyer/Schneider 1992: 11). Für die politischen Akteure bleibt<br />

aber das Problem, daß sie Umweltschäden benennen und den dafür Verantwortlichen die<br />

Kosten für die Vermeidung aufbürden müssen: Abwehrreaktionen sind die Folge. Die<br />

Betroffenen wehren sich gegen Zusatzkosten und verlangen den Nachweis dafür, daß sie die<br />

Schuld für die inkriminierten Umweltschäden tragen. R. Schmidt bemerkt zu Recht, daß „die<br />

Zuordnung konkreter Umweltschäden zu einzelnen Schädigungsfaktoren häufig nicht<br />

vorgenommen werden [kann], wie die Diskussion um die Ursachen des Waldsterbens<br />

eindrucksvoll belegt“ (1989: 9). Auch die jahrelange Debatte über die Bedeutung von CO2 -<br />

Emissionen für die Entwicklung des Weltklimas sind ein Beleg für diese These. Der<br />

praktischen Realisierung des Verursacherprinzips stehen also eine „Reihe sehr erheblicher<br />

Probleme“ (Wicke 1982: 77) entgegen. Hierin dürfte auch der Grund für die bisherige<br />

mangelhafte Umsetzung liegen.<br />

Aber: In bezug auf den Einsatz ökonomischer Instrumente in der Umweltpolitik besitzt das<br />

Verursacherprinzips grundlegende Bedeutung (vgl. Wicke 1982: 76 f.). Dabei sollen über den<br />

Marktmechanismus die Kosten des ‘Umweltverbrauchs’ so zugerechnet werden, daß sie in die<br />

Entscheidungskalküle der Verursacher miteingehen. Unter Anspielung auf sein Konzept „Die<br />

Preise müssen die Wahrheit sagen“ schreibt von E.U. Weizsäcker:<br />

„Das Verursacherprinzip ist das marktwirtschaftlichste von den drei Grundpfeilern der Umweltpolitik<br />

und sollte als dasjenige Prinzip begriffen werden, aufgrund dessen den Preisen noch am ehesten<br />

ökologische Wahrheit aufgeprägt werden kann“ (1994: 152).<br />

40 So werden die Kosten der Umweltschäden, die durch den Kfz-Verkehrs verursacht werden, nicht allein von der Gruppe<br />

der Autofahrer getragen, sondern in einem hohen Maß auf die Allgemeinheit übergewälzt.<br />

41 Wicke widmet in seinem Standardwerk zur Umweltökonomie dem Gemeinlastprinzip ein eigenes Kapitel, um auf die<br />

Bedeutung dieses Prinzips in der umweltpolitischen Praxis hinzuweisen. Er kritisiert dies mit scharfen Worten, weil<br />

„Maßnahmen nach dem Gemeinlastprinzip keine Kopplung zum Markt“ (1982: 81, Hervorhebung im Original) haben.<br />

42 Vgl. dazu Kap. 5.6 „Sozial bzw. verteilungspolitische Probleme von Energiesteuern“<br />

31


Energiesteuern als spezielle Form von <strong>Ökosteuer</strong>n sollen durch die konsequente Anwendung<br />

des Verursacherprinzips einen Beitrag zur Lösung der Energieproblematik leisten (vgl. Kap.<br />

5).<br />

2.2.3 Das Kooperationsprinzip<br />

Unter dem Kooperationsprinzip versteht man die Mitwirkung und Einbindung von denjenigen<br />

Akteuren in den Prozeß der Entscheidungsfindung, die von den jeweiligen umweltpolitischen<br />

Aktivitäten betroffen sind. Die politische und rechtliche Verantwortlichkeit verbleibt aber bei<br />

den durch Wahlen legimierten Gremien. Ziel ist es, einvernehmliche Entscheidungen zu treffen<br />

und so eine höhere Akzeptanz und effiziente Implementation der beschlossenen Maßnahmen zu<br />

erreichen. Durch die Gewährung von Anhörungsrechten können die Betroffenen, die in der<br />

Regel eine eigene Organisationsstruktur besitzen, ihre Ansichten und Vorschläge zu einem<br />

Problem oder Gesetzesvorhaben darlegen. Diese Gewährung von Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

hat konkrete inhaltliche Gründe: In vielen Bereichen sind die politischen Akteure auf den<br />

‘privaten’ Sachverstand von Experten angewiesen (vgl. Schmidt 1989: 10). Das eingebrachte<br />

Wissen soll für die Mitglieder der jeweiligen Entscheidungsinstanz eine „Hilfestellung“ (Wicke<br />

1982: 85) sein bzw. als Informationshintergrund der Meinungsbildung dienen. Im Rahmen der<br />

Kooperation können vor allem potente Interessenverbände Einfluß auf den<br />

Willensbildungsprozeß nehmen (vgl. ebd.: 86). Ein Spezialproblem entsteht durch die<br />

Möglichkeit der Akteure, bestimmte Informationen bewußt nicht zur Verfügung zu stellen,<br />

z.B. Berichte über neue Innovationen in der Abgasvermeidungstechnologie zurückzuhalten. Da<br />

in diesem Fall nach den Vorschriften der TA Luft die neue Technik auch angewendet werden<br />

müßte (‘Stand der Technik’-Gebot), entstehen neue Kosten für die Betreiber emitierender<br />

Anlagen. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Mercedes-Benz AG, Edzard Reuter, sprach<br />

in diesem Zusammenhang vom „Schweigekartell der Oberingenieure“ (1995: 19).<br />

Ein anderes Problem ist die Gefahr, daß zwischen Betroffenen und politischen Akteuren<br />

„Kompromisse auf Kosten der Allgemeinheit“ (Schmidt 1989: 10) geschlossen werden:<br />

„Umweltschützer fanden dieses Prinzip immer etwas suspekt“ (vgl. von Weizsäcker 1994: 21).<br />

Eine Bestätigung für ihre Skepsis finden Umweltverbände z.B. in der kurz vor der Berliner<br />

Klimakonferenz (Ende März 1995) abgegebenen Selbstverpflichtung des Bundesverbandes der<br />

Deutschen Industrie (BDI) zur Reduktion von CO 2 -Emissionen. Die deutsche Wirtschaft will<br />

danach auf freiwilliger Basis den Ausstoß bis 2005 gegenüber 1987 um 20 Prozent<br />

verringern 43 . Von vielen wird diese Vereinbarung als Rückschlag erlebt, da sich die (rechtlich<br />

unverbindliche) Reduktion nur auf den spezifischen, nicht den absoluten Verbrauch beschränkt<br />

(vgl. Vorholz 1995: 28).<br />

Trotz dieser kritischen Anmerkungen dürfen die positiven Aspekte des Kooperationsprinzips<br />

nicht vernachlässigt werden: Das von Experten eingebrachte Fachwissen ist die Voraussetzung<br />

für rationale Entscheidungen angesichts hochkomplexer Problemlagen. Die frühzeitige<br />

Einbindung gesellschaftlicher Kräfte in den Willensbildungs– und Entscheidungsprozeß erhöht<br />

die Transparenz umweltpoltischer Maßnahmen. Durch die aktive Mitwirkung der Bürger soll<br />

das Umweltbewußtsein und die Aufklärung der Bevölkerung verbessert werden (vgl. Wicke<br />

1982: 85). Ob letzlich diese „Forderung nach Demokratisierung“ (Bunde 1990: 64) realisiert<br />

werden kann, bleibt umstritten. Die auch im Politikfeld Umweltpolitik sich durchsetzende<br />

43 Vgl. „Die Wirtschaft will den CO2 -Ausstoß...“, in SZ vom 11./12.3.1995 S. 21<br />

32


Professionalisierung der entscheidenden Akteure spricht eher gegen eine Beteiligung großer<br />

Betroffenenkreise an umweltpolitischen Entscheidungsprozessen.<br />

2.2.4 Fazit<br />

In einem abschließenden Fazit der Bedeutung der drei Prinzipien gelangt man zu der<br />

Einschätzung, daß das Vorsorgeprinzip bislang seinen Ausdruck in der institutionalisierten<br />

Bearbeitung unbekannter Gefahren und der Festsetzung von Umweltqualitätstandards<br />

gefunden hat. Präventive Umweltpolitk ist dabei mit normativen Fragen konfrontiert, z.B. wie<br />

das Recht künftiger Generationen auf eine intakte Umwelt zu bewerten ist. Der<br />

Vorsorgeansatz wurde bislang nur unzureichend umgesetzt, in der Umweltpolitik dominieren<br />

nachwievor kurativ-begleitende Maßnahmen. Auch das Verursacherprinzip wurde bislang nicht<br />

konsequent angewandt: Über den sog. Vermeidungskostenansatz wird ein Großteil der Kosten<br />

von Umweltschäden der Allgemeinheit aufgelastet. Einzig das Kooperationsprinzip fand als<br />

Handlungsmaxime weitgehende Anwendung. Insgesamt bleibt rechtliche Ausgestaltung der<br />

Umweltpolitik bis heute hinter ihren programmatischen Vorgaben zurück.<br />

2.3 Handlungsfelder der Umweltpolitik<br />

In der Umweltpolitik lassen sich drei Handlungsfelder benennen, die sich zwar wechselseitig<br />

überschneiden, aber dennoch eine isolierte Betrachtung erlauben: Gefahrenabwehr,<br />

Risikomanagement und strukturelle Ökologisierung lauten die Analyseeinheiten des Politikfelds<br />

Umweltpolitik (vgl. zum folgenden von Prittwitz 1990: 71 ff.).<br />

2.3.1 Gefahrenabwehr<br />

Gefahrenabwehr kann zusammenfassend,<br />

als selektives, hochgradig legitimiertes Handeln repräsentativer Organe, insbesondere des Staates, in<br />

einer akuten Gefahrensituation für Mensch und Umwelt verstanden werden. Typisch ist dabei<br />

vergleichsweise geringe Wirkungstiefe und große Eingriffsschärfe“ (von Prittwitz 1990: 76).<br />

Gefahrenabwehr gewinnt ihre Legitimationsgrundlage aus der Abwendung oder Verringerung<br />

akuter Schäden und Gefahren für Leib und Leben der Bürger. Dabei können – insbesondere<br />

beim Katastrophenschutz – kurzzeitig Verfassungsrechte außer Kraft gesetzt werden. Die dann<br />

eingeleiteten Maßnahmen besitzen Zwangscharakter. In der Regel beschränken sich die<br />

Aktivitäten im Handlungsfeld Gefahrenabwehr aber auf Information (d.h. vor allem Warnung<br />

vor Gefahr und Verhaltensmaßregeln 44 ) und Gegensteuerung. So werden – aufgrund von<br />

Verordnungen – beim Überschreiten von bestimmten Grenzwerten schadstoffemitierende<br />

Anlagen zwangsweise außer Betrieb genommen, z.B. Verkehrssperrungen bei Smog. Träger<br />

dieser kurzfristig und selektiv wirkenden Maßnahmen sind staatliche Behörden.<br />

Gefahrenabwehr setzt erst dann ein, wenn präventive Maßnahmen entweder nicht getroffen<br />

wurden oder versagt haben, also ‘das Kind schon in den Brunnen gefallen ist’.<br />

44 Z.B. über das Verhalten bei einem Chemieunfall oder einer Trinkwasserverseuchung<br />

33


Für eine Industriegesellschaft, die permanent Risiken produziert, ist eine effiziente<br />

Gefahrenabwehr unabdingbar, weil sie im Notfall viele Leben retten kann. Neben extremen<br />

Formen, wie der automatischen Regelung (z.B. Selbstabschaltungsmechanismen bei<br />

Kernkraftwerken) und dem Katastrophenschutz, gibt es eine Reihe von ‘Mischformen’, wie<br />

Alarm– und Störfallverordnungen, ‘Rote Listen’ bedrohter Pflanzen– und Tierarten und<br />

amtliche Informationen über spezifische Schadstoffbelastungen (vgl. von Prittwitz 1990: 75;<br />

Decker 1994: 122). Um Gefahrenabwehr als eigenen Handlungstyp gegenüber anderen<br />

abzugrenzen und die notwendige Trennschärfe beizubehalten, handelt es sich bei diesem Typ<br />

immer um konkrete Gefahrensituationen, denen begegnet werden muß. Präventive<br />

Maßnahmen, die im Sinne einer Gefahrenabwehr interpretiert werden könnten, gehören somit<br />

nicht zum Handlungsfeld Gefahrenabwehr, sondern in den Bereich des Risikomanagement.<br />

Gefahrenabwehr ist ein Feld der klassischen Umweltpolitik; angesichts konkreter Belastungen<br />

und Schäden (z.B. durch Smog in Ballungsgebieten) und der wachsenden Bereitschaft der<br />

Betroffenen sich dagegen zur Wehr zu setzen, war der Staat zum Handeln gezwungen, um<br />

wenigstens bei den folgenreichsten Problemen Abhilfe zu schaffen.<br />

2.3.2 Risikomanagement<br />

Im Unterschied zur Gefahrenabwehr gründet sich das Risikomanagement auf der Annahme,<br />

daß durch ökonomische Produktions– und Kosumptionsprozesse in Industriegesellschaften<br />

jederzeit Gefahrensituationen existent sind. Risikomanagement oder Risikovorsorge heißt<br />

vorderhand nichts anderes als der Versuch, die entstehenden Risiken rational abzuarbeiten,<br />

nicht jedoch sie abzuschaffen. Durch die Produktion von umweltrelevanten Informationen soll<br />

zunächst eine Entscheidungsgrundlage geschaffen werden. Aus der Wahrscheinlichkeit des<br />

Eintritts der Gefahrensituation und dem dann voraussichtlich auftretenden Schaden ermitteln<br />

Experten die einzuleitenden Maßnahmen. Die Faktoren Vermeidungs– bzw.<br />

Minimierungskosten von Risiken, Wahrscheinlichkeit und Höhe des Schadens werden mittels<br />

einer Kosten-Nutzen-Abwägung ‘optimiert’ (vgl. Decker 1994: 122; ausführlich mit<br />

Praxisbeispielen Wicke 1991b: 32 ff.). Risikomangement bedeutet grundsätzlich<br />

„Risikooptimierung: Risiken sollen (und können) nicht beseitigt, sondern lediglich in einem<br />

möglichst günstigen Verhältnis von Kosten und Nutzen bewältigt werden“ (von Prittwitz 1990:<br />

78). Muß die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls möglichst ausgeschlossen werden, wie bei der<br />

Betreibung von Atomanlagen, entstehen durch das notwendige systematische<br />

Risikomanagement hohe ökonomische Handlungskosten.<br />

Rationales Risikomangement stößt dabei auf Probelem, z.B. das Informationsproblem. Nur<br />

bekannte Risiken sind einer rationalen Erfassung und Bearbeitung zugänglich. Die Geschichte<br />

der Umweltpolitik zeigt aber deutlich, daß immer wieder scheinbar ‘harmlose’ Aktivitäten<br />

langfristig schwerwiegende Folgen nach sich gezogen haben. Ein Beispiel bietet das<br />

Treibhausgas Kohlendioxid. Die durch Verbrennung emitierte Gasmenge schädigt die<br />

Menschen und ihre Umwelt nicht direkt, aus gesundheitlichen Aspekten wäre das<br />

Emissionsniveau unbedenklich: „Kohlendioxid gehört, vom ökologischen Standpunkt aus<br />

betrachtet, zu den lebensnotwendigsten Stoffen überhaupt“ (Ring 1994: 34). Erst die<br />

Langzeitwirkung über den Treibhauseffekt 45 ist die Grundlage der Katastrophenszenarien in<br />

Modellsimulationen. Der noch vor 20 Jahren weitgehend unbekannte Effekt wurde sukzessive<br />

45 Vgl. dazu Kap. 3<br />

34


entdeckt, erforscht und bestätigt (vgl. Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“<br />

1995: 14 ff.; 75 ff.; BMU 1994: 18 ff.; BMU 1994e: 20 ff.). Dieser Vorgang sollte die<br />

Sensibilität für noch unbekannte Gefahrenpotentiale gegenwärtigen Handelns stärken. Das<br />

Wissen um die Möglichkeit unbekannter Gefahrenpotentiale erfordert eine<br />

‘Risikofolgenabschätzung’ aktueller Prozesse in Industriegesellschaften, um Fehlentwicklungen<br />

besser diagnostizieren zu können.<br />

Eine weitere ist die soziale Problemkomponente des Risikomanagements: Wie die Diskussion<br />

um die Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zeigt, sind die Berechnungen der<br />

Wahrscheinlichkeit von Katastrophen und die daraus zu ziehenden Konsequenzen keineswegs<br />

nur ökonomisch-rationalen Nutzenkalkülen unterworfen. Sie stellen vielmehr normativwertende<br />

und somit politische Entscheidungen dar. Auch hier zeigt sich der normative Kern<br />

der Ökologiediskussion, wenn es um die Frage geht, welches Maß an Umweltqualität<br />

angestrebt werden soll (vgl. Decker 1994: 123 f.). Es gilt zwar als ausgemacht, daß die<br />

technisch-ökonomisch geprägten Gegenwartsgesellschaften permanent Risiken produzieren.<br />

Welche aber konkret als noch tolerabel erscheinen 46 , muß in einem komplexen sozialen Prozeß<br />

ausgehandelt werden, denn über das noch akzeptable Risikoniveau herrscht Dissens. Dieser<br />

Bewertungs– und Abwägungsprozeß kann (und sollte) nicht nur innerhalb einer spezialisierten<br />

Expertenöffentlichkeit ablaufen, auch wenn bestimmte Detailfragen nur von diesen beantwortet<br />

werden können. Da die Zahl der potentiell von einer Katastrophe Betroffenen mit der aller<br />

Gesellschaftsmitglieder identisch ist, müssen diese in den Prozeß des Risikomanagements<br />

mitintegriert werden. Risikomanagement heißt somit auch öffentliche Risikokommunikation<br />

und Demokratisierung von Risiken (Beck 1986: 311 ff.; Beck 1993: 53 ff.).<br />

Risikomangement war und ist das zentrale Handlungsfeld der Umweltpolitik in Deutschland.<br />

Der Einsatz von emissionsvermindernden Zusatztechniken, Recycling-Techniken sowie<br />

prozeßtechnische Veränderungen stehen im Vordergrund (vgl. von Prittwitz 1990: 77). Es<br />

überwiegt der Versuch, erkannte Gefahren und Risiken mittels technischer (end-of-pipe-<br />

Technologien) und organisatorischer (Kreislaufwirtschaft 47 ) Lösungen zu bearbeiten. Abgaben,<br />

Ge– und Verbote, Standards, Informationen und Subventionen, der komplette<br />

Instrumentenkasten im Spannungsbogen zwischen Handlungszwang und Handlungsanreiz<br />

gehört in den Bereich des Risikomanagements, also auch Energiesteuern.<br />

Grundsätzlich wurde das Modell ‘Industriegesellschaft’ nur selten in Frage gestellt (vgl. aber<br />

Meadows u.a. 1972: 116 ff.; Council on Environmental Quality: 1980). Eine dem<br />

Risikomanagement verpflichtete Umweltpolitik zielt nicht primär auf die strukturelle<br />

Umgestaltung des Wirtschaftsprozesses. Ihr Anliegen ist es, bekanntgewordenen Risiken mit<br />

den zur Verfügung stehenden Instrumenten entgegenzutreten, um so negative Auswirkungen<br />

zu verhindern bzw. zu minimieren. Es ist unbestreitbar, daß mit diesem Ansatz in der<br />

Bundesrepublik Deutschland große Erfolge im Umweltschutz erzielt wurden. Die<br />

Schaumkronen auf den Flüssen verschwanden, das Schwefeldioxidproblem (‘saurer Regen’)<br />

wurde eingedämmt. Der Versuch, negative Externalitäten durch punktuelle und sektorale<br />

Eingriffe kleinzuarbeiten, schien noch Mitte der 80er Jahre ein erfolgversprechender Weg zu<br />

46 Wobei es sich hierbei selbstverständlich nur um die bekannten Risikoptentiale handelt. Das Management noch<br />

unbekannter, aber vermuteter Risiken ist ungleich schwieriger, da von keiner sicheren Datenbasis aus argumentiert<br />

werden kann.<br />

47 Vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ (1994: 75 ff.)<br />

35


sein 48 . Und dennoch: Trotz aller Verordnungen, Grenzwerte und Milliardeninvestitionen, die<br />

ökologische Gesamtbilanz verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. S. Wilhelm befürchtet daher zu<br />

Recht, daß sich Umweltpolitik weiter auf das Managen von Detailproblemen beschränken<br />

wird: „Tausend kleine Probleme werden geregelt; jedes einzelne vergleichsweise unbedeutend.<br />

[...] Es muß darauf geachtet werden, daß die Politik sich nicht in bloßem Flickwerk erschöpft“<br />

(1994: 130). Risikomanagement scheint mit den eingesetzten Instrumenten an ihre Grenzen<br />

gestoßen zu sein. Neues Ziel von Umweltpolitik ist der Versuch, eine strukturelle<br />

Ökologisierung zu initiieren. Die Schwierigkeit besteht darin, daß keine neuen Instrumente zur<br />

Verfügung stehen, d.h. daß die ökologische Umstrukturierung nur mit schon Bekanntem (aber<br />

noch nicht Bewährtem) eingeleitet werden kann.<br />

2.3.3 Strukturelle Ökologisierung<br />

Eine Begriffsbestimmung stellt beim Terminus ‘strukturelle Ökologisierung’ ein schwieriges<br />

Unterfangen dar, da er in einen mehrdimensionalen Bedeutungshorizont aufgefächert ist. Auf<br />

systemischer Ebene meint er die Umgestaltung des gesamten Wirtschaftsprozesses hin zu einer<br />

Ein– und Rückbindung in den von der Natur vorgegebenen Rahmen. Paradigmatisch für die<br />

inhaltliche Orientierung dieser Reform steht das auf der UNCED in Rio de Janeiro entwickelte<br />

Konzept des ‘sustainable development’. Es bedeutet,<br />

„daß die Nutzungsrate natürlicher Ressourcen nicht größer sein darf als ihre Regenarationsrate und daß<br />

die industrielle Freisetzung von (Schad-)Stoffen nicht größer sein darf als die Aufnahmefähigkeit der<br />

Natur“ (Höhn 1994: 14 f.).<br />

Im Umweltgutachten 1994 des Rats von Sachverständigen für <strong>Umweltfragen</strong> (SRU) heißt es<br />

zum ‘Sustainability-Konzept’: Notwendig ist<br />

„die Einbindung der Zivilisationssysteme in das sie tragende Netzwerk, und damit die dauerhafte<br />

Ausrichtung der sich fortschreitend entwickelnden Ökonomien an der Tragekapazität der ökologischen<br />

Systeme“.<br />

Ziel des dynamischen Prozesses einer ökologischen Umstrukturierung ist die ‘Versöhnung’ mit<br />

der ‘geschändeten Natur’, ein Zustand, in dem Gefahrenabwehr und Risikomanagement<br />

zunehmend an Bedeutung verlieren. Es bleibt die Frage, wie dieser – aus heutiger Sicht –<br />

utopische Gleichgewichtszustand erreicht werden kann. Der Umweltrat gibt die Richtung vor:<br />

„Dies erfordert zugleich eine grundlegende ökonomische Transformation: die Abkehr vom traditionellen<br />

wirtschaftlichen Fortschritts– und Wachstumsmodell und die Hinwendung zum Modell der<br />

Entkoppelung von wirtschaftlicher Entwicklung einerseits, Ressourcenverbrauch und Beeinträchtigung<br />

der Umweltfunktionen andererseits“ (BMU 1994c: 5; vgl. auch Jänicke 1986: 77 f.).<br />

Damit eröffnet sich eine weitere Bedeutungsdimension der ‘strukturellen Ökologisierung’. Auf<br />

Akteursebene meint der Begriff einen Handlungstypus, der auf „bewußtes Handeln nach dem<br />

Leitbild der Verträglichkeit zwischen Mensch und Umwelt“ setzt (von Prittwitz 1990: 84). Aus<br />

theoretischer Sicht muß es, bis dieser Handlungstyp eine gesellschaftsweite Dominanz erreicht,<br />

zu einer Änderung der Präferenzordnungen der Akteure kommen. Die ökologische<br />

Umorientierung großer Bevölkerungsteile 49 steht dabei in einem komplexen Wechselspiel mit<br />

48 „Die umweltpolitische Bilanz kann sich durchaus sehen lassen [...]. Und dennoch bleibt ein ungutes Gefühl, ein nicht<br />

speziell auf diese gegenwärtige Regierung bezogenes Gefühl des fundamentalen Ungenügens. Dieses gilt allen heutigen<br />

Umweltpolitiken“ (von Weizsäcker 1994: 26, Hervorhebungen JC).<br />

49 Gemeint ist damit ein weit über den heutigen Stand hinausweisendes Umweltbewußtsein. S. Wilhelm polemisiert gegen<br />

das erreichte Niveau, wenn er schreibt: „Solange die Bürger glauben, das getrennte Sammeln von Plastibechern und<br />

36


der verstärkten Durchsetzung eines allgemeinen Umweltbewußtseins. Dieses trägt zu einer<br />

‘unbewußten’ Aufnahme ökologisch verträglicher Handlungsmuster in feste<br />

Verhaltensrepertoires bei: „Umwelt– wird in Alltagshandeln intergriert und nicht mehr als<br />

spezielles Handeln empfunden“ (ebd. 86). Erst die Gleichzeitigkeit von bewußtem<br />

Umwelthandeln und selbstverständlichen Handlungsroutinen ermöglichen die strukturelle<br />

Ökologisierung.<br />

Es stellt sich die Frage, ob und wie die politischen Akteure auf den Prozeß des allmählichen<br />

Bewußtseinswandel Einfluß nehmen können. Eine Möglichkeit bieten die Mittel der<br />

„intrinsischen Steuerung“ 50 , deren Implementationserfolge jedoch nur schwer meßbar sind.<br />

Gesamtgesellschaftlicher Wertewandel entzieht sich dem Zugriff der Politik 51 . So ist es kaum<br />

verwunderlich, daß die Erfolgschancen ‘extrinsischer Steuerung’ (z.B. über Abgaben und<br />

Steuern) wesentlich höher eingeschätzt werden – auch wenn damit erzieherische Maßnahmen<br />

aus dem Bereich der Umweltpädagogik keineswegs delegitimiert sind. Es herrscht die Meinung<br />

vor, „daß vor allem Erhöhungen der finanziellen Belastungen zu nachhaltigen Veränderungen<br />

der Verbraucher führen dürften“ (Wenke 1993: 108, zit. nach H.J. Luhmann 1994: 14; vgl.<br />

auch von Prittwitz 1990: 89). Die Skepsis gegenüber der Bereitschaft der Bevölkerung zu<br />

freiwilligen Verhaltensänderungen ist unter Umweltexperten weit verbreitet. Ihre Antwort ist<br />

deshalb oft Markt und Ordnungsrecht, nicht Information und Aufklärung. Der Politik fällt<br />

dabei die Aufgabe zu, das Inhalt und Geschwindigkeit der notwendigen Verhaltensänderungen<br />

vorzugeben. Zusammenfassend hält F. Decker fest: Strukturelle Ökologisierung „erfordert den<br />

gesellschaftlichen Bewußtseinswandel ebenso wie den technisch-ökonomischen<br />

Strukturwandel; sie bedeutet politisch, daß Umweltaspekte in allen Bereichen des Lebens<br />

Berücksichtigung finden“ (1994: 122, Hervorhebung im Original).<br />

Damit verweist er auch auf eine letzte Bedeutungsebene des ökologischen Strukturwandels,<br />

Umweltpolitik als Querschnittsaufgabe zu begreifen: Für die konkrete institutionelle<br />

Ausgestaltung heißt das, daß sie nicht mehr in ein spezialisiertes Ministerium ausgelagert<br />

werden kann, vielmehr müssen Umweltverwaltungseinheiten „Teil aller politischen Ressorts“<br />

werden (von Prittwitz 1990: 187). Grundlage dafür ist die Annahme, daß sich alle<br />

Verhaltensweisen in Politik, Beruf und Privatleben unter Umweltgesichtspunkten verändern<br />

können (vgl. ebd. 86).<br />

Bis dato stand in der deutschen Umweltpolitik die strukturelle Ökologisierung nicht im<br />

Zentrum. Der Wirtschaftsprozeß sollte nicht grundlegend umgesteuert, vielmehr seine<br />

negativen Auswirkungen begleitend reduziert werden. Soll ‘sustainable development’ keine<br />

Leerformel bleiben, muß sich dies ändern. Eine Möglichkeit bietet der Einsatz bisher<br />

weitgehend ungenutzter Instrumente, vor allem ökonomischer Steuerungsinstrumente.<br />

Kartoffelschalen und der Verzicht auf Milch in Tüten löse die Umweltprobleme der Industriegesellschaften, und im<br />

Gegenzug müßte nun Brasilien den Regenwald stehen lassen - solange den Bürgern die tatsächlichen Gründe der<br />

Umweltkrise und die Dramatik unserer Lage nicht deutlich sind, so lange wird sich nichts nennenswert ändern“ (1994:<br />

138).<br />

50 D. Fürst versteht hierunter Umweltpädagogik, Umweltaufklärung und Umweltethik (1994: 34). Zum Zusammenhang<br />

zwischen Umweltmoral und tatsächlichem Verhalten vgl. Kirsch (1994: 261 ff.).<br />

51 Vgl. dazu ausführlicher den Abschnitt in Kap. 4.3 über das „Wissens- und Informationsproblem“<br />

37


2.4 Instrumente der Umweltpolitik<br />

Eine Präzisierung des Instrumentenbegriffs liefert die Definition von H. Knüppel:<br />

„Ein umweltpolitisches Instrument ist ein Mittel, das der Staat einsetzt, um die Produzenten und die<br />

Konsumenten zu veranlassen, entsprechend den politisch fixierten umweltpolitischen Zielen<br />

Maßnahmen zur Vermeidung, zur Verringerung oder Beseitigung von Umweltbelastungen zu ergreifen“<br />

(1989: 32 f.).<br />

Im folgenden werden ausschließlich solche Instrumente dargestellt, die gemäß der geltenden<br />

Rechtsordnung von Seiten des Staates eingesetzt werden können. Nicht-verfassungsgemäße<br />

Vorschläge, wie sie sich z.B. im Umfeld von ‘Öko-Diktatur-Modellen’ finden, erfahren keine<br />

Berücksichtigung. Die Darstellung bleibt auf einige grundlegende Anmerkungen beschränkt, da<br />

an anderer Stelle noch ausführlich auf die Instrumentenfrage eingegangen wird (vgl. Kap. 4<br />

und 5). Bei der Typisierung umweltpolitischer Instrumente wählen die Autoren<br />

unterschiedliche Bezugspunkte. L. Wicke wählt als Gliederungskriterium seiner Darstellung<br />

(1991: 165 ff.), inwieweit die Instrumente mit öffentlichen Ausgaben bzw. Einnahmen<br />

verbunden sind. Er entwickelt drei Kategorien: 1) Nicht-fiskalische Instrumente (z.B.<br />

Auflagen) 2) Umweltpolitik mit öffentlichen Ausgaben (z.B. Umweltschutz mit<br />

Steuerfinanzierung) 3) Umweltpolitik mit öffentlichen Einnahmen (z.B. Umweltabgaben).<br />

Einen anderen Zugang wählt V. von Prittwitz, der „Instrumente systematischen<br />

Risikomanagements“ zwischen den Polen Handlungszwang und Handlungsanreiz angesiedelt<br />

sieht. Dies sind mit abnehmender Eingriffsintensität: Gebote und Verbote, Standards, Abgaben<br />

und Steuern, Informationen und Empfehlungen, Tauschangebote sowie Anreize wie<br />

Subventionen und Finanzierungshilfen (vgl. 1990: 78).<br />

Ge– und Verbote, sowie Genehmigungsvorbehalte kennzeichnen als abstrakte und generelle<br />

Verhaltensvorschriften die Kategorie ‘Regulierung’. Sie lassen den Adressaten keinen<br />

Handlungsspielraum. Emissions-, Umweltqualitäts– und Produktstandards hingegen lassen<br />

alternative Lösungen zu, da lediglich „verbindliche Grenz– oder Zielmarken in bezug auf<br />

Umweltbelastung oder Ressourcenverbrauch“ (ebd. 79) formuliert werden. Wie diese Marken<br />

erreicht werden, obliegt der Entscheidungsfreiheit der Adressaten. Im Übergangsbereich<br />

zwischen ‘Zwang’ und ‘Anreiz’ stehen Abgaben und Steuern. Sie sind ebenso wie<br />

Subventionen der Kategorie ‘Finanzierung’ zuzurechnen, weil sie mit monetären Anreizen<br />

operieren. Allerdings üben Steuern im Gegensatz zu Finanzierungshilfen einen starken<br />

Handlungsdruck aus, da sie umfassend wirken und nicht ignoriert werden können (vgl. Kap.<br />

5.3). Zur Kategorie ‘Strukturierung’ zählen diejenigen Maßnahmen, „die allgemeine<br />

Rahmenbedingungen für das Verhalten der Akteure neu ordnen“ (Görlitz/Bergmann/von<br />

Sanden 1994: 48). Neben Information und Beratung gehören dazu Veränderungen<br />

gesellschaftlicher Ordnungen, z.B. durch regionale Strukturpolitik, und die Einführung neuer<br />

Verfahren wie der (von Umweltverbänden geforderten) Verbandsklage.<br />

Aus dem umfangreichen Maßnahmenbündel haben die umweltpolitisch handelnden Instanzen<br />

vor allem Instrumente der Kategorie ‘Regulierung’ zur Anwendung gebracht. Im Mittelpunkt<br />

bundesdeutscher Umweltpolitik steht das Ordnungsrecht: „Auflagen dominieren die praktische<br />

Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ (Endres 1994: 102; vgl. auch Wicke 1991:<br />

169). Ziel der administrativen Kontrollinstrumente des Ordnungsrechts ist es, durch<br />

begleitende Maßnahmen die Gefahren und Risiken, die in modernen Industriegesellschaften –<br />

strukturell bedingt – in steter Folge produziert werden, aufzufangen. So läßt sich das<br />

Akzeptanzniveau für einen auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsprozeß stabilisieren und<br />

mit der Prognose weiterer Wohlstandszuwächse rechtfertigen. Diese Entwicklungsrichtung<br />

38


der Umweltpolitik konnte solange verfolgt werden, wie die Hoffnung bestand, negative<br />

Externalitäten mittels technischer Lösungen, Beschränkungen und Verboten neutralisieren zu<br />

können. Umweltplanung, Auflagen, Emissions– und Immissionsgrenzwerte sind und waren<br />

Kennzeichen dieser Politik (vgl. Schmidt 1989: 11 ff.). Eine wichtige Bedingung der<br />

Möglichkeit des Erfolgs dieser Instrumente ist die Leistungsfähigkeit der Umweltverwaltung 52 :<br />

„Umweltpolitik der klassischen Art kann überhaupt nur dort funktionieren, wo eine zuverlässig<br />

arbeitende, korruptionsresistente Verwaltung mit hohem Aufwand und viel Sachverstand darüber wacht,<br />

daß Genehmigungen zu Recht vergeben, daß Auflagen, Ge– und Verbote auch eingehalten werden“ (von<br />

Weizsäcker 1994c: 48).<br />

3. Die Energieproblematik<br />

Der Energieverbrauch einer Gesellschaft ist nicht nur ein Indikator ihres Wohlstands, sondern<br />

gibt auch Auskunft über umweltpolitische Maßgrößen wie Emissionshöhe und<br />

Ressourcenverbrauch. Die Folgen der Produktion und des Verbrauchs von Energie waren<br />

immer auch umweltpolitische Themen. In den letzten Jahren dominiert die drohende globale<br />

Klimaveränderung die Diskussion. Doch die Energieproblematik ist nicht auf die Frage nach<br />

der Bedeutung von CO 2 -Emissionen reduzierbar. In einem ersten Schritt wird deshalb in<br />

diesem Kapitel die Mehrdimensionalität der Energieproblematik dargestellt (3.1), bevor der<br />

Zusammenhang zwischen Kohlendioxid und Klimawandel thematisiert wird (3.2). Als Ergebnis<br />

wird festgehalten, daß das globale und nationale CO 2 -Emissionsniveau aus<br />

klimaschutzpolitischen Erwägungen deutlich reduziert werden muß. In Abschnitt 3.3 werden<br />

deshalb Strategien zur CO 2 -Reduktion diskutiert, die nur eine Schlußfolgerung zulassen:<br />

Kurfristig ist ausschließlich die Option ‘Energieeinsparung’ erfolgversprechend. Nach dieser<br />

Ableitung bleibt noch ungeklärt, wie in der Bundesrepublik Deutschland eine erfolgreiche<br />

Energiesparpolitik initiiert werden kann. Dies ist Thema der folgenden Kapitel.<br />

3.1 Aspekte der Energieproblematik<br />

Energieverbrauch bzw. die Inanspruchnahme von Energiedienstleistungen ist Teil der<br />

Alltagshandlungen bei Mitgliedern moderner Industriegesellschaften. Der Einsatz von Energie<br />

„ist mit Industrialisierung und Wohlfahrtssteigerung der Menschheit untrennbar verbunden.<br />

Lange wurde die Wohlfahrt eines Landes bei Fehlen geeigneter Statistiken sogar am<br />

Energieeinsatz gemessen, je mehr Energie desto höher der Wohlstand“ (Aiginger 1991: 187).<br />

Die Chance, Energiedienstleistungen konsumieren zu können, korreliert mit den materiellen<br />

Freiheitsrechten im Gesamtkontext wirtschaftsliberaler Demokratien (vgl. Rodi 1993: 47). Die<br />

Produktion und Konsumption von Energie ist in den vergangenen 200 Jahren exponentiell<br />

angewachsen: „Das Ersetzen menschlicher Arbeitskraft durch technische Energie wurde im 19.<br />

Jahrhundert zum Inbegriff des Fortschritts“ (von Weizsäcker 1994: 68). Die Ursachen des<br />

gestiegenen Energieverbrauchs liegen im Prozeß der Industrialisierung, den Fortschritten und<br />

Entdeckungen in den Naturwissenschaften und der Medizin und den dadurch möglichen<br />

52 Vgl. dazu Kap. 4.3<br />

39


Wachstumsraten der Weltbevölkerung 53 . Von Beginn an ist vor allem die großindustriell<br />

angelegte und räumlich konzentrierte Energiegewinnung und ihr Verbrauch von Problemen<br />

begleitet. Unter Verweis auf die erheblich differierende Mortalitätsrate bei ‘nichttuberkulosen<br />

Krankheiten’ zwischen ländlichen Arealen und städtischen Verdichtungszentren zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts schreibt V. von Prittwitz:<br />

„Die Luftverschmutzung um die Jahrhundertwende im industriellen Deutschland stellte also ein<br />

gravierendes gesundheitliches Problem dar. Die gesundheitliche Gefährdung durch Luftschadstoffe<br />

dürfte um die Jahrhundertwende in Ballungsräumen sogar größer gewesen sein, als sie es inzwischen ist.<br />

[...] Die Sterblichkeit durch Erkrankung der Atmungsorgane lag in dieser Zeit also etwa zehnmal so<br />

hoch wie Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts“ (1990: 17).<br />

Bis Anfang der 70er dieses Jahrhunderts standen Emissionen, die zur Verschmutzung von Luft<br />

und Wasser im Zentrum staatlicher Umweltschutzpolitik 54 . Danach verschiebt sich die<br />

Perspektive: Durch die politische Verknappung des Erdöls (‘Ölpreisschock 1973’) und die<br />

Veröffentlichung wissenschaftlicher Studien 55 wird die Energieproblematik vor allem unter<br />

dem Gesichtspunkt der Ressourcenknappheit problematisiert. Die sukzessive Entdeckung des<br />

Treibhauseffekts durch Klimaforschung (vgl. Graßl 1992) rückte darauf erneut die<br />

Emissionsproblematik in den Mittelpunkt: Man erkannte, „daß nicht die Knappheit selbst,<br />

sondern die mit der Energienutzung verbundenen Emissionen den Engpaß bedeuten könnten“<br />

(Aiginger 1991: 187). Mit der Erkenntnis, den Ausstoß von Kohlendioxid zum Schutz des<br />

Erdklimas global reduzieren zu müssen, drängte sich auch die Frage nach einer gerechten<br />

Verteilung der Energienutzungschancen wieder mit in den Vordergund: So mahnen die<br />

industriell unterentwickelten Länder eine Umverteilung zu ihren Gunsten an. Der knappe<br />

historische Abriß, zeigt auf, daß zu verschiedenen Zeiten jeweils andere Aspekte im<br />

Vordergrund standen: Die Energieproblematik ist nicht eindimensional (vgl. Nutzinger/Zahrnt<br />

1990: 13 ff.). Sie setzt sich vielmehr aus Emissions-, Knappheits– und Verteilungsproblemen<br />

zusammen.<br />

3.1.1 Emissionensprobleme<br />

Bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Gas) entsteht Kohlendioxid, das<br />

zu ca. 50 % für den Treibhauseffekt verantwortlich gemacht wird. Das Energiepotential dieser<br />

Brennstoffe kann ausschließlich durch die Reduktion mittels Sauerstoff freigesetzt und nutzbar<br />

53 Wachstumsraten der Weltbevölkerung<br />

Jahr Gesamtbevökerung Jährl. Wachstumsrate<br />

1750 800 Mio. 0,06%<br />

1900 1650 Mio. 0,48%<br />

1970 3600 Mio. 1,9%<br />

2000 6200 Mio. 1,7% (geschätzt)<br />

(vgl. Nohlen (Hrsg.) 1991: 85)<br />

54 Ein Beispiel dafür liefert E.U. von Weizsäcker: „Nach dem winterlichen Smog von London 1952, dem über 4000<br />

Menschen zum Opfer fielen, wurde weltweit zum ersten Mal eine Maßnahme ergriffen, die die Luftverschmutzung in<br />

einem großen Gebiet an der Quelle verringerte und sie nicht nur auf weitere Gebiete verteilte: Das Verbrennen der<br />

schwefelhaltigen und billigen Kohle in den Öfen und Kaminen, die jedes englische Haus hatte, wurde verboten. [...]<br />

Der Smog verschwand vorerst, und zwei Jahrzehnte lang glaubte England, das Umweltproblem gelöst zu heben“ (1994:<br />

14).<br />

55 Hier sind vor allem zwei Studien zu nennen: D. Meadows u.a.: Die Grenzen des Wachstums, 1972; Council on<br />

Environmental Quality: Global 2000, 1980.<br />

40


gemacht werden. Aufgrund dieser physikalisch-chemischen Gesetzmäßigkeit ist die Entstehung<br />

von Kohlendioxid bei der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen nicht vermeidbar (zur<br />

Klimaproblematik vgl. Kap. 3.2).<br />

Ebenso unvermeidlich ist die Entstehung von Schadstoffemissionen (z.B. Schwefeldioxid,<br />

Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide) im Prozeß der Energiegewinnung. Zwar bleibt das<br />

Kohlendioxidproblem auf fossile Energieträger begrenzt, aber bei der Frage nach Emissionen<br />

muß auch die Kernenergie genannt werden. Atomkraftwerke erzeugen nicht nur radioaktiven<br />

Abfall, der auf bislang noch ungeklärte Weise als Sondermüll sicher entsorgt bzw. gelagert<br />

werden muß, sondern auch Wärmeemissionen, die in Form von erhitztem Kühlwasser zu<br />

Artensterben und Hypertrophierung in den betroffenen Gewässern beitragen.<br />

Einzig unter Einsatz sog. regenerativer Energien (Wind, Wasser, Sonne, Erdwärme) ist es<br />

möglich, weitgehend emissionsfrei Energie zu produzieren: Grundsätzlich werden auch bei der<br />

Nutzung erneuerbarer Energiequellen Emissionen verursacht, so z.B. Lärmemissionen bei<br />

großen Windkraftanlagen oder Landschaftszerstörungen beim Bau von Wasserkraftwerken. In<br />

der Bundesrepublik Deutschland tragen sog. ‘alternative’ Energien jedoch nur zu einem<br />

marginalen Teil zur Deckung des Energiebedarfs bei: 1993 besitzen sie einen Anteil von 2,2%<br />

an der Deckung des Primärenergieverbrauchs 56 . Der Beitrag der Kernenergie beträgt 10,2%.<br />

Der bei weitem größte Anteil von 87,6% wird allerdings durch die Verbrennung von<br />

Energieträgern auf Kohlenstoffbasis (Mineralöl, Steinkohle, Braunkohle, Naturgas)<br />

beigesteuert (vgl. BMWi 1994: 4).<br />

Der weltweite Energie-Mix unterscheidet sich von der Verbrauchstruktur in Deutschland. So<br />

wurden 1990 nur 77,8% des globalen Primärenergieverbrauchs durch den Einsatz fossiler<br />

Energieträger gedeckt, Nuklearenergie stellte einen Beitrag von 4,3%. Eine weit höhere Quote<br />

als im nationalen Rahmen liefern erneuerbare Energien: Ihr Anteil betrug 17,9%, was vor allem<br />

auf die Nutzung der Wasserkraft und die Bedeutung von Biomasse (Holz, Dung u.ä.) in<br />

schwach industrialisierten Staaten zurückzuführen ist 57 (vgl. Enquete-Kommission 1995: 216).<br />

Daß dies vermutlich auch in der nahen Zukunft so bleiben wird, bestätigt eine Untersuchung<br />

der Internationalen Energieagentur in Paris. Im Rahmen eines Simulationsmodells zum „World<br />

Energy Outlook“ kommt sie zu folgendem Ergebnis:<br />

„Oil remains the most significant single contribution to the world energy mix. Carbon based fuels will<br />

account for almost 90 per cent of total primary energy demand in 2010.“ (IEA 1994b: 33, Hervorhebung<br />

JC).<br />

Bestätigt wird dieses Szenario durch die „Übersicht über Ergebnisse von internationalen und<br />

nationalen Szenarioanalysen“ im Rahmen des Abschlußberichts der Enquete-Kommission des<br />

Deutschen Bundestages „Schutz der Erdatmosphäre“ (vgl. 1995: 214 ff.). Trotz deutlicher<br />

Unterschiede bezüglich der Höhe des zu erwartenden globalen Primärenergieverbrauchs im<br />

Jahr 2010 kommen elf von zwölf untersuchten Szenarien zu dem Ergebnis, daß fossile<br />

Brennstoffe mindestens einen Anteil von zwei Dritteln am Energie-Mix besitzen werden (ebd.<br />

220). Die Bedeutung regenerativer Energien wird zwar im Gegensatz zur oben zitierten IEA-<br />

Studie in allen Simulationen als weitaus größer eingeschätzt, sie erreichen aber selbst in der<br />

56 Dieser Beitrag teilt sich auf in 1,2% Wasserkraft und 1% Energie aus Brennholz, Torf, Klärschlamm und Müll, bei<br />

derern Verbrennung zumindest Kohlendioxid entsteht und die somit nicht zu den emissionsfreien erneuerbaren<br />

Energien gerechnet werden können (vgl. BMWi 1994: 28). Windenergie, Photovoltaik, Solarkollektoren und<br />

Wärmepumpen werden wegen ihrer minimalen Bedeutung in der Energiebilanz nicht ausgewiesen (ebd. 58).<br />

57 Die exakten Zahlen lauten: Wasser 6,3%, Wind und Solar 2,7% und Biomasse 9,4% bezogen auf das Jahr 1990.<br />

41


‘optimistischen’ Greenpeace-Studie nur etwas mehr als ein Drittel des<br />

Primärenergieaufkommens.<br />

Für die Entwicklung des Einsatzes erneuerbarer Energien in der Bundesrepublik Deutschland<br />

kommt die Baseler PROGNOS-AG zu einem ernüchternden Befund. In einer umfangreiche<br />

Studie über „Die energiewirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland bis<br />

2010“ heißt es:<br />

„Insgesamt bemerkenswert ist, daß die erneuerbaren Energien auch bis 2010 mit 434 PJ (14.8 Mio. t<br />

SKE) nur knapp 4% des gesamten Primärenergiebedarfs decken können. Immerhin ist aber gegenüber<br />

heute eine Steigerung um fast 50% zu erwarten. Die Wasserkraft bleibt dabei die dominierende<br />

erneuerbare Energie. [...] Die Gesamtsteigerung wird vor allem durch eine intensivere<br />

Reststoffverwertung (Müll, Holz, Stroh, Deponie-, Klär-, Biogas) erreicht. [...] Die aktiven und passiven<br />

Solaranlagen und die Windenergie bleiben in ihrem Primärenergieanteil weit unter der 1% Marke“<br />

(1990: 424 f.).<br />

Diese Zahlen belegen die bleibende Bedeutung von Substanzen bei der Energiegewinnung, die<br />

im Prozeß der Umwandlung in einen energieextensiveren Zustand naturgesetzlich die Emission<br />

von Schadstoffen mitverursachen.<br />

Die bei der Verbrennung entstehenden Schadstoffe können durch moderne end-of-pipe-<br />

Technologie (z.B. Rauchgasentschwefelungsanlagen) herausgefiltert und somit zumindest<br />

medial umgeschichtet werden. Seit der ‘Entdeckung’ des Waldsterbens 58 1982 konnten im<br />

Bereich der Luftreinhaltepolitik in der Bundesrepublik deutliche Fortschritte erzielt werden.<br />

Vor allem die Investitionen der Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Filtertechnologie,<br />

ausgelöst durch die Verabschiedung der Großfeuerungsanlagen-Verordnung im Juli 1983,<br />

bewirkten eine Verbesserung der Luftqualität im Schwefeldioxid-Bereich, der ursächlich für<br />

das Waldsterben mitverantwortlich gemacht wird: So sanken die SO 2 -Emissionen in den alten<br />

Bundesländern von 3350 kt im Jahr 1980 auf 1000 kt im Jahr 1991 (vgl. BMWi 1994: 42).<br />

Diesem Erfolg bei stationären Quellen stehen deutlich geringere Reduktionen bzw. sogar das<br />

Anwachsen der Schadstoffmenge beim Transport von Personen und Gütern gegenüber. Im<br />

Verkehrssektor ging die emittierte Menge des Giftstoffs Kohlenmonoxid von 8820 kt (1980)<br />

auf 4670 kt (1991) zurück, während bei den Stickstoffoxiden ein Zuwachs von 1570 kt (1980)<br />

auf 1740 kt (1991) zu verzeichnen war (ebd.) 59 . Alle genannten Zahlen gelten für die alten<br />

Bundesländer. Nimmt man die neuen Bundesländer in die Betrachtung der<br />

Schadstoffentwicklung mit auf, verschlechtert sich die Umweltbilanz zusätzlich (vgl. BMU<br />

1994b: 17). Dies trifft insbesondere auf die Schwefeldioxidemissionen zu, da in der ehemaligen<br />

DDR die heimische, stark schwefelhaltige Braunkohle bevorzugt verfeuert wurde.<br />

Mengenangaben verdeutlichen dies: 1989 wurden in der DDR 5300 kt SO 2 emitiert, in der<br />

Bundesrepublik hingegen nur noch 1050 kt (vgl. BMWi 1994: 44). D.h., daß der<br />

Schwefeldioxid-Ausstoß der DDR den der BRD um mehr als das fünfache überstiegen hat.<br />

Auch wenn sich insgesamt ein Rückgang der energiebedingten Schadstoffemissionen<br />

konstatieren läßt, bleibt dieser Punkt der Energieproblematik von eminenter Bedeutung. Die<br />

58 H.J. Luhmann weist mit seiner provokanten These „Warum hat nicht der Sachverständigenrat für <strong>Umweltfragen</strong>,<br />

sondern der SPIEGEL das Waldsterben entdeckt?“ (1992: 292 ff.) auf die Unfähigkeit der Wahrnehmung schleichender<br />

Umweltkatastrophen durch die Politik hin.<br />

59 Insgesamt wurden durch den Energieverbrauch 11300 kt (1980) bzw. 6200 kt (1991) Kohlenmonoxid und 3050 kt<br />

(1980) bzw. 2550 kt 1991) Stickstoffoxide emitiert (BMWi 1994: 42). Diese Vergleichszahlen dokumentieren die<br />

Bedeutung des Verkehrssektors.<br />

42


PROGNOS-AG sagt zwar einen weiteren Rückgang der Schadstoffemissionen voraus (bis<br />

2010 eine Reduzierung um ca. 75% gegenüber 1987):<br />

„Ein solcher Reduktionserfolg suggeriert auf den ersten Blick den Eindruck einer ‘sich heilenden’<br />

Umweltsituation für die Bundesrepublik Deutschland. Dieser Eindruck täuscht aber darüber hinweg, daß<br />

nach unseren Berechnungen auch im Jahr 2010 noch jährlich z.B. 530 000 Tonnen Schwefeldioxid<br />

emitiert werden“ (1990: 588).<br />

Die weiträumige Zerstörung des Ökosystems Wald (‘Waldsterben’) zeigt die Konsequenzen<br />

dieser Umweltverschmutzung auf:<br />

„Die Wälder in Deutschland sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Die Waldschadenserhebung 1993<br />

zeigt, daß die sog. neuartigen Waldschäden trotz eines gewissen Rückgangs das hohe Niveau der<br />

Vorjahre beibehalten haben: Ohne erkennbare Schadensmerkmale sind 36 Prozent der Bäume; 40<br />

Prozent zeigen schwache Schäden. Der Anteil deutlich geschädigter Bäume ging im Durchschnitt aller<br />

Länder und Baumarten um 3 Prozentpunkte auf 24 Prozent zurück“. [...] Da Waldökosysteme auf<br />

Veränderungen außerordentlich langsam reagieren, können sich Verbesserungen der Luftqualität erst<br />

mit erheblicher zeitlicher Verzögerung positiv auf den Waldzustand auswirken“ (BMU 1994b: 22).<br />

Diese negative Bilanz belegt, daß das Schädigungspotential von Luftschadstoffen nicht<br />

unterschätzt werden darf. Zur Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation bleibt ein<br />

weiterer kontinuierlicher Rückgang der Schadstoffmenge unerläßlich.<br />

Im Bereich Verkehr wird werden der Einsatz des Katalysators und die Entwicklung<br />

verbrauchsarmer Motoren durch die hohen Zuwachsraten im Fahrzeugbstand 60 entwertet. Das<br />

Ziel einer deutlichen Verringerung der verkehrsbedingten Schadstoffemissionen konnte bis<br />

dato nicht durchgesetzt werden. Zusätzlich verschlechtert sich die Umweltqualität durch<br />

bodennahes Ozon, das in hohen Konzentrationen die Atemwege des Menschen. Es entsteht bei<br />

intensiver Sonneneinstrahlung durch photochmische Reaktionen, an denen im wesentlichen<br />

Stickoxide und Kohlenwasserstoffe beteiligt sind: „Diese Luftschadstoffe stammen zum<br />

überwiegenden Teil aus den Abgasen des Autoverkehrs“ (Energie und Umwelt 1994: 6).<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß energiebedingte Schadstoffemissionen in der<br />

Bundesrepublik Deutschland für die nahe Zukunft ein Umweltproblem erster Ordnung<br />

darstellen werden. Daran ändert auch die weitgehende Verdrängung dieses Themas aus der<br />

öffentlichen umweltpoltischen Debatte nichts.<br />

3.1.2 Ressourcenendlichkeit<br />

Fossile Energieträger auf Kohlenstoffbasis stellen eine nicht-erneuerbare, endliche<br />

Ressourcenquelle dar. Neuesten Schätzungen zufolge beträgt die Reichdauer der<br />

internationalen Energiereserven bei Beibehaltung der gegenwärtigen Förderungsmenge<br />

folgende Zeitspannen:<br />

Erdöl-Vorräte (sicher gewinnbar) 43 Jahre<br />

Ergas-Vorräte (sicher gewinnbar) 65 Jahre<br />

Kohle-Vorräte (sicher gewinnbar) 238 Jahre<br />

(vgl. BMWi 1994: 90 ff.)<br />

60 Der PKW-Bestand in Gesamtdeutschland ist von 29,1 Mio. (1985) auf 39,2 Mio. im Jahr 1993 angestiegen. Im gleichen<br />

Zeitraum sank der durchschnittliche Verbrauch pro PKW je 100 km nur von 10,6 l auf 9,8 l (vgl. BMWi 1994: 19, 37).<br />

Vgl. auch die Prognose der „Entwicklung der Verkehrsleistung bis 2010 in Deutschland“ (BMU 1994b: 31).<br />

43


Die Reichdauer der Kohle-Vorräte kann den angegebenen Zeitraum noch überschreiten, da die<br />

Gesamtressourcen von 6967 Mrd. t SKE die Menge der sicher gewinnbaren Reserven (739<br />

Mrd. t SKE) um fast das Zehnfache überschreitet. Die Folgen der nahen Erschöpfung<br />

wichtiger Ressourcen sind heute noch unüberschaubar. Der Ölpreisschock Anfang der<br />

siebziger Jahre erschütterte die in der Industriestaaten weit verbreitete Vorstellung, „daß<br />

natürliche Ressourcen unendlich verfügbar sind. Die Knappheit von erschöpfbaren Ressourcen<br />

rückte in den Vordergrund der internationalen Diskussion“ (Massarat 1993: 18; vgl. auch<br />

Jesinghaus/von Weizsäcker 1992: 16; Meadows/Meadows/Randers 1994). Zwar sind die<br />

Katastrophenszenarien, die zu Beginn der 80er Jahre für Aufregung sorgten 61 , in ihrer Brisanz<br />

etwas abgemildert worden. An der Tatsache, daß in wenigen Jahren nicht-fossile<br />

Energiequellen einen bedeutenden Beitrag zur Energieversorgung werden leisten müssen,<br />

ändert sich jedoch nichts. Wenn die zur Verfügung stehende Primärenergiemenge gleichbleiben<br />

bzw. in Anbetracht fortschreitender weltweiter Industrialisierung und Bevölkerungswachstum<br />

noch ansteigen soll, muß der Anteil erneuerbarer Energien an der Energieversorgung bis zur<br />

Mitte des nächsten Jahrhunderts um Größenordnungen ansteigen.<br />

3.1.3 Verteilungsgerechtigkeit<br />

Als letzter Problembereich sei die ungleiche Verteilung des globalen Energieverbrauchs<br />

genannt. Folgende Prozentzahlen geben den Anteil des Primärenergieverbrauchs der Welt nach<br />

Regionen in 1992 wieder 62 . Zum Vergleich der Anteil der jeweiligen Region an der<br />

Weltbevölkerung in 1992 (Weltbevölkerung insgesamt: 5,5 Mrd.).<br />

Anteil Anteil<br />

Primärenergieverbrauch Weltbevölkerung<br />

Deutschland 4% 1,45%<br />

Europa 63 16% 8%<br />

GUS 16% 5,2%<br />

Afrika 4% 12,4%<br />

Nordamerika 29% 5,1%<br />

Südamerika 4% 8,3%<br />

Asien 64 27% 59,1%<br />

(vgl. Enquete-Kommission 1995: 120; BMWi 1994: 76)<br />

Wie die Zahlen 65 verdeutlichen, besitzen die OECD-Staaten (unter ihnen die Bundesrepublik<br />

Deutschland) gemessen an ihrem Beitrag zur Weltbevölkerung einen überproportional hohen<br />

61 So kam man in der Studie „Global 2000“ zu dem Ergebnis, daß die gesamten weltweiten Energiereserven<br />

(einschließlich Uranerzen) nur noch 70 Jahre, d.h. bis zum Jahr 2050 reichen würden, bei einer angenommen jährlichen<br />

Bedarfssteigerung von 5%. Bei einer Steigerungsrate von 2% verlängert sich der Zeitraum auf 133 Jahre (vgl. Council<br />

on Environmental Quality 1980: 429 ff.).<br />

62 Die Gesamtenergiemenge betrug 344,8 Exajoule.<br />

63 Ohne Deutschland<br />

64 Inklusive Australien und Ozeanien<br />

44


Anteil am globalen Primärenergieverbrauch: „Der Verbrauch kommerzieller Primärenergie pro<br />

Kopf lag 1986 z.B. in Kanada um das 32fache höher als in Indien“ (Nohlen (Hrsg.) 1991: 195).<br />

Ursache dafür sind das bessere Versorgungsniveau der Bevölkerung mit Konsumgütern und<br />

der signifikant höhere Industrialisierungsgrad dieser Staaten. Auch unter Berücksichtigung der<br />

Tatsache, daß in den industriell weiter entwickelten Staaten ein Großteil der Waren hergestellt<br />

werden, die weltweit konsumiert werden und dies zwangsläufig einen höheren<br />

Energieverbrauch mit sich bringt, können die Verteilungsraten als ‘ungerecht’ interpretiert<br />

werden. Wie schon weiter oben erwähnt, besteht nämlich ein Zusammenhang zwischen den<br />

Möglichkeiten, Energiedienstleistungen konsumieren zu können, und einem (materiell<br />

verstandenem) Niveau an Lebensqualität und Wohlstand.<br />

Ein Einwand, der die Unterschiede zu bagatellisieren droht, lautet, daß in industriell nur<br />

schwach entwickelten Ländern hauptsächlich traditionelle, nicht-kommerzielle Brennstoffe, wie<br />

Brennholz, Holzkohle, Abfälle und Dung zum Einsatz kommen. Der Anteil dieser Brennstoffe<br />

an der Primärenergieproduktion der Welt beträgt 6%. In den Industrieländern spielt diese<br />

Energiequelle nur eine untergeordnete Rolle, während ihr Beitrag zur Gesamtversorgung in<br />

Afrika 1992 auf über 36% beziffert werden kann. Auch in Asien liegt der Anteil der<br />

traditionellen Brennstoffe bei knapp 10% (vgl. BMWi 1994: 78 f.). Wegen des raschen<br />

Anwachsens der Bevölkerung in den Entwicklungsländern wird aber vor allem der Zugriff auf<br />

die nachwachsende Ressource Holz immer prekärer:<br />

„Da aber erheblich mehr Holz verbraucht wird, als nachwächst, ist Brennholzmangel ein zusätzliches,<br />

spezifisches Energieproblem der Entwicklungsländer. So lebten nach FAO-Schätzungen bereits 1980 ca.<br />

1,3 Mrd. Menschen in Holz-Mangelgebieten; bis zum Jahr 2000 wird ein Anstieg auf 2,4 Mrd.<br />

befürchtet“ (Nohlen (Hrsg.) 1991: 195).<br />

D.h., daß die Entwicklungsländer in Zukunft zur Deckung ihres (steigenden) Energiebedarfs<br />

verstärkt auf kommerzielle Energieträger zurückgreifen müssen. Da eine weitere Steigerung<br />

des globalen Energieverbrauchs nur bedingt realisierbar scheint, bleibt nur der Weg, daß die<br />

Industrieländer ihren Energieverbrauch verringern und die so freiwerdenden Kapazitäten in<br />

unterversorgte Länder transferieren. Eine solche Umschichtung dringt jedoch nicht zum<br />

tieferliegenden Kern des Problems vor, wie P. Hennicke darlegt:<br />

„Die Übernahme des Produktions– und Lebensstils des reichen Nordens durch die verarmten und<br />

bevölkerungsreichen Länder des Südens wäre nur um den Preis einer ökologischen Weltkatastrophe<br />

möglich. Das derzeitige Wirtschaftsmodell des Nordens ist nicht verallgemeinerungsfähig. Die<br />

Industrieländer haben ihr ‘Recht’ auf Verschmutzung der Atmosphäre bereits im Übermaß in Anspruch<br />

genommen; in ökologischer Hinsicht sind sie bankrott“ (1993: 19).<br />

Das moralisch-ethisch fundierte Ziel einer Angleichung der Lebensverhältnisse und die<br />

allmähliche Einebnung des Nord-Süd-Gefälles kann den wichtigen Energiebereich nicht<br />

ausblenden. Größere Verteilungsgerechtigkeit bei der Nutzung erschöpfbarer Ressourcen ist<br />

eine Schlüsselkategorie bei der Überwindung der Aufspaltung der Welt in Regionen des<br />

Überflusses und der bitteren Armut. Dabei gilt es den westlichen Entscheidungsweg „nicht<br />

mehr zu imitieren, sondern zu transzendieren“ (Weiss 1995: 10).<br />

65 Eine differenzierte Aufschlüsselung nach einzelnen Ländern findet man z.B. in „Harenberg Länderlexikon ´94/95“<br />

(1994: 25 ff.).<br />

45


3.2 Kohlendioxid und Klimawandel<br />

Kohlendioxid ist ein zentraler ‘Baustein des Lebens’ auf der Erde. Das bei der Verbrennung<br />

von Kohlenstoff entstehende CO 2 ist Teil der naturhaften Umwandlungsprozesse innerhalb des<br />

globalen Ökosystems. Es gehört vom ökologischen Standpunkt aus betrachtet,<br />

„zu den lebensnotwendigsten Stoffen überhaupt. Pflanzen bauen im wesentlichen mit Hilfe von<br />

Kohlendioxid, Wasser und Sonnenlicht organische Substanz auf, d.h. Kohlenstoffverbindungen, und<br />

scheiden dabei Sauerstoff aus. Tiere und Menschen benötigen den Sauerstoff zur Atmung und scheiden<br />

im Gegenzug Kohlendioxid aus. Kohlenstoff– und Sauerstoffkreislauf nehmen eine zentrale Stelle für<br />

alle Lebewesen auf der Erde ein. Die Verbrennung von Kohlenstoff zu Kohlendioxid stellt an sich die<br />

vollständigste und ‘gesündeste’, weil für alle Lebewesen völlig unschädliche Form seiner Verbrennung<br />

dar“ (Ring 1994:34).<br />

Die Überlastung des globalen Öko-Systems durch die massive Verfeuerung früher festgelegter<br />

Kohlenstoffreserven führt zu einem stetigen Anstieg der Kohlendioxidkonzentration in der<br />

Erdatmosphäre und verursacht – gemeinsam mit anderen Spurengasen – den Treibhauseffekt,<br />

zumindest nach dem heutigen Stand der Forschung 66 :<br />

„Der durch menschliche Aktivitäten bedingte Anstieg der Konzentrationen klimarelevanter Spurenstoffe<br />

in der Atmosphäre, die bedeutsamste anthropogene Einflußnahme, stellt eine erhebliche Störung der<br />

Energiebilanz des Planeten (anthropogener Treibhauseffekt) dar, die eine Änderung der globalen<br />

Klimaverhältnisse zur Folge haben wird. Der beobachtete Anstieg der Konzentration des<br />

treibhausrelevanten Spurengases Kohlendioxid (CO 2 ) ist im wesentlichen auf die Verbrennung fossiler<br />

Brennstoffe zurückzuführen“ (Enquete-Kommission 1995: 18) 67 .<br />

Seit dem Beginn der Industrialisierung ist das atmosphärische Mischungsverhältnis von<br />

Kohlendioxid von 275 ppmv auf etwa 358 ppmv angestiegen. Damit ist der momentane CO 2 -<br />

Gehalt in der Atmosphäre höher als zu irgendeinem Zeitpunkt der vergangenen 250 000 Jahre<br />

(ebd. 23). Erste Hinweise für die Wirkung eines „verstärkten Treibhauseffekts sind das<br />

Abschmelzen der Gebirgsgletscher und ein Meeresspiegelanstieg um etwa 15 cm in den letzten<br />

100 Jahren“ (Graßl 1992: 7). Zukünftige Gefährdungspotentiale liegen vor allem in einer<br />

Verschiebung der Klimazonen und der dadurch ausgelösten Verlagerung der<br />

Vegetationszonen. Abschmelzen der Polkappen, weiteres Ansteigen des Meeresspiegels,<br />

Überflutung von stark bevölkerten Küstenregionen und Inselgruppen, höhere Intensität und<br />

Häufigkeit von tropischen Stürmen, Verknappung der Süßwasserressourcen, Bodenerosion,<br />

Wüstenbildung, Ernteausfälle, Artensterben, Ausbreitung von Krankheitserregern und<br />

Schädlingen, Vernichtung von Wäldern. Dies u.a.m. sind die befürchteten Auswirkungen einer<br />

nach erdgeschichtlicher Zeitrechnung schockartigen Erwärmung des Erdklimas (vgl. detailliert<br />

66 Immer wieder in der naturwissenschaftlichen Auseinandersetzung vorgebrachte Kritikpunkte zur Klimarelevanz des<br />

anthropogenen Treibhauseffekts werden im Bericht der Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ dargestellt<br />

und kommentiert (vgl. 1995: 109 ff.). Man kommt dabei zu dem Ergebnis, daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

keinen Zweifel daran lassen, „daß -unabhängig von der Notwendigkeit weiterer Forschungen- unter<br />

Vorsorgegesichtspunkten umgehend gehandelt werden muß“ (ebd. 96). A. Bauer wird noch deutlicher: Tatsächlich gibt<br />

es wenige naturwissenschaftliche Zusammenhänge, die besser belegt sind als der Zusammenhang zwischen der<br />

Konzentration bestimmter Spurengase und der Temperatur auf der Erde“ (1993: 7).<br />

67 Neben Kohlendioxid gibt es weitere klimarelevante Emissionen: „Nach dem heutigen Kenntnisstand lassen sich<br />

prozentuale Anteile der relevanten Spurenstoffemissionen am anthropogenen Treibhauseffekt gemittelt über die 80er<br />

Jahre wie folgt abschätzen: CO 2 50%, CH 4 13%, FCKW 24%, N 2 O 5% sowie indirekte Effekte durch die Zunahme<br />

des stratosphärischen Wasserdampfes und des troposphärischen Ozons zusammen mit 8%“ (Enquete-Kommission<br />

1995: 75). Nach Verursacherbereichen aufgeteilt ergibt sich folgendes Bild: Energie einschließlich Verkehr 50%,<br />

chemische Produkte 20%, Vernichtung der Wälder 15% und Landwirtschaft (Rinderhaltung, Reisfelder, Düngung)<br />

15% (ebd. 76).<br />

46


Bauer 1993: 41 ff.; BMU 1994e: 24; Graßl 1992: 7 f.; BMU 1994: 63; Energie und Umwelt<br />

1994: 5; Enquete-Kommission 1995: 52 ff.).<br />

Mit dem Versuch einer monetären Bewertung der zu erwartenden Gesamtschänden befaßt sich<br />

A. Bauer. Schätzungen zufolge „kostet eine Erwärmung um 2.5 K die Welt jährlich 400 Mrd.<br />

USD, ein Viertel davon betrifft die Entwicklungsländer“ (1993: 62). Da man beim Versuch der<br />

quantitativen Bewertung von Umweltschäden auf nahezu unlösbare Schwierigkeiten trifft (vgl.<br />

Wicke 1991: 59 ff.), kann veröffentliches Zahlenmaterial nur unter Vorbehalt mit in die<br />

Diskussion einbezogen werden kann.<br />

Aus ökonomischer Sicht ist die Atmosphäre ein globales Gemeinschaftsgut, dessen Schädigung<br />

als unbeabsichtigte Folge der Produktion öffentlicher und privater Güter entsteht. Wegen der<br />

‘Übernutzung’ der Atmosphäre „geht es nicht mehr um die Verteilung zusätzlicher Güter, wie<br />

etwa bei der Nutzung von Rohstoffvorkommen auf dem Meeresgrund, sondern um die<br />

Verteilung von Kosten für die möglichst weitgehende Vermeidung des Schadens, nämlich des<br />

anthropogenen Treibhauseffekts“ (Oberthür 1992: 11 f.). Da alle Staaten uneingeschränkten<br />

Zugang zum dem ‘Gemeinschaftsgut’ Atmosphäre besitzen, sind zur Regelung der Nutzung<br />

des Gutes Absprachen erforderlich. Es besteht internationaler Handlungsbedarf 68 . Spätestens<br />

seit der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) vom 1.-12. Juni 1992 in Rio<br />

de Janeiro steht der drohende Klimawandel im Mittelpunkt internationaler (Umwelt)Politik.<br />

Auf dieser Konferenz wurde das „Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über<br />

Klimaänderungen“ 69 von mehr als 150 Staaten gezeichnet. Die Klimarahmenkonvention schafft<br />

völkerrechtlich verbindliche Grundlagen für die internationale Zusammenarbeit zur<br />

Bekämpfung globaler Klimaänderungen. Sie ist am 21. März 1994 in Kraft getreten. 92<br />

Staaten und die Europäische Union haben die Konvention bis Ende August 1994 ratifiziert<br />

(vgl. BMU 1994e: 194). Auf der ersten Konferenz der Vertragsstaaten Ende März ´95 in<br />

Berlin konnten jedoch keine weiteren Fortschritte in der internationalen Zusammenarbeit gegen<br />

den Treibhauseffekt erzielt werden. F. Vorholz bemerkt dazu:<br />

„Das Ergebnis eines Verhandlungsmarathons von anderthalb Wochen mit einem einzigen Wort zu<br />

charakterisieren ist ein fast leichtfertiges Unterfangen. Dennoch drängt sich geradezu ein Begriff auf,<br />

um zu bewerten, zu welchem Bekenntnis sich genau 757 Unterhändler aus 117 Nationen bei der<br />

Berliner Klimakonferenz durchringen konnten. Es ist das Zeugnis einer zu Papier und Druckerschwärze<br />

gewordenen Schizophrenie. [...] Es waren die Industrieländer – allen voran Kanada, Australien,<br />

Neuseeland und die Vereinigten Staaten, die von verschärften Klimaschutz nichts wissen wollten. [...]<br />

Da sie die Haupttäter im Treibhaus sind, hätten sie sich ohne weiteres untereinander einigen und als<br />

like-minded countries eine Erklärung zum Klimaschutz abgeben können. Doch sie wollten oder konnten<br />

nicht“ (1995: 30, Hervorhebung im Original; vgl. auch Krägenow 1995).<br />

Diesem Stillstand auf internationaler Ebene durch festgefahrene Positionen steht die Einsicht<br />

gegenüber, daß wegen des großen Verzögerungseffektes und des unsicheren Kenntnisstandes<br />

über Zeitpunkt und Intensität der Veränderung dringend weitgehende Klimaschutzmaßnahmen<br />

realisiert werden müssen. Die gegenwärtig halbherzig und nur vorübergehend angelegte<br />

weltweite Klimaschutzpolitik reicht dabei nicht aus. „Ein sofortiger, grundlegender und<br />

kurzfristiger Umdenkungsprozeß in der internationalen Staatengemeinschaft ist erforderlich“<br />

(Enquete-Kommission 1995: 106). Für das treibhausrelevante Leitgas CO 2 bedeutet dies, daß<br />

die jährlich weltweit emitierte Menge vernehmlich gesenkt werden muß. 80% der CO 2 -<br />

68 Die Interessenlage der Akteure im Verlauf der internationalen Klimaverhandlungen und ihre Inhalte bearbeitet S.<br />

Oberthür aufschlußreich anhand der Auswertung von Primärquellen (1992: 12 ff.).<br />

69 Der Wortlaut ist abgedruckt im 1. Klimaschutzbericht der Bundesregierung (vgl. BMU 1994e: 195 ff.).<br />

47


Emissionen werden durch den Energiesektor verursacht, den Rest tragen Waldrodungen bzw.<br />

die Vernichtung von Waldbständen durch Brände bei (ebd. 78). Nach Ansicht von Experten<br />

muß bis zum Jahr 2005 das globale Emissionspotential auf den Stand von 1987 zurückgeführt<br />

werden 70 . Das 1988 eingerichtete Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hält<br />

sogar eine „Halbierung der Treibhausgasemissionen für unbedingt erforderlich, um die nötige<br />

Stabilisierung des Weltklimas herbeizuführen“ (von Weizsäcker 1992. 33). Der<br />

Temperaturanstieg kann damit zwar nicht verhindert, in seinem Ablauf aber moderater und<br />

somit entscheidend umweltverträglicher 71 ausfallen. Tatsächlich stieg die Menge<br />

energiebedingter CO 2 -Emissionen weltweit von 21,4 Mrd. t (1987) auf 22,3 Mrd. t im Jahr<br />

1993 an (vgl. BMWi 1994: 47). Anders stellt sich die Situation in der Bundesrepublik<br />

Deutschland dar. Hier sanken die Emissionen von 1060 auf 903 Mio. t ab:<br />

Summe energiebedingter CO2-Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland:<br />

1987 1060 Mio t<br />

1990 1003 Mio t<br />

1993 903 Mio t<br />

2005 795 Mio t (Ziel)<br />

(vgl. BMU 1994: 19)<br />

Die Verringerung um 100 Mio. t zwischen 1990 und 1993 geht allerdings ausschließlich auf<br />

den Rückgang der Nachfrage und die erfolgte Umstrukturierung der Energieversorgung in den<br />

neuen Bundesländern zurück.<br />

„Hier sind die CO 2 -Emissionen um fast die Hälfte zurückgegangen, während in den alten<br />

Bundesländern der CO 2 -Ausstoß in diesem Zeitraum sogar noch um ca. 1,7% angestiegen ist“ (BMWi<br />

1994: 11).<br />

Die ausnahmslos auf die einschneidenden Veränderungen in der ehemaligen DDR rückführbare<br />

Verringerung der Gesamtemissioen um 15% ist an ihr Ende gelangt. Durch die<br />

Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit in den fünf neuen Ländern hat die ‘Emissionstalfahrt’<br />

1994 ihren Tiefpunkt erreicht. Es steht zu befürchten, daß der Kohlendioxid-Ausstoß des<br />

vereinigten Deutschland wieder ansteigt und das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel<br />

einer 25-30%igen Reduktion bis 2005 (vgl. BMU 1994: 4) unter sozioökonomischen ceterisparibus-Bedingungen<br />

nicht erreicht werden kann.<br />

Als Resümee kann man festhalten, daß zur Verhinderung bzw. Abmilderung bedrohliche<br />

Klimaschwankungen größere Einsparpotentiale beim Treibhausgas Kohlendioxid durchgesetzt<br />

werden müssen. Es stellt sich Frage, welche Strategien dabei überhaupt zur Anwendung<br />

kommen können.<br />

70 Die Klimarahmenkonvention sieht in Kapitel 2.b vor, den Ausstoß von Treibhausgasen auf das Niveau von 1990<br />

zurückzuführen (vgl. BMU 1994e: 199). Die Industriestaaten haben sich auf der Konferenz in Rio darauf verpflichtet,<br />

diese Vorgabe bis zum Jahr 2000 umzusetzen. Über 2000 hinaus gibt es bis dato keine bindenden Beschlüsse.<br />

71 Ziel ist die „Nichtüberschreitung einer mittleren, globalen Erwärmungsrate von 0,1 °C pro Jahrzehnt zwischen 1980 und<br />

2100, die nach heutigem Wissen die natürlichen Ökosysteme noch vertragen können“ (Enquete-Kommission 1995: 97).<br />

48


3.3 Strategien zur Reduktion von CO 2 -Emissionen<br />

Es gibt mehrere Optionen, die einen Beitrag zum Abbau des vorhandenen Emissionssockels<br />

leisten können. Neben der Substitution kohlenstoffhaltiger Energieträger durch erneuerbare<br />

Energien oder Kernkraft, stehen das direkte Herausfiltern an der Quelle, die Aufforstung und<br />

schließlich die Einsparung von Energie.<br />

3.3.1 Erneuerbare Energien<br />

Die ergiebigste Quelle erneuerbarer Energien ist die Sonnenstrahlung, ob direkt über<br />

solarthermische, photovoltaische oder photochemische Anwendungen oder indirekt über die<br />

Nutzung der Wind– und Wasserkraft, sowie von Biomasse. Technologien, die zu einer<br />

wirtschaftlichen Nutzung dieser Energiequelle in der Lage sind, haben technisch gesehen<br />

Marktreife erreicht: Solarkollektoren, Windenergieanlagen, Wasserkraftwerke u.a.m. stehen<br />

zur Verfügung (vgl. Enquete-Kommission 1995: 422 ff.). Die weltweit technischen<br />

Nutzungspotentiale sind beträchtlich. In Deutschland betrug der Anteil erneuerbarer Energien<br />

am Primärenergieverbrauch 1988 2%, d.h. 300 PJ. Das technisch mögliche Nutzungspotential<br />

von ca. 2700 PJ wurde damit nur zu etwa 10% genutzt (ebd. 437) 72 . Nicht fehlende technische<br />

Machbarkeit oder die Ermangelung eines Potentials sind Ursache für den verschwindend<br />

geringen Beitrag erneuerbarer Energien zur Gesamtversorgung. Der Grund liegt in den<br />

erheblich höheren Kosten bei der Erzeugung einer Energieeinheit im Vergleich zu<br />

‘klassischen’ Energieträgern wie Erdöl oder Kohle (ebd. 442 ff.).<br />

Selbst optimistische Prognosen belegen, daß der Anteil regenerativer Energien an der<br />

Gesamtversorgung weder global noch national innerhalb der nächsten fünfzehn Jahre eine<br />

wachsende Rolle spielen wird: Nach Berechnungen des World Energy Council steigt ihr Anteil<br />

bei Fortführung der heutigen Politik (‘Current Policy Scenario’) weltweit von 17,7% im Jahr<br />

1990 auf 18,7% (2000) und 19,5% (2010). Im ‘Ecologically Driven Scenario’ erreichen die<br />

erneuerbaren Energien 19,9% (2000) und 22,7% im Jahr 2010 (vgl. Enquete-Kommission<br />

1995: 433 f.). Auch für die Bundesrepublik wird kurzfristig nicht mit einem Anstieg des Anteils<br />

regenerativer Energien gerechnet (vgl. die oben zitierte Studie der Prognos-AG 1990: 424 f.).<br />

Erst langfristig, bis zur Mitte des nächsten Jahrhunderts, weisen die Energieszenarien einen<br />

Umschwung auf, bis dahin soll der Einstieg in die Solar– und Wasserstoffwirtschaft vollzogen<br />

sein (vgl. Enquete-Kommission 1995: 443). D.h., daß erneuerbare Energien unter<br />

weitgehender Beibehaltung des gegenwärtigen Energiepreisniveaus kurzfristig nur wenig zur<br />

Reduktion von CO 2 -Emissionen beitragen können.<br />

3.3.2 Kernenergie<br />

Eine weitere Option zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bietet die treihausgasfreie<br />

Kernenergie. Auf die Probleme und Risiken, die von einem weiteren Ausbau der Atomenergie<br />

ausgehen, kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Als globale Strategie empfielt sich<br />

der Einsatz der Kernenergie nur mit Einschränkungen, da ihre Nutzung ein hohes technisches<br />

Know-how voraussetzt, über das in der Regel nur die industrialisierten Staaten verfügen.<br />

72 Zum Vergleich: Der Gesamtstromverbrauch in Deutschland betrug 1993 ca. 2000 PJ (vgl. BMWi 1994: 60). Bei voller<br />

Ausnutzung des technischen Potentials könnte diese Menge durch erneuerbare Energien zur Verfügung gestellt werden.<br />

49


Akzeptanzprobleme der Risikotechnologie haben dazu geführt, daß die installierten<br />

Kraftwerkskapazitäten weltweit deutlich unter den Prognosen der 60er und 70er Jahre liegen:<br />

„Beispielsweise wurde in den USA seit 1973, also vier Jahre nach der Inbetriebnahme des ersten<br />

kommerziellen Kernkraftwerks der USA , nur noch ein Kernkraftwerk in Auftrag gegeben. Seit 1987<br />

hat weltweit kein Land außer Südkorea neue Kernkraftwerke bestellt [...]. Der letzte Auftrag für ein<br />

deutsches Kernkraftwerk wurde 1982 erteilt“ (Enquete-Kommission 1995: 490).<br />

Die Stromerzeugung durch Kernenergie betrug 1992 rund 17% der globalen<br />

Elektrizitätsproduktion und lag damit hinter dem Beitrag der Wasserkraft (ebd.). Grundsätzlich<br />

bestehen sehr weitgehende Möglichkeiten der Substitution fossiler Energieträger durch<br />

Uranerz. „Der Ausbau der Kernenergie stellt [...] eine CO 2 -Minderungsmaßnahmen dar; mit<br />

einer wesentlichen Entschärfung der CO 2 -Problematik ist jedoch nicht zu rechnen“<br />

(Markewitz/Mußenbrock 1989: 288), denn allem Anschein nach, ist keine Trendwende in der<br />

Nutzung der Kernenergie zu erkennen. Auf jeden Fall können kurzfristig keine neuen<br />

Kraftwerkskapazitäten zur Verfügung gestellt werden, da dem Einsatz lange Errichtungszeiten<br />

(Planung, Genehmigung, Bau) vorausgehen.<br />

Der künftige Einsatz der Kernenergie wird entscheidend von der öffentlichen Meinung zu<br />

diesem Thema abhängen. In einer Untersuchung zur Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen in<br />

der Bundesrepublik Deutschland kamen Karger/Schütz/Wiedemann zu einem klaren Befund:<br />

„Energiepolitisch ist relevant, daß die Kernenergie als Lösung der Klimaproblematik keine<br />

Mehrheit in der Bevölkerung findet“ (1992: 25).<br />

Es bleibt abzuwarten, ob durch die Bedrohung einer nahenden Klimaveränderung sich die<br />

Einschätzung des Katastrophenpotentials der Atomenergie wandeln wird und das<br />

Akzeptanzniveau ähnlich hohe Werte wie im Nachbarland Frankreich erreichen kann. Die<br />

Auseinandersetzungen um den Transport von radioaktivem Müll in das Zwischenlager in<br />

Gorleben im Frühjahr ´95 lassen dies – zumindest für die nahe Zukunft – als kaum möglich<br />

erscheinen.<br />

3.3.3 Abtrennung und Lagerung<br />

Kohlendioxid kann durch chemische oder physikalische Gaswäsche direkt nach seiner<br />

Entstehung abgetrennt werden. Hierfür kommen nur größere stationäre Quellen in Betracht,<br />

die weltweit für ca. 30% der Emissionen verantwortlich sind (vgl. Bauer 1993: 95). Die<br />

Nachteile dieser technisch möglichen Abtrennung verhindern einen umfassenden Einsatz: Der<br />

notwendige Energieeinsatz zur Betreibung der Gaswäsche verringert den Wirkungsgrad eines<br />

Kohle-Kraftwerkes von 43% auf unter 34%. Die Stromerzeugungskosten steigen dadurch um<br />

43% (vgl. Enquete-Kommission 1995: 522). „Zusammen mit dem Energieeinsatz zur CO 2 -<br />

Abtrennung führen auch der Transport zur Deponie sowie die Einlagerung selbst zu einer<br />

weiteren Erhöhung des Primärenergieeinsatzes und vermindern den Wirkungsgrad eines<br />

Kraftwerkes weiter“ (ebd. 521). Als Lagermöglichkeiten dient die Speicherung in leeren<br />

Erdgas– oder Ölfeldern bzw. die Einmischung in die Tiefsee durch Einpumpen von flüssigem<br />

CO 2 oder dem Versenken von Trockeneis auf hoher See. Im Abschlußbericht der Enquete-<br />

Kommission gelangt man zu folgender Einschätzung der Option ‘Abtrennung und Lagerung’:<br />

„Angesichts des bereits heute absehbaren hohen Aufwandes für eine CO 2 -Rückhaltetechnik sind die<br />

Optionen Minderung des Energiebedarfs durch effizientere Energienutzung sowie zunehmende<br />

Verwendung von nichtfossilen Energieträgern wesentlich wirkungsvoller, umweltfreundlicher und meist<br />

billiger. Mithin ist dieser Weg der primäre Lösungsansatz, da er bei der Ursache des Problems ansetzt“<br />

(1995: 525)<br />

50


3.3.4 Energieeinsparung<br />

Nachdem weder erneuerbare Energien, noch Kernkraft oder Abtrennung kurfristigen Erfolg<br />

versprechen, bleibt noch die Strategie der Energieeinsparung. Sie ist zweifellos die beste und<br />

billigste Variante zur Reduktion energiebedingter CO 2 -Emissionen. Da nicht Energie selbst,<br />

sondern ausschließlich Energiedienstleistungen konsumiert werden, bestimmt die<br />

Energieproduktivität die ‘Menge Wohlstand’ (von Weizsäcker), die aus der jeweiligen<br />

Primärenergie ‘herausgeholt’ werden kann. J. Hopfmann geht soweit zu sagen, „im Grunde<br />

gibt es gar kein Energieproblem in der Industriegesellschaft. Es gibt nur ein<br />

Energienutzungsproblem“ (1993: 60, Hervorhebung im Original). Seit der Entkopplung von<br />

Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch infolge des Ölpreisschocks hat sich gezeigt,<br />

„daß dasselbe Bruttosozialprodukt durchaus mit weit geringerem Energieeinsatz erwirtschaftet werden<br />

kann. So haben Energieeinsparungsbemühungen der westlichen Industrieländer dazu geführt, daß die<br />

Energieintensität der OECD-Länder, gemessen als Primärenergieeinsatz pro USD Bruttoinlandsprodukt,<br />

in der Dekade ab 1978 um rund 20% gesunken ist“ (Bauer 1993: 77).<br />

Einsparungen durch effiziente Energieverwendung bedeuten also keinen einhergehenden<br />

Wohlstandsverlust 73 . Wenn allerdings ein durch Rationalisierungsschübe geringerer Verbrauch<br />

pro Einheit durch die Gesamtverbrauchssteigerung überkompensiert wird, zeigt dies die<br />

Grenzen der Effizienzsteigerungsoption auf. Dies gilt z.B. für den Verkehrssektor in der<br />

Bundesrepublik Deutschland: Trotz stark verbesserter Motoren wächst der absolute<br />

Primärenergieverbrauch 74 durch deutliche Steigerungen des PKW-Bestands, der Leistung pro<br />

PKW und der gefahrenen Kilometer (vgl. das detaillierte Zahlenmaterial in BMU 1994e: 47<br />

ff.): „Insgesamt ist festzuhalten, daß eine ökologische Strukturveränderung im Verkehrsbereich<br />

nicht zu verzeichnen ist“ (Beyer u.a. 1993: 14). Bezogen auf das obige Beispiel der Steigerung<br />

der Energieproduktivität in den OECD-Länder zeigt sich, daß deren Gesamtenergieverbrauch<br />

(und damit die CO 2 -Menge) im gleichen Zeitraum absolut angestiegen ist (vgl. BMWi 1994:<br />

47). Die Steigerungsraten der Bruttoinlandsprodukte haben die Erhöhung der Wirkungsgrade<br />

überkompensiert.<br />

Um zu merklichen Einsparungen zu gelangen, muß es in den Industrieländern zu einer<br />

deutlichen Steigerung der Energieproduktivität bei gleichbleibenden bzw. nur moderat<br />

wachsenden Wohlstandsniveau (gemessen als BSP) kommen . Daß dies technisch möglich ist,<br />

bestätigen umfangreiche Untersuchungen. Im Bericht der Enquete-Kommission „Vorsorge<br />

zum Schutz der Erdatmosphäre“ sieht man für die alten Bundesländer Einsparpotentiale von<br />

insgesamt 35 bis 40%, so z.B. 50 bis 60% bei PKW und Flugzeugen und 70 bis 90% beim<br />

Gebäudebestand (vgl. von Weizsäcker 1994: 74). In einer Berechnung der Stromsparpotentiale<br />

für Dänemark werden folgende Zahlen genannt:<br />

70% bei Stromanwendungen bei elektrischen Geräten im Haushalt<br />

63% im Kleinverbrauch<br />

45% in der Industrie<br />

65% in der Landwirtschaft<br />

„Für die anderen europäischen Staaten gelten ähnliche Werte“ (Enquete-Kommission 1995: 417).<br />

73 Zu der Ansicht, daß Effizienzinnovationen für Volkswirtschaften gewinnbringend sind vgl. die Ausführungen von R.<br />

Bürks und B. Wais in ihrem Buch „Ökologische Impulse für einen ökonomischen Aufschwung“ (1994: 149 ff.).<br />

74 Der Primärenergieverbrauch stieg von 1923 PJ (1985) auf 2594 PJ (1993). Der Anteil am Endenergieverbrauch betrug<br />

damit 1985 19,8% und 1993 28,2% (vgl. BMWi 1993: 31).<br />

51


Besonders in den Bereichen Beleuchtung, Elektromotoren, Gebäudeisolation, Kühlgeräte und<br />

Straßenverkehr sind die technischen Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu senken, „nahezu<br />

unbegrenzt“ (Bauer 1993: 77) 75 . Die Aussicht auf eine ‘Effizienzrevolution’ veranlaßt E. von<br />

Weizsäcker zu einer optimistischen Prognose über die Steigerung der Energieproduktivität:<br />

„Ein Faktor Vier scheint für die kommenden vierzig Jahre ein ganz vernünftiger, realistischer<br />

Zielwert zu sein“ (1995: 31; vgl. auch Hennicke 1993; Schmidheiny 1992: 74 ff.).<br />

Für die Bundesregierung sind Energieeinsparung und rationelle Energieverwendung eine<br />

tragende Stütze in ihrem 109 Maßnahmen umfassenden Paket „zur Reduktion der Emissionen<br />

von CO 2 und anderen Treibhausgasen“ (BMU 1994e: 101). Im Vordergrund stehen dabei vor<br />

allem Information und Beratung (ebd. 102 ff.; vgl. auch BMU 1994: 96 ff.). Man kann<br />

festhalten, daß die Sparoption übereinstimmend als die aussichtsreichste Strategie gegen<br />

energiebedingte Kohlendioxid-Emissionen angesehen wird. Sie weist unübersehbare Vorteile<br />

gegenüber anderen Reduktionsmöglichkeiten auf 76 :<br />

1) Im Gegensatz zu den erst langfristig in großem Umfang einsetzbaren regenerativen Energien<br />

bestehen rasch nutzbare Reduktionspotentiale, die ausreichen, um kurzfristige Erfolge zu<br />

erzielen. Trotzdem kommt der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien eine große<br />

Bedeutung zu:<br />

„Wenn der Gesamtenergieverbrauch halbiert oder gedrittelt wird, dann sind auf einmal die mit<br />

Wasserkraft, Windkraft, Biomasse und Sonnenenergie zu leistenden Beiträge gar nicht mehr so<br />

erschreckend groß wie unter den Bedingungen der heutigen Energieverschwendung. Die erneuerbaren<br />

Energiequellen machen eigentlich nur Sinn im Kontext sehr guter Energienutzung, also hoher<br />

Energieproduktivität“ (von Weizsäcker 1994: 75).<br />

2) Im Gegensatz zur Risikotechnologie Kernenergie bestehen gegenüber<br />

Energiesparmaßnahmen keine besonderen Akzeptanzprobleme. Nach einer repräsentativen<br />

Umfrage ist z.B. eine Mehrheit der Bürger zum Kauf energiesparender Güter bereit 77 , also<br />

von energiesparenden Haushaltsgeräten (81%), Energiesparlampen (74%) oder sparsamen<br />

Autos (80%) (vgl. Karger/Schütz/Wiedemann 1992: 4). Außerdem sind Einsparungen<br />

risikofrei, verursachen keinen Problemabfall und sind im Vergleich zur Kernenergie<br />

wesentlich kostengünstiger.<br />

3) Im Gegensatz zur Option ‘Abtrennung und Lagerung’ bekämpfen Effizienzinnovationen<br />

‘das Übel an der Wurzel’. Statt mit deutlich höherem Energie-Input das Treibhausgas<br />

abzutrennen, wird durch Einsparerfolge das angestrebte Ziel mit geringerem Ressourcen-<br />

Input erreicht. Des weiteren ist Abtrennung durch Gaswäsche nur bei großen stationären<br />

Quellen möglich, während Einsparpotentiale im gesamten Spektrum von Energieproduktion<br />

und –konsumption existieren und dort aktiviert werden können.<br />

75 Vgl. die umfangreiche Dokumentation dieser und weiterer Einsparfelder im Bericht der Enquete-Kommission (1995:<br />

258-422)<br />

76 Trotz aller objektiven Daten ist der Lösungsvorschlag „Energieeinsaprungen“ nicht wertungsfrei. Zumindest theoretisch<br />

könnten andere Alternativen bevorzugt werden (z.B. die Kernenergie mit der Option der Entwicklung eines<br />

Fusionsreaktors). Entscheidet man sich jedoch für die Energiesparvariante, die derzeit übereinstimmend präferiert<br />

wird, stellt sich die Frage nach dem Einsatz des aussichtsreichsten politischen Steuerungsinstrumentariums.<br />

77 Zum Konflikt zwischen Wissen und Handeln im Ökologiebereich vgl. die Publikation der Umweltpsychologin S. Preuss<br />

über „Grenzen und Möglichkeiten, ökologisch bewußt zu handeln“ (1991).<br />

52


3.4 Zusammenfassung<br />

In diesem Kapitel wurde versucht, die Energieproblematik darzulegen und anhand von<br />

ausgewählten Zahlenbeispielen zu dokumentieren. Als vorläufiges Ergebnis kann festgehalten<br />

werden, daß zur Zeit der Treibhauseffekt und seine Auswirkungen auf das Klima ein<br />

bedeutendes Thema in der (bundesdeutschen) energiepolitischen Diskussion darstellt.<br />

Bundestag (Enquete-Kommissionen) und Bundesregierung (Interministerielle Arbeitsgruppe<br />

„CO 2 -Reduktion“) sind intensiv mit der Thematik befaßt. Es gilt als unbestritten, daß der<br />

Einsatz von fossilen Brennstoffen durch eine Verbesserung der Energieproduktivität deutlich<br />

verringert werden kann. Mittel– und langfristig sollen die fossilen Energieträger durch<br />

erneuerbare Energien substituiert werden.<br />

Kann die Energiesparstrategie auch einen Beitrag zur Lösung der anderen drei Aspekte der<br />

Energieproblematik (Schadstoffemissionen, Ressourcenendlichkeit, Verteilungsgerechtigkeit)<br />

liefern? Energiebedingte Schadstoffemissionen entstehen vorwiegend durch die Verbrennung<br />

fossiler Brennstoffe. Sinkt der quantitative Verbrauch von Energieträgern auf Kohlenstoffbasis<br />

verringert sich folglich das Emissionspotential an Schadstoffen. Auf kurze Sicht die größere<br />

Bedeutung hat die Umschichtung der Schadstoffe mittels end-of-pipe-Technologien bzw. die<br />

Umwandlung in ungefährliche Stoffe durch Katalysatoren. Primäres Ziel bleibt die Optimierung<br />

von Rückhaltetechnologien. In Kombination mit einem geringeren Brennstoffeinsatz kann das<br />

Schadstoffaufkommen aber zusätzlich gesenkt werden. In Bereichen, in denen<br />

Vermeidungstechnologien nur bedingt zum Einsatz kommen, z.B. im Verkehrssektor, tragen<br />

Einsparungen nachhaltig zur Reduktion von Schadstoffemissionen bei. Die Strategie ist somit<br />

zieladäquat.<br />

Das Problem der Ressourcenendlichkeit läßt sich durch einen geringeren Verbrauch nur<br />

abschwächen. Faßt man einen längeren Zeitraum ins Auge, wird einsichtig, daß sich die<br />

Nutzungsdauer der fossilen Energieträgern nur in begrenztem Umfang zeitlich strecken läßt, da<br />

der Ressourcenvorrat begrenzt ist. Dieser ‘Zeitgewinn’ muß dazu genutzt werden, die<br />

Umstellung auf regenerative Energien zu vollziehen.<br />

Schließlich bleibt die Frage, ob Einsparungen helfen können, das Wohlstandsgefälle zwischen<br />

armen und reichen Regionen der Welt zu verringern. Dieser Punkt kann hier nur oberflächlich<br />

behandelt werden, erfordert er doch eine detaillierte Analyse. Ein paar Anmerkungen seien<br />

erlaubt: In Anbetracht einer wachsenden Weltbevölkerung und fortschreitender<br />

Industrialisierung, ist es äußerst wahrscheinlich, daß der globale Primärenergiebedarf ansteigt.<br />

Eine Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe der Industriestaaten würde es zumindest<br />

theoretisch den weniger entwickelten Ländern ermöglichen, diese Einsparungen zu<br />

konsumieren. So könnte das Gesamtemissionsvolumen stabilisiert werden. Durch Technologie-<br />

Transfer, z.B. den Import von hocheffizienten Kraftwerken, sind Schwellenländer wie China in<br />

der Lage, den Ressourceneinsatz zu verringern und trotzdem die produzierte Energiemenge zu<br />

erhöhen. Einsparungen können also zur Angleichung der Lebensverhältnisse beitragen,<br />

jedenfalls wirken sie nicht kontraproduktiv. Ob dies de facto geschieht, hängt von einer Reihe<br />

weiterer Faktoren ab.<br />

Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe, Erhöhung der Energieproduktivität, Ausbau<br />

regenerativer Energien: Dieses Maßnahmenpaket bietet nach heutigem Wissensstand den<br />

Handlungsrahmen zur ‘Lösung’ der Energieprobleme. Für die Bundesrepublik Deutschland<br />

bedeutet dies, Reduktionspotentiale konsequent auszuschöpfen und alternative Energien<br />

wettbewerbsfähig zu machen. Mit dem Energieverbrauch steht erstmals eine Basisgröße<br />

53


wirtschaftlicher Aktivitäten im Mittelpunkt der Umweltpolitik. Energieeinsparungen lassen sich<br />

nur eingebettet in den Rahmen einer strukturellen Ökologisierung verwirklichen.<br />

Im Rahmen dieses Kapitels konnte widerspruchsfrei abgeleitet werden, daß die Aktivierung<br />

von Energiesparpotentialen aus umweltpolitischer Sicht einen wichtigen Beitrag bei der<br />

Bearbeitung der Energieproblematik leisten kann. Die steuerungstheoretische Frage lautet nun,<br />

welche umweltpolitischen Steuerungsinstrumente zum Einsatz gelangen müssen, damit die<br />

entwickelte Lösungsstrategie erfolgreich umgesetzt wird.<br />

4. Energiesparen und hierarchische Steuerung:<br />

Das Ordnungsrecht<br />

Wie im letzten Kapitel gezeigt werden konnte, sind Energieeinsparungen vorrangiges Ziel<br />

umweltpolitischer Steuerungsbemühungen im Energiebereich. Im Überblick über Geschichte,<br />

Prinzipien, Handlungsfelder und Instrumente der Umweltpolitik in der Bundesrepublik<br />

Deutschland wurde bereits angedeutet, daß das Ordnungsrecht in diesem Politikfeld eine<br />

tragende Rolle spielt und nach Hansmeyer/Schneider auch weiter spielen wird: „Das<br />

ordnungsrechtliche Fundament der Umweltpolitik wird auch mittelfristig die instrumentelle<br />

Entwicklung mitprägen“ (1992: 12). Grund genug zu untersuchen, welche Rolle das<br />

Ordnungsrecht bei der Implementation der Energiesparpolitik spielen kann, bevor der Blick im<br />

nächsten Kapitel auf das Steuerungsinstrument ‘Energiesteuern’ gelenkt wird. Im folgenden<br />

wird zunächst gezeigt, daß man ordnungsrechtliche Maßnahmen steuerungstheoretisch als<br />

Beispiel hierarchischer Steuerung interpretieren kann (4.1). Weiterhin werden praktische<br />

Beispiele regulativer Energiesparpolitik diskutiert (4.2). Schließlich folgt aus theoretischer<br />

Sicht eine kritische Analyse der Erfolgsaussichten ordnungsrechtlicher Maßnahmen (4.3).<br />

4.1 Ordnungsrecht als Instrument hierarchischer Steuerung<br />

Umweltpolitische Steuerung unter Einsatz des ordnungsrechtlichen Instrumentariums ist dem<br />

Modus ‘hierarchische Steuerung’ zuzuordnen. Kausal-deterministische Steuerung setzt auf die<br />

„bewußte und zielgerichtete Veränderung gesellschaftlicher Zustände durch staatliche<br />

Steuerungsinstanzen (Ministerialbürokratie und Regierung, Parlament, Verwaltung, zum Teil<br />

auch oberste Gerichte)“ (Nahamowitz 1990: 10, zit. nach Druwe 1991: 221). Sie ist die<br />

Grundbedingung regulativer Politik. Das Ordnungsrecht konkretisiert sich in der<br />

Umweltpolitik in Form von detaillierten Vorgaben:<br />

„Umweltauflagen in Form von Ge– und Verboten sind direkte umweltbezogene Verhaltensvorschriften<br />

für Produzenten und sonstige die Umwelt beeinträchtigende Wirtschaftssubjekte, mit denen die<br />

umweltpolitischen Instanzen ihre Zielvorstellungen durchsetzen wollen. Sie können als das ‘klassische’<br />

umweltpolitische Instrument bezeichnet werden“ (Wicke 1991: 169, Hervorhebungen im Original; vgl.<br />

auch Wilhelm 1994: 46; Endres 1994: 102 f.; Franke 1990: 219 f.).<br />

Produkt-, Emissions– und Immissionsstandards, Prozeßnormen, Reduzierungsverpflichtungen,<br />

Genehmigungsvorbehalte u.a.m. sind Beispiele aus dem Gebote– und Vorschriftenkanon<br />

angewandter Umweltpolitik. Alle umweltpolitischen Regelungsbereiche sind von diesem<br />

ordnungsrechtlichen Eingriffsmuster geprägt. Die Auflagenpraxis in der Bundesrepublik<br />

54


Deutschland 78 beruht auf polizeirechtlichen Traditionen: „Potentielle Verursacher von<br />

Umweltbelastungen werden Adressaten spezieller Normen, deren Erfüllung der Abwehr<br />

unmittelbar drohender Gefahren dienen soll“ (Hansmeyer/Schneider 1992: 11). Aus<br />

steuerungstheoretischer Perspektive ist die Dominanz des Ordnungsrechts im Politikfeld<br />

Umweltpolitik nur dadurch zu erklären, daß den Steuerungsakteuren prinzipiell die Fähigkeit<br />

zur kausal-hierarchischen Steuerung der jeweiligen Adressaten zugeschrieben wird bzw. sie<br />

sich diese Fähigkeit selber zuschreiben. Erfolgreiche Auflagenpolitik beinhaltet somit eine<br />

adäquate Bearbeitung der in Kapitel 1. beschriebenen Probleme hierarchischer Steuerung (vgl.<br />

dazu weiter unten).<br />

Rekurriert man auf die Definition von U. Druwe, ist hierarchische Steuerung dadurch<br />

gekennzeichnet, daß politische Akteure oder das politische System „es vermögen, Adressaten<br />

mittels geeigneter Instrumente in ihrem Sinne zu beeinflussen“ (1994: 65, Hervorhebung JC).<br />

Es steht außer Zweifel, daß der Einsatz des Ordnungsrechts in der Umweltpolitik ebenso<br />

aufzufassen ist. Man unterstellt die „Möglichkeit einer absichtsvollen und im Sinne der eigenen<br />

Ziele erfolgreichen Intervention“ (Scharpf 1989: 18) in die Strukturen und Prozesse, die für<br />

Umweltschädigungen verantwortlich gemacht werden.<br />

Direkte Verhaltensvorschriften, wie Ge– oder Verbote, stellen als dirigistische<br />

Zwangsinstrumente eine besonders rigide Form hierarchischer Steuerung dar, die – zumindest<br />

formaliter – keinen Raum für korporatistische Aushandlungsprozesse lassen. Daß ‘Bargaining’<br />

zwischen den Umweltverwaltungen und ihrer Klientel dennoch üblich ist 79 , beruht auf der<br />

Tatsache, daß allgemeine Verhaltensnormen, wie z.B. den ‘Stand der Technik’ bei der<br />

Errichtung von Neuanlagen einzuhalten, nicht einzelfallorientiert sind und<br />

Verhaltensalternativen beinhalten. Verwaltungsverordnungen und Vollzugsbestimmungen<br />

konkretisieren zwar den Willen des Gesetzgebers 80 , lassen aber Verhandlungs– und<br />

Ermessensspielraum für die ausführende Behörde: „Emissions-, Produkt-, vor allem aber<br />

Umweltqualitätstandards stellen lediglich verbindliche Grenz– und Zielmarken in bezug auf<br />

Umweltbelastung oder Ressourcenverbrauch dar“ (von Prittwitz 1990: 79).<br />

Trotz dieser Einschränkung müssen die gesetzgeberisch tätigen Instanzen davon ausgehen, daß<br />

ihre Entscheidungen und Vorgaben im wesentlichen umgesetzt werden und so die erwünschten<br />

Verbesserungen der Umweltqualität eintreten. Diese kausalstrukturelle Steuerungskonzeption<br />

korrespondiert weitgehend mit dem Steuerungsbegriff, wie er von R. Mayntz vertreten wird.<br />

Dabei ist stets zu berücksichtigen: „Die Frage der Steuerbarkeit des Steuerungsobjektes wird<br />

aus der akteursorientierten, handlungstheoretischen Sicht positiv beantwortet“ (Druwe/Görlitz<br />

1992: 152). Umweltpolitische Steuerung wird als Subjekt-Objekt-Steuerung unter Einsatz<br />

ordnungsrechtlicher Instrumente aufgefaßt. Als Steuerungssubjekte fungieren die Akteure des<br />

Politikfelds Umweltpolitik, als Steuerungsobjekte die gesellschaftlichen Akteure, die als<br />

Verursacher von Umweltschädigungen identifiziert werden. Zentral bleibt die Möglichkeit, daß<br />

Handlungsänderungen der Adressaten, die sich beispielsweise in einem veränderten System-<br />

78 Das Ordnungsrecht dominiert auch in anderen Ländern die Umweltpolitik (vgl. Rodi 1993: 18).<br />

79 So schreiben z.B. Hucke/Ullmann: „Auf den ersten Blick scheint das gesetzliche Instrumentarium sehr strikt, da die<br />

Betriebe bestimmte, zahlenmässig vorgegebene Grenzwerte (Emissionsnormen) einhalten müssen. Die Betrachtung der<br />

Realität zeigt jedoch, daß nicht die strikte Anwendung der Grenzwerte seitens der Behörden, sondern Verhandlungen<br />

über die Höhe und den Zeitpunkt der einzuhaltenden Normen den Gesetzesvollzug prägen (Bargaining)“ (1980: 106).<br />

80 Als Beispiel steht das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die zu seiner Konkretisierung erlassenen Rechtsvorschriften<br />

und die „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ (TA-Luft), eine Verwaltungsvorschrift. Vgl. das Kapitel über<br />

„Das System der Luftreinhaltepolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ bei Wicke (1991: 178 ff.).<br />

55


Output des Energiesystems zeigen, kausal-deterministisch auf Aktivitäten der<br />

Steuerungssubjekte zurückgerechnet werden können.<br />

4.2 Ordnungsrechtliche Maßnahmen und Energieproblematik<br />

Im Mittelpunkt bisheriger Umweltschutzbemühungen in der Luftreinhaltepolitik stand der<br />

Versuch, den Ausstoß bestimmter, als schädlich erkannter Stoffe zu verringern bzw. zu<br />

verhindern (Null-Emission). Die Energiesparstrategie konterkariert diesen Ansatz, da nicht ein<br />

bestimmter Schadstoff mit Hilfe von end-of-pipe-Technologien zurückgehalten und medial<br />

umgeschichtet, sondern der Ressourcen-Input verringert werden soll. Mit dem<br />

Energieverbrauch steht eine ‘Lebensader’ der Volkswirtschaft im Zentrum umweltpolitisch<br />

motivierter Aktivitäten. Welche Werkzeuge aus dem ordnungsrechtlichen Instrumentenkasten<br />

stehen zur Verfügung, um einen geringeren Verbrauch nicht-regenerierbarer Ressourcen auf<br />

Kohlenstoffbasis durch die Aktivierung von Einsparpotentialen durchsetzen zu können?<br />

Als schärfste Maßnahme wäre sicherlich die staatliche Festsetzung der absolut zulässigen<br />

Gesamtmenge an Kohlendioxid-Emissionen pro Jahr anzusehen 81 . Da, wie weiter oben<br />

ausgeführt wurde, die technische Zurückhaltung der Emissionen nur begrenzt möglich und<br />

ökonomisch unrentabel ist, würde dies de facto zu einer Festlegung des Verbrauchs fossiler<br />

Brennstoffe führen. Damit könnte die notwendige 82 Reduktion des Emissionspotentials radikal<br />

verwirklicht werden. Die aus ordnungsrechtlicher Sicht sich anschließende Kontingentierung<br />

ist auf verschiedenen Ebenen vorstellbar, z.B. durch Obergrenzen der pro Jahr mit Benzingetriebenen<br />

PKW zurücklegbaren Kilometer oder die Bestimmung der maximalen<br />

Emissionsmenge pro Einheit (Person, Anlage, Betrieb). Dies entspräche der Festlegung von<br />

Grenzwerten bei Schadstoffemissionen in der Luftreinhaltepolitik:<br />

„Emissionsnormen legen Grenzwerte von Verunreinigungen oder Belästigungen, das heißt in der Regel<br />

eine absolute Höhe der höchstzulässigen Menge an Schadstoffen fest, die bei der Emission ortsfester<br />

Anlagen nicht überschritten werden dürfen. [...] Die Emissionsgrenzwerte für luftverunreinigende Stoffe<br />

nach der Technischen Anleitung Luft (TA-Luft) fallen hierunter“ (Wicke 1991: 170, Hervorhebungen im<br />

Original).<br />

Die Festsetzung von maximalen absoluten Emissionsmengen ist gängige Praxis nach dem<br />

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Dabei werden regionale Emissionsnormen aus<br />

bestehenden Immissionsstandards abgeleitet:<br />

„Mit der Festlegung von Immissionsgrenzwerten soll verhindert werden, daß unabhängig von der bereits<br />

bestehenden Emissionssituation tolerierbare Werte der Immissionsbelastung durch Ansiedlung neuer<br />

oder die Erweiterung vorhandener Emittenten überschritten werden“ (ebd. 179, Hervorhebung im<br />

Original).<br />

Mengensteuerung durch Umweltbehörden bleibt in der Bundesrepublik Deutschland ein<br />

weitgehend lokales Vorgehen zur Verhinderung sog. hot spots. Internationale Abkommen über<br />

Begrenzungen gibt es bei den Schwefeldioxid– und Stickstoffoxidemissionen (vgl. Cansier<br />

81 Im Zusammenhang der Mengensteuerung stehen nicht administrative Maßnahmen, sondern der Einsatz handelbarer<br />

Emissionsrechte („Zertifikatlösung“) im Zentrum der Debatte (vgl. dazu die Studie des Kieler Instituts für<br />

Weltwirtschaft von Heister/Michaelis 1990; Bonus 1994: 287 ff.).<br />

82 Notwendig ist nach dem Beschluß der Bundesregierung vom 21.12.1991 eine 25-30%ige Reduktion der Kohlendioxid-<br />

Emissionen der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr 2005 bezogen auf 1987 (vgl. BMU 1994: 4).<br />

56


1994: 187 ff.; Wilhelm 1994: 81 f.). Da zwischen Emission und Immission „kein<br />

allgemeingültiger, geschweige denn linearer Zusammenhang“ (Wicke 1991: 107) besteht, gibt<br />

es bei der Bestimmung der maximal zulässigen Emissionsmenge pro Anlage erhebliche<br />

Schwierigkeiten. In Expertenkreisen umstritten sind in der Regel sowohl die Höhe der<br />

Grenzwerte, unterhalb derer keine gesundheitlichen Schäden bzw. Beeinträchtigung der<br />

Umweltqualität zu befürchten sind 83 , als auch die lokale Akkumulationsfähigkeit der<br />

Schadstoffe. Emissions– und Immissionsschutzgesetzgebung ziehen ihre Legitimation aus der<br />

Tatsache, daß Schadstoffe die Umweltqualität verschlechtern. Ihre Inanspruchnahme und<br />

Instrumentalisierung zur Reduktion energiebedingter Treibhausgasemissionen ist ungeeignet<br />

und verfassungswidrig. Was sind die Gründe dafür?<br />

Die Chance, Energiedienstleistungen in unbegrenztem Maß konsumieren zu können 84 ,<br />

korreliert unmittelbar mit den materiellen Freiheitsrechten einzelner Individuen. Die staatliche<br />

Verweigerung dieses ‘Grundrechts’ läßt sich nur in äußerst seltenen Ausnahmesituationen<br />

rechtfertigen (Sommersmogverordnung, ‘autofreie Sonntage’ während der Ölkrise) und stellt<br />

eine tiefgreifende Intervention in die Marktautonomie dar. Eine dauerhafte Kontingentierung<br />

des Energieverbrauchs ist unvereinbar mit den Grundprinzipien einer Marktwirtschaft und<br />

deshalb kein mögliches Instrument verfassungsgemäßer Politik (vgl. Aiginger 1991: 201) 85 . Als<br />

quasi planwirtschaftlicher Staatsdirigismus stünde eine solche Maßnahme den transnationalen<br />

Interdependenzen des Wirtschaftssystems diametral gegenüber. Einer direkten<br />

Mengensteuerung durch Verhaltensauflagen stehen somit große Hindernisse im Weg.<br />

Administrativ festgesetzte Obergrenzen erscheinen als völlig unrealistisch, ja geradezu grotesk.<br />

Im Rahmen des Ordnungsrechts lautet also die entscheidende Frage: Wie können die Akteure<br />

unter Wahrung ihrer Entscheidungssouveränität über die absolute Verbrauchsmenge zu<br />

energiesparendem Verhalten (bzw. zur Verbesserung der Energieproduktivität) angehalten<br />

werden 86 ? Die traditionell Grenzwert-orientierte Umweltpolitik scheitert an diesem Punkt.<br />

Ein Anwendungsfeld ordnungsrechtlicher Steuerung ist die Definition von anlagebezogenen<br />

Verbrauchsobergrenzen. Auf indirektem Weg sollen durch eine verbindlich vorgeschriebene<br />

Steigerung der Energieproduktivität (‘Stand der Technik’) Einsparerfolge erzielt werden. Die<br />

Entscheidungssouveränität der Akteure über die absolute Verbrauchsmenge bleibt unberührt.<br />

„Im CO 2 -Fall laufen Emissionsauflagen wegen der Linearität von Brennstoffeinsatz und CO 2 -<br />

Emissionen darauf hinaus, einen bestimmten Anlagewirkungsgrad oder bestimmte Primärenergieträger<br />

vorzuschreiben bzw. die Genehmigung der Anlage von der Anwendung des definierten Standes der<br />

Technik abhängig zu machen. Ergänzend können unmittelbar wirkende Vorschriften z.B.<br />

Bauvorschriften erlassen werden. Der 1. und 2. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „CO 2 -<br />

Reduktion“ bieten umfassendes Anschauungsmaterial für mögliche dirigistische Eingriffe zur CO 2 -<br />

Minderung von der Verschärfung der Wärmeschutzverordnung bis hin zur Änderung der<br />

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure“ (Heister 1992: 15; vgl. auch das<br />

Maßnahmenprogramm des Bundes zur Minderung von Emissionen klimarelevanter Gase in BMU<br />

1994e: 100 ff.).<br />

83 Vgl. die Debatte um die Höhe der Grenzwerte von Ozonkonzentrationen in der „Sommersmogverordnung“.<br />

84 Und damit m.E. der Verbrauch von Energie.<br />

85 Es ist auffällig, daß die Kontingentierung des Energieverbrauchs in keiner wichtigen Veröffentlichung als Möglichkeit<br />

überhaupt nur erwähnt wird. Den jeweiligen Autoren scheint dies offensichtlich nicht diskutabel. Eine Ausnahme ist<br />

die Aussage von J. Bunde, daß „Fahrverbote oder Benzinkontingentierungen im Verkehrsbereich als auch generelle<br />

Beschränkungen des Energieeinsatzes als umweltpolitische Instrumente wohl nicht in Frage kommen“ (1990: 67).<br />

86 Ein ähnliches Problem schildert A. Görlitz im Falle der intensiven Landbewirtschaftung, deren Verbot weder politisch<br />

durchsetzbar noch administrativ zu bewältigen wäre (vgl. 1991: 234 ff.).<br />

57


So verbrauchen z.B. Neubauten durch verbesserte Isolation bei gleicher Wohnraumtemperatur<br />

deutlich weniger Energie: Nach der Novelle der Wärmeschutzverordnung (WSchV), die am<br />

1.1.1995 in Kraft getreten ist, müssen bei Neubauten Isolationstechniken Anwendung finden,<br />

die eine Absenkung des Heizwärmebedarfs um durchschnittlich ca. 30% erwarten lassen (vgl.<br />

BMU 1994e: 106; kritisch dazu Kasparek 1992: 55 f.). Insgesamt schätzt der Arbeitskreis<br />

Gebäudebereich der Interministeriellen Arbeitsgruppe „CO 2 -Reduktion“ das<br />

Reduktionspotential auf jährlich rund 100 Mio. t CO 2 . Dies ist mehr als ein Zehntel der<br />

Gesamtemissionsmenge des Jahres 1993 (vgl. Enquete-Kommission 1995: 1044). Weitere<br />

Beispiele für ‘dirigistische’ Maßnahmen sind die Heizungsanlagenverordnung, die Vorlage<br />

einer Wärmenutzungsverordnung und die Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung (vgl. BMU<br />

1994e: 106, 123, 125). Durch sie werden die Akteure verpflichtet, moderne<br />

Energiespartechniken anzuwenden, anfallende Abwärme zu nutzen und Altanlagen mit<br />

niedriger Energieproduktivität nachzurüsten. Es ist die Absicht des Gesetzgebers, technische<br />

Innovationen zwingend im Gebrauch vorzuschreiben. Da die Industrie ordnungsrechtliche<br />

Eingriffe antizipiert, versucht sie durch Selbstverpflichtungserklärungen, z.B. beim<br />

Klimaschutz 87 oder beim Verkehr (Entwicklung des ‘Drei-Liter-Autos’), Eingriffe abzuwehren<br />

und staatliche Normsetzung zu verhindern.<br />

Reichen diese und andere Vorschriften, Auflagen und Verbote als Steuerungsinstrumente aus,<br />

um die strukturelle Ökologisierung durchzusetzen bzw. den Weg zu einem<br />

ressourcenextensiven Energiesystem zu forcieren? Die Antwort vieler Experten ist eindeutig:<br />

Die initiierten Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die für eine Klimastabilisierung<br />

notwendige CO 2 -Reduktion erreichen zu können. So sind in den alten Bundesländern trotz<br />

gestiegener umweltpolitischer Bemühungen die CO 2 -Emissionen von 715 (1987) auf 726 Mio.<br />

t (1993) angestiegen (vgl. BMU 1994: 18). Ohne die Vereinigungmit der DDR hätte die<br />

Bundesregierung für Gesamtdeutschland sicherlich kein so ehrgeiziges Sparziel ausgegeben<br />

(siehe oben), doch der bei diesem Ziel strategisch mitberücksichtigte Einbruch des<br />

Energieverbrauchs in den fünf neuen Ländern ist durch die wirtschaftliche Wiederbelebung an<br />

sein Ende gelangt. Mit der Fortschreibung der gegenwärtigen Energiespar– und<br />

Klimaschutzpolitik ist die Realisierung der Einsparziele höchst unwahrscheinlich. Die Chancen,<br />

den CO 2 -Ausstoß Gesamtdeutschlands bis 2005 deutlich unter 800 Mio. t zu senken, stehen<br />

angesichts gegenläufiger Tendenzen schlecht. Bei den Handlungsempfehlungen der Enquete-<br />

Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“ heißt es dazu:<br />

„Die von der Kommission in Auftrag gegebenen Untersuchungen zeigen – wie andere Untersuchungen<br />

auch – , daß bei unbeeinflußter Entwicklung, trotz einer Fortsetzung der Entkopplung von<br />

Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch, die für notwendig erachteten Minderungen<br />

energiebedingter Treibhausgase nicht erreicht werden“ (1995: 1018).<br />

In bezug auf ordnungsrechtliche Maßnahmen besteht die Auffassung, „daß dirigistische<br />

Eingriffe durch Ausweitung staatlicher Regulierung kein geeigneter Weg sind, um<br />

Einsparpotentiale volkswirtschaftlich effizient zu erschließen“ (ebd. 1028).<br />

87 Kurz vor Beginn der Berliner Klimakonferenz gaben vierzehn im BDI organisierte Branchen eine Erklärung ab. Dort<br />

heißt es u.a.: „Auf freiwilliger Basis ist die deutsche Wirtschaft bereit, besondere Anstrengungen zu unternehmen, ihre<br />

spezifischen CO 2 -Emissionen beziehungsweise den spezifischen Energieverbrauch bis zum Jahr 2005 (Basis 1987) um<br />

bis zu zwanzig Prozent zu verringern“ (zit. nach Vorholz 1995b: 28). Damit wurde jedoch keineswegs eine absolute<br />

Reduktion um 20% zugesichert, wie F. Vorholz kritisch anmerkt. Die Industrie hat lediglich versprochen, „daß sie je<br />

Einheit Wertschöpfung ihren Energieverbrauch und ihren CO 2 -Ausstoß vermindern will“ (ebd., Hervorhebung JC; vgl.<br />

auch „Die Wirtschaft will den CO 2 -Ausstoß...“ in SZ vom 11./12.3.1995 S.21).<br />

58


Wie wird die negative Bilanz des Einsatzes ordnungsrechtlicher Maßnahmen in der Energie–<br />

und Klimapolitik begründet? Vom ökonomischen Standpunkt aus betrachtet steht die<br />

Ineffizienz administrativer Eingriffe in allen einschlägigen Veröffentlichungen im Vordergrund<br />

der Kritik. Stellvertretend sei die Argumentation von L. Wicke genannt.<br />

„Der Hauptnachteil von Auflagenlösungen liegt in ihrer wirtschaftlichen Ineffizienz. Das heißt, die<br />

angestrebten Umweltschutzziele werden mit Auflagenlösungen nicht mit geringst möglichem<br />

Ressourceneinsatz und damit nicht mit minimalen gesamtwirtschaftlichen Kosten erreicht“ (1991: 174,<br />

Hervorhebungen im Original; vgl. auch Kap. 5.5).<br />

Weitere Nachteile sind die verspätete Berücksichtigung von Fortschritten beim Stand der<br />

Technik im Ordnungsrecht und der geringe Innovationsanreiz, „da der Anlagebetreiber stets<br />

damit rechnen muß, daß eine innovative, weitergehende technische CO 2 -Minderung zu einer<br />

kostentreibenden Verschärfung der Vorschriften führt“ (Heister 1992: 15 f.; vgl. auch Bunde<br />

1990: 65 f.; Wilhelm 1990: 19 ff.). Schließlich bleibt der enorm hohe Verwaltungsaufwand zu<br />

nennen. Ein zusammenfassendes Schlußwort zum bisherigen Regelungsschwerpunkt im<br />

Umweltschutz stammt vom ehemaligen BDI-Präsidenten Tyll Necker:<br />

„Für die Abwehr akuter Gefahren und eine umweltpolitische ‘Grundsicherheit’ bleibt staatliches<br />

Ordnungsrecht auch in der Zukunft unverzichtbar. Eine administrative Befehlswirtschaft muß jedoch<br />

umso stärker an Grenzen stoßen, je differenzierter der Umweltschutz wird. Ein Übermaß von Gesetzen<br />

und Verordnungen führt zu Intransparenz, Vollzugsdefiziten und unvertretbar hohen Kosten“ (1989:<br />

434, Hervorhebung JC).<br />

‘Differenzierter Umweltschutz’ bedeutet in der Klimaschutzpolitik die Verringerung der<br />

gesamten Verbrennungsprozesse durch konsequentes Energiesparen. Umweltpolitische<br />

Steuerung durch Ordnungsrecht scheint dem dafür notwendigen Umstrukturierungsprozeß<br />

nicht die entscheidenden Impulse geben zu können. Die Ursachen dafür sind bislang unklar<br />

geblieben. Im nächsten Abschnitt werden deshalb steuerungstheoretische Probleme<br />

hierarchischer Steuerung angesprochen, die den Hintergrund des Scheiterns administrativer<br />

Maßnahmen in der Energiesparpolitik abgeben.<br />

4.3 Hierarchische Steuerungstheorie und Energieproblematik<br />

Einwände, warum das Steuerungsinstrument Ordnungsrecht nur einen begrenzten Beitrag<br />

leistet, wenn es darum geht, vorhandene Reduktionspotentiale einer ganzen Volkswirtschaft zu<br />

aktivieren, gibt es zahlreiche. Wie exemplarisch aufgezeigt wurde, argumentieren die meisten<br />

Kritiker unter Rekurs auf den Effizienzbegriff der ökonomischen Theorie. Im Gegensatz zu<br />

diesem Argumentationsmuster soll hier versucht werden, die in Kapitel 1.1 diskutierten<br />

Probleme hierarchischer Steuerung wieder aufzugreifen und für eine Analyse fruchtbar zu<br />

machen.<br />

4.3.1 Varietäts– und Komplexitätsproblem<br />

Die größten Erfolge der Luftreinhaltepolitik konnten in den 80er Jahren bei der Reduktion von<br />

Schwefeldioxid erzielt werden, das – als wichtiger Bestandteil des ‘sauren Regens’ – für die<br />

zunehmenden Waldschäden mitverantwortlich gemacht wurde:<br />

„Die Luftreinhaltepolitik hat mit präzisen, meßbaren Zielen und zeitlich gestuften Vollzugsprogrammen<br />

zu beachtlichen Schadstoffminderungen geführt und außerdem zum Einsatz höherwertiger Technik: In<br />

59


der Bundesrepublik sind europaweit die meisten Rauchgasentschwefelungs– und Entstickungsanlagen in<br />

Betrieb“ (Wilhelm 1994: 80) 88 .<br />

Die mit Abstand wichtigsten Emissionsquellen von SO 2 waren Kraft– und Fernheizwerke (vgl.<br />

BMWi 1994: 42). Bei diesen stationären Anlagen standen den umweltpolitischen Akteuren<br />

eindeutig identifizierbare Verursacher gegenüber, die über einen hohen Organisationsgrad<br />

verfügen 89 . Es gelang, die interne Struktur der Umweltverwaltungen „korrespondierend zu der<br />

ausdifferenzierten und hochkomplexen Umwelt“ (Druwe 1994: 66), in diesem Fall der<br />

Energieversorgungsunternehmen, aufzubauen: Ein entscheidender Schritt bei der Bearbeitung<br />

des Varietätsproblems. Die Voraussetzungen dafür, daß Steuerungsvorgaben ignoriert oder<br />

umgangen werden konnten, wurden weitestgehend ausgeschaltet, z.B. weil spezialisiertes<br />

Fachwissen bei den Umweltbehörden institutionalisiert werden konnte 90 . Gegen den teilweise<br />

erheblichen Widerstand der Akteure wurde der Einbau von Rauchgasentschwefelungsanlagen<br />

durchgesetzt, obwohl eine „handlungsfähige Organisation sektorspezifischer Interessen“<br />

durchaus in der Lage sein kann, „Veto-Macht auszuüben und gesellschaftliche<br />

Problemlösungen zu blockieren“ (Mayntz 1987: 105). Beim Versuch, einen Anstoß zur<br />

strukturellen Ökologisierung des Energie– und Wirtschaftssystems zu geben, stellt sich die<br />

Situation anders dar. Hier lautet der Ansatz,<br />

„wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen politisch so zu beeinflussen, daß Ressourcen geschont<br />

und Schadstoffemissionen minimiert werden. Hierzu gehören beispielsweise die durchgehende<br />

Berücksichtigung und hohe politische Gewichtung von Energiespar-Gesichtspunkten<br />

(Energiesparpolitik), die Favorisierung des öffentlichen Nah– und Fernverkehrs und ‘sanftere’ Formen<br />

der Chemie mit geringem Risikopotential“ (von Prittwitz 1990: 57 f., Hervorhebung JC).<br />

In der Energiesparpolitik sind es nicht die wenigen zentralen Anlagen (wie z.B. Kraftwerke),<br />

die über die größten Einsparpotentiale 91 verfügen, sondern die Masse der Verbraucher in der<br />

Industrie, die Haushalte und der Verkehr (vgl. Enquete-Kommission 1995: 260 ff.; von<br />

Weizsäcker 1994: 74). Damit wird die gesamte Bandbreite der gesellschaftlichen Akteure<br />

umfaßt. Im Gegensatz zu den eindeutig bestimmbaren Hauptverursachern von Gesundheit und<br />

Wald schädigenden Schwefel– oder Stickstoffemissionen ist eine Politik der Verringerung des<br />

Ressourcen-Inputs mit einer unüberschaubaren Masse an Akteuren konfrontiert, die über<br />

jeweils völlig unterschiedliche und spezifische Einsparpotentiale verfügen. Mit der Reichweite<br />

des Eingriffs vergrößert sich die Variablenmenge (vgl. Görlitz 1990: 16): Industriebetriebe<br />

88 Es soll nicht unbemerkt bleiben, daß beim Einsatz von Filtertechnologien hochgiftiger Sondermüll anfällt. Nicht<br />

Emissionsvermeidung, sondern mediale Umschichtung ist die Folge nachsorgender end-of-pipe-Technologien.<br />

89 R. Mayntz weist im Zusammenhang der politischen Steuerbarkeit von „handlungsfähigen Akteuren höherer Ordnung<br />

(Organisationen, Verbänden“) darauf hin, „daß in größeren, intern differenzierten Organisationen der gesamte<br />

Interaktionsstil für rechtsförmige Regelungen besonders offen sei“. Auch die Tatsache, „daß Organisationen infolge<br />

entsprechender struktureller und prozeduraler Vorkehrungen in ihrem Handeln tendenziell rationaler und damit auch<br />

berechenbarer sind als das Ergebnis kumulierender bzw. aggregierter Individualhandlungen, erhöht die<br />

Steuerungsmöglichkeiten“ (1987: 103).<br />

90 Die ordnungsrechtlichen Grundlagen schuf die Großfeuerungsanlagen-Verordnung nach der 13. BImSchV: Sie stellt<br />

materielle Anforderungen an Kohle, Öl und gasgefeuerte Anlagen, „insbesondere zur Begrenzung von Stoffen, die zum<br />

Problem „saurer Regen“ beitragen (SO 2 , NO x , HCL, HF)“ (Wicke 1991: 181). Beyer u.a. prognostizieren unter<br />

Verweis auf eine Studie des Umweltbundesamts bis 1998 weitere „beträchtliche Verminderungen“ dieser<br />

Massenschadstoffe. Zurückzuführen sind diese Emissionssenkungen dabei unter anderem „auf die insbesondere den<br />

Energieerzeugungs- und Industriesektor betreffende Großfeuerungsanlagenverordnung und andere<br />

immissionsschutzrechtliche Regelungen (1993: 9, Hervorhebung JC).<br />

91 Im Bericht der Enquete-Kommission wird der Potentialbegriff unterschieden in Erwartungs-, wirtschaftliches,<br />

technisches und theoretisches Potential (vgl. 1995: 257). Hier sind die technischen Einsparpotentiale gemeint.<br />

60


unterscheiden sich je nach Sparte und Größe, Haushalte nach Heizungsart und<br />

Gebäudeisolation, Fahrzeuge nach Leistung und Verbrauch u.a.m. Diese Differenziertheit<br />

schließt eine adäquate systeminterne Reproduktion der jeweiligen personalen und kollektiven<br />

Akteure und der Strukturen und Prozesse, in die sie eingebunden sind, durch das politischadministrative<br />

System aus. Eine Folge davon ist die Gefahr, daß sich die Adressaten<br />

administrativer Maßnahmen diesen entziehen, da die Verhaltensmöglichkeiten der<br />

Umweltstrukturen die Steuerungsvarietäten des politischen Systems übersteigen.<br />

Die „Beherrschung der Komplexität des Steuerungsobjektes“ erfordert eine ihm parallel<br />

zugeordnete „Komplexität des politisch-administrativen Apparates“ (Druwe/Görlitz 1992:<br />

149). Diese Komplexitätsverdopplung 92 stößt beim Versuch der politikinternen Modellierung<br />

von Adressaten der Energiesparpolitik an Grenzen. Denn selbst wenn die Politik eine „der<br />

Umwelt entsprechende Differenzierung der eigenen Binnenstruktur erreicht“ hat, konstatiert F.<br />

Scharpf,<br />

„daß es jedoch bisher nur mit außerordentlichen Schwierigkeiten und in relativ geringem Maße möglich<br />

war, auch die realen Interdependenzen der Problemzusammenhänge in der sozioökonomischen Umwelt<br />

durch entsprechende Verknüpfungsmuster der politisch-administrativen Problemverarbeitung zu<br />

reproduzieren“ (1972: 77, zit. nach Druwe/Görlitz 1992: 149).<br />

Angesichts der Zahl potentieller Adressaten und ihrer komplexen Struktur mit je speziellen<br />

Reduktionspotentialen ist es plausibel anzunehmen, daß für die Lösung der von F. Scharpf<br />

angesprochenen Schwierigkeiten in diesem Feld denkbar schlechte Aussichten bestehen. Nicht<br />

zuletzt deshalb, weil die Komplexitätsverdopplung in der politischen Alltagspraxis zu<br />

Überbürokratisierung führt (vgl. ebd.) und so ein weiterer Ausbau der Administration nur<br />

bedingt Fortschritte bringen kann. Dies ist auch Gegenstand aktueller umweltpolitischer<br />

Diskussionen 93 .<br />

4.3.2 Wissens– und Informationsproblem<br />

Bei der Reduzierung der Schwefeldioxid-Emissionen war die Lage eindeutig:<br />

Großverschmutzer sollten zum Einsatz von kostenintensiver, aber praxiserprobter<br />

Vermeidungstechnologie veranlaßt werden. Diese Entsorgung durch den Einsatz additiver<br />

Technik ist dem umweltpolitischen Handlungstyp ‘Risikomanagement’ zuzuordnen. Die<br />

Formen des Risikomanagements, die hierbei Verwendung finden, setzen vor allem auf der<br />

Symptomebene:<br />

„Besonders häufig sind Managementformen mit mittlerer Wirkungstiefe, zum Beispiel der Einsatz von<br />

emissionsvermindernden Zusatztechniken, Recycling-Techniken sowie prozeßtechnische<br />

Veränderungen. Die Maßnahmen haben dabei klaren Problembezug“ (von Prittwitz 1990:77).<br />

Auch regulative Energiesparpolitik verbleibt notwendigerweise im umweltpolitischen<br />

Handlungsfeld des Risikomanagements. Das Ziel, einen ökologischen Strukturwandel mit<br />

ressourcensparenden Produktions– und Konsumptionsprozessen zu initiieren, kann nur unter<br />

Einsatz des Steuerungsinstruments Ordnungsrecht nicht gelingen. Eine Erklärung dafür liegt in<br />

den segmentarischen Wissensbeständen des politischen Systems über vorhandene<br />

92 Mit anderen Worten führen „alle Versuche, die Vorgehensmöglichkeiten der Steuerungsinstanz den<br />

Verlaufsmöglichkeiten des Steuerungsfeldes anzugleichen“ zu Komplexitätsverdopplung (Görlitz 1990: 16).<br />

93 Vgl. z.B. den Aufsatz von K. Lenk: „Steht die Umweltverwaltung der Weiterentwicklung des Umweltschutzes im<br />

Wege?“ (1991: 75 ff.)<br />

61


Reduktionspotentiale. Wissen kann innerhalb des politischen Systems nur über die Selektion<br />

relevanter Informationen aufgebaut werden. Um diese Selektionsleistung zu vollbringen,<br />

müssen Relevanzkriterien formuliert werden, die den Rang einer Information bestimmen. Dabei<br />

ist festzustellen, daß die Administration, die in der Bundesrepublik die praktische<br />

Umweltpolitik maßgeblich bestimmt (vgl. Hansmeyer/Schneider 1992: 11 f.), eine quasi<br />

‘natürliche’ Affinität gegenüber Maßnahmen besitzt, die der juristisch-technischen<br />

Normorientierung des Verwaltungshandelns entsprechen. Bürokratisch organisierte<br />

Institutionen neigen dazu, „umweltpolitische Problemstellungen im Sinne von Kontinuität und<br />

Gleichförmigkeit zuzuschneiden, sie zu `routinisieren´“ (von Prittwitz 1990: 184) 94 .<br />

Umweltprobleme werden registriert, isoliert und reguliert: „Auf diese Weise wird ein<br />

Problemzusammenhang auf Einzelprobleme reduziert, die rechtliche Einzellösungen nach sich<br />

ziehen“ (Görlitz 1991: 1).<br />

In bezug auf die Energiesparpolitik heißt das, daß kontrollierbare, meßbare, schematisch<br />

bearbeitbare Maßnahmen präferiert und dementsprechende Wissensbestände aufgebaut<br />

werden. Konkret äußert sich dies in der Ausarbeitung eines Regelungsnetzes aus<br />

Spezialgesetzen, Verordnungen (WSchV, HeizAnlV, Wärmenutzungs– und<br />

Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung nach der BImSchV) und Verwaltungsvorschriften.<br />

Mit der (notwendigen) Konzentration auf bestimmte Sparoptionen durch die interne<br />

Disziplinierung der Informationserhebung werden andere Einsparmöglichkeiten systematisch<br />

ausgeblendet. D.h., daß der Output des Verwaltungshandelns schon in die<br />

Informationsgewinnung und –gewichtung als Selektionskriterium miteingeht und so<br />

Reduktionspotentiale, die z.B. in einer Änderung von Konsumgewohnheiten liegen,<br />

unberücksichtigt bleiben. Die Fokussierung der Akteure des staatlich-administrativen Systems<br />

auf technische Reduktionspotentiale unterstreicht dies: Da ein direkter Eingriff in die<br />

‘Konsumautonomie’ von Wirtschaft und Verbrauchern nicht möglich ist, konzentrieren sich<br />

obrigkeitsstaatliche Zwangsmaßnahmen auf die Durchsetzung rationeller Energieverwendung<br />

in festumrissenen Grenzen. Unbestreitbar ist dies ein Beitrag zur Verbesserung der<br />

Energieproduktivität, doch die gleichzeitige Ausblendung bestehender Potentiale weist den<br />

hierarchischen Steuerungszugriff als defizitär aus. Differenziert man die Reduktionspotentiale<br />

nach technischen und sozialen Potentialen wird deutlich, wo der Schwerpunkt<br />

bürokratiedominierter Energiesparpolitik liegt: Themen wie die Erhöhung des Wirkungsgrades<br />

von Kleinfeuerungsanlagen oder die Vorgabe von Wärmeschutzmaßnahmen bei Neubauten<br />

prägen die aktuelle Situation. Verbraucherverhalten und Konsumgewohnheiten sind mittels<br />

regulativer Politik nicht kausal-hierarchisch beeinflußbar. Doch gerade ein verändertes<br />

Umweltbewußtsein kann ‘soziale Reduktionspotentiale’ aktivieren:<br />

„Wesentlich für den Energieverbrauch und seine zeitliche Entwicklung sind neben den technischen<br />

Gegebenheiten auch die Verbrauchsgewohnheiten. Sowohl der direkte Energieeinsatz in den Haushalten<br />

als auch die Güterauswahl – in Art und Menge – bestimmen direkt oder über den in den Gütern<br />

gebundenen Energieinhalt den Energieverbrauch. Der Wertewandel hat in den letzten Jahrzehnten zu<br />

einem energieintensiveren Lebensstil geführt. [...] Aber auch Gegenbewegungen – z.B. Ansätze der<br />

‘neuen Sparsamkeit’ vor allem in den USA – sind festzustellen. [...] So liegen erhebliche<br />

Einsparpotentiale in der Realisierung von Verhaltensänderungen, die vor allem über eine zielgerichtete<br />

Motivation und die Schaffung von Anreizen [...] zu erschließen sind“ (Enquete-Kommission 1995: 416,<br />

Hervorhebungen JC).<br />

94 Zu dem Zusammenhang von Bürokratie und Umweltpolitik aus der Sicht der Neuen Politischen Ökonomie vgl. Horbach<br />

(1992: 159 ff.)<br />

62


Zwar weiß auch die Politik um die Bedeutung dieses Potentials, doch sie setzt statt auf die<br />

Schaffung von Anreizen auf Aufklärung und Information:<br />

„Wegen des Langfristcharakters der globalen Klimaänderung kommt der Erziehung und Ausbildung<br />

sowie der Förderung des öffentlichen Bewußtseins entscheidende Bedeutung zu. Die gesamte<br />

Bevölkerung ist aufgefordert, das hohe Umweltbewußtsein in entsprechende Handlungsbereitschaft<br />

umzusetzen und an der Vermeidung von künftigen Umweltschäden mitzuwirken. Deshalb betreiben die<br />

Bundesregierung und die Länder eine intensive Umweltinformation“ (BMU 1994e: 17; vgl. auch die<br />

zahlreichen Informationsangebote im Maßnahmenprogramm des Bundes ebd.: 101 ff.)<br />

Die diffuse Wirkung von Information und Aufklärung als ‘zweitem Standbein’ bei der<br />

Implementation des Energiespargedankens brachte jedoch bislang keinen großen Erfolg:<br />

Gerade in Bereichen, in denen private Konsumenten mit ihrem (geänderten) umweltbewußten,<br />

d.h. in diesem Fall energiesparbewußten Verbraucherverhalten für eine Reduktion des<br />

Energieeinsatzes Sorge tragen könnten, belegen die Zahlen das Gegenteil: So sind z.B. die<br />

Verkehrsleistungen im motorisierten Individualverkehr von 526 Mrd. (1980) auf 730 Mrd.<br />

Personenkilometer im Jahr 1993 in Gesamtdeutschland angestiegen (vgl. BMU 1994e: 49).<br />

Allein im innerdeutschen Luftverkehr verdoppelten sich die Personenkilometer fast von 11,2<br />

Mrd. auf 21,7 Mrd., hinzu kommt ein Anwachsen des internationalen Luftverkehrs. Es steht<br />

außer Frage, daß dies in Zusammenhang mit dem Wandel der Freizeitkultur und der Expansion<br />

der Tourismusbranche gesehen werden muß 95 . Im gleichen Zeitraum (1980-1993) stieg der<br />

Anteil des Verkehrs am Gesamtenergieverbrauch von 19,3% auf 28,2% (vgl. BMWi 1994:<br />

31) 96 . Der Verbrauch von Strom in Haushalten stabilisiert sich in den 90er Jahren auf hohem<br />

Niveau, ein Rückgang durch den verstärkten Einsatz stromsparender Haushaltsgeräte läßt sich<br />

nicht beobachten (ebd.: 60). Diese Fakten legen die Vermutung nahe, daß Aufklärungsarbeit<br />

und Information kurzfristig nicht ausreichen, um das ‘soziale Reduktionspotential’ zu<br />

aktivieren 97 .<br />

Auch wenn es bei der Bearbeitung des Wissens– und Informationsproblems gelingt,<br />

Wissensbestände aufzubauen, bleibt die Aufgabe, daß Informationen rechtzeitig und<br />

problemgerecht verfügbar sein müssen. Die Qualität von Organisationsentscheidungen wird<br />

durch das bestehende Informationssystem bestimmt (vgl. Görlitz u.a. 1994: 53). Aus Gründen<br />

der Informationsverarbeitungskapazität sind Legislative und Exekutive gezwungen, sich auf<br />

wenige Fragestellungen zu konzentrieren, um spezialisiertes Detailwissen zu erarbeiten,<br />

Adressaten zu identifizieren und diese zur Umsetzung von Maßnahmen zu veranlassen. Des<br />

weiteren sollte die Einhaltung der Regelungen stetig überwacht werden und im Falle einer<br />

Normverletzung Sanktionsmöglichkeiten seitens der Behörde bestehen. Dies erfordert den<br />

Einsatz von Ressourcen wie Zeit, Geld, Wissen, Personal und technischem Gerät, die knapp<br />

sind und für die immer auch konkurrierende Verwendungsmöglichkeiten vorhanden sind 98 .<br />

95 Folgende Zahlen verdeutlichen dies: „Von den Verkehrsleistungen im Jahr 1989 (730 Mrd. PKM) machte der Freizeitund<br />

Urlaubsverkehr bereits über 50% der Personenkilometer aus (380 Mrd. PKM)“ (Enquete-Kommission 1995: 1261;<br />

vgl. zur „Erlebnismobilität“ Prätorius/Steger 1994: 21; Ell 1995: 19).<br />

96 Unter Bezugnahme auf eine Studie des Umweltbundesamtes vom Juni 1992 schreibt J. Wille: „Es ist also amtlich: Der<br />

Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO 2 ) steigt im Verkehrsbereich ohne eine drastische Korrektur in der<br />

Verkehrspolitik bis zum Jahr 2005 um 50 Prozent (Basisjahr 1987). Die Selbstverpflichtung der Bundesregierung, den<br />

CO 2 -Ausstoß bis zu diesem Zeitpunkt um 30 Prozent zu senken, ist damit außer Reichweite“ (1993: 15).<br />

97 Zu den verschiedenen Voraussetzungen (materiell, praktisch, innerpsychisch, sozial) umweltfreundlichen Verhaltens<br />

vgl. Preuss (1991: 179 ff.)<br />

98 Eine unzureichende Ausstattung mit personellen, technischen und informationellen Ressourcen identifizieren R. Mayntz<br />

u.a. als wichtigen Hinderungsgrund eines effektiven Vollzugs (vgl. 1978: 52).<br />

63


Wenn mittelständische Betriebe, Haushalte oder gar Einzelpersonen an die Stelle weniger<br />

Organisationen treten und damit die „Zahl der Adressaten im jeweiligen Zuständigkeitsbereich<br />

einer Behörde sprunghaft wächst“ (Mayntz 1987: 104), heißt das für die ordnungsrechtlich<br />

geprägte Energiesparpolitik, daß selbst bei effizientem Ressourceneinsatz eine Überforderung<br />

des politisch-administrativen Systems zu befürchten ist.<br />

Eine weitere Seite des Wissensproblems zeigt sich im Phänomen der ‘Gleichzeitigkeit’: In einer<br />

Gesellschaft laufen permanent Prozesse ab, die wegen ihrer Simultaneität für die Akteure<br />

wechselseitig unbeobachtbar bleiben. So kommt es, daß umweltpolitische Instanzen in ihrem<br />

Wissensstand permanent hinter den neuesten Entwicklungen zurückbleiben. Sind z.B.<br />

bestimmte Adressaten von Steuerung nicht an einer Umsetzung technischer Innovationen<br />

interessiert, verzögert sich möglicherweise der vom Gesetzgeber vorgeschriebene Einsatz des<br />

‘Standes der Technik’.<br />

4.3.3 Implementationsproblem<br />

Bisher ist bei der Analyse der Implementation von Energiesparpolitik durch Ordnungsrecht<br />

unberücksichtigt geblieben, daß der Steuerungsakteur Staat selbst ein „komplexes mehrstufiges<br />

Akteurssystem“ ist (Mayntz 1987: 97). So besitzen z.B Vollzugsorgane hierarchischer Politik<br />

eigene Handlungsspielräume, die sie in Bargainingprozessen mit Normadressaten nutzen:<br />

„Ursprünglich verband die Implementationsforschung mit der Gesetzgeberperspektive die Vorstellung,<br />

daß zwischen Programmformulierern, Verwaltung und Adressaten eine klare hierarchische Beziehung<br />

besteht, die das normkonforme Verhalten sichert. Dieses bürokratische Hierarchiemodell deckte sich<br />

jedoch nur in den seltensten Fällen mit der Wirklichkeit. Weder sind die Beziehungen zwischen den<br />

verschiedenen Implementationsinstanzen noch zwischen ihnen und den Programmadressaten<br />

durchgehend hierarchisch geordnet“ (Uebersohn 1990: 116).<br />

Deshalb können sowohl die politikinterne Übermittlung von Steuerungsvorgaben zwischen<br />

verschiedenen Hierarchieebenen als auch die Prozesse zwischen Behörde und Klientel als<br />

eigene Steuerungsobjekte aufgefaßt werden: „Der Implementationsprozeß selbst [...] muß im<br />

Interesse wirksamer Zielverfolgung zum Steuerungsobjekt werden“ (ebd. 97; vgl. auch Druwe<br />

1994: 63). Dies gilt eo ipso für das Politikfeld Umweltpolitik im allgemeinen und das Policy-<br />

Netz 99 der Energiesparpolitik im besonderen. D.h., daß die gesetzgeberisch tätigen Instanzen<br />

relevante Informationen über das Steuerungsobjekt ‘Implementationsstrukturen und –prozesse<br />

des Policy-Netzes’ besitzen müssen, um die unverfälschte Durchführung ihrer<br />

Steuerungsintention zu gewährleisten. Hierdurch sind die politischen Akteure mit einer<br />

weiteren Verschärfung der Komplexitäts– und Informationsproblematik konfrontiert (vgl.<br />

Druwe/Görlitz 1992: 150).<br />

Bei der Durchsetzung konkreter Normen der Energiesparpolitik, wie z.B. definierten<br />

Verbrauchsobergrenzen von bestimmten Feuerungsanlagen, droht durch das Bargaining-<br />

Verhalten der Umweltbehörden eine Wiederholung des schon sprichwörtlichen<br />

Vollzugsdefizits in der Umweltschutzpolitik (vgl. Hucke/Ullmann 1980: 107). Konnte der<br />

Konflikt zwischen umweltpolitischen Akteuren und Hauptverursachern in der SO 2 -<br />

Verminderungspolitik noch weitgehend zugunsten des Umweltschutzes gelöst werden, besteht<br />

die Gefahr, daß lokale Instanzen den Vollzug von scharfen Energiesparvorschriften nur<br />

zurückhaltend betreiben, wenn Normadressaten auf mögliche negative Konsequenzen<br />

99 Zum Begriff des Policy-Netzes vgl. Pappi (1993: 84 ff.)<br />

64


verweisen: Energiesparmaßnahmen verursachen in aller Regel Kosten und binden damit<br />

Investitions-)Kapital. Unternehmen drohen unter Verweis auf Konkurrenzdruck und<br />

Abgabenlast mit Abwanderung und dem Abbau von Arbeitsplätzen. Dieses Drohpotential<br />

dürfte in Verhandlungen mit den Behörden seine Wirkung nicht verfehlen.<br />

Noch schwerer wiegt ein zweiter Punkt: Da, wie weiter oben ausgeführt wurde, Art und Zahl<br />

der Adressaten in der Energiesparpolitik stark ansteigen, sind die Behörden überfordert, diese<br />

Belastung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewältigen. Das Vollzugsdefizit<br />

ergibt sich durch die mangelnde Bereitschaft der betroffenen Akteure, die Maßnahmen<br />

freiwillig durchzuführen: „Denn es liegt auf der Hand, daß eine regulative Normierung<br />

prinzipiell kein Verhalten zu motivieren vermag, bei dem es auf Eigeninitiative, Innovation und<br />

positives Engagement ankommt“ (Voigt 1991: 181). Ausbleibende Adressatenkontrolle wegen<br />

Überlastung und das Fehlen von Sanktionen bei Normverstoß stellen ein erwartbares<br />

Implementationsproblem regulativer Energiesparpolitik dar. Sinkt die<br />

Sanktionswahrscheinlichkeit bei Verstößen, „nehmen die Befolgungsdefizite in aller Regel zu“<br />

(ebd.). Allerdings besteht die Möglichkeit, dies über die Sanktionshöhe teilweise zu<br />

kompensieren. Ordnungsrechtliche Maßnahmen sind auf direkten Behördenkontakt ausgelegt.<br />

Je größer das Einsparpotential ist, das die politischen Akteure zu aktivieren trachten, desto<br />

größer wird die Zahl der Adressaten und desto größer drohen die<br />

Implementationsschwierigkeiten zu werden. Dabei bleiben die Probleme, die sich durch<br />

Lobbyismus und Korruption ergeben, noch unberücksichtigt (vgl. zur Bedeutung einer<br />

‘korruptionsressistenten Verwaltung’ von Weizsäcker 1994c: 48).<br />

4.3.4 Motivationsproblem und Problem nicht-intendierter Folgen<br />

Abschließend seien noch das Motivationsproblem und das Problem der nicht-intendierten<br />

Folgen erwähnt. Nach Karger/Schütz/Wiedemann ist die Akzeptanz von<br />

Klimaschutzmaßnahmen, die von staatlicher Seite verpflichtend-autoritär vorgeschrieben<br />

werden, in der Bevölkerung äußerst gering. So stößt z.B. die „Verpflichtung zur Durchführung<br />

von Maßnahmen zur Wärmedämmung“ auf überwiegende Ablehnung (vgl. 1992: 4 f.). Das<br />

Insistieren auf Entscheidungssouveränität ist für den Erfolg hierarchischer Steuerung<br />

kontraproduktiv. Einzig die Überzeugung der Bürger durch Information und Aufklärung, daß<br />

die beschlossenen Maßnahmen ‘notwendig’ und ‘sinnvoll’ sind, kann helfen, das<br />

Motivationsproblem abzumildern. Eine kurzfristige Einstellungsänderung der<br />

Bevölkerungsmehrheit ist aber unwahrscheinlich. Vermutlich wird die Abneigung gegen<br />

staatliche Eingriffe bestehen bleiben.<br />

Unerwartete Effekte, nicht-beabsichtigte und unerwünschte Nebenwirkungen sind aufgrund<br />

der Wissensprobleme des Steuerungsakteurs feste Bestandteile von Problemen hierarchischer<br />

Steuerung. In der Energiesparpolitik kann dies z.B. bedeuten, da sich die<br />

Steuerungsbemühungen nur auf bestimmte Bereiche konzentrieren können, daß<br />

Ausweichmöglichkeiten übersehen werden. Der schwerfällige bürokratische Apparat ist<br />

außerstande, ständig Anpassungsreaktionen vorzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß,<br />

daß in einem so sensiblen Bereich wie dem Energieverbrauch die Adressaten nichts unversucht<br />

lassen, um sich der möglicherweise äußerst kostenintensiven Normerfüllung zu entziehen. Weil<br />

ordnungsrechtliche Maßnahmen ihre Wirkung nur in einem engen Korridor entfalten und<br />

unerwartete Ausweichreaktionen weder verhindern noch sanktionieren können, bleiben sie bei<br />

der Aktivierung von Einsparpotentialen defizitär.<br />

65


4.4 Zusammenfassung und Bewertung<br />

Um meßbare Erfolge im Kampf gegen Klimawandel, Ressourcenverschwendung und<br />

Umweltverschmutzung erzielen zu können, bedarf es einer absehbaren Umstrukturierung der<br />

gesamten Produktions– und Konsumptionsprozesse, eines intersektoralen und intrasektoralen<br />

Wandels. Die Umweltpolitik muß dazu ihre Strategie der Prozeßbegleitung und kurativen<br />

Nachsorge aufgeben und als Querschnittsaufgabe in alle gesellschaftlichen Bereiche integriert<br />

werden. Der Aktivierung von Energiesparpotentialen kommt im Rahmen umfassender<br />

ökologischer Gleichgewichtskonzepte (sustainable development) eine besondere Bedeutung<br />

zu, denn bei der Bewältigung der ‘Titanenaufgabe’ (von Weizsäcker) der Initiierung eines<br />

umweltverträglichen Wirtschaftsprozesses spielt der Energieverbrauch als Leitgröße eine<br />

Schlüsselrolle. Bislang ist festzuhalten,<br />

„daß das ‘Prinzip der Ressourcenschonung’ – vor allem in bezug auf die Einsparung von Rohstoffen<br />

und Energie – als eigenständiges umweltpolitisches Ziel nur geringe Beachtung und daher<br />

insignifikante Wirkungen gezeigt hat. Die Fixierung der Umweltpolitik in erster Linie auf den<br />

umweltbelastenden Output des Wirtschaftsprozesses dürfte auch eine bedeutende Ursache für die<br />

einseitige Indizierung nachgeschalteter Technologien sein, deren Wirkung häufig durch immensen,<br />

ebenfalls Rückstände produzierenden Verbrauch von Energie erkauft wird“ (Beyer u.a. 1993: 16,<br />

Hervorhebung im Original).<br />

Die Übernahme des ordnungsrechtlichen Instrumentariums, dem dominierenden<br />

Steuerungsinstrument in der Umweltpolitik, hat in der Energiesparpolitik bislang nicht zu dem<br />

erwünschten Erfolg geführt. Es ist nicht gelungen, technische und soziale Einsparpotentiale in<br />

einem Maß zu aktivieren, das es rechtfertigen würde, von einer Trendwende oder einem<br />

Umschwung zu sprechen. Im Gegensatz zur ‘klassischen’, schadstoff-orientierten<br />

Umweltpolitik muß in der Energiesparpolitik nicht Symptom-, sondern Ursachenbekämpfung<br />

im Mittelpunkt stehen, nämlich die Reduktion des Ressourcen-Inputs. Wie gezeigt werden<br />

konnte, ermöglichen administrative Maßnahmen nur einen bedingten Zugriff. Vorschriften und<br />

Auflagen beziehen sich auf einen Teil des Reduktionspotentials, eine Ausweitung scheitert an<br />

Komplexitäts-, Wissens– und Implementationsproblemen. Zugespitzt kann man sagen, daß der<br />

Versuch, die Klimaschutz– und Energiesparpolitik als weiteren Baustein der ordnungsrechtlich<br />

geprägten deutschen Umweltpolitik hinzuzufügen, bislang mißlungen ist. Die<br />

Energieproblematik offenbart die geringe Reichweite ordnungsrechtlicher Umweltpolitik, da<br />

sie die Probleme hierarchischer Steuerung überdeutlich konturiert. Exemplarisch können in<br />

diesem Problemfeld die Grenzen kausal-hierarchischer Steuerungskonzepte aufgezeigt<br />

werden. Die offensichtliche Diskrepanz zwischen Erreichtem und Notwendigem (Soll-Ist-<br />

Defizit) hat dazu geführt, daß vor allem ökonomische Steuerungsinstrumente die aktuelle<br />

Diskussion beherrschen. Im folgenden soll untersucht werden, ob eine Energiesteuer als<br />

umweltpolitisches Instrument mit weniger Problemen behaftet ist und bei der Aktivierung von<br />

Energiesparpotentialen erfolgversprechend eingesetzt werden kann.<br />

5. Energiesparen und mediale Steuerung: Energiesteuern<br />

Mit Bezug auf Kap. 1.2 dieser Arbeit soll im folgenden versucht werden, den Einsatz von<br />

Energiesteuern als Beispiel und möglichen Testfall medialer Steuerung zu untersuchen (vgl.<br />

Druwe 1991, insbes. 225 f.). Nach der Definition des Energiesteuerbegriffs (5.1) wird anhand<br />

eines Beispiels das mediale Steuerungskonzept in der Umweltpolitik erläutert (5.2). Im<br />

66


folgenden liegt der Schwerpunkt auf der Erläuterung der Wirkungsmechanismen von<br />

Energiesteuern im Kontext medialer Steuerung, sowie eine Bewertung ihrer umweltpolitischen<br />

Erfolgsaussichten (5.3). Daran schließt sich die Darstellung der Energiesteuervorschläge der<br />

EU-Kommission sowie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW an, die mit Hilfe<br />

von Modellrechnungen zu quantitativen Aussagen über die Höhe des Einsparpotentials<br />

gelangen (5.4). Schließlich erfolgt eine Einordnung von Energiesteuern aus Sicht der<br />

ökonomischen Theorie (5.5).<br />

5.1 Energiesteuern – eine Definition<br />

Vorab muß geklärt werden, wie der Begriff ‘Energiesteuern’ definiert wird. Grundsätzlich sind<br />

Energiesteuern der Gruppe der umweltökonomischen Steuerungsinstrumente zuzurechnen,<br />

durch deren Einsatz "Umweltpolitik mit öffentlichen Einnahmen" betrieben wird (vgl. Wicke<br />

1991: 344 ff.). Zu diesen zählen vor allem Umweltlizenzen und Umweltabgaben. Unter<br />

steuerrechtlichen Gesichtspunkten stellen Energiesteuern eine besondere Form von<br />

Umweltabgaben dar, deren Hauptzweck in der Verwirklichung umweltpolitischer Ziele liegt.<br />

Die eigentliche Aufgabe von Steuern, nämlich die Erzielung von Einnahmen, tritt in den<br />

Hintergrund und ist als Nebenzweck höchstens von sekundärer Bedeutung (vgl. Rodi 1993:<br />

35). Unter Energiesteuern soll deshalb folgendes verstanden werden:<br />

Energiesteuern heißen diejenigen ökonomischen umweltpolitischen Steuerungsinstrumente,<br />

die Konsumption und/oder Produktion von Energie durch staatliche Auferlegung von Steuern<br />

mit höheren Kosten belegen. Im Vordergrund steht dabei die ökologische Wirksamkeit, nicht<br />

die Erzielung von Einnahmen.<br />

Mit dieser Definition wird deutlich, daß ‘Energiesteuern’ als Sammelbegriff ein<br />

Maßnahmenbündel bezeichnen, das sich aus verschiedenen Einzelvorschlägen zusammensetzt.<br />

Die Vorschläge unterscheiden sich in bestimmten, unter Umständen aber wichtigen Details. Die<br />

Besteuerung von Kohlendioxidemissionen stellt eine besondere Form von Energiesteuer dar,<br />

die in der Linearität von Brennstoffeinsatz und CO 2 -Emissionen begründet liegt. Gemeinsam<br />

ist allen Vorschläge, daß Herstellung und Verbrauch von Energie verteuert werden, wobei<br />

erneuerbare Energien in der Regel von der Besteuerung ausgenommen sind. Ob diese<br />

Verteuerung durch Input– oder Outputbesteuerung 100 , eine kombinierte CO 2 /Energiesteuer,<br />

wie sie von der EU vorgeschlagen wurde 101 , oder eine CO 2 -Abgabe 102 zustande kommt, ist<br />

einstweilen nebensächlich 103 .<br />

100 Vgl. zu diesem Problem Enquete-Kommission 1995: 587; DIW (Hrsg.) 1994: 57 ff.<br />

101 Vgl. als Auswahl aus der umfangreichen Literatur z.B. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1991 und 1992;<br />

Europäische Gemeinschaften/Europäisches Parlament 1991: 301; Schiffer 1992: 362 ff.; Faross 1993: 296 ff.; Wacker-<br />

Theodorakopoulos 1993; Ifo (Hrsg.) 1994b<br />

102 Vgl. Tewinkel/Hansjürgens 1991; Sprenger u.a. 1994: 208 ff.<br />

103 Zu konkreten Vorschlägen von Energiesteuern vgl. Kap. 5.4<br />

67


5.2 Mediale Steuerung in der Umweltpolitik<br />

Wie in Kap. 1. dargelegt wurde, beruht der Ansatz medialer Steuerung auf der<br />

modelladäquaten Übertragung der ‘Theorie der Autopoiese’ auf die Sozialwissenschaften.<br />

Zusammenfassend stellt sich dies wie folgt dar:<br />

1. Soziale Systeme (z.B. gesellschaftliche Subsysteme wie das Wirtschaftssystem, aber auch<br />

Gruppen, Verbände oder Vereine) besitzen eine autopoietische Organisationsstruktur. Sie<br />

bestehen aus Mitgliedern und deren Relationen (Verhaltenskoordinationen) untereinander.<br />

Personen sind als ‘Systemelemente’ Träger von Sprache und Handlung, gleichzeitig werden<br />

sie durch Sprache und Handlung erst als Systemitglieder erzeugt.<br />

2. Sozialsysteme sind operational geschlossen und gleichzeitig ihrer Umwelt gegenüber<br />

interaktionsoffen. Andere Sozialsysteme stellen für das System Medien dar, an die es über<br />

strukturelle Kopplungen gebunden ist, die sich zu konsensuellen Bereichen dauerhafter<br />

Interaktionen weiterentwickeln können. Das systeminterne<br />

Verhaltenskoordinationsnetzwerk legt die Interaktionsmöglichkeiten mit der Umwelt fest:<br />

"Das Medium eines Sozialsystems ist folglich die Gesamtheit der Interaktionen, in die das<br />

Sozialsystem mit seiner Umwelt eintreten kann" (Görlitz 1991: 238).<br />

3. Strukturveränderungen des Systems können von außen nicht erzwungen werden.<br />

Perturbationen wirken als Strukturveränderungen des Mediums und können Änderungen in<br />

der Systemstruktur auslösen. Um wahrgenommen zu werden, muß die Perturbation a) den<br />

Systemcode des Sozialsystems repräsentieren b) dessen Interaktionsmodus und<br />

Systemrationalität entsprechen und c) auf das Interaktionsfeld zwischen System und<br />

Medium abgestimmt sein:<br />

"Steuerung versteht sich in diesem Kontext als umweltvariierende Aktivität zur strukturangemessenen<br />

Veränderung intern determinierter (selbstgesteuerter) Systemzustände" (ebd.).<br />

5.2.1 Umweltpolitische Steuerung<br />

Mit Blick auf umweltpolitische Steuerung liefert diese Steuerungskonzeption Hinweise, die bei<br />

der Entwicklung eines Instrumentenmixes berücksichtigt werden müssen:<br />

1. Die strukturdeterminierte Abarbeitung von Perturbationen verbieten dem politischen System<br />

hierarchische Interventionen mit nicht-systemadäquaten Steuerungsreizen. Diese werden<br />

entweder gar nicht wahrgenommen und laufen so ins Leere. Oder sie verursachen<br />

Abwehrreaktionen, da jedes Sozialsystem bestrebt sein muß, die eigene Struktur<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

2. Um Zustandsveränderungen initiieren zu können, muß das politische System relevante<br />

Informationen über Mitglieder, Sprache, spezifische Verhaltenskoordinationen und<br />

Systemrationalitäten des sozialen Systems besitzen. Ohne dieses Wissen kann es zu keinem<br />

gelungenen Interaktionsprozeß zwischen den Sozialsystemen kommen. Erfolgreiche<br />

intentionale Steuerung als strukturelle Kopplung in einem bestimmten Interaktionsbereich<br />

ist um so wahrscheinlicher, je fundierter die Kenntnisse über die jeweilige Struktur des<br />

Systems sind. Denn dessen "Systemrationalitäten sind ausschlaggebend für den Steuerungs–<br />

bzw. den Kopplungserfolg" (Druwe 1994: 76).<br />

68


5.2.2 Das Baden-Württembergische ‘Staatsdomänenkonzept’<br />

Als empirischen Testfall von Steuerung durch ‘mediales Recht’ in der Umweltpolitik hat sich<br />

eine Forschergruppe um A. Görlitz mit dem ‘Staatsdomänenkonzept’ des Stuttgarter<br />

Ministerrats 104 auseinandergesetzt (vgl. Kaier 1994: 160 ff.). Grob gesagt handelt es sich dabei<br />

um den Versuch, durch Umstellung der staatseigenen landwirtschaftlichen Güter auf eine<br />

konsequent bodenschonende Bewirtschaftung ein Vorbild abzugeben und die umliegenden<br />

privatwirtschaftlichen Betriebe zur Nachahmung anzuregen. Unterstützt wird dies durch<br />

ostentative Aktivitäten der Domäne selbst, wie auch der konzeptbegleitenden<br />

Regierungspräsidien und Landwirtschaftsämter (z.B. Informationen über extensiven Landbau,<br />

Tag der offenen Tür, Maschinenverleih, Saatgutvermehrung). Dahinter steht die Einsicht, daß<br />

Umstellungen auf ökologisch-extensiven Landbau weder ordnungsrechtlich erzwungen, noch<br />

administrativ vollzogen werden können (vgl. Görlitz 1991: 235), obwohl die intensive<br />

Landbewirtschaftung zu erheblichen Umweltschädigungen führt (Trinkwasserverschmutzung,<br />

Eutrophierung von Gewässern, Einbringung von Giftstoffen in die Nahrungsmittelkette,<br />

Bodenerosion u.a.m.). Das Problem lautet: Wie können ökologische Strukurveränderungen<br />

durch das ‘Medium’ Staatsdomäne ausgelöst werden, wenn die autopoietische Systemstruktur<br />

der landwirtschaftlichen Betriebe beachtet und respektiert wird? A. Kaier entwickelt dazu zwei<br />

zentrale Fragestellungen:<br />

"1. Was wird momentan überhaupt von den landwirtschaftlichen Betrieben als ‘Perturbationen’<br />

wahrgenommen, und welche strukturellen Veränderungen haben diese ‘Perturbationen’ im<br />

autopoietischen System konkret zur Folge?<br />

2. Über welche strukturellen Determinanten verfügen die landwirtschaftlichen Betriebe, oder anders<br />

ausgedrückt, welches potentielle Instrumentarium steht dem Medium Staatsdomäne überhaupt zur<br />

Verfügung, und welche potentiellen Abarbeitungsmöglichkeiten sind in der Struktur des<br />

landwirtschaftlichen Betriebes festgelegt?" (1994: 163 f.)<br />

Entscheidend für die Erfolgswahrscheinlichkeit medialer Steuerung sind Kenntnisse über die<br />

Strukturen des zu perturbierenden sozialen Systems, seine Bestandteile,<br />

Verhaltenskoordinationen und die spezifische Systemrationalität (vgl. Druwe 1994: 76 f.). Aus<br />

der modelladäquaten Übertragung der ‘Theorie der Autopoiese’ ergibt es sich, daß<br />

Beeinflußungsversuche systemintern als Störung wahrgenommen und ausschließlich<br />

strukturdeterminiert abgearbeitet werden. Dies zieht eine konsequente Hinwendung zum<br />

‘Steuerungsgegenstand’ nach sich. So geschehen beim Domänenkonzept.<br />

Hier lag der Schlüssel zum Erfolg in der Berücksichtigung der vorhandenen Betriebsstruktur,<br />

z.B. der jeweiligen Form der Bodenbewirtschaftung. Erwünschte Nachahmungsreaktionen<br />

setzen Kopplungsmöglichkeiten voraus: "Es ist wenig sinnvoll, wenn eine Domäne in einem<br />

Gebiet mit überwiegender Masttierhaltung vorbildlichen Ackerbau betreibt" (Kaier 1994: 184).<br />

Um die Domäne strukturell an die umliegenden Höfe zu koppeln, d.h. zur Übernahme<br />

extensiver Bodenbewirtschaftung anzuregen, ist der Kenntnisstand über das autopoietische<br />

Sozialsystem ‘Landwirtschaftsbetrieb’ ausschlaggebend: Wissen um ‘harte’ Fakten wie<br />

Ausbildungsniveau des Betriebsleiters, Arbeitskräftebesatz, Grund– und Gebäudeausstattung,<br />

Maschinenausrüstung, Art und Umfang der Tierhaltung (ebd. 173), aber auch Wissen über die<br />

‘Teilwelt Dorf’ als sozialem Milieu sind unabdingbar. Die Position der Familien und einzelner<br />

Mitglieder im Dorf, Verteilung, Größe und Lage von Besitz, die bäuerliche Arbeitsorganisation<br />

104 Grundlage hierfür war das "Bodenschutzkonzept Baden-Württemberg" vom 25.11.1985 (vgl. Kaier 1994: 164).<br />

69


(vgl. Wörner 1994: 116 f.), all dies bestimmt das "Ortsbewußtsein" als<br />

"Kommunikationszusammenhang der Gemeinde" (ebd. 120).<br />

Je größer das Wissen um die genannten Faktoren bei Domänen, Landwirtschaftsämtern und<br />

Regierungspräsidien ist, desto eher sind diese in der Lage, Perturbationen zu setzen, die<br />

wahrgenommen werden und langfristig zu ökologischen Strukturveränderungen führen 105 .<br />

Wesentlich erleichtert wird dies dadurch, daß die ‘steuernden’ Instanzen in direktem<br />

persönlichen Kontakt mit den Landwirtschaftsbetrieben stehen und selbst Teil des<br />

übergeordneten ökologischen Sozialsystems sind 106 . Im Domänenkozept kann auf vorhandene<br />

konsensuelle Bereiche mit stabilen Interaktionsmustern zurückgegriffen werden. Diese gilt es<br />

zu nutzen und zu variieren, denn das Ausmaß der Anpassungsreaktionen hängt von der<br />

"Intensität der ökologischen Interaktionen zwischen Landwirtschaften und Domänen ab"<br />

(Görlitz 1990b: 85).<br />

Trotz differenzierter Kenntnis der Struktur und Systemrationalität sind Zustandsveränderungen<br />

landwirtschaftlicher Betriebe immer nur wahrscheinlich, nie determiniert. So konnten bei<br />

Befragungen von Landwirten im Umfeld der Domäne ‘Maßhalderbruch’ auch Betriebe<br />

identifiziert werden, die aufgrund ihrer ‘Systemidentität’ die Störung durch die extensiv<br />

wirtschaftenden Staatsbetriebe nicht wahrgenommen haben, was folglich auch keine<br />

Nachahmungs– oder Anpassungsreaktionen auslöste (vgl. Kaier 1994: 179 f.).<br />

Im Rahmen der medialen Steuerungsanalyse von A. Kaier wurde die Hypothese aufgestellt,<br />

daß die extensiv wirtschaftenden Staatsdomänen via strukturelle Kopplung einen<br />

Interaktionsprozeß mit den umliegenden Betrieben in Gang setzen, der ökologische<br />

Handlungsweisen der Landwirte zur Folge hat. Um Staatsdomänen und landwirtschaftliche<br />

Betriebe als empirische Relative des ökologischen autopoietischen Systems rekonstruieren zu<br />

können, waren umfangreichen Vorarbeiten notwendig, auf die hier nicht näher eingegangen<br />

werden kann (vgl. dazu insbesondere Roth 1990; Birkle/Kaier 1990). Die Ergebnisse sich<br />

anschließender Untersuchungen, z. B. in Form von Befragungen der Landwirte, bestätigen,<br />

daß gemäß der aufgestellten Hypothese intendierte Strukturveränderungen festgestellt werden<br />

konnten.<br />

Das Staatsdomänenkonzept setzt auf die ökologische Selbststeuerung der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe. Kontrolle oder Sanktionen sind in diesem Konzept nicht vorgesehen. Die neue<br />

extensive Wirtschaftsweise wird von den ‘Steuerungsobjekten’ selbst eingeführt und<br />

überwacht. Die umweltpolitisch gewünschte Extensivierung der Landwirtschaft kann nicht<br />

gegen den Widerstand der Betriebe erreicht werden. Das Ergebnis der zitierten Untersuchung<br />

lautet denn auch konsequent probabilistisch:<br />

"Strukturveränderungen innerhalb der Domänen, wie sie durch die Maßnahmen des Domänenkonzepts<br />

verursacht werden, können zu Strukturveränderungen bei den landwirtschaftlichen Betrieben führen"<br />

(Kaier 1994: 186, Hervorhebung JC).<br />

Die politikwissenschaftliche Diskussion um ‘politische Steuerung’ ist mit der medialen<br />

Steuerungskonzeption um eine operationalisierbare Variante bereichert worden. Sie steht damit<br />

in Gegensatz zum Konzept der autopoietischen sozialen Systeme von N. Luhmann, der bis<br />

dato keine empirischen Belege für seinen Steuerungspessimismus anführen konnte. U. Druwe<br />

105 Dieses Wissen ist z.B. notwendig, um zu entscheiden, welche Informationen bereitgestellt und wie sie verbreitet<br />

werden können. Oder welche Geräte und Maschinen zur Ausleihe zur Verfügung gestellt werden. A. Görlitz nennt als<br />

erfolgreiches Beispiel den Gebrauch des "Hackstriegels" zur mechanischen Unkrautbekämpfung (1991: 243).<br />

106 Zur Konstruktion des ökologisch-autopoietischen Systems vgl. Roth (1989: 113 ff.)<br />

70


ezweifelt, ob dies in absehbarer Zeit überhaupt möglich ist, "zumindest wenn man die<br />

gegenwärtigen Standards der empirischen Sozialforschung zugrundelegt" (1994: 70).<br />

5.3 Mediale Steuerung und Energiesteuern<br />

Nach der Darstellung des Baden-Württembergischen Staatsdomänenkonzepts stellt sich die<br />

Frage, ob Energiesteuern als Perturbationen im Sinne medialer Steuerung aufgefaßt werden<br />

können. Zur Beantwortung ist es notwendig, nochmals einige Ausführungen heranzuziehen, die<br />

in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Wie in Kap. 4 dargelegt wurde, ist die<br />

staatliche Festsetzung der absoluten Energieverbrauchsmenge bzw. des Ressourcen-Inputs<br />

politisch nicht durchsetzbar, da dies u.a. gegen geltende Verfassungsgrundsätze verstoßen<br />

würde. Marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung und garantierte materielle Freiheitsrechte<br />

gestatten kein solches Vorgehen. Damit besteht eine erste Parallele zum<br />

‘Staatsdomänenkonzept’, in dem ebenfalls davon ausgegangen wurde, daß eine Erzwingung<br />

extensiv-ökologischer Landbewirtschaftung durch ein Verbot weder politisch noch rechtlich<br />

möglich ist (vgl. Görlitz 1991: 235). Ordnungsrechtlich geprägte Energiesparpolitik<br />

konzentriert sich infolgedessen auf die Definition und Durchsetzung anlagebezogener<br />

Verbrauchsobergrenzen, deren Mißachtung durch administrative Kontrollen verhindert und<br />

durch Sanktionen geahndet werden sollen.<br />

Ein entsprechender Ansatz ist die Grenzwertepolitik in der Landwirtschaft, um so z.B. die<br />

Probleme der Nitratbelastung des Trinkwassers in den Griff zu bekommen. Doch blieb der<br />

Erfolg restriktiver Umweltschutzprogramme weitgehend aus, weil kurzfristige Auflagenpolitik<br />

das Umweltverhalten der Landwirte nicht nachhaltig beeinflußte: So zeigt zum Beispiel G.<br />

Schur in einer Studie zum Umweltverhalten von Landwirten in der Region Oberschwaben die<br />

Wirkungslosigkeit von Schadstoff-Grenzwerten in der Landwirtschaft auf:<br />

"Am Beispiel des Nitratwertes für Trinkwasser weist Schur nach, daß trotz europaweiter Diskussionen<br />

und einer Verschärfung des Wertes auf 50 mg NO3/l Wasser im Jahr 1988 keine Verbesserung der<br />

Situation eintrat. Im Gegenteil, die Werte verschlechterten sich dramatisch" (Kaier 1994: 160).<br />

Sind die Behörden schon bei der Kontrolle der Einhaltung vorgeschriebener Grenzwerte in der<br />

Landwirtschaft überfordert, potenziert sich die Problematik in der Energiesparpolitik. Denn je<br />

größer die Zahl der von ordnungsrechtlichen Umweltschutzvorschriften Betroffenen ist, desto<br />

größer werden die Kontrollaufgaben der Umweltbehörden. Doch deren Kontrollkapazitäten<br />

sind begrenzt. Zwar beeinflußt die Höhe der Sanktion die Wahrscheinlichkeit von<br />

Normverletzungen, diese ‘Regel’ kann aber nur mit Einschränkungen auf den sensiblen<br />

Energiebereich angewandt werden, da strafrechtliche Konsequenzen derzeit nur in<br />

Ausnahmesituationen, d.h. bei besonders schweren Normverstößen, denkbar sind 107 .<br />

Schwerer wiegt das Problem, daß das ökologische Handlungspotential durch Vorgaben bei<br />

weitem nicht ausgeschöpft wird. Vorschriften sind denkbar ungeeignet, Aktivitäten<br />

anzustoßen, die auf Eigeninitiative und Selbstengagement beruhen. Denn selbst wenn sie im<br />

Idealfall wortgetreu erfüllt werden, belasten sich die Normadressaten nicht mit weitergehenden<br />

Anstrengungen. Doch eben dieser selbstgetragene zusätzliche Aufwand, der über die<br />

Normerfüllung hinausgeht, steht im Mittelpunkt erfolgreicher Energiespar– und ökologischer<br />

107 Es besteht allerdings die Möglichkeit, daß es bei der Zunahme energiebedingter Umweltprobleme (z.B. eines<br />

Temperaturanstiegs infolge des Treibhauseffekts) zu einer deutlichen Verschärfung der Sanktionen kommt.<br />

71


Landwirtschaftspolitk. Hier wie da basieren langfristige Erfolge auf Strukturveränderungen<br />

durch Handlungsvariationen der Akteure: Landwirte müssen die extensive Bewirtschaftung in<br />

ihre Betriebsstrukturen integrieren. Die Akteure des Energiesystems müssen ihre je<br />

spezifischen Energiespar-Handlungspotentiale aktivieren und in eine dauerhaft energieextensive<br />

Strukur überführen. Mit dem ‘Staatsdomänenkonzept’ scheint ein Weg gefunden, dies im<br />

landwirtschaftlichen Bereich ansatzweise umzusetzen.<br />

5.3.1 Wirtschafts– und Energiesystem<br />

Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen ist die Tatsache, daß Produktion und Konsumption<br />

von Energie in Industriegesellschaften wie der Bundesrepublik Deutschland immer mit<br />

monetären Transaktionen verbunden sind. Im Gegensatz zu industriell weniger entwickelten<br />

Staaten haben vom Wirtschaftskreislauf nicht erfaßte, also sog. nicht-kommerzielle<br />

Energieträger in Deutschland nur eine verschwindende Bedeutung 108 und können deshalb<br />

vernachlässigt werden. Es kann weiter davon ausgegangen werden, daß alle<br />

Gesellschaftsmitglieder auf irgendeine Art und Weise Energie verbrauchen. Zahlungen,<br />

konkretisiert in Kosten beim Verbrauch und Einnahmen bei der Produktion, schließen sich an.<br />

Sie bilden die Schnittstelle zum Wirtschaftssystem und zur Teilnahme am allgemeinen<br />

Wirtschaftsprozeß. Dieser deterministische Zusammenhang erlaubt es, das Energiesystem als<br />

Grenzmilieu des Wirtschaftssystems aufzufassen und stellt die Grundlage für die Annahme dar,<br />

durch den Einsatz eines ökonomischen Steuerungsinstruments Einfluß auf die Höhe des<br />

Energieverbrauchs ausüben zu können. Faßt man das Wirtschaftssystem gemäß der<br />

Selbstorganisationstheorie als autopoietisches, operational geschlossenes Sozialsystem auf,<br />

sind dessen Mitglieder und ihre Verhaltenskoordinationen ausschlaggebend für alle<br />

umweltpolitisch intendierten Steuerungsabsichten.<br />

Die Systemrationalität des ökonomischen Systems bestimmt über diese Verbindung maßgeblich<br />

die Erfolgschancen umweltpolitischer Steuerungsbemühungen im Energiebereich. In<br />

marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen ist die Systemrationalität durch eine spezifische<br />

Interaktionslogik geprägt: Die Mitglieder des Systems operieren gemäß dem<br />

entscheidungstheoretischen Modell des ‘homo oeconomicus’ als individuelle<br />

Nutzenmaximierer. Die systemrelativen Verhaltenskoordinationen innerhalb des<br />

Wirtschaftssystems konkretisieren sich in der ‘Systemsprache’: Es sind Zahlungen, die durch<br />

den Austauschs von Geldeinheiten realisiert werden. Gelangen die umweltpolitischen Akteure<br />

zu der Überzeugung, daß die Struktur des Energiesystems umgestaltet werden soll, müssen<br />

Steuerungsversuche, die über das Wirtschaftssystem laufen, dessen Systemrationalität<br />

berüchsichtigen und in der Sprache formuliert sein, die vom System verstanden wird.<br />

Wie ausgeführt, sind Lösungsansätze der Energie– und Klimaproblematik in erster Linie an<br />

Energieeinsparungen geknüpft. Ziel jeder Energiesparpolitik ist es, technologische und soziale<br />

Einsparpotentiale zu aktivieren, also vor allem die Innovationsgeschwindigkeit zu forcieren<br />

und eine breite Umstellung auf ökologische Handlungsalternativen zu bewirken. Bei diesem<br />

Vorhaben ist ein bedeutender Nachteil ordnungsrechtlicher Auflagenpolitik darin zu sehen, daß<br />

108 Als nicht-kommerzielle Energieträger gelten vor allem Brennholz und Dung, die sich die Menschen durch direkten<br />

Zugriff zum Eigenverbrauch aneignen. Man schätzt, daß diese "Energieträger in Südamerika etwa ein Drittel des<br />

kommerziellen Energieverbrauchs betragen und in den Ländern Afrikas und Asiens sogar etwa die gleiche<br />

Größenordnung aufweisen wie die kommerziellen Energiequellen" (Nutzinger/Zahrnt 1990: 17). Vgl. auch in Kap. 3.<br />

den Abschnitt über die "Ungleiche Verteilung des Energieverbrauchs".<br />

72


nur ein Bruchteil der vorhandenen Potentiale erfaßt wird (vgl. Kap. 4.2). Energiesteuern<br />

hingegen entfalten eine wesentlich größere Wirkungsbreite, da grundsätzlich alle<br />

Energiekonsumenten und –produzenten, vermittelt über den Wirtschaftsprozeß, von der<br />

Maßnahme erreicht werden, oder –in den Worten des medialen Steuerungsansatzes– die<br />

strukturelle Veränderung des Mediums als Perturbation wahrnehmen. Als Strategie zur<br />

Kostenanlastung stellen Energiesteuern eine konsequente Anwendung des umweltpolitischen<br />

Verursacherprinzips dar. Energiesteuern als konkreter Anwendungsfall medialer Steuerung<br />

sind gegenüber der Struktur des Wirtschaftssystems ‘systemkompatibel’. Da sie den<br />

Systemcode repräsentieren, ist eine strukturelle Kopplung des politischen Systems an das<br />

Wirtschaftssystem möglich. Energiesteuern passen sich ein und werden von den<br />

energieverbrauchenden und produzierenden Mitgliedern des Wirtschaftssystems als ‘Störung’<br />

interpretiert, die gemäß der systeminternen Rationalität strukturdeterminiert abgearbeitet wird.<br />

Vom autopoietischen Standpunkt aus ist das Wirtschaftssystem ein gesellschaftliches<br />

Subsystem n-ter Ordnung, dessen Elemente (Personen) durch Ausbildung von konsensuellen<br />

Bereichen höherstufige Sozialsysteme (z.B. Betriebe) ausbilden, die ihrerseits nach der Logik<br />

des Wirtschaftssystems operieren. Setzt das politische System eine Perturbation durch die<br />

direkte (beim Ressourcen-Input) oder indirekte (bei der CO 2 -Steuer) Verteuerung von<br />

Energie, können über das Wirtschaftssystem im Energiesystem Zustandsveränderungen<br />

erwartet werden, die mit einem geringeren Gesamtenergieverbrauch einhergehen.<br />

Einsparpotentiale werden auf allen Ebenen aktiviert. Ohne Kontrolle oder<br />

Sanktionsandrohungen durch das politisch-administrative System kommt es durch die<br />

Perturbationssetzung zu selbstgesteuerten Strukturveränderungen.<br />

Die angestoßenen Wandlungsprozesse führen dabei nicht zu statisch-gleichförmigen<br />

Anpassungsreaktionen, wie im Fall von Vorschriften– und Auflagenregelungen, sondern<br />

berücksichtigen die unterschiedlichen Energiespar-Handlungspotentiale der jeweiligen<br />

Sozialsysteme. Die internen Strukturvarietäten des Systems bestimmen Art, Intensität und<br />

Geschwindigkeit der Veränderung. Mediale Steuerung erkennt die Freiheitsgrade autonom<br />

operierender Systeme an und demonstriert so ihre Überlegenheit gegenüber hierarchischen<br />

Interventionsversuchen: Beim Domänenkonzept ging es nicht darum, Landwirte zu extensiven<br />

Bewirtschaftungsformen zu nötigen, sondern durch Vorbildfunktion und Bereitstellung von<br />

Information und Hilfe das vorhandene ökologische Handlungspotential zu aktivieren. Den<br />

Betroffenen bleibt die Entscheidung, ob sie das gewünschte Verhalten zeigen und vor allem<br />

wie sie die Außeneinflüsse umsetzten (vgl. Druwe 1991: 217). Die teils erfolgte Umstellung<br />

der privaten Landwirtschaftsbetriebe in Domänenumgebung verlief selbstgesteuert und beruhte<br />

darauf, einen Mechanismus der Selbstkontrolle in Kraft zu setzen, der zu einer Verbesserung<br />

der ökologischen Situation führt (vgl. Kaier 1994: 184).<br />

Ähnlich ist die Wirkung von Energiesteuern einzuschätzen: Auch hier gibt es keine<br />

administrativen Verhaltensvorgaben durch konkrete Normsetzung. Die als Kostensteigerungen<br />

wahrgenommenen Steuern lösen voraussichtlich eine zweifache Reaktion aus:<br />

1) Energieverbraucher suchen nach Möglichkeiten die gleiche Menge Energiedienstleistungen<br />

bei sinkendem Verbrauch konsumieren zu können, d.h. sie versuchen durch Ausnutzung<br />

technologischer Reduktionspotentiale die Energieproduktivität zu erhöhen (vgl. von<br />

Weizsäcker 1992: 34 f.).<br />

2) Sie untersuchen ihre energieverbrauchenden Handlungen, deren Kosten sich erhöht haben,<br />

auf den Stellenwert innerhalb ihrer Präferenzordnung. Ob, und wenn ja welche Handlungen<br />

73


nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung eingestellt bzw. restringiert werden, ist individuell<br />

verschieden und nicht verallgemeinerbar.<br />

Energiesteuern tragen den Energiesparansatz über den Wirtschaftsprozeß in die Gesellschaft,<br />

wobei insbesondere die Gebiete von Interesse sind, in denen dem politisch-administrativen<br />

System ein autoritativer Zugriff weitgehend verwehrt ist (z.B. in der Freizeitgestaltung 109 ).<br />

Damit zeigt sich ein weiterer Vorteil gegenüber dem Ordnungsrecht: Energiesteuern sind in der<br />

Lage soziale Einsparpotentiale zu aktivieren, die in bezug auf den Gesamtenergieverbrauch<br />

von enormer Bedeutung sind. Langfristig initiieren Energiesteuern einen selbstgesteuerten<br />

ökologischen Strukturwandel, so die umweltpolitischen Erwartungen an das<br />

Steuerungsinstrument.<br />

5.3.2 Unterschiede zwischen Domänenkonzept und Energiesteuern<br />

Bei allen Gemeinsamkeiten zwischen ‘Staatsdomänenkonzept’ und Energiesteuern gibt es<br />

allerdings auch wichtige Unterschiede der beiden skizzierten Anwendungsbeispiele. Während<br />

der Umstieg der Landwirte auf ökologischen Landbau auf Freiwilligkeit beruht (vgl. Kaier<br />

1994: 172 f.), stellen Steuererhöhungen eine Perturbation dar, die das politische System mit<br />

Macht an das Wirtschaftssytem ankoppelt. Im Gegensatz zu der Möglichkeit für die<br />

landwirtschaftlichen Betriebe, die ‘Domänen-Störung’ ohne Konsequenzen zu ignorieren, ist<br />

die Festsetzung bestimmter Steuersätze eine Entscheidung des politisch-administrativen<br />

Systems, die unter Einsatz der Ressource ‘Macht’ getroffen wird und auf die zu reagieren die<br />

Akteure des Wirtschaftssystems gezwungen sind. Steuererhöhungen verursachen einen<br />

Handlungsdruck, dessen Intensität von der Energieabhängigkeit und den internen<br />

Strukturvarietäten der betroffenen Energiekonsumenten und –produzenten bestimmt wird.<br />

Verhaltens– und damit einhergehend Strukturveränderungen werden zwar nicht direkt<br />

erzwungen, sondern mit dem "weichen Steuerungsinstrument" (vgl. Druwe 1991: 217)<br />

Energiesteuern initiiert:<br />

"Unter Beibehaltung des Prinzips freier (unternehmerischer) Entscheidung soll die Abgabe –sozusagen<br />

mit sanftem Zwang– auf indirektem Wege bewirken, daß ein potentieller Umweltschädiger bzw. –<br />

verschmutzer die umweltschonendere Handlungsalternative wählt, weil dies für ihn zugleich die<br />

kostengünstigere Lösung darstellt" (Voigt 1991: 186; vgl. auch Wicke 1991: 383).<br />

Die Wahrscheinlichkeit, daß Energiesteuern als externe Störungen nicht zu<br />

Strukturveränderungen führen, ist wesentlich geringer als im Fall des Domänenkonzepts, da sie<br />

alle Mitglieder des Wirtschaftssystems als Kostensteigerungen wahrnehmen. Es kann davon<br />

ausgegangen werden, daß die strukturelle Kopplung des politischen an das Wirtschaftssystem<br />

über Energiesteuern gelingt. Ob aber die umweltpolitisch intendierten Einspareffekte und<br />

sozialsystemischen Zustandsveränderungen verwirklicht werden, ist damit noch keineswegs<br />

gesichert, hängt die Intensität des Handlungsdrucks doch maßgeblich von der Höhe der<br />

Energiesteuer ab. Die einheitliche Festsetzung des Steuersatzes führt wegen der inhomogenen<br />

109 So fällt z.B. die Freizeitgestaltung in den Bereich der sozialen Reduktionspotentiale: "Allein bis zu einem Viertel ihres<br />

Energieverbrauchs wenden deutsche Haushalte für die Freizeitgestaltung auf. [...] Der wichtigste Faktor für den<br />

steigenden Energievebrauch in der Freizeit ist das Autofahren. In den Jahren zwischen 1976 und 1989 nahm die<br />

Fahrleistung -die pro Insasse zurückgelegte Wegstrecke- um 78 Prozent zu. Zwar wird insgesamt mehr gefahren, der<br />

drastische Anstig ist aber vor allem darauf zurückzuführen, daß in immer mehr Fahrzeugen nur eine Person sitzt" (Ell<br />

1995: 19).<br />

74


Struktur des Energiesystems zu einer differierenden Wahrnehmung und Abarbeitung der<br />

Störung durch die Systemmitglieder.<br />

Idealiter müßte der Steuersatz genau so hoch sein, daß umweltpolitisch vorgegebene<br />

Einsparziele realisiert werden. Die dafür notwendigen Informationen würde nur eine Analyse<br />

der Einsparpotentiale der Mitglieder des Energiesystems und ihrer Präferenzordnungen liefern.<br />

Wie in Kap. 4 dargelegt wurde, überfordert dies einerseits die<br />

Informationsverarbeitungskapazität des politischen Systems, anderseits verbergen önomischrationale<br />

Akteure ihre wahren Präferenzen, um nicht zu Zahlungen herangezogen zu werden.<br />

In deutlichem Unterschied zum Domänenkonzept verfügt das politisch-administrative System<br />

nicht über spezialisierte Detailkenntnisse der Struktur des Energiesystems, mithin der<br />

Energiekonsumenten und –produzenten. Deren charakteristische technologische und soziale<br />

Energiesparpotentiale bleiben weitgehend unbekannt. Daß trotz dieses Defizits mit<br />

Energiesteuern eine Perturbation gesetzt werden kann, liegt in der Systemrationalität des<br />

ökonomischen Systems begründet. Die Hürde des Wissensproblems verschwindet also beim<br />

Steuerungsinstrument Energiesteuern keineswegs. Sie zeigt sich nur in anderer Gestalt,<br />

nämlich bei der Festlegung des Steuersatzes.<br />

Durch die Problemökonomisierung mittels Energiesteuern wird das Wissensproblem zunächst<br />

entschärft, da nicht mehr durch das politisch-administrative System vorgegeben wird, wie und<br />

wo Energie eingespart werden muß, sondern diese Entscheidungen vollständig dem jeweiligen<br />

Sozialsystem (egal ob Familie, Betrieb oder EVU) überantwortet werden. Ohne über<br />

ausreichendes Wissen der erheblichen Strukturunterschiede innerhalb des Energiesystems zu<br />

verfügen, kann mit Energiesteuern eine Perturbation gesetzt werden. Das ökonomische<br />

Steuerungsinstrument gestattet es dem politischen System, die ‘Anreizmechanismen’ des<br />

Wirtschaftssystems für eigene (umweltpolitische) Ziele zu instrumentalisieren. Der Vorteil<br />

monetärer Anreize besteht genau darin, daß sie trotz Informationsdefiziten wirken.<br />

Mit dem Anspruch möglichst intensiver Analyse der Struktur von Sozialsystemen, also der<br />

Hinwendung zum Steuerungsgegenstand, stößt der mediale Steuerungsansatz in der<br />

Energiesparpolitik an Grenzen. Energiesteuern zeichnen sich dadurch aus, daß sie eine<br />

unspezifische und generalisierende Störung darstellen. Sie nehmen keine Rücksicht auf<br />

‘lokale’, z.B. unternehmensspezifische, Besonderheiten. Während Landwirte und Domänen in<br />

direktem Kontakt stehen, verläuft die Steuerung über Energiesteuern unpersönlich und<br />

indirekt. Die Perturbation bleibt auf Kostensteigerungen beschränkt 110 . Wollte man die<br />

Vorgehensweise des Domänenkonzepts auf das Steuerungsinstrument Energiesteuern<br />

übertragen, hieße das, daß der Steuersatz gemäß dem aktuellen Wissen des politischen Systems<br />

(z.B. von Umweltverwaltungen) über bestimmte Mitglieder des Energiesystems so gewählt<br />

wird, daß dort vorhandene ökologische Handlungspotentiale aktiviert werden. Dies<br />

widerspricht jedoch dem Charakter einer Steuer.<br />

Die unselektive Energiesteuer führt zu unterschiedlicher Belastung und Handlungsdruck.<br />

Unabhängig davon, wie die Energiesteuer konkret ausgestaltet ist, werden zwei Phänomene zu<br />

beobachten sein: Für eine Gruppe von Akteure des Energiesystems bleibt der Steuersatz immer<br />

zu niedrig, also der Druck, sich der neuen Situation anzupassen, gering. Anpassungsreaktionen<br />

und ökologische Strukturveränderungen bleiben aus bzw. hinter den umweltpolitischen<br />

Erwartungen zurück. Je niedriger die Steuerhöhe ist, desto größer wird diese Gruppe. Für eine<br />

110 Wobei gleichzeitige Kostensenkungen in anderen Bereichen möglich sind. Vgl. zum Problem der<br />

Aufkommensverwendung Kap. 5.6<br />

75


andere Gruppe, die strukturell durch einen hohen Energieeinsatz gekennzeichnet ist, stellt<br />

schon ein geringer Steuersatz eine schwerwiegende Störung dar. Die Steuer kann eventuell den<br />

‘Tod’ des Systems bedeuten, weil die internen Strukturvarietäten eine Anpassung an die<br />

Störung nicht erlauben. Je höher der Steuersatz festgesetzt wird, desto größer wird diese<br />

Gruppe.<br />

Energiesteuern berücksichtigen die spezifische Struktur des Energiekonsumenten bzw. –<br />

produzenten nicht. Geschieht dies trotzdem, z.B. durch Ausnahmeregelungen für<br />

energieintensive Wirtschaftsbrachen, offenbart sich die Bedeutung des <strong>Projekt</strong>s ‘Ökologischer<br />

Strukturwandel’. Denn: Aus ökologischer Sicht sind Ausnahmeregelungen kontraproduktiv<br />

(vgl. Ifo 1994). Sie verhindern, daß enegieintensive Konsumptions– und Produktionsstrukturen<br />

durch den gestiegenen Kostendruck eliminiert werden. Ökologischer Strukturwandel schließt<br />

die Aufgabe umweltschädigender Strukturen mit ein, falls umweltpolitische Ziele mit<br />

anpassungs– und wandlungsunfähigen Sozialsystemen kollidieren.<br />

5.3.3 Fazit<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Energiesteuern wirken ungezielt, sie werden als<br />

Störung in das Wirtschaftssystem abgegeben und bewirken Strukturveränderungen des<br />

Energiesystems. Die Zustandsveränderungen laufen dort ohne weitere Eingriffsmöglichkeiten<br />

strukturdeterminiert ab. Die Politik verfügt nicht über das vom medialen Steuerungsansatz<br />

geforderte Wissen der Struktur des Energiesystems. Insbesondere der Kenntnisstand über das<br />

soziale Energiesparpotential bleibt defizitär. Deshalb kann bei der Festsetzung der Höhe des<br />

Steuersatzes nur auf unzureichende Informationen zurückgegriffen werden. Trotz dieser<br />

Einschränkung gilt: Energiesteuern sind ein umweltpolitisches Steuerungsinstrument, das<br />

gesellschaftsweit Energiesparpotentiale aktivieren kann. Sie werden Anpassungsprozesse<br />

auslösen, die einen Beitrag zur strukturellen Ökologisierung des Energiesystems leisten.<br />

5.4 Die Energiesteuervorschläge der EU-Kommission und des DIW<br />

Trotz aller Schwierigkeiten die Effekte von Energiesteuern einzuschätzen, haben führende<br />

Protagonisten der Diskussion es nicht dabei bewenden lassen, sich ausschließlich theoretisch<br />

mit Vor– und Nachteilen einer Problemökonomisierungsstrategie auseinanderzusetzen. Auf der<br />

Basis jeweils unterschiedlicher Entwürfe existieren Berechnungen, die versuchen, zu einer<br />

quantitativen Bestimmung der Auswirkung von Energiesteuern zu gelangen. Im folgenden<br />

sollen zwei Vorschläge kurz vorgestellt werden, die die Diskussionen der letzten Zeit<br />

maßgeblich geprägt haben.<br />

5.4.1 Der Vorschlag der Europäischen Kommission<br />

Das Europäische Parlament und insbesondere die Kommission der Europäischen<br />

Gemeinschaften haben zu Beginn der 90er Jahre eine "Gemeinschaftsstrategie für weniger<br />

Kohlendioxidemissionen und mehr Energieeffizienz" ausgearbeitet, deren Kern eine<br />

kombinierte Kohlendioxid/Energiesteuer bildet (vgl. Europäisches Parlament 1991;<br />

Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1992; Linkohr 1993; Faross 1993: 296).<br />

Grundlage dieser Strategie ist der Beschluß des Rates der Energie– und Umweltminister vom<br />

76


29.10.1990, die CO 2 -Emissionen der Gemeinschaft bis zum Jahr 2000 auf dem Stand von 1990<br />

zu stabilisieren (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1991: Kap. I.6.). Zur<br />

Umsetzung dieses Ziels schlägt die Kommission die Einführung einer Steuer vor: Da eine reine<br />

Kohlenstoffsteuer die Kernenergie bevorzugen und die Kohle über Gebühr belasten würde,<br />

"wäre nach Ansicht der Kommission die beste Lösung eine Steuer, die auf einer<br />

Energiekomponente und auf einer Kohlenstoffgehalt-Komponente beruht" (ebd. Kap. VI.25.).<br />

Der Steuersatz, mit dem das Stabilisierungsziel erreicht werden soll, ist prinzipiell sehr einfach:<br />

So sollte beginnend mit dem 1.1.1993 eine Steuer von 3 Dollar pro Barrel Öläquivalent<br />

eingeführt werden. Mit einer Zuwachsrate von 1 Dollar pro Jahr sollte die Steuer bis auf 10<br />

Dollar pro Barrel Öläquivalent im Jahr 2000 anwachsen 111 . Die erneuerbaren Energien bleiben<br />

von der Besteuerung ausgenommen.<br />

Eigenen Berechnungen der Kommission zufolge, wird die vorgeschlagene Energiesteuer nicht<br />

ausreichen, um die CO 2 -Emissionen auf dem Niveau von 1990 stabilisieren zu können (vgl.<br />

ebd. Anhang 6). Im Vergleich zwischen Referenz– und Steuerszenario kommt P. Faross zu<br />

dem Ergebnis, daß der prognostizierte Anstieg der Emissionen von 11% zwischen 1990 und<br />

2000 durch die Steuer lediglich auf 7% reduziert werden kann. Die Zunahme der<br />

Primärenergiemenge beträgt statt 14,8% nur 11,6% (vgl. 1993: 298). Aus diesem Grund<br />

gelangt daß ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut in einer Stellungnahme zu der Auffassung,<br />

"daß der Steuersatz der CO 2 -Energie-Steuer viel zu niedrig ist. Bei alleiniger Anwendung steuerlicher<br />

Instrumente zur Erreichung des CO 2 -Reduktionsziels müßte der Steuersatz sogar um Größenordnungen<br />

höher sein als es der Richtlinienentwurf der Kommission vorsieht" (1994: 6) 112 .<br />

Zusätzlich kontraproduktiv wirken die im Kommissionsvorschlag vorgesehenen<br />

"progressiven Steuermäßigungen in Abhängigkeit vom Energiekostenanteil bei starker<br />

Importkonkurrenz, da sie gerade den besonders energieintensiven und daher anpassungsbedürftiegn<br />

Unternehmen falsche Anreize setzen würden" (BMU 1994d: 68).<br />

Trotz der geringen Steuerhöhe gelang es nicht, den Kommissionsvorschlag durchzusetzen.<br />

Nach massiven Interventionen von Industrie-Lobbyisten und wegen stark divergierender<br />

Interessenlagen der beteiligten Regierungen wurde der Versuch, einen tragfähigen Kompromiß<br />

zu finden, in die Zukunft verschoben (vgl. Kurbjuweit/Vorholz 1995; Wägenbaur 1994). Der<br />

Vorstoß der Europäischen Kommission, die Europäische Union mit der Einführung einer CO 2 -<br />

/Energiesteuer an die Spitze der weltweiten Klimaschutzbemühungen zu stellen, muß als<br />

gescheitert angesehen werden. Im Schlußdokument des Treffens des Europäischen Rates in<br />

Essen (9./10.12.1994) wird das Energiesteuer-<strong>Projekt</strong> zunächst auf die nationale Ebene<br />

zurückverlagert:<br />

"The European Council has taken note of the Commission´s intention of submitting guidelines to enable<br />

every Member State to apply a CO 2 /Energy tax on the basis of common parameters if it so desires"<br />

(General Secretariat of the Council 1994: Paragraph 13, Hervorhebung JC).<br />

111 Die "detaillierte Beschreibung der vorgeschlagenen Steuerregelung" ist wesentlich komplizierter. So heißt es in der<br />

Begründung des Richtlinienvorschlag der Kommission zur Festlegung des Basissteuersatzes: "Gemäß den in der<br />

Mitteilung vom 14. Oktober 1991 enthaltenen Leitlinien zu den Sätzen soll für alle Mitgliedstaaten der Basissteuersatz<br />

pro Tonne Kohlendioxid, die von fossilen Energieträgern emittiert wird auf 2,81 ECU und die energiebezogene<br />

Komponente der Basissteuer auf 0,21 ECU pro Gigajoule festgelegt werden; somit entfällt auf eine ROE eine<br />

Gesamtsteuer von 17,75 ECU, entsprechend 3 Dollar/Barrel in Preisen von 1991" (Kommission der Europäischen<br />

Gemeinschaften 1992: Kap. III.3.a). Die energiebezogene Komponente der Elektrizitätsbesteuerung wird "unabhängig<br />

von dem verwendeten Energieträger auf 2,1 ECU pro MW/h erzeugter Elektrizität festgelegt" (ebd. Kap. III.3.b; vgl.<br />

auch den Titel V "Steuersätze", vor allem Artikel 9).<br />

112 Vgl. auch die kritische Analyse der Wirkung einer CO2-/Energiesteuer von P. Klemmer (1994: 323 ff.).<br />

77


Da über den Kommissionsvorschlag vom Juni 1992 im Ministerrat nicht die notwendige<br />

Einstimmigkeit erzielt werden konnte, setzt die Kommission für eine Übergangsphase auf die<br />

freiwillige monetäre Belastung von Energieverbrauch und CO 2 -Emissionen. Bis zum Jahr 2000<br />

gibt es sog. ‘Zielsteuersatzempfehlungen’: "Die Mitgliedsstaaten der EU sollen ihre<br />

Steuersätze bestimmten Zielwerten annähern, damit bei Ablauf der Übergangszeit, also ab dem<br />

1.1.2000, eine harmonisierte Steuer in der Gemeinschaft erreicht werden kann" (Schürmann<br />

1995: 5) 113 . Die Zielwerte bewegen sich dabei mit 10 Dollar je Barrel Erdöläquivalent auf dem<br />

bekanntem Niveau.<br />

5.4.2 Die DIW-Studie im Auftrag von Greenpeace<br />

Die Auswirkungen eines nationalen Alleingangs in der Energiebesteuerung hat das Deutsche<br />

Institut für Wirtschaftsforschung DIW in eine Studie über die Folgen einer ökologischen<br />

Steuerreform im Auftrag von Greenpeace erstellt. Kernpunkt dieser Refom ist die Einführung<br />

einer Energiesteuer (vgl. DIW 1994: 42 ff.).<br />

Ziel der Studie ist es, "ein konkretes Szenario einer stetig steigenden Energiebesteuerung mit<br />

aufkommensneutraler Kompensation zu erarbeiten" (ebd. 3). Die vorgeschlagene Energiesteuer<br />

wird als Mengensteuer konzipiert: Steuerpflichtige Energieträger unterliegen einem<br />

einheitlichen Steuersatz je Einheit Energiegehalt.<br />

"Der Energiesteuer unterliegen Steinkohle, Braunkohle, Torf, Erdgas, Mineralölderivate sowie<br />

Elektrizität (sofern sie nicht auf der Grundlage erneuerbarer Energie hergestellt wurde); die<br />

erneuerbaren Energien sind von der Besteuerung befreit. Im Umwandlungsbereich (bei den<br />

Mineralölderivaten und der Elektrizität) wird die Steuer als Endenergiesteuer erhoben, d.h, die<br />

Brennstoffinputs werden von der Energiesteuer befreit" (ebd. 65).<br />

Bei der Festsetzung des Steuersatzes wird von einem fiktiven Grundpreis je Energieeinheit von<br />

9 DM/GJ (Gigajoule) ausgegangen. Die Energiesteuer soll diesen Preis jährlich um real 7%<br />

erhöhen, so daß sich in Preisen von 1990 folgende Entwicklung des Steuersatzes ergibt (vgl.<br />

ebd. 61):<br />

Steuersatz im DM/GJ<br />

1. Jahr 0.63<br />

5. Jahr 3,62<br />

10. Jahr 8,70<br />

15. Jahr 15,83<br />

Mit Hilfe dieses Steuersatzes wird ein Steuerszenario für die Bundesrepublik Deutschland<br />

entwickelt, dessen Ergebnisse mit einem Referenzszenario (ceteris-paribus-Bedingungen)<br />

verglichen werden. Dabei werden umfangreiche Annahmen gemacht, z.B. zum Trend der<br />

gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, zu technologischen Faktoren, zur Verfügbarkeit von<br />

Energieträgern sowie zur Höhe der Inflationsraten und Mehrwertsteuersätze u.a.m. (vgl. ebd.<br />

84). Da die energiewirtschaftliche Entwicklung von vielen Faktoren beeinflußt wird, ist es nur<br />

bedingt möglich, "den Einfluß einer Energiesteuer aus der Gesamtmenge der Determinanten<br />

113 Mit den Szenarien einer EU-Steuer befaßt sich auch der Schlußbericht der Enquete-Kommission "Schutz der<br />

Erdatmosphäre": "Dabei wird der Beginn des CO2-/Energie-Steuervorschlags der EU-Kommission um zwei Jahre<br />

verschoben. Ab dem jahr 2003 erfolgt dann eine jährliche nominale Erhöhung der Steuer um 0,5 USD/Barrel<br />

Erdöläquivalent" (1995: 847).<br />

78


des Energieverbauchs zu isolieren" (ebd. 85). Trotz dieser Einwände gelangt die DIW-Studie<br />

zu einer Beurteilung der Auswirkungen bei Einführung einer Energiesteuer. Betrachtet man<br />

zunächst die Entwicklung des Primärenergieverbrauch im Referenzszenarios, ergeben sich<br />

folgende Energieeinsparungen für die nächsten Jahre (vgl. ebd. 97):<br />

Energieeinsparungen im Referenzszenario 2000 2005 2010<br />

-gegenüber 1987 10,3% 10,1% 11,0%<br />

-gegenüber 1990 7,3% 7,1% 8,0%<br />

CO 2 -Reduktion gegenüber 1987 10,1% 11,0% 12,5%<br />

CO 2 -Reduktion gegenüber 1990 5,2% 6,2% 7,8%<br />

Ohne die Lenkungswirkung von Energiesteuern kommt es zwar zu einer Reduktion des<br />

Energieverbrauchs und einer nahezu proportionalen Verringerung der CO 2 -Emissionen, die<br />

klimapolitischen Vorgaben der Bundesregierung werden jedoch nicht annähernd erreicht<br />

(Reduktion der CO 2 -Emissionen bis 2005 um 25-30% gegenüber 1987). Im Steuerszenario<br />

kommt es zwischen dem ersten Jahr der Steuererhebung (1995) und dem Zieljahr (2010) zu<br />

deutlich höheren Sparquoten (vgl. ebd. 121):<br />

Energieeinsparungen im Steuerszenario 2000 2005 2010<br />

-gegenüber 1987 15,6%% 20,6%% 23,5%%<br />

-gegenüber 1990 12,8%% 17,9%% 20,9%%<br />

CO 2 -Reduktion gegenüber 1987 15,4%% 21,3% 24,8%<br />

CO 2 -Reduktion gegenüber 1990 10,8% 17,1% 20,8%<br />

Mit einer 21,3%igen CO 2 -Reduktion gegenüber 1987 nähert sich das Steuerszenario den<br />

politischen Zielwerten an. Gegenüber dem Referenzszenario (11%) wird eine Verdopplung der<br />

Einsparungen erzielt. Auffällig ist, daß sich die Reduktionsraten von Primärenergie und CO 2 -<br />

Emissionen auch in diesem Fall weitgehend gleichen. D.h., der Beitrag erneuerbarer,<br />

emissionsfreier Energien bleibt in naher Zukunft gering, obwohl die Energiesteuer dazu<br />

beiträgt, diese an die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit zu führen. Im Steuerszenario wird davon<br />

ausgegangen, "daß erst längerfristig und bei weiteren Preissteigerungen sowie begleitenden<br />

Maßnahmen mit einem nennenswert größeren Beitrag der erneuerbaren Energien zu rechnen<br />

ist" (ebd. 87).<br />

Als Fazit kann festgehalten werden, daß die Vergleichsszenarien der DIW-Studie den umwelt–<br />

und klimapolitischen Erfolg von Energiesteuern bestätigen. Diese Bewertung der<br />

Erfolgschancen einer ökologischen Steuerreform auf der Basis von Energiesteuern ist jedoch<br />

nicht unumstritten 114 . Vor allem in der Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Effekte konnte<br />

bislang keine Einigung erreicht werden, wie die kontroverse Diskussion der DIW-Studie in der<br />

wissenschaftlichen Öffentlichkeit bestätigt (vgl. z.B. Enquete-Kommision 1995: 711 ff.; Voss<br />

1994).<br />

114 So kritisiert ein Teil der Mitglieder der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre: "Die Modellanalyse des<br />

DIW weist deutliche Inkonsistenzen hinsichtlich der Abstimmungen einzelner Modellteile auf; zudem sind die<br />

verwendeten Einzelansätze nicht immer problemadäquat und die unterstellten Rahmendaten vielfach nicht mehr<br />

aktuell" (1995: 723).<br />

79


5.5 Ökonomische Theorie und Energiesteuern<br />

Mit den wirtschaftssysteminternen Abarbeitungsmechanismen des umweltpolitischen<br />

Steuerungsinstruments Energiesteuern beschäftigt sich die Umweltökonomie. Umweltprobleme<br />

sind seit langem Thema ökonomischer Theorie. Die Umweltökonomie thematisiert<br />

Umweltprobleme dabei als ‘externe Effekte’, deren Internalisierung erklärtes Ziel von<br />

Umweltpolitik ist (vgl. Endres 1994: 19 ff.). Aus dieser Perspektive stellen Energiesteuern ein<br />

Internalisierungsinstrument dar.<br />

In bezug auf Umweltpolitik interessiert hier die politikberatende Funktion der<br />

Umweltökonomie, vor allem die quantitativ-monetäre Bewertung von Umweltschäden 115 und<br />

die Bewertung und Entwicklung umweltpolitischer Instrumente. Bei einer ökonomischen<br />

Bewertung von Instrumenten ist das Effizienzkriterium entscheidend: Die Frage lautet, wie zur<br />

Überwindung des konstatierten Marktversagens externe Effekte (Verschlechterung der<br />

Umweltqualität) als Kosten den Verursachern so angelastet werden können, daß über den<br />

Allokationsmechanismus des Marktes wieder gesamtwirtschaftlich pareto-optimale Ergebnisse<br />

erzielt werden.<br />

Umwelt wird aus ökonomischer Sicht als knappes Gut behandelt, Umweltprobleme sind als<br />

Fehlallokationen zu interpretieren (vgl. zum folgenden Hansmeyer/Schneider 1992: 14 ff.). Um<br />

diese Fehlallokationen zu verhindern, muß die Umweltknappheit durch institutionelle und<br />

instrumentelle Vorkehrungen in Preise übersetzt werden, um so "die Umweltgüter zum<br />

Gegenstand marktlicher Abwägungsprozesse zu machen" (ebd. 16). Zur Etablierung eines<br />

Preissystems werden in der neoklassischen Theorie zwei Ansätze diskutiert, die untrennbar mit<br />

den Namen R. H. Coase und A. C. Pigou (vgl. weiter unten) verbunden sind. Stark vereinfacht<br />

handelt es sich beim Property-Rights-Ansatz nach Coase darum, Umwelt in ein privates Gut zu<br />

verwandeln. Die ‘richtige’, den jeweiligen Präferenzen entsprechende, Umweltqualität wird<br />

durch privatwirtschaftliche Verhandlungen von rationalen, eigennutz-maximierenden<br />

Individuen festgelegt. Umweltpolitik beschränkt sich in diesem Fall auf Ordnungspolitik, "die<br />

Rahmenbedingungen setzt und dann dem Markt das Feld überläßt" (ebd. 18). Bei dieser<br />

radikalen Marktvariante existieren für die Politik keine weiteren Steuerungsprobleme, da<br />

Verhandlungen der Wirtschaftssubjekte, die über exklusive Eigentums-, Verfügungs– und<br />

Nutzungsrechte an Umweltgütern verfügen, zu einem pareto-optimalen Ausgleich<br />

konkurrierender Umweltnutzungen führen.<br />

Die theoretisch elegante Verhandlungslösung stößt jedoch in ihrer praktischen Eignung für die<br />

Umweltpolitik auf unüberwindbare Hindernisse (vgl. z.B. Endres 1994: 49 ff.; Furger 1994: 58<br />

ff.; Hansmeyer/Schneider 1992: 18 f.). Ohne näher auf die umfangreichen<br />

wirtschaftstheoretischen Diskussionen dieser Problematik eingehen zu wollen, sollen die<br />

Schwierigkeiten mit exklusiven Verfügungsrechten am Beispiel der Luftreinhaltepolitik<br />

plausibilisiert werden: ‘Luft’ ist als öffentliches Gut (vgl. weiter unten) jederman frei<br />

zugänglich. Besäße z.B. die Gesamtheit der Bewohner einer Gemeinde die Verfügungsrechte<br />

über den Luftraum, "könnten sie entweder diese Verfügungsrechte behalten und damit die<br />

Luftqualität über den gesetzlichen Mindeststandard anheben oder Interessenten (Teile der)<br />

exklusive(n) Verfügunsgrechte verkaufen" (Wicke 1991: 212). Neben kontrolltechnische<br />

Schwierigkeiten (mobile Emissionsquellen) und moralischen Bedenken (Informationsdefizite<br />

von Konsumenten) tritt das Problem, daß erhebliche Verhandlungskosten allein dadurch<br />

115 Zur quantitativen Bewertung von Umweltproblemen vgl. Kap. 2.2 "Das Verusacherprinzip"<br />

80


entstehen, daß sich die Bewohner über das Ausmaß der Luftverschmutzung einigen müssen<br />

(vgl. ebd. 213 f.). Und damit nicht genug: Bei konsequenter Umsetzung des Property-Rights-<br />

Ansatzes müssen auch die Wasser– und Bodenqualität u.a.m. von den Rechteinhabern<br />

ausgehandelt werden. Bei Coase werden die dabei anfallenden Transaktionskosten per<br />

definitionem vernachlässigt. In der Realität sind sie jedoch von so großer Bedeutung, daß L.<br />

Wicke in seiner Einschätzung zugestimmt werden muß, daß exklusiev Verfügungsrechte an<br />

öffentlichen Umweltgütern ein zwar wirtschaftstheoretisch interessantes, "aber ein nicht oder<br />

kaum praktikables umweltpolitisches Instrument" (ebd. 214) darstellen.<br />

In der ökonomischen Theorie wird ein Gut dann als öffentliches Gut bezeichnet, wenn von<br />

seiner Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann. Weitere Kennzeichen sind, daß<br />

öffentliche Güter nicht aufgeteilt oder verkauft werden können; außerdem ist in der Regel<br />

niemand freiwillig bereit, zu ihrer Erstellung beizutragen (vgl. Wicke 1991: 41). Exemplarisch<br />

trifft dies z.B. auf das Umweltgut 116 Luft zu. Per Definition kann sie jeder konsumieren, ohne<br />

sich an den Kosten für Reinhaltung bzw. Reinigung beteiligen zu müssen. Doch das Problem<br />

geht tiefer: Ein ökonomisch rationaler Akteur schädigt sich durch umweltgerechtes Handeln<br />

selbst, da er die Kosten dafür trägt, während der Nutzen der Allgemeinheit zukommt. Oder<br />

umgekehrt: "Schädliches Handeln nützt bei öffentlichen Gütern [...] dem Verschmutzer, da sich<br />

die Kosten bei anderen niederschlagen, während der Nutzen ihm alleine zufließt" (Müller-Witt<br />

1989: 85; vgl. auch Endres 1994: 48 f.). Dieses Dilemma kann ohne Abstriche auf die<br />

Klimaschutzpolitik übertragen werden. Gegenüber den lokalen und regionalen Betroffenheiten<br />

beim Umweltmedium Luft verallgemeinert sich die Verursacher– und Betroffenengruppe in der<br />

Klimafrage. Über die Zeitachse werden kommende Generationen mit in die<br />

Problemkonstellation integriert: Der Treibhauseffekt verursacht eine Krise von globlem und<br />

intergenerationellem Ausmaß 117 .<br />

Interpretiert man ‘Klimastabilität’ nach den oben genannten Kriterien als öffentliches Gut 118 ,<br />

stellt sich die Frage, wie das Dilemma überwunden werden kann, daß zwar alle das Gut<br />

konsumieren, niemand aber etwas zu seinem Erhalt beitragen möchte. Es gilt dabei eine<br />

Methode zu entwickeln, die die einzelnen Akteure dazu zwingt, ihre individuellen Präferenzen<br />

zu offenbaren. Eine bloße Befragung reicht hierbei keinesfalls aus, da sich die Akteure<br />

strategisch verhalten und ihre "wahren Zahlungsbereitschaften" (Horbach 1992: 28) verbergen,<br />

um nicht zu Zahlungen angehalten werden zu können:<br />

"Da jedermann dieses öffentliche Gut wegen des Nichtausschlußprinzips kostenlos konsumieren kann,<br />

wird eine individuell rational handelnde Person bestreiten, daß sie aus einem öffentlichen Umweltgut<br />

irgendeinen Nutzen zieht, um sich nicht an den Kosten beteiligen zu müssen" (Wicke 1991: 41,<br />

Hervorhebung im Orginal).<br />

Aus eben diesem Grund entsteht auch kein Markt für öffentliche Güter, alle Akteure verhalten<br />

sich gemäß der ‘Trittbrettfahrer-Rationalität’. In dieser Situation ist der Staat gefordert. Ihm<br />

obliegt die Bereitstellung öffentlicher (Umwelt-)Güter (vgl. Müller-Witt 1989: 85). Was<br />

116 Zum öffentlichen Gutscharakter von Umweltgütern vgl. Hansmeyer/Schneider (1992: 25)<br />

117 Zum Problem der Diskontierung eines zukünftigen Gutes schreibt I. Ring: "Positive Diskontierungsraten werten den<br />

gegenwärtigen Nutzen höher als den zukünftigen und werden von der überwiegenden Mehrheit der Ökonomen<br />

vertreten. Negative Diskontierungsraten werten folglich im umgekehrten Sinn und werden bislang eher vereinzelt<br />

vertreten, vorwiegend von ökologisch orientierten Wissenschaftlern" (1994: 126; vgl. auch Kosz 1995: 27).<br />

118 Es sei hier noch auf eine Besonderheit hingewiesen: Bei Umweltgütern wie Luft oder Wasser, aber auch<br />

Klimastabilität kann niemand vom Konsum ausgeschlossen werden, d.h. aber in diesem Fall gleichzeitig, daß alle<br />

Individuen zum Konsum des Gutes gezwungen sind.<br />

81


edeutet dies für das Gut ‘Klimastabilität’? Zunächst ist festzuhalten, daß es nur indirekt, d.h.<br />

über eine Verminderung von CO 2 -Emissionen erreicht bzw. zur Verfügung gestellt werden<br />

kann. Dies wiederum bedeutet, die Verbrennungsmenge kohlenstoffhaltiger Ressourcen zu<br />

senken. Bisher konnte in der Umweltpolitik, um z.B. das öffentliche Gut ‘saubere Luft’<br />

bereitzustellen, auf eine Politik der Ge– und Verbote zurückgegriffen werden. Schädigern<br />

wurden so –zumindest teilweise– die Kosten für ihr qualitätsminimierendes Verhalten<br />

zugerechnet und auferlegt. Die evolutionäre Entwicklungsdynamik wirtschaftlicher Prozesse<br />

wurde von diesen Maßnahmen nicht nachhaltig beeinflußt. Diese nachsorgend-kurative<br />

Umweltpolitik stößt im Falle der Senkung von CO 2 -Emissionen an ihre Grenzen.<br />

Ein Ansatz zur Internalisierung externer Effekte steht in der Tradition des Ökonomen C. A.<br />

Pigou. Durch die nach ihm benannte ‘Pigou-Steuer’ sollen Allokationsverzerrungen beseitigt<br />

werden. Über die Steuer (z.B. eine Energiesteuer) bekommen die Schädiger des öffentlichen<br />

Gutes ‘Klimastabilität’ die Kosten für ihr Tun angelastet. Die staatliche Festsetzung von<br />

Preisen für Umweltgüter in Form von Steuern dient der Internalisierung externer Effekte.<br />

Idealiter legt der Staat die Steuerhöhe so fest, daß die Verursacher von Umweltschäden die<br />

entstehenden Kosten voll in ihre Konsumentscheidungen miteinkalkulieren oder anders<br />

ausgedrückt, daß die Steuern gerade so bemessen werden, "daß der Verursacher im eigenen<br />

Interesse seine Aktivität auf pareto-optimalem Niveau ausübt" (Endres 1994: 90). Für die<br />

Festsetzung der optimalen Steuerhöhe müßte die Steuerungsinstanz ‘Staat’ über Informationen<br />

verfügen, die de facto nicht zur Verfügung stehen können: Eine monetäre Schadensbewertung<br />

ist aufgrund vielfältiger Schwierigkeiten vor allem bei öffentlichen Güternn nur eingeschränkt<br />

möglich: Die "hohen Anforderungen an den Informationsgrad der steuersetzenden Stelle sind<br />

ein wesentliches Hindernis für die praktische Verwirklichung des Konzepts der Pigou-Steuer"<br />

(ebd. 95).<br />

Eine praktikable Variante, die aus der Pigou-Steuer hervorgegangen ist, stellt der Standard-<br />

Preis-Ansatz nach Baumol/Oates dar (vgl. 1979). Nach diesem Konzept wird von vornherein<br />

auf das hohe Ziel einer Internalisieung externer Effekte verzichtet:<br />

"Das aus wirtschaftstheoretischer Sicht bescheidenere Vorhaben dieser Steuervariante besteht darin, die<br />

externen Effekte (konkret: die Emissionen) auf ein politisch vorgegebenes Ziel zu senken" (ebd. 96).<br />

Am Beispiel von Schwefeldioxidemissionen läßt sich der Vorgang verdeutlichen: Die<br />

Umweltpolitik legt Emissionsstandards fest und ermittelt die Kosten des dafür notwendigen<br />

Einsatzes von Filtertechnologie. Die Höhe der Emissionssteuer auf SO 2 wird daraufhin so<br />

festgelegt, daß sie die Verursacher zu einer Reduktion der Emissionen bis auf den<br />

vorgegebenen Zielwert veranlaßt. Dabei wird jeder Verursacher die Steuer, die er "pro<br />

emittierte Schadstoffeinheit zu zahlen hat, mit den Kosten der Vermeidung einer<br />

Schadstoffeinheit vergleichen" (ebd. 104). Entscheidend für die Festlegung des richtigen<br />

Steuersatzes ist das Wissen der politischen Steuerungsakteure um die Höhe der<br />

Vermeidungskosten einer Schadenseinheit.<br />

Im Fall der Klimastabilität bedeutet die politische Festlegung von Qualitätsstandards, daß<br />

konkrete Vorgaben über die jährliche Gesamtemissionsmenge an Kohlendioxid gemacht<br />

werden. Nun stellt sich die Frage nach der Höhe der Kosten zur Umsetzung dieser Vorgaben.<br />

Während die Kosten der Umrüstung auf energieeffiziente Technologien annähernd bestimmbar<br />

sind, bleiben die sozialen Kosten (z.B. die Umstellung auf energieextensives Verhalten im<br />

Friezeitbereich) weitgehend unbekannt. Der Standard-Preis-Ansatz kann somit eine<br />

Entscheidungshilfe bei der Festsetzung des Steuersatzes darstellen, doch letztlich beruht die<br />

82


politisch festzusetzende Steuerhöhe im Falle einer Energiesteuer immer auf<br />

Informationsdefiziten.<br />

5.6 Fazit<br />

Abschließend kann festgehalten werden, daß der Beitrag der Umweltökonomie insbesondere in<br />

der Frage nach der Höhe einer Energiesteuer zu suchen ist. Aus der Perspektive einer<br />

politikwissenschaftlichen Theorie politischer Steuerung konnte aufgezeigt werden, daß<br />

hierarchische Konzepte sowohl theoretisch defizitär sind als auch empirisch als widerlegt<br />

gelten müssen. Auf der Basis einer Steuerungstheorie „Struktureller Kopplung“ hingegen<br />

konnte der potentielle Erfolg des Instruments „Energiesteuern“ theoretisch erklärt und<br />

konkrete Hinweise für eine empirische Umsetzung aufgezeigt werden.<br />

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Weiss, Dieter, 1995: Entwicklung als Wettbewerb der Kulturen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (1995), 29,<br />

S.3-10<br />

Weizsäcker, Ernst Ulrich von, 1992: Ökologischer Strukturwandel als Antwort auf den Treibhauseffekt, in:<br />

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Weizsäcker, Ernst Ulrich von, 4 1994: Erdpolitik. Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert<br />

der Umwelt. Darmstadt<br />

Weizsäcker, Ernst Ulrich von, 1994b: Mehr Gewinner als Verlierer. Ökologische Steuerreform: Eine zunächst<br />

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94


Weizsäcker, Ernst Ulrich von, (Hg.), 1994c: Umweltstandort Deutschland. Argumente gegen die ökologische<br />

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Weizsäcker, Ernst Ulrich von, 1995: Gewinn statt Kosten: Nationale Alleingänge führen nicht ins<br />

wirtschaftliche Abseits, in: DIE ZEIT vom 31.3.1995, S.31<br />

Whalley, John / Wigle, Randall, 1991: Cutting CO2-Emissions. The Effects of Alternative Policy Approaches,<br />

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Wicke, Lutz, 1982: Umweltökonomie. Eine praxisorientierte Einführung. München<br />

Wicke, Lutz, 3 1991: Umweltökonomie. Eine praxisorientierte Einführung. München<br />

Wicke, Lutz, 1991b: Umweltökonomie und Umweltpolitik. München<br />

Wicke, Lutz/Huckestein, Burkhard, (Hg.), 1991: Umwelt Europa – der Ausbau zur ökologischen<br />

Marktwirtschaft. Gütersloh<br />

Wiedmann, P.M./Henschel, C./Karger, C. u.a. 1992: Von der Einstellung zum Verhalten: Akzeptanz von<br />

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(Hg.), 1992: CO2-Minderung durch staatliche Maßnahmen? Instrumente, Wettbewerb, Akzeptanz.<br />

Düsseldorf S.81-103<br />

Wien will Vorreiter bei Energiesteuern sein, 1995, in: Süddeutsche Zeitung vom 11.5.1995, S.26<br />

Wilhelm, Sighard, 1990: <strong>Ökosteuer</strong>n. Marktwirtschaft und Umweltschutz. München<br />

Wilhelm, Sighard, 1994: Umweltpolitik. Bilanz, Probleme, Zukunft. Opladen<br />

Wille, Joachim, 1993: Ökologische Wende in der Verkehrspolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (1993), 5,<br />

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Willke, Helmut, 3 1991: Systemtheorie. Eine Einführung in die Grundprobleme der Theorie sozialer Systeme.<br />

Stuttgart<br />

Willke, Helmut, 1992: Steuerungs– und Regierungsfähigkeit der Politik. Wien<br />

Willke, Helmut, 1994: Systemtheorie II. Interventionstheorie. Stuttgart, Jena<br />

Winter, Gerd, 1994: Von der ökologischen Vorsorge zur ökonomischen Selbstbegrenzung, in: Aus Politik und<br />

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Wörl, Volker, 1994: Die Umwelt nutzt dem Standort. Ökologisch richtiges und ökonomisch nützliches<br />

Verhalten müssen mehr als bisher korrespondieren, in: Süddeutsche Zeitung vom 3./4.12.1994, S.33<br />

Wörl, Volker, 1994b: Mit <strong>Ökosteuer</strong>n Märkte steuern, in: Süddeutsche Zeitung vom 22.8.1994, S.4<br />

Wörner, Achim, 1994: Für Geld und gute Worte: Das Fallbeispiel „MEKA“, in: Görlitz, Axel, (Hg.), 1994:<br />

Umweltpolitische Steuerung. Baden-Baden S.83-135<br />

Zilleßen, Horst/Barbian, Thomas, 1992: Neue Formen der Konfliktregelung in der Umweltpolitik, in: Aus<br />

Politik und Zeitgeschichte (1992) 39-40, S.14-23<br />

Zimmermann, Klaus W., 1990: Zur Anatomie des Vorsorgeprinzips, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (1990)<br />

6, S.3-14<br />

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