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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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empirisch festgestellt, sondern a priori vorausgesetzt (vgl. Druwe 1994: 65). Durch die<br />

Trennung des Steuerungsprozesses in Steuerungshandeln und Steuerungswirkung besteht die<br />

Möglichkeit grundsätzliche Kritik abzuwehren, weil trotz anderslautender empirischer<br />

Ergebnisse am gewählten Steuerungskonzept festgehalten werden kann.<br />

Auch von Befürwortern einer kausal-deterministischen Steuerungstheorie wird eingeräumt,<br />

daß hierarchische Steuerungsversuche häufig fehlschlagen:<br />

„Damit wird ein Dilemma deutlich, das sich für die Vertreter klassischer, deterministischer,<br />

hierarchischer Steuerungskonzepte stellt: Die empirischen Resultate widersprechen dem definierten<br />

Steuerungsbegriff“ (Druwe 1994: 68).<br />

Dies bekräftigt die Vermutung, „daß Steuerungsfähigkeit und Steuerbarkeit aus normativen<br />

Gründen postuliert werden“ (ebd. 66). Die vielfache Falsifizierung der operationalisierten<br />

Version der akteursbezogenen Steuerungskonzeption von R. Mayntz führt nicht zu ihrer<br />

Aufgabe oder Modifikation. Eine Begründung für dieses Festhalten an der grundsätzlichen<br />

Möglichkeit hierarchischer Steuerung liefert F. Scharpf, in dem er schreibt, daß<br />

„wir angesichts steigender Gefahren für den Bestand der Menschheit jedes Interesse [haben], die<br />

Aufklärung der Bedingung ihrer Möglichkeit nicht durch einen pauschalen und theoretisch<br />

unbegründeten Steuerungspessimismus vereiteln zu lassen“ (1989: 18).<br />

Das Insistieren auf der Möglichkeit politischer Steuerung wird somit normativ aufgeladen – mit<br />

dem Verweis auf die Bedeutung für das ‘Überleben der Menschheit’. Nicht die tatsächliche<br />

Beobachtung von Phänomenen, die mittels der Theorie hierarchischer Steuerung erklärt<br />

werden können, sondern die Hoffnung, durch wissenschaftliche Untersuchungen die<br />

Bedingungen der Möglichkeit von kausal-deterministischer Steuerung zu entdecken, ist Grund<br />

für das weitere Festhalten. Offensichtlich drohen mit der Infragestellung dieser Konzeption<br />

einstmals gesicherte politische als auch politikwissenschaftliche Wissensbestände ins Wanken<br />

zu geraten 15 . Immerhin handelt es sich bei den Auseinandersetzungen über Steuerungstheorien<br />

um eine politikwissenschaftliche Grundsatzdebatte. Trotzdem: Strenggenommen ist der<br />

Anspruch, eine ‘Theorie’ darzustellen, für den kausal-deterministisch hierarchischen<br />

Steuerungsansatz verwirkt. Gelten als Theorien „Aussagesysteme, die auf empirisch<br />

Gegebenes Bezug nehmen, es beschreiben und erklären und nur anhand dieser Realität zu<br />

überprüfen sind“ (Druwe 1989: 40), dann gibt es berechtigte Zweifel, ob die hierarchische<br />

Steuerungstheorie diesen Anforderungen gerecht wird. Die Beschränkung des<br />

Steuerungsbegriffs auf kausalstrukturelle Konzeptionen bezüglich der Steuerungsfähigkeit des<br />

politischen Systems ist „zwar logisch gültig, aber empirisch nicht belegt“ (Druwe/Görlitz<br />

1992:151).<br />

Welchen Grund kann es für das außerordentliche Beharrungsvermögen des kausaldeterministischen<br />

Steuerungsbegriffs in Theorie und Praxis geben? Historische Wurzeln liegen<br />

sicherlich im neuzeitlichen Staatsbegriff, der Souveränität nach außen und die „hierarchische<br />

Überordnung der Staatsgewalt über alle gesellschaftlichen Kräfte im Inneren“ (Scharpf 1991:<br />

621) voraussetzte:<br />

„Die herausgehobene Stellung des Staates im Konzert der gesellschaftlichen Institutionen galt lange Zeit<br />

als Kernbestand des politischen und sozialen Denkens in Europa. Dahinter stand (und steht) die<br />

Sehnsucht nach einem steuerungsfähigen politischen Zentrum, das die Menschen zu einem sozialen<br />

Ganzen integriert und mit den wachsenden Gefahren und Risiken im Prozeß der gesellschaftlichen<br />

Evolution fertigzuwerden vermag“ (Ulrich 1994: 13).<br />

15 Vgl. dazu auch den Exkurs in Kapitel 5. „Politische und politikwissenschaftliche Steuerungstheorie“<br />

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