Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen
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verweisen: Energiesparmaßnahmen verursachen in aller Regel Kosten und binden damit<br />
Investitions-)Kapital. Unternehmen drohen unter Verweis auf Konkurrenzdruck und<br />
Abgabenlast mit Abwanderung und dem Abbau von Arbeitsplätzen. Dieses Drohpotential<br />
dürfte in Verhandlungen mit den Behörden seine Wirkung nicht verfehlen.<br />
Noch schwerer wiegt ein zweiter Punkt: Da, wie weiter oben ausgeführt wurde, Art und Zahl<br />
der Adressaten in der Energiesparpolitik stark ansteigen, sind die Behörden überfordert, diese<br />
Belastung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bewältigen. Das Vollzugsdefizit<br />
ergibt sich durch die mangelnde Bereitschaft der betroffenen Akteure, die Maßnahmen<br />
freiwillig durchzuführen: „Denn es liegt auf der Hand, daß eine regulative Normierung<br />
prinzipiell kein Verhalten zu motivieren vermag, bei dem es auf Eigeninitiative, Innovation und<br />
positives Engagement ankommt“ (Voigt 1991: 181). Ausbleibende Adressatenkontrolle wegen<br />
Überlastung und das Fehlen von Sanktionen bei Normverstoß stellen ein erwartbares<br />
Implementationsproblem regulativer Energiesparpolitik dar. Sinkt die<br />
Sanktionswahrscheinlichkeit bei Verstößen, „nehmen die Befolgungsdefizite in aller Regel zu“<br />
(ebd.). Allerdings besteht die Möglichkeit, dies über die Sanktionshöhe teilweise zu<br />
kompensieren. Ordnungsrechtliche Maßnahmen sind auf direkten Behördenkontakt ausgelegt.<br />
Je größer das Einsparpotential ist, das die politischen Akteure zu aktivieren trachten, desto<br />
größer wird die Zahl der Adressaten und desto größer drohen die<br />
Implementationsschwierigkeiten zu werden. Dabei bleiben die Probleme, die sich durch<br />
Lobbyismus und Korruption ergeben, noch unberücksichtigt (vgl. zur Bedeutung einer<br />
‘korruptionsressistenten Verwaltung’ von Weizsäcker 1994c: 48).<br />
4.3.4 Motivationsproblem und Problem nicht-intendierter Folgen<br />
Abschließend seien noch das Motivationsproblem und das Problem der nicht-intendierten<br />
Folgen erwähnt. Nach Karger/Schütz/Wiedemann ist die Akzeptanz von<br />
Klimaschutzmaßnahmen, die von staatlicher Seite verpflichtend-autoritär vorgeschrieben<br />
werden, in der Bevölkerung äußerst gering. So stößt z.B. die „Verpflichtung zur Durchführung<br />
von Maßnahmen zur Wärmedämmung“ auf überwiegende Ablehnung (vgl. 1992: 4 f.). Das<br />
Insistieren auf Entscheidungssouveränität ist für den Erfolg hierarchischer Steuerung<br />
kontraproduktiv. Einzig die Überzeugung der Bürger durch Information und Aufklärung, daß<br />
die beschlossenen Maßnahmen ‘notwendig’ und ‘sinnvoll’ sind, kann helfen, das<br />
Motivationsproblem abzumildern. Eine kurzfristige Einstellungsänderung der<br />
Bevölkerungsmehrheit ist aber unwahrscheinlich. Vermutlich wird die Abneigung gegen<br />
staatliche Eingriffe bestehen bleiben.<br />
Unerwartete Effekte, nicht-beabsichtigte und unerwünschte Nebenwirkungen sind aufgrund<br />
der Wissensprobleme des Steuerungsakteurs feste Bestandteile von Problemen hierarchischer<br />
Steuerung. In der Energiesparpolitik kann dies z.B. bedeuten, da sich die<br />
Steuerungsbemühungen nur auf bestimmte Bereiche konzentrieren können, daß<br />
Ausweichmöglichkeiten übersehen werden. Der schwerfällige bürokratische Apparat ist<br />
außerstande, ständig Anpassungsreaktionen vorzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß,<br />
daß in einem so sensiblen Bereich wie dem Energieverbrauch die Adressaten nichts unversucht<br />
lassen, um sich der möglicherweise äußerst kostenintensiven Normerfüllung zu entziehen. Weil<br />
ordnungsrechtliche Maßnahmen ihre Wirkung nur in einem engen Korridor entfalten und<br />
unerwartete Ausweichreaktionen weder verhindern noch sanktionieren können, bleiben sie bei<br />
der Aktivierung von Einsparpotentialen defizitär.<br />
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