Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen
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ezweifelt, ob dies in absehbarer Zeit überhaupt möglich ist, "zumindest wenn man die<br />
gegenwärtigen Standards der empirischen Sozialforschung zugrundelegt" (1994: 70).<br />
5.3 Mediale Steuerung und Energiesteuern<br />
Nach der Darstellung des Baden-Württembergischen Staatsdomänenkonzepts stellt sich die<br />
Frage, ob Energiesteuern als Perturbationen im Sinne medialer Steuerung aufgefaßt werden<br />
können. Zur Beantwortung ist es notwendig, nochmals einige Ausführungen heranzuziehen, die<br />
in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Wie in Kap. 4 dargelegt wurde, ist die<br />
staatliche Festsetzung der absoluten Energieverbrauchsmenge bzw. des Ressourcen-Inputs<br />
politisch nicht durchsetzbar, da dies u.a. gegen geltende Verfassungsgrundsätze verstoßen<br />
würde. Marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung und garantierte materielle Freiheitsrechte<br />
gestatten kein solches Vorgehen. Damit besteht eine erste Parallele zum<br />
‘Staatsdomänenkonzept’, in dem ebenfalls davon ausgegangen wurde, daß eine Erzwingung<br />
extensiv-ökologischer Landbewirtschaftung durch ein Verbot weder politisch noch rechtlich<br />
möglich ist (vgl. Görlitz 1991: 235). Ordnungsrechtlich geprägte Energiesparpolitik<br />
konzentriert sich infolgedessen auf die Definition und Durchsetzung anlagebezogener<br />
Verbrauchsobergrenzen, deren Mißachtung durch administrative Kontrollen verhindert und<br />
durch Sanktionen geahndet werden sollen.<br />
Ein entsprechender Ansatz ist die Grenzwertepolitik in der Landwirtschaft, um so z.B. die<br />
Probleme der Nitratbelastung des Trinkwassers in den Griff zu bekommen. Doch blieb der<br />
Erfolg restriktiver Umweltschutzprogramme weitgehend aus, weil kurzfristige Auflagenpolitik<br />
das Umweltverhalten der Landwirte nicht nachhaltig beeinflußte: So zeigt zum Beispiel G.<br />
Schur in einer Studie zum Umweltverhalten von Landwirten in der Region Oberschwaben die<br />
Wirkungslosigkeit von Schadstoff-Grenzwerten in der Landwirtschaft auf:<br />
"Am Beispiel des Nitratwertes für Trinkwasser weist Schur nach, daß trotz europaweiter Diskussionen<br />
und einer Verschärfung des Wertes auf 50 mg NO3/l Wasser im Jahr 1988 keine Verbesserung der<br />
Situation eintrat. Im Gegenteil, die Werte verschlechterten sich dramatisch" (Kaier 1994: 160).<br />
Sind die Behörden schon bei der Kontrolle der Einhaltung vorgeschriebener Grenzwerte in der<br />
Landwirtschaft überfordert, potenziert sich die Problematik in der Energiesparpolitik. Denn je<br />
größer die Zahl der von ordnungsrechtlichen Umweltschutzvorschriften Betroffenen ist, desto<br />
größer werden die Kontrollaufgaben der Umweltbehörden. Doch deren Kontrollkapazitäten<br />
sind begrenzt. Zwar beeinflußt die Höhe der Sanktion die Wahrscheinlichkeit von<br />
Normverletzungen, diese ‘Regel’ kann aber nur mit Einschränkungen auf den sensiblen<br />
Energiebereich angewandt werden, da strafrechtliche Konsequenzen derzeit nur in<br />
Ausnahmesituationen, d.h. bei besonders schweren Normverstößen, denkbar sind 107 .<br />
Schwerer wiegt das Problem, daß das ökologische Handlungspotential durch Vorgaben bei<br />
weitem nicht ausgeschöpft wird. Vorschriften sind denkbar ungeeignet, Aktivitäten<br />
anzustoßen, die auf Eigeninitiative und Selbstengagement beruhen. Denn selbst wenn sie im<br />
Idealfall wortgetreu erfüllt werden, belasten sich die Normadressaten nicht mit weitergehenden<br />
Anstrengungen. Doch eben dieser selbstgetragene zusätzliche Aufwand, der über die<br />
Normerfüllung hinausgeht, steht im Mittelpunkt erfolgreicher Energiespar– und ökologischer<br />
107 Es besteht allerdings die Möglichkeit, daß es bei der Zunahme energiebedingter Umweltprobleme (z.B. eines<br />
Temperaturanstiegs infolge des Treibhauseffekts) zu einer deutlichen Verschärfung der Sanktionen kommt.<br />
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