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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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der verstärkten Durchsetzung eines allgemeinen Umweltbewußtseins. Dieses trägt zu einer<br />

‘unbewußten’ Aufnahme ökologisch verträglicher Handlungsmuster in feste<br />

Verhaltensrepertoires bei: „Umwelt– wird in Alltagshandeln intergriert und nicht mehr als<br />

spezielles Handeln empfunden“ (ebd. 86). Erst die Gleichzeitigkeit von bewußtem<br />

Umwelthandeln und selbstverständlichen Handlungsroutinen ermöglichen die strukturelle<br />

Ökologisierung.<br />

Es stellt sich die Frage, ob und wie die politischen Akteure auf den Prozeß des allmählichen<br />

Bewußtseinswandel Einfluß nehmen können. Eine Möglichkeit bieten die Mittel der<br />

„intrinsischen Steuerung“ 50 , deren Implementationserfolge jedoch nur schwer meßbar sind.<br />

Gesamtgesellschaftlicher Wertewandel entzieht sich dem Zugriff der Politik 51 . So ist es kaum<br />

verwunderlich, daß die Erfolgschancen ‘extrinsischer Steuerung’ (z.B. über Abgaben und<br />

Steuern) wesentlich höher eingeschätzt werden – auch wenn damit erzieherische Maßnahmen<br />

aus dem Bereich der Umweltpädagogik keineswegs delegitimiert sind. Es herrscht die Meinung<br />

vor, „daß vor allem Erhöhungen der finanziellen Belastungen zu nachhaltigen Veränderungen<br />

der Verbraucher führen dürften“ (Wenke 1993: 108, zit. nach H.J. Luhmann 1994: 14; vgl.<br />

auch von Prittwitz 1990: 89). Die Skepsis gegenüber der Bereitschaft der Bevölkerung zu<br />

freiwilligen Verhaltensänderungen ist unter Umweltexperten weit verbreitet. Ihre Antwort ist<br />

deshalb oft Markt und Ordnungsrecht, nicht Information und Aufklärung. Der Politik fällt<br />

dabei die Aufgabe zu, das Inhalt und Geschwindigkeit der notwendigen Verhaltensänderungen<br />

vorzugeben. Zusammenfassend hält F. Decker fest: Strukturelle Ökologisierung „erfordert den<br />

gesellschaftlichen Bewußtseinswandel ebenso wie den technisch-ökonomischen<br />

Strukturwandel; sie bedeutet politisch, daß Umweltaspekte in allen Bereichen des Lebens<br />

Berücksichtigung finden“ (1994: 122, Hervorhebung im Original).<br />

Damit verweist er auch auf eine letzte Bedeutungsebene des ökologischen Strukturwandels,<br />

Umweltpolitik als Querschnittsaufgabe zu begreifen: Für die konkrete institutionelle<br />

Ausgestaltung heißt das, daß sie nicht mehr in ein spezialisiertes Ministerium ausgelagert<br />

werden kann, vielmehr müssen Umweltverwaltungseinheiten „Teil aller politischen Ressorts“<br />

werden (von Prittwitz 1990: 187). Grundlage dafür ist die Annahme, daß sich alle<br />

Verhaltensweisen in Politik, Beruf und Privatleben unter Umweltgesichtspunkten verändern<br />

können (vgl. ebd. 86).<br />

Bis dato stand in der deutschen Umweltpolitik die strukturelle Ökologisierung nicht im<br />

Zentrum. Der Wirtschaftsprozeß sollte nicht grundlegend umgesteuert, vielmehr seine<br />

negativen Auswirkungen begleitend reduziert werden. Soll ‘sustainable development’ keine<br />

Leerformel bleiben, muß sich dies ändern. Eine Möglichkeit bietet der Einsatz bisher<br />

weitgehend ungenutzter Instrumente, vor allem ökonomischer Steuerungsinstrumente.<br />

Kartoffelschalen und der Verzicht auf Milch in Tüten löse die Umweltprobleme der Industriegesellschaften, und im<br />

Gegenzug müßte nun Brasilien den Regenwald stehen lassen - solange den Bürgern die tatsächlichen Gründe der<br />

Umweltkrise und die Dramatik unserer Lage nicht deutlich sind, so lange wird sich nichts nennenswert ändern“ (1994:<br />

138).<br />

50 D. Fürst versteht hierunter Umweltpädagogik, Umweltaufklärung und Umweltethik (1994: 34). Zum Zusammenhang<br />

zwischen Umweltmoral und tatsächlichem Verhalten vgl. Kirsch (1994: 261 ff.).<br />

51 Vgl. dazu ausführlicher den Abschnitt in Kap. 4.3 über das „Wissens- und Informationsproblem“<br />

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