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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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entdeckt, erforscht und bestätigt (vgl. Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre“<br />

1995: 14 ff.; 75 ff.; BMU 1994: 18 ff.; BMU 1994e: 20 ff.). Dieser Vorgang sollte die<br />

Sensibilität für noch unbekannte Gefahrenpotentiale gegenwärtigen Handelns stärken. Das<br />

Wissen um die Möglichkeit unbekannter Gefahrenpotentiale erfordert eine<br />

‘Risikofolgenabschätzung’ aktueller Prozesse in Industriegesellschaften, um Fehlentwicklungen<br />

besser diagnostizieren zu können.<br />

Eine weitere ist die soziale Problemkomponente des Risikomanagements: Wie die Diskussion<br />

um die Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland zeigt, sind die Berechnungen der<br />

Wahrscheinlichkeit von Katastrophen und die daraus zu ziehenden Konsequenzen keineswegs<br />

nur ökonomisch-rationalen Nutzenkalkülen unterworfen. Sie stellen vielmehr normativwertende<br />

und somit politische Entscheidungen dar. Auch hier zeigt sich der normative Kern<br />

der Ökologiediskussion, wenn es um die Frage geht, welches Maß an Umweltqualität<br />

angestrebt werden soll (vgl. Decker 1994: 123 f.). Es gilt zwar als ausgemacht, daß die<br />

technisch-ökonomisch geprägten Gegenwartsgesellschaften permanent Risiken produzieren.<br />

Welche aber konkret als noch tolerabel erscheinen 46 , muß in einem komplexen sozialen Prozeß<br />

ausgehandelt werden, denn über das noch akzeptable Risikoniveau herrscht Dissens. Dieser<br />

Bewertungs– und Abwägungsprozeß kann (und sollte) nicht nur innerhalb einer spezialisierten<br />

Expertenöffentlichkeit ablaufen, auch wenn bestimmte Detailfragen nur von diesen beantwortet<br />

werden können. Da die Zahl der potentiell von einer Katastrophe Betroffenen mit der aller<br />

Gesellschaftsmitglieder identisch ist, müssen diese in den Prozeß des Risikomanagements<br />

mitintegriert werden. Risikomanagement heißt somit auch öffentliche Risikokommunikation<br />

und Demokratisierung von Risiken (Beck 1986: 311 ff.; Beck 1993: 53 ff.).<br />

Risikomangement war und ist das zentrale Handlungsfeld der Umweltpolitik in Deutschland.<br />

Der Einsatz von emissionsvermindernden Zusatztechniken, Recycling-Techniken sowie<br />

prozeßtechnische Veränderungen stehen im Vordergrund (vgl. von Prittwitz 1990: 77). Es<br />

überwiegt der Versuch, erkannte Gefahren und Risiken mittels technischer (end-of-pipe-<br />

Technologien) und organisatorischer (Kreislaufwirtschaft 47 ) Lösungen zu bearbeiten. Abgaben,<br />

Ge– und Verbote, Standards, Informationen und Subventionen, der komplette<br />

Instrumentenkasten im Spannungsbogen zwischen Handlungszwang und Handlungsanreiz<br />

gehört in den Bereich des Risikomanagements, also auch Energiesteuern.<br />

Grundsätzlich wurde das Modell ‘Industriegesellschaft’ nur selten in Frage gestellt (vgl. aber<br />

Meadows u.a. 1972: 116 ff.; Council on Environmental Quality: 1980). Eine dem<br />

Risikomanagement verpflichtete Umweltpolitik zielt nicht primär auf die strukturelle<br />

Umgestaltung des Wirtschaftsprozesses. Ihr Anliegen ist es, bekanntgewordenen Risiken mit<br />

den zur Verfügung stehenden Instrumenten entgegenzutreten, um so negative Auswirkungen<br />

zu verhindern bzw. zu minimieren. Es ist unbestreitbar, daß mit diesem Ansatz in der<br />

Bundesrepublik Deutschland große Erfolge im Umweltschutz erzielt wurden. Die<br />

Schaumkronen auf den Flüssen verschwanden, das Schwefeldioxidproblem (‘saurer Regen’)<br />

wurde eingedämmt. Der Versuch, negative Externalitäten durch punktuelle und sektorale<br />

Eingriffe kleinzuarbeiten, schien noch Mitte der 80er Jahre ein erfolgversprechender Weg zu<br />

46 Wobei es sich hierbei selbstverständlich nur um die bekannten Risikoptentiale handelt. Das Management noch<br />

unbekannter, aber vermuteter Risiken ist ungleich schwieriger, da von keiner sicheren Datenbasis aus argumentiert<br />

werden kann.<br />

47 Vgl. Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ (1994: 75 ff.)<br />

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