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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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konsensuellen Bereiche auf unterster Ebene, die sich zu Sozialsystemen höherer Ordnung<br />

weiterentwickeln. Alle Sozialsysteme, z.B. Familien, Vereine, Parteien bis hin zu den<br />

gesellschaftlichen Subsystemen wie dem Wirtschaftssystem, weisen als lebende Systeme<br />

eine autopoietische Organisation auf. Sie „bestehen aus Menschen, die in spezifischer Weise<br />

miteinander interagieren“ (Druwe 1990: 53). Gesellschaft ist dann als autopoietisches<br />

System n-ter Ordnung zu verstehen. An dieser Verbindungslinie zwischen Akteur und<br />

Gesellschaft zeigt sich der Versuch, über die mediale Steuerungskonzeption „den Gegensatz<br />

zwischen Makro-Systemtheorie und Mikro-Handlungstheorie“ (Druwe/Görlitz 1992: 153)<br />

zu überwinden.<br />

5. Autopoietische Sozialsysteme differieren in Art und Weise ihrer Struktur und des je<br />

charakteristischen Verhaltenskoordinationsgefüges; sie verfügen über eine spezifische<br />

Systemrationalität. Diese Systemrationalität „prägt die ‘Identität’ eines Sozialsystems und<br />

sie ist der Grund für die strukturelle, operationale Geschlossenheit“ (Druwe 1994: 74).<br />

Innerhalb des Systems können per definitionem ausschließlich strukturdeterminierte<br />

Prozesse ablaufen, die der inhärenten ‘Logik’ entsprechen. Höherstufige Sozialsysteme<br />

stabilisieren so ihre Struktur: „Die Aktoren überdauernde Stabilität von<br />

Verhaltenskoordinationen heißt Systemrationalität“ (Görlitz 1990: 23). Es gilt, daß die<br />

Interaktionsträger des Systems die einzelnen Mitglieder sind, ihre Handlungen und Sprachen<br />

verändern das Sozialsystem. Operational geschlossen sind soziale Systeme, weil sich ihre<br />

Bestandteile und Relationen gemäß der jeweiligen Systemrationalität wechselseitig selbst<br />

erzeugen: „Elemente und Strukturen werden nicht als fertige Bausteine aus der Umwelt<br />

importiert, sondern im Prozess der Autopoiesis selbst hervorgebracht“ (Ulrich 1994: 115).<br />

Soziale Systeme können somit als autonom bezeichnet werden, ein Zustand der im<br />

Gegensatz zu autark Umweltabhängigkeit impliziert.<br />

6. Zustandsveränderungen autopoietischer Sozialsysteme „können immer nur relativ zur<br />

gegebenen Struktur verlaufen“ (Druwe 1994: 73). Umweltreize, die als Störungen<br />

wahrgenommen werden, lösen Reaktionen innerhalb des Systems aus. Die systemrelative<br />

Sicht verweist darauf, daß soziale Systeme nicht reagieren, sondern ausschließlich agieren<br />

(ebd. 75). Ob ein Reiz Zustandsveränderungen hervorruft, hängt von seiner systeminternen<br />

Wahrnehmung und strukturdeterminierten Abarbeitung ab. An dieser Stelle wird deutlich,<br />

„weshalb Steuerung ein nicht-hierarchischer Prozeß sein muß: Der Prozeß läuft nur im<br />

Interaktionsbereich zwischen Medium und Sozialsystem ab, und Steuerungssubjekt und –<br />

objekt sind `gleichberechtigte´ Kommunikationspartner“ (Druwe 1990: 61).<br />

1.2.3 Politische Steuerung aus medialer Steuerungsperspektive<br />

Mit der Frage nach der Möglichkeit von intentionaler Einflußnahme auf autopoietische<br />

Sozialsysteme rückt die Problematik der politischen Steuerung wieder in den Mittelpunkt.<br />

Nach dem bisher Gesagten ist klar, daß der Steuerungsbegriff kausal-deterministischer<br />

Subjekt-Objekt-Steuerung keine Verwendung mehr finden kann. Er muß aufgegeben werden:<br />

„Die Systemrationalität eines jeden Sozialsystems erlaubt keinen Determinismus“ (ebd.).<br />

Autopoietische Sozialsysteme bilden füreinander wechselseitig Medien, an die sie – teils über<br />

konsensuelle Bereiche – strukturell gekoppelt sind. Dies ist der Anknüpfungspunkt für einen<br />

neuen Ansatz politischer Steuerung, dem mit dem Begriff der Perturbation Rechnung getragen<br />

wird:<br />

„Das politische System kann danach andere soziale Systeme zwar perturbieren, aber die Abarbeitung der<br />

Perturbation ist strukturdeterminiert. Ob ein anderes soziales System den Reiz überhaupt wahrnimmt,<br />

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