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Projekt Ökosteuer - Lehrstuhl Sozialwissenschaftliche Umweltfragen

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1994: 187 ff.; Wilhelm 1994: 81 f.). Da zwischen Emission und Immission „kein<br />

allgemeingültiger, geschweige denn linearer Zusammenhang“ (Wicke 1991: 107) besteht, gibt<br />

es bei der Bestimmung der maximal zulässigen Emissionsmenge pro Anlage erhebliche<br />

Schwierigkeiten. In Expertenkreisen umstritten sind in der Regel sowohl die Höhe der<br />

Grenzwerte, unterhalb derer keine gesundheitlichen Schäden bzw. Beeinträchtigung der<br />

Umweltqualität zu befürchten sind 83 , als auch die lokale Akkumulationsfähigkeit der<br />

Schadstoffe. Emissions– und Immissionsschutzgesetzgebung ziehen ihre Legitimation aus der<br />

Tatsache, daß Schadstoffe die Umweltqualität verschlechtern. Ihre Inanspruchnahme und<br />

Instrumentalisierung zur Reduktion energiebedingter Treibhausgasemissionen ist ungeeignet<br />

und verfassungswidrig. Was sind die Gründe dafür?<br />

Die Chance, Energiedienstleistungen in unbegrenztem Maß konsumieren zu können 84 ,<br />

korreliert unmittelbar mit den materiellen Freiheitsrechten einzelner Individuen. Die staatliche<br />

Verweigerung dieses ‘Grundrechts’ läßt sich nur in äußerst seltenen Ausnahmesituationen<br />

rechtfertigen (Sommersmogverordnung, ‘autofreie Sonntage’ während der Ölkrise) und stellt<br />

eine tiefgreifende Intervention in die Marktautonomie dar. Eine dauerhafte Kontingentierung<br />

des Energieverbrauchs ist unvereinbar mit den Grundprinzipien einer Marktwirtschaft und<br />

deshalb kein mögliches Instrument verfassungsgemäßer Politik (vgl. Aiginger 1991: 201) 85 . Als<br />

quasi planwirtschaftlicher Staatsdirigismus stünde eine solche Maßnahme den transnationalen<br />

Interdependenzen des Wirtschaftssystems diametral gegenüber. Einer direkten<br />

Mengensteuerung durch Verhaltensauflagen stehen somit große Hindernisse im Weg.<br />

Administrativ festgesetzte Obergrenzen erscheinen als völlig unrealistisch, ja geradezu grotesk.<br />

Im Rahmen des Ordnungsrechts lautet also die entscheidende Frage: Wie können die Akteure<br />

unter Wahrung ihrer Entscheidungssouveränität über die absolute Verbrauchsmenge zu<br />

energiesparendem Verhalten (bzw. zur Verbesserung der Energieproduktivität) angehalten<br />

werden 86 ? Die traditionell Grenzwert-orientierte Umweltpolitik scheitert an diesem Punkt.<br />

Ein Anwendungsfeld ordnungsrechtlicher Steuerung ist die Definition von anlagebezogenen<br />

Verbrauchsobergrenzen. Auf indirektem Weg sollen durch eine verbindlich vorgeschriebene<br />

Steigerung der Energieproduktivität (‘Stand der Technik’) Einsparerfolge erzielt werden. Die<br />

Entscheidungssouveränität der Akteure über die absolute Verbrauchsmenge bleibt unberührt.<br />

„Im CO 2 -Fall laufen Emissionsauflagen wegen der Linearität von Brennstoffeinsatz und CO 2 -<br />

Emissionen darauf hinaus, einen bestimmten Anlagewirkungsgrad oder bestimmte Primärenergieträger<br />

vorzuschreiben bzw. die Genehmigung der Anlage von der Anwendung des definierten Standes der<br />

Technik abhängig zu machen. Ergänzend können unmittelbar wirkende Vorschriften z.B.<br />

Bauvorschriften erlassen werden. Der 1. und 2. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „CO 2 -<br />

Reduktion“ bieten umfassendes Anschauungsmaterial für mögliche dirigistische Eingriffe zur CO 2 -<br />

Minderung von der Verschärfung der Wärmeschutzverordnung bis hin zur Änderung der<br />

Honorarordnung für Architekten und Ingenieure“ (Heister 1992: 15; vgl. auch das<br />

Maßnahmenprogramm des Bundes zur Minderung von Emissionen klimarelevanter Gase in BMU<br />

1994e: 100 ff.).<br />

83 Vgl. die Debatte um die Höhe der Grenzwerte von Ozonkonzentrationen in der „Sommersmogverordnung“.<br />

84 Und damit m.E. der Verbrauch von Energie.<br />

85 Es ist auffällig, daß die Kontingentierung des Energieverbrauchs in keiner wichtigen Veröffentlichung als Möglichkeit<br />

überhaupt nur erwähnt wird. Den jeweiligen Autoren scheint dies offensichtlich nicht diskutabel. Eine Ausnahme ist<br />

die Aussage von J. Bunde, daß „Fahrverbote oder Benzinkontingentierungen im Verkehrsbereich als auch generelle<br />

Beschränkungen des Energieeinsatzes als umweltpolitische Instrumente wohl nicht in Frage kommen“ (1990: 67).<br />

86 Ein ähnliches Problem schildert A. Görlitz im Falle der intensiven Landbewirtschaftung, deren Verbot weder politisch<br />

durchsetzbar noch administrativ zu bewältigen wäre (vgl. 1991: 234 ff.).<br />

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